Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Apr. 2006 - 1 Ws 79/06

bei uns veröffentlicht am21.04.2006

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Angeklagten A. gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 28. März 2006 (4 Qs 30/06) wird der Haftbefehl des Amtsgerichts - Schöffengericht - Karlsruhe - vom ... März 2006 (2 Ls 210 Js 42980/05) aufgehoben.

Die sofortige Freilassung des Angeklagten wird angeordnet.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht -  Karlsruhe verurteilte den Angeklagten am ....03.2006 - nicht rechtskräftig - wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an und erließ zudem einen auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützten Haftbefehl. In diesem wird dem Angeklagten u.a. zur Last gelegt, ... nach erheblichem Genuss von alkoholischen Getränken in seiner Steuerungsfähigkeit nicht ausschließbar vermindert dem wehrlos am Boden liegenden C.  in lebensgefährlicher Weise mehrfach mit dem beschuhten Fuß gegen den Kopf getreten zu haben  (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Die Beschwerde des Angeklagten gegen seine unmittelbar nach Urteilsverkündung vollzogene Inhaftnahme verwarf  das Landgericht Karlsruhe am 28.03.2006.
II.
Die weitere Beschwerde des Angeklagten ist zulässig (§ 310 Abs.1 StPO) und führt bereits aus formalen Gründen zur Aufhebung des Haftbefehls.
1. Zwar scheitert der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nicht daran, dass dem Angeklagten neben dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung aus der Tat vom ....09.2005 lediglich ein bereits durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 06.08.2001 geahndetes weiteres Vergehen der gefährlichen Körperverletzung zu Last liegt. Nach der zwischenzeitlich herrschenden Ansicht, welcher sich der Senat ausdrücklich anschließt, ist nämlich für die Annahme einer wiederholten Tatbegehung nach § 112a Abs.1 Nr. 2 StPO nicht erforderlich, dass das Verfahren, in dem die Haftfrage geprüft wird, selbst eine Mehrheit solcher Taten zum Gegenstand hat. Es genügt vielmehr, dass sich der Tatverdacht in diesem Verfahren nur auf eine derartige Straftat erstreckt, der Tatverdächtige aber außerdem wegen zumindest einer weiteren Straftat gleicher Art bereits verurteilt worden ist, so dass insgesamt zwei Anlasstaten ausreichen (so OLG Stuttgart NStZ 1988, 326 f.; OLG Schleswig NStZ 2002, 276 f.; OLG Hamm StV 1997, 310 m. Anm. Hohmann; KK-Boujong, 5. Auflage 2002, § 112a Rn. 12; a.A. OLG Frankfurt StV 1984, 159 f.; Meyer-Goßner, StPO, 48. Auflage  2005, § 112 a Rn. 8; zu Besonderheiten bei Sexualstraftaten an Kindern vgl. OLG Schleswig SchlaHA 2001, 135; OLG Hamburg NStZ-RR 2001, 220 f.; OLG Köln StV 2003, 169 f.). Eine solche Auslegung ergibt sich bereits aus dem Gesetzeszweck, welcher den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren erheblichen Straftaten besonders gefährlicher Täter beabsichtigt. Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob die Gefährlichkeitsprognose sich allein aus den im Haftbefehl angeführten oder auch aus anderen Anlasstaten ergibt. Dies würde nämlich zu einer Privilegierung von Mehrfachtätern führen und darauf hinauslaufen, dass bei Ergreifen eines einschlägig vorbestraften Täters nach erneuter Begehung einer Katalogtat trotz bereits jetzt zutage getretener fortbestehender Tatgeneigtheit erst die Begehung einer weiteren Anlasstat und deren Aufnahme in den Haftbefehl abgewartet werden müsste, was dem Normzweck des § 112a StPO zuwider liefe (ebenso OLG Schleswig NStZ 2002, 276 f.).   
2. Weitere gesetzliche Voraussetzung des § 112a Abs.1 Nr. 2 StPO ist jedoch, dass jede einzelne dieser Taten ihrem konkreten Erscheinungsbild nach die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigt. Da die in § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO enumerativ aufgezählten Katalogtaten ohnehin schwer-wiegender Natur sind, folgt daraus, dass nur Taten über-durchschnittlichen Schweregrades und Unrechtsgehaltes bzw. solche, die mindestens in der oberen Hälfte der mittelschweren Straftaten liegen, als Anlasstaten in Betracht kommen können (OLG Frankfurt StV 2000, 209 ff; OLG Karlsruhe, wistra 2002, 79 f.). Dies wurde etwa verneint bei mehreren Kfz-Aufbrüchen von Jugendlichen (OLG Frankfurt a.a.O.), Einbruchsdiebstählen mit Schadenshöhe von lediglich DM 500 bis DM 1.000 (OLG Köln StV 1996, 158 ; LG Köln StV 1996, 386) oder leichteren Betäubungsmitteldelikten nach § 29 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BtMG (LG Gera StV 2000, 320 f.).
