Oberlandesgericht Bamberg Hinweisbeschluss, 30. Juni 2016 - 4 U 103/16

bei uns veröffentlicht am30.06.2016
vorgehend
Landgericht Würzburg, 11 O 746/15 Hei, 10.05.2016

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 10.05.2016, Az. 11 O 746/15 Hei, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

2. Es ist beabsichtigt, den Wert des Berufungsverfahrens auf 30.000,00 € festzusetzen.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5.8.2016.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin nach einer ärztlichen Behandlung.

Die am … geborene Klägerin, Beschäftigte des X., litt an einem Akustikusneurinom (Kleinhirnbrückenwinkeltumor) in der rechten Gesichtshälfte. Nachdem sie sich bereits an der X. über Behandlungsmöglichkeiten informiert hatte, entschloss sie sich zu einer operativen Entfernung des Tumors bei der Beklagten zu 1). Am 4.11.2011 fand dort ein erstes Aufklärungsgespräch dort statt.

Am 1.3.2012 erfolgte die stationäre Aufnahme bei der Beklagten zu 1). Die Klägerin wurde über die Operationsrisiken aufgeklärt, auch über die Gefahr einer Schädigung des Gesichtsnervs. Am 2.3.2012 wurde der Tumor operativ durch den Beklagten zu 2) entfernt. Die Operation wurde im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung in ein Auditorium junger Ärzte live übertragen.

Bei der Operation kam es zu einer Beeinträchtigung des Gesichtsnervs mit bis heute andauernden Lähmungserscheinungen in der rechten Gesichtshälfte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das sachverständig beratene Landgericht hat die auf Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Ein Behandlungsfehler sei nicht nachgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestehe mangels Erkennbarkeit der Klägerin auf dem übertragenen Bild nicht. Die Kursteilnehmer im Auditorium hätten nur den Operationsbereich auf dem Bild gesehen. Die Klägerin könne ihren Schmerzensgeldanspruch auch nicht auf eine fehlende Einwilligung stützen. Aufgrund der Angaben des Beklagten zu 2) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung sei die Kammer davon überzeugt, dass dieser die Klägerin über die Übertragung informiert habe und eine wirksame Einwilligung vorliege.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter. Sie führt aus, sie habe einer Übertragung zu keinem Zeitpunkt zugestimmt. Die vom BGH der Behandlerseite zugebilligten Beweiserleichterungen fänden im vorliegenden Fall keine Anwendung. Die Beklagten hätten selbst nicht vortragen, dass die Klägerin der Übertragung zugestimmt habe. Im Übrigen sei die Darstellung des Beklagten zu 2) nicht in sich schlüssig. Eine - unterstellte - Information erst am Vorabend stelle ein rein taktisches und überrumpelndes Vorgehen dar. Die Klägerin behauptet darüber hinaus, die dauerhafte Schädigung des Gesichtsnervs wäre bei einer Operation ohne Übertragung in ein Auditorium und ohne den hieraus resultierenden Zeitdruck vermeidbar gewesen. Es liege auch ein Behandlungsfehler vor.

Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Berufung.

II.

Die gemäß § 511 ff ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Endurteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb erneute Feststellungen durch das Berufungsgericht gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen nur dann vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle erneuter Tatsachenfeststellungen die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGHZ 158, 269 ff. = NJW 2004, 1876 ff.; BGHZ 162, 313 ff. = NJW 2005, 1583 ff.; BGH NJW 2003, 3480 ff.).

Diese Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen liegen hier nicht vor. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Feststellungen des Landgerichts zu erschüttern. Auch die vom Landgericht in rechtlicher Hinsicht gezogenen Schlüsse sind nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird in vollem Umfang auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Lediglich ergänzend ist Folgendes auszuführen:

1. Ein Behandlungsfehler des Beklagten zu 2) ist nicht im Ansatz erkennbar. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 18.10.2016, dessen Inhalt von der Klägerin nicht angegriffen wird, keine Anhaltspunkte für einen operationstechnischen Fehler gefunden. Er hat anschaulich geschildert, mit welchen anatomisch-physiologischen Schwierigkeiten die Tumorentfernung beim Akustikusneurinom aufgrund der Lage des Tumors einhergeht. Eine komplette Tumorentfernung sei ohne mechanische Belastung der anliegenden Nerven nicht zu erzielen. Das Risiko einer dauerhaften Lähmung des Gesichtsnervs liege je nach Studie zwischen 2,5% und 8%, nach den Aufzeichnungen der Beklagten zu 1) bei 4% (S. 6 des Gutachtens, Bl. 59 d.A.). Bei der Klägerin hat sich daher ein der Operation immanentes Risiko verwirklicht.

