Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 15. Juni 2016 - VII-Verg 56/15


Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 23. November 2015 (VK 2-103/15) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden je zur Hälfte der Beigeladenen und der Antragsgegnerin zu 1 auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 170.000 Euro.
1
G r ü n d e :
2I. Die Antragsgegner, gesetzliche Krankenkassen und ein Verband, beabsichtigen, für den Landkreis … und die Städte … und … mit der Beigeladenen ohne Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens einen Vertrag über spezialisierte ambulante Palliativversorgung (im Folgenden: SAPV) abzuschließen. Der Vertrag ist in Ermangelung einer Unterzeichnung durch sämtliche Beteiligte noch nicht in Kraft getreten.
3§ 37b SGB V gewährt Versicherten einen Anspruch auf SAPV. Der Gemeinsame Bundesausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen legt dazu Richtlinien unter anderem betreffend den Versorgungsbedarf sowie Inhalt und Umfang der Versorgung fest.
4§ 132b SGB V bestimmt, dass die gesetzlichen Krankenkassen über die SAPV Verträge mit geeigneten Einrichtungen oder Personen schließen, soweit dies für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendig ist. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt dazu in Empfehlungen unter Beteiligung anderer Institutionen Anforderungen an die Leistungserbringung und Maßstäbe für eine bedarfsgerechte Versorgung fest.
5Unter dem 27. März 2015 bekundete die (seinerzeit noch in Gründung stehende) Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 ihr Interesse an einer Zulassung zu SAPV.
6Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 unterrichtete die Antragsgegnerin zu 6 namens und im Auftrag der übrigen Antragsgegner die Antragstellerin darüber, dass beabsichtigt sei, (ohne Namensnennung) einen anderen Leistungserbringer zuzulassen und mit diesem einen Vertrag über SAPV abzuschließen. Nach § 132d SGB V sei für eine Zulassung der Antragstellerin darum kein Bedarf (mehr) vorhanden.
7Durch anwaltliche Rüge vom 14./15. Oktober 2015 beanstandete die Antragstellerin das Unterbleiben eines geregelten Vergabeverfahrens, insbesondere einer unionsweiten Ausschreibung, sowie eine Verletzung der Informationspflichten nach § 101a GWB. Mit diesen Beanstandungen hat die Antragstellerin sodann einen Nachprüfungsantrag angebracht, mit dem sie begehrt hat, dass Leistungen im Bereich der SAPV von den Antragsgegnern in einem geregelten Vergabeverfahren vergeben werden.
8Die Antragsgegner sind dem Nachprüfungsbegehren entgegengetreten.
9Die angerufene Vergabekammer des Bundes (2. Vergabekammer - VK 2-103/15) hat den Antragsgegnern untersagt, über SAPV einen Zuschlag zu erteilen.
10Dagegen hat die Beigeladene sofortige Beschwerde erhoben, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens beantragt,
11den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
12Diesem Antrag schließt sich, ebenfalls unter Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags, die Antragsgegnerin zu 1 an.
13Die Antragstellerin beantragt,
14die Beschwerde zurückzuweisen.
15Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf die Verfahrensakten der Vergabekammer und die beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.
16II. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist unbegründet.
17Die Vergabekammer hat in Bezug auf den beabsichtigten Vertragsschluss bei spezialisierter ambulanter Palliativversorgung im Gebiet der Südpfalz vollkommen zu Recht entschieden, dass ein Zuschlag an die Beigeladene zu unterbleiben hat. Der Senat kann im Wesentlichen jedem Satz der Entscheidungsbegründung nur beipflichten. Von daher verdiente das Rechtsmittel an sich, ohne weitere Begründung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen zu werden. Es soll nur auf nachfolgendes Vorbringen der Beschwerde sowie der Antragsgegnerin zu 1 eingegangen werden. Dieses rechtfertigt keine von der Entscheidung der Vergabekammer abweichende rechtliche Beurteilung.
