Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 24. Feb. 2010 - L 2 AS 288/09
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für eine Renovierung der Wohnung der Kläger zu übernehmen.
- 2
Die Kläger sind miteinander verheiratet. Sie leben seit dem 1. Juli 1997 zusammen in einer Wohnung in der F…-R…-Strasse .. in M.. Seit dem 1. Juli 2005 beziehen sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Örtlich zuständiger Leistungsträger ist der Beklagte.
- 3
Die Wohnung wurde vor dem Bezug von den Klägern selbst renoviert. In Januar 1998 erfolgte eine Sanierung durch den Vermieter. Nach dem Vortrag der Kläger befand sich die Wohnung danach in einem guten Zustand und in der Folgezeit sind keine Renovierungsarbeiten mehr durchgeführt worden.
- 4
Die von den Klägern angemietete Wohnung hat eine Wohnfläche von 55 qm. Nach dem zwischen den Klägern und dem Vermieter abgeschlossenen Mietvertrag (§ 3 Abs. 4 Ziffer 8a) haben die Mieter nach Maßgabe der Allgemeinen Vertragsbedingungen die Schönheitsreparaturen auszuführen. In den „Allgemeinen Vertragsbestimmungen“ wird unter Ziffer 5 „Erhaltung der Mietsache“ ausgeführt:
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(2) Die vom Mieter gemäß § 3 Abs. 7 des Vertrages übernommenen Schönheitsreparaturen sind während der Mietzeit ohne besondere Aufforderung fachgerecht auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen das Anstreichen, Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und den Innenanstrich der Fenster, das Streichen der Türen und der Außentüren von innen sowie der Heizkörper einschließlich der Heizrohre.
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Die Schönheitsreparaturen sind spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen:
- 7
In Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche der Türen und Heizkörper und Heizrohre spätestens alle vier Jahre durchzuführen, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre.
- 8
Der Mieter ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen. Er ist für den Umfang der im Laufe der Mietzeit ausgeführten Schönheitsreparaturen beweispflichtig.
- 9
(3) Lässt in besonderen Ausnahmefällen der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder erfordert die Abnutzung eine Verkürzung, so ist der Vermieter auf Antrag des Mieters verpflichtet, in anderen Fällen aber berechtigt, nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bezüglich einzelner Schönheitsreparaturen zu verlängern oder zu verkürzen.
- 10
Mit einem Schreiben vom 11. Januar 2005 stellten die Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Renovierung der von ihnen bewohnten Wohnung. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. März 2005 mit der Begründung ab, die Kosten seien von der Regelleistung umfasst. Hiergegen erhoben die Kläger am 6. April 2005 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2005 als unbegründet zurückwies.
- 11
Die Kläger haben am 18. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Am 7. Juli 2006 haben Mitarbeiter des Beklagten einen Hausbesuch bei den Klägern durchgeführt und eine Renovierungsbedürftigkeit der von den Klägern bewohnten Wohnung festgestellt. Der Kläger zu 1. hat zum Nachweis dafür, dass er selbst keine Renovierungsarbeiten durchführen könne, die ärztliche Stellungnahme einer Ärztin des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamts Merseburg von 25. Februar 2003 vorgelegt. Danach liegen beim ihm gesundheitliche Einschränkungen vor, so dass u. a. schweres Heben und Tragen, Arbeiten mit hoher Anforderung an die Armbelastbarkeit und ein Besteigen von Leitern ausscheidet. Die Klägerin zu 2. kann nach einer ärztlichen Stellungnahme vom Februar 2002 wegen verschiedener gesundheitlicher Einschränkungen (u.a. gesteigerte Krampfanfallbereitschaft) nur einfache Tätigkeiten ohne Selbst- oder Fremdgefährdung ausführen. Die Kläger haben zudem zwei von ihnen Anfang des Jahres 2007 eingeholte Kostenvoranschläge für Malerarbeiten in ihrer Wohnung (Entfernen der Tapeten in den Räumen, Neutapezieren mit Raufaser und Anstrich, Abwaschen der Decken und Neuanstrich, Nebenarbeiten) vorgelegt, wonach sich die Kosten je nach anbietender Firma auf 3.846,68 € bzw. 2.355,51 € belaufen würden.
