Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 29. Jan. 2015 - I-10 U 5/14
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.06. 2013 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die sofortige Abberufung des Klägers als Vorstand und dem Vorstand vorsitzende Person vom 02.01.2012 durch den Verwaltungsrat der Beklagten sowie die außerordentliche Kündigung vom 02.01.2012 des Anstellungsvertrags des Klägers unwirksam sind.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 125 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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G r ü n d e :
21.1. Der Kläger ist seit dem 01.06.2001 Mitglied und Vorsitzender des Vorstands der Beklagten (als Organ bestellt sowie durch Dienstvertrag angestellt). Die letzte Neu-bestellung und Vertragsverlängerung erfolgte am 16. Febr. 2011 zum 31.05.2016. Die Beklagte war 2010/2011 aufgrund der Handhabung und Entwicklung zweier Kreditengagements – ‚S. C. GmbH‘ mit 22 Mio € und ‚J. Gruppe/SUJ‘ – in eine nach ihrer eigenen Einschätzung „wirtschaftlich prekäre Situation“ geraten. Am 06. Juli 2011 erteilte der Verwaltungsrat der Beklagten daher einen Gutachtenauftrag an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (künftig PwC). PwC sollte das Kreditengagement ‚S. C.‘ an Hand der bei der Beklagten vorliegenden Unterlagen durchleuchten (jedoch „keine forensische Untersuchung“ vornehmen) und es mit Blick auf die „Einhaltung“ gesetzlicher und anderer „Anforderungen“ bewerten. Am 03. November 2011, also vier Monate später, wurde jener Auftrag auch auf die – in diesem Rechtsstreit dann im Vordergrund stehenden – Darlehen an ‚P./SUJ‘ erstreckt. Der Gutachtenauftrag wurde im Dezember 2011 mündlich und schriftlich (vgl. Anl. B 27) erfüllt. Am 02.01.2012 wurde der Kläger als Vorstandsvorsitzender und Vorstandsmitglied abberufen und fristlos gekündigt, das weitere Vorstandsmitglied de K. schied – ‚einvernehmlich‘ - zur Jahresmitte 2012 aus, das dritte Mitglied S. blieb unverändert als solches für die Beklagte tätig.
3Die Parteien streiten in diesem Rechtsstreit um die Feststellung der (Un-) Wirksam-keit der am 02.01.2012 durch den Verwaltungsrat der Beklagten beschlossenen Abberufung und Kündigung des Klägers aus wichtigem Grund sowie in einem noch nicht abgeschlossenen Urkundsprozess (22 O 43/12 LG Duisburg) um die Gehalts-zahlungen seit jenem Tag. Wegen des Wortlauts der erstinstanzlich verlesenen Feststellungsanträge sowie wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vor-bringens der Parteien, die nicht nachstehend wiedergegeben sind, wird auf die tat-bestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
4Die Beklagte hat sich in der Klageerwiderung auf Einwände gegen die Zulässigkeit des Rechtswegs und andere Zulässigkeitsfragen beschränkt. Während im vorlie-genden Verfahren erstinstanzlich noch um Zulässigkeitsfragen gestritten wurde, ging im vorgenannten Urkundsverfahren eine Klageerwiderung von Ende Mai 2012 ein, fand im August 2012 eine (erste) mündliche Verhandlung statt und erging im Oktober 2012 ein Hinweis- und Beweisbeschluss des Landgerichts (vgl. Bl. 180 f BA), der insbesondere auf eine mögliche Kompetenzverletzung durch den Kläger als – „bei einer gewissen Erheblichkeit“ - wichtigen Grund iS von § 626 Abs. 1 BGB abstellt. Eine weitere Klageerwiderung im vorliegenden Rechtsstreit von November 2012 ist, was die Frage nach dem „wichtigen Grund“ angeht, praktisch identisch mit der Klage-erwiderung im Urkundsverfahren von Mai 2012. Vom Landgericht ist alsdann be-schlossen worden, beide Verfahren gemeinsam zu verhandeln in beiden Verfahren gemeinsam Beweis zu erheben (Zeugenbeweis hier, Parteivernehmung des Klägers im Urkundsverfahren). Wegen des Ergebnisses der Zeugenbeweisaufnahme hier wird auf das Protokoll vom 30.04.2013 (Bl. 322 ff GA) verwiesen. Das Urkundsver-fahren wurde in der Sitzung vom 30.04.2013 auf übereinstimmenden Antrag beider Parteien zunächst zum Ruhen gebracht, d.h., eine Parteivernehmung des Klägers erfolgte nicht.
5Durch die hier angefochtene Entscheidung hat das Landgericht alle Feststellungsan-träge des Klägers abgewiesen. Sowohl die Abberufung als Organ als auch die frist-lose Kündigung durch den Verwaltungsrat der Beklagten seien formell nicht zu be-anstanden. Das ‚P.-Darlehen‘ über 600.000 € (= Kreditbeschluss vom 22. Dez. 2010), sei – jedenfalls auch – vom Kläger unter Verletzung der Kompetenzregeln der Beklagten gewährt worden und insbesondere sei dieser Umstand in den Folgemo-naten (Sitzungen des Risikoausschusses vom 16.02. und vom 13.04. 2011) vor-sätzlich vom Kläger verschleiert worden. In Anbetracht dieses „beharrlichen“ Kom-petenzverstoßes stehe der Bejahung eines wichtigen Grundes im Verhältnis zum Kläger auch nicht entgegen, dass einem anderen Vorstandsmitglied, das den Vor-standsbeschluss zum P.-Darlehen ebenfalls unterschrieben hatte, nicht eben-falls (fristlos) gekündigt worden sei. Am 02.01.2012 sei auch die Zwei-Wochen-Frist aus § 626 Abs. 2 BGB noch eingehalten gewesen, weil diese Frist nicht schon am 06.12.2011, dem Tag der ‚Präsentation‘ des Gutachtens von und durch PwC vor dem Verwaltungsrat der Beklagten, sondern frühestens am 23.12.2011, dem Tag der Sitzung des Verwaltungsrats, in dem die beiden anderen Vorstandsmitglieder angehört wurden (eine Anhörung des Klägers war wegen dessen schwerer Erkran-kung auch an jenem Tag nicht möglich), zu laufen begonnen habe.
6Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der in der Sache sein ursprüngliches Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit der ihn be-treffenden Beschlüsse (Abberufung) und Massnahmen (außerordentliche Kündigung) des Verwaltungsrats vom 02.01.2012 weiterverfolgt.
7Am 29.04.2014 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin des Senats statt-gefunden, in dem die Erfolgsaussichten der Berufung ausführlich mit den Parteien erörtert wurden; wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 29.04.2014 (Bl. 828 ff GA) sowie auf den Berichterstattervermerk vom 03.05.2014 (Bl. 839 ff GA) verwiesen. Eine gütliche Einigung und auch eine Übertragung der Entscheidung gemäß § 527 Abs. 4 ZPO erfolgten nicht. Am 02.06.2014 teilte der Verwaltungsrat der Beklagten dem Kläger mit, dass der Verwaltungsrat „vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit des Beschlusses und der Kündigung vom 02.01.2012“ am 28.05.2014 beschlossen habe, den Kläger als Vorstand und Vorstandsvorsitzenden abzu-berufen und den Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich zu kündigen, was zugleich auch erklärt worden ist.
81.2.1. Der Kläger begründet die Berufung - zusammengefasst - wie folgt: die Abberufung/Kündigung vom 02.01.2012 sei – mehrfach – verfristet, darüberhinaus sei dem Kläger ein Kompetenzverstoß nicht vorzuwerfen, wohl aber der Beklagten eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers im Verhältnis zu mindestens einem der beiden anderen Vorstandsmitglieder.
9Da der Risikoausschuss von Sparkassen seit 2008 nur noch ein Unterausschuss des Verwaltungsrats sei, sei wegen der fristauslösenden Kenntnis von dem P.-Darlehen auf die (zeitlich frühere) Kenntnis dieses Ausschusses im Mai 2011, ggf. schon im November 2010, abzustellen und nicht auf die (spätere) Kenntnis des Verwal-tungsrats selbst. Vom zentralen Vorwurf der Beklagten und des Landgerichts, dass der Kläger die Weiterleitung des Darlehens der Beklagten über 600.000 € an die P. GmbH durch jene an die SUJ-Gruppe „verschleiert“ habe, habe es ausweislich eigenen Bekundens der Beklagten bereits im Frühjahr 2011 Gerüchte bei der Beklagten gegeben und habe der Verwaltungsrat am 28.06.2011 – dem Tag der Sitzung des Verwaltungsrats, in der die beschriebene Auftragserteilung an PwC be-schlossen wurde -, vollständige Kenntnis gehabt, ohne dass jeweils zeitnah etwas unternommen worden wäre; jedenfalls sei die Ausdehnung des Auftrags an PwC auf den Komplex P./J. am 03.11.2011 verfristet gewesen. Wollte man hierzu der Argumentation der Beklagten folgen, dass über eine mögliche Kündigung doch immer erst nach Abschluss von Ermittlungen nachgedacht und entschieden werden könne, liefe die gesetzliche Regelung völlig leer: der Dienstherr brauchte jeweils nur „Ermittlungen“ von beliebigem Umfang und beliebiger Dauer in Auftrag zu geben, um damit den Fristbeginn beliebig zu bestimmen/ hinauszuschieben.
10Weiterhin habe das unternehmerische Verhalten des Klägers der „Rettung“ der S. C.-Kredite und derer an die J.-Gruppe gedient und sei schon deshalb nicht pflichtwidrig gewesen, sondern habe im „im Rahmen zutreffender unternehmerischer Ermessensausübung“ gelegen. Hinsichtlich des P.-Darlehens liege ein pflichtwidriges Verhalten des Klägers nicht vor, weil - entgegen der Auffassung von PwC in deren Gutachten - eine Kreditnehmereinheit S./P. (§ 19 Abs. 2 KWG) nicht vorgelegen und also eine entsprechende besondere Unterrichtungspflicht nicht bestanden habe. Vor dem Risikoausschuss, der eine Überwachungskompetenz also insoweit ohnehin nicht gehabt hätte, sei, wie sich aus der Präsentation K. (Anl. B 20) ergebe, darüberhinaus auch nichts „verschleiert“ worden, und wenn doch, dann sei das eine Verfehlung des zuständigen Herrn K., nicht aber des Klägers (oder diesem zuzurechnen). Was das Kreditengagement S. C. GmbH angehe, erschöpfe sich der zweitinstanzliche Vortrag der Beklagten (dies insbes. auch nach dem Erörterungstermin) in der Wiederholung des unsubstantiierten Vortrags erster Instanz, zudem nehme die Beklagte auch hier immer wieder unzulässige ex-post-Betrachtungen vor.
11Die zur Beurteilung und Bejahung der Rechtmäßigkeit der Abberufung/Kündigung - nur - des Klägers erforderliche Interessenabwägung schließlich hätten sowohl die Beklagte als auch das LG unterlassen, das LG darüberhinaus die Berücksichtigung von Vorbringen der Beklagten in dem Rechtsstreit der Beklagten gegen die P. GmbH (3 O 247/17 LG Duisburg) auf Rückzahlung des hier und dort in Rede stehenden Darlehens, wo die Beklagte selbst vorgetragen habe, dass jenes Darlehen an P. (doch) einer Beteiligung von P. an S. gedient habe. Schließlich sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Vertrauensverhältnis der Beklagten zum Vorstand S. nicht erschüttert, das zum Kläger wegen des P.-Darlehens jedoch völlig zerrüttet sein solle, zumal, von der Rolle des Herrn K. einmal abgesehen, für „SUJ/SBO“ seinerzeit der weitere Vorstand de K. zuständig gewesen sei.
12Der Kläger beantragt,
13das am 25.06. 2013 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg abzuändern und festzustellen, dass die sofortige Abberufung des Klägers als Vorstand und dem Vorstand vorsitzende Person vom 02.01.2012 durch den Verwaltungsrat der Beklagten sowie die außerordentliche Kündigung vom 02.01.2012 des Anstellungsvertrags des Klägers unwirksam sind.
14Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
151.2.2. Erwidernd hat die Beklagte erneut die Zulässigkeit der Berufung und/oder der Klage in Abrede gestellt. Weiter macht die Beklagte geltend, dass das LGU den – dann jedoch unzutreffenden – Eindruck erweckt haben könne, dass die Kündigung/ Abberufung des Klägers allein auf das Darlehen an die P. gestützt gewesen sei; tatsächlich sei es aus Sicht des Verwaltungsrats zunächst um zwei andere Kreditengagements (nämlich S. C. GmbH und J. Gruppe) gegangen, die umfangreiche Prüfungen seitens der Beklagten erforderlich gemacht hätten. Die erst im Laufe dieses Rechtsstreits eingetretene Fokussierung auf den Komplex P./SUJ habe nicht der Perspektive des Verwaltungsrats im relevanten Zeitraum 2011/2012 entsprochen. Soweit es auf den erstinstanzlichen und hier in Bezug genommenen Vortrag zum Komplex S. C. GmbH ankomme, sei vom Senat daher eine Rückverweisung an das Landgericht in Betracht zu ziehen. Es werde aber doch auch daran festgehalten, dass der Kündigungssachverhalt „Handhabung Darlehen P.“ so, wie vom Landgericht rechtlich eingeordnet, für sich allein betrachtet einen wichtigen Grund iSd § 626 Abs. 2 BGB darstellte; zugleich erhebt die Beklagte hierzu „ergänzend“ Vorwürfe gegen den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten wegen „manipulativer Darstellungstechnik“ und „Verwirrungstaktik“ sowohl in der Beschlussvorlage hinsichtlich des P.-Darlehens als auch in diesem Rechtsstreit. Die Unterrichtung des Risikoausschusses durch den Kläger sei „von hohem taktischem Geschick“ geprägt gewesen und damit ein [weiteres] Indiz für die Unvertretbarkeit jener Kreditentscheidung; der Kläger hätte daher ungefragt auf die Herkunft des von P. an SUJ „weitergeleiteten“ Betrages hinweisen müssen.
16Soweit die Abberufung/Kündigung also auf das Darlehen P. zu stützen seien, seien sie nicht verfristet gewesen, denn zum Zeitpunkt der grundlegenden Beauftragung von PwC durch den Verwaltungsrat Anfang Juli 2011 habe keine Rede davon sein können, dass die insoweit kündigungsrelevanten Umstände bereits mit der erforderlichen Sicherheit bekannt („ausermittelt“) gewesen seien; es habe lediglich der Verdacht einer unvollständigen Unterrichtung [des Risikoausschusses] seitens des Vorstands/Klägers bestanden. Der Beginn der Frist aus § 626 Abs. 2 BGB werde durch solche Maßnahmen gehemmt, die der Kündigungsberechtigte bei pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens für notwendig halten durfte. Der dann am 03.11.2011 ergänzend an PwC erteilte Auftrag habe zu keiner Verzögerung der Fertigstellung des Untersuchungsberichts geführt. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt habe, der ihn zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, könne über die Ermittlungen hinaus den Betroffenen – und dies nur im Regelfall binnen einer Woche - anhören, ohne dass die Frist zu laufen be-ginne. Hinsichtlich der erforderlichen Interessenabwägung schließlich „greife [die Alternative, entweder auch noch ein weiteres Vorstandsmitglied fristlos zu kündigen oder auch den Kläger nicht,] zu kurz“.
17Nach dem Erörterungstermin vom 29.04.2014 und vor dem Senatstermin vom 11.12.2014 hat die Beklagte ihr Vorbringen umfangreich vertieft und zu ergänzen versucht.
18Zu dem Anlass für die und dem Gegenstand der Sonderprüfung durch PwC hat sie vorgetragen, dass die Entwicklung, die die beiden in Rede stehenden Kreditengage-ments nehmen würden, aus Sicht des Verwaltungsrats im Juni/Juli 2011 zwar nicht vorhersehbar, jedoch auch nicht auszuschließen gewesen sei. Aufgrund der bis dahin erfolgten Unterrichtung durch den Vorstand habe es bis dahin für den Verwal-tungsrat keinerlei konkrete Hinweise auf Art, Schwere und Häufigkeit von Pflichtver-letzungen durch den Vorstand gegeben, andererseits der Verwaltungsrat sichangesichts der seinerzeit nicht auszuschließenden - und später tatsächlich eingetretenen – negativen Entwicklung nicht mehr ausschließlich auf die Unterrichtung durch den Vorstand habe verlassen können und wollen. Anhaltspunkte dafür, dass die beauftragte Untersuchung schwerwiegende und fortlaufende Pflichtverletzungen u.a. durch den Kläger aufdecken würde, seien zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich gewesen. Wegen behaupteter Pflichtverletzungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Kreditengagement S. C. GmbH und im Zusammenhang mit dem P.-Darlehen, der Prüfungsobliegenheiten des Verwaltungsrats vor einer Entscheidung, der Kenntnisvermittlung an den Verwaltungsrat hinsichtlich des Prüfungsberichts von PwC im Dezember 2011, zum Kenntnisstand des Risikoausschusses und zur Bedeutung der Frist des § 626 Abs.2 BGB wird auf früheren schriftlichen und mündlichen Vortrag Bezug genommen. Schlussfolgernd meint die Beklagte, es würde die Dinge „auf den Kopf stellen“, wenn die Dauer der Untersuchung durch PwC, die erforderlich gewesen sei, um das Informationsdefizit des Verwaltungsrats zu kompensieren, dazu führen würde, dass die ausgeprochene Kündigung unwirksam wäre. Die außerordentliche Kündigung/Abberufung des Klägers sei letztlich auf eine – sachgerechte – Gesamtwürdigung des Verhaltens des Klägers hinsichtlich beider Komplexe gestützt bzw. zu stützen gewesen, was nicht künstlich in einzelne Komplexe „seziert“ werden dürfe. Es behafte das Kündigungsrecht der Beklagten mit unkalkulierbaren Risiken, wenn der – jedenfalls aus Sicht des Verwaltungsrates – einheitliche Kündigungs-sachverhalt in mehrere Teile aufgespalten und diese jeweils getrennt betrachtet würden. Nur dann, wenn für die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht der objektive Maßstab des Gerichts, sondern der durch die Sichtweise eines verständig handelnden Dienstgebers „verobjektivierte subjektive“ Maßstab des entscheidungs-befugten Organs (Verwaltungsrats) angelegt werde, würden übereilte Entschei-dungen vermieden. Wegen des allmählichen Erkenntnisfortschritts innerhalb einer in Auftrag gegebenen Untersuchung könne der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erst dann als in Gang gesetzt angesehen werden, wenn alle zumutbaren Erkenntnis-möglichkeiten ausgeschöpft worden seien.
19Die Beklagte hat überdies eine Anklageschrift der StA Düsseldorf betr. den Kläger sowie die Herren de K. und K., eine Schadensersatz- und Feststellungsklage der Beklagten gegen den Kläger und drei weitere (frühere) Vorstände sowie eine bezifferte Schadensersatzklage der Beklagten gegen den Kläger und Herrn de K. vorgelegt, worauf verwiesen wird (Bl. 1004 ff, 1056 ff, 1115 ff GA).
202. Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Ein die Abberufung/außerordentliche Kündigung des Klägers rechtfertigender Pflichtenver-stoß kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht festgestellt (dazu nach-stehend 2.2.1.2. und 2.2.1.3) bzw. dem weiteren Vortrag der Beklagten nicht ent-nommen werden (dazu nachstehend 2.2.2. und 2.2.3.). Darüberhinaus waren die Beschlüsse/Erklärungen vom 02.01.2012 unwirksam, weil verfristet (dazu nachstehend 2.3.1.2., 2.3.1.3., 2.3.2.). Im Einzelnen:
212.1. Die Berufung ist zulässig, denn die BerBegr hat sich entgegen der Auffassung der Beklagten sehr wohl ausreichend mit den Gründen der landgerichtlichen Ent-scheidung auseinandergesetzt. Auch die Klage ist zulässig, denn ein Feststellungs-interesse des Klägers hinsichtlich der (Un-) Wirksamkeit von Abberufung und Kündi-gung vom 02.01.2012 ist gegeben, weil in dem anhängigen und über lange Zeit ruhenden Urkundsverfahren auf Fortsetzung der Gehaltszahlungen die Frage nach dem wichtigen Grund als Vorfrage zu beantworten wäre. Die Fassung der Feststellungsanträge in der Berufungsinstanz begegnet keinen Bedenken, weil sie entgegen der Auffassung der Beklagten nicht „allgemein“ und auf den Fortbestand der Anstellung, sondern eindeutig punktuell auf die Erklärungen/Beschlüsse vom 02.01.2012 bezogen ist.
222.2. Keine wichtigen Gründe iSd § 626 Abs. 1 BGB
232.2.1. Darlehensbeschluss vom 22.12. 2010 (P.) und Kompetenzverstoß
242.2.1.1. Das Landgericht hat die Klageabweisung darauf gestützt - und damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes iS des § 626 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 2 lit. a) S. 2 SpkG NW (2008), § 10 Abs. 3 Anstellungsvertrag des Klägers bejaht -, dass
25- (auch) der Kläger als Vorstand dem Kontokorrentkredit der Beklagten vom 22.12. 2010 an die P. zugestimmt habe, obwohl ihm (Kl.) bekannt gewesen sei, dass jenes Darlehen noch am selben Tag an die S. GmbH, deren Kredite wie alle anderen der J. Gruppe Ende November 2010 mit seiner (des Kl.) Zustimmung auf Sanierungskredite umgestellt worden waren und die jedenfalls vorerst keine zusätzliche Liquidität habe erhalten sollen, weitergereicht werden würde, und
26- der Kläger das alles in den Folgemonaten vor dem Risikoausschuss der Beklagten verschwiegen bzw. verschleiert habe.
27Ausdruck dieser Verschleierung seien etwa die Folien 7 und 10 der am 16.02.2011 dem Risikoausschuss der Beklagten vom für die Sanierungskredite zuständigen („Leiter der Sanierungsbetreuung“ der Beklagten) Mitarbeiter K. vorgetragenen PPT-Präsentation gewesen. Weder diesen Folien noch dem Protokoll vom 16.02.2011 (Anl. B 20) lasse sich entnehmen, dass der – in der Sitzung physisch an-wesende - Kläger von sich aus den Risikoausschuss über die „wahren“ Hintergründe der Vorfälle unterrichtet hätte. Auch aus dem Sitzungsprotokoll vom 13.04.2011 lasse sich nicht entnehmen, dass der Kläger am 16.02. und/oder 13.04.2011 vor dem Risikoausschuss klar dargelegt habe, dass das Darlehen an die P. zu dem Zweck gewährt worden sei, umgehend weiteren Liquiditätsbedarf bei der S. zu befriedigen, und außerdem, dass die P. tatsächlich gar nicht beabsichtigt habe, sich Anfang 2011 an der S. GmbH zu beteiligen. Weder der Zeuge K. noch der Zeuge S., Mitglied des Risikoausschusses der Beklagten, hätten in der Beweisaufnahme bestätigen – sich daran erinnern – können, dass in den beiden Sitzungen klar mitgeteilt worden wäre, dass es sich bei der vermeintlichen Beteiligung der P. an S. iHv 600 000 € ursprünglich um einen Kredit der Beklagten an die P. gehandelt habe. Unabhängig von der offen gelassenen Frage, ob bei S. und P. eine Kreditnehmereinheit i.S. von § 19 KWG a.F. (bis 31.12. 2010) und/oder n.F. (ab 01.01. 2011) vorgelegen habe und der Risikoausschuss dem Darlehen deshalb habe zustimmen müssen - ein Vorwurf an den Kläger, auf den die von der Beklagten vorgelegte Anklageschrift der StA Düsseldorf (Bl. 1004 ff) zu diesem Komplex nicht gestützt wird -, habe der Kläger durch die Nichtaufklärung über die Umstände jenes Darlehens die Beratungs- und Überwachungskompetenz des im Gefüge der Beklagten „bedeutsamen“ Risikoausschusses verletzt. Da dies wiederholt geschehen sei, sei von einem „beharrlichen“ Kompetenzverstoß des Klägers auszugehen, der verhindere, das Verhalten des Klägers in dem „milderen Licht“ zu sehen, das nach der Rspr. Voraussetzung dafür wäre, zu Gunsten des Klägers die Ungleichbehandlung zwischen dem Kläger und anderen Vorstandsmit-gliedern berücksichtigen zu können. Auf den Punkt gebracht hat das Landgericht den die Abberufung/Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund/Pflichtenverstoß des Klägers also darin gesehen, dass der Kläger den Risikoausschuss in den beiden Sitzungen von Februar und April 2011 nicht von sich aus und vollständig über die Umstände des Darlehens an P. und die Weiterleitung „der Liquidität“ daraus an SUJ unterrichtet und dadurch gegen die „Kompetenzordnung“ der Beklagten verstoßen habe.
282.2.1.2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann von einem [fortgesetzten] „Kompetenzverstoß“ des Klägers, der zugleich eine zur fristlosen Kündigung/ Abberufung berechtigende Pflichtverletzung darstellte, indes nicht ausgegangen werden.
292.2.1.2.1. Dabei kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass nach der Kredit-gewährung an P. vom 22. Dez. 2010 seitens aller daran Beteiligten (also nicht etwa nur seitens des Klägers) eine gesteigerte Bereitschaft dahin, den Risikoausschuss von allen Details dieses – im Vergleich zu den in Sachen S. C.-Gruppe seinerzeit in Rede stehenden (Millionen-) Beträgen von der Beklagten selbst als vergleichsweise geringfügig angesehenen – Darlehens an P., das wirtschaftlich für die SUJ bestimmt und das darüberhinaus auch nicht zu dem angegebenen sehr zeitnahen Termin an die Beklagte zurückgezahlt worden war, zu unterrichten, wohl nicht bestand; das reicht aber nicht aus für die Bejahung eines wichtigen Grundes für eine Abberufung/fristlose Kündigung, jedenfalls nicht im Verhältnis allein zum Kläger als einem von drei Mitgliedern des Vorstands.
30Die in diesem Zusammenhang von den Parteien intensiv diskutierte ppt-Präsentation des Herrn K. für den/vom 16.02.2011 kann den Kläger hier weder ent- noch insbesondere belasten. Die durchaus beschönigenden bis irreführenden Folien 7 und 10 aus jener ppt-Präsentation des Leiters der Sanierungsbetreuung für den Risikoausschuss („Kapitalunterstützung durch die P.“, „P. will sich an der SUJ beteiligen“, „neu Planung … liegt vor“, „per 12.2011 [ist] Liquiditätshilfe von P. zurückgezahlt“) können dem Kläger jedenfalls so lange nicht als eigener Pflichtenverstoß im Verhältnis zur Beklagten zugerechnet werden, als dazu nicht Vortrag über eine Veranlassung dieser Angaben seitens des Klägers, zumal wider besseres Wissen, erfolgt ist. An solchem Vortrag der Beklagten fehlt es gänzlich. Was die Sitzungsprotokolle des Risikoausschusses - und dort „protokollierte“ Äuße-rungen des Klägers selbst - angeht, führt auch deren Berücksichtigung nicht zu einer anderen Beurteilung. Es handelt sich dabei nicht um Wortprotokolle, sondern um knappe Zusammenfassungen von Äußerungen zu einzelnen Tagesordnungs-punkten. Bei derartigen Protokollen kann aus dem, was nicht da steht, deshalb ein Schluss dahin, dass dazu überhaupt nichts gesagt worden wäre, zulässig nicht ge-zogen werden. Darüber hinaus ist zu fragen, ob das Landgericht bei seiner Würdi-gung der Aussagen zum Verlauf der Sitzungen die Interessenlage des Zeugen K., der sich „nicht erinnern“ konnte, ob in der betr. Sitzung nach seiner ppt-Präsentation von bestimmten Fragen noch die Rede gewesen sei, hinreichend berücksichtigt hat. Ausweislich des – vom LG in der angefochtenen Entscheidung dargestellten, worauf verwiesen wird, – mail-Wechsels in den Tagen unmittelbar vor dem 22.12.2010 ist die Idee eines Darlehens an P. zwecks „Jahresabschluss-neutraler“ Weiterleitung an die SUJ unter Beteiligung des Zeugen K. entwickelt worden, denn er führte die Telefonate mit den Geschäftsführern der P., in denen dieser Gedanke aufkam und fortentwickelt (und dann von K. dem Kläger per mail vorgeschlagen) wurde. Nach seinem eigenen Bekunden hatte K., der als Leiter der Sanierungsbetreuung daran interessiert sein musste, dass das erst ca. einen Monat zuvor auf Sanierung umgestellte Kreditengagement J.-Gruppe nicht sogleich wieder scheiterte, die Frage nach § 19 Abs. 2 KWG seinerzeit geprüft (und verneint). Wenn dieser Zeuge später – etwa aus Anlass der PwC-Sonderuntersuchung – erkennt oder zu erkennen glaubt, dass er bei seiner Beurteilung seinerzeit möglicherweise falsch gelegen oder gar einen Fehler gemacht hat, dann ist zu fragen, ob er nicht ein Interesse daran haben musste, dritte Beteiligte wie den Kläger, die ihn (K.) von einer möglichen Verantwortung ganz oder zum Teil befreien könnten, nicht entlastet zu sehen; er könnte sich deshalb – subjektiv zu-treffend und unbewusst - an diese Dritten entlastende Momente nicht erinnert haben.
31Im Übrigen ist nach dem eigenen Verständnis des Landgerichts der Risikoausschuss der Beklagten – zwar verspätet, aber eben doch - in den Sitzungen vom 11.05. und vom 08.06.2011 über die vom Landgericht insoweit als hinweisbedüftig angese-henen Umstände des in Rede stehenden Darlehens unterrichtet worden.
322.2.1.2.2. Der rechtlichen Einordnung als Kompetenzverstoß entzieht sich weiterhin die Beurteilung des Landgerichts, der Kläger habe pflichtwidrig gegenüber dem Risikoausschuss und damit gegenüber einem „bedeutsamen“ Gremium der Be-klagten etwas verschwiegen.
33Während der Vorstand einer Sparkasse, neben dem Verwaltungsrat das zweite Organ der Sparkasse (§ 9 SpkG NW (2008)), diese in eigener Verantwortung und durch Beschlüsse, an denen jeweils nur die Mitglieder des Vorstands mitwirken, leitet (§ 20 Abs. 1, 3 SpkG NW (2008)), ist der Risikoausschuss ein vom Verwaltungsrat gebildetes Gremium, das durch Art. 15 Abs. 3 SpkG NW (2008) geschaffen wurde (und zugleich der frühere Kreditausschuss, bei dem es sich um ein drittes Organ der Sparkasse mit eigenen Kompetenzen handelte
2.2.1.3. Aber sogar wenn man in der Unterlassung bestimmter Informationen gegenüber dem Risikoausschuss im Februar und/oder April 2011 doch einen relevanten Pflichtenverstoß (auch) des Klägers sehen wollte – quod non -, wäre die Frage zu stellen und unter Abwägung der Interessen der Parteien zu beantworten, ob es für die Beklagte zum Jahreswechsel 2011/2012 mit Blick auf den hier inRede stehenden Tatsachenkomplex unzumutbar (zu diesen Merkmalen vgl. Pal./Weidenkaff § 626 BGB Rzf. 39 mwN) war, das Dienstverhältnis gerade mit dem Kläger fortzusetzen. Diese Frage kann nicht bejaht werden kann.
35An den in Rede stehenden Sitzungen des Risikoausschusses in 2011 hat jeweils der gesamte Vorstand teilgenommen (und sich ausweislich der Protokolle dazu ge-äußert). Die weiterreichende Information oder Aufklärung des Risikoausschusses schon im Februar/April 2011, wie sie das Landgericht fordert, wäre deshalb jedenfalls auch dem - seinerzeit unstr. für die Marktfolge (Risikocontrolling im Backoffice) zu-ständigen - Vorstandsmitglied de K. möglich gewesen, ist indes nicht erfolgt. Dann aber führt so lange, wie die Beklagte keinerlei Gründe dafür, dass die Frage nach der (Un-) Zumutbarkeit der Fortsetzung der jeweiligen Dienstverhältnisse von der Beklagten hier zu Lasten allein des Klägers unterschiedlich zu beantworten war, geltend macht und darlegen kann, diese Ungleichbehandlung zu der Feststellung, dass ein wichtiger Grund iS des § 626 Abs. 1 BGB im Verhältnis zum Kläger zum Jahreswechsel 2011/2012 nicht vorlag.
36Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte einen Verstoß des Klägers gegen § 19 Abs. 2 KWG geltend gemacht hat – eine bankaufsichtliche Regelung (Kreditnehmerein-heiten), auf die die von der Beklagten vorgelegte Anklageschrift der StA Düsseldorf (Bl. 1004 ff) zu diesem Komplex aber nicht gestützt wird -, und auch hinsichtlich der von PwC in ihrer Untersuchung angesprochenen „MaRisk-Verstöße“, also Verstöße gegen Verwaltungsanweisungen der BaFin. Es ist von der Beklagten weder schüssig vorgetragen worden, dass derartige Verstöße in diesem Kontext vom Kläger begangen worden seien, noch, dass sie allein vom Kläger begangen worden seien, noch, warum sie (unterstellt) die Beklagte allein im Verhältnis zum Kläger zur fristlosen Kündigung/Abberufung berechtigt hätten. Im Gegenteil ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Anlage BB 4 (Bl. 915 ff GA), einem Schreiben der BaFin an die Beklagte vom 12.05. 2014, dass jedenfalls hinsichtlich des Komplexes S. C. GmbH von den zuständigen Behörden „zahlreiche, von den [Plural] damaligen Geschäftsleitern der [Beklagten] zu verantwortende“ und „in ihrer Summe bemerkenswerte“ MaRisk-Verstöße, die über Jahre die Ordnungsmäßigkeit der Ge-schäftsorganisation bei der Beklagten in Frage stellten, festgestellt worden sind. Auch hier bleibt die Frage unbeantwortet, weshalb vor diesem Hintergrund die Fort-setzung der Zusammenarbeit mit den Vorständen (jedenfalls zunächst) de K. und insbesondere S. zumutbar war, mit dem Kläger dagegen nicht, auch hier kann deshalb ein wichtiger Grund für die Kündigung/Abberufung im Verhältnis allein zum Kläger nicht festgestellt werden.
372.2.2. Handhabung des Kreditengagements J.-Gruppe insgesamt
38Die als Kündigungsberechtigte insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat weiterhin keine konkrete(n) Pflichtverletzung(en) des Klägers im Zusammenhang mit der Handhabung des Kreditengagements J.-Gruppe insgesamt, also über das P.-Darlehen hinaus, vorgetragen, die sie (Bekl.) zur fristlosen Kündigung/Abberufung am 02.01.2012 berechtigt hätte. Auch wenn die Entwicklung dieses Engagements in den Jahren 2006 bis 2010 in einem frühen Stadium des Verfahrens relativ ausführlich von der Beklagten dargestellt worden ist, fehlt es dort doch an konkretem Vortrag zu konkreten [zurechenbaren] Verstößen des Klägers gegen seine Pflichten als „ordentlicher Geschäftsleiter“, zumal solchen, deren Ausmaß und Gewicht eine außerordentliche Kündigung/Abberufung (wiederum:) allein des Klägers rechtfertigen könnten.
392.2.3. „Explosion“ der Kredite an S. C. GmbH „ohne tragfähiges Konzept“
402.2.3.1. Hinsichtlich des – wirtschaftlich deutlich schwerer wiegenden – Kredit-engagements S. C. GmbH als wichtigem Grund für die Abberufung/außerordentliche Kündigung des Klägers hat die BerErw pauschal auf ihr „gesamtes“ erst-instanzliches Vorbringen Bezug genommen und dies großenteils wörtlich wiederholt. Soweit die Berufung geltend gemacht hat, die angefochtene Entscheidung erwecke einen unzutreffenden Eindruck des Inhalts, dass die Kündigung/Abberufung des Klägers allein auf das Darlehen P. gestützt gewesen sei, während die Fokussierung auf den Komplex P. tatsächlich (erst) im Laufe dieses Rechtsstreits eingetreten sei, ist anzumerken, dass seit dem ersten Schriftsatz der Beklagten von November 2012, in dem diese sich nicht mehr auf Zulässigkeitsfragen beschränkt, sondern materiell zur Sache – dem wichtigen Grund – geäußert hat, eine sehr starke Gewichtung auf dem P.-Darlehen liegt. Dieses wird dort unter B III und unter B V 1. jeweils an erster Stelle dargelegt bzw. ausführlich erörtert, während der Komplex S. C. GmbH, obwohl von deutlich höherem wirtschaftlichen Gewicht (Kreditengagement von ca. 22 Mio €) als J./P., unter B IV und B V 2. jeweils erst an zweiter Stelle dargelegt und erörtert wird. Aber auch unabhängig von dieser äußerlichen Anordnung war jener Vortrag inhaltlich dahin zu verstehen, dass der Beschluss des Verwaltungsrats, sich (allein) vom Kläger zu trennen, auf dessen behauptetes Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem P.-Darlehen gestützt worden ist, denn unter B V 1. wird detailliert vorgetragen, auf welches „nachhaltig pflichtwidrige Verhalten“ des Klägers im Zusammenhang mit dem P.-Darlehen der Verwaltungsrat seine Beschlüsse vom 02.01.2012, den Kläger abzuberufen/fristlos zu kündigen, stützte - dieser Vortrag spiegelt sich deutlich in der Begründung des Landgerichts für die Klageabweisung -, während es unter B V 2. zum Komplex S. C. GmbH lediglich hieß, von einer sorgfältigen Entscheidungsvorbereitung (welche konkreten Entscheidungen ? durch wen ?) habe bei der Beklagten schon seit Ende 2006 keine Rede mehr sein können, trotzdem sei das Kreditengagement wegen jenes „strukturell äußerst risikobehafteten Geschäftsmodells“ ab 2007 ganz erheblich ausgeweitet und seien nachfolgende Beschlüsse (wessen ?) „ohne schlüssiges und tragfähiges“ Konzept getroffen worden. Der S. C. GmbH hätten nur und erst dann (wann konkret ?) „weitere Mittel“ zur Verfügung gestellt werden dürfen, wenn weitere werthaltige Sicherheiten gestellt waren sowie sicher gestellt war, dass ein weiteres Kreditinstitut jenes Geschäftsmodell unterstützte. Diesen unzureichenden Vortrag vermochte auch der Vortrag der Beklagten in ihrer Duplik (Bl. 218 ff GA) nicht mit Erfolg aufzufüllen, denn auch dort geht es an erster Stelle und in größerem Umfang (bis S. 22) wieder nur um P./J. und erst ab S. 23 um S. C., wobei der Vortrag dazu weitestgehend aus Wiederholungen von Vortrag zu Vorgängen aus den Jahren 2006 ff besteht. Schon nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten konnte die fristlose Kündigung/Abberufung des Klägers vom 02.01.2012 also nicht begründet auf den Komplex S. C. GmbH gestützt werden. Das war nicht die Folge einer rechts- oder verfahrensfehlerhaften Verkürzung des Streitstoffes durch das Landgericht, sondern allein davon, dass der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten zu diesem möglichen und behaupteten „wichtigen Grund“ unzureichend war.
