Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 08. Nov. 2006 - L 5 KR 106/05

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2006:1108.L5KR106.05.0A
bei uns veröffentlicht am08.11.2006

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. Mai 2005 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.261,10 Euro nebst der vertraglich vereinbarten Zinsen zu zahlen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Beklagte und Klägerin tragen die Kosten des Verfahrens

zu je ein Halb.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.447,38 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Pflegesatzes im Rahmen einer Krankenhausleistung, die die Klägerin gegenüber einem Versicherten der Beklagten erbracht hat.

2

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus in K., das in den Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein aufgenommen ist. Vom 12. bis 19. Oktober 2001 wurde der Versicherte der Beklagten S. G. stationär im klägerischen Krankenhaus behandelt. Die Aufnahmediagnose lautete: "Instabile Angina pectoris", die Behandlung begann am 12. Oktober 2001 intensivmedizinisch. In der restlichen Zeit befand sich der Versicherte auf der Station II, Medizinische Hämatologie/Innere, der Klägerin. Der Pflegesatz dort betrug 799,94 DM (409,00 Euro). Das Krankenhaus unterhielt eine weitere Station „Innere Medizin“. Dort betrug der Pflegesatz in der streitigen Zeit 286,09 DM (146,28 Euro). Grundlage der Pflegesätze war die von den Vertragsparteien geschlossene Vereinbarung nach § 17 Abs. 1 BPflV von Dezember 2000 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001.

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Nach Beendigung der Behandlung stritten die Beteiligten darüber, ob für die Höhe des Pflegesatzes allein maßgebend sei, dass der Versicherte sich auf der Station II befunden habe (so die Auffassung der Klägerin) oder ob es maßgebend auf die Diagnosestellung einer hämatologischen oder onkologischen Erkrankung ankomme (so die Beklagte). Die Klägerin stellte der Beklagten mit ihrer Rechnung vom 31. Dezember 2001 8.532,77 DM (irrtümlich als Euro ausgezeichnet) in Rechnung, von der die Beklagte 6.066,29 DM (3.101,64 Euro) zahlte. Weitere Zahlungen lehnte sie ab, da es sich ihrer Auffassung nach um eine Fehlbelegung in der Inneren Medizin II gehandelt habe, mithin nur der Abteilungspflegesatz der Station Innere Medizin I heranzuziehen sei. Der MDK sei in seinem Gutachten vom 13. März 2002 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine stationäre Behandlung in der Hämatologie/Onkologie nicht erforderlich gewesen sei.

