Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. Juli 2014 - 15 W 208/14
Tenor
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
2Nach § 84 Abs. 1 GNotKG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch die Entscheidung nach diesem Gesetz beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn
31. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
42. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf recht
5liches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
6Die erste Voraussetzung ist hier gegeben, die zweite hingegen nicht. In der angegriffenen Entscheidung des Senats vom 24.06.2014 ist nämlich entgegen der Auffassung der Beteiligten in Übereinstimmung mit dem Gesetz ausgeführt, dass das GNotKG im Gegensatz zu §§ 107 Abs. 3, 107a KostO keine Vorschrift für einen Erbschein enthält, der nur zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs gebraucht wird. Die Anhörungsrüge missversteht § 40 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 GNotKG, wenn sie diese Vorschrift für ihre gegenteilige Ansicht heranzieht. Die Vorschrift lautet:
7„Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Geschäftswerts außer Betracht.“
8Diese Regelung entspricht nicht § 107 Abs. 3 KostO, sondern § 107 Abs. 2 Satz 3 KostO. Sie bezieht sich nämlich auf die Erteilung eines auf im Inland befindliche Gegenstände beschränkten Erbscheins nach § 2369 BGB, der beantragt werden kann, wenn zum Nachlass auch Gegenstände gehören, die sich im Ausland befinden. So steht es auch in der Begründung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums der Justiz zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 11.11.2011 (S. 235 und 236):
9„§ 40 Absatz 3 (GNotKG-E) entspricht § 107 Absatz 2 Satz 3 KostO. Es soll ausdrücklich klargestellt werden, dass Nachlassverbindlichkeiten nicht abgezogen werden. Dies entspricht der herrschenden Auffassung und ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Rpfleger 1997, 320). Gleichwohl soll vermieden werden, dass der gegenständlich beschränkte Erbschein teurer wird als ein Vollrechtserbschein.
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11Eine Übernahme der besonderen Vorschriften für einen Erbschein, der nur für bestimmte Zwecke verwendet werden soll (§ 107 Absatz 3 und 4 sowie § 107a KostO), sieht der Entwurf nicht vor. Zwar besteht ein öffentliches Interesse, über einen Gebührenanreiz auf eine zeitnahe Berichtigung der Grundbücher im Erbfall hinzuwirken. Dem wird jedoch bereits durch die Privilegierung der Grundbuchberichtigung in Absatz 1 der Anmerkung zu Nummer 14110 GNotKG-E Rechnung getragen. Die nicht übernommenen Regelungen sind missbrauchsanfällig. Ihre Streichung trägt erheblich zur Vereinfachung des Kostenrechts bei.“
12Entsprechend diesem Entwurf ist § 40 GNotKG in dem Gesetz vom 23.7.2013, das ab dem 01.08.2013 gültig ist, gefasst worden.
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(1) Auf die Rüge eines durch die Entscheidung nach diesem Gesetz beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntmachung der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. Die Rüge ist bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird; § 81 Absatz 5 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist.
(6) Kosten werden nicht erstattet.
(1) Der Geschäftswert für das Verfahren zur
- 1.
Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses, - 2.
Erteilung eines Erbscheins oder Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit dieses die Rechtsstellung und die Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betrifft, - 3.
Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins, - 4.
Änderung oder zum Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit die Rechtsstellung und Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betroffen sind,
(2) Beziehen sich die in Absatz 1 genannten Verfahren nur auf das Erbrecht eines Miterben, bestimmt sich der Geschäftswert nach dem Anteil dieses Miterben. Entsprechendes gilt, wenn ein weiterer Miterbe einer bereits beurkundeten eidesstattlichen Versicherung beitritt.
(3) Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Geschäftswerts außer Betracht; Nachlassverbindlichkeiten werden nicht abgezogen. Macht der Kostenschuldner glaubhaft, dass der Geschäftswert nach Absatz 1 niedriger ist, so ist dieser maßgebend. Die Sätze 1 und 2 finden auf die Ausstellung, die Änderung und den Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses entsprechende Anwendung.
(4) Auf ein Verfahren, das ein Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft betrifft, sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des Nachlasses tritt der halbe Wert des Gesamtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft.
(5) In einem Verfahren, das ein Zeugnis über die Ernennung eines Testamentsvollstreckers betrifft, beträgt der Geschäftswert 20 Prozent des Nachlasswerts im Zeitpunkt des Erbfalls, wobei Nachlassverbindlichkeiten nicht abgezogen werden; die Absätze 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt entsprechend, soweit die Angabe der Befugnisse des Testamentsvollstreckers Gegenstand eines Verfahrens wegen eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist.
(6) Bei der Ermittlung des Werts und der Zusammensetzung des Nachlasses steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.