41Soweit die Beklagte nach dem Erörterungstermin nochmals zu dem Komplex S.-C. GmbH vorträgt dahin, dass hier doch alles zusammen gesehen werden müsse, die Abberufung/außerordentliche Kündigung rechtfertige sich über die Begründung des Landgerichts hinaus jedenfalls aus einer Gesamtschau des (vielfältigen Fehl-) Verhaltens des Klägers, enthält dieser Vortrag ebenfalls keine hinreichend konkreten Tatsachen. Zum überwiegenden Teil befasst das Vorbringen sich mit bereits früher im Verfahren erwähnten Vorfällen – etwa bestimmten Kreditbeschlüssen in zurückliegenden Jahren –, ein wenig umformuliert, aber nicht mit konkreten dem Kläger zuzurechnenden und von ihm zu verantwortenden Handlungen, die die Beschlüsse des Verwaltungsrats der Beklagten vom 02.01.2012 hätten rechtfertigen können. Von einer auf die Behandlung des gesamten Kreditengagements S. C.-Gruppe gegründeten berechtigten Abberufung/außerordentlichen Kündigung des Klägers am 02.01.2012 kann daher ebenfalls nicht ausgegangen werden oder m.a.W., auch dieser mögliche „wichtige Grund“ ist von der darlegungsbelasteten Beklagten nicht ausreichend vorgetragen worden.
422.2.3.2. Aber selbst wenn man das anders sehen und das Vorliegen eines auf diesen Komplex gegründeten „wichtigen Grundes“ bejahen wollte – quod non -, könnte von einer berechtigten Abberufung/außerordentlichen Kündigung (nur) des Klägers auch hier mangels Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Beschäftigung des Klägers für die Beklagte wiederum nicht ausgegangen werden. Der Senat hat dabei zu keinem Zeitpunkt verkannt, dass ausweislich der PwC-Untersuchung die Hand-habung des Kreditengagements S. C.-Gruppe zu belegen scheint, dass bei der Beklagten nicht erst 2011, sondern schon seit Jahren ganz erhebliche organisa-torische Mängel insbes. auch hinsichtlich des Risikomanagements bestanden und dass für derartige Mängel grundsätzlich der die Geschäfte leitende – allerdings auch vom Verwaltungsrat zu überwachende – Vorstand der Sparkasse verantwortlich ist. In dieser Einschätzung sieht sich der Senat durch die von der Beklagten vorgelegte Anlage BB 4, einem Schreiben der BaFin vom 12.05. 2014, bestätigt, demzufolge hinsichtlich des Komplexes S. C. von den zuständigen Behörden „zahlreiche, von den [Plural] damaligen Geschäftsleitern der [Beklagten] zu verantwortende“ und „in ihrer Summe bemerkenswerte“ MaRisk-Verstöße, die über Jahre die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation bei der Beklagten in Frage stellten, festgestellt worden sind. Selbst wenn man darin, wofür vieles spricht, ein Verhalten auch des Klägers sehen wollte, das grundsätzlich eine Abberufung/ außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte, gälte aber auch hier wieder, dass in Ermangelung von Vortrag der Beklagten dazu die Frage unbeantwortet bleibt, weshalb vor diesem Hintergrund eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Vorständen de K. und insbesondere S. über den Jahreswechsel 2011/2012 hinaus für die Beklagte ersichtlich zumutbar war, eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Kläger dagegen nicht.
432.3. Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist (§ 626 Abs. 2 BGB)
44Aber auch wenn man das alles anders sehen und einen wichtigen Grund oder sogar mehrere sowie jeweils die beschriebene Unzumutbarkeit für die Beklagte bejahen wollte, wären sowohl eine auf das Verschweigen von Umständen des P.-Darlehens gestützte außerordentliche Kündigung und Abberufung des Klägers wie auch eine auf die Behandlung des Kreditengagements S. C.-Gruppe gestützte außerordentliche Kündigung und Abberufung des Klägers, jeweils vom 02.01.2012, unwirksam, weil die Beklagte insoweit die Zwei-Wochen-Frist aus § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten und überdies der Verwaltungsrat der Beklagten die Abberufung/Kündigung unangemessen verzögert hat.
452.3.1.1. Die Vorschrift des § 626 Abs. 2 BGB ist ein gesetzlich normierter Verwir-kungstatbestand; ihr Zweck ist es, dem Arbeitnehmer (hier: Dienstnehmer) rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anlass für (s)eine außerordentliche Kündigung nimmt (vgl. BAG v. 26.06. 2008, Az. 2 AZR 190/07; v. 25.11. 2010, Az. 2 AZR 171/09; v. 23.01. 2014, Az. 2 AZR 582/13). Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt daher zu laufen, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst voll-ständige Kenntnis der für eine Kündigung massgebenden Tatsachen hat, die dem Kündigungsberechtigten die vorstehend bereits angesprochene „Gesamtwürdigung nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten“ (vgl. MüKo/Henssler, 6. Aufl., § 626 BGB Rzf. 297 mwN) und damit die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsver-hältnis (hier: Dienstverhältnis) fortsetzen will oder nicht (vgl. BAG v. 26.09. 2013, Az. 2 AZR 741/12; v. 23.01. 2014, Az. 2 AZR 582/13). Dies gilt für alle in der Vergangen-heit liegenden bzw. abgeschlossenen Kündigungssachverhalte, mögen sie auch – etwa als Vertrauensverlust – noch weiter fortwirken (BAG aaO).
46Entgegen der Auffassung der BerBegr des Klägers ist für die Kenntnis der Beklagten von den Tatsachen, auf die eine außerordentliche Kündigung/Abberufung gestützt werden konnte, allerdings nicht auf die Kenntnis des Risikoausschusses, sondern auf die Kenntnis des (gesamten) Verwaltungsrats der Beklagten abzustellen. Auch wenn es sich bei den Mitgliedern des Risikoausschusses um eine Teilmenge der Mitglieder des Verwaltungsrats handelt, ändert das nichts daran, dass allein der Verwaltungsrat selbst das hier kündigungsberechtigte Organ ist und daher auf dessen Kenntnis ins-gesamt abzustellen ist (vgl. BGH NZG 1998, 634; 2013, 615). Auf das, was bei den Sitzungen (lediglich) des Risikoausschusses vom 13.04., 11.05. und/oder 08.06.2011 zu dem P.-Darlehen geäußert oder auch nicht geäußert worden ist, kann es daher in diesem Kontext nicht ankommen. Kenntnis, die die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnen läßt, liegt erst dann vor, wenn von dem zuständigen Organ als solchem – hier also dem Verwaltungsrat – in Erfahrung gebracht worden ist, was wie vorstehend geschildert als Grundlage für eine Entscheidung über die Auflösung des Dienstverhältnisses angesehen werden kann (BGH aaO).
472.3.1.2. Dies war hier – entgegen LGU und BerErw – allerdings bereits und spä-testens am 06.12.2011 der Fall, nämlich dem Tag der Sitzung des Verwaltungsrats, in der PwC die Ergebnisse ihrer Sonderuntersuchung mithilfe der in derartigen Fällen üblichen ppt-Präsentation vorgestellt hat. An diesem Tag und durch diese Präsen-tation hatte der Verwaltungsrat die erforderliche Kenntnis von den „Prüfungsergeb-nissen“ sowohl zu P./SUJ als auch zu S. C., auf die die außerordentliche Kündigung/Abberufung dann gestützt werden sollte; es ist davon auszugehen, dass dem Verwaltungsrat die „Gesamtwürdigung nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten“ da bereits möglich war. An dieser fristauslösenden Kenntnis vermag nichts zu ändern der Umstand, dass die am 06.12.2011 präsentierten Ergebnisse zusätzlich noch in einer Langfassung auf Papier ausgedruckt und vorgelegt werden sollten und wurden. Zwar behauptet die Beklagte wiederholt, in dem Zeitraum zwischen der Präsentation am 06.12.2011 und der „Auslegung“ des schriftlichen PwC-Berichts am 28.12.2011 um 17 h im Betriebsratsbüro der Beklagten seien wesentliche Erkenntnisse dazu gekommen und hätten notwendig auch erst im Langtext ihren Niederschlag gefunden, was es rechtfertige, von ausreichender – nämlich umfassender - Kenntnis des (gesamten) Verwaltungsrats und damit Beginn des Fristlaufs erst irgendwann nach dem 28.12.2011, 17 h, auszugehen. Obwohl das (das Hinzukommen wesentlicher neuer Erkenntnisse) vom Kläger bestritten worden ist, hat die Beklagte jedoch kein einziges konkretes Beispiel solcher neuer und auch relevanter Tatsachen im schriftlichen PwC-Bericht, die nicht schon Gegenstand der Präsentation gewesen wären, vorgetragen.
48Dass die Beklagte solchen Vortrag unterlassen hat, läßt nur den Schluss zu, dass es solche (zusätzlichen, neuen) Umstände tatsächlich nicht gab, der relevante Kenntnis-stand des kündigungsberechtigten Organs Verwaltungsrat also tatsächlich bereits mit dem 06.12.2011 gegeben war. Gegen neue Erkenntnisse in den knapp drei Wochen zwischen Präsentation und Ausdruck spricht im Übrigen auch, dass nach Bekunden des Beklagtenvertreters im Erörterungstermin die kurzfristige Bestellung eines „Ombudsmanns“ im Dezember 2011, bei dem Mitarbeiter der Beklagten anonym hätten (weitere) Pflicht- und Regelverstöße des Vorstands melden können und sollen, ohne jedes Ergebnis geblieben ist. Die realistische Einschätzung der Bedeutung (bzw. ihres Fehlens) des Inhalts der Präsentation auf Papier für die Entscheidungsfindung durch den Verwaltungsrat wird i.Ü. dadurch belegt, dass aus-weislich des Protokolls der Sitzung vom 23.12.2011 lediglich der Vorsitzende des Verwaltungsrats den ausgedruckten Text auch ausgehändigt erhalten sollte - nach Bekunden des Beklagtenvertreters im Erörterungstermin wurde dies später immerhin auf die Verwaltungsratsmitglieder, die zugleich Mitglieder im Risikoausschuss waren, ausgedehnt -, alle anderen Mitglieder des Verwaltungsrats hätten indes „zwischen den Jahren“ ggf. nach Oberhausen fahren und dort – am ersten Auslagetag 28.12.erst nach den banküblichen Öffnungszeiten - im Betriebsratsbüro die knapp dreihundert Seiten der PwC-Untersuchung zur Kenntnis nehmen, d.h. lesen bzw. studieren sollen.
492.3.1.3. Nach alledem hätte die außerordentliche Kündigung/Abberufung des Klägers binnen zwei Wochen nach dem 06.12.2011, also spätestens am 21.12.2011, erfolgen müssen (und nicht erst am 02.01.2012). Soweit sich die Beklagte hierzu weiter darauf berufen hat, dass der Verwaltungsrat ja verpflichtet gewesen sei, nach dem 06.12.2011 zunächst den Kläger - ebenso wie die anderen Vorstandsmitglieder - am 19. bzw. 23.12.2011 mündlich anzuhören, was dieser (Kl.) aber [zu ergänzen: krankheitsbedingt] verweigert habe, vermag das an der Tatsache des Fristablaufs nichts zu ändern. Erforderlich erscheinende Nachprüfungen und Anhörungen Betroffener durch das kündigungsberechtigte Gremium müssen sehr zügig durchgeführt werden, damit die – durch die Ermittlungen bereits bereits hinausge-schobene – Kündigungsfrist gewahrt bleibt (vgl. BGH, NJW 1981, 166 unter I 1. a)). Von „Zügigkeit“ oder der „gebotenen Eile“ konnte aber nicht die Rede sein, wenn fast eine Woche zwischen der Sitzung des Verwaltungsrats mit der Präsentation vom 06.12.2011 und der „Einladung“ an den Kläger vom 13.12.2011 zu einer Sonder-sitzung des Verwaltungsrats vergeht und wenn diese Sondersitzung überdies erst fast eine weitere Woche später (am 19.12.2011, also nach insgesamt fast zwei Wochen) stattfinden soll (vgl. Anl. K 8 und K 9, Bl. 328 ff GA).
502.3.2. Hinzu kommt dies. Da nach der Rechtsprechung des BGH kündigungsbe-rechtigte kollegiale Gremien wie hier der Verwaltungsrat der Beklagten hinsichtlich der Fristenhandhabung durch die Anknüpfung des Beginns der Zweiwochenfrist an die Kenntnis des gesamten Gremiums als solchem bereits begünstigt werden, darf es nach dieser Rechtsprechung nicht faktisch in deren Belieben gestellt sein, außer-dem den Eintritt von Kenntnis in diesem Sinne – und damit den Beginn der Zwei-wochenfrist – selbst noch weiter hinausschieben zu können, indem die Einberufung von Sitzungen des betr. Kollegialorgans, für erforderlich gehaltene Ermittlungen etc. nicht zügig und mit dem erforderlichen Nachdruck erfolgen und durchgeführt werden (BGH, WM 1984, 1187; NZG 2013, 615 ff). Auch wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass der Verwaltungsrat trotz der Nichtverlängerung der Kreditlinie für S. C. im Frühjahr 2011 und – von als Zeugen vernommenen Mitarbeitern der Beklagten bekundeten – hausinternen „Gerüchten“ im selben Zeitraum bis zu seiner Sitzung vom 28.06.2011 zuwarten durfte, bevor er sich erstmals ernsthaft mit der Frage nach möglichem Fehlverhalten des Vorstands (oder auch nur des Klägers) und den ggf. daraus zu ziehenden Konsequenzen befaßte, hat der Verwaltungsrat seine Ermittlungen in der Folgezeit nicht mit der gebotenen Konsequenz betrieben.
51Der Verwaltungsrat hat die Geschäftsführung der Sparkasse, d.h. den Vorstand, zu überwachen (§ 15 Abs. 1 SpkG NW (2008)), die Mitglieder des Verwaltungsrats sollen sich regelmäßig zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Verwaltungsrat fort-bilden (§ 15 Abs. 1 SpkG NW (2008)). Ein aus solchen – pflichtgemäß handelnden und fortgebildeten – Mitgliedern zusammengesetzter Verwaltungsrat handelt indes dilatorisch, wenn er beim Auftreten massiver Verdachtsmomente gegen die Ge-schäftsleitung zwar eine WP-Gesellschaft beauftragt, die „Einhaltung der gesetz-lichen Anforderungen und der MaRisk“ dergestalt zu untersuchen, dass die WPin bei der Beklagten vorhandene Akten und schriftliche Unterlagen wie Sitzungsprotokolle, Vorstandsvorlagen u.ä. auswertet und bewertet, der Auftragnehmerin dabei aber völlig freie Hand lässt, wann und wie sie mit dieser Untersuchung beginnt und wie lange sie für diese Untersuchung benötigt. Wenn der Verwaltungsrat die ihm Ende Juni 2011 bekannten Tatsachen und Zahlen zu den Kreditengagements S. C.-Gruppe - und ggf. J.-Gruppe - für hinreichend schwerwiegend hielt, um einen derartigen Untersuchungsauftrag zu vergeben, dann hätte er (VR) auch darauf hinwirken müssen, dass die Untersuchungen mit der gebotenen Eile und dem erfor-derlichen Nachdruck durchgeführt und auch zum Abschluss gebracht wurden. Dass mit Blick auf den Zweck der Zwei-Wochen-Frist (vorstehend 2.3.1.1.) überwiegend die Ansicht vertreten wird, bei schwer zu beurteilenden Sachverhalten müsse dem Aufsichtsrat bzw. hier dem Verwaltungsrat Zeit zugebilligt werden, um die in Rede stehenden Fragen wertend selbst zu prüfen oder auch sachverständig prüfen zu lassen (vgl. BGH NJW 1981, 166 unter I 1. a)), kann für die Beklagte (VR) nicht be-deuten, sich hinsichtlich des Beginns der Zweiwochenfrist quasi unbesehen damit begnügen zu dürfen, dass die beauftragte WP-Gesellschaft für ihre Tätigkeit eben fünf bis sechs Monate aufgewandt habe und erst der (schriftliche) Bericht dem Ver-waltungsrat ein hinreichend klares Bild habe vermitteln können. In dem vom BGH aaO entschiedenen Fall ist bspw. ein Zeitraum von lediglich drei Monaten für die Prüfung durch einen internen Unterausschuss des Aufsichtsrats vor der außeror-dentlichen Kündigung eines Versicherungsvorstands als zu lang beurteilt worden. Gründe dafür, daß die Tätigkeit von PwC trotz der auch hier wegen der Art der in Rede stehenden Verstöße gebotenen Beschleunigung erst nach fünf bis sechs Monaten ein erstes Ergebnis zeitigen konnte, sind von der Beklagten nicht vorge-tragen worden und auch nicht ersichtlich. Die Fragestellungen der Sonderunter-suchung gehören zum „täglich Brot“ einer jeden größeren WP-Gesellschaft, fünf bis sechs Monate Bearbeitungszeit (Anfang Juli bis Anfang/Mitte/Ende Dezember) sind deshalb - zumindest ohne Darlegung besonderer Umstände - nicht mehr akzeptabel. Da dem kündigungsberechtigten Gremium erforderlich erscheinende Prüfungsmaß-nahmen zügig durchgeführt werden müssen, wenn die Kündigungsfrist gewahrt bleiben soll (BGH aaO), musste das kündigungsberechtigte Gremium – hier also der Verwaltungsrat der Beklagten – deshalb von Beginn an klar stellen, dass Eile ge-boten ist, und ggf. auf seinen Erfüllungsgehilfen (PwC) entsprechend einwirken (aber nicht hinter dem Erfüllungshilfen in Deckung gehen und in Muße den Lauf der Dinge abwarten). Dass seitens der Beklagen (VR) gegenüber PwC irgendetwas zur Be-schleunigung unternommen worden wäre, behauptet nicht einmal die Beklagte selbst. Auch daher war die zweiwöchige Kündigungsfrist nicht mehr gewahrt, als sich der Verwaltungsrat am 02.01. 2012 zur außerordentlichen Kündigung/Abberufung des Klägers entschloss und sie aussprach/aussprechen ließ.
52Was das P.-Darlehen bzw. das Kreditengagement J.-Gruppe angeht, auf das die angefochtene Entscheidung allein gestützt ist, kommt noch ein weiterer verschärfender Umstand hinzu. Der am 06.07.2011 vom VR der Beklagten an PwC erteilte Untersuchungsauftrag ist auf das Kreditengagement J.-Gruppe unstr. erst am 03. November 2011 „erstreckt“ worden. Es ist also ab Kenntnis des Verwaltungsrats von den diesbezüglichen Verdachtsmomenten - „optional“ war der Komplex ja schon im Auftrag vom 06.07.2011 erwähnt - vier Monate lang überhaupt nichts geschehen. Insoweit sind die [unterstellt: erforderlichen und deshalb zulässigen] Ermittlungen durch PwC also schon nicht mit der erforderlichen Eile, nämlich ohne jede Eile, von der Beklagten in Angriff genommen und von PwC begonnen worden, was eine Hemmung der Frist aus § 626 Abs. 2 BGB während dieser vier Monate ausschließt. Einem Kündigungsberechtigten zugestehen zu wollen, dass er einen erforderlichen Ermittlungsauftrag liegen lassen darf, bis sich herausstellt, ob ein anderer Ermittlungsauftrag zu dem gewünschten oder überhaupt nur zu einem Ergebnis geführt hat, und die Zweiwochenfrist erst mit der Erfüllung des - ursprünglich mehrere Monate liegen gelassenen - Auftrags und der darauf beruhenden Kenntnis des Kündigungsberechtigten beginnen zu lassen, ist mit dem Zweck des § 626 Abs. 2 BGB in seiner Auslegung durch BGH und BAG gänzlich unvereinbar.
