Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 28. Dez. 2016 - 2 WF 225/16

published on 28/12/2016 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 28. Dez. 2016 - 2 WF 225/16
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Amtsgericht Aschaffenburg, 3 F 156/13 AG, 13/07/2016

Gericht

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Tenor

Die Beschwerde des Rechtsanwalts S. gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht - Aschaffenburg vom 13.07.2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Mit Beschluss vom 13.07.2016 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Aschaffenburg im Verbundverfahren 3 F 156/13 den Verfahrenswert für das Verbundverfahren auf insgesamt 139.820,73 Euro festgesetzt. Dabei ist das Amtsgericht von den übereinstimmenden Vorträgen der Verfahrensbevollmächtigten zum Einkommen der beteiligten Ehegatten und zum Wert des positiven und negativen Vermögens ausgegangen. Hinsichtlich des Vermögenswertes hat das Amtsgericht pro Ehegatte einen Freibetrag von 60.000,00 Euro berücksichtigt und vom verbleibenden Vermögenswert 5% als den Verfahrenswert mitbestimmend angesetzt. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs hat das Amtsgericht fünf Anrechte in Ansatz gebracht. Im Übrigen wird auf den Beschluss vom 13.07.2016 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 29.09.2016 hat Rechtsanwalt S. aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Verfahrenswertfestsetzung erhoben. Er macht geltend, dass bezüglich des Ansatzes des Vermögens ein Freibetrag allenfalls in Höhe von 30.000,00 Euro für jeden Ehegatten in Betracht komme. Da nur der Antragsteller über Vermögen verfüge, sei der Antragsgegnerin der Freibetrag nicht zuzuerkennen. Der Verfahrenswert der Ehesache sei daher nicht mit 15.155,73 Euro wie in der angefochtenen Entscheidung, sondern mit 17.643,33 Euro festzusetzen. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs seien sechs Anrechte zu prüfen gewesen, weshalb sich auch unter Berücksichtigung von sechs Anrechten der diesbezügliche Teilverfahrenswert nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ergebe, somit statt 6.675,00 Euro ein Teilwert von 7.708,56 Euro für die Folgesache Versorgungsausgleich. Der Gesamtwert belaufe sich daher auf 143.351,89 Euro.

Hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes Zugewinnausgleich sei statt dem Betrag von 100.000,00 Euro ein solcher in Höhe von 500.000,00 Euro anzusetzen, da nach der in der Sitzung des Amtsgerichts am 12.05.2016 zustande gekommenen umfassenden Ehescheidungsfolgenvereinbarung und nach dem nicht angefochtenen Verbundbeschluss vom 12.05.2016, dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers (Rechtsanwalt S.) am 02.06.2016, den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 01.06.2016, der Deutschen Rentenversicherung Bund am 02.06.2016 und allen anderen beteiligten Versorgungsträger jeweils am 01.06.2016 zugestellt, die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 21.07.2017 den ursprünglich mit 100.000,00 Euro bezifferten Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs erhöht habe auf den Betrag von 500.000,00 Euro.

Mit unwidersprochenem Schriftsatz vom 17.11.2016 hat der Antragsgegnervertreter mitgeteilt, dass der Antragsteller eine Ausgleichszahlung an die Antragsgegnerin gezahlt habe. Die Unwirksamkeit der zustande gekommenen Vereinbarung wurde nachfolgend von keinem der Beteiligten behauptet.

II. Die Beschwerde des Rechtsanwalts S. ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen.

Die Bemessung des Teilgegenstandswerts Ehesache ist nicht zu beanstanden. Entgegen den Ausführungen der Beschwerde ist die Festsetzung durch das Amtsgericht nicht zu korrigieren. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach § 43 FamGKG in Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach Ermessen zu bestimmen ist. Damit ist auch vorliegend eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Hierbei hat das Amtsgericht zutreffend in Übereinstimmung auch mit den Darstellungen in der Beschwerde das gemeinsame Vermögen der beteiligten Ehegatten mit 155.914,54 Euro in Ansatz gebracht. Dass das Amtsgericht hierbei keine Rundung vorgenommen hat, ist hinzunehmen.

Hiervon konnte das Amtsgericht für jeden Ehegatten einen Freibetrag von 60.000,00 Euro abziehen. Das Beschwerdegericht sieht keinen Anlass, von der ständigen Rechtsprechung beider Familiensenate des Oberlandesgerichts Bamberg abzuweichen, wonach der Freibetrag für jeden Ehegatten grundsätzlich derzeit mit 60.000,00 Euro zu bemessen ist. Der Einzelmeinung des OLG Brandenburg in der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung vom 11.02.2016 (10 WF 71/15 = FamRZ 2016, 1298), wonach Freibeträge für jeden Ehegatten nicht mehr anzusetzen seien, vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen. Der Ansatz entsprechender Freibeträge entspricht der im Übrigen ganz herrschenden Meinung (vgl. hierzu z. B. OLG Stuttgart, FamRZ 2016, 164; T. Schmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann u. a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, Kostenrechtl. Hinw. in Familiensachen (Teil 2), Rn. 71).

Im vorliegenden Einzelfall ist es auch nicht unangemessen, den Freibetrag mit 60.000,00 Euro je Ehegatten festzulegen.