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Die Klägerin hat am 24. Juli 2003 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung vorgetragen: Maßgebend sei allein, ob die Behandlung im Krankenhaus der Klägerin medizinisch notwendig gewesen sei. Das sei unstreitig der Fall gewesen. Jedenfalls habe die Beklagte den MDK nicht beauftragt, die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung zu prüfen. Erst mit der Pflegesatzvereinbarung ab Juni 2002 seien diagnoseabhängige Pflegesätze in der II. Medizinischen Klinik vereinbart worden. Dies habe zu einer drastischen Erhöhung der Pflegesätze von 409,00 Euro auf 639,11 Euro geführt. Die Steigerung um 230,11 Euro sei nur so zu erklären, dass nunmehr ausschließlich hämatologische und onkologische Diagnosen in die Berechnung der Pflegesätze der II. Medizinischen Klinik eingeflossen seien. Internistische Diagnosen würden seit Juni 2002 mit einem Pflegesatz von 161,62 Euro abgerechnet. Dies belege eindeutig, dass für den Zeitraum vor Juni 2002 die Berechnungsgrundlage eine andere gewesen sein müsse. Tatsächlich sei es in der Vergangenheit so gewesen, dass in die Berechnung des tagesgleichen Pflegesatzes nicht nur der Aufwand für die Behandlung von hämatologischen und onkologischen Pflegesätzen eingeflossen sei, sondern auch der Behandlungsaufwand für „klassische“-internistische Diagnosen. Damit habe damals ein Mischpflegesatz vorgelegen. Die Höhe des Pflegesatzes habe sich allein danach ergeben, auf welcher Station behandelt worden sei. Andere Kostenträger akzeptierten diese Entscheidung. Lediglich die Beklagte sowie die IKK stritten darüber. Hierzu habe das BSG in seiner Entscheidung vom 24. Juli 2003 ausgeführt, das Krankenhaus könne selbst entscheiden, in welcher Abteilung der Versicherte zweckmäßigerweise versorgt und gepflegt werde, wenn für die notwendige stationäre Behandlung zwei verschiedene Abteilungen mit gleichen Ressourcen zur Verfügung ständen. Sie, die Klägerin, habe zwei Stationen vorgehalten, auf denen sie allgemeine internistische Erkrankungen behandele. Es bleibe ihr überlassen, auf welche Station sie die Patienten lege. Aus diesem Grund sei auch eine Überprüfung durch den MDK entbehrlich. Zu der hier strittigen Frage, ob es sich bei der Inneren Medizin II um eine rein hämatologisch-onkologische Station oder eine solche handele, auf der auch allgemeine internistische Erkrankungen behandelt würden, könne der MDK nicht Stellung nehmen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.447,38 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2002 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat zur Begründung vorgetragen: Auf Grund der übermittelten Diagnosen habe keine Notwendigkeit bestanden, den Versicherten auf der Abteilung Innere Medizin II zu behandeln, da ein hämatologisches oder onkologisches Krankheitsbild nicht vorgelegen habe. Sie, die Beklagte, stelle nicht die Verbindlichkeit der vereinbarten Pflegesätze in Frage. Es bestünden aber seit geraumer Zeit Probleme zwischen den Kostenträgern, insbesondere der Beklagten und der Klägerin, bei der Abgrenzung der hämatologisch-onkologischen Pflegesätze gegenüber denen der Allgemeinen Inneren Abteilung. Der erheblich höhere Pflegesatz ab 2002 erkläre sich so, dass die Kostenträger ein Benchmark mit den übliche Kosten in der Hämatologie-Onkologie durchgeführt und daraufhin der Erhöhung des Pflegesatzes zugestimmt hätten. Das falsche oder/und willkürliche Belegungsverhalten der Klägerin dürfe nicht durch eine Entscheidung ihr zugunsten belohnt werden. Andernfalls würde jeder Fehlbelegung Tür und Tor geöffnet. Es sei weder sachlich, fachlich noch rational nachvollziehbar, dass die erheblich höheren Kosten der Station II auch bei leichten internistischen Beschwerden abgerechnet würden. Welcher Patient auf die kostengünstigere Station komme, dürfe nicht ausschließlich vom Ermessen der Klägerin abhängen. Vielmehr müsse sich die Entscheidung, auf welcher Station der Versicherte behandelt werde, nur unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nach sachlich-medizinischen Kriterien richten. Bei dem Versicherten sei eine Behandlung auf der hämatologisch-onkologischen Station medizinisch nicht notwendig gewesen. Dort würden Erkrankungen des Blutes und des Knochenmarks diagnostiziert, abgeklärt und therapiert, vor allem bösartige Erkrankungen des Blutes, des Lymphsystems sowie Blutarmut und Krankheiten des Immunsystems. Dies beinhalte die Therapie mit zellabtötenden Medikamenten, aber auch mit Immunstimulanzien und weiteren Medikamenten. Diese Ansicht werde durch die Äußerung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie unterstützt. Andere Krankheitsbilder kämen nach dieser Organisation für eine Behandlung auf einer hämatologisch-onkologischen Station nicht in Frage. Das sei auch bei dem Versicherten der Fall. Weder die Aufnahmediagnose „instabile Angina pectoris“ noch die Haupt-Entlassungsdiagnose „arteriosklerotische Herzkrankheit: nicht näher bezeichnetes Gefäß“ führten auch bei großzügiger Auslegung zu einer Zuordnung zum Krankheitsbild der hämatologischen Erkrankungen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verbiete es der Klägerin, Behandlungen von Versicherten auf kostenintensiveren Stationen als notwendig durchzuführen. In seiner Entscheidung vom 24. Juli 2003 habe das BSG im Übrigen auch