- 12
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. Juli 2009 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Renovierung der von ihnen bewohnten Wohnung durch den Beklagten. Denn die Kläger selbst seien im Verhältnis zum Vermieter nicht zur Renovierung verpflichtet. Die entsprechende Klausel in den Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Mietvertrag sei unwirksam, weil durch die reglementierenden Bestimmungen eine unzulässige Einengung der Mieter vorliege.
- 13
Gegen das ihnen am 28. Juli 2009 zugestellte Urteil haben die Kläger am 11. August 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Die erforderlichen finanziellen Mittel für die erforderliche Renovierung ihrer Wohnung könnten sie nicht aufbringen. Sie haben ein Schreiben des Vermieters ihrer Wohnung, der T… I… GmbH in D…, vom 7. September 2009 vorgelegt in dem ausgeführt wird: Die entsprechende Regelung in den allgemeinen Vertragsbedingungen zu den Schönheitsreparaturen sei wirksam, weil sie variable Sanierungszeiten zulasse. Der Vermieter sehe keine Veranlassung, die Wohnung auf seine Kosten zu renovieren.
- 14
Der Kläger zu 1. hat erklärt, er sei Mitglied des Deutschen Mieterbundes. Von dort sei ihm zugesagt worden, dass die Kosten für ein Klageverfahren gegen den Vermieter wegen der Kosten der Wohnungsrenovierung übernommen werden. Der Beklagte hat erklärt, wenn ein solches Verfahren für die Kläger negativ ausgehen würde, sei er zur Übernahme der Kosten für die Schönheitsreparaturen im angemessenen Rahmen bereit, wenn sich die Kläger dann noch im Leistungsbezug befinden würden.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Sozialgerichts Halle und den Bescheid des Beklagten vom 23. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für eine notwendige Schönheitsreparatur der von ihnen bewohnten Wohnung durch einen Fachbetrieb zu übernehmen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
- 21
Die Berufung der Kläger ist gemäß §§ 143,144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 € übersteigt. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
- 22
Die Berufung ist aber nicht begründet. In der Sache ist das Begehren der Kläger dahin auszulegen, dass sie die Verurteilung des Beklagten zur Erbringung einer Sachleistung (die Renovierung ihrer Wohnung durch eigene Kräfte oder durch eine von ihm beauftragte Fremdfirma) begehren, denn sie haben vorgetragen, die Renovierungsarbeiten nicht selbst durchführen und mangels der erforderlichen finanziellen Mittel keine Handwerker beauftragen zu können. Dieses Begehren hat der Beklagte mit dem angefochten Bescheid vom 29. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2005 abgelehnt. Es liegt deshalb hier eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG vor.
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Diese Klage ist nicht begründet, weil die Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Leistung haben.
- 24
Ein Anspruch der Kläger auf die Übernahme der Kosten der Renovierung ihrer Wohnung durch den Beklagten kommt nur im Rahmen des § 22 SGB II in Betracht. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der angemessenen tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
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Dabei ist eine Übernahme der Kosten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil im Regelsatz Beträge für die „Instandhaltung und Reparatur“ der Wohnung berücksichtigt sind. In der Sache begehren die Kläger die Übernahme der Kosten für eine Neutapezierung der Wände der einzelnen Räume ihrer Wohnung sowie für das dann erforderliche Streichen der Decken und Wände nebst den erforderlichen Vor- und Nebenarbeiten. Dabei handelt es sich um Arbeiten, mit denen die durch vertragsgemäßen Verbrauch entstandenen Veränderungen und Verschlechterung der Wohnung beseitigt werden sollen. Solche Arbeiten werden in Wohnungen üblicherweise bei längerem Bewohnen über die Jahre immer wieder notwendig. Sie werden in Abgrenzung zu anlassbedingten Reparaturen als Schönheitsreparaturen bezeichnet (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 7. Juni 1989 – VIII ZR 91/88 = BGHZ 108, 1 ff). Nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werden von dem in die Bemessung der Regelsätze eingeflossenen (betragsmäßig geringen) Anteil für „Reparatur und Instandhaltung der Wohnung“ nur Aufwendungen des Mieters für kleinere Reparaturen aber keine Aufwendung für Schönheitsreparaturen der Wohnung umfasst (BSG, Urteil von 19. März 2008 – B 11b AS 31/06 R = SozR 4-400 § 22 Nr. 10). Dieser Auffassung schließt der erkennende Senat sich an. Grundsätzlich können deshalb mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen unter die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmenden Kosten der Unterkunft fallen (vgl. Urteil des BSG a.a.O).