Soweit die Klägerin beanstandet, dass die eingetretene Schädigung nicht mit einem unauffälligen Monitoring vereinbar sei, lässt dies nicht den Schluss auf einen Behandlungsfehler zu. Der Sachverständige hat ausgeführt, ein ausbleibendes Warnsignal sei keine Garantie für eine ungestörte postoperative Funktion (S. 8 des Gutachtens, Bl. 61 d.A.).

2. Ein Behandlungsfehler kann auch nicht aus der vorgenommenen Videoübertragung abgeleitet werden. Der Vortrag der Klägerin, hierdurch sei Zeitdruck entstanden und ohne diesen Zeitdruck wäre eine Nervschädigung, etwa durch Einlegung einer Operationspause, vermeidbar gewesen, ist eine bloße Behauptung, die von der Klägerin selbst nicht begründet wird und für deren Richtigkeit sich weder aus der vorhandenen Dokumentation noch aus den Feststellungen des Sachverständigen Anhaltspunkte entnehmen lassen.

3. Die Klägerin kann Schmerzensgeld ebensowenig mit der Begründung beanspruchen, die Durchführung der Operation sei mangels wirksamer Einwilligung rechtswidrig gewesen.

Richtig ist, dass der ärztliche Heileingriff als Körperverletzung zu werten ist, die nur dann nicht rechtswidrig ist, wenn sie durch eine wirksame Einwilligung gedeckt ist. Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung ist die ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten über die Risiken des Eingriffs (sog. Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung). Die Aufklärung muss alle Umstände umfassen, die für den Patienten medizinisch bedeutsam sind. Er muss „im Großen und Ganzen“ wissen, worin er einwilligt, also eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken haben (Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 630e, Rn. 2).

Die Aufklärung über eine Videoübertragung des Heileingriffs ist jedoch kein Fall der Selbstbestimmungsaufklärung. Denn sie betrifft nicht die Operation als solche und die mit ihr verbundenen Risiken. Das Fehlen einer Einwilligung in eine Übertragung berührt daher in keinem Fall die Rechtmäßigkeit des ärztlichen Heileingriffs.

Ein Schmerzensgeldanspruch aufgrund der Durchführung eines rechtswidrigen Heileingriffs gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB besteht folglich nicht. 4.

Die Klägerin kann ihre Schmerzensgeldforderung auch nicht auf eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts stützen, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Denn es fehlt nach dem festgestellten Sachverhalt an einer rechtswidrigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

a) Aufgrund des zwischen Arzt und Patient bestehenden Vertrauensverhältnisses kann im Einzelfall eine Pflicht gegenüber dem Patienten bestehen, diesen über außerhalb des eigentlichen Behandlungsvorgangs liegende Maßnahmen, die seine Privat- oder Intimssphäre betreffen, zu informieren, § 241 Abs. 2 BGB. Dies gilt insbesondere für den Fall einer Operation unter Vollnarkose. Hier ist der Patient nicht selbst in der Lage, seinen Interessen Geltung zu verschaffen. Er legt daher nicht nur sein auf einen Behandlungserfolg gerichtetes Integritätsinteresse, sondern auch die Wahrung seines Selbstbestimmungsrechts in die Hände des Behandlers. Will der Behandler etwa während der Narkose Fotos vom Patienten anfertigen, wird im Regelfall eine Einwilligung des Patienten einzuholen sein.