Soweit als Anlasstat gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB in Betracht kommt, ist nach Auffassung des Senats maßgeblich auf den Unrechtsgehalt der Tat abzustellen und danach zu fragen, ob diese in ihrer konkreten Ausgestaltung die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigt hat (vgl. BVerfG 35, 185 ff, 191; LR-Hilger, 25. Aufl. 2004, § 112a Rn. 26 ff., 31). Dabei ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Schuldschwere auf das verhängte oder mutmaßlich zu erwartende Strafmaß abzustellen, sondern auch die Opferperspektive zu berück-sichtigen. Es kommt also auch darauf an, aus welchem Grund es zu der Tätlichkeit gekommen ist und welche Folgen diese für das Opfer zeitigte.
 Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelt es sich bei der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat vom ....09.2005 um eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Verfehlung, denn der Angeklagte  ist dringend verdächtig, völlig grundlos auf einen wehrlos am Boden Liegenden massiv eingetreten und dabei schwere Verletzungen am Kopf seines Opfers in Kauf genommen zu haben. Hingegen reicht die  vom Amtsgericht Pforzheim am 06.08.2001 abgeurteilte Tat vom ....08.2000 nicht aus. Zwar stünde der Umstand, dass lediglich eine Bewährungsstrafe von vier Monaten verhängt wurde, angesichts der äußerst gefährlichen Tathandlung - der Angeklagte hatte dem Geschädigten ein Glas ins Gesicht geschlagen - der Annahme einer Anlasstat nicht zwingend entgegen, das Amtsgericht ist jedoch vom Vorliegen eines minder schweren Falles der gefährlichen Körper-verletzung nach § 224 Abs.1 StGB ausgegangen, weil der Tätlichkeit eine Rangelei zwischen Täter und Opfer vorausgegangen war. Diese gesetzliche Wertung steht - jedenfalls bei Straftaten der mittelschweren Kriminalität aus dem hier in Rede stehenden Deliktsbereich - der Annahme einer die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigenden Straftat entgegen.
III.
Andere Haftgründe sind nicht ersichtlich. Da der Haftbefehl daher aufzuheben war, kam es auf die  Frage, ob - wie vom Verteidiger beantragt - auch eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls nach § 116 StPO (vgl. hierzu OLG Köln StraFO 1996, 150 f.) gegen geeignete Auflagen in Betracht gekommen wäre, nicht an.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Apr. 2006 - 1 Ws 79/06 zitiert 8 §§.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafprozeßordnung - StPO | § 116 Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls


(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werd

Strafprozeßordnung - StPO | § 310 Weitere Beschwerde


(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie 1. eine Ver

Strafprozeßordnung - StPO | § 112a Haftgrund der Wiederholungsgefahr


(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, 1. eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 176d, 177, 178, 184b Absatz 2 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder2. wiederholt oder fortgesetzt eine di

Referenzen

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie

1.
eine Verhaftung,
2.
eine einstweilige Unterbringung oder
3.
einen Vermögensarrest nach § 111e über einen Betrag von mehr als 20 000 Euro
betreffen.

(2) Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidungen nicht statt.

(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist,

1.
eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 176d, 177, 178, 184b Absatz 2 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder
2.
wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach den §§ 89a, 89c Absatz 1 bis 4, nach § 125a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach § 263, nach den §§ 306 bis 306c oder § 316a des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes oder nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. In die Beurteilung des dringenden Verdachts einer Tatbegehung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 sind auch solche Taten einzubeziehen, die Gegenstand anderer, auch rechtskräftig abgeschlossener, Verfahren sind oder waren.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 nicht gegeben sind.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.