Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Apr. 2018 - L 11 KR 3833/17

bei uns veröffentlicht am17.04.2018

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Freiburg vom 24.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten eines stationären Krankenhausaufenthaltes in der Schweiz.
Die 1940 geborene Klägerin ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Sie verfügt über eine Zusatzkrankenversicherung der DKV für Krankenbehandlungen im Ausland. Diese zahlt bei stationärer Heilbehandlung (weltweit) nach Vorleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 100% für vollstationäre Heilbehandlung (Aufwendungen für wahlärztliche und belegärztliche Leistungen, Mehrkosten der Unterkunft Ein- oder Zweibettzimmer, Differenzbetrag zwischen den berechneten Kosten und der Pflichtleistung der GKV, ausgenommen die verlangte Zuzahlung etc). Ohne GKV-Vorleistung werden 100% für Unterkunftszuschlag Ein- oder Zweibettzimmer und 60% für ärztliche Leistungen, Hebamme, Krankentransport erstattet.
Im Jahr 2013 wurde bei der Klägerin ein Mammakarzinom diagnostiziert, das operativ in B. behandelt wurde. Die Kosten hierfür wurden von der Beklagten getragen. Am 07.10.2015 stellte der Internist Dr. G. im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung ein Karzinom des Colon ascendens fest. Am 13.10.2015 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass eine Darmoperation im C.-Spital in B. geplant sei. Dieses übersandte der Beklagten unter dem 15.10.2015 eine Eintrittsmeldung der Klägerin zum 21.10.2015 mit der Bitte um Erteilung einer Kostengutsprache. Der Hausarzt der Klägerin Dr. F. verordnete am 19.10.2015 Krankenhausbehandlung zur Operation des Kolonkarzinoms. Mit Schreiben vom 19.10.2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie sich im C.-Spital behandeln lassen wolle, weil die Klinik einen ausgezeichneten Ruf habe und viele ihrer Bekannten mit der Behandlung dort äußerst zufrieden seien. Bei einem Telefonat der Klägerin mit einem Mitarbeiter der Beklagten am 20.10.2015 teilte die Klägerin mit, dass sie erst gestern die erforderlichen Unterlagen erhalten und abgesandt habe. Der Mitarbeiter der Beklagten wies sie darauf hin, dass sie die Entscheidung der Beklagten abwarten müsse und keine Kosten erstattet würden, wenn sie ohne Bewilligung ins Krankenhaus gehe; notfalls werde auf deutsche Krankenhäuser verwiesen. Am 21.10.2015 wurde die Klägerin im C.-Spital stationär aufgenommen, die Operation erfolgte am Folgetag.
Mit Bescheid vom 02.11.2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die stationäre Krankenhausbehandlung ab 21.10.2015 ab mit der Begründung, dass eine Genehmigung ihrerseits zum Zeitpunkt der Aufnahme im Krankenhaus nicht vorgelegen habe. Der Antrag auf stationäre Behandlung sei erst am 23.10.2015 bei ihr eingegangen. Mit ihrem Widerspruch vom 11.11.2015 machte die Klägerin geltend, sie habe die Entscheidung der Beklagten nicht abwarten können, da die Operation wegen des schnell wachsenden und aggressiven Tumors dringlich gewesen sei. Beim Telefonat am 13.10.2015 sei ihr nicht gesagt worden, dass der Antrag eiligst hätte übersandt werden müssen. Sie habe sich für das C.-Spital entschieden, da dieses einen ausgezeichneten Ruf genieße und von ihrem Wohnort nähergelegen sei als jede deutsche Klinik. Zudem entstünden der Beklagten lediglich Kosten wie bei der Behandlung in Deutschland. Vor ihrer Operation in B. im Jahr 2013 habe sie die Beklagte auch nur telefonisch informiert und es habe keine Schwierigkeiten gegeben. Das C.-Spital forderte von der Klägerin mit Rechnung vom 18.01.2016 für die stationäre Behandlung insgesamt 53.935,05 CHF (48.398,08 EUR). Hiervon erstattete die DKV der Klägerin 22.830,12 EUR (Schreiben vom 16.02.2016). Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 12.12.2016 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Genehmigung hätte erteilt werden müssen. Aufgrund der zeitlichen Abläufe hätte sie eine gleiche oder ebenso wirksame Behandlung in Deutschland nicht rechtzeitig erlangen können, zumal zum Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung die Operation bereits durchgeführt gewesen sei. Die Beklagte könne sich bei Fehlen einer vorherigen Genehmigung nicht auf eine völlige Ablehnung der Kostenübernahme berufen, sondern müsse zumindest die Kosten tragen, die sie für eine vergleichbare Behandlung in Deutschland zu tragen hätte. Der Gesetzgeber habe die Krankenkassen lediglich vor ausufernden ausländischen Behandlungskosten, sog Behandlungstourismus schützen wollen. Bei einer fehlenden Genehmigung könne der Patient lediglich nicht die Mehrkosten der ausländischen Behandlung erstattet bekommen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung RL 2011/24/EU vom 09.03.2011. Der Ausschluss jeglicher Erstattung widerspreche der Freizügigkeit, weil der Patient in seiner Wahlfreiheit eingeschränkt werde. Die Beklagte habe auch einen Vertrauenstatbestand zur anteiligen Kostenerstattung geschaffen, da sie in der Vergangenheit die Behandlungskosten im Ausland ohne vorherige Genehmigung übernommen habe.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen befragt. Auf die Aussagen von Prof. Dr. v. F., C.-Spital (Bl 36 f SG-Akte), Dr. G. (Bl 38 ff SG-Akte) und Dr. F. (Bl 44 ff SG-Akte) wird Bezug genommen. Mit Gerichtsbescheid vom 24.08.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erstattung der stationären Behandlungskosten in der Schweiz bestehe nicht. Anspruchsgrundlage sei § 13 Abs 4 und 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Krankenhausleistungen könnten nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V außerhalb Deutschlands in der EU, im Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung dürfe nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden könne. Die Beklagte habe vorliegend die Kostenübernahme zu Recht abgelehnt. Zwar bestehe ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zur Vornahme einer Darmoperation. Es fehle allerdings an der vorherigen Zustimmung durch die Beklagte. Die Klägerin sei am 21.10.2015 im C.-Spital in B. stationär aufgenommen worden, der Ablehnungsbescheid der Beklagten datiere vom 02.11.2015. Das Erfordernis der vorherigen Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im europäischen Ausland bzw der Schweiz verstoße weder gegen das Recht auf Freizügigkeit, noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Beeinträchtigung der Binnenmarktfreiheiten sei dadurch gerechtfertigt, dass im Falle der Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen im Ausland uU die finanzielle Stabilität der Krankenversicherungssysteme der Mitgliedstaaten gefährdet sein könne. Es bestehe auch kein Kostenerstattungsanspruch aufgrund eines Anspruchs auf nachträgliche Genehmigung der stationären Behandlung im C.-Spital. Entsprechend der Kriterien in § 13 Abs 5 Satz 2 SGB V sei maßgeblich, ob die gleiche oder eine entsprechende Behandlung rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden könne. Bei gleichwertiger Versorgung bestehe ein Vorrang zugunsten inländischer Leistungserbringer. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass die Klägerin die Genehmigung rechtzeitig vor Beginn bei der Beklagten hätte erwirken können. Zudem wäre auch eine rechtzeitige Behandlung in einem deutschen Krankenhaus möglich und geeignet gewesen. Bei Fehlen der vorherigen Genehmigung lasse sich auch kein Kostenerstattungsanspruch in Höhe der inländischen Kosten begründen. Nur wenn krankheitsbedingt die Einholung einer vorherigen Genehmigung oder eine gleichwertige Behandlung in Deutschland nicht möglich gewesen wäre, könne von diesem Erfordernis abgesehen werden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen Vertrauenstatbestand stützen. Zwar habe die Beklagte offenbar in der Vergangenheit die Kosten für eine stationäre Behandlung der Klägerin in der Schweiz übernommen, hieraus lasse sich jedoch nichts für die Behandlung ab 21.10.2015 herleiten. Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen fehlender Aufklärung über das Zustimmungserfordernis stützen. Ausweislich der Verwaltungsakte sei noch vor Behandlungsbeginn die Klägerin auf das Zustimmungserfordernis hingewiesen worden. Selbst wenn die Klägerin aufgrund der Beratung ihren Antrag rechtzeitig gestellt hätte, würde ihr kein Anspruch auf Kostenerstattung zustehen, da sie in einem deutschen Krankenhaus hätte behandelt werden können.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 30.08.2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 29.09.2017 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiter der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs 5 SGB V vorlägen. Entgegen der Auffassung des SG hätte eine rechtzeitige Behandlung in Deutschland nicht erlangt werden können. Rechtzeitig bedeute, dass eine Behandlung und Operation ohne Beeinträchtigung in Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt hätte durchgeführt werden können. Hiervon sei angesichts der Diagnosen nicht auszugehen. Die Operation sei unaufschiebbar gewesen. Am 07.10.2015 habe die Klägerin von Dr. G. die Diagnose erhalten, dass ein ca 3 cm großer Darmtumor vorhanden sei, der umgehend einer Operation bedürfe. Am 08., 09., 10. und 12.10.2015 seien weitere Untersuchungen und Abklärungen erfolgt. Der Klägerin sei gesagt worden, dass es sich um einen aggressiven und schnell wachsenden Tumor handele, was durch den Befund der Pathologie vom 26.10.2015 bestätigt werde. Am 13.10.2015 habe die Klägerin deshalb bei der Beklagten angerufen, weil für den 22.10.2015 die Operation vorgesehen gewesen sei. Zuvor habe die Klägerin bei Behandlungen und stationären Krankenhausaufenthalten in der Schweiz stets das Formular E 112 verwandt und Kostenerstattungen erhalten. Ihr sei nun mitgeteilt worden, dass das Formular nicht mehr erforderlich sei, sie eine Überweisung vorlegen müsse und eine Begründung, warum eine stationäre Aufnahme im C.-Spital notwendig sei. Am 20.10.2015 habe sich die Beklagte telefonisch bei der Klägerin gemeldet, ihr sei ohne nähere Begründung mitgeteilt worden, dass sie die Operation in Deutschland durchführen lassen müsse. Zu diesem Zeitpunkt sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, mit der Operation zuzuwarten. Prof. Dr. v. F. bestätige lediglich, dass eine Operation grundsätzlich auch in Deutschland hätte durchgeführt werden können, ebenso Dr. G.. Zur Unaufschiebbarkeit der Operation sei in diesen Auskünften nicht die Rede. Dr. F. habe bestätigt, dass die Befunde eine umgehende stationäre Behandlung notwendig gemacht hätten und insbesondere die psychische Belastung wegen der Vorerkrankung zu berücksichtigen gewesen sei. Die Beklagte habe insoweit das ihr bei der Entscheidung eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Die Beklagte sei erkennbar von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24.08.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 02.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die stationäre Behandlung im C.-Spital vom 21.10. bis 11.11.2015 einen Betrag iHv 27.831,43 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2016 zu bezahlen.