53Nach alledem war das landgerichtliche Urteil abzuändern und waren die in der Beru-fungsinstanz vom Kläger weiterverfolgten Feststellungen zu treffen.
54Die Nebenentscheidungen beruhen wegen der Kosten auf § 91 Abs. 1, Rechtsge-danke § 92 Abs. 2 und wegen der Vollstreckbarkeit auf § 708 Zf. 10, § 711 ZPO.
55Streitwert des Berufungsverfahrens: 1,55 Mio €
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 29. Jan. 2015 - I-10 U 5/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Wird der Rechtsstreit nicht nach § 526 dem Einzelrichter übertragen, kann das Berufungsgericht die Sache einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung zuweisen. In der Kammer für Handelssachen ist Einzelrichter der Vorsitzende; außerhalb der mündlichen Verhandlung bedarf es einer Zuweisung nicht.
(2) Der Einzelrichter hat die Sache so weit zu fördern, dass sie in einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erledigt werden kann. Er kann zu diesem Zweck einzelne Beweise erheben, soweit dies zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, dass das Berufungsgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.
(3) Der Einzelrichter entscheidet
- 1.
über die Verweisung nach § 100 in Verbindung mit den §§ 97 bis 99 des Gerichtsverfassungsgesetzes; - 2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs; - 3.
bei Säumnis einer Partei oder beider Parteien; - 4.
über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, sofern nicht das Berufungsgericht gleichzeitig mit der Hauptsache hierüber entscheidet; - 5.
über den Wert des Streitgegenstandes; - 6.
über Kosten, Gebühren und Auslagen.
(4) Im Einverständnis der Parteien kann der Einzelrichter auch im Übrigen entscheiden.
(1) Kredite im Sinne des § 14 sind Bilanzaktiva, Derivate mit Ausnahme der Stillhalterverpflichtungen aus Kaufoptionen sowie die dafür übernommenen Gewährleistungen und andere außerbilanzielle Geschäfte. Bilanzaktiva im Sinne des Satzes 1 sind
- 1.
Guthaben bei Zentralnotenbanken und Postgiroämtern, - 2.
Schuldtitel öffentlicher Stellen und Wechsel, die zur Refinanzierung bei Zentralnotenbanken zugelassen sind, - 3.
im Einzug befindliche Werte, für die entsprechende Zahlungen bereits bevorschußt wurden, - 4.
Forderungen an Kreditinstitute und Kunden, einschließlich der Warenforderungen von Kreditinstituten mit Warengeschäft sowie in der Bilanz aktivierte Ansprüche aus Leasingverträgen auf Zahlungen, zu denen der Leasingnehmer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, und Optionsrechte des Leasingnehmers zum Kauf der Leasinggegenstände, die einen Anreiz zur Ausübung des Optionsrechts bieten, - 5.
Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere, soweit sie kein Recht verbriefen, das unter die in Satz 1 genannten Derivate fällt, - 6.
Aktien und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere, soweit sie kein Recht verbriefen, das unter die in Satz 1 genannten Derivate fällt, - 7.
Beteiligungen, - 8.
Anteile an verbundenen Unternehmen, - 9.
(weggefallen) - 10.
sonstige Vermögensgegenstände, sofern sie einem Adressenausfallrisiko unterliegen.
- 1.
den Kreditnehmern abgerechnete eigene Ziehungen im Umlauf, - 2.
Indossamentsverbindlichkeiten aus weitergegebenen Wechseln, - 3.
Bürgschaften und Garantien für Bilanzaktiva, - 4.
Erfüllungsgarantien und andere als die in Nummer 3 genannten Garantien und Gewährleistungen, soweit sie sich nicht auf die in Satz 1 genannten Derivate beziehen, - 5.
Eröffnung und Bestätigung von Akkreditiven, - 6.
unbedingte Verpflichtungen der Bausparkassen zur Ablösung fremder Vorfinanzierungs- und Zwischenkredite an Bausparer, - 7.
Haftung aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten, - 8.
beim Pensionsgeber vom Bestand abgesetzte Bilanzaktiva, die dieser mit der Vereinbarung auf einen anderen übertragen hat, daß er sie auf Verlangen zurücknehmen muß, - 9.
Verkäufe von Bilanzaktiva mit Rückgriff, bei denen das Kreditrisiko bei dem verkaufenden Institut verbleibt, - 10.
Terminkäufe auf Bilanzaktiva, bei denen eine unbedingte Verpflichtung zur Abnahme des Liefergegenstandes besteht, - 11.
Plazierung von Termineinlagen auf Termin, - 12.
Ankaufs- und Refinanzierungszusagen, - 13.
noch nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen, - 14.
Kreditderivate, - 15.
noch nicht in der Bilanz aktivierte Ansprüche aus Leasingverträgen auf Zahlungen, zu denen der Leasingnehmer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, und Optionsrechte des Leasingnehmers zum Kauf der Leasinggegenstände, die einen Anreiz zur Ausübung des Optionsrechts bieten, sowie - 16.
außerbilanzielle Geschäfte, sofern sie einem Adressenausfallrisiko unterliegen und von den Nummern 1 bis 14 nicht erfasst sind.
(1a) Derivate im Sinne dieser Vorschrift sind als Kauf, Tausch oder durch anderweitigen Bezug auf einen Basiswert ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, deren Wert durch den Basiswert bestimmt wird und deren Wert sich infolge eines für wenigstens einen Vertragspartner zeitlich hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts künftig ändern kann, einschließlich finanzieller Differenzgeschäfte. Basiswert im Sinne von Satz 1 kann auch ein Derivat sein.
(2) Als ein Kreditnehmer im Sinne des § 14 gelten
- 1.
zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften, wenn eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die andere oder die anderen ausüben kann. Unmittelbar oder mittelbar beherrschender Einfluss liegt insbesondere vor, - a)
bei allen Unternehmen, die im Sinne des § 290 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs konsolidiert werden, oder - b)
bei allen Unternehmen, die durch Verträge verbunden sind, die vorsehen, dass das eine Unternehmen verpflichtet ist, seinen ganzen Gewinn an ein anderes abzuführen, oder - c)
beim Halten von Stimmrechts- oder Kapitalanteilen an einem Unternehmen in Höhe von 50 Prozent oder mehr durch ein anderes Unternehmen oder eine Person, unabhängig davon, ob diese Anteile im Rahmen eines Treuhandverhältnisses verwaltet werden,
- 2.
Personenhandelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften und jeder persönlich haftende Gesellschafter sowie Partnerschaften und jeder Partner, - 3.
alle Unternehmen, die demselben Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes angehören.
(3) Als ein Kreditnehmer im Sinne der §§ 15 und 18 gelten zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen, die gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 39 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 eine Gruppe verbundener Kunden bilden.
(4) (weggefallen)
(5) Bei dem entgeltlichen Erwerb von Geldforderungen gilt der Veräußerer der Forderungen als Kreditnehmer im Sinne der §§ 14 bis 18, wenn er für die Erfüllung der übertragenen Forderung einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben hat; andernfalls gilt der Schuldner der Verbindlichkeit als Kreditnehmer.
(6) (weggefallen)
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Kredite im Sinne des § 14 sind Bilanzaktiva, Derivate mit Ausnahme der Stillhalterverpflichtungen aus Kaufoptionen sowie die dafür übernommenen Gewährleistungen und andere außerbilanzielle Geschäfte. Bilanzaktiva im Sinne des Satzes 1 sind
- 1.
Guthaben bei Zentralnotenbanken und Postgiroämtern, - 2.
Schuldtitel öffentlicher Stellen und Wechsel, die zur Refinanzierung bei Zentralnotenbanken zugelassen sind, - 3.
im Einzug befindliche Werte, für die entsprechende Zahlungen bereits bevorschußt wurden, - 4.
Forderungen an Kreditinstitute und Kunden, einschließlich der Warenforderungen von Kreditinstituten mit Warengeschäft sowie in der Bilanz aktivierte Ansprüche aus Leasingverträgen auf Zahlungen, zu denen der Leasingnehmer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, und Optionsrechte des Leasingnehmers zum Kauf der Leasinggegenstände, die einen Anreiz zur Ausübung des Optionsrechts bieten, - 5.
Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere, soweit sie kein Recht verbriefen, das unter die in Satz 1 genannten Derivate fällt, - 6.
Aktien und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere, soweit sie kein Recht verbriefen, das unter die in Satz 1 genannten Derivate fällt, - 7.
Beteiligungen, - 8.
Anteile an verbundenen Unternehmen, - 9.
(weggefallen) - 10.
sonstige Vermögensgegenstände, sofern sie einem Adressenausfallrisiko unterliegen.
- 1.
den Kreditnehmern abgerechnete eigene Ziehungen im Umlauf, - 2.
Indossamentsverbindlichkeiten aus weitergegebenen Wechseln, - 3.
Bürgschaften und Garantien für Bilanzaktiva, - 4.
Erfüllungsgarantien und andere als die in Nummer 3 genannten Garantien und Gewährleistungen, soweit sie sich nicht auf die in Satz 1 genannten Derivate beziehen, - 5.
Eröffnung und Bestätigung von Akkreditiven, - 6.
unbedingte Verpflichtungen der Bausparkassen zur Ablösung fremder Vorfinanzierungs- und Zwischenkredite an Bausparer, - 7.
Haftung aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten, - 8.
beim Pensionsgeber vom Bestand abgesetzte Bilanzaktiva, die dieser mit der Vereinbarung auf einen anderen übertragen hat, daß er sie auf Verlangen zurücknehmen muß, - 9.
Verkäufe von Bilanzaktiva mit Rückgriff, bei denen das Kreditrisiko bei dem verkaufenden Institut verbleibt, - 10.
Terminkäufe auf Bilanzaktiva, bei denen eine unbedingte Verpflichtung zur Abnahme des Liefergegenstandes besteht, - 11.
Plazierung von Termineinlagen auf Termin, - 12.
Ankaufs- und Refinanzierungszusagen, - 13.
noch nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen, - 14.
Kreditderivate, - 15.
noch nicht in der Bilanz aktivierte Ansprüche aus Leasingverträgen auf Zahlungen, zu denen der Leasingnehmer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, und Optionsrechte des Leasingnehmers zum Kauf der Leasinggegenstände, die einen Anreiz zur Ausübung des Optionsrechts bieten, sowie - 16.
außerbilanzielle Geschäfte, sofern sie einem Adressenausfallrisiko unterliegen und von den Nummern 1 bis 14 nicht erfasst sind.
(1a) Derivate im Sinne dieser Vorschrift sind als Kauf, Tausch oder durch anderweitigen Bezug auf einen Basiswert ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, deren Wert durch den Basiswert bestimmt wird und deren Wert sich infolge eines für wenigstens einen Vertragspartner zeitlich hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts künftig ändern kann, einschließlich finanzieller Differenzgeschäfte. Basiswert im Sinne von Satz 1 kann auch ein Derivat sein.
(2) Als ein Kreditnehmer im Sinne des § 14 gelten
- 1.
zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften, wenn eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die andere oder die anderen ausüben kann. Unmittelbar oder mittelbar beherrschender Einfluss liegt insbesondere vor, - a)
bei allen Unternehmen, die im Sinne des § 290 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs konsolidiert werden, oder - b)
bei allen Unternehmen, die durch Verträge verbunden sind, die vorsehen, dass das eine Unternehmen verpflichtet ist, seinen ganzen Gewinn an ein anderes abzuführen, oder - c)
beim Halten von Stimmrechts- oder Kapitalanteilen an einem Unternehmen in Höhe von 50 Prozent oder mehr durch ein anderes Unternehmen oder eine Person, unabhängig davon, ob diese Anteile im Rahmen eines Treuhandverhältnisses verwaltet werden,
- 2.
Personenhandelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften und jeder persönlich haftende Gesellschafter sowie Partnerschaften und jeder Partner, - 3.
alle Unternehmen, die demselben Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes angehören.
(3) Als ein Kreditnehmer im Sinne der §§ 15 und 18 gelten zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen, die gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 39 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 eine Gruppe verbundener Kunden bilden.
(4) (weggefallen)
(5) Bei dem entgeltlichen Erwerb von Geldforderungen gilt der Veräußerer der Forderungen als Kreditnehmer im Sinne der §§ 14 bis 18, wenn er für die Erfüllung der übertragenen Forderung einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben hat; andernfalls gilt der Schuldner der Verbindlichkeit als Kreditnehmer.
(6) (weggefallen)
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Kredite im Sinne des § 14 sind Bilanzaktiva, Derivate mit Ausnahme der Stillhalterverpflichtungen aus Kaufoptionen sowie die dafür übernommenen Gewährleistungen und andere außerbilanzielle Geschäfte. Bilanzaktiva im Sinne des Satzes 1 sind
- 1.
Guthaben bei Zentralnotenbanken und Postgiroämtern, - 2.
Schuldtitel öffentlicher Stellen und Wechsel, die zur Refinanzierung bei Zentralnotenbanken zugelassen sind, - 3.
im Einzug befindliche Werte, für die entsprechende Zahlungen bereits bevorschußt wurden, - 4.
Forderungen an Kreditinstitute und Kunden, einschließlich der Warenforderungen von Kreditinstituten mit Warengeschäft sowie in der Bilanz aktivierte Ansprüche aus Leasingverträgen auf Zahlungen, zu denen der Leasingnehmer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, und Optionsrechte des Leasingnehmers zum Kauf der Leasinggegenstände, die einen Anreiz zur Ausübung des Optionsrechts bieten, - 5.
Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere, soweit sie kein Recht verbriefen, das unter die in Satz 1 genannten Derivate fällt, - 6.
Aktien und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere, soweit sie kein Recht verbriefen, das unter die in Satz 1 genannten Derivate fällt, - 7.
Beteiligungen, - 8.
Anteile an verbundenen Unternehmen, - 9.
(weggefallen) - 10.
sonstige Vermögensgegenstände, sofern sie einem Adressenausfallrisiko unterliegen.
- 1.
den Kreditnehmern abgerechnete eigene Ziehungen im Umlauf, - 2.
Indossamentsverbindlichkeiten aus weitergegebenen Wechseln, - 3.
Bürgschaften und Garantien für Bilanzaktiva, - 4.
Erfüllungsgarantien und andere als die in Nummer 3 genannten Garantien und Gewährleistungen, soweit sie sich nicht auf die in Satz 1 genannten Derivate beziehen, - 5.
Eröffnung und Bestätigung von Akkreditiven, - 6.
unbedingte Verpflichtungen der Bausparkassen zur Ablösung fremder Vorfinanzierungs- und Zwischenkredite an Bausparer, - 7.
Haftung aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten, - 8.
beim Pensionsgeber vom Bestand abgesetzte Bilanzaktiva, die dieser mit der Vereinbarung auf einen anderen übertragen hat, daß er sie auf Verlangen zurücknehmen muß, - 9.
Verkäufe von Bilanzaktiva mit Rückgriff, bei denen das Kreditrisiko bei dem verkaufenden Institut verbleibt, - 10.
Terminkäufe auf Bilanzaktiva, bei denen eine unbedingte Verpflichtung zur Abnahme des Liefergegenstandes besteht, - 11.
Plazierung von Termineinlagen auf Termin, - 12.
Ankaufs- und Refinanzierungszusagen, - 13.
noch nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen, - 14.
Kreditderivate, - 15.
noch nicht in der Bilanz aktivierte Ansprüche aus Leasingverträgen auf Zahlungen, zu denen der Leasingnehmer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, und Optionsrechte des Leasingnehmers zum Kauf der Leasinggegenstände, die einen Anreiz zur Ausübung des Optionsrechts bieten, sowie - 16.
außerbilanzielle Geschäfte, sofern sie einem Adressenausfallrisiko unterliegen und von den Nummern 1 bis 14 nicht erfasst sind.
(1a) Derivate im Sinne dieser Vorschrift sind als Kauf, Tausch oder durch anderweitigen Bezug auf einen Basiswert ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, deren Wert durch den Basiswert bestimmt wird und deren Wert sich infolge eines für wenigstens einen Vertragspartner zeitlich hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts künftig ändern kann, einschließlich finanzieller Differenzgeschäfte. Basiswert im Sinne von Satz 1 kann auch ein Derivat sein.
(2) Als ein Kreditnehmer im Sinne des § 14 gelten
- 1.
zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften, wenn eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die andere oder die anderen ausüben kann. Unmittelbar oder mittelbar beherrschender Einfluss liegt insbesondere vor, - a)
bei allen Unternehmen, die im Sinne des § 290 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs konsolidiert werden, oder - b)
bei allen Unternehmen, die durch Verträge verbunden sind, die vorsehen, dass das eine Unternehmen verpflichtet ist, seinen ganzen Gewinn an ein anderes abzuführen, oder - c)
beim Halten von Stimmrechts- oder Kapitalanteilen an einem Unternehmen in Höhe von 50 Prozent oder mehr durch ein anderes Unternehmen oder eine Person, unabhängig davon, ob diese Anteile im Rahmen eines Treuhandverhältnisses verwaltet werden,
- 2.
Personenhandelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften und jeder persönlich haftende Gesellschafter sowie Partnerschaften und jeder Partner, - 3.
alle Unternehmen, die demselben Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes angehören.
(3) Als ein Kreditnehmer im Sinne der §§ 15 und 18 gelten zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen, die gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 39 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 eine Gruppe verbundener Kunden bilden.
(4) (weggefallen)
(5) Bei dem entgeltlichen Erwerb von Geldforderungen gilt der Veräußerer der Forderungen als Kreditnehmer im Sinne der §§ 14 bis 18, wenn er für die Erfüllung der übertragenen Forderung einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben hat; andernfalls gilt der Schuldner der Verbindlichkeit als Kreditnehmer.
(6) (weggefallen)
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. Dezember 2008 - 6 Sa 817/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
- 2
-
Der im Jahr 1967 geborene Kläger arbeitete seit dem 1. März 1989 bei der beklagten Stadt. Er war ab 2002 in der Einsatzzentrale des Eigenbetriebs WEB (Abfallwirtschaft und Stadtentwässerung) in der Einsatzsteuerung der Straßenreinigung und der Abfallsammlung tätig. Zum 1. Januar 2005 wurde die Straßenreinigung in den unselbständigen Eigenbetrieb SGW („Straße und Grün“ in W) eingegliedert. Nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Februar 2002 erhielt er eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII BAT.