Da es bei der Verfahrenswertbestimmung nicht darauf ankommt, wem entsprechende Vermögenswerte zustehen, ist der Freibetrag auch jedem Ehegatten zuzuerkennen, selbst wenn - wie vorliegend - nur ein Ehegatte positives Vermögen aufweist.

2. Auch der Ansatz für den Teilwert Folgesache Versorgungsausgleich ist nicht zu beanstanden, da vorliegend insgesamt nur fünf in den Versorgungsausgleich fallende Anrechte i. S. d. § 51 VersAusglG gegeben sind. Zwar weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass auch Anrechte zu berücksichtigen sind, die nach der Entscheidung zum Versorgungsausgleich bei der Scheidung nicht ausgeglichen werden. Insbesondere gilt dies für Anrechte, die z. B. wegen der Bagatellgrenzen nach § 18 VersAusglG oder wegen Unbilligkeit nach § 27 VersAusglG beim Inhaber des Anrechts ungeschmälert verbleiben. Die vom Antragsgegner angegebene Kapitallebensversicherung bei der Volkswohl Bund Lebensversicherung a.G. stellt jedoch kein Anrecht i. S. d. VersAusglG dar, was dem Beschwerdeführer bereits auch bei Mitteilung der Auskunft mit Anwaltsschreiben vom 05.03.2013 bekannt hätte sein müssen. Vermeintliche Anrechte, die jedenfalls keine für den Versorgungsausgleich grundsätzlich in Betracht zu ziehende Anrechte iSd VersAusglG sein können, sind im Rahmen der Verfahrenswertbemessung gemäß § 51 FamGKG nicht zu berücksichtigen.

3. Hinsichtlich des Teilverfahrenswerts Zugewinnausgleich ist der Ansatz des Amtsgericht mit 100.000 Euro zutreffend. Dieser Ansatz beruht auf den beiderseitigen Darlegungen des beteiligten Ehegatten bzw. deren Bevollmächtigten bei Verfahrensbeendigung durch die Scheidungsfolgenvereinbarung und den Verbundbeschluss. Der nachfolgend gestellte Antrag erst mit Schriftsatz vom 21.07.2017 ist nicht geeignet, einen höheren Verfahrenswert für das mit Verbundbeschluss und Scheidungsfolgenvereinbarung von den Verfahrensbeteiligten als abgeschlossen betrachtete Verfahren zu begründen. Darüber hinausgehende Verfahrenshandlungen sind von der angefochtenen Entscheidung nicht umfasst.

Infolgedessen ist die Verfahrenswertbeschwerde des Beschwerdeführers insgesamt zurückzuweisen. Es besteht kein Anlass, die Verfahrenswertbestimmung des Amtsgerichts zu korrigieren. Eine fehlerhafte Ermessensausübung ist nicht feststellbar.

Gemäß § 59 Abs. 3 FamGKG ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Entscheidung ist gemäß §§ 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 7 FamGKG nicht anfechtbar.

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Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. (2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. (3) Ein Wer

(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 bet

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(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1 000 Euro.

(2) In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500 Euro.

(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht unter 3 000 Euro und nicht über 1 Million Euro angenommen werden.

(2) Für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen.

(1) Eine Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem Recht getroffen worden ist, das bis zum 31. August 2009 gegolten hat, ändert das Gericht bei einer wesentlichen Wertänderung auf Antrag ab, indem es die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 teilt.

(2) Die Wertänderung ist wesentlich, wenn die Voraussetzungen des § 225 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorliegen, wobei es genügt, dass sich der Ausgleichswert nur eines Anrechts geändert hat.

(3) Eine Abänderung nach Absatz 1 ist auch dann zulässig, wenn sich bei Anrechten der berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge (§ 1587a Abs. 3 oder 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung) der vor der Umrechnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils wesentlich von dem dynamisierten und aktualisierten Wert unterscheidet. Die Aktualisierung erfolgt mithilfe der aktuellen Rentenwerte der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Wertunterschied nach Satz 1 ist wesentlich, wenn er mindestens 2 Prozent der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

(4) Eine Abänderung nach Absatz 3 ist ausgeschlossen, wenn für das Anrecht nach einem Teilausgleich gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich noch Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 geltend gemacht werden können.

(5) § 225 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend.

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.

(1) In Unterhaltssachen und in sonstigen den Unterhalt betreffenden Familiensachen, soweit diese jeweils Familienstreitsachen sind und wiederkehrende Leistungen betreffen, ist der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung. Bei Unterhaltsansprüchen nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist dem Wert nach Satz 1 der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen.

(2) Die bei Einreichung des Antrags fälligen Beträge werden dem Wert hinzugerechnet. Der Einreichung des Antrags wegen des Hauptgegenstands steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe gleich, wenn der Antrag wegen des Hauptgegenstands alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird. Die Sätze 1 und 2 sind im vereinfachten Verfahren zur Festsetzung von Unterhalt Minderjähriger entsprechend anzuwenden.

(3) In Unterhaltssachen, die nicht Familienstreitsachen sind, beträgt der Wert 500 Euro. Ist der Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren Wert festsetzen.

(1) Gegen den Beschluss des Familiengerichts, durch den der Verfahrenswert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 55 Abs. 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Familiengericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 55 Abs. 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Verfahrenswert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 57 Abs. 3, 4 Satz 1, 2 und 4, Abs. 5 und 7 ist entsprechend anzuwenden.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag vom Oberlandesgericht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.