Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 03. Juni 2016 - I-3 Wx 99/16
Tenor
Das Rechtsmittel wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Wert: 869.196,20 € (§ 45 Abs. 3 GNotKG)
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligte zu 1) ist seit dem 10. Februar 1999 Eigentümerin der im Rubrum genannten Grundbesitze. In Abteilung I des Grundbuch sind insoweit als Eigentümer eingetragen die Beteiligten zu 2) und 3) als Gesellschafter bürgerlichen Rechts.
4Die Beteiligten zu 2) und 3) sind weiterhin Gesellschafter der „gekündigten W. OHG“, deren Vermögen auseinandergesetzt werden soll.
5Im Zuge dieser Auseinandersetzung leitete der Beteiligte zu 2) gegen den Beteiligten zu 3) mit Antrag vom 04. März 2015 vor einem Schiedsgericht in Weinheim ein einstweiliges Verfügungsverfahren ein. Der genaue Gegenstand des Verfahrens ist nicht mitgeteilt.
6Am 01. Juli 2015 schlossen die Beteiligten zu 2) und 3) vor dem angerufenen Schiedsgericht in Weinheim einen Vergleich. Darin bewilligte der Beteiligte zu 3) (Verfügungsbeklagter) die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Beteiligten zu 2) (Verfügungskläger) auf Auflassung jeweils in Bezug auf die Anteile des Beteiligten zu 3) „an folgenden Grundstücken, Grundstücksmiteigentumsanteilen sowie Teileigentums- bzw. Wohnungseigentumseinheiten“, u.a. an dem im Rubrum genannten Grundbesitz.
7Gestützt auf diesen Vergleich vom 01. Juli 2015 beantragte der Beteiligte zu 2) am 09. Juli 2015 die Eintragung einer Vormerkung.
8Das Amtsgericht wies diesen Antrag durch Beschluss vom 23. Juli 2015 zurück. Die Bewilligung sei nicht von dem durch die Eintragung betroffenen Eigentümer, der Beteiligten zu 1), sondern lediglich vom Beteiligten zu 3) erklärt worden. Zudem existiere auch nicht der in der Bewilligung genannte Belastungsgegenstand, da der Beteiligte zu 2) keine „eigenen, selbständig übertragbare und somit belastbare Anteile“ an den im Grundbuch verzeichneten Teileigentumseinheiten habe. Schließlich fehle es auch an einem sicherbaren schuldrechtlichen Anspruch gegen den Eigentümer, die Beteiligte zu 1); eine Auflassung nur durch den Beteiligten zu 3) sei nicht möglich.
9Daraufhin haben die Beteiligten zu 2) und 3) am 23. Februar 2016 vor dem Schiedsgericht Weinheim einen weiteren Vergleich geschlossen.
10Darin heißt es:
11„Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind u.a. Auflassungsansprüche betreffend gemeinsame Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile an Grundstücken der Schiesgerichtsparteien, welche aus der Auseinandersetzung im Sinne einer Realteilung der gekündigten W. oHG resultieren. Zur vorläufigen Absicherung solcher Auflassungsansprüche haben die Parteien am 01.07.2015 einen Vergleich abgeschlossen, welcher zu einem Schiedsspruch des Schiedsgerichts (…) vom selben Tage mit vereinbartem Wortlaut führte.
12Dabei wurde hinsichtlich der Miteigentumsanteile der Parteien an dem Grundstück … 40210 Düsseldorf unzutreffend davon ausgegangen, dass diese im persönlichen Miteigentum der Parteien stehen. Tatsächlich sind die Parteien insoweit als Gesellschafter bürgerlichen Rechts im Grundbuch eingetragen. Der Anspruch des Gesellschafters, dem dieses Grundeigentum im Zuge der Auseinandersetzung zugewiesen werden soll, richtet sich somit auf Übetragung der Gesellschaftsanteile des anderen Gesellschafters. Damit die von den Parteien auch insoweit gewünschte vorläufige Absicherung grundbuchrechtlich vollzogen werden kann, schließen die Schiedsparteien folgenden
13weiteren Vergleich:
141. Die Schiedsparteien (…) heben einverständlich die Ziffern 1 (1) und 1 (2) des Vergleiches vom 01.07.2015 auf. Sie bewilligen als alleinige Gesellschafter der in Bezug auf die Miteigentumsanteile am Grundstück (…) bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Eintragung einer Vormerkung auf den
15(1) 411/10.000 Miteigentumsanteilen an dem Grundstück … 40210 Düsseldorf, eingetragen im Grundbuch von Oberbilk (Blatt 8607 …)
16(2) 1.702/10.000 Miteigentumsanteilen an dem Grundstück … 40210 Düsseldorf, eingetragen iim Grundbuch von Oberbilk (Blatt 8608 …)
17zur Sicherung des Anspruches des Verfügungsklägers auf Abtretung der Gesellschaftsanteile des Verfügungsbeklagten an dieser Gesellschaft.