10 
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin hätte die gleiche bzw eine ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung ihrer Krankheit rechtzeitig in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland erlangen können. Aus den Unterlagen ergebe sich nicht, dass die Operation nicht rechtzeitig in Deutschland möglich gewesen wäre. Alleiniger Grund für die Inanspruchnahme der Behandlung in der Schweiz sei der Wunsch der Klägerin gewesen, dort operiert zu werden. Hätte die Klägerin zudem notfalloperiert werden müssen, wäre jedes Krankenhaus in Deutschland zur Aufnahme verpflichtet gewesen. Da die Klägerin die Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe, sei eine vorherige Zustimmung nicht mehr möglich gewesen. Somit lägen Ermessensfehler nicht vor. Durch die fehlende Rechtsgrundlage habe ein Ermessensspielraum nicht zur Verfügung gestanden.
13 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtzüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
15 
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten iHv 27.831,43 EUR anlässlich ihrer stationären Behandlung im C.-Spital B. in der Zeit vom 21.10. bis 11.11.2015.
16 
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3a SGB V kommt vorliegend nicht in Betracht. Selbst wenn der Antrag bereits am 13.10.2015 telefonisch wirksam gestellt worden wäre und die Frist von drei Wochen bis 03.11.2015 angesichts der maßgebenden Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids vom 02.11.2015 dann abgelaufen wäre (dazu Bundessozialgericht 11.07.2017, B 1 KR 1/17 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 37), greift die Vorschrift nicht. Denn § 13 Abs 3a SGB V findet nur auf Sachleistungsansprüche Anwendung, nicht auf Geldleistungen wie die hier streitigen Kostenerstattungsansprüche (BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 33 = BSGE 121, 40). Zudem besteht kein Kostenerstattungsanspruch, wenn sich Versicherte die Leistung bereits vor Fristablauf – wie hier bereits am 21.10.2015 – selbst beschaffen (BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 34).
17 
Als Anspruchsgrundlage kommen allein § 13 Abs 4 und 5 SGB V in Betracht. § 13 Abs 3 SGB V ist neben diesen Regelungen, die zur Umsetzung der passiven EU-Dienstleistungsfreiheit erlassen worden sind, nicht anwendbar (Schifferdecker in Kasseler Kommentar, 97. EL 12/2017, SGB V § 13 Rn 59 unter Hinweis auf BSG 30.6.2009, B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 21).
18 
Nach § 13 Abs 4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen. Nach § 13 Abs 5 SGB V können abweichend von Absatz 4 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann. Der Inhalt des § 13 Abs 5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs 4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der Krankenkasse für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen; die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V bleiben unberührt (BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
19 
§ 13 Abs 5 SGB V vollzieht die Rechtsprechung des EuGH nach und verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin weder gegen die Freizügigkeit noch die Dienstleistungsfreiheit (vgl EuGH 12.07.2001, C-157/99, Slg 2001, I-5473 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 = NJW 2001, 3391 [Smits/Peerbooms]; EuGH 13.05.2003, C-385/99, Slg 2003, I-4509 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 = NJW 2003, 2298 [Müller-Faure/van Riet]). In diesen Urteilen hat der EuGH Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen für vereinbar mit den Art 49 und 50 EGV (jetzt Art 56 f. AEUV) gehalten. Eine Beeinträchtigung der Binnenmarktfreiheiten kann gerechtfertigt sein, wenn anderenfalls die finanzielle Stabilität der Krankenversicherungssysteme der Mitgliedstaaten gefährdet sei. Das hat der EuGH bei Krankenhausleistungen bejaht (vgl auch Art 8 Abs 2 Buchst a i) RL 2011/24/EU, ABl L 88 v 04.04.2011, S 45).
20 
Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, gehört die Klägerin nicht zum Personenkreis derer, für die Behandlungen im anderen Staat auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten sind oder auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliegen (Residenten) und deren koordinationsrechtliche Sachleistungsansprüche den Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 4 und 5 SGB V verdrängen (§ 13 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Denn die Klägerin hat ihren Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Deutschland. Das C.-Spital ist ein zulässiger Leistungserbringer für einen Anspruch gemäß § 13 Abs 4 iVm Abs 5 SGB V. Da diese Kostenerstattungsansprüche nicht an die Einbindung in ein Sachleistungssystem anknüpfen, sondern die Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit in das deutsche Recht umsetzen, ist die Einbindung des ausländischen Leistungserbringers in ein solches System keine notwendige Anspruchsvoraussetzung (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 23 = BSGE 104, 1). Es genügt, dass die in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Privatklinik in diesem Mitgliedstaat ebenfalls Qualitätskontrollen unterliegt, und dass die in diesem Staat niedergelassenen Ärzte, die in dem genannten Krankenhaus tätig sind, gleiche berufliche Garantien wie die im Inland niedergelassenen Ärzte bieten. Dies ist bezüglich des C.-Spitals in der Schweiz und der dort tätigen Ärzte der Fall. Eine Zulassung des C.-Spitals zum deutschen Versorgungssystem ist nicht erforderlich.
21 
Jedoch liegt die nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V erforderliche vorherige Zustimmung der Beklagten zur Behandlung nicht vor, da die Behandlung bereits vor der Entscheidung der Beklagten begonnen wurde am 21.10.2015, während die vollständigen Unterlagen nach Auskunft der Beklagten dort erst am 23.10.2015 eingingen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Voraussetzung der Erteilung einer vorherigen Zustimmung teleologisch auf den Regelfall beschränkt, in dem sich ein Versicherter zur Krankenhausbehandlung ins Ausland begibt (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO). Genau dieser Fall liegt hier vor, denn die in Deutschland wohnhafte Klägerin hat sich zu einer geplanten Operation nach der Diagnose Kolonkarzinom zur Behandlung in die Schweiz begeben. Es liegt auch kein vergleichbarer Fall dazu vor, dass ein Versicherter unvorhergesehen im Ausland in einer Weise erkrankt, dass er gehindert ist, vor der Inanspruchnahme von Krankenhaus-Behandlung die hierfür grundsätzlich erforderliche Zustimmung seiner Krankenkasse einzuholen. In diesen Fällen darf ihm das Fehlen der förmlichen vorherigen Zustimmung jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt nicht entgegengehalten werden, bis zu welchem die Krankenkasse nach Beseitigung des Hindernisses die Zustimmung hätte erteilen können, wenn sie in der Sache bei rechtzeitiger Information die Zustimmung hätte erteilen müssen. Es wäre aber unverhältnismäßig und daher EU-rechtswidrig, die nachträglich zu erteilende Genehmigung einer Krankenkasse nicht ausreichen zu lassen, wenn der Berechtigte aus Krankheitsgründen gehindert war, eine vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen und diese Genehmigung an sich der Sache nach zu erteilen gewesen wäre. Das entspricht auch allgemeinen Grundgedanken des deutschen Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, handlungs- oder geschäftsunfähige Versicherte vor Rechtsnachteilen zu schützen, wenn sie nicht in der Lage sind, zur Wahrung ihrer Rechte gebotene günstige Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO).
22 
So liegt der Fall hier indes nicht. Die Klägerin war von Anfang an darauf festgelegt, die Behandlung im C.-Spital durchführen zu lassen. Es ist überhaupt nichts dafür ersichtlich, dass nicht in gleicher Weise wie beim C.-Spital, nach der Erstdiagnose und den weiteren Untersuchungen eine Operation in einem deutschen Krankenhaus hätte geplant werden können. Auch die vom SG befragten behandelnden Ärzte haben bestätigt, dass eine Darmoperation bei Darmkrebs in Deutschland in gleicher Weise möglich gewesen wäre. Es handelt sich um eine standardgemäße, leitliniengerechte Vorgehensweise bei Kolonkarzinom. Die Klägerin war weder gehindert, rechtzeitig die vorherige Zustimmung zu beantragen, noch wäre die Genehmigung in der Sache zu erteilen gewesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend auf die zutreffenden und umfassenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug genommen, ebenso wie bezüglich des geltend gemachten Vertrauensschutzes und der Frage einer fehlerhaften Aufklärung durch die Beklagte (§ 153 Abs 2 SGG).