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entschieden, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot ein Krankenhaus dazu verpflichte, innerhalb der für das Haus abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen wirtschaftlich zu handeln. Es habe in diesem Rahmen die ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einzusetzen. Damit stelle sich das BSG auf den Standpunkt, dass das Krankenhaus nur dann selbst frei entscheiden könne, wenn für eine notwendige stationäre Behandlung zwei (oder mehr) verschiedene Abteilungen mit gleichem Ressourceneinsatz zur Verfügung ständen. Im Rückschluss sei daraus zu ersehen, dass im Falle einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei Fachabteilungen die Abteilung mit dem geringeren Ressourceneinsatz auszuwählen sei.

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Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. Mai 2005 der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Der Zugrundelegung des höheren Pflegesatzes stehe nicht entgegen, dass es sich bei dem Behandlungsfall um eine allgemeine internistische Erkrankung gehandelt habe, die auch auf der Station der Inneren Medizin I hätte behandelt werden können. Auf der Station II hätten sowohl internistische als auch hämatologisch/onkologische Erkrankungen behandelt und abgerechnet werden dürfen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Ziffer 3 der hier zu Grunde zu legenden Pflegesatzvereinbarung, in der nämlich neben der Ziffer 10405 die Bezeichnung „2. Medizin Hämatologie/Innere“ folge. Hätten nur hämatologische Fälle erfasst werden sollen, wäre die zusätzliche Bezeichnung „Innere“ nicht erforderlich gewesen. Auch die anschließende Pflegesatzvereinbarung ab 1. Juni 2002 spreche für dieses Ergebnis. Sie zeige nämlich, dass nunmehr in der Abteilung 2. Medizinische Klinik diagnoseabhängige Pflegesätze gelten sollten. Diese Regelung habe sich in der hier maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung nicht gefunden. Das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichte Krankenhäuser nicht dazu, die nach der Pflegesatzvereinbarung für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen - es begründe keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber habe zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkasse gegenüber ihrem Versicherten vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienten, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie die Vergütung Verträge abschlössen. Dem Vertragsmodell liege dabei die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren suche, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führe. Besondere Schutz- und Fürsorgepflichten würden im Vertragsrecht einer Vertragspartei zu Gunsten der anderen Parteien nur dann auferlegt, wenn auf Grund wirtschaftlicher oder sozialer Übermacht die Verhandlungsparität nicht gegeben sei. Im Verhältnis von Krankenhäusern zu Krankenkassen seien solche Ungleichgewichte nicht zu erkennen. Die Beklagte habe es in der Hand gehabt, auch zum streitigen Zeitpunkt diagnoseabhängige Pflegesätze zu wählen. Dies sei ausdrücklich jedoch nicht geschehen. Soweit die Beklagte vortrage, sie habe sich ständig um eine Änderung der Pflegesatzvereinbarung bemüht, habe es die Möglichkeit gegeben - etwa durch Einschaltung der Schiedsstelle - auf eine Änderung der Pflegesatzvereinbarung zu drängen. Im Übrigen zeige die Höhe des festgesetzten Pflegesatzes über 409,00 Euro in der hier maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung, dass es offensichtlich zu einer Mischkalkulation zwischen allgemeinen inneren und hämatologischen Patienten gekommen sei; denn der ab 1. Juni 2002 für hämatologisch/onkologische Patienten geltende Pflegesatz von 639,11 Euro habe ca. 50 % über dem zuvor gültigen Pflegesatz gelegen. Diese Differenz sei auch nicht mit einer allgemeinen Anhebung der Pflegesätze zu begründen, da der tagesgleiche Pflegesatz für die Innere Medizin von 146,28 Euro auf 157,87 Euro und z.B. der tagesgleiche Pflegesatz für die Allgemeine Chirurgie von 203,44 Euro nur auf 206,42 Euro angehoben worden sei.