181. Bei SAPV handelt es sich um nachrangige Dienstleistungen im Sinn der Anlage 1, Kategorie 25 zur VgV (Gesundheitswesen). Als solche unterliegen sie bei Erreichen des Auftragsschwellenwerts uneingeschränkt den Bestimmungen des Vierten Teils des GWB (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Juli 2010 - VII-Verg 19/10 und bestätigend: BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr). Der Auftragsschwellenwert von 207.000 Euro ist bei einer zugrundezulegenden Vertragsdauer von vier Jahren um ein Vielfaches überschritten (VKB 17). Der Anwendungsbefehl hinsichtlich des Vierten Teils des GWB ergibt sich explizit aus § 69 Abs. 2 Satz 4 SGB V (VKB 15).
19Der Vortrag der Antragsgegnerin zu 1 in Bezug auf eine Anwendung der VOF bedarf keiner vertiefenden Auseinandersetzung, weil er entscheidungs-unerheblich ist. Die zu vergebenden Leistungen, gleichviel, ob es sich um nachrangige Dienstleistungen oder um freiberufliche Leistungen handelt, haben ihres Auftragswerts wegen eine eindeutige Binnenmarktrelevanz, so dass das Auftragsvorhaben zur Herstellung eines aus den Grundfreiheiten des AEU-Vertrags abzuleitenden angemessenen Grades an Öffentlichkeit in jedem Fall unionsweit vorab hat bekanntgemacht werden müssen (OLG Düsseldorf 28.3.2012 - VII-Verg 37/11; BGH NZBau 2012, 46 - Regenentlastung). Das Unterbleiben eines so betrachtet geregelten Vergabeverfahrens mit bestimmten Verfahrensgarantien und subjektiven Bieterrechten wird von der Antragstellerin gerade beanstandet.
20Ob der SAPV-Vertrag als öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen werden soll, ist unerheblich. Dem Vergaberechtsregime des Vierten Teils des GWB unterfallen, um der Gefahr von Umgehungen des Vergaberechts zu begegnen, auch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen.
21Um ein bloßes Zulassungsverfahren (sog. Open-house-Modell) handelt es sich bei dem hier praktizierten Verfahren zur Vergabe von SAPV nicht. Denn erstens haben die Antragsgegner eine mit dem bloßen Zulassungsverfahren nicht zu vereinbarende Auswahlentscheidung gefällt, kraft derer die Antragstellerin als Bewerberin ausgeschieden ist. Und zweitens sind die unionsrechtlichen Anforderungen an ein Zulassungsverfahren nicht ansatzweise eingehalten worden (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 2. Juni 2016 - C-410/14, Rn. 26 bis 31, 43 bis 47 sowie die darin zitierte Vorlageentscheidung des OLG Düsseldorf).
222. Die Antragstellerin ist entgegen der Ansicht der Beschwerde antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB). Sie hat durch eine formlose, an die Antragsgegnerin zu 1 gerichtete Bewerbung, durch Rüge und durch den Nachprüfungsantrag ihr Interesse am Auftrag ausreichend bekundet. In Gestalt eines ungeregelten Vergabeverfahrens ist von ihr eine Rechtsverletzung behauptet worden. Zudem droht der Antragstellerin der Schaden, dass ihre Zuschlagschancen bei dem praktizierten Vergabeverfahren auf Null sinken.
23Dass die Antragstellerin zum Vergabeverfahren bislang nicht die erforderlichen Eignungsnachweise eingereicht haben soll, ist unerheblich. Sie ist dazu von den Antragsgegnern bisher auch nicht aufgefordert worden, so dass sich dies auf ihre Zuschlagschancen nicht nachteilig auswirken darf.