Ob die Übertragung des bei der Klägerin vorgenommenen Heileingriffs in einen Schulungsraum, in dem sich andere Ärzte befanden, unter diese Informationspflicht fällt, ist allerdings zweifelhaft. Zwar diente der Körper der Klägerin anderen Ärzten als Anschauungsobjekt. Zudem geht die Übertragung mit einer Aufzeichnung des Geschehens einher, so dass sich die Maßnahme auch von dem Fall unterscheidet, dass über das Operationsteam hinaus weitere Personen im Operationssaal die Operation zu Ausbildungszwecken mitverfolgen. Nach den vorgelegten Lichtbildaufnahmen war die Klägerin selbst jedoch nicht erkennbar. Auf dem Bildschirm war lediglich das neben dem Ohr befindliche Operationsgebiet zu sehen. Der Rest des Körpers einschließlich des Gesichts war abgedeckt.

Die Beantwortung der Frage einer sich aus dem Behandlungsvertrag ergebenden Informationspflicht kann im vorliegenden Fall jedoch dahin stehen. Denn auf die bloße Verletzung einer vertraglichen Informationspflicht kann ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nicht gestützt werden. Erforderlich ist vielmehr eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, das über § 823 Abs. 1 BGB als „sonstiges Recht“ den Schutz der absoluten Rechte genießt (vgl. statt vieler Palandt - Sprau, BGB, 75. Aufl., § 823, Rn. 83 ff.).

b) Nach der Rechtsprechung des BGH besteht bei einer schuldhaften Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (BGH NJW 2014, 2029, 2033). Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur auf Grund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (BGH a.a.O.).

Im vorliegenden Fall liegt ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht vor.

aa) Das über §§ 22, 23 KunstUrhG spezialgesetzlich geschützte Recht der Klägerin am eigenen Bild ist nicht tangiert. Demnach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Betroffenen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden, § 22 S. 1 KunstUrhG. Zwar kann über §§ 22, 23 KunstUrhG hinaus auch das unbefugte Anfertigen eines Bildes einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen (BGH NJW 1995, 1955, 1957 - Videoüberwachung). Bildnis in diesem Sinn ist jedoch nur die erkennbare Wiedergabe des Erscheinungsbildes einer Person (Fricke in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 22 KunstUrhG, Rn. 5). Nachdem im Auditorium nur der unmittelbare Operationsbereich auf dem Bildschirm zu sehen, die Klägerin selbst jedoch nicht zu erkennen war, wurde weder ein Bildnis der Klägerin angefertigt, noch zur Schau gestellt.

bb) Allerdings ist der Schutzbereich des Rechts der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung betroffen.

Bereits aufgrund der objektiven Umstände der beanstandeten Maßnahme fehlt es jedoch an einem erheblichen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin (1). Hinzu kommt, dass sie über den Eingriff vorab informiert worden ist, so dass es auch deshalb an der Rechtswidrigkeit fehlt (2).

(1) Nach dem durch das Erstgericht festgestellten Sachverhalt war auf dem im Auditorium sichtbaren Bildschirm nur das reine Operationsgeschehen zu sehen, also die Entfernung eines Tumors im Kleinhirnbrückenwinkel (Übergang vom Hirnstamm zum Innenohr) der Klägerin. Der Körper der Klägerin war bis auf den Zugang zum Tumor komplett abgedeckt. Die Teilnehmer der Fortbildungsveranstaltung konnten über die vom Operateur zur Durchführung der Operation in den Körper der Klägerin eingebrachte Kamera die Entfernung des Tumors verfolgen.

Bei der Entfernung eines Akustikusneurinoms handelt es sich - wie vom Erstgericht festgestellt - um eine deutschlandweit nur von wenigen Spezialisten durchgeführte, aufgrund der Beteiligung wichtiger Nervenbahnen anspruchsvolle Operation. Die Übertragung einer derartigen Operation im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung liegt im allgemeinen Interesse. Sie verschafft den Teilnehmern der Veranstaltung weitere Erkenntnisse über die Vornahme einer derartigen Operation und kommt einer Vielzahl künftiger Patienten zu Gute. Dabei ist nicht entscheidend, ob es sich um eine Übertragung für Medizinstudenten handelt oder für junge Ärzte, die gegen Entgelt an einem von der Beklagten durchgeführten Lehrgang teilnehmen. In beiden Fällen steht die Fortbildung von (angehenden oder bereits ausgebildeten) Ärzten im Vordergrund, die unabdingbar ist, um die Verbreitung der Operationsmethode im Interesse anderer Patienten zu ermöglichen.