18Der Verfügungskläger beantragt die Eintragung dieser Vormerkung jeweils an oben bezeichneter Grundbuchstelle.
192. Im Übrigen verbleibt es bei den Regelungen des Vergleiches vom 01.07.2015.“
20Ebenfalls am 23. Februar 2016 erging ein Schiedsspruch mit dem vereinbarten Wortlaut.
21Am 01. März 2016 hat der Beteiligte zu 2) erneut – diesmal gestützt auf den Vergleich vom 23. Februar 2016 - die Eintragung einer Vormerkung beantragt.
22Durch den hier angefochtenen Beschluss vom 10. März 2016 hat das Amtsgericht – Rechtspfleger – auch diesen Antrag zurückgewiesen.
23Die in dem vorgenannten Vergleich bewilligte Vormerkung solle der Sicherung des Anspruchs des Beteiligten zu 2) auf „Abtretung der Gesellschaftsanteile des Beteiligten zu 3)“ an der zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) bestehenden Gesellschaft bürgerlichern Rechts dienen. Dies sei kein gemäß § 883 BGB durch eine Vormerkung sicherbarer Anspruch. Durch eine Vormerkung könnten nur Ansprüche auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts, also nur Ansprüche auf dingliche Rechtsänderung gesichert werden. Gesichert werden solle aber der Anspruch auf einen Gesellschaftsanteil. Da die Übertragung eines solchen außerhalb des Grundbuchs wirksam werde, würde eine Vormerkung auch keinerlei Sicherungswirkung erzielen. Außerdem sei Schuldner des durch die Vormerkung zu sichernden Anspruchs der Beteiligte zu 3) als Gesellschafter und nicht die Beteiligte zu 1) als Grundstückseigentümerin.
24Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 26. März 2016.
25Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 06. April 2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
26Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
27II.
28Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
291.
30Das Amtsgericht hat die beantragte Eintragung einer Vormerkung zu Recht abgelehnt, da es - nach wie vor – an den für die Eintragung einer Vormerkung erforderlichen Voraussetzugen fehlt.
31Gemäß § 885 BGB erfordert die Begründung einer Vormerkung eine Rechtsänderung im Sinne des § 883 BGB und eine einstweilige Verfügung oder eine Bewilligung. Vormerkbar sind dabei nur obligatorische Ansprüche auf Verschaffung eines eintragungsfähigen Grundstücksrechts (Demharter, GBO, Anhang zu § 44, Rn. 94; Kohler in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 883, Rn. 19), der auch ein künfiger oder bedingter sein und auf Vertrag oder auf Gesetz beruhen kann. Dabei wird in der Literatur teilweise auch darauf hingewiesen, dass streng genommen nicht der Anspruch, sondern „die bevorstehende Rechtsänderung“ vorgemerkt werde (vgl. zur Terminologie Kohler in: Münchender Kommentar zum BGB, § 883, Rn. 14).
32Gegenwärtige Rechtsinhaberin ist die Beteiligte zu 1), bestehend aus den Beteiligten zu 2) und 3). Dabei ist das Halten des gemeinschaftlichen Eigentums an den streitgegenständlichen Miteigentumsanteilen der einzige Zweck der Gesellschaft, die über kein weiteres Gesellschaftsvermögen verfügt.
33Aus den Vergleichen vom 01. Juli 2016 und vom 23. Februar 2016 ergibt sich, dass - im Zuge der Auseinandersetzung der oHG - der Beteiligte zu 2) Alleineigentümer des streitgegenständlichen Grundbesitzes der Beteiligten zu 1) werden soll.