23 
Ermessensfehler der Beklagten liegen nicht vor. Zwar steht die Entscheidung der Krankenkasse über die Erteilung der Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im EU-Ausland bzw der Schweiz in deren Ermessen. Da die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung angesichts der bereits erfolgten Operation jedoch nicht mehr über eine vorherige Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im Ausland befinden konnte, sondern nur noch über die Frage, ob ohne vorherige Genehmigung ein Anspruch auf Kostenerstattung bestand, handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
25 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
14 
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
15 
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten iHv 27.831,43 EUR anlässlich ihrer stationären Behandlung im C.-Spital B. in der Zeit vom 21.10. bis 11.11.2015.
16 
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3a SGB V kommt vorliegend nicht in Betracht. Selbst wenn der Antrag bereits am 13.10.2015 telefonisch wirksam gestellt worden wäre und die Frist von drei Wochen bis 03.11.2015 angesichts der maßgebenden Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids vom 02.11.2015 dann abgelaufen wäre (dazu Bundessozialgericht 11.07.2017, B 1 KR 1/17 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 37), greift die Vorschrift nicht. Denn § 13 Abs 3a SGB V findet nur auf Sachleistungsansprüche Anwendung, nicht auf Geldleistungen wie die hier streitigen Kostenerstattungsansprüche (BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 33 = BSGE 121, 40). Zudem besteht kein Kostenerstattungsanspruch, wenn sich Versicherte die Leistung bereits vor Fristablauf – wie hier bereits am 21.10.2015 – selbst beschaffen (BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 34).
17 
Als Anspruchsgrundlage kommen allein § 13 Abs 4 und 5 SGB V in Betracht. § 13 Abs 3 SGB V ist neben diesen Regelungen, die zur Umsetzung der passiven EU-Dienstleistungsfreiheit erlassen worden sind, nicht anwendbar (Schifferdecker in Kasseler Kommentar, 97. EL 12/2017, SGB V § 13 Rn 59 unter Hinweis auf BSG 30.6.2009, B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 21).
18 
Nach § 13 Abs 4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen. Nach § 13 Abs 5 SGB V können abweichend von Absatz 4 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann. Der Inhalt des § 13 Abs 5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs 4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der Krankenkasse für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen; die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V bleiben unberührt (BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
19 
§ 13 Abs 5 SGB V vollzieht die Rechtsprechung des EuGH nach und verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin weder gegen die Freizügigkeit noch die Dienstleistungsfreiheit (vgl EuGH 12.07.2001, C-157/99, Slg 2001, I-5473 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 = NJW 2001, 3391 [Smits/Peerbooms]; EuGH 13.05.2003, C-385/99, Slg 2003, I-4509 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 = NJW 2003, 2298 [Müller-Faure/van Riet]). In diesen Urteilen hat der EuGH Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt, unter bestimmten Voraussetzungen für vereinbar mit den Art 49 und 50 EGV (jetzt Art 56 f. AEUV) gehalten. Eine Beeinträchtigung der Binnenmarktfreiheiten kann gerechtfertigt sein, wenn anderenfalls die finanzielle Stabilität der Krankenversicherungssysteme der Mitgliedstaaten gefährdet sei. Das hat der EuGH bei Krankenhausleistungen bejaht (vgl auch Art 8 Abs 2 Buchst a i) RL 2011/24/EU, ABl L 88 v 04.04.2011, S 45).
20 
Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, gehört die Klägerin nicht zum Personenkreis derer, für die Behandlungen im anderen Staat auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten sind oder auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliegen (Residenten) und deren koordinationsrechtliche Sachleistungsansprüche den Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 4 und 5 SGB V verdrängen (§ 13 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Denn die Klägerin hat ihren Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Deutschland. Das C.-Spital ist ein zulässiger Leistungserbringer für einen Anspruch gemäß § 13 Abs 4 iVm Abs 5 SGB V. Da diese Kostenerstattungsansprüche nicht an die Einbindung in ein Sachleistungssystem anknüpfen, sondern die Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit in das deutsche Recht umsetzen, ist die Einbindung des ausländischen Leistungserbringers in ein solches System keine notwendige Anspruchsvoraussetzung (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 23 = BSGE 104, 1). Es genügt, dass die in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Privatklinik in diesem Mitgliedstaat ebenfalls Qualitätskontrollen unterliegt, und dass die in diesem Staat niedergelassenen Ärzte, die in dem genannten Krankenhaus tätig sind, gleiche berufliche Garantien wie die im Inland niedergelassenen Ärzte bieten. Dies ist bezüglich des C.-Spitals in der Schweiz und der dort tätigen Ärzte der Fall. Eine Zulassung des C.-Spitals zum deutschen Versorgungssystem ist nicht erforderlich.
21 
Jedoch liegt die nach § 13 Abs 5 Satz 1 SGB V erforderliche vorherige Zustimmung der Beklagten zur Behandlung nicht vor, da die Behandlung bereits vor der Entscheidung der Beklagten begonnen wurde am 21.10.2015, während die vollständigen Unterlagen nach Auskunft der Beklagten dort erst am 23.10.2015 eingingen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Voraussetzung der Erteilung einer vorherigen Zustimmung teleologisch auf den Regelfall beschränkt, in dem sich ein Versicherter zur Krankenhausbehandlung ins Ausland begibt (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO). Genau dieser Fall liegt hier vor, denn die in Deutschland wohnhafte Klägerin hat sich zu einer geplanten Operation nach der Diagnose Kolonkarzinom zur Behandlung in die Schweiz begeben. Es liegt auch kein vergleichbarer Fall dazu vor, dass ein Versicherter unvorhergesehen im Ausland in einer Weise erkrankt, dass er gehindert ist, vor der Inanspruchnahme von Krankenhaus-Behandlung die hierfür grundsätzlich erforderliche Zustimmung seiner Krankenkasse einzuholen. In diesen Fällen darf ihm das Fehlen der förmlichen vorherigen Zustimmung jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt nicht entgegengehalten werden, bis zu welchem die Krankenkasse nach Beseitigung des Hindernisses die Zustimmung hätte erteilen können, wenn sie in der Sache bei rechtzeitiger Information die Zustimmung hätte erteilen müssen. Es wäre aber unverhältnismäßig und daher EU-rechtswidrig, die nachträglich zu erteilende Genehmigung einer Krankenkasse nicht ausreichen zu lassen, wenn der Berechtigte aus Krankheitsgründen gehindert war, eine vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen und diese Genehmigung an sich der Sache nach zu erteilen gewesen wäre. Das entspricht auch allgemeinen Grundgedanken des deutschen Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, handlungs- oder geschäftsunfähige Versicherte vor Rechtsnachteilen zu schützen, wenn sie nicht in der Lage sind, zur Wahrung ihrer Rechte gebotene günstige Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO).
22 
So liegt der Fall hier indes nicht. Die Klägerin war von Anfang an darauf festgelegt, die Behandlung im C.-Spital durchführen zu lassen. Es ist überhaupt nichts dafür ersichtlich, dass nicht in gleicher Weise wie beim C.-Spital, nach der Erstdiagnose und den weiteren Untersuchungen eine Operation in einem deutschen Krankenhaus hätte geplant werden können. Auch die vom SG befragten behandelnden Ärzte haben bestätigt, dass eine Darmoperation bei Darmkrebs in Deutschland in gleicher Weise möglich gewesen wäre. Es handelt sich um eine standardgemäße, leitliniengerechte Vorgehensweise bei Kolonkarzinom. Die Klägerin war weder gehindert, rechtzeitig die vorherige Zustimmung zu beantragen, noch wäre die Genehmigung in der Sache zu erteilen gewesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend auf die zutreffenden und umfassenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug genommen, ebenso wie bezüglich des geltend gemachten Vertrauensschutzes und der Frage einer fehlerhaften Aufklärung durch die Beklagte (§ 153 Abs 2 SGG).
23 
Ermessensfehler der Beklagten liegen nicht vor. Zwar steht die Entscheidung der Krankenkasse über die Erteilung der Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im EU-Ausland bzw der Schweiz in deren Ermessen. Da die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung angesichts der bereits erfolgten Operation jedoch nicht mehr über eine vorherige Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im Ausland befinden konnte, sondern nur noch über die Frage, ob ohne vorherige Genehmigung ein Anspruch auf Kostenerstattung bestand, handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
25 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Apr. 2018 - L 11 KR 3833/17 zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. Apr. 2018 - L 11 KR 3833/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 11. Mai 2017 - B 3 KR 30/15 R