Hinter diesem Interesse müssen die Persönlichkeitsrechte der Klägerin zurücktreten. Denn durch die Fokussierung auf das Operationsgeschehen ist die Betroffenheit der Klägerin als Person minimal. Vielmehr ist der Körper bis auf den Operationszugang komplett abgedeckt. Das äußere Erscheinungsbild der Klägerin ist für die Teilnehmer der Veranstaltung somit nicht sichtbar. Rückschlüsse auf ihre Person sind ausgeschlossen.

Auch für die Durchführung der Operation selbst ergeben sich keine Nachteile für die Klägerin. Das Argument, der Beklagte zu 2) habe unter Zeitdruck gestanden, findet in den Feststellungen des Sachverständigen keine Stütze. Plausibler erscheint hier die gegenteilige Annahme, dass dem Operateur bei einer Übertragung für ein Fachpublikum in besonderem Maß an einem Erfolg der Operation gelegen ist.

Im Ergebnis fehlt es nach Abwägung sämtlicher Umstände bereits an einem erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

(2) Überdies wäre ein etwaiger Eingriff auch aufgrund der konkludenten Einwilligung der Klägerin in die Übertragung nicht rechtswidrig. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts ist die Klägerin über die geplante Videoübertragung informiert worden, ohne ihr zu widersprechen. Die gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Berufung bleiben erfolglos.

(a) Die Beweiswürdigung durch das Gericht bestimmt sich im Zivilprozess nach § 286 ZPO. Danach ist der Richter dazu aufgefordert, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Der Vorgang der Überzeugungsbildung ist nicht von objektiven Kriterien abhängig, sondern beruht auf Erfahrungswissen und Judiz des erkennenden Richters (vgl. BGH NJW 2008, 2845 m.w.N.; vgl. auch zum Ganzen Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl., § 286 Rn. 13 ff.). Nach § 286 Abs. 1 ZPO bezieht sich die Beweiswürdigung auf den gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung und des Vortrages der Parteien. Die ausdrücklich in § 286 Abs. 1 ZPO vorgesehene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung gibt dem Richter die Möglichkeit, unabhängig von Partei- und Zeugenstellung die Aussagen gegeneinander abzuwägen und zu bewerten (vgl. BVerfG NJW 2001, 2531; BGH NJW-RR 2006, 61; BGH NJW 2003, 3636). Insoweit ist das Gericht berechtigt, einer Parteierklärung über streitige Tatsachen, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, Glauben zu schenken; es kann ihr sogar den Vorzug vor Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozessgegners geben (BGH, Urt. v. 16.07.1998, I ZR 32/96, Rz. 21, zitiert nach juris; Beschluss vom 24.06.2003, VI ZR 327/02, Rz. 9). Soweit der Tatrichter seine Entscheidung zulässigerweise auf bestrittene Behauptungen stützt, müssen die Entscheidungsgründe allerdings erkennen lassen, dass keine wesentlichen Umstände übersehen sind und dass eine sachentsprechende Würdigung stattgefunden hat (BGH, Urt. v. 20. 10. 1959, VIII ZR 44/59).

(b) Legt man diese Maßstäbe zu Grunde, so ist die Feststellung des Erstgerichts, der Beklagte zu 2) habe die Klägerin über die beabsichtigte Übertragung informiert, fehlerfrei getroffen. Aus dem Umstand, dass ein Hinweis auf die beabsichtigte Übertragung nicht dokumentiert worden ist, kann für die Beklagtenseite kein nachteiliger Schluss gezogen werden. Die Aufklärung ist in fachlicher Hinsicht für die weitere Behandlung nicht von Bedeutung. Es handelt sich daher nicht um einen dokumentationspflichtigen Umstand (vgl. § 630f Abs. 2 BGB). Entscheidend sind daher die Angaben der Beteiligten.

