Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 21. Nov. 2013 - I-10 U 49/13
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.02.2013 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das am 06.02.2013 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 125 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
G r ü n d e :
21.Die Parteien streiten um den Zeitpunkt der Beendigung – und damit auch um die Form(un)wirksamkeit – eines Mietvertrages von 2005 über ein Gewerbeobjekt im O. 150 in K. Der Mietvertrag samt Nachtrag 1 wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten 2005 mit der Klägerin geschlossen, wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie Bl. 4 ff GA verwiesen. Am 16.05.2012 kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 12.05.2013, die Klägerin widersprach und übte (erneut) ihr vertraglich eingeräumtes Optionsrecht aus. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatbestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
3Das Landgericht hat der Klage auf
4Feststellung, dass der Mietvertrag der Parteien vom 14./17.01.2005 über die im O. 150 in K. gemieteten Räumlichkeiten von ca. 390 qm Verkaufsfläche sowie 58 qm Nebenfläche fortbestehe und frühestens am 12.05. 2016 ende,
5stattgegeben. Das Mietverhältnis der Parteien sei nicht durch die Kündigung vom 16.05.2012 zum 12.05.2013 beendet, sondern durch die Optionsausübung seitens der Klägerin vom 21.05.2012 bis zum 12.05.2016 verlängert worden. Der Mietvertrag der Parteien sei nicht formunwirksam (und damit nicht ordentlich kündbar).
6Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Berufungsbegründung greift die Auslegung der Optionsklausel durch das Landgericht an und wiederholt, dass der Mietvertrag der Parteien aufgrund Formmangels ordentlich kündbar gewesen sei: weder der eigentliche Mietvertrag noch der Nachtrag 1 ließen eindeutig die Identität des (früheren) Vermieters erkennen und es bleibe unklar, in wessen Namen der Unterzeichner „O. K. als Vermieter“ unterzeichnet gehabt habe.
7Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
82.Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
9Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass das Mietverhältnis der Parteien nicht durch das (Kündigungs-) Schreiben der Beklagten vom 16.05.2012 beendet worden ist, sondern aufgrund der Optionsausübung der Klägerin vom 21.5.2012 bis zum 12.05.2016 verlängert worden ist, denn der Mietvertrag der Parteien wahrt - entgegen der Berufungsbegründung - die Schriftform des § 550 Satz 1 BGB und die Beklagte war deshalb nicht nach § 550 S.2, §§ 578, 566 BGB berechtigt, den Mietvertrag vom 14./17.01.2005 wegen Schriftformmangels ordentlich zu kündigen.
10Die Regelung des § 550 ZPO dient in erster Linie dem Schutz des Immobilienerwerbers, der in die Lage versetzt werden soll, sich anhand des schriftlichen Mietvertrages über den Umfang und den Inhalt eines nach § 566 BGB auf ihn übergehenden Mietverhältnisses zu unterrichten; darüber hinaus hat die Bestimmung aber auch Klarstel-lungs-, Beweis- und Warnfunktionen im Verhältnis der Mietparteien untereinander und soll insbesondere auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden sicherstellen (BGH seit BGHZ 136, 357 = NJW 1998, 58, 61; Senat NZM 2007, 643). Daher gehören zu den in die Vertragsurkunde aufzunehmenden Vereinbarungen nicht nur alle Essentialia wie Parteien des Mietvertrages, Mietgegenstand, Miethöhe und Dauer des Vertrages, sondern auch alle weiteren Abreden, die nach dem Willen der Vertragsparteien von wesentlicher Bedeutung sind (BGH NJW 2007, 3202). Mit dem Landgericht und entgegen der Berufungsbegründung genügt der Vertrag vom 14./17.01.2005 diesen Anforderungen. Insbesondere sieht der Senat die Schriftform in Bezug auf die Bezeichnung der Vermieterin als „Grundstücksgemeinschaft N.– K.“ im Eingang des Mietvertrags als erfüllt an, weil auch formbedürftige Vertragsklauseln der Auslegung durch Rückgriff auf ggf. außerhalb der Urkunde liegende Umstände zugänglich und deshalb formwirksam sind, wenn der Inhalt der Urkunde auf diese Weise zumindest eindeutig bestimmbar ist. So liegt der Fall hier. Der Mietvertrag vom Januar 2005 weist als Vermieter(in) die „Grundstücksgemeinschaft N.-K.“ aus. Aus § 1 des MV ergibt sich, dass dieser Vermieter der Eigentümer des Grundstücks K., O. 150 ist, in dem die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vermieteten Räume belegen sind. Damit muss es sich bei der „Grundstücksgemeinschaft“ um die Gesellschaft bzw. die Personen handeln, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als Eigentümer(in) im Grundbuch eingetragen war(en), und damit waren der oder die Vermieter(in) eindeutig bestimmbar. Ein potenzieller Erwerber des Grundstücks konnte den Vermieter bei Veräußerung ohne weiteres ermitteln und so Klarheit darüber gewinnen, wer Vertragspartner des Mietvertrages ist und ob er (Erwerber) in einen unbefristeten oder befristeten Mietvertrag eintritt.