bei uns veröffentlicht am 11.05.2017

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 08. März 2016 - B 1 KR 25/15 R

bei uns veröffentlicht am 08.03.2016

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 17. Feb. 2010 - B 1 KR 14/09 R

bei uns veröffentlicht am 17.02.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kostenerstattung für eine im Jahr 2005 in Großbritannien durchgeführte Herzoperation.

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Psychotherapie.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger beantragte befundgestützt eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeittherapie (16.12.2013). Die Beklagte beauftragte Dr. D mit der Begutachtung, ohne den Kläger hierüber zu informieren (17.12.2013). Dr. D hielt die aktuell wirksame Psychodynamik der Erkrankung für nicht erkennbar und erwartete keinen hinreichenden Behandlungserfolg. Die Beklagte lehnte es ab, die Therapie zu bewilligen (Bescheid vom 27.1.2014, Widerspruchsbescheid vom 5.5.2014). Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Gerichtsbescheid vom 11.8.2014). Der Kläger hat sich 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie selbst beschafft und danach sein Klagebegehren auf Erstattung der von ihm hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von 2200 Euro gerichtet. Das LSG hat unter Anpassung des Tenors die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Ihr Schweigen auf den Leistungsantrag habe dessen Bewilligung fingiert (Urteil vom 17.6.2015).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 und 7 SGB V. Die Regelung begründe allein einen Kostenerstattungsanspruch für "erforderliche" Leistungen. Hieran habe es gefehlt.

4

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 11. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

                 
        

hilfsweise,

                 
        

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, dem Kläger 2200 Euro zu zahlen. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3a S 7 SGB V(in der seit 26.2.2013 geltenden Fassung des Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten sind erfüllt. Der Anwendungsbereich der Regelung ist eröffnet (dazu 1.). Die vom Kläger beantragten - hier nur noch streitigen - 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie gelten als von der Beklagten genehmigt (dazu 2.). Der Kläger beschaffte sich daraufhin die erforderliche Leistung selbst. Hierdurch entstanden ihm 2200 Euro Kosten (dazu 3.).

8

1. Der Kläger kann sich für die Erstattung der Kosten auf den Anspruch aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V nach dessen zeitlichem und sachlichem Anwendungsbereich berufen.

9

a) Die Regelung ist nach ihrem Geltungszeitraum anzuwenden. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht (vgl hierzu zB BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 13 f mwN)greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26.2.2013 stellen. Der Kläger stellte nach dem 25.2.2013, am 16.12.2013, bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer künftig zu leistenden Psychotherapie.

10

b) Die Regelung ist auch sachlich anwendbar. Denn der Kläger verlangt weder unmittelbar eine Geldleistung noch Erstattung für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Reha), sondern Erstattung für selbstbeschaffte Krankenbehandlung.

11

Die Regelung findet keine Anwendung auf Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung gerichtet sind. Das sind andere Ansprüche der Versicherten wegen sachleistungsersetzender Kostenerstattung etwa nach § 13 Abs 2 und 3 SGB V und wegen Geldleistungen mit Unterhaltsersatzfunktion. Der gesetzliche Erstattungsanspruch für die selbstbeschaffte erforderliche Leistung passt hierauf nicht (vgl zu Wortlaut und Regelungssystem aa). Versicherte können sich jederzeit Kredite zur Überbrückung von Zeiten verschaffen, in denen bei ihnen ein Bedarf entsteht, weil KKn den Versicherten zustehende Geldleistungsansprüche nicht auszahlen. Es bedarf hierfür keines besonderen Rechtsmechanismus, die gesetzliche Verzinsungsregelung greift (vgl § 44 SGB I). Der Gesetzgeber ging für die Regelung dementsprechend von einer "Ausnahme vom Sachleistungsprinzip" aus (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Die späteren Änderungen des Gesetzentwurfs (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 11) geben keinen Anlass zu einer hiervon abweichenden Auslegung.

12

Der Erstattungsanspruch bei Genehmigungsfiktion ist auch für Leistungen zur medizinischen Reha nicht gegeben. Das folgt aus Wortlaut und Binnensystem der Norm (dazu aa), Entstehungsgeschichte (dazu bb) und Regelungszweck im Gesamtsystem (dazu cc). Die vom Kläger begehrte und selbstbeschaffte Psychotherapie ist nicht Gegenstand der medizinischen Reha, sondern der Krankenbehandlung (dazu dd).

13

aa) Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die KK eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a S 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a S 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs 3a S 4 SGB V). Kann die KK die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Reha gelten die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V).

14

bb) Nach den Gesetzesmaterialien gelten für Leistungen zur medizinischen Reha die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen. Das Gesetz stellt dies ausdrücklich klar (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).

15

cc) Auch der Regelungszweck im Gesamtsystem verdeutlicht, dass das Gesetz Kostenerstattung wegen Genehmigungsfiktion für Leistungen zur medizinischen Reha nicht vorsieht. Der Gesetzgeber hat bewusst Leistungen zur medizinischen Reha aus dem Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V ausgeklammert. Schon die Vorgaben für die Zuständigkeitsklärung bei Leistungen zur medizinischen Reha (§ 14 SGB IX)würden zur gesetzlichen Regelung der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)nicht passen. Sie wären mit dem aufgezeigten Fristenregime des § 13 Abs 3a SGB V nicht kompatibel. Leitete der erstangegangene Träger einen Antrag innerhalb von zwei Wochen nach seinem Eingang weiter (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX),könnte dennoch innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang beim erstangegangenen Träger bereits die Genehmigungsfiktion eintreten (§ 13 Abs 3a S 1 und S 6 SGB V). Vergleichbares gilt für die unterschiedlichen Erstattungsregelungen (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V und § 15 SGB IX).

16

dd) Der Begriff der Leistungen zur medizinischen Reha ist funktionsadäquat auszulegen: Einerseits umfasst er in einem weiten Sinne Leistungen, die eine KK als erstangegangener Reha-Träger nach dem Recht des eigentlich zuständigen Trägers zu erbringen hat, wenn sie den Antrag nicht weiterleitet und deshalb im Außenverhältnis zum zuständigen Träger wird. Die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich in diesem Falle im Außenver-hältnis (behinderter Mensch/Reha-Träger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind(vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 RdNr 14 mwN). Einbezogen sind zB Adaptionsmaßnahmen, die eine KK allein nach dem Recht des SGB V nicht leisten müsste (vgl zB BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 16 ff). Dieser Schutzmechanismus darf nicht durch ein zu enges Begriffsverständnis der "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" ausgehebelt werden. Der Entscheidungszeitpunkt der KK spielt hierbei keine Rolle.

17

Andererseits erstreckt sich dieser Leistungsbegriff in der Regelung des § 13 Abs 3a S 9 SGB V - bei einem Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem engeren Sinne - nur auf die Leistungen zur medizinischen Reha im Sinne des SGB V. Das sind insbesondere die dort als solche bezeichneten Leistungen (§ 40 SGB V), aber auch zB teilweise Arbeitstherapie (vgl zB BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 21 ff, 26 mwN). Versicherte der GKV - wie der Kläger - haben gemäß § 11 Abs 2 S 1 SGB V ua Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Reha, die "notwendig sind, um eine Behinderung (…) abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern". Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs 2 S 3 SGB V). Die KKn - gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur medizinischen Reha - sind nach den Vorschriften des SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen indes nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet(vgl § 11 Abs 2, § 40 SGB V; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18).

18

Speziell für Psychotherapie unterscheidet das SGB V zwischen ärztlicher Behandlung einschließlich Psychotherapie (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V)als einem Teilbereich ambulanter Krankenbehandlung einerseits (vgl zu diesem Begriff in Abgrenzung zur ambulanten Reha § 40 Abs 1 S 1 SGB V) und Leistungen zur medizinischen Reha, zu deren Bestandteilen auch Psychotherapie gehören kann, und ergänzenden Leistungen andererseits (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V). Im Regelungsbereich ambulanter ärztlicher Behandlung im Rechtssinne wird die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien (RL) nach § 92 SGB V durchgeführt(vgl § 28 Abs 3 S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 2 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311; vgl BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 20 RdNr 10). Um eine solche Leistung psychotherapeutischer Krankenbehandlung ging es dem Kläger.

19

2. Grundvoraussetzung des Erstattungsanspruchs aufgrund Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V)ist, dass die beantragte Leistung im Sinne des Gesetzes nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V; dazu a). Das folgt aus dem oben aufgezeigten Wortlaut und dem Binnensystem der Norm (vgl oben, II. 1. b aa), Entstehungsgeschichte und Regelungszweck. Die vom Kläger beantragte Leistung galt in diesem Sinne als genehmigt (dazu b).