Der Beklagte zu 2) hat nachvollziehbar geschildert, dass er seine Patienten immer am Vorabend der Operation aufsucht und dass er sie dabei auch immer über eine geplante Übertragung der Operation informiert. Ein Indiz für eine derartige Übung ist die Aussage der Klägerin, sie habe auf der Internetseite der Beklagten zu 1) selbst gelesen, dass der Beklagte zu 2) seine Patienten vor der Operation persönlich aufsuche. Zwar hat sie weiter angegeben, der Beklagte zu 2) sei bei ihr nicht erschienen. Sie konnte jedoch keine plausible Erklärung dafür liefern, warum sie nicht beim Pflegepersonal nachfragte, obwohl ihr diese Übung des Beklagten zu 2) bekannt war und es sich in ihrem Fall - wie sie ebenfalls wusste - um eine äußerst schwierige und risikobehaftete Operation handelte.

Das Erstgericht hat sich in den Urteilsgründen ausführlich mit beiden Aussagen beschäftigt, hat eine Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände vorgenommen und ist mit vertretbaren Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass ein persönliches Gespräch mit dem Beklagten zu 2) stattfand, in dem dieser die Klägerin über die geplante Übertragung informierte. Eine Information am Vorabend war ausreichend. Denn die Aufklärung betraf nicht die Risiken des Eingriffs und damit die Rechtmäßigkeit der Operation als solche. Zwar hat der Beklagte zu 2) keine Zustimmungserklärung der Klägerin geschildert. Seinen Ausführungen ist jedoch zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Klägerin stillschweigend zum Ausdruck brachte, mit der Übertragung einverstanden zu sein. Auch das Erstgericht hat seine Aussage so verstanden. Nachdem allgemein anerkannt ist, dass die Einwilligung in einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch konkludent erfolgen kann (Bamberger in BeckOK-BGB, Stand 1.5.2016, § 12, Rn. 109 m.w.N.), fehlt es daher auch aus diesem Grund an einem rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

Aufgrund der aufgeführten Umstände hat die eingelegte Berufung nach einstimmiger Auffassung des Senats keine Erfolgsaussicht.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor. Über höchstrichterlich klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfragen hat der Senat nicht zu entscheiden. Der Streitfall ist durch die ihm eigenen Besonderheiten im Tatsachenbereich geprägt.

Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass in einer solchen neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden könnten, die zu einer anderen Beurteilung führen würden.

Der Senat regt daher an, zur Vermeidung von Kosten die aussichtslose Berufung innerhalb offener Stellungnahmefrist zurückzunehmen, und weist in diesem Zusammenhang auf die in Betracht kommende Ermäßigung der Gerichtsgebühren (KV Nr. 1220, 1222) hin.

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Oberlandesgericht Bamberg Hinweisbeschluss, 30. Juni 2016 - 4 U 103/16 zitiert 13 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie - KunstUrhG | § 23


(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit er

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie - KunstUrhG | § 22


Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode d

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02

bei uns veröffentlicht am 24.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 327/02 vom 24. Juni 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 286 E a) Durch die Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist auch für das Zivilverfahren höchstric

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

1.
Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2.
Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3.
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4.
Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

1.
Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2.
Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3.
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4.
Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 327/02
vom
24. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Durch die Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist auch für
das Zivilverfahren höchstrichterlich geklärt, daß die polygraphische Untersuchung
(Lügendetektor) mittels Kontrollfragen und - jedenfalls dann, wenn der Beweisführer
zum Zeitpunkt des Tests bereits von den Ermittlungsergebnissen Kenntnis
hatte - auch mittels Tatwissenstests ein völlig ungeeignetes Beweismittel ist.

b) Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten
) ist nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Untersuchten, sondern die
Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen. Daher
muß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden, wenn der Beweisführer die
Behauptungen des Prozeßgegners nur bestreitet.
BGH, Beschluß vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02 - LG Paderborn
OLG Hamm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2003 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 26.000