24Der Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB) ist die Antragstellerin nachgekommen. Auf die - im Übrigen unvollständige - Bieterinformation vom 1. Oktober 2015 hat sie unter dem 14./15. Oktober 2015 eine anwaltliche Rüge anbringen lassen. Mit Rücksicht darauf, dass die Antragstellerin zunächst anwaltlichen Rat gesucht hat und ihr für das Abfassen der Rüge eine angemessene Frist einzuräumen ist, genügen die Rüge und der Zeitpunkt nach der Rechtsprechung des Senats herkömmlichen Anforderungen an Unverzüglichkeit. Offenbleiben kann danach, ob das Merkmal der Unverzüglichkeit in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nach der Entscheidung des EuGH vom 28. Januar 2010 (C-406/08, Uniplex) überhaupt den unionsrechtlichen Anforderungen an den Bieterrechtsschutz entspricht und verneinendenfalls unberücksichtigt zu bleiben hat. Dahingestellt bleiben kann ebenso, ob die unvollständige Bieterinformation (und zwar in Bezug auf die Person des Zuschlagsdestinatärs) im Rechtssinn eine Rügeobliegenheit hat auslösen können. Falsch ist im Übrigen die Annahme der Beschwerde, allein das angebliche Wissen der Antragstellerin darüber, dass die Beigeladene mit ihr um den Auftrag konkurrierte, habe die Rügeobliegenheit ausgelöst. Die Rügeobliegenheit wird nicht durch ein Bieter- oder Bewerberverhalten begründet, sondern allein durch eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers im Vergabeverfahren, in der ein Verstoß gegen Vergaberechtsvorschriften erkannt wird.
253. Der Nachprüfungsantrag ist begründet, weil die Antragsgegner die Antragstellerin infolge Durchführens eines ungeregelten, mit keinen Verfahrensgarantien und Bieterrechten ausgestatteten Vergabeverfahrens in ihren Rechten verletzt haben (VKB 18).
26Dem durch die gemeinsame Presseerklärung vom 8. April 2015:
27„Um die Versorgung Sterbender sollte kein Preiswettbewerb stattfinden, deshalb haben sich alle rheinland-pfälzischen Leistungserbringer und Krankenkassen auf ein einheitliches Vertrags- und Vergütungskonzept verständigt.“
28begründeten Verdacht der Vergabekammer hinsichtlich eines Verstoßes gegen Art. 101 AEU-Vertrag und/oder § 1 GWB (VKB 18) schließt sich der Senat im Übrigen an. Ein Preiswettbewerb, den die Antragsgegner aus nachvollziehbaren und ihrer Bestimmungsfreiheit bei den Modalitäten des Vergabeverfahrens unterliegenden Gründen vermeiden möchten, lässt sich auch auf andere Weise abwenden.
29Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78, 120 Abs. 2 GWB. Zu den Kosten ist die Antragsgegnerin zu 1 in derselben Weise wie die Beigeladene heranzuziehen. Die Antragsgegnerin zu 1 hat sich als einzige Antragsgegnerin am Beschwerdeverfahren mit eigenem Vortrag (sowie Antragstellung) beteiligt und Partei für den rechtlichen Standpunkt der Beigeladenen ergriffen. Dies gebietet, die Prozesskosten auf die Beigeladene und die Antragsgegnerin zu 1 aufzuteilen, die übrigen Antragsgegner von einer Kostentragung jedoch auszunehmen. Die bloße Anwesenheit von Vertretern übriger Antragsgegner im Senatstermin wirkt sich nicht kostenbelastend aus.
30Der Streitwertfestsetzung ist nach Maßgabe des § 50 Abs. 2 GKG zugrundegelegt worden: Die abzuschließende Rahmenvereinbarung darf höchstens vier Jahre lang dauern. Pro Jahr ist mit 220 Versicherungsfällen zu rechnen. Als Vergütung hat der Senat in Ermangelung von zur Differenzierung verwendbaren Anhaltspunkten und zur Vermeidung von Willkür einen Mindestsatz von 3.000 Euro pro Versicherungsfall angesetzt. Dem so zu ermittelnden Auftragsvolumen sind 19 % Umsatzsteuer hinzugesetzt worden. Das rechnerische Ergebnis ist mit vier multipliziert und auf fünf Prozent des Gesamtauftragswerts zurückgeführt worden.