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Das Urteil ist der Beklagten am 9. Juni 2005 zugestellt worden. Auf ihren Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 30. November 2005 die Berufung dagegen zugelassen. Zur Begründung trägt die Beklagte ergänzend vor: Insgesamt seien von der streitigen Problematik 108 Fälle mit einem Gesamtvolumen von 325.108,38 Euro betroffen. Die Abteilungen der Klägerin Innere I. und II. hätten in keiner Weise vergleichbare Ressourcen verbraucht. Die Allgemeine Innere Medizin befasse sich mit Prävention, Diagnose, konservativer Therapie und Rehabilitation. Die Hämatologie hingegen sei ein Spezialgebiet der inneren Medizin, welche sich mit Diagnostik und Therapie von Bluterkrankungen sowie der Erforschung der zugehörigen pathophysiologischen Grundlagen beschäftige. Onkologie wiederum sei das spezielle Teilgebiet der inneren Medizin, das sich mit der Entstehung und Behandlung von Tumoren sowie tumorbedingten Krankheiten befasse. Bei Letzterer liege naturgemäß ein wesentlich höherer Ressourcenverbrauch vor, der auch die Kosten einer solchen Abteilung in die Höhe treibe. Sie habe einen höheren Bedarf an Gebrauchsmitteln, Platzerfordernis und kostenintensiven Spezialmedikamenten. Das schlage sich in dem hohen Abteilungspflegesatz nieder. Für die Abrechnung des jeweiligen Pflegesatzes seien die für die notwendige Behandlung errechneten Ressourcen entscheidend, gleichgültig, auf welcher Station der Patient liege. Folge man der Logik der Klägerin, dass allein der Abteilungspflegesatz maßgebend sei, müsse es bei einer Überbelegung und einer Behandlung auf dem Flur oder Keller auch einen entsprechenden Pflegesatz geben. Das sei indes nicht der Fall.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. Mai 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung insoweit zurückzuweisen, als die Beklagte zur Zahlung von 1.261,10 Euro nebst Zinsen verurteilt wurde.

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Sie trägt ergänzend vor: Die von der Beklagten angegebene Anzahl von 108 Fällen relativiere sich, wenn man berücksichtige, dass in der Klinik der Klägerin jährlich ca. 23.000 Patienten behandelt würden. Das Sozialgericht habe sich vollumfänglich an der Rechtsprechung des BSG orientiert. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichte ein Krankenhaus nicht dazu, die nach der Pflegesatzvereinbarung für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Die Station II sei von jeher für die Behandlung von Patienten mit allgemeinen internistischen Diagnosen vorgesehen. Das unterscheide den hier streitigen Fall von dem Fall, den das BSG in der von der Beklagten zitierten Entscheidung entschieden habe. Sie, die Klägerin, mache diesen Pflegesatz ausdrücklich auch für Fälle wie den vorliegenden geltend, die nicht dem hämatologisch/onkologischen Bereich zuzurechnen seien.