- 3
-
Anfang September 2006 erhielt die Beklagte den Hinweis, dass seit Mai 2006 regelmäßig einmal in der Woche in einer bestimmten Straße im „Einsatzbezirk 2“ Abfälle aus einem privaten Fahrzeug in ein Abfallsammelfahrzeug der Stadt umgeladen würden. Die Werksleitung beauftragte daraufhin eine Detektei mit Ermittlungen. Deren Mitarbeiter observierten in der Zeit vom 12. September bis zum 7. November 2006 das Entsorgungsteam des Einsatzbezirks 2. Sie stellten fest, dass in der betreffenden Straße regelmäßig von einem dort wartenden Geländewagen mit Anhänger Müll in die Abfallfahrzeuge W und WH umgeladen wurde, ohne dass der sich in Entsorgungsbehältern der Stadt befunden hätte. Halter und Eigentümer des Geländefahrzeugs samt Anhängers war der Kläger. Fahrer der Müllfahrzeuge war jeweils laut Einsatzplan der Vater des Klägers. Am 8. November 2006 übergab die Detektei der Beklagten ihren Bericht nebst Videoaufnahmen. Am 14. November 2006 hörte die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen an. Der Kläger bestätigte, Halter des Geländewagens und des Anhängers zu sein, erklärte aber, er teile sich diese mit zwei Freunden.
- 4
-
Mit Schreiben vom 16. November 2006 bat der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW dessen Personalrat um die „Herstellung des Benehmens“ zur fristlosen Kündigung des Klägers. Dieses wurde am 21./22. November 2006 erzielt. Der Personalrat des Eigenbetriebs WEB und der Gesamtpersonalrat wurden nicht beteiligt.
- 5
-
Mit einem vom Oberbürgermeister unterzeichneten Schreiben vom 28. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 30. November 2006.
- 6
-
Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, es liege kein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vor. Er habe sich an der „Schwarzentsorgung“ nicht beteiligt. Die Beklagte habe außerdem die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt. Sie habe seit dem 8. November 2006 von dem maßgeblichen Sachverhalt vollständige Kenntnis gehabt. Die Anhörung am 14. November 2006 habe nicht der Aufklärung weiterer Tatsachen gedient. Im Übrigen sei der falsche Personalrat beteiligt worden. Da er Angestellter der Beklagten und nicht des Eigenbetriebs SGW sei, habe der Gesamtpersonalrat beteiligt werden müssen.
-
Der Kläger hat beantragt
-
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. November 2006 nicht aufgelöst worden ist.
- 8
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beteiligung an illegaler Abfallentsorgung rechtfertigte die außerordentliche Kündigung. Der Kläger habe an mehreren Tagen bei verschiedenen Firmen Müll eingesammelt und von seinem Fahrzeug in eines ihrer Entsorgungsfahrzeuge umgeladen. Durch entgangene Entsorgungsgebühren, aufgewendete Personalkosten und die Kosten der Detektei sei ihr ein Schaden von mehr als 9.000,00 Euro entstanden. Da sie vor Ausspruch der Kündigung auch mögliche entlastende Gesichtspunkte habe ermitteln müssen, sei es erforderlich gewesen, den Kläger selbst anzuhören. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei deshalb gewahrt. Mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW sei das zuständige Gremium beteiligt worden. Für die Mitarbeiter des Eigenbetriebs SGW treffe der Werksleiter die fraglichen Entscheidungen, ihm seien die personalrechtlichen Befugnisse übertragen worden.
-
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revision hat keinen Erfolg. Es liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB vor. Die Beklagte hat die fristlose Kündigung rechtzeitig iSd. § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen. Der zuständige Personalrat ist ordnungsgemäß beteiligt worden.
- 11
-
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers angenommen.
- 12
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1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
- 13
-
2. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger durch seine mehrfache Beteiligung an der umfangreichen illegalen Entsorgung von privatem Müll mit Hilfe städtischer Müllfahrzeuge seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat. Der Kläger hat es an der nach § 241 Abs. 2 BGB gebotenen Rücksicht auf die berechtigten Interessen der Beklagten fehlen lassen und deren Vertrauen in seine Redlichkeit schwer verletzt. Durch sein Verhalten hat er der Beklagten nicht nur „Konkurrenz“ gemacht, sondern sie auch um Gebühreneinnahmen gebracht. Die Revision greift diese Würdigung nicht an. Dies gilt auch hinsichtlich der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts.
- 14
-
II. Die außerordentliche Kündigung vom 28. November 2006 wurde innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt.
- 15
-
1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt nach Abs. 2 Satz 2 der Norm mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Die Bestimmung ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand (Senat 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 213 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 21; 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 204 = EzA BGB 2002 § 626 Ausschlussfrist Nr. 1). Ihr Ziel ist es, dem Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt. Die Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis von den maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb eine fundierte Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist (Senat 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - aaO; 1. Februar 2007 - 2 AZR 333/06 - EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 3; 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 19, aaO). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Solange diese dem Kündigungsberechtigten nicht umfassend bekannt sind, kann dessen Kündigungsrecht nicht verwirken (Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 21, aaO; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 478/01 - AP BGB § 123 Nr. 63 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 1). Dabei gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer sprechen. Sie lassen sich regelmäßig nicht ohne eine Anhörung des Arbeitnehmers erfassen (vgl. Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 - Rn. 21, aaO; BAG 14. November 1984 - 7 AZR 133/83 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 89; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 211; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 330; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 797 ff.). Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt(Senat 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - zu B I 3 der Gründe, AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 9; 10. Juni 1988 - 2 AZR 25/88 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 27 = EzA BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 2). Sind die Ermittlungen abgeschlossen und hat er eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt, beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Unbeachtlich ist, ob die Ermittlungsmaßnahmen tatsächlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren (Senat 5. Dezember 2002 - 2 AZR 478/01 - zu B I 3 c bb (1) der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 63 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 1).
- 16
-
2. Danach war bei Kündigungszugang die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht abgelaufen.
- 17
-
a) Zwar lagen der Beklagten am 8. November 2006 der Ermittlungsbericht und das Observierungsmaterial der Detektei vor. Die Beklagte durfte aber den Kläger noch zu dem Ermittlungsergebnis anhören. Eine solche Anhörung war nicht überflüssig. Zum einen war die Beklagte verpflichtet, die Umstände aufzuklären, die ggf. gegen eine außerordentliche Kündigung des Klägers sprachen. Zum anderen war der Umfang der Beteiligung des Klägers noch näher zu klären, weil bei der „Schwarzentsorgung“ mehrere Personen mit unterschiedlicher Intensität mitgewirkt hatten. Dies gilt umso mehr als der Kläger nicht auf allen Videoaufnahmen klar erkennbar und sein Pkw möglicherweise auch von anderen Beteiligten benutzt worden war. Erst nach einer Klärung dieser Umstände konnte aus Sicht der Beklagten der Kündigungssachverhalt als einigermaßen bekannt gelten. Vorher vermochte sie ihn nicht abschließend zu bewerten.
- 18
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b) Da die zweiwöchige Ausschlussfrist somit erst nach der Anhörung des Klägers am 14. November 2006 anlief, ist diesem die Kündigung am 28. November 2006 rechtzeitig zugegangen. Dabei spielt es keine Rolle, dass seine Anhörung zur Aufklärung des Sachverhalts nichts beigetragen hat.
- 19
-
III. Mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW ist das zuständige Gremium ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers war nicht der Gesamtpersonalrat zuständig.
- 20
-
1. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG hat die Dienststelle bei einer außerordentlichen Kündigung das Benehmen mit dem Personalrat herzustellen. Dazu hat sie nach § 76 Abs. 1 Satz 1 NPersVG dem Personalrat vor Durchführung der Maßnahme Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt die beabsichtigte Maßnahme als gebilligt, wenn der Personalrat sich nicht innerhalb der Frist des Abs. 2 schriftlich unter Angabe von Gründen äußert.
- 21
-
2. Nach § 76 Abs. 2 Satz 3 NPersVG ist eine ohne die Beteiligung nach Abs. 1 ausgesprochene Kündigung unwirksam; dies folgt überdies aus § 108 Abs. 2 BPersVG. Ohne die gesetzlich geforderte Beteiligung ist eine außerordentliche Kündigung auch dann unwirksam, wenn ein unzuständiger Personalrat beteiligt worden ist (Senat 28. Januar 2010 - 2 AZR 50/09 - Rn. 11, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 162 = EzA BPersVG § 108 Nr. 4; 12. Mai 2005 - 2 AZR 149/04 - zu B I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 145 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 13).
- 22
-
3. Die Beklagte hat mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW den zuständigen Personalrat beteiligt.
- 23
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a) Nach § 79 Abs. 1 NPersVG hat die zur Entscheidung befugte Dienststelle in Angelegenheiten, die sie oder ihre Beschäftigten betreffen, den bei ihr gebildeten Personalrat zu beteiligen.
- 24
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aa) Dienststellen im Sinne des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes sind nach § 6 Abs. 1 seiner Regelungen ua. die einzelnen Behörden und die selbständigen Betriebe einschließlich der Eigenbetriebe. Danach bildet der - unselbständige - Eigenbetrieb SGW eine Dienststelle im Sinne dieser Norm.
- 25
-
bb) Haben Gemeinden mehr als eine Dienststelle iSv. § 6 Abs. 1 NPersVG, wird nach § 49 Abs. 1 Satz 2 NPersVG ein Gesamtpersonalrat gebildet.
- 26
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b) Besteht neben dem örtlichen Personalrat ein Gesamtpersonalrat, ist dieser nach § 80 Abs. 1 NPersVG bei allen Maßnahmen zu beteiligen, für die die sog. Gesamtdienststelle zuständig ist und die nicht nur den Bereich einer einzelnen Dienststelle betreffen. Gemäß § 6 Abs. 3 NPersVG ist eine Gesamtdienststelle eine Dienststelle, die Nebenstellen oder sonstige Teile aufweist, deren Leitung zu bestimmten selbständigen Maßnahmen befugt ist, oder die räumlich weit von der Stammdienststelle entfernt liegen. Die personalrechtliche Funktion des Gesamtpersonalrats besteht darin, Lücken im System der Beteiligungsrechte zu schließen, die sich aus der personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung von Dienststellen oder Teilen von Dienststellen ergeben (BAG 3. Februar 1982 - 7 AZR 791/79 - AP LPVG Bayern Art. 77 Nr. 1; Bieler/Müller-Fritzsche NPersVG 15. Aufl. § 80 Rn. 1).
- 27
-
Eine Beteiligung des Gesamtpersonalrats kommt deshalb in Betracht, wenn eine Angelegenheit sowohl Beschäftigte der (Stamm-)Dienststelle als auch einen personalvertretungsrechtlich verselbständigten Teil einer Dienststelle oder wenn sie Beschäftigte in zwei Dienststellen betrifft (BVerwG 29. August 2005 - 6 PB 6.05 -; 20. August 2003 - 6 C 5.03 - zu 1 der Gründe, PersR 2004, 150). Letzteres ist dem Wortlaut des § 80 Abs. 1 NPersVG, der nur von Gesamt- und Stammdienststelle spricht, zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen, folgt aber aus § 49 Abs. 1 Satz 2 NPersVG. Andernfalls ergäbe die Bildung eines Gesamtpersonalrats bei Gemeinden mit mehreren Dienststellen iSv. § 6 Abs. 1 NPersVG keinen Sinn. Das Gremium besäße dann keine Kompetenzen.
- 28
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Der Gesamtpersonalrat kann auch dann zu beteiligen sein, wenn es um eine Angelegenheit geht, in der nicht der Leiter der Einsatzdienststelle oder der betreffenden gemeindlichen Dienststelle, sondern der Leiter der Gesamt-/ Stammdienststelle bzw. die Behördenleitung über eine personelle Maßnahme zu entscheiden hat (vgl. Bayerischer VGH 16. Juli 2007 - 18 P 06.1918 - Rn. 27, PersV 2010, 28; OVG Nordrhein-Westfalen 1. Dezember 2005 - 1 A 2278/03.PVL - Rn. 31 u. 33). Die Beteiligungsbefugnis der Personalvertretung folgt der Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung (BVerwG 7. August 1996 - 6 P 29/93 - zu II 2 a der Gründe, PersR 1996, 493). Eine Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist deshalb anzunehmen, wenn eine personelle Maßnahme zwar an sich nur den Bereich der Einsatzdienststelle oder der betreffenden gemeindlichen Dienststelle betrifft, die Entscheidung hierüber aber von der Leitung der Gesamt-/Stammdienststelle bzw. der Behördenleitung getroffen wird. Die Kompetenzverteilung zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat bestimmt sich nach der Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung. Im Falle einer Kündigung ist deshalb maßgeblich, wem die Entlassungsbefugnis rechtlich zusteht, welche Leitung also insoweit die Arbeitgeberfunktion ausübt (Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/Thommes NPersVG 3. Aufl. § 80 Rn. 2).
- 29
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c) Im Streitfall war nicht der Gesamtpersonalrat zuständig. Der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW konnte über eine Kündigung der dort Beschäftigten entscheiden. Der Oberbürgermeister als Behördenleiter hatte ihm die entsprechende Befugnis wirksam übertragen.
- 30
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aa) Die Entscheidungsbefugnis der Dienststellen und des Dienststellenleiters ergibt sich aus dem Gesetz, aus Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelverfügungen (Senat 22. August 1996 - 2 AZR 5/96 - zu II 2 a der Gründe, AP BPersVG § 82 Nr. 4; Dembowski/Ladwig/Sellmann Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen Stand Juli 2010 § 79 Rn. 4).
- 31
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bb) Die Kündigungsbefugnis der Betriebsleitung eines Eigenbetriebs folgt nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Zwar führt nach § 113 Abs. 4 der Niedersächsischen Gemeindeordnung(NGO) die Leitung des Eigenbetriebs dessen „laufende Geschäfte“. Zu diesen gehören jedoch personelle Entscheidungen grundsätzlich nicht. Dies folgt aus § 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Eigenbetriebsverordnung vom 15. August 1989 (Nds. GVBl. S. 318). Nach dieser Vorschrift kann die Satzung des Eigenbetriebs vorsehen, dass bestimmte personalrechtliche Befugnisse von der Werksleitung ausgeübt werden. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Wahrnehmung personalrechtlicher Kompetenzen ohnehin zu den „laufenden Geschäften“ iSv. § 113 Abs. 4 NGO zählte.
- 32
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cc) Die Kündigungsbefugnis des Betriebsleiters des Eigenbetriebs SGW ergibt sich aus der Satzung des Eigenbetriebs iVm. einer Dienstanweisung des Oberbürgermeisters.
- 33
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Gemäß § 113 Abs. 1 NGO hat die Gemeinde für ihre Eigenbetriebe Betriebssatzungen zu erlassen. Dies ist hier mit der Satzung für den „Eigenbetrieb ,Straße und Grün’ in W“ vom 24. November 2004 geschehen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Satzung leitet die Werksleitung den Eigenbetrieb selbständig und führt dessen laufende Geschäfte. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 der Satzung gehören - ersichtlich in Anwendung von § 3 Abs. 3 der Eigenbetriebsverordnung - zu den laufenden Geschäften „personalrechtliche Maßnahmen, soweit vom Oberbürgermeister beauftragt“. Mit seiner Dienstanweisung vom 13. Dezember 2004 hatte der Oberbürgermeister der Werksleitung die Entscheidung über personalrechtliche Maßnahmen übertragen.
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dd) Der Übertragung von personalrechtlichen Entscheidungsbefugnissen vom Oberbürgermeister auf die Leitung des Eigenbetriebs steht § 80 NGO nicht entgegen.
- 35
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(1) Nach § 80 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 NGO kann der Verwaltungsausschuss die Befugnis zur Entlassung von Arbeitnehmern allgemein oder für bestimmte Arbeitnehmergruppen auf die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister übertragen. Der Verwaltungsausschuss der Beklagten hat am 10. September 1973 eine solche Übertragung der Befugnis zur Entlassung von Angestellten bis zur VergGr. Vb BAT auf den Oberbürgermeister beschlossen.
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(2) Eine weitere Delegation vom Bürgermeister auf die Eigenbetriebsleitung schließt die NGO nicht aus. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die NGO in ihrem Fünften Teil allein das Verhältnis der drei Gemeindeorgane Rat, Verwaltungsausschuss und Bürgermeisterin/Bürgermeister zueinander regelt. Wenn der Verwaltungsausschuss nach § 80 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 NGO Kompetenzen an die Bürgermeisterin/den Bürgermeister abgibt, hat damit ein Gemeindeorgan zugunsten eines anderen Gemeindeorgans von einer entsprechenden kommunalverfassungsrechtlichen Befugnis Gebrauch gemacht. Welche Personen anschließend innerhalb des Organs „Bürgermeisterin“/„Bürgermeister“ - zu dem auch die kommunalen Eigenbetriebe zählen - mit der Wahrnehmung der übertragenen Kompetenz betraut werden, ist keine Angelegenheit der Kommunalverfassung mehr, sondern unterfällt der Organisationshoheit der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters.
- 37
-
Die rechtliche Unbedenklichkeit der Übertragung der Entlassungsbefugnis vom Oberbürgermeister auf die Betriebsleitung ergibt sich zum anderen aus § 3 Abs. 3 Eigenbetriebsverordnung, der eine Ausübung von personalrechtlichen Befugnissen durch die Werksleitung gerade zulässt, und dem Umstand, dass die Satzung des SGW, die eine solche Übertragungsmöglichkeit ausdrücklich vorsieht, gem. § 6 Abs. 1, § 40 Abs. 1 Nr. 4 NGO vom Rat als dem Hauptorgan der Gemeinde(§ 31 Abs. 1 Satz 1 NGO) selbst erlassen wurde.
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
-
Kreft
Eylert
Schmitz-Scholemann
Söller
A. Claes
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 16. April 2013 - 2 Sa 107/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist.
- 2
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Die im Jahr 1959 geborene Klägerin ist seit dem Jahr 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ordentlich unkündbar. Seit dem Jahr 2000 war sie überwiegend als Hilfsgärtnerin tätig. Ihre Arbeitsverpflichtung erstreckt sich auf die Tage Montag bis Donnerstag bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 31,59 Stunden. Ihre durchschnittliche Bruttomonatsvergütung beträgt 2.075,00 Euro.
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Die Beklagte betreibt Friedhöfe. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Bei ihr ist ein Personalrat gebildet.
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Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin wegen unterschiedlicher Erkrankungen wiederholt arbeitsunfähig. Sie stellte sich mehrfach beim Personalärztlichen Dienst der Stadt vor. Dieser attestierte ihr jeweils eine positive Prognose. Die Parteien führten zudem zahlreiche Krankengespräche. Am 6. Oktober 2011 führte die Beklagte mit der Klägerin unter Beteiligung des Vorsitzenden des Personalrats ein betriebliches Eingliederungsmanagement durch. Zuletzt war die Klägerin in der Zeit vom 16. November bis zum 19. Dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt. Die Krankheitsursache ist zwischen den Parteien streitig.
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Mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie nunmehr abschließend entschieden habe, das Arbeitsverhältnis zu kündigen; der Personalratsvorsitzende sei bereits vorab informiert worden. Gleichzeitig unterbreitete sie ihr ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Dieses halte sie bis zum 6. Januar 2012 aufrecht. Die Klägerin nahm das Angebot nicht an.
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Am 16. Januar 2012 beantragte die Beklagte beim Personalrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist. Der Personalrat teilte mit Schreiben vom 19. Januar 2012 mit, dass er seine Zustimmung verweigert habe. Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 rief die Beklagte die Einigungsstelle an. Diese ersetzte die Zustimmung am 27. März 2012. Ausfertigungen ihres Beschlusses gingen dem Personalrat und der Beklagten am 28. März 2012 zu.