34Ist Eigentümerin eines Grundstücks eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so kann das Gundstücksrecht auf einen der Gesellschafter zum Einen durch Auflassung des (einzelnen) Gründstücks übergehen. Das gleiche Ziel kann aber auch indirekt über die Anwachsung durch Abtretung der Gesellschaftsanteile erreicht werden, was gegenenfalls auch zur Auflösung der Gesellschaft führt, wenn nur ein Gesellschafter übrig bleibt. Nach der Rechtsprechung unterliegen solche „Anteilsveräußerungen“ grundsätzlich nicht der Form des § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB, auch wenn das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus Grundstücken besteht (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 982 i m.w.N.).
35Bei Abschluss des ersten Vergleichs vom 01. Juli 2015 haben die Parteien offenbar die Vorstellung des Eigentumswechsels durch Auflassung gehabt, aber nicht bedacht, dass eine Auflassung und damit auch die Bewilligung einer Vormerkung nur durch beide Gesellschafter hätten erklärt werden können, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.
36Nach Zurückweisung des ersten Antrags durch Beschluss vom 23. Juli 2015 haben die Beteiligten zu 2) und 3) einen neuen Vergleich geschlossen. Danach soll das gleiche wirtschaftliche Ziel durch Übertragung der Gesellschaftsanteile - des Beteiligten zu 3) auf den Beteiligten zu 2) - erreicht werden.
37Zur Sicherung dieses Anspruchs auf Übertragung des Gesellschaftsanteils haben die Beteiligten zu 2) und 3) als (einzige) Gesellschafter der betroffenen Beteilgten zu 1) die Eintragung einer Vormerkung bewilligt. Bei dem Anspruch auf Abtretung eines Gesellschaftsanteils handelt es sich jedoch – ungeachtet der Frage der Terminologie - nicht um einen „Anspruch auf Verschaffung eines eintragungsfähigen Grundstücksrechts“ im Sinne des § 883 BGB.
38Denn bei der Abtretung der Gesellschftsanteile wird derselbe wirtschaftliche Zweck – der Erwerb der alleinigen Eigentümerstellung – indirekt im Wege der Anwachsung erreicht, die sich mit der Abtretungserklärung außerhalb des Grundbuchs vollzieht. In einem solchen Fall kommt die Eintragung einer Vormerkung nicht in Betracht (vgl. zu den grundbuchrechtlichen Besonderheiten des Gesellschafterwechsels bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 982 ff; 982 i; Kohler in: Münchener Kommentar zum BGB, § 873, 23 ff.). Denn § 892 BGB schützt nur den guten Glauben im rechtsgeschäftlichen Grundstücksverkehr, worunter der Erwerb von Gesellschaftsanteilen auch dann nicht zu fassen ist, wenn deren Vermögen ausschließlich in einem Grundstück besteht (BGH, 22. November 1996, DNotZ 1998, 741, juris). Ein gewünschter Schutz gegen zwischenzeitliche Veräußerung des zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks kann durch durch ein Veräußerungsverbot erlangt werden (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O.).
39Nach alledem war das Rechtsmittel zurückzuweisen.
402.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
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(1) Bei Einräumung des Vorrangs oder des gleichen Rangs ist Geschäftswert der Wert des vortretenden Rechts, höchstens jedoch der Wert des zurücktretenden Rechts.
(2) Die Vormerkung gemäß § 1179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugunsten eines nach- oder gleichstehenden Berechtigten steht der Vorrangseinräumung gleich. Dasselbe gilt für den Fall, dass ein nachrangiges Recht gegenüber einer vorrangigen Vormerkung wirksam sein soll. Der Ausschluss des Löschungsanspruchs nach § 1179a Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 1179b Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, ist wie ein Rangrücktritt des Rechts zu behandeln, als dessen Inhalt der Ausschluss vereinbart wird.
(3) Geschäftswert einer sonstigen Vormerkung ist der Wert des vorgemerkten Rechts; § 51 Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.
(2) Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.
(3) Der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.
(1) Die Eintragung einer Vormerkung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund der Bewilligung desjenigen, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, dass eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
(2) Bei der Eintragung kann zur näheren Bezeichnung des zu sichernden Anspruchs auf die einstweilige Verfügung oder die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
(1) Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.
(2) Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.
(3) Der Rang des Rechts, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.
(1) Zugunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht durch Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Ist der Berechtigte in der Verfügung über ein im Grundbuch eingetragenes Recht zugunsten einer bestimmten Person beschränkt, so ist die Beschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist.
(2) Ist zu dem Erwerb des Rechts die Eintragung erforderlich, so ist für die Kenntnis des Erwerbers die Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung oder, wenn die nach § 873 erforderliche Einigung erst später zustande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.