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Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Krankenhausdirektor Dr. V. angehört. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die vom Senat mit Beschluss vom 30. November 2005 zugelassene Berufung ist zulässig. Sie ist aber nur insoweit begründet, als das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von mehr als 1.261,10Euro verurteilt hat. Nur hierauf hat die Klägerin einen Anspruch. Dieser Betrag folgt daraus, dass die Klägerin bei ihrer Rechnungsstellung den eingeforderten Gesamtbetrag in Euro ausgewiesen hat und nicht, wie es richtig gewesen wäre und von ihr auch nicht bestritten wird, in DM. Der mit der Klagschrift eingeforderte Betrag von 2.447,38Euro verkennt diesen Umstand ebenfalls. Dem Sozialgericht ist dieser Umstand nicht aufgefallen, so dass insoweit das erstinstanzliche Urteil aufzuheben ist. Die Beklagte ist lediglich verpflichtet, an die Klägerin weitere 1.261,10Euro im Hinblick auf die Behandlung ihres Versicherten S . G . in der Zeit vom 12. bis 19. Oktober 2001 an die Klägerin zu zahlen. Von dem Rechnungsbetrag von DM 8.532,77 hat die Beklagte DM 6.066,29 gezahlt. Es verblieb ein noch offen stehender Betrag von DM 2.466,48, das sind € 1.261,10.

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Zutreffend hat das Sozialgericht die Rechtsauffassung der Klägerin bestätigt, dass für die streitige Behandlung nicht der Pflegesatz der Station I in Höhe von damals 286,09 DM (141,28Euro) maßgebend war, sondern der der 2. Medizinischen Hämatologie/Innere in Höhe von 799,94 DM (409,00Euro). Die Darstellung der Rechtslage und die Begründung, mit der das Sozialgericht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch bestätigt hat, ist zutreffend. Aus diesem Grund und um Wiederholungen zu vermeiden, macht der Senat von der durch §153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück. Ergänzend zu den sozialgerichtlichen Entscheidungsgründen weist der Senat noch auf Folgendes hin:

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Unstreitig ist, dass bei dem Versicherten G . kein hämatologisches/onkologisches Krankheitsbild vorlag und er auch nicht entsprechend behandelt wurde. Die Klägerin hat dies auf Anfrage des Senats in ihrem Schriftsatz vom 29. August 2006 bestätigt. Für diese Einschätzung sprechen auch die Diagnosen des Versicherten „instabile Angina pectoris“ und „arteriosklerotische Herzkrankheit“. Aus ihnen ist ein hämatologisches/ onkologisches Krankheitsbild nicht abzuleiten. Gleichwohl hat die Klägerin zutreffend den Pflegesatz der 2. Medizinischen Klinik Hämatologie/Innere in Höhe von 799,94 DM (409,00Euro) für die Behandlung gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Denn für die Bestimmung der Pflegesätze war zum damaligen Zeitpunkt nicht das Vorliegen einer bestimmten Erkrankung maßgebend, sondern der Umstand, dass der Versicherte der Beklagten auf dieser Station behandelt wurde und insoweit keine Fehlbelegung vorlag.

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Unstreitig wurde der Versicherte auf der 2. Medizin Hämatologie/Innere behandelt. Entgegen der Auffassung der Beklagten lag insoweit auch keine Fehlbelegung vor. Denn der Versicherte litt an einer internistischen Erkrankung, die auf dieser Station behandelt werden konnte und durfte. Das folgt bereits aus dem Zusatz der Station „/Innere“. Die Behandlung verstieß auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wie die Beklagte meint. Zwar wäre eine Behandlung auch in der I. Station möglich gewesen, zu einem geringeren Pflegesatz und damit geringeren Kosten für die Beklagte. Wie sich aber aus der von beiden Beteiligten in Bezug genommenen Entscheidung des BSG vom 24. Juli 2003 (B 3 KR 28/02 R) ergibt, ist das Krankenhaus nicht verpflichtet, die nach der Pflegesatzvereinbarung für die Krankenkassen finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen (Rz 27). Nach dieser Entscheidung verpflichtet das Wirtschaftlichkeitsgebot ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der für dieses Haus abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen wirtschaftlich zu handeln, z. B. Versicherte in allen geeigneten Fällen ambulant statt stationär zu versorgen und unnötige medizinische Maßnahmen zu unterlassen, es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen. Davon geht der Senat aus. Es besteht kein Anhalt dafür und wird von der Beklagten auch nicht vorgetragen, dass an dem Versicherten über das notwendige Maß hinaus gehende Behandlungen durchgeführt wurden, die zu einer Erhöhung der Kosten geführt haben. Damit ist auch von einem optimalen Ressourceneinsatz im Sinne der Entscheidung auszugehen.