11Ein Schriftformmangel liegt nach Auffassung des Senats weiterhin auch nicht deshalb vor, weil der Mietvertrag von Jan. 2005 auf Vermieterseite lediglich durch O. K. und ohne Vertreterzusatz unterzeichnet worden ist. Ist im Falle der Personenmehrheit auf einer Seite der Vertrag nicht von allen Vermietern oder Mietern unterzeichnet, muss zu der/den vorhandenen Unterschrift/en deutlich zum Ausdruck gebracht werden, ob die Unterschrift auch in Vertretung von selbst nicht unterzeichnenden Vertragsparteien geleistet wurde, damit hinreichend bestimmbar wird, ob der Vertrag zugleich für die Personenmehrheit unterzeichnet wurde oder ob es noch weiterer Unterschriften bedarf (BGHZ 125, 175, 178 ff. = NJW 1994, 1649, 1650 f.). Ist die Tatsache der Vertretung (allein) durch die unterzeichnende Person allerdings aufgrund anderer – auch außervertraglicher - Umstände wiederum hinreichend bestimmbar, ist ein besonderer Vertretungszusatz nicht erforderlich (BGH NJW 2013, 1082). Wenn der Vermieter (oder auch der Mieter) bei Abschluss des Vertrages vertreten wurde, genügt es deshalb nach Auffassung des Senats, dass für den durch § 550 BGB vorrangig geschützten Erwerber die Tatsache der Vertretung aus der Vertragsurkunde ersichtlich wird; bei Unklarheiten wäre es dann zumutbar, sich ggf. bei den Vertragsparteien zu erkundigen. Wenn es indes hier im Eingang des Mietvertrages heißt, dass der Mietvertrag auf Vermieterseite von der „Grundstücksgemeinschaft N.– K. vertreten durch Herrn O. K. ...“ geschlossen ist, schließt schon diese Formulierung jeden Zweifel daran aus, dass bei Vertragsschluss Herr O. K. als Vertreter der Vermieterseite aufgetreten ist (ob er dazu auch berechtigt war, ist keine Frage der Formwirksamkeit gem. § 550 BGB). Eines weiteren Vertretungszusatzes bei der Unterschrift des O. K. am Ende der Seite(n) bedurfte es zur Wahrung der Schriftform des Vertrages daher nicht mehr. Im Übrigen wäre ein etwaiger Formmangel durch die nach Auffassung des Senats formgerechte Nachtragsvereinbarung vom 30.05.2006, die einen ausdrücklichen Vertreterzusatz auch bei der Unterschrift von Vermieterseite enthält, geheilt worden.
12Aus alledem folgt, dass die von der Beklagten am 16.05.2012 von der Beklagten ausgesprochene „Kündigung“ durch die nachfolgende Optionsausübung seitens der Klägerin wirkungslos geworden ist, denn „wenn der Vermieter die Verlängerung nicht will und deshalb kündigt, kommt das Optionsrecht [des Mieters] zur Geltung“ (BGH NJW-RR 2006, 337). Die Optionsklausel des hier in Rede stehenden Mietvertrages entspricht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO) und des Senats. Das Berufungsvorbringen enthält keine Gesichtspunkte, die eine hiervon abweichende Beurteilung rechtfertigten.
13Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Zf. 10, § 711 ZPO.
14Streitwert: bis 65 000 €
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Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden.
(2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 555a Absatz 1 bis 3, §§ 555b, 555c Absatz 1 bis 4, § 555d Absatz 1 bis 6, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 556c Absatz 1 und 2 sowie die auf Grund des § 556c Absatz 3 erlassene Rechtsverordnung sind entsprechend anzuwenden, abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend.
(3) Auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschriften sowie die §§ 557, 557a Absatz 1 bis 3 und 5, § 557b Absatz 1 bis 3 und 5, die §§ 558 bis 559d, 561, 568 Absatz 1, § 569 Absatz 3 bis 5, die §§ 573 bis 573d, 575, 575a Absatz 1, 3 und 4, die §§ 577 und 577a entsprechend anzuwenden. Solche Verträge können zusätzlich zu den in § 575 Absatz 1 Satz 1 genannten Gründen auch dann auf bestimmte Zeit geschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für ihm obliegende oder ihm übertragene öffentliche Aufgaben nutzen will.
(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.
(1) Mit der Revisionsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden, soweit dies nicht bereits nach § 544 Absatz 3 Satz 2 geschehen ist.
(2) Die Revisionsschrift ist der Gegenpartei zuzustellen.
(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.
(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.
(1) Behörden (§ 6 Abs. 1 der Abgabenordnung) und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind verpflichtet, Mitteilungen an die Finanzbehörden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften ohne Ersuchen zu übersenden. Dies gilt nicht, wenn die Finanzbehörden bereits auf Grund anderer Vorschriften über diese Tatbestände Mitteilungen erhalten. Eine Verpflichtung zur Mitteilung besteht auch dann nicht, wenn die Gefahr besteht, daß das Bekanntwerden des Inhalts der Mitteilung dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Ist eine mitteilungspflichtige Behörde einer obersten Dienstbehörde nachgeordnet, muß die oberste Behörde dem Unterlassen der Mitteilung zustimmen; die Zustimmung kann für bestimmte Fallgruppen allgemein erteilt werden.
(2) Auf Grund dieser Verordnung sind personenbezogene Daten, die dem Sozialgeheimnis unterliegen (§ 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch), und nach Landesrecht zu erbringende Sozialleistungen nicht mitzuteilen.
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.