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Hier liegt aber keine Konstellation vor, bei der mit der Miete von den Klägern ein Kostenanteil für die Durchführung von Schönheitsreparaturen gefordert wird. Der Vermieter hat die Kläger auch nicht aufgefordert, Schönheitsreparaturen auf ihre Kosten durchzuführen. Die Kläger selbst wollen Schönheitsreparaturen durchführen lassen, um die Wohnung in einen akzeptablen Zustand zu versetzen. Ein Anspruch gegenüber dem Beklagten kann bei einer solchen Konstellation nur in Betracht kommen, wenn nicht ein durchsetzbarer Anspruch der Kläger gegen den Vermieter auf Durchführung der Schönheitsreparaturen besteht. Denn bei einer Verpflichtung des Vermieters liegt bezogen auf die notwendigen Kosten für die Durchführung der Schönheitsreparaturen keine Hilfebedürftigkeit der Kläger im Sinne des SGB II vor. Grundsätzlich obliegt es dem Vermieter nach § 535 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Deshalb hat auch grundsätzlich der Vermieter die durch den vertragsgemäßen Gebrauch erforderlichen gewordenen Schönheitsreparaturen auf seine Kosten durchführen zu lassen. Dies ist aber vertraglich abdingbar. Die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen kann den Mietern auferlegt werden. Dies setzt eine wirksame Regelung im Mietvertrag selbst oder in einbezogenen Allgemeinen Vertragsbedingungen voraus.
- 27
Hier ist keine wirksame Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen für die Kläger begründet worden. Die entsprechende Klausel in den allgemeinen Vertragsbedingungen des Vermieters ist unwirksam. Die Unwirksamkeit ergibt sich nach der einschlägigen Rechtsprechung des BGH hier schon – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – daraus, dass in der Klausel der allgemeinen Vertragsbedingungen ausgeführt wird, der Mieter sei nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen. Hierzu hat der BGH ausgeführt, eine solche Klausel sei unwirksam, weil eine unangemessene Einengung des Mieters in der Ausführungsart vorliege. Folge sei die Unwirksamkeit der Abwälzung der Renovierungspflicht insgesamt (Urteil vom 28. März 2007 – VIII ZR 199/06 = NJW 2007, S. 1743 f.) . Auf die vom Vermieter der Wohnung der Kläger vertretene Auffassung, im Ergebnis läge keine zur Unwirksamkeit der „Überwälzungsklausel“ führende starre Fristenregelung vor, kommt es somit nicht an. Folge der Unwirksamkeit der Übertragung der Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen ist, dass die sich aus dem BGB ergebende Pflicht des Vermieters als Hauptpflicht aus dem Vertragsverhältnis greift.
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Angesichts dieser klaren Rechtslage und auch angesichts des Umstandes, dass der Deutsche Mieterbund die Bereitschaft erklärt hat, die Kosten eines Rechtsstreits zu übernehmen, ist es den Klägern hier auch zuzumuten, die Ansprüche gegenüber dem Vermieter, der einer Kostenübernahme abgelehnt hat, zivilrechtlich durchzusetzen.
- 30
Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
(1a) (weggefallen)
(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
- 1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, - 2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder - 3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, - 2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen, - 3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder - 4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:
- 1.
den Tag des Eingangs der Klage, - 2.
die Namen und die Anschriften der Parteien, - 3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, - 4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und - 5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.
(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin war Vermieterin, der Beklagte Mieter einer Wohnung in B. . § 2 Abs. 3 des Mietvertrages lautete auszugsweise: "Der Mieter hat außerdem nach Maßgabe der Allgemeinen Vertragsbestimmungen und der Hausordnung
a) die Schönheitsreparaturen auszuführen (Nr. 5 und 12 AVB). …"
- 2
- Bestandteil des Mietvertrages waren auch die Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) der Klägerin. Diese lauteten in Nr. 5 Abs. 2 Sätze 1 und 4: "Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen.