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Vater, wegen vorgeworfener sexueller Mißbrauchshandlungen auf Schmerzensgeld und Feststellung einer Ersatzpflicht für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus diesen Taten in Anspruch. Sie behauptet, von dem Beklagten in der Zeit zwischen 1985 und 1997, beginnend mit ihrem 5. Lebensjahr, in einer Vielzahl von Fällen sexuell mißbraucht worden zu sein. Nach ihrem Auszug aus dem von der Familie bewohnten Einfamilienhaus erstattete sie im August 1997 Strafanzeige. In dem daraufhin durchgeführten Strafverfahren wurde der Beklagte durch Urteil vom 1. September 1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die von der Klägerin behaupteten Taten bestritten und ein physiopsychologisches Gutachten vom 8. März 1999 vorgelegt, das unter Verwendung eines Polygraphen (Lügendetektor) erstellt wurde und aus dem sich seine Unschuld ergebe. Das Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 40.000 DM zugesprochen sowie eine Einstandspflicht des Beklagten für sämtliche durch die Taten verursachten materiellen und immateriellen Schäden festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Anträgen des Beklagten auf Einholung eines Polygraphentests sowie auf Vernehmung der Dipl.-Psychologin K. zum Zweck der Erläuterung des mit seinem Einverständnis durchgeführten Polygraphentests hat es nicht entsprochen, weil aus polygraphischen Untersuchungsmethoden keine hinreichend zuverlässigen Schlüsse auf den Wahrheitsgehalt einer Antwort gezogen werden könnten.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Grund für die Zulassung der Revision aufzeigt (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 1. Der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO liegt ebensowenig vor wie der des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt.1 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die für die Lösung des Streitfalls maßgeblichen Fragen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden. Nach der Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichthofs ist die polygraphische Untersuchung mittels Kontrollfragentests und – jedenfalls im
Zeitpunkt der Hauptverhandlung - des Tatwissenstests als völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO zu bewerten (vgl. BGHSt 44, 308 und BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 - 3 StR 460/98 - NStZ-RR 2000, 35). Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, das Kontrollfragenverfahren sei ungeeignet, weil es sich nicht um eine in den maßgebenden Fachkreisen allgemein und zweifelsfrei als richtig und zuverlässig eingestufte Methode handele. Ihm komme deshalb keinerlei Beweiswert zu. Das Funktionieren des Tatwissensverfahrens setze zwingend voraus, daß vor dessen Durchführung dem Beschuldigten als Antworten vorgeschlagene Tatdetails nicht bekannt geworden seien, weil andernfalls die ausschlaggebenden Orientierungsreaktionen auch bei einem Nichttäter zu erwarten seien. Daraus folge, daß diese Untersuchungsmethode im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 Alt. 4 StPO völlig ungeeignet sei, wenn der Beschuldigte bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt habe (vgl. BGHSt 44, 308, 319 ff., 327 f.). Aufgrund dieser Entscheidungen ist auch für das Zivilverfahren für die hier vorliegende Fallkonstellation höchstrichterlich geklärt, daß es sich bei dem von dem Beklagten vorgelegten freiwilligen Lügendetektortest um ein völlig ungeeignetes Beweismittel handelt, so daß der Tatrichter einem Antrag auf Einholung eines solchen Tests oder auf Vernehmung der Person, die mit Einverständnis des Beklagten bereits einen solchen Test durchgeführt hatte, nicht nachkommen mußte, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Tests nach Abschluß des Strafverfahrens bereits von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf und den darauf bezogenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erlangt hatte. Auch im Zivilverfahren kann der Tatrichter einen Beweisantritt aus beweisrechtlichen Gründen ablehnen. Er kann sich dabei an die das Ergebnis jahrzehntelanger Rechtsprechung enthaltende Vorschrift des § 244 Abs. 3
StPO anlehnen. Danach darf er einen Beweisantrag u.a. dann ablehnen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist, wobei bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet allerdings größte Zurückhaltung geboten ist (vgl. BGHZ 53, 245, 259 f.; Senatsurteil vom 16. September 1986 – VI ZR 128/85 – VersR 1987, 70, 71; BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3720). Nachdem die Strafsenate des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage von drei wissenschaftlichen Gutachten zu der psychophysiologischen Aussagebeurteilung diese Untersuchungsmethode als völlig ungeeignet eingestuft haben, ist nicht ersichtlich, warum man im Zivilverfahren zu einem anderen Ergebnis kommen sollte. Im Zivilprozeß werden an die Eignung eines Beweismittels die gleichen Anforderungen gestellt wie im Strafprozeß. Wenn ein Beweismittel aus