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Der Kläger erhebt im Zugunstenverfahren Ansprüche auf Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und den §§ 31 ff. des Wohngeldgesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2002 ).
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Der am ....1963 geborene Kläger, diplomierter Physiker und bis Juni 1999 als Software-Entwickler abhängig beschäftigt, machte sich am 25. April 2000 mit einer I.-Dienstleistung selbständig. Anfang 2001 und sodann erneut am 25. Juli sowie 1. Oktober 2001 stellte der Kläger - seinerzeit noch (bis zur Zwangsräumung am 27. Juli 2004) wohnhaft in der R.-Straße in L. - beim Beklagten Anträge auf Sozialhilfe in Form einmaliger Beihilfen sowie laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU), welche u.a. wegen des zum Vermögenseinsatz herangezogenen Personenkraftwagens des Klägers erfolglos blieben (u.a. Bescheid vom 6. Dezember 2001/Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2002 ). Am 6. März 2002 sprach der Kläger beim Beklagten persönlich vor und beantragte erneut Sozialhilfe, wobei er noch an diesem Tage einer darlehensweisen Hilfegewährung gegen Sicherung des Darlehens durch Abgabe des Fahrzeugbriefs schriftlich zustimmte. HLU (Regelbedarf, Kosten der Unterkunft und Heizung) wurde darauf mit Bescheid vom 7. März 2002 in Form eines Darlehens für die Monate März, April und Mai 2002 (insgesamt 1.626,59 Euro) sowie darüber hinaus ein besonderer Mietzuschuss (171,00 Euro) bewilligt; zugleich wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Miete unangemessen hoch sei, und ferner aufgefordert, sich intensiv um eine billigere Wohnung zu bemühen. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2002 zurückgewiesen wurde.
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Zuvor war ein am 15. Januar 2001 gestellter Antrag des Klägers auf Hilfe in besonderen Lebenslagen in Form der Übernahme einer Zahnarztrechnung vom 11. Januar 2002 über 51,77 Euro durch Bescheid vom 31. Januar 2002 abgelehnt worden. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2002 zurückgewiesen.
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Anlässlich einer Vorsprache beim Beklagten am 22. Mai 2002 zwecks Erhalts eines Vorschusses sowie einer weiteren Vorsprache am folgenden Tag erging an den Kläger die Aufforderung, seine Arbeitsbemühungen zu begründen; ferner wurde die beabsichtigte Kürzung des Regelsatzes ab Juni 2002 um 5 v. H. in Aussicht gestellt. Mit Bescheid vom 29. Mai 2005 wurde die für Juni 2002 - wiederum darlehensweise gezahlte - Sozialhilfe in einer ersten Stufe um 5 v. H. des Regelsatzes gekürzt. Mit Bescheid vom 27. Juni 2002 erfolgte eine Kürzung des Regelsatzes für den Monat Juli 2002 in einer zweiten Stufe um insgesamt 25 v. H.; ferner wurden die Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch in für angemessen erachteter Höhe (Gesamtmiete 293,00 Euro statt zuvor im Juni 432,81 Euro) sowie der besondere Mietzuschuss nur noch in Höhe von 149,00 Euro bewilligt. Die Regelsatzkürzung um 25 v. H. blieb auch mit der Bewilligung für den Monat August 2002 durch Bescheid vom 23. Juli 2002 (Gesamtmiete und besonderer Mietzuschuss wie im Vormonat) sowie ferner in später ergangenen Bescheiden (auch dort nur die angemessene Miete sowie Mietzuschuss wie zuvor) beibehalten. Bis auf die Regelsatzkürzung für den Monat August 2002 wurden die betreffenden Kürzungsverfügungen aufgrund in 2004 ergangener verwaltungsgerichtlicher Urteile wieder aufgehoben.
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Durch Bescheide vom 4. März und 8. April 2003 bewilligte der Beklagte dem Kläger HLU für die Monate März, April und Mai 2003 (Regelsatz zunächst gekürzt um 40 v. H., jedoch mit Bescheid vom 8. April 2003 ab März 2003 in voller Höhe), ferner die Kosten der Unterkunft nur in angemessener Höhe und den besonderen Mietzuschuss wie bisher; der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2003). Auch in den Bescheiden vom 26. Mai und 11. Juni 2003 (Zeiträume ab Juni 2003) wurden Unterkunftskosten nur in angemessener Höhe übernommen (besonderer Mietzuschuss wie bisher) und dies durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 bestätigt.
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Am 25. Juli 2003 beantragte der Kläger im Wege des Zugunstenverfahrens gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) pauschaliertes Wohngeld für den Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003 in Höhe von monatlich 171,00 Euro anstelle der bewilligten 149,00 Euro. Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 23. Dezember 2003 abgelehnt.