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Mit Schreiben vom selben Tage kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2012, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Dagegen hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie hat gemeint, die Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Auch sei ein wichtiger Grund nicht gegeben. Die Erkrankungen ihres Bewegungsapparats seien nach Durchführung von Operationen ausgeheilt. Es bestehe keine Gefahr, dass eine der verschiedenen Infektionskrankheiten künftig wieder auftrete. Im Übrigen könne sie als Friedhofsbetreuerin leidensgerecht beschäftigt werden.
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Die Klägerin hat beantragt
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28. März 2012 nicht beendet worden ist;
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2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Hilfsgärtnerin weiter zu beschäftigen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist für wirksam gehalten. Die Klägerin habe - was mit Ausnahme von zwölf einzelnen Tagen unstreitig ist - in den Jahren von 2000 bis 2011 jeweils zwischen 19 und 163, im Durchschnitt an 75,25 Arbeitstagen krankheitsbedingt gefehlt. In den Jahren 2006 bis 2011 habe sie - die Beklagte - Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 34.432,82 Euro geleistet. Sie habe von einer negativen Prognose ausgehen dürfen, die auch weiterhin außerordentlich hohe wirtschaftliche Belastungen und massive Betriebsablaufstörungen erwarten lasse. Zu ihren Gunsten sei zu berücksichtigen, dass sie durch Krankengespräche und Umsetzungen der Klägerin versucht habe, deren Fehlzeiten zu reduzieren. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe sie gewahrt. Kündigungsgrund sei die Gesamtheit der Krankheiten der vergangenen mehr als zehn Jahre und die sich daraus ergebende - fortbestehende - Anfälligkeit für Kurzerkrankungen. Dabei handele es sich um einen Dauertatbestand.
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht durfte der Klage zwar nicht mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben. Seine Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
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I. Das Feststellungsbegehren ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. März 2012 nicht aufgelöst worden.
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1. Allerdings hat die Beklagte, anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.
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a) Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist einzuhalten. Sie beginnt regelmäßig, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will oder nicht (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 22). Uneingeschränkt gilt dies bei in der Vergangenheit liegenden, vollständig abgeschlossenen Kündigungssachverhalten, mögen diese auch - etwa als Vertrauensverlust - noch fortwirken. Bei Dauertatbeständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Kündigungssachverhalt und seine betrieblichen Auswirkungen fortwährend neu verwirklichen, lässt sich der Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eindeutig fixieren. Liegt ein solcher Tatbestand vor, reicht es zur Fristwahrung aus, dass die Umstände, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützt, auch noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung gegeben waren (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 15, BAGE 132, 299; 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu C II 2 der Gründe).
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b) Im Fall einer lang andauernden - durchgehenden - Arbeitsunfähigkeit liegt ein solcher Dauertatbestand vor (BAG 13. Mai 2004 - 2 AZR 36/04 - zu II 1 der Gründe; 21. Mai 1996 - 2 AZR 455/95 - zu II 1 b bb der Gründe). Der Kündigungsgrund entsteht fortlaufend neu. Der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist deshalb nicht eindeutig zu fixieren. Selbst wenn die zum Kündigungsgrund zählende negative Prognose zeitlich näher bestimmbar sein sollte, gilt dies jedenfalls nicht für die weiter erforderliche erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (BAG 21. Mai 1996 - 2 AZR 455/95 - zu II 1 b bb der Gründe).
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c) Auch häufige Kurzerkrankungen können einen Dauertatbestand darstellen (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 601/02 - zu B I 1 b der Gründe; 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - zu III der Gründe, BAGE 96, 65).
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aa) Kündigungsgrund ist dabei - wie im Fall einer lang andauernden Erkrankung - nicht die Erkrankung als solche, sondern die negative Gesundheitsprognose und eine daraus resultierende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Sie kann sowohl auf einer einheitlichen Krankheitsursache als auch auf unterschiedlichen prognosefähigen Erkrankungen beruhen. Die verschiedenen Erkrankungen können den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen (BAG 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24 f.). Der Dauertatbestand beginnt in dem Zeitpunkt, zu welchem die bis dahin aufgetretenen Kurzerkrankungen einen solchen Schluss zum ersten Mal zulassen. Er endet in dem Zeitpunkt, zu welchem die zurückliegenden Kurzerkrankungen zum ersten Mal eine entsprechende negative Prognose nicht mehr stützen, die Vergangenheit also nicht mehr als Prognosegrundlage taugt - etwa weil die letzte Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit so lange zurückliegt, dass von dauerhafter, durchgehender Krankheitsanfälligkeit nicht mehr die Rede sein kann. Das Ende des Dauertatbestands tritt folglich nicht schon - gleichsam retrospektiv - mit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit ein, an die sich ein entsprechend langer Zeitraum ohne Ausfälle anschließt. Es tritt erst mit dem Erreichen einer ausreichenden Länge eben dieses Zeitraums ein, weil erst dieser die Prognosetauglichkeit der Vergangenheit beendet.
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bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt damit die Annahme eines Dauertatbestands auch dann in Betracht, wenn die Fehlzeiten nicht auf ein und dasselbe Grundleiden zurückzuführen sind. Aus der Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 2000 (- 2 AZR 627/99 - zu III der Gründe, BAGE 96, 65) ergibt sich nichts anderes. Dort heißt es, bei einer „noch dazu auf demselben Grundleiden beruhenden, dauernden Krankheitsanfälligkeit“ liege ein Dauertatbestand vor. Das bedeutet nicht, dass ein einheitliches Grundleiden zwingende Voraussetzung für die Annahme eines solchen Tatbestands wäre. Ebenso wenig besteht ein Widerspruch zur Senatsentscheidung vom 9. September 1992 (- 2 AZR 190/92 - dort zu II 4 der Gründe). Zwar war dort die außerordentliche Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage einer bis dahin letzten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erklärt worden und wurde die Frist des § 626 Abs. 2 BGB mit dieser Begründung als gewahrt angesehen. Ob davon nicht zudem aufgrund des Vorliegens eines Dauertatbestands hätte ausgegangen werden können, wurde aber nicht erörtert. Die Entscheidung handelt dementsprechend von einer hinreichenden, nicht von einer notwendigen Bedingung.
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d) Da der Arbeitnehmer in den Fällen häufiger Kurzerkrankungen typischerweise über einen längeren Zeitraum hinweg teilweise gesund, teilweise arbeitsunfähig erkrankt ist, kommt es für die Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung - zufällig - arbeitsunfähig war. Maßgebend ist vielmehr allein, ob der Kündigungsgrund, dh. die auf der fortbestehenden Krankheitsanfälligkeit beruhende negative Prognose sowie die sich daraus ergebende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung fortbestanden hat. Eine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit steht dem nicht zwangsläufig entgegen. Der Dauertatbestand endet erst, wenn der Kündigungsgrund als solcher entfällt.
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e) Liegt ein Dauertatbestand vor, beginnt die Ausschlussfrist nicht einmalig, sobald der Arbeitgeber - erstmals - Kenntnis von der für den Kündigungsentschluss relevanten negativen Prognose und den daraus resultierenden erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen hat. Die Frist beginnt vielmehr fortlaufend neu.
- 21
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aa) Zu den für den Kündigungsentschluss maßgebenden Tatsachen, auf deren Kenntnis § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB für den Fristbeginn abstellt, gehören nicht nur die krankheitsbedingten Fehlzeiten und die aus ihnen folgenden erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen, sondern auch deren - zunehmende - Dauer(KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 327; aA APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 138; KDZ/Däubler 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 215). Andernfalls würde der Arbeitgeber zur möglichst frühzeitigen Erklärung der Kündigung angehalten. Dies liefe den Interessen des Arbeitnehmers zuwider. Es würde den Bestandsschutz des ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers schmälern und nicht - wie durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung bezweckt - verbessern (vgl. BAG 21. März 1996 - 2 AZR 455/95 - zu II 1 b bb der Gründe).
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bb) Sinn und Zweck von § 626 Abs. 2 BGB stehen dem nicht entgegen. Die Vorschrift ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand. Ihr Ziel ist es, dem Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 23). In Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten besteht ein solches Interesse an schneller Klärung nicht. Im Gegenteil dient es den Belangen des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber die weitere Entwicklung beobachtet und mit einer möglichen Kündigung noch zuwartet, um die Chance einer Prognoseänderung offen zu halten (vgl. KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 327). Der Arbeitnehmer hat in einer solchen Situation keinen berechtigten Anlass zu der Annahme, der Arbeitgeber werde aus der andauernden negativen Prognose und den fortbestehenden betrieblichen Beeinträchtigungen auch künftig keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen herleiten.
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cc) Im Streitfall gilt nicht deshalb etwas anderes, weil die Beklagte der Klägerin am 9. Dezember 2011 mitgeteilt hat, sie „habe nunmehr abschließend entschieden“, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Die Erklärung ändert nichts daran, dass sich auch dann der Kündigungsgrund, sollte er bestehen, fortlaufend neu verwirklicht. Im Übrigen gibt das Schreiben inhaltlich keinen Anlass zu der Annahme, die Beklagte werde nach Ablauf weiterer zwei Wochen aus den krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr ziehen. Aus dem gleichzeitig unterbreiteten und bis zum 6. Januar 2012 aufrecht erhaltenen Auflösungsangebot konnte die Klägerin ersehen, dass die Beklagte vor diesem Zeitpunkt eine Kündigung nicht erklären würde. Dem Hinweis darauf, der Vorsitzende des Personalrats sei vorab informiert worden, ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte das förmliche Mitbestimmungsverfahren bereits eingeleitet hätte. Da die Beklagte den Personalrat bereits am 16. Januar 2012 um Zustimmung zur nunmehr beabsichtigten Kündigung ersucht hat, durfte die Klägerin auch nach dem Ablauf der Frist zur Annahme des Angebots am 6. Januar nicht darauf vertrauen, die Beklagte werde von einer Kündigung Abstand nehmen.
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f) Ob im Streitfall der Kündigungsgrund - eine berechtigte negative Prognose - noch bis zwei Wochen vor Zugang der Kündigung vorgelegen hat, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat dazu - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
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2. Die Revision ist gleichwohl zurückzuweisen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Kündigung ist unwirksam, da es selbst auf der Grundlage des als wahr unterstellten Vortrags der Beklagten an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.
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a) Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kann ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB sein. Grundsätzlich ist dem Arbeitgeber aber die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten, und schon an eine ordentliche Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine außerordentliche Kündigung kommt daher nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa wenn die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen ausgeschlossen ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 14; 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - zu II 3 der Gründe, BAGE 96, 65).
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b) Die Wirksamkeit einer auf häufige Kurzerkrankungen gestützten ordentlichen Kündigung setzt zunächst eine negative Gesundheitsprognose voraus. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung sprechen - erste Stufe. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer solchen Beeinträchtigung führen - zweite Stufe. Ist dies der Fall, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen - dritte Stufe (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361; 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 18).
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c) Bei einer außerordentlichen Kündigung ist dieser Prüfungsmaßstab auf allen drei Stufen erheblich strenger. Er muss den hohen Anforderungen Rechnung tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind (BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 b der Gründe). Die prognostizierten Fehlzeiten und die sich aus ihnen ergebende Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen müssen deutlich über das Maß hinausgehen, welches eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen vermöchte. Es bedarf eines gravierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Ein solches ist gegeben, wenn zu erwarten steht, dass der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - ggf. über Jahre hinweg - erhebliche Entgeltzahlungen zu erbringen hätte, ohne dass dem eine nennenswerte Arbeitsleistung gegenüberstände (vgl. BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 27; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 c cc der Gründe). Auch können Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Fehlzeiten im Einzelfall dazu führen, dass ein Einsatz des Arbeitnehmers nicht mehr sinnvoll und verlässlich geplant werden kann und dieser damit zur Förderung des Betriebszwecks faktisch nicht mehr beiträgt (vgl. BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 c bb der Gründe). Die Aufrechterhaltung eines solchermaßen „sinnentleerten“ Arbeitsverhältnisses kann dem Arbeitgeber auch im Falle eines ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmers unzumutbar sein (vgl. BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 27; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 c cc der Gründe).
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d) Danach ist der Beklagten auch auf der Basis ihres eigenen Vorbringens die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar.
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aa) Die Beklagte hat vorgetragen, aufgrund der - im Einzelnen bezeichneten - erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten in den vergangenen mehr als zehn Jahren sei auch in Zukunft damit zu rechnen, dass die Klägerin in erheblichem Maße krankheitsbedingt fehlen werde. Die den Fehlzeiten in der Vergangenheit zugrunde liegenden Erkrankungen seien nicht ausgeheilt. Jedenfalls bestehe eine „generelle Anfälligkeit“ der Klägerin für bestimmte Erkrankungen. In den Jahren von 2006 bis 2011 habe sie - die Beklagte - insgesamt mehr als 34.000,00 Euro an Entgeltfortzahlung geleistet. Die Fehlzeiten der Klägerin hätten überdies zu Betriebsablaufstörungen geführt. Aufgrund der Ungewissheit, ob und wie lange die Klägerin krankheitsbedingt ausfallen würde, habe sie keine Vertretungskräfte einstellen können. Die Vertretung habe von den übrigen Kollegen übernommen werden müssen. Diese seien dadurch einer auf Dauer nicht zu bewältigenden Arbeitsbelastung ausgesetzt gewesen. Das habe zu einer Verzögerung der Grabpflegearbeiten und in der Folge zu Kundenbeschwerden geführt.
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bb) Die dargelegten Umstände genügen den Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht.
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(1) Der von der Beklagten vorgetragene Verlauf der krankheitsbedingten Fehlzeiten rechtfertigt nicht die Prognose, die Klägerin werde künftig im gleichen Maße fehlen wie in den vergangenen mehr als zehn Jahren. In dem - als Grundlage für eine Prognose geeigneten - Zeitraum von drei Jahren vor Zugang der Kündigung sind deren Ausfallzeiten deutlich zurückgegangen (zur Relevanz steigender, gleichbleibender oder fallender Fehlzeiten vgl. BAG 6. September 1989 - 2 AZR 19/89 - zu B II 2 a der Gründe). Sie betrugen 19, 67 und 55 Arbeitstage. Dies entspricht bei einer Vier-Tage-Woche einer durchschnittlichen jährlichen Fehlzeit von 11,75 Wochen. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausfallzeiten künftig wieder ansteigen könnten, hat die Beklagte nicht dargelegt. Tatsächlich war die Klägerin nach dem 19. Dezember 2011 bis zum Zugang der Kündigung am 28. März 2012 nicht mehr arbeitsunfähig krank. Die fallende Tendenz der krankheitsbedingten Fehlzeiten wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin nach Zugang der Kündigung noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durchgehend arbeitsfähig war. Dies ist zwar nicht entscheidend. Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung kommt es auf den Zeitpunkt ihres Zugangs an. Es ist aber - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - nicht unzulässig, die spätere Entwicklung in den Blick zu nehmen, soweit sie - wie hier - die Prognose bestätigt (BAG 13. Mai 2004 - 2 AZR 36/04 - zu III der Gründe; vgl. für den Fall der betriebsbedingten Kündigung BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 109, 40).
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(2) Die künftig zu erwartenden Fehlzeiten der Klägerin führen auch dann nicht zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung der Beklagten, wenn diese für sämtliche Krankheitszeiten das Entgelt fortzahlen müsste. Der Jahreslohnsumme auf Seiten der Beklagten steht nach wie vor eine nennenswerte Arbeitsleistung auf Seiten der Klägerin gegenüber. Das gilt nicht nur mit Blick auf mögliche Fehlzeiten von 11,75 Wochen pro Jahr. Das Arbeitsverhältnis wäre auch dann noch nicht „sinnentleert“, wenn künftig Fehlzeiten in dem von der Beklagten prognostizierten Umfang von jährlich 18,81 Wochen einträten. Auch in diesem Fall wäre die Klägerin noch zu fast zwei Dritteln ihrer Jahresarbeitszeit arbeitsfähig. Der Vortrag der Beklagten lässt zudem nicht erkennen, dass die prognostizierten Fehlzeiten zu nicht mehr hinnehmbaren Betriebsablaufstörungen führen werden. Die Klägerin kann den weitaus größeren Teil des Jahres sinnvoll eingesetzt werden. Der Umstand, dass die möglichen Ausfallzeiten zu Vertretungsbedarf und ggf. zu Verzögerungen im Betriebsablauf führen, ist nicht außergewöhnlich. Dies liegt in der Natur der Sache und macht als solches der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar.
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(3) Im Übrigen müsste auch eine Interessenabwägung zugunsten der Klägerin ausfallen. Zwar wäre auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigen, dass diese über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten der Klägerin hingenommen hat, ohne eine Kündigung in Erwägung zu ziehen. Sie hat zudem durch zahlreiche Krankengespräche und die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes versucht, zu einer Reduzierung der krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin beizutragen. Gleichwohl überwiegen die Belange der Klägerin. Ihrer Betriebszugehörigkeit von mehr als drei Jahrzehnten, ihrem Alter von seinerzeit 52 Jahren und den mit beidem verbundenen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt käme erhebliches Gewicht zu. Wenn ferner berücksichtigt würde, dass die Fehlzeiten der Klägerin in den letzten drei Jahren vor Zugang der Kündigung deutlich zurückgegangen sind, vermöchten die Belange der Beklagten das Interesse der Klägerin am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht zu überwiegen.
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3. Ob die Kündigung nicht nur mangels wichtigen Grundes, sondern auch aufgrund von Mängeln in der Beteiligung des Personalrats unwirksam ist, bedarf keiner Entscheidung.
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II. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist als Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur Erledigung des Rechtsstreits zu verstehen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.
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III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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Kreft
Rachor
Kreft
Beckerle
B. Schipp
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 12. Juni 2012 - 7 Sa 33/12 - insoweit aufgehoben, wie es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 7. November 2011 - 3 Ca 284/11 - abgeändert und festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23. Dezember 2010 nicht aufgelöst worden ist.
-
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts wird insgesamt zurückgewiesen.
-
3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
- 2
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Die Beklagte ist eine Evangelisch-Lutherische Gesamtkirchengemeinde in Bayern. Der 1950 geborene Kläger war bei ihr seit September 1982 nebenberuflich als Kirchenmusiker gegen einen Verdienst von etwa 400,00 Euro monatlich beschäftigt. Er war im Hauptberuf beamteter Gymnasiallehrer im Schuldienst des Freistaats Bayern.
- 3
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Der Kläger unterhielt zu einer damals minderjährigen Schülerin über mehrere Jahre eine sexuelle Beziehung. Es kam auch in der Kirche zu sexuellen Handlungen. Im Jahre 2005 zeigte die ehemalige Schülerin den Kläger an. Das Strafverfahren wurde wegen Verjährung eingestellt.
- 4
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Die Beklagte stellte den Kläger wegen der Vorgänge ab Mitte 2006 von der Arbeitsleistung frei. Ab Januar 2008 zahlte sie ihm keine Vergütung mehr.
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Die Landesanwaltschaft betrieb im Disziplinarverfahren die Entfernung des Klägers aus dem Schuldienst. Das Verwaltungsgericht entsprach dem Antrag im Jahre 2008. In ihrer Ausgabe vom 25. Oktober 2010 berichtete die Süddeutsche Zeitung über die Angelegenheit und die ausstehende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieser wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts am 15. Dezember 2010 zurück. Hierüber berichtete die Fränkische Landeszeitung am 16. Dezember 2010.
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Mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 hörte die Beklagte die bei ihr gebildete Mitarbeitervertretung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Diese stimmte der Kündigung vor deren Ausspruch zu. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2010, das dem Kläger am 28. Dezember 2010 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien außerordentlich mit sofortiger Wirkung.