tatsächlichen, wissenschaftlich belegten Gründen als für die Beweisführung im Strafprozeß ungeeignet angesehen wird, gilt dies demgemäß in gleicher Weise für die Beweisführung im Zivilprozeß. Die Nichtzulassungsbeschwerde vermag auch keine neuen Erkenntnisse aufzuzeigen, die die 1998 und 1999 ergangenen Entscheidungen der Strafsenate des Bundesgerichtshofs in Frage stellen könnten. Insbesondere wurde das vom Beklagten vorgelegte wissenschaftliche Gutachten der Sachverständigen U. und K. bereits bei jenen Entscheidungen berücksichtigt, weil es für das Strafverfahren BGHSt 44, 308 erstellt worden ist, welches als grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage anzusehen ist (vgl. die im damaligen Verfahren vorgelegten Gutachten in Praxis der Rechtspsychologie, 9, Sonderheft, Juli 1999).
b) Auch soweit die Nichtzulassungsbeschwerde den Grundsatz der Waffengleichheit im Zivilprozeß anspricht (vgl. dazu EGMR, NJW 1995, 1413, 1414; BVerfG, Beschlüsse vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 156 und vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, 2532), sind die im Hinblick auf den hier vorliegenden Sachverhalt maßgeblichen Gesichtspunkte höchstrichterlich geklärt. Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit,
daß der Partei, die keinen Zeugen zur Verfügung hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung in den Prozeß persönlich einzubringen, so ist dem grundsätzlich Genüge getan, wenn diese Partei - wie hier geschehen - nach § 141 ZPO angehört wird. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen oder des als Partei vernommenen Prozeßgegners zu geben (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, aaO; BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - VersR 1999, 994, 995).
c) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Frage, ob der Tatrichter, welcher den von einer Partei gestellten Antrag auf Einholung eines psychophysiologischen Glaubhaftigkeitsgutachtens für ungeeignet hält, zumindest ein traditionelles psychologisches Glaubhaftigkeitsgutachten einholen muß, läßt sich anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls ohne weiteres beantworten. Danach ist Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten) nicht die Frage nach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Untersuchten im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft. Es geht vielmehr um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl. BGHSt 45, 164, 167). Daraus folgt, daß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden kann und muß, wenn – wie hier – die Behauptungen des Prozeßgegners nur bestritten werden. In diesem Fall liegen keine auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben des Beklagten vor, die auf ihre inhaltliche Konsistenz, ihre Folgerichtigkeit oder sonstige situationsbezogene Einzigartigkeit hin überprüft werden könnten (vgl. dazu BGHSt 45, 164, 167 ff.; vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht Bre-
men - Senat für Familiensachen, Beschluß vom 28. Mai 2001 - 5 UF 70/00 - Streit 2001, 122 ff.). 2. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
a) Insoweit ist zunächst eine Zulassung nicht aus dem Gesichtspunkt einer Divergenz wegen unterschiedlicher Entscheidungen zur Beweistauglichkeit polygraphischer Untersuchungen gegeben. Wie dargelegt entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auch für eine Untersuchung mit Einverständnis bzw. auf Antrag des Beklagten gilt. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde auf gegenteilige Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte hinweist, scheidet eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz schon deswegen aus, weil diese Entscheidungen vor den grundlegenden Entscheidungen der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ergangen sind.
b) Hinsichtlich der von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten vermeintlichen Fehler des Berufungsgerichts weist der erkennende Senat noch auf folgendes hin: Die Würdigung des aussagepsychologischen Gutachtens und die Zurückweisung der methodischen Einwände des Beklagten gegen dieses Gutachten durch das Berufungsgericht sind nicht zu beanstanden. Dieses hat sich an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen orientiert und ausführlich begründet , warum das vorliegende Gutachten diesen Anforderungen genügt. Hinzuweisen ist darauf, daß aussagepsychologische Gutachten zwar die geforderten inhaltlichen Kriterien erfüllen, aber nicht einheitlich einer bestimmten Prüfstrategie folgen und einen einheitlichen Aufbau haben müssen (vgl. BGHSt
45, 164, 167 ff. und BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f.).
c) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde im übrigen das Berufungsurteil angreift, werden Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufgezeigt. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.

(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.

(3) Der Behandelnde hat die Patientenakte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.