20

a) Der Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)ist in der Erstattungsregelung (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V) verkürzend mit den Worten "nach Ablauf der Frist" vorausgesetzt. Gemeint ist nicht jeder Fall des Ablaufs der Fristen nach § 13 Abs 3a S 1 oder S 4 SGB V. Der Erstattungsanspruch setzt nach seinem inneren Zusammenhang mit der Mitteilungspflicht (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V)und dem Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)vielmehr voraus, dass die KK keinen oder keinen hinreichenden Grund mitteilte. Nur im Fall grundlos nicht fristgerechter Leistungserbringung kann sich der Versicherte aufgrund der Regelung die erforderliche Leistung selbst beschaffen und Kostenerstattung von der KK verlangen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 29 f). Der Regelungszweck, Bewilligungsverfahren der KKn zu beschleunigen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, aaO S 29), zielt nicht darauf ab, hinreichend begründete Verzögerungen zu sanktionieren. Die Mitteilung mindestens eines hinreichenden Grundes bewirkt für die von der KK prognostizierte, taggenau anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als genehmigt gilt. Stellt sich nach Mitteilung einer ersten, sachlich gerechtfertigten Frist heraus, dass diese zunächst prognostizierte Frist sich aus hinreichenden Sachgründen als zu kurz erweist, kann die KK zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller die hinreichenden Gründe mit der geänderten taggenauen Prognose erneut - ggf wiederholt - mitteilen. Erst wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der letzten, hinreichend begründeten Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.

21

b) Die vom Kläger beantragte Psychotherapie galt wegen Fristablaufs als genehmigt. Denn der leistungsberechtigte Kläger (dazu aa) stellte bei der Beklagten einen hinreichend bestimmten Antrag (dazu bb) auf Leistung von 25 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeitpsychotherapie, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt (dazu cc). Diesen Antrag beschied die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs 3a S 1 SGB V, ohne dem Kläger hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen(dazu dd).

22

aa) Der Kläger ist als bei der Beklagten Versicherter leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen KK.

23

bb) Der Kläger beantragte hinreichend bestimmt die Gewährung einer Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen. Damit die Leistung im Rechtssinne nach Ablauf der Frist als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Entsprechend den allgemeinen, in § 42a VwVfG(Verwaltungsverfahrensgesetz idF durch Art 1 Nr 5 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften - 4. VwVfÄndG - vom 11.12.2008, BGBl I 2418 mWv 18.12.2008) normierten Grundsätzen (vgl Begründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines 4. VwVfÄndG, BT-Drucks 16/10493 S 15) gilt "eine beantragte Genehmigung (…) nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (…), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist". Da der Verwaltungsakt nicht erlassen, sondern fingiert wird, muss sich der Inhalt der fingierten Genehmigung aus dem Antrag in Verbindung mit den einschlägigen Genehmigungsvorschriften hinreichend bestimmen lassen (vgl Begründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines 4. VwVfÄndG, BT-Drucks 16/10493 S 16). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist(zu § 13 SGB V: Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 73; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 58l; s auch Gemeinsames Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund der KKn und der Verbände der KKn auf Bundesebene zur leistungsrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs 3a SGB V vom 15.5.2013, S 20; zu § 42a VwVfG: U Stelkens in P Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 42a RdNr 35 mwN).

24

So lag es hier. Der Klägerantrag auf Gewährung von Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen war im Rechtssinne hinreichend bestimmt und fiktionsfähig.

25

cc) Der Antrag des Klägers betraf eine Leistung, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck an. Denn die Genehmigungsfiktion begründet zugunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch, dem der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz entspricht (vgl § 13 Abs 3a S 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl zur Kostenfreistellung zB BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 16 mwN und Leitsatz 2). Auch der Kostenerstattungsanspruch aufgrund Genehmigungsfiktion setzt voraus, dass sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine "erforderliche" Leistung (entsprechend der fingierten Genehmigung; dazu II. 3. a) selbst beschaffen.

26

Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen. Die Gesetzesmaterialien sprechen beispielhaft den Fall an, dass die KK auch im Fall der selbstbeschafften Leistung, zum Beispiel bei einer notwendigen Versorgung mit Zahnersatz, nicht den vom Versicherten zu tragenden Eigenanteil zu übernehmen hat (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 30; im Ergebnis ähnlich etwa LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 9; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr 23 ff; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 58l; Vogl, NZS 2014, 210, 211; Werner, SGb 2015, 323, 325; aA etwa LSG NRW Beschluss vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KRL 16 KR 155/14 B - Juris RdNr 26 ff; Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 74; Kingreen in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 13 RdNr 29; Knispel, SGb 2014, 374, 376; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Preis/Schneider, NZS 2013, 281, 288; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 43).

27

Die beantragte Psychotherapie unterfällt ihrer Art nach dem Leistungskatalog der GKV, wie oben dargelegt. Der Kläger konnte auch aufgrund der fachlichen Befürwortung seines Antrags durch die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin T die Behandlung für geeignet und erforderlich halten. Der Gedanke an einen Rechtsmissbrauch liegt fern.

28

dd) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Wochen (§ 13 Abs 3a S 1 SGB V), ohne dem Kläger hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen: Sie teilte ihm keinerlei Gründe mit. Die Frist von drei Wochen ist maßgeblich, weil die Beklagte den Kläger nicht über die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme unterrichtete (vgl zur Pflicht § 13 Abs 3a S 2 SGB V). Ohne diese gebotene Information kann der Leistungsberechtigte nach Ablauf von drei Wochen annehmen, dass sein Antrag als genehmigt gilt (aA Rieker, NZS 2015, 294, 296). Die Frist begann am Dienstag, dem 17.12.2013 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1 BGB). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)ging der Antrag des Klägers am 16.12.2013 der Beklagten zu. Die Frist endete am Montag, dem 6.1.2014 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 188 Abs 2 BGB). Die Beklagte entschied erst später, am 27.1.2014, über den Antrag des Klägers.

29

3. Der Kläger beschaffte sich die erforderliche Leistung von 24 Sitzungen Psychotherapie selbst, nachdem sie als genehmigt galt (dazu a). Hierdurch entstanden ihm 2200 Euro Kosten (dazu b).

30

a) Die genehmigte Leistung, die sich der Kläger beschaffte, war auch noch im Zeitpunkt der Beschaffung erforderlich. Der Kläger beachtete nämlich Art und Umfang der fingierten Genehmigung von 25 Sitzungen Psychotherapie. Er beschaffte sich die Leistung zeitnah nach Eingreifen der Genehmigungsfiktion. Die fingierte Genehmigung hatte sich bei der Beschaffung auch nicht erledigt. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Leistung nicht mehr (subjektiv) erforderlich gewesen wäre.

31

Auch eine fingierte Genehmigung - wie jene des Klägers - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (vgl § 39 Abs 2 SGB X; vgl hierzu bei nicht fingierter Genehmigung zB BSG SozR 4-2500 § 55 Nr 2 RdNr 24; rechtsähnlich BVerwGE 48, 87, 90, 92 ff zu § 19 Abs 4 S 3 BBauG vom 23.6.1960, BGBl I 341). So kann etwa - für den Versicherten erkennbar - eine "Erledigung auf andere Weise" einer fingierten Genehmigung einer beantragten Krankenbehandlung eintreten, wenn die ursprünglich behandlungsbedürftige Krankheit nach ärztlicher, dem Betroffenen bekannter Einschätzung vollständig geheilt ist: Es verbleibt durch diese Änderung der Sachlage für die getroffene Regelung kein Anwendungsbereich mehr. Sie kann nach ihrem Inhalt und Zweck keine Geltung für den Fall derart veränderter Umstände beanspruchen. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 14 mwN; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 24). In diesem Sinne ist die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Geänderte Umstände, die die Genehmigung im Zeitpunkt der Beschaffung entfallen ließen, hat indes weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.

32

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, der Kläger sei deshalb nicht "schutzbedürftig", weil ihm vor Selbstverschaffung der genehmigten Therapiemaßnahmen die ablehnende Entscheidung der Beklagten zugegangen und seine Therapeutin Kenntnis vom Begutachtungsergebnis erlangt habe. Die fingierte Genehmigung schützt den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs. Die spätere Mitteilung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und die Information der Therapeutin über das Gutachten lassen die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion unberührt; die Ablehnung der Leistung regelt weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme oder den Widerruf der fingierten Genehmigung (vgl hierzu §§ 45, 47 SGB X).

33

b) Dem Kläger entstanden nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dadurch Kosten in Höhe von 2200 Euro, dass er sich die erforderliche genehmigte Leistung selbst beschaffte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger ohne Selbstbeschaffung der Leistung einen Eigenanteil der Therapiekosten zu tragen gehabt hätte (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 30).

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine Kopforthese einschließlich deren Anpassung.

2

Eine Kopforthese ist ein leichter Helm, der nach einem Schädelabdruck oder einem 3D-Schädelscan individuell angefertigt und in der Regel mehrere Monate lang für 23 Stunden täglich vom Säugling getragen wird. In dieser Zeit wird sie dem Kopfwachstum entsprechend mehrfach angepasst.