- 7
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Der Kläger hat gemeint, ein hinreichender Kündigungsgrund sei nicht gegeben. Zudem habe die Beklagte die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Der gesamte kündigungsrelevante Sachverhalt sei ihr infolge des Berichts der Süddeutschen Zeitung bereits seit Oktober 2010 bekannt gewesen. Ferner sei die Mitarbeitervertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
- 8
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Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23. Dezember 2010 sein Ende gefunden hat.
- 9
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Die Tätigkeit des Klägers als Musiker habe im direkten Zusammenhang mit dem kirchlichen Verkündigungsauftrag gestanden. Die von ihm eingeräumten sexuellen Handlungen an einer Minderjährigen, zumal in der Kirche, seien damit schlechterdings nicht in Einklang zu bringen. Der Kläger habe ihrem Auftrag durch sein Verhalten sehr geschadet. Die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB habe sie gewahrt. Ihr Kündigungsentschluss habe sich maßgeblich auf die rechtskräftige Entfernung des Klägers aus dem staatlichen Schuldienst gegründet. Es sei für sie „schwer vorstellbar“ gewesen, einen Organisten wegen Missbrauchs einer Minderjährigen aus dem Kirchendienst zu entfernen, wenn er im staatlichen Schuldienst Kinder und Jugendliche weiterhin unterrichten dürfe.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23. Dezember 2010 beendet worden. Es kann dahinstehen, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nach § 39 Abs. 2 Satz 1 der Kirchlichen Dienstvertragsordnung(DiVO) oder § 13 Abs. 7 der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Bayern(AVR-Bayern) ohnehin nur aus wichtigem Grund kündbar war. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist unabhängig davon wirksam.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, für die außerordentliche Kündigung sei ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben.
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1. Gem. § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 14; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13).
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2. Eine schwere und schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 29, BAGE 137, 54; 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 30). Das gilt auch für die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Er ist auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, BAGE 132, 72).
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a) Die Pflicht zur Rücksichtnahme kann deshalb auch durch außerdienstliches Verhalten verletzt werden. Allerdings kann dieses die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 31, BAGE 137, 54; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19).
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b) Für die in Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern beschäftigten Arbeitnehmer gelten gem. § 6 der Arbeitsrechtsregelung der Arbeitsrechtlichen Kommission Bayern über die berufliche Mitarbeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und ihrer Diakonie für den Bereich der privatrechtlichen Dienstverhältnisse(ARR - Anlage 9 zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Bayern) insofern besondere Loyalitätsobliegenheiten. Nach § 7 Abs. 3 ARR wird eine schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlung als schwerwiegender Loyalitätsverstoß angesehen, die eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen rechtfertigen kann. Eine Weiterbeschäftigung ist gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 ARR ausgeschlossen, wenn der Loyalitätsverstoß von einem Arbeitnehmer eines der in § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ARR genannten Einsatzbereiche begangen wurde. Zu diesen gehören Aufgaben im Bereich der Verkündigung. Von einer Kündigung kann nach § 7 Abs. 5 Satz 2 ARR ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls dies als unangemessen erscheinen lassen.
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3. Der Kläger hat seine Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, auf die berechtigten Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen, durch sexuelle Handlungen mit einer Minderjährigen, zumal in der Kirche, in erheblichem Maße verletzt. Er hat dadurch in schwerwiegender Weise gegen seine Loyalitätsobliegenheiten gegenüber der Beklagten verstoßen. Sein Verhalten stellt eine schwere persönliche sittliche Verfehlung iSv. § 7 Abs. 3 ARR dar, die geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu bilden. Das Landesarbeitsgericht hat - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die Tätigkeit des Klägers als Kirchenmusiker im direkten Zusammenhang mit dem Verkündigungsauftrag der Beklagten stand. Mit diesem ist die Vornahme sexueller Handlungen mit einer Minderjährigen, und noch dazu in einer Kirche, unvereinbar. Gegen diese Würdigung wendet sich auch der Kläger nicht.
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4. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war der Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile auch nur bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist nicht zumutbar.
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a) Der Kläger hat sich in einer für die Beklagte nicht hinnehmbaren Weise in Widerspruch zum Verkündigungsauftrag der Kirche gesetzt. Die Beklagte darf von einem im Zusammenhang mit diesem Auftrag tätigen Mitarbeiter einen Lebenswandel ohne schwere sittliche persönliche Verfehlungen erwarten. Sie würde in den Augen der Öffentlichkeit unglaubwürdig, wenn auch nur der Anschein entstünde, sie sei bereit, ein Verhalten wie das des Klägers zu dulden. Der Kläger kann sich im Verhältnis zur Beklagten insoweit nicht auf eigene schützenswerte Interessen berufen. Zum einen sind sexuelle Handlungen an Minderjährigen nach Maßgabe etwa der §§ 174, 176, 182 StGB zum Schutz der Entwicklung der Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu sexueller Selbstbestimmung strafbewehrt. Zum anderen handelte es sich unabhängig von einer Strafbarkeit nach dem Selbstverständnis der Beklagten zumindest um schwere sittliche Verfehlungen. Dieses kirchliche Selbstverständnis ist von den staatlichen Gerichten ihrer Würdigung zugrunde zu legen (vgl. zum verfassungsrechtlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht zuletzt BAG 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 - Rn. 21 ff.).
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b) Einer Abmahnung des Klägers bedurfte es nicht. Seine Pflichtverletzung wiegt so schwer, dass deren auch nur erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und - auch für ihn erkennbar - ausgeschlossen war (vgl. zu diesem Maßstab BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 22). Die langjährige Beschäftigungsdauer des Klägers rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Zwar ist der Arbeitsmarkt für Kirchenmusiker begrenzt. Der Kläger hat jedoch über einen langen Zeitraum seine Loyalitätspflichten in schwerwiegender Weise verletzt und hatte bei der Beklagten überdies nur eine Nebenbeschäftigung inne.
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II. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte die zweiwöchige Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt hätte.
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1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach Satz 2 der Bestimmung mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will oder nicht. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen eine Kündigung sprechenden Umstände (BAG 21. Februar 2013 - 2 AZR 433/12 - Rn. 27; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 30 ; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 15 , BAGE 137, 54 ).
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2. § 626 Abs. 2 BGB ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand. Die Regelung beruht auf der Erwägung, dass bei noch längerem Hinauszögern der Kündigung eine Unzumutbarkeit, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, nicht angenommen werden kann. Zudem soll der andere Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird. Da die Frist erst mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, und von da ab noch zwei Wochen beträgt, wird zugleich verhindert, dass der Kündigende zu einer überstürzten Entscheidung gezwungen ist (vgl. BT-Drucks. V/3913 S. 11; BAG 28. Oktober 1971 - 2 AZR 32/71 - zu III 1 der Gründe, BAGE 23, 475).
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a) Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Fort- und Ausgang des Ermittlungs- und ggf. Strafverfahrens abwarten und abhängig davon zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen. Für die Wahl des Zeitpunkts bedarf es eines sachlichen Grundes. Wenn der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr ausreichend Erkenntnisse für eine Kündigung zu haben glaubt, kann er dies zum Anlass für den Ausspruch einer (neuerlichen) Kündigung nehmen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 31; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 137, 54 ). Das Recht, die Kündigung an neue Erkenntnisse im Strafverfahren zu knüpfen, trägt den Aufklärungsschwierigkeiten und eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers Rechnung (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 33).
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b) Der Arbeitgeber kann den endgültigen Ausgang eines Strafverfahrens auch dann abwarten, wenn es ihm auf das Werturteil ankommt, das mit einer Verurteilung des Arbeitnehmers verbunden ist (BAG 29. Juli 1993 - 2 AZR 90/93 - zu II 1 c cc der Gründe; Staudinger/Preis 2012 § 626 Rn. 296; Herschel Anm. AP BGB § 626 Ausschlußfrist Nr. 9; Finken Die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB für die Erklärung der außerordentlichen Kündigung S. 71). Dies setzt allerdings voraus, dass er das Ergebnis tatsächlich abwartet und überdies seinen Kündigungsentschluss von ihm abhängig macht. Weder der Verdacht strafbarer Handlungen noch eine begangene Straftat stellt einen Dauertatbestand dar. Sie ermöglichen es dem Arbeitgeber nicht, in der Zeitspanne bis zu einer strafrechtlichen Verurteilung des Arbeitnehmers zu einem beliebigen Zeitpunkt fristlos zu kündigen (BAG 29. Juli 1993 - 2 AZR 90/93 - zu II 1 c dd der Gründe).
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3. Danach hat die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.
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a) Die Beklagte hat nicht dargelegt, wann genau sie Kenntnis von dem zum Anlass für die Kündigung genommenen Verhalten des Klägers erlangt hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist nicht ausgeschlossen, dass dies bereits im Jahr 2006 oder 2008 oder doch nach dem Erscheinen des Berichts in der Süddeutschen Zeitung Ende Oktober 2010 der Fall war. Die Beklagte hat sich auch nicht darauf berufen, den Ausgang des Disziplinarverfahrens zum Zweck der weiteren Sachverhaltsaufklärung abgewartet zu haben.
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b) Näherer Feststellungen bedarf es gleichwohl nicht. Die Beklagte durfte ihren Kündigungsentschluss - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - deshalb vom Ausgang des Disziplinarverfahrens abhängig machen, weil es ihr auf das mit einer Entfernung des Klägers aus dem Schuldienst verbundene Werturteil ankam. Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe sich schwerlich vorstellen können, den Kläger aus ihren Diensten zu entlassen, wenn er als Lehrer im staatlichen Schuldienst weiter hätte unterrichten dürfen. Aufgrund der Besonderheiten des beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens erscheint dies zumindest im vorliegenden Fall nicht sachwidrig. Zwar stellte eine Entfernung des Klägers aus dem Schuldienst für sich genommen keinen Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Auch leuchtet nicht unmittelbar ein, dass die Beklagte ihre eigene Würdigung von der eines staatlichen Gremiums abhängig gemacht hat. Bei dem Ergebnis des Disziplinarverfahrens handelt es sich aber um einen Umstand, der als „für die Kündigung maßgebende Tatsache“ iSv. § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB Berücksichtigung finden konnte.
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aa) Das mit einer Entfernung aus dem Dienst im Wege eines beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens einhergehende Werturteil steht zwar dem einer strafrechtlichen Verurteilung nicht gleich. Das Disziplinarverfahren ist nicht auf Ermittlung und Sanktion strafbaren Verhaltens ausgerichtet. Dennoch ist auch mit der Entfernung eines Beamten aus dem Dienst eine unabhängige Bewertung des ihr zugrunde liegenden Fehlverhaltens verbunden.
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(1) Das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren soll die Integrität des Berufsbeamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufrechterhalten. Dabei geht es auch um das Ansehen und das Wirken des Dienstherrn in der Öffentlichkeit. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung ist die Frage, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, mit Blick auf das Gesamte seiner Persönlichkeit im Beamtenverhältnis weiter tragbar ist und durch welche Disziplinarmaßnahme ggf. auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Pflichtenverstöße zu verhindern (st. Rspr., vgl. nur BVerwG 28. Februar 2013 - 2 C 3/12 - Rn. 23, BVerwGE 146, 98).
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(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bewertet und entscheidet dies nicht allein der Dienstherr. Es kann daher dahinstehen, ob sich die Beklagte ausschließlich an dessen Entscheidung hätte ausrichten dürfen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst kann nur durch rechtsgestaltendes Urteil im Disziplinarklageverfahren durchgesetzt werden (§ 34 BDG; Art. 35 Abs. 1 Satz 2 BayDG vom 24. Dezember 2005, GVBl. S. 665). Die Beurteilung obliegt damit unabhängigen Gerichten. Die Beklagte hat dementsprechend ihre Entscheidung über die Kündigung vom rechtskräftigen Ausgang des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten abhängig gemacht.
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(3) Die Entfernung aus dem Dienst erfordert einen endgültigen Vertrauensverlust (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG, Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Maßgeblich ist nicht allein das Vertrauen des Dienstherrn, sondern auch das der Allgemeinheit. Ebenso wie im strafrechtlichen Verfahren gilt die Unschuldsvermutung; das Verwaltungsgericht hat von Amts wegen alle be- und entlastenden Umstände aufzuklären (Urban/Wittkowski BDG § 58 Rn. 8 f.).
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bb) Mit Blick darauf handelte die Beklagte nicht sachwidrig, als sie ihre Entscheidung über den Ausspruch einer Kündigung vom Ausgang des beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens abhängig machte. Ein Strafverfahren, an welchem sie sich hätte ausrichten können, war wegen Verjährung eingestellt worden. Sie durfte sich am Ergebnis des Disziplinarverfahrens orientieren, um die Bewertung des Verhaltens des Klägers durch staatliche Gerichte in ihre Entscheidung einzubeziehen. Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 ARR hat sie schwerwiegende Gründe des Einzelfalls zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Als ein solcher hätte immerhin in Betracht kommen können, dass der Kläger trotz seines Fehlverhaltens im staatlichen Schuldienst hätte verbleiben dürfen. Mit der rechtskräftigen Entfernung aus dem Dienst stand für die Beklagte fest, dass ein solcher Umstand nicht vorlag.
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cc) Nicht entscheidend ist, ob dem Kläger bekannt war, dass die Beklagte den Ausgang des beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens abwarten wollte. Zwar dient - wie erwähnt - die Frist des § 626 Abs. 2 BGB auch dazu, dem anderen Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch macht. Das Gesetz knüpft den Beginn der Frist aber dennoch allein an die Kenntnis des Berechtigten von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen, nicht daran, ob und ggf. seit wann der andere Teil weiß, welche Tatsachen der Kündigungsberechtigte kennt und für maßgeblich hält. Es schafft auf diese Weise den gebotenen Ausgleich zwischen dem Interesse des anderen Teils an baldiger Gewissheit und dem Interesse des Kündigungsberechtigten, die Entscheidung zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung auf hinreichender Tatsachengrundlage treffen zu können. Dies dient zugleich dem Interesse des anderen Teils an der Vermeidung einer übereilten Kündigung. Er muss also mit der Möglichkeit rechnen, dass der Berechtigte mit einer Kündigung aus sachlichen Gründen noch zuwartet, wenn er sie trotz Kenntnis der den Kündigungssachverhalt betreffenden Fakten nicht ausspricht. Zudem war im Streitfall über das Disziplinarklageverfahren in der Presse berichtet worden. Es lag deshalb auch für den Kläger die Annahme nicht fern, dass die Beklagte von dem Verfahren wusste und sich eine Kündigung bis zu dessen Abschluss vorbehielt.
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c) Die Beklagte hat die Kündigung rechtzeitig erklärt. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs datierte vom 15. Dezember 2010. Sie wurde gem. Art. 64 Abs. 2 BayDG an diesem Tag rechtskräftig. Selbst wenn die Beklagte noch am selben Tag Kenntnis von ihr erlangt haben sollte, ist die Kündigung dem Kläger am 28. Dezember 2010 innerhalb von zwei Wochen zugegangen.
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III. Die Beklagte hat ihr Kündigungsrecht nicht nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, sie habe dem Kläger sein Verhalten verziehen oder habe darauf verzichtet, es zum Anlass für eine Kündigung zu nehmen, sind weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich. Vor Beginn und Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB sind ein Verzeihen oder ein Verzicht nur anzunehmen, wenn der Kündigungsberechtigte eindeutig seine Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, das Arbeitsverhältnis trotz kündigungsrelevanter Vorfälle fortsetzen zu wollen(BAG 28. Oktober 1971 - 2 AZR 15/71 - zu II 2 b der Gründe). Daran fehlt es im Streitfall. Die Beklagte hatte den Kläger schon im Jahr 2006 suspendiert und ihm ab dem Jahr 2008 kein Entgelt mehr gezahlt. Dass sie schon erhebliche Zeit vor der Suspendierung Kenntnis von seinem Verhalten gehabt hätte, wird von keiner Seite behauptet. Der Kläger durfte damit auch während des Zuwartens der Beklagten nicht darauf vertrauen, sie wolle das Arbeitsverhältnis mit ihm fortsetzen.
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IV. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO). Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 45 Abs. 2, § 46 Buchst. b des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Mitarbeitervertretungsgesetz - MVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Dezember 1993 (KABI. S. 346), zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 26. Januar 2004 (KABI. S. 48) und Kirchengesetz vom 8. Dezember 2010 (KABl. 2011 S. 14), in Kraft seit dem 1. Januar 2011, unwirksam.
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1. Die Beklagte hat die Mitarbeitervertretung über die beabsichtigte Kündigung ausreichend informiert. Sie hat sie über die persönlichen Daten des Klägers, den Kündigungssachverhalt, das verwaltungsgerichtliche Verfahren und den Zeitpunkt unterrichtet, zu welchem sie Kenntnis vom Ausgang dieses Verfahrens erlangt hat. Das Beratungsrecht der Mitarbeitervertretung hat sie gem. § 45 Abs. 1 Satz 3 MVG in zulässiger Weise auf drei Tage verkürzt. Diese hat ihre Zustimmung vor Ausspruch der Kündigung erteilt.
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2. Es kann dahinstehen, ob die Mitglieder der Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß geladen worden waren.
- 40
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a) Bei der Unterrichtung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG haben interne Fehler bei der Beschlussfassung des Gremiums auf die Korrektheit der Anhörung und die Wirksamkeit der Kündigung keine Auswirkungen. Der Arbeitgeber hat keine rechtliche Möglichkeit, die Beschlussfassung des Betriebsrats zu beeinflussen ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 43; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - Rn. 21 mwN). Das gilt für mögliche Fehler im internen Verfahren der Mitarbeitervertretung gleichermaßen. Auch auf dieses hat der kirchliche Arbeitgeber rechtlich keinen Einfluss. § 45 Abs. 1 Satz 4 MVG ist § 102 BetrVG insoweit nachgebildet, als die Mitarbeitervertretung - ähnlich wie nach § 102 Abs. 2 BetrVG der Betriebsrat - innerhalb einer Frist Einwendungen geltend machen muss, damit die beabsichtigte Kündigung nicht als gebilligt gilt(vgl. zu § 30 MAVO BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 2 c der Gründe). Auch die Beteiligung der Mitarbeitervertretung unterfällt damit zwei aufeinanderfolgenden Verfahrensabschnitten mit getrennten Zuständigkeiten und getrennter Verantwortung.
- 41
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b) Ein Fehler im Verfahren der Arbeitnehmervertretung ist dem Arbeitgeber nur dann zuzurechnen, wenn erkennbar nicht eine Stellungnahme des Gremiums, sondern etwa nur eine persönliche Äußerung seines Vorsitzenden vorliegt oder er - der Arbeitgeber - den Fehler durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst hat (vgl. zu § 102 BetrVG BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 44; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - Rn. 2 2 mwN). Hierfür gibt es im Streitfall keinen Anhaltspunkt.
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V. Die Kosten der Revision und des Berufungsverfahrens hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.
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Kreft
Berger
Rachor
A. Claes
Sieg
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 16. April 2013 - 2 Sa 107/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist.
- 2
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Die im Jahr 1959 geborene Klägerin ist seit dem Jahr 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ordentlich unkündbar. Seit dem Jahr 2000 war sie überwiegend als Hilfsgärtnerin tätig. Ihre Arbeitsverpflichtung erstreckt sich auf die Tage Montag bis Donnerstag bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 31,59 Stunden. Ihre durchschnittliche Bruttomonatsvergütung beträgt 2.075,00 Euro.