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Wegen der vorbezeichneten Bescheide sowie weiterer Vorgänge waren beim Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe und beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ab dem Jahr 2002 (Hauptsache-)Verfahren sowie Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anhängig, die nur zum Teil erfolgreich waren.
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Mit Fax vom 3. Dezember 2004 beantragte der Kläger beim Beklagten u.a. im Rahmen des § 44 SGB X die Überprüfung verschiedener Bescheide, deren Rechtmäßigkeit im Verwaltungsrechtsweg bestätigt worden war.
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Am 6. Juni 2005 hat der Kläger zum Sozialgericht Mannheim (SG) eine „Untätigkeits-Verpflichtungsklage“ erhoben. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte den Antrag vom 3. Dezember 2004 durch Bescheid vom 14. Juli 2005 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur - fehlenden - Anwendbarkeit des § 44 SGB X im Leistungsrecht des BSHG abgelehnt. Der Kläger hat darauf (Schreiben vom 29. August 2005) die Untätigkeitsklage für erledigt erklärt und als „Verpflichtungsklage“ weiterverfolgt. Mit Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Gründe wird auf den dem Kläger am 24. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.
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Am 23. März 2006 hat der Kläger beim SG gegen den Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2006 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er hat sich ausführlich mit der Rechtsprechung des BVerwG zur Nichtanwendbarkeit des § 44 SGB X im Sozialhilferecht auseinandergesetzt.
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Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2006 den am 15. August 2005 eingelegten Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14. Juli 2005 zurückgewiesen. Der Kläger hat darauf mit Schreiben vom 8. Juli 2006 den „Untätigkeitsteil der Untätigkeits-Verpflichtungsklage“ für erledigt erklärt und des Weiteren erklärt, dass er den „Verpflichtungsteil“ im Berufungsverfahren fortführe.
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2006 zu verpflichten,
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„1.) Der Sozialhilfebescheid des Beklagten vom 07.03.2002 wird dahingehend abgeändert, den Beklagten zu verpflichten, die ausstehende Sozialhilfe für den Zeitraum 01.07.2001 bis 28.02.2002 nachzuzahlen (mit Ausnahme der Unterkunftskosten für Juli 2001, da ich erst mit der Mietzahlung den Freibetrag unterschritt).
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2.) Der Sozialhilfebescheid des Beklagten vom 23.07.2002 wird dahingehend abgeändert, den Beklagten zu verpflichten, für August 2002 25% des HLU-Regelsatzes nachzuzahlen.
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3.) Der Bescheid des Beklagten vom 31.01.2002 wird dahingehend abgeändert, den Beklagten zu verpflichten, 51,77 EUR für eine Zahnbehandlung vom 11.01.2002 nachzuzahlen.
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4.) Der Bescheid des Beklagten vom 23.12.2003 wird dahingehend abgeändert, den Beklagten zu verpflichten, für jeden Monat des Zeitraums 01.07.2002 bis 30.06.2003 22 EUR an pauschaliertem Wohngeld nachzuzahlen, insgesamt also 264 EUR.
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5.) a.) Der Widerspruchsbescheid 52/03 des Beklagten vom 17.12.2003, mit dem mein Widerspruch vom 09.03.2003 zurückgewiesen wurde,
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und
b.) der Widerspruchsbescheid 87/03 des Beklagten vom 18.12.2003, mit dem mein Widerspruch vom 08.07.2003 zurückgewiesen wurde,
werden abgeändert, und bei den <
angemessenen Kosten der Unterkunft
> berücksichtigt,
dass
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α.) es hinsichtlich der Mietenstufe nicht auf ein statistisches Flächenmittel der ländlichen Gebiete incl. kleiner Städte im Rhein-Neckar-Kreis ankommt, sondern auf die tatsächliche Mietenstufe im Wohnort,
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β.) der Beklagte die angemessenen Unterkunftskosten aus Statistiken aus 1999 und 2000 berechnete und es hierbei um Unterkunftskosten für das Jahr 2003 geht (zwischenzeitliche Inflationsrate und Mietpreissteigerung also zu berücksichtigen sind),
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γ.) beim Wohngeld zu berücksichtigen ist, dass die tatsächliche Miete für die betreffenden Monate bezahlt wurde.
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6.) Die ausstehenden Beträge werden mit 5 % über dem Basiszins
[hilfsweise: angemessen]
verzinst.
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7.) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.“
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Ferner beantragt der Kläger hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2006 abzuweisen.
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Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. § 44 SGB X sei nach der Rechtsprechung des BVerwG auf das Leistungsrecht des BSHG nicht anwendbar.
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Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
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