3

Bei dem am 30.1.2013 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse versicherten Kläger bestand seit der Geburt an einer rechtsseitig abgeflachten Asymmetrie des Schädels (Plagiocephalus rechts) ohne frühzeitige Verknöcherung der Schädelnähte (dh nicht synostotisch verursacht), die mittels Lagerungstherapie, Krankengymnastik und osteopathischen Behandlungen nicht ausgeglichen werden konnte. Auf der Grundlage der ärztlichen Verordnung einer dynamischen Kopforthese vom 24.4.2013 und eines hierzu von einer Firma für Orthopädietechnik gefertigten Kostenvoranschlags über 1965,34 Euro ging für ihn am 30.4.2013 ein entsprechender Antrag auf Versorgung bei der Beklagten ein. Diese lehnte den Antrag ab, da die Versorgung mit einer Kopforthese eine nicht anerkannte Behandlungsmethode sei, deren medizinischer Nutzen nicht hinlänglich durch Studien nachgewiesen sei (Bescheid vom 28.5.2013).

4

Bei der ärztlich verordneten Vermessung des Schädels per Scan am 21.5.2013 zeigte sich bei dem Kläger eine Differenz der Schädeldiagonalen von 10,3 mm. Die Firma für Orthopädietechnik stellte den Eltern des Klägers die dynamische Kopforthese nach Scan am 28.8.2013 in Rechnung. Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nach Aktenlage ein und wies den Widerspruch des Klägers mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Kopforthesentherapie zurück (Widerspruchsbescheid vom 3.9.2013). Die Helmtherapie endete mit Erhebung der Abschlussdaten am 5.11.2013.

5

Das SG hat die auf Erstattung der gezahlten oa Kosten gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3.3.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V seien nicht gegeben. Trotz des kurzen Zeitfensters von wenigen Monaten zur Regulierung der Schädelasymmetrie sei die Leistung nicht so eilbedürftig gewesen, als dass vor Behandlungsbeginn eine Entscheidung der Krankenkasse nicht habe abgewartet werden können. Auf den notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Kläger komme es jedoch nicht entscheidend an, weil die Beklagte jedenfalls den Antrag nicht rechtswidrig abgelehnt habe. Es handele sich um eine neue Therapiemethode, die der GBA nicht empfohlen habe und die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abrechnungsfähig gewesen sei; insbesondere nicht nach der Krankheitsbilder des Stütz- und Bewegungsapparates betreffenden EBM-Ä-Ziffer 18310, die als Zusatzpauschale in Höhe von 21,60 Euro die Kopforthesentherapie nicht ausreichend abbilde. Es habe auch kein Ausnahmetatbestand vorgelegen, aufgrund dessen ein Anspruch auch ohne positive Empfehlung des GBA in Betracht kommen könne. Unerheblich sei deshalb, ob der Plagiocephalus Krankheitswert gehabt habe (Urteil vom 11.6.2015).

6

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Es habe sich um eine unaufschiebbare Leistung iS des § 13 Abs 3 Alt 1 SGB V gehandelt, da die Behandlung einer Schädelasymmetrie während der erheblichen Wachstumsphase innerhalb eines nur sehr kurzen Zeitfensters begonnen werden müsse. Nach einer Entscheidung des SG Leipzig (Urteil vom 16.12.2014 - S 27 KR 488/13) sei davon auszugehen, dass die Behandlung mittels einer Kopforthese durch die EBM-Ä-Ziffer 18310 ausreichend abgebildet werde, sodass eine positive Empfehlung des GBA nicht erforderlich sei. Zudem werde in der Medizin diskutiert, dass die Lagerungsasymmetrie zu Hirnveränderungen mit motorischen und kognitiven Defiziten führen könne. Da die Standardtherapien mittels Lagerung und Physiotherapie nicht ausreichten, müsse die Kopforthesentherapie nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Vermeidung einer grundgesetzwidrigen notstandsähnlichen Situation erbracht werden. Schließlich habe der GBA ein Verfahren zur Überprüfung der Methodik der Kopforthesenbehandlung nicht zeitgerecht durchgeführt, obwohl die Gemeinsame Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin bereits in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2012 eine weitere wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung der Thematik angeregt habe.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 3. März 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 zu verurteilen, ihm 1965,34 Euro zu erstatten.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts und führt ergänzend aus, von einer notstandsähnlichen Situation könne nicht schon dann ausgegangen werden, wenn eine mögliche, aber unwahrscheinliche Folge schwerwiegend sein könne. Da die Auswertung der zahlreichen Studien zur Kopforthesenbehandlung längere Zeit in Anspruch nehme, sei auch nicht von einem Systemversagen auszugehen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

11

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat nicht abschließend über den vom Kläger gegen die beklagte Krankenkasse geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Herstellung und Anpassung einer Kopforthese in Höhe von 1965,34 Euro entscheiden.

12

Versicherte erhalten die Leistungen der Krankenkassen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen (§ 2 Abs 1 S 1, Abs 2 SGB V), und die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (§ 13 Abs 1 SGB V). Wie das LSG zutreffend entschieden hat, ergibt sich der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zwar nicht aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V(hierzu 1.). Zum darüber hinaus aber noch in Betracht kommenden Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs 3a SGB V fehlt es an Feststellungen des LSG, ohne die der Senat nicht beurteilen kann, ob sich der Erstattungsanspruch aus dieser Vorschrift ergibt(hierzu 2.). Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

13

1. Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF in der bis heute unveränderten Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266) lagen nicht vor.

14

Nach dieser Vorschrift sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1, hierzu a>) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2, hierzu b>) und Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift ersetzt den primär auf die Sach- oder Dienstleistung gerichteten Anspruch, wenn das Sachleistungs- bzw Naturalleistungssystem versagt und sich die Versicherten die Leistungen selbst beschaffen (vgl zB BSGE 73, 271, 276 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 9, 15; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 106). Das Unvermögen der Krankenkasse, die Leistung rechtzeitig zu erbringen, sowie die rechtswidrige Verweigerung der Sachleistung berechtigen den Versicherten, sich die Leistung in Durchbrechung des Sachleistungsprinzips selbst zu beschaffen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung grundsätzlich nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V nur dann, wenn die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs vorliegen(stRspr, vgl zB BSGE 70, 24, 26 = SozR 3-2500 § 12 Nr 2 S 1, 3; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12 mwN; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 10 mwN).

15

a) Die Beklagte hat es nicht versäumt, eine unaufschiebbare Leistung rechtzeitig zu erbringen.

16

Unaufschiebbar ist eine Leistung, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht und daher die Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet werden kann. Leistungen, auf die kein Anspruch besteht, können schon mangels Notwendigkeit nicht dringlich sein. So verhält es sich hier. Eine Behandlung mittels Kopforthese gehört bis heute nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV; vgl hierzu näher die Parallelentscheidungen des Senats zum Komplex vom 11.5.2017 zu den Aktenzeichen B 3 KR 1/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R). Die Schädelasymmetrie des Klägers erreichte darüber hinaus keinen Krankheitswert und bot aufgrund ihrer geringen Ausprägung auch im Rahmen von Vorsorgeleistungen keinen Anlass zur Behandlung mittels Kopforthese (hierzu b>).

17

Zudem hätte selbst bei einer Behandlungsnotwendigkeit kein Eilbedürfnis für eine Leistung im Sinne einer Unaufschiebbarkeit bestanden. Denn dies setzt voraus, dass der angestrebte Behandlungserfolg bei einem Abwarten der Entscheidung der Krankenkasse nicht mehr eintreten kann oder dass ein weiteres Zuwarten - zB wegen der Intensität der Schmerzen - nicht mehr zumutbar ist; das Ausmaß der Dringlichkeit einer Notfallbehandlung iS des § 76 Abs 1 S 2 SGB V, die regelmäßig als Sachleistung zu gewähren ist, muss nicht erreicht sein(vgl zB BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 13 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 23; vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - Juris RdNr 14 mwN; Helbig in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 42 mwN).

18

Wie das Berufungsgericht revisionsrechtlich beanstandungsfrei ausgeführt hat, lag ein solches Eilbedürfnis nicht vor. Es bestand danach kein hinreichender Grund dafür, nicht zunächst die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Zwar wird die Kopforthesentherapie in der Regel zwischen dem vierten und dem sechsten bzw spätestens bis zum 12. Lebensmonat begonnen, weil in den ersten sechs Lebensmonaten wegen des schnellen Kopfwachstums die besten Erfolge zu erwarten sind (vgl Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, 2012, S 6, 9, abrufbar unter: www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html - recherchiert im April/Mai 2017 ; ähnlich Frey, Analyse der subjektiven Beurteilung der Kopforthesentherapie bei Lagerungsplagiocephalus durch Eltern behandelter Kinder in der craniofacialen Sprechstunde des Universitätsklinikums Würzburg, Dissertation, 2014, S 15; Funke ua, Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 438, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017). Da der Kläger aber bei Antragstellung erst ca drei Monate alt war, gab es jedenfalls ein Zeitfenster von bis zu mehreren Monaten. Eine Entscheidung der Krankenkasse war aber innerhalb weniger Wochen zu erwarten (vgl § 13 Abs 3a SGB V). Medizinische Gesichtspunkte dafür, dass die Behandlung selbst in diesem zeitlichen Rahmen keinen Aufschub mehr duldete, sind nicht ersichtlich. Versicherte dürfen sich eine Behandlung indessen regelmäßig erst dann selbst beschaffen, wenn die Krankenkasse die Möglichkeit zur Prüfung und Erbringung im Wege der Sachleistung hatte. Denn mit der Selbstbeschaffung einer Leistung können Gesundheitsgefahren verbunden sein, Behandlungsalternativen können übersehen werden, und die Einhaltung des Sachleistungsprinzips liegt zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen nicht nur im Interesse des betroffenen Antragstellers, sondern auch grundsätzlich im Interesse der Versichertengemeinschaft (vgl §§ 2, 12 SGB V; vgl auch zB BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12).