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(1) Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, haben Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere zur Schmerztherapie und Symptomkontrolle und zielt darauf ab, die Betreuung der Versicherten nach Satz 1 in der vertrauten Umgebung des häuslichen oder familiären Bereichs zu ermöglichen; hierzu zählen beispielsweise Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und der Kinder- und Jugendhilfe. Versicherte in stationären Hospizen haben einen Anspruch auf die Teilleistung der erforderlichen ärztlichen Versorgung im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. Dies gilt nur, wenn und soweit nicht andere Leistungsträger zur Leistung verpflichtet sind. Dabei sind die besonderen Belange von Kindern zu berücksichtigen.
(2) Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 72 Abs. 1 des Elften Buches haben in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 einen Anspruch auf spezialisierte Palliativversorgung. Die Verträge nach § 132d Abs. 1 regeln, ob die Leistung nach Absatz 1 durch Vertragspartner der Krankenkassen in der Pflegeeinrichtung oder durch Personal der Pflegeeinrichtung erbracht wird; § 132d Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 das Nähere über die Leistungen, insbesondere
- 1.
die Anforderungen an die Erkrankungen nach Absatz 1 Satz 1 sowie an den besonderen Versorgungsbedarf der Versicherten, - 2.
Inhalt und Umfang der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung einschließlich von deren Verhältnis zur ambulanten Versorgung und der Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den bestehenden ambulanten Hospizdiensten und stationären Hospizen (integrativer Ansatz); die gewachsenen Versorgungsstrukturen sind zu berücksichtigen, - 3.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Leistungserbringer.
(4) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre über die Entwicklung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und die Umsetzung der dazu erlassenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Er bestimmt zu diesem Zweck die von seinen Mitgliedern zu übermittelnden statistischen Informationen über die geschlossenen Verträge und die erbrachten Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung.
(1) Die Krankenkassen oder die Landesverbände der Krankenkassen können unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 37a Abs. 2 mit geeigneten Personen oder Einrichtungen Verträge über die Versorgung mit Soziotherapie schließen, soweit dies für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendig ist.
(2) Im Fall der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen.
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbart mit den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und Palliativversorgung auf Bundesebene unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 37b Absatz 3 erstmals bis zum 30. September 2019 einen einheitlichen Rahmenvertrag über die Durchführung der Leistungen nach § 37b. Den besonderen Belangen von Kindern ist durch einen gesonderten Rahmenvertrag Rechnung zu tragen. In den Rahmenverträgen sind die sächlichen und personellen Anforderungen an die Leistungserbringung, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und die wesentlichen Elemente der Vergütung festzulegen. Der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Vereinigung der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Rahmenverträge sind in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen. Personen oder Einrichtungen, die die in den Rahmenverträgen festgelegten Voraussetzungen erfüllen, haben Anspruch auf Abschluss eines zur Versorgung berechtigenden Vertrages mit den Krankenkassen einzeln oder gemeinsam nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Satz 1 oder Satz 2 und unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. In dem Vertrag nach Satz 6 werden die Einzelheiten der Versorgung festgelegt. Dabei sind die regionalen Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen.
(2) Im Fall der Nichteinigung wird der Inhalt der Verträge nach Absatz 1 durch eine von den jeweiligen Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese im Fall der Rahmenverträge nach Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 vom Bundesversicherungsamt und im Fall der Verträge nach Absatz 1 Satz 6 von der für die vertragschließenden Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung.
(3) Krankenkassen können Verträge, die eine ambulante Palliativversorgung und die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfassen, auch auf Grundlage der §§ 73b oder 140a abschließen. Die Qualitätsanforderungen in den Rahmenverträgen nach Absatz 1 und in den Richtlinien nach § 37b Absatz 3 und § 92 Absatz 7 Satz 1 Nummer 5 gelten entsprechend.
(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.
(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.
(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.
(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.
(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.
(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.
(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.
(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.
(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.
(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.