- 3
- Das Vertragsverhältnis endete zum 30. November 2004. Mit Schreiben vom 26. November 2004 verlangte die Klägerin vom Beklagten unter anderem die Durchführung von Schönheitsreparaturen unter Fristsetzung zum 10. Dezember 2004. Wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen fordert die Klägerin nach Ablauf der Frist Schadensersatz in Höhe von 1.879,81 € nebst Zinsen.
- 4
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 6
- Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Die Pflicht zu deren Durchführung sei nicht wirksam auf den Beklagten übertragen worden. Die entsprechende formularvertragliche Regelung benachteilige den Beklagten nach Treu und Glauben unangemessen und sei daher gemäß § 307 BGB unwirksam. Zwar begegne die Übertragung der Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen für sich genommen keinen Bedenken. Unwirksam sei jedoch die Allgemeine Vertragsbestim- mung, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen dürfe. Diese Klausel sei unklar und benachteilige den Mieter unangemessen. Aufgrund des Summierungseffektes sei neben der Regelung über die Zustimmungsbedürftigkeit auch die formularmäßige Überwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen unwirksam.
II.
- 7
- Die zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint. Der Beklagte kann nicht erfolgreich wegen Verletzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen in Anspruch genommen werden, weil diese Pflicht nicht wirksam auf ihn übertragen wurde.
- 8
- 1. Zu Recht hat das Landgericht die Formularklausel Nr. 5 Abs. 2 Satz 4 AVB, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen darf, als unwirksam erachtet. Die Klausel ist unklar (§ 305c Abs. 2 BGB) und benachteiligt in ihrer dem Mieter ungünstigsten Auslegung die Vertragspartner der Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
- 9
- Die Klausel ist deshalb unklar, weil nicht eindeutig ist, was unter "Ausführungsart" zu verstehen ist. Dieser Begriff kann sich entweder auf die Grundausstattung beziehen, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder auf beides. Es ist mithin nicht zu erkennen, ob jegliche Veränderung zustimmungspflichtig sein soll oder wo sonst die Grenze zwischen zustimmungspflichtigen und zustimmungsfreien Veränderungen liegt (vgl. Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 2. Aufl., 1. Teil B Rdnr. 76).
- 10
- Ein Zustimmungsvorbehalt für jegliche Abweichung von der bisherigen "Ausführungsart" - beispielsweise die Wahl eines abweichenden Farbtons des Wand- oder Deckenanstrichs oder einer anderen Tapetenart (vgl. Langenberg aaO) - würde den Mieter unangemessen in der Möglichkeit beschränken, sich in der Mietwohnung nach seinem Geschmack einzurichten, ohne dass für eine so weitgehende Beschränkung ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters zu erkennen ist (ebenso Langenberg, aaO, Rdnr. 77). Da die Klausel schon aus diesem Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält , bedarf keiner Entscheidung, ob sie sich darüber hinaus wie eine unzulässige Endrenovierungsklausel auswirkt (so das Berufungsgericht unter Berufung auf Langenberg, aaO, Rdnr. 75) und auch deswegen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.
- 11
- 2. Folge der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen ist die Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen schlechthin. Denn die - bei isolierter Betrachtung unbedenkliche - Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen wird durch die Festlegung auf die bisherige "Ausführungsart" in ihrer dem Mieter ungünstigsten Auslegung inhaltlich dahin ausgestaltet, dass der Mieter sich strikt an die bisherige "Ausführungsart" zu halten hat, wenn er nicht für jede Abweichung um Zustimmung der Klägerin nachsuchen will oder wenn die Zustimmung verweigert wird. Diese den Mieter unangemessen benachteiligende Beschränkung seiner Gestaltungsmöglichkeit ließe sich zwar durch die Streichung der Klausel Nr. 5 Abs. 2 Satz 4 AVB beseitigen. Dies wäre indessen eine inhaltliche Veränderung der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen und damit der Sache nach eine geltungserhaltende Reduktion der unangemessenen Formularvertragsregelung, die auch dann nicht zulässig ist, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche Ausgestaltung wie hier in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2004 - VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775, unter II 1 c). Ball Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Hessel
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 23.02.2006 - 16 C 322/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 29.06.2006 - 62 S 93/06 -
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.