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Hinzu kommt, dass, worauf das Sozialgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat, nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass es zu der Belegungssituation bzw. Aufteilung zwischen den zwei inneren Stationen im Einverständnis mit den Vertragspartnern und damit auch der Beklagten gekommen ist. Gerade die Belegung der 2. Station auch mit allgemein-internistischen Fällen führte zu einer Verringerung des Pflegesatzes dieser Station. Dies verdeutlicht insbesondere die erhebliche Erhöhung in der neuen Pflegesatzvereinbarung mit diagnoseabhängigen Pflegesätzen. In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht ist der erkennende Senat der Auffassung, dass es seitens der Beklagten unzulässig ist, die Vorteile dieser Übereinkunft in Form eines geringeren Pflegesatzes der II. Station zu nutzen, nicht jedoch die Nachteile, auch allgemein internistisch erkrankte Versicherte auf dieser Station behandeln zu lassen und dafür den höheren Pflegesatz zu zahlen, in Kauf zu nehmen.

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Wenn es den Krankenkassen für die hier maßgebliche Zeit nicht gelungen war, mit dem Krankenhaus - wie später - einen diagnoseabhängigen Pflegesatz zu vereinbaren, sondern lediglich die Aufnahme in die jeweilige Station als Grundlage für die Berechnung des Pflegesatzes, muss sich die Beklagte an einer solchen Vereinbarung festhalten lassen. Diese machte offenkundig die Höhe des von der Beklagten zu tragenden Pflegesatzes von einer im Ermessen des Krankenhauses liegenden Stationsbelegung abhängig. Nur wenn diese Belegung willkürlich erfolgt oder erkennbar danach ausgerichtet gewesen wäre, aus Gründen der Einnahmenmaximierung zunächst jeweils die Station mit dem höheren Pflegesatz und dann erst die Station I zu belegen, könnte einem daraus abgeleiteten Entgeltbegehren möglicherweise der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen gehalten werden. Hierfür aber hat die Beklagte nichts vorgetragen, dafür ist aus den Akten nichts ersichtlich. Vielmehr hat Dr.V . in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Stationsbelegung zwecks gleichmäßiger Verteilung der Neuzugänge in einem vorher festgelegten Turnus erfolgte. Darauf hat auch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 29.November 2004 hingewiesen, in dem es heißt, die Klägerin habe eingestanden, Patienten nach einem "alternierenden Aufnahmemodus" aufgenommen zu haben. Ein solches Verhalten des Krankenhauses ist nicht zu beanstanden.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §197a SGG i.V.m. §154 Verwaltungsgerichtsordnung. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin auf Grund der Verwechslung von Euro und DM nur zur Hälfte obsiegt hat.

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Gründe dafür, die Revision zuzulassen (§160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor. Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des BSG, insbesondere dem oben zitierten Urteil.


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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Bundespflegesatzverordnung - BPflV 1994 | § 17 Zuständigkeit der Krankenkassen auf Landesebene


Die in dieser Verordnung den Landesverbänden der Krankenkassen zugewiesenen Aufgaben nehmen für die Ersatzkassen die nach § 212 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch benannten Bevollmächtigten, für die knappschaftliche Krankenversicherung die De

Referenzen

Die in dieser Verordnung den Landesverbänden der Krankenkassen zugewiesenen Aufgaben nehmen für die Ersatzkassen die nach § 212 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch benannten Bevollmächtigten, für die knappschaftliche Krankenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und für die Krankenversicherung der Landwirte die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau wahr.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.