- 3
-
Die Beklagte betreibt Friedhöfe. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Bei ihr ist ein Personalrat gebildet.
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-
Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin wegen unterschiedlicher Erkrankungen wiederholt arbeitsunfähig. Sie stellte sich mehrfach beim Personalärztlichen Dienst der Stadt vor. Dieser attestierte ihr jeweils eine positive Prognose. Die Parteien führten zudem zahlreiche Krankengespräche. Am 6. Oktober 2011 führte die Beklagte mit der Klägerin unter Beteiligung des Vorsitzenden des Personalrats ein betriebliches Eingliederungsmanagement durch. Zuletzt war die Klägerin in der Zeit vom 16. November bis zum 19. Dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt. Die Krankheitsursache ist zwischen den Parteien streitig.
- 5
-
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie nunmehr abschließend entschieden habe, das Arbeitsverhältnis zu kündigen; der Personalratsvorsitzende sei bereits vorab informiert worden. Gleichzeitig unterbreitete sie ihr ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Dieses halte sie bis zum 6. Januar 2012 aufrecht. Die Klägerin nahm das Angebot nicht an.
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Am 16. Januar 2012 beantragte die Beklagte beim Personalrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist. Der Personalrat teilte mit Schreiben vom 19. Januar 2012 mit, dass er seine Zustimmung verweigert habe. Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 rief die Beklagte die Einigungsstelle an. Diese ersetzte die Zustimmung am 27. März 2012. Ausfertigungen ihres Beschlusses gingen dem Personalrat und der Beklagten am 28. März 2012 zu.
- 7
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Mit Schreiben vom selben Tage kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. September 2012, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Dagegen hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie hat gemeint, die Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Auch sei ein wichtiger Grund nicht gegeben. Die Erkrankungen ihres Bewegungsapparats seien nach Durchführung von Operationen ausgeheilt. Es bestehe keine Gefahr, dass eine der verschiedenen Infektionskrankheiten künftig wieder auftrete. Im Übrigen könne sie als Friedhofsbetreuerin leidensgerecht beschäftigt werden.
- 8
-
Die Klägerin hat beantragt
-
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28. März 2012 nicht beendet worden ist;
-
2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Hilfsgärtnerin weiter zu beschäftigen.
- 9
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist für wirksam gehalten. Die Klägerin habe - was mit Ausnahme von zwölf einzelnen Tagen unstreitig ist - in den Jahren von 2000 bis 2011 jeweils zwischen 19 und 163, im Durchschnitt an 75,25 Arbeitstagen krankheitsbedingt gefehlt. In den Jahren 2006 bis 2011 habe sie - die Beklagte - Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 34.432,82 Euro geleistet. Sie habe von einer negativen Prognose ausgehen dürfen, die auch weiterhin außerordentlich hohe wirtschaftliche Belastungen und massive Betriebsablaufstörungen erwarten lasse. Zu ihren Gunsten sei zu berücksichtigen, dass sie durch Krankengespräche und Umsetzungen der Klägerin versucht habe, deren Fehlzeiten zu reduzieren. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe sie gewahrt. Kündigungsgrund sei die Gesamtheit der Krankheiten der vergangenen mehr als zehn Jahre und die sich daraus ergebende - fortbestehende - Anfälligkeit für Kurzerkrankungen. Dabei handele es sich um einen Dauertatbestand.
- 10
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Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht durfte der Klage zwar nicht mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben. Seine Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 12
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I. Das Feststellungsbegehren ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. März 2012 nicht aufgelöst worden.
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1. Allerdings hat die Beklagte, anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.
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a) Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist einzuhalten. Sie beginnt regelmäßig, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will oder nicht (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 22). Uneingeschränkt gilt dies bei in der Vergangenheit liegenden, vollständig abgeschlossenen Kündigungssachverhalten, mögen diese auch - etwa als Vertrauensverlust - noch fortwirken. Bei Dauertatbeständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Kündigungssachverhalt und seine betrieblichen Auswirkungen fortwährend neu verwirklichen, lässt sich der Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eindeutig fixieren. Liegt ein solcher Tatbestand vor, reicht es zur Fristwahrung aus, dass die Umstände, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützt, auch noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung gegeben waren (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 15, BAGE 132, 299; 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu C II 2 der Gründe).
- 15
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b) Im Fall einer lang andauernden - durchgehenden - Arbeitsunfähigkeit liegt ein solcher Dauertatbestand vor (BAG 13. Mai 2004 - 2 AZR 36/04 - zu II 1 der Gründe; 21. Mai 1996 - 2 AZR 455/95 - zu II 1 b bb der Gründe). Der Kündigungsgrund entsteht fortlaufend neu. Der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist deshalb nicht eindeutig zu fixieren. Selbst wenn die zum Kündigungsgrund zählende negative Prognose zeitlich näher bestimmbar sein sollte, gilt dies jedenfalls nicht für die weiter erforderliche erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (BAG 21. Mai 1996 - 2 AZR 455/95 - zu II 1 b bb der Gründe).
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c) Auch häufige Kurzerkrankungen können einen Dauertatbestand darstellen (vgl. BAG 27. November 2003 - 2 AZR 601/02 - zu B I 1 b der Gründe; 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - zu III der Gründe, BAGE 96, 65).
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aa) Kündigungsgrund ist dabei - wie im Fall einer lang andauernden Erkrankung - nicht die Erkrankung als solche, sondern die negative Gesundheitsprognose und eine daraus resultierende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Sie kann sowohl auf einer einheitlichen Krankheitsursache als auch auf unterschiedlichen prognosefähigen Erkrankungen beruhen. Die verschiedenen Erkrankungen können den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen (BAG 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24 f.). Der Dauertatbestand beginnt in dem Zeitpunkt, zu welchem die bis dahin aufgetretenen Kurzerkrankungen einen solchen Schluss zum ersten Mal zulassen. Er endet in dem Zeitpunkt, zu welchem die zurückliegenden Kurzerkrankungen zum ersten Mal eine entsprechende negative Prognose nicht mehr stützen, die Vergangenheit also nicht mehr als Prognosegrundlage taugt - etwa weil die letzte Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit so lange zurückliegt, dass von dauerhafter, durchgehender Krankheitsanfälligkeit nicht mehr die Rede sein kann. Das Ende des Dauertatbestands tritt folglich nicht schon - gleichsam retrospektiv - mit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit ein, an die sich ein entsprechend langer Zeitraum ohne Ausfälle anschließt. Es tritt erst mit dem Erreichen einer ausreichenden Länge eben dieses Zeitraums ein, weil erst dieser die Prognosetauglichkeit der Vergangenheit beendet.
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bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt damit die Annahme eines Dauertatbestands auch dann in Betracht, wenn die Fehlzeiten nicht auf ein und dasselbe Grundleiden zurückzuführen sind. Aus der Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 2000 (- 2 AZR 627/99 - zu III der Gründe, BAGE 96, 65) ergibt sich nichts anderes. Dort heißt es, bei einer „noch dazu auf demselben Grundleiden beruhenden, dauernden Krankheitsanfälligkeit“ liege ein Dauertatbestand vor. Das bedeutet nicht, dass ein einheitliches Grundleiden zwingende Voraussetzung für die Annahme eines solchen Tatbestands wäre. Ebenso wenig besteht ein Widerspruch zur Senatsentscheidung vom 9. September 1992 (- 2 AZR 190/92 - dort zu II 4 der Gründe). Zwar war dort die außerordentliche Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage einer bis dahin letzten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erklärt worden und wurde die Frist des § 626 Abs. 2 BGB mit dieser Begründung als gewahrt angesehen. Ob davon nicht zudem aufgrund des Vorliegens eines Dauertatbestands hätte ausgegangen werden können, wurde aber nicht erörtert. Die Entscheidung handelt dementsprechend von einer hinreichenden, nicht von einer notwendigen Bedingung.
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d) Da der Arbeitnehmer in den Fällen häufiger Kurzerkrankungen typischerweise über einen längeren Zeitraum hinweg teilweise gesund, teilweise arbeitsunfähig erkrankt ist, kommt es für die Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung - zufällig - arbeitsunfähig war. Maßgebend ist vielmehr allein, ob der Kündigungsgrund, dh. die auf der fortbestehenden Krankheitsanfälligkeit beruhende negative Prognose sowie die sich daraus ergebende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung fortbestanden hat. Eine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit steht dem nicht zwangsläufig entgegen. Der Dauertatbestand endet erst, wenn der Kündigungsgrund als solcher entfällt.
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e) Liegt ein Dauertatbestand vor, beginnt die Ausschlussfrist nicht einmalig, sobald der Arbeitgeber - erstmals - Kenntnis von der für den Kündigungsentschluss relevanten negativen Prognose und den daraus resultierenden erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen hat. Die Frist beginnt vielmehr fortlaufend neu.
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aa) Zu den für den Kündigungsentschluss maßgebenden Tatsachen, auf deren Kenntnis § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB für den Fristbeginn abstellt, gehören nicht nur die krankheitsbedingten Fehlzeiten und die aus ihnen folgenden erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen, sondern auch deren - zunehmende - Dauer(KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 327; aA APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 138; KDZ/Däubler 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 215). Andernfalls würde der Arbeitgeber zur möglichst frühzeitigen Erklärung der Kündigung angehalten. Dies liefe den Interessen des Arbeitnehmers zuwider. Es würde den Bestandsschutz des ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers schmälern und nicht - wie durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung bezweckt - verbessern (vgl. BAG 21. März 1996 - 2 AZR 455/95 - zu II 1 b bb der Gründe).
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bb) Sinn und Zweck von § 626 Abs. 2 BGB stehen dem nicht entgegen. Die Vorschrift ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand. Ihr Ziel ist es, dem Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 23). In Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten besteht ein solches Interesse an schneller Klärung nicht. Im Gegenteil dient es den Belangen des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber die weitere Entwicklung beobachtet und mit einer möglichen Kündigung noch zuwartet, um die Chance einer Prognoseänderung offen zu halten (vgl. KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 327). Der Arbeitnehmer hat in einer solchen Situation keinen berechtigten Anlass zu der Annahme, der Arbeitgeber werde aus der andauernden negativen Prognose und den fortbestehenden betrieblichen Beeinträchtigungen auch künftig keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen herleiten.
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cc) Im Streitfall gilt nicht deshalb etwas anderes, weil die Beklagte der Klägerin am 9. Dezember 2011 mitgeteilt hat, sie „habe nunmehr abschließend entschieden“, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Die Erklärung ändert nichts daran, dass sich auch dann der Kündigungsgrund, sollte er bestehen, fortlaufend neu verwirklicht. Im Übrigen gibt das Schreiben inhaltlich keinen Anlass zu der Annahme, die Beklagte werde nach Ablauf weiterer zwei Wochen aus den krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr ziehen. Aus dem gleichzeitig unterbreiteten und bis zum 6. Januar 2012 aufrecht erhaltenen Auflösungsangebot konnte die Klägerin ersehen, dass die Beklagte vor diesem Zeitpunkt eine Kündigung nicht erklären würde. Dem Hinweis darauf, der Vorsitzende des Personalrats sei vorab informiert worden, ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte das förmliche Mitbestimmungsverfahren bereits eingeleitet hätte. Da die Beklagte den Personalrat bereits am 16. Januar 2012 um Zustimmung zur nunmehr beabsichtigten Kündigung ersucht hat, durfte die Klägerin auch nach dem Ablauf der Frist zur Annahme des Angebots am 6. Januar nicht darauf vertrauen, die Beklagte werde von einer Kündigung Abstand nehmen.
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f) Ob im Streitfall der Kündigungsgrund - eine berechtigte negative Prognose - noch bis zwei Wochen vor Zugang der Kündigung vorgelegen hat, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat dazu - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
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2. Die Revision ist gleichwohl zurückzuweisen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Kündigung ist unwirksam, da es selbst auf der Grundlage des als wahr unterstellten Vortrags der Beklagten an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.
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a) Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kann ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB sein. Grundsätzlich ist dem Arbeitgeber aber die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten, und schon an eine ordentliche Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine außerordentliche Kündigung kommt daher nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa wenn die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen ausgeschlossen ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 14; 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - zu II 3 der Gründe, BAGE 96, 65).
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b) Die Wirksamkeit einer auf häufige Kurzerkrankungen gestützten ordentlichen Kündigung setzt zunächst eine negative Gesundheitsprognose voraus. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung sprechen - erste Stufe. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer solchen Beeinträchtigung führen - zweite Stufe. Ist dies der Fall, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen - dritte Stufe (BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11, BAGE 135, 361; 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - Rn. 18).
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c) Bei einer außerordentlichen Kündigung ist dieser Prüfungsmaßstab auf allen drei Stufen erheblich strenger. Er muss den hohen Anforderungen Rechnung tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind (BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 b der Gründe). Die prognostizierten Fehlzeiten und die sich aus ihnen ergebende Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen müssen deutlich über das Maß hinausgehen, welches eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen vermöchte. Es bedarf eines gravierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Ein solches ist gegeben, wenn zu erwarten steht, dass der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - ggf. über Jahre hinweg - erhebliche Entgeltzahlungen zu erbringen hätte, ohne dass dem eine nennenswerte Arbeitsleistung gegenüberstände (vgl. BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 27; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 c cc der Gründe). Auch können Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Fehlzeiten im Einzelfall dazu führen, dass ein Einsatz des Arbeitnehmers nicht mehr sinnvoll und verlässlich geplant werden kann und dieser damit zur Förderung des Betriebszwecks faktisch nicht mehr beiträgt (vgl. BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 c bb der Gründe). Die Aufrechterhaltung eines solchermaßen „sinnentleerten“ Arbeitsverhältnisses kann dem Arbeitgeber auch im Falle eines ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmers unzumutbar sein (vgl. BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 242/05 - Rn. 27; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 4 c cc der Gründe).
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d) Danach ist der Beklagten auch auf der Basis ihres eigenen Vorbringens die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar.
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aa) Die Beklagte hat vorgetragen, aufgrund der - im Einzelnen bezeichneten - erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten in den vergangenen mehr als zehn Jahren sei auch in Zukunft damit zu rechnen, dass die Klägerin in erheblichem Maße krankheitsbedingt fehlen werde. Die den Fehlzeiten in der Vergangenheit zugrunde liegenden Erkrankungen seien nicht ausgeheilt. Jedenfalls bestehe eine „generelle Anfälligkeit“ der Klägerin für bestimmte Erkrankungen. In den Jahren von 2006 bis 2011 habe sie - die Beklagte - insgesamt mehr als 34.000,00 Euro an Entgeltfortzahlung geleistet. Die Fehlzeiten der Klägerin hätten überdies zu Betriebsablaufstörungen geführt. Aufgrund der Ungewissheit, ob und wie lange die Klägerin krankheitsbedingt ausfallen würde, habe sie keine Vertretungskräfte einstellen können. Die Vertretung habe von den übrigen Kollegen übernommen werden müssen. Diese seien dadurch einer auf Dauer nicht zu bewältigenden Arbeitsbelastung ausgesetzt gewesen. Das habe zu einer Verzögerung der Grabpflegearbeiten und in der Folge zu Kundenbeschwerden geführt.
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bb) Die dargelegten Umstände genügen den Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht.
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(1) Der von der Beklagten vorgetragene Verlauf der krankheitsbedingten Fehlzeiten rechtfertigt nicht die Prognose, die Klägerin werde künftig im gleichen Maße fehlen wie in den vergangenen mehr als zehn Jahren. In dem - als Grundlage für eine Prognose geeigneten - Zeitraum von drei Jahren vor Zugang der Kündigung sind deren Ausfallzeiten deutlich zurückgegangen (zur Relevanz steigender, gleichbleibender oder fallender Fehlzeiten vgl. BAG 6. September 1989 - 2 AZR 19/89 - zu B II 2 a der Gründe). Sie betrugen 19, 67 und 55 Arbeitstage. Dies entspricht bei einer Vier-Tage-Woche einer durchschnittlichen jährlichen Fehlzeit von 11,75 Wochen. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausfallzeiten künftig wieder ansteigen könnten, hat die Beklagte nicht dargelegt. Tatsächlich war die Klägerin nach dem 19. Dezember 2011 bis zum Zugang der Kündigung am 28. März 2012 nicht mehr arbeitsunfähig krank. Die fallende Tendenz der krankheitsbedingten Fehlzeiten wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin nach Zugang der Kündigung noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durchgehend arbeitsfähig war. Dies ist zwar nicht entscheidend. Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung kommt es auf den Zeitpunkt ihres Zugangs an. Es ist aber - insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt - nicht unzulässig, die spätere Entwicklung in den Blick zu nehmen, soweit sie - wie hier - die Prognose bestätigt (BAG 13. Mai 2004 - 2 AZR 36/04 - zu III der Gründe; vgl. für den Fall der betriebsbedingten Kündigung BAG 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 109, 40).
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(2) Die künftig zu erwartenden Fehlzeiten der Klägerin führen auch dann nicht zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung der Beklagten, wenn diese für sämtliche Krankheitszeiten das Entgelt fortzahlen müsste. Der Jahreslohnsumme auf Seiten der Beklagten steht nach wie vor eine nennenswerte Arbeitsleistung auf Seiten der Klägerin gegenüber. Das gilt nicht nur mit Blick auf mögliche Fehlzeiten von 11,75 Wochen pro Jahr. Das Arbeitsverhältnis wäre auch dann noch nicht „sinnentleert“, wenn künftig Fehlzeiten in dem von der Beklagten prognostizierten Umfang von jährlich 18,81 Wochen einträten. Auch in diesem Fall wäre die Klägerin noch zu fast zwei Dritteln ihrer Jahresarbeitszeit arbeitsfähig. Der Vortrag der Beklagten lässt zudem nicht erkennen, dass die prognostizierten Fehlzeiten zu nicht mehr hinnehmbaren Betriebsablaufstörungen führen werden. Die Klägerin kann den weitaus größeren Teil des Jahres sinnvoll eingesetzt werden. Der Umstand, dass die möglichen Ausfallzeiten zu Vertretungsbedarf und ggf. zu Verzögerungen im Betriebsablauf führen, ist nicht außergewöhnlich. Dies liegt in der Natur der Sache und macht als solches der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar.
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(3) Im Übrigen müsste auch eine Interessenabwägung zugunsten der Klägerin ausfallen. Zwar wäre auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigen, dass diese über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten der Klägerin hingenommen hat, ohne eine Kündigung in Erwägung zu ziehen. Sie hat zudem durch zahlreiche Krankengespräche und die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes versucht, zu einer Reduzierung der krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin beizutragen. Gleichwohl überwiegen die Belange der Klägerin. Ihrer Betriebszugehörigkeit von mehr als drei Jahrzehnten, ihrem Alter von seinerzeit 52 Jahren und den mit beidem verbundenen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt käme erhebliches Gewicht zu. Wenn ferner berücksichtigt würde, dass die Fehlzeiten der Klägerin in den letzten drei Jahren vor Zugang der Kündigung deutlich zurückgegangen sind, vermöchten die Belange der Beklagten das Interesse der Klägerin am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht zu überwiegen.
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3. Ob die Kündigung nicht nur mangels wichtigen Grundes, sondern auch aufgrund von Mängeln in der Beteiligung des Personalrats unwirksam ist, bedarf keiner Entscheidung.
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II. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist als Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur Erledigung des Rechtsstreits zu verstehen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.
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III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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Kreft
Rachor
Kreft
Beckerle
B. Schipp
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.