19

b) Die Beklagte hat die Versorgung des Klägers mittels Kopforthese auch nicht iS von § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V zu Unrecht abgelehnt, sondern zu Recht.

20

Der Kläger hatte zu dem Zeitpunkt, als er sich die Kopforthese selbst beschaffte (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V allgemein näher vgl zB BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 29 RdNr 14 und Nr 32 RdNr 10; BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 13) keinen Anspruch auf die Kopforthese als Sachleistung. Schon deshalb kommt es hier darauf, ob dem Kläger die Kosten für die Kopforthese durch die ablehnende Entscheidung entstanden sind, - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht an.

21

Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einer Kopforthese schied aus, weil die Schädelasymmetrie bei ihm von solch geringer Ausprägung war, dass es sich nicht um eine (behandlungsbedürftige) Krankheit iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V(in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung durch das Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988, BGBl I 2477) handelte (dazu aa>). Es bestand auch kein Anlass zur Versorgung mit einer Kopforthese im Rahmen von medizinischen Vorsorgeleistungen iS des § 23 Abs 1 SGB V(in der in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Bei einer Schädelasymmetrie von so geringem Ausmaß, wie sie beim Kläger vor der Versorgung gegeben war, kommt es auf einen ggf vom GBA zu bewertenden Nutzen einer Kopforthese nicht an (vgl hierzu aber Parallelentscheidungen des BSG vom 11.5.2017 zu den Aktenzeichen B 3 KR 1/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R). Denn die Frage, ob einer körperlichen Unregelmäßigkeit im Einzelfall Krankheitswert zukommt und ob daher überhaupt Behandlungsmaßnahmen nach § 27 Abs 1 SGB V indiziert sind, ist nicht vom GBA, sondern allein von den Gerichten zu entscheiden. Gleiches gilt für das Ausmaß an Regelwidrigkeit des kindlichen Kopfes, das als Anlass für die Gewährung medizinischer Vorsorgemaßnahmen iS des § 23 Abs 1 SGB V erreicht sein muss(dazu bb>).

22

aa) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Voraussetzung des Behandlungsanspruchs auch mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V) ist daher das Vorliegen einer Krankheit im Rechtssinne. Unter einer Krankheit versteht die Rechtsprechung einen regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand, der behandlungsbedürftig ist oder Arbeitsunfähigkeit bedingt. Regelwidrig ist ein Körperzustand, der vom Leitbild eines gesunden Menschen abweicht, wobei nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zukommt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 10; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 13 f).

23

Die Schädelasymmetrie des Klägers bestand unmittelbar vor der Versorgung mit der Kopforthese ausweislich des am 21.5.2013 erfolgten Schädelscans bei einer Differenz der Schädeldiagonalen von 10,3 mm. Darin liegt kein regelwidriges krankheitswertiges Ausmaß im dargelegten Sinne.

24

In der zu dieser Zeit vorliegenden Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen ("Helmtherapie", Studie der Autoren: Rosenbaum, Borusiak, Schweitzer, Berweck, Sprinz, Straßburg, Klepper, 2012, S 2 f, veröffentlicht im Internet unter: www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html - recherchiert im April/Mai 2017) werden insoweit Studien aufgeführt, nach denen zur Vermessung der Schädelasymmetrie zwei Diagonalen auf den knöchernen Schädel projiziert werden, die durch den Kreuzungspunkt von Längs- und Querdurchmesser des Schädels gehen und jeweils um 30 Grad vom Längsdurchmesser des Schädels abweichen. Wird die Längendifferenz dieser beiden Diagonalen durch die größere Diagonalenlänge dividiert, ergibt sich ein Wert, der bis zu 3 mm bzw 3,5 mm als Normwert angesehen wird; bei einem Wert bis einschließlich 12 mm liegt danach eine milde/moderate Form der Asymmetrie vor und erst wenn der Wert 12 mm übersteigt, muss von einer moderaten bis schweren Form der Asymmetrie ausgegangen werden. Das korrespondiert mit der Bewertung von Funke ua (Funke ua in Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017), nach der Werte bis 10 mm dem Normbereich zugerechnet werden (so auch Frey, Analyse der subjektiven Beurteilung der Kopforthesentherapie bei Lagerungsplagiocephalus durch Eltern behandelter Kinder in der craniofacialen Sprechstunde des Universitätsklinikums Würzburg, Dissertation, 2014, S 12); erst ab Werten von 15 mm und mehr wird danach eine Asymmetrie erreicht, bei der eine Helmtherapie indiziert sein kann. Die Plausibilität des Normbereichs bis 10 mm erklären die Autoren ua mit einem Kontrollkollektiv von 20 Säuglingen, bei denen nie die Diagnose einer Schädelasymmetrie gestellt wurde, und die durchschnittlich eine Differenz von 6 mm und eine Streuung bis 11 mm aufwiesen. Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Asymmetrie als solche das Wohlbefinden des Kindes nicht beeinträchtigt (vgl hierzu ua Biedermann, Kinder- und Jugendarzt, 2010, 723, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de , recherchiert im April/Mai 2017 ) und ein medizinischer Nutzen der Helmtherapie über eine rein kosmetische Verbesserung der Schädelasymmetrie hinaus nicht belegt ist (Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen - "Helmtherapie", aaO, S 9). Milde Deformitäten können zudem mit rechtzeitiger Lagerungstherapie und ggf Physiotherapie gut behandelt werden (Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission, ebenda).

25

Beim Kläger lag ausgehend davon bei einer bei ihm bestehenden Differenz von 10,3 mm eine (nur) milde Form der Schädelasymmetrie vor, die nach der Einteilung von Funke ua (Funke ua in: Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017) beinahe noch im Normbereich lag. Für das Vorliegen funktioneller Einschränkungen gab es keine Anhaltspunkte. Es existierten zu der Zeit, als die Eltern des Klägers die Kopforthese selbst beschafften, keine wissenschaftlich haltbaren Daten, die einen Zusammenhang zwischen einer Schädelasymmetrie im Säuglingsalter und späteren Erkrankungen oder Beeinträchtigungen, weder somatisch noch psychisch, belegen (vgl Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission, aaO, S 4). Die körperliche Unregelmäßigkeit beeinträchtigte den Kläger in seinen Körperfunktionen nicht und wirkte in diesem Ausmaß auch keinesfalls entstellend. Solche Folgen waren auch bei weiterem Zuwarten ohne therapeutische Einwirkungen nicht zu erwarten, sodass ausgehend von den dargestellten Erkenntnissen keine Krankheit im Rechtssinne vorlag.

26

Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass zwar durchaus schon Frühstadien einer Erkrankung oder Krankheitsanlagen und sogar Krankheitsrisiken in bestimmtem Maße oder der hinreichende Verdacht einer Krankheit einen Behandlungsanspruch auslösen können (vgl hierzu ausführlich zB E. Hauck, NJW 2016, 2695; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 27 SGB V RdNr 30 ff, insbesondere RdNr 83 ff, Stand Mai 2005). Es lagen aber insbesondere ausgehend von den durch die gemeinsame Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen ausgewerteten Studien (vgl Stellungnahme der Kommission aus 2012, aaO) keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine milde/moderate Form der Schädelasymmetrie ohne weitere Behandlung in einem fortgeschrittenen Alter Krankheitswert im Rechtssinne erreichen könnte.

27

bb) Das Klagebegehren führt gleichermaßen nicht unter dem Blickwinkel des § 23 Abs 1 SGB V zum Erfolg.

28

Nach dieser Regelung haben Versicherte (schon) Anspruch auf ärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,

1.    

eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,

2.    

einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,

3.    

Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder

4.    

Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

29

Diese Vorschrift gewährt Ansprüche zur Abwendung eines Krankheitsrisikos mithin bereits vor der Manifestation einer Krankheit iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V. Allerdings setzt ein Leistungsanspruch im Vorfeld einer Krankheit wenigstens eine Schwächung der Gesundheit oder das Drohen von Krankheit oder deren Verschlimmerung voraus oder Pflegebedürftigkeit, die es zu vermeiden gilt (vgl zB Schütze in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 23 RdNr 19 ff mwN). Beim Kläger lagen indessen - wie bereits ausgeführt - weder hinreichende Anhaltspunkte für eine bevorstehende Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit vor, noch handelte es sich um eine Schwächung der Gesundheit iS von § 23 Abs 1 Nr 1 SGB V. Geschwächt ist die Gesundheit, wenn sie - ohne krankheitswertig iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V zu sein - im Hinblick auf eine drohende Erkrankung so angegriffen ist, dass die körperliche Leistungsfähigkeit abweichend vom Normalzustand des altersgerecht gesunden Menschen alltäglichen gesundheitlichen Belastungen nicht mehr standzuhalten vermag, oder wenn der Allgemeinzustand so labil ist, dass bei gleichbleibender Belastung - außerberuflich und beruflich - mit dem Ausbruch einer Erkrankung zu rechnen ist(vgl zB Schütze in jurisPK-SGB V, aaO, § 23 RdNr 34 mwN). Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben.

30

Ein Versorgungsanspruch kann ebenso nicht auf § 23 Abs 1 Nr 2 SGB V gestützt werden, nach dem speziell bei Kindern bereits eine Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung einen Behandlungsanspruch auslöst. Die gesundheitliche Entwicklung eines Kindes ist gefährdet, wenn der Entwicklungsprozess der altersgerechten Ausbildung der körperlichen, geistigen und seelischen Anlagen entweder bereits zurückgeblieben oder auf andere Weise beeinträchtigt oder mit Wahrscheinlichkeit mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist (vgl zB Schütze, aaO, § 23 RdNr 42 mwN). Es lagen - wie bereits beschrieben - keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei einer Schädelasymmetrie von solch moderater Form, wie sie beim Kläger bestand, mit Entwicklungsbeeinträchtigungen im Hinblick auf körperliche, geistige oder seelische Funktionen zu rechnen war. Zwar setzt eine Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung iS des § 23 Abs 1 Nr 2 SGB V nicht unbedingt eine zu erwartende Funktionseinbuße voraus; vielmehr können danach auch anderweitige Beeinträchtigungen, wie etwa Wachstumsschwächen oder vergleichbare Entwicklungsverzögerungen von rechtlich relevantem Ausmaß schon Leistungsansprüche auslösen. Individuelle Unterschiede, die sich im Leitbild des Zustandes eines gesunden Menschen halten, sind für das Leistungsrecht der GKV jedoch grundsätzlich unbeachtlich. Krankenversicherungsrechtlich relevant können Beeinträchtigungen daher auch in Bezug auf die gesundheitliche Entwicklung von Kindern nur dann sein, wenn sie über die Bandbreite individueller Verschiedenheiten hinaus als wesentliche Störung der normalen kindlichen Entwicklung erscheinen. Ist eine Funktionsbeeinträchtigung dagegen nicht zu erwarten, muss die drohende Beeinträchtigung für das betroffene Kind das erträgliche Maß überschreiten, und es müssen zweckmäßige und wirtschaftliche Reaktionsmöglichkeiten bestehen.

31

Die Leistungsvoraussetzungen nach § 23 SGB V sind bei einer Schädelasymmetrie, die - wie bei dem Kläger - nahe beim Normbereich liegt, jedenfalls für eine Versorgung mit einer Kopforthese nicht erfüllt, da eine solch geringfügige Normabweichung wirtschaftlicher mit einer Lagerungstherapie und ggf Physiotherapie behandelt werden kann und selbst unbehandelt mit einem Rückgang der Asymmetrie im Laufe der Entwicklung zu rechnen ist(so Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, aaO, S 5 f, 9). Zudem leben sowohl zahlreiche Kinder und vor allem Säuglinge als auch viele Menschen im erwachsenen Alter mit Schädelasymmetrien in diesem Ausmaß ohne Einschränkungen (vgl Funke ua in Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de sowie Biedermann, Kinder- und Jugendarzt, 2010, 723, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de , recherchiert im April/Mai 2017 ).

32

2. Zu den Voraussetzungen eines auf § 13 Abs 3a SGB V gestützten Kostenerstattungsanspruchs fehlt es an notwendigen Feststellungen des Berufungsgerichts, weshalb die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden muss(§ 170 Abs 2 SGG).

33

a) Abs 3a des § 13 SGB V war in Bezug auf den am 30.4.2013 bei der Beklagten eingegangenen Antrag des Klägers auf Versorgung mit einer Kopforthese bereits anwendbar. Die Regelung wurde nämlich mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Art 2 Nr 1 Patientenrechtegesetz vom 20.2.2013, BGBl I 277) mit Wirkung zum 26.2.2013 geschaffen.

34

b) Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Kann die Krankenkasse die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 des SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V).

35

c) Der Anwendung von § 13 Abs 3a SGB V im Falle des Klägers steht S 9 dieser Vorschrift nicht entgegen, denn die Versorgung eines Säuglings mit einer Kopforthese zur Behandlung einer Schädelasymmetrie gehört nicht zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation.

36

Die Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen nach dem SGB IX dienen nach ihrer im Gesetz angelegten Zielrichtung primär der Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie der Vermeidung und dem Entgegenwirken von Benachteiligungen (§ 1 S 1 SGB IX).Eine trennscharfe Abgrenzung zu sonstigen Leistungen der GKV ist allerdings mangels hinreichend konkreter normativer Vorgaben und Überschneidungen der Ziele (vgl § 11 Abs 2 SGB V sowie § 4 Abs 1 Nr 1, § 26 Abs 1 Nr 1 SGB IX) schwierig. Die Abgrenzung zwischen stationärer Rehabilitation und Krankenhausbehandlung hat die Rechtsprechung bisher im Wesentlichen nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden, der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und dem Hauptziel der Behandlung getroffen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 14 Leitsatz und RdNr 13 ff unter Fortführung von BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Die sog "erweiterte ambulante Physiotherapie" - eine medizinische Trainingstherapie unter Kombination von Leistungen, die der "Funktionswiederherstellung oder Funktionsverbesserung nach Unfallverletzungen mit Störungen ganzer Funktionsketten oder nach Berufskrankheiten" dient und nur in speziellen Rehabilitations-Zentren mit entsprechender personeller, apparativer und räumlicher Ausstattung erbracht werden kann - wird der ambulanten Rehabilitation zugeordnet (BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 § 40 Nr 5 Leitsatz 3 und RdNr 24 ff), weil es sich um eine nachakute, intensivierte Therapieform mit auf die Rehabilitation bezogener Zielrichtung handelt. Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln ist insoweit insbesondere die gesetzlich unterschiedlich definierte Zweckdienlichkeit nach § 33 Abs 1 S 1 Var 1 SGB V(= "um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern") und nach § 31 Abs 1 Nr 2 SGB IX(= "um den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern") zu berücksichtigen.

37

Danach handelt es sich bei einem Hilfsmittel, das - wie hier die Kopforthese - nicht im Rahmen einer stationären oder ambulanten Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt wird, jedenfalls dann nicht um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, wenn es nach der Zielrichtung seines Einsatzes primär einer (akuten) Krankenbehandlung dienen soll. Soweit der Schädelasymmetrie Krankheitswert zukommt, zielt der Einsatz einer Kopforthese hauptsächlich auf die Heilung der Krankheit (vgl § 27 Abs 1 S 1 SGB V) und nicht darauf, eine Behinderung oder deren Folgen günstig zu beeinflussen oder abzuwenden (vgl § 11 Abs 2 SGB V; § 4 Abs 1 Nr 1, § 26 SGB IX). Die Schädelasymmetrie soll nämlich mittels der Kopforthese als technisches Hilfsmittel und zwar in Form einer - wie dargestellt - eng zeitgebundenen Akutbehandlung therapiert werden; demgegenüber liegt eine Behinderung weder bereits vor noch ist mit ihrem Eintritt typischerweise unmittelbar zu rechnen.

38

d) Einem mithin grundsätzlich in Betracht kommenden Anspruch des Klägers auf Erstattung der für die Kopforthesenversorgung aufgewandten Kosten aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V steht - anders als einem Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V - auch nicht entgegen, dass eine Sachleistung betroffen ist, die allgemein nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört.

39

Weder der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V noch der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V setzen voraus, dass die Leistung objektiv medizinisch notwendig und vom Leistungsumfang der GKV umfasst ist. Voraussetzung dafür ist vielmehr lediglich, dass der Versicherte subjektiv von der Erforderlichkeit der Leistung ausgehen durfte (BSG Urteil vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25). Auch insoweit folgt der 3. Senat der Auffassung des 1. Senats uneingeschränkt.

40

Obwohl die Schädelasymmetrie beim Kläger von ihrem Ausmaß her weder eine Krankheit im Rechtssinne darstellte noch eine rechtlich relevante Gefährdung seiner gesundheitlichen Entwicklung befürchten ließ, durfte der Kläger jedenfalls die beantragte Kopforthesentherapie für eine medizinisch erforderliche Leistung halten, die nicht "offensichtlich" außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Denn der behandelnde Arzt brachte spätestens mit der Verordnung der Kopforthese dem Kläger gegenüber zum Ausdruck, dass er der konkret vorliegenden körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert beimaß und dass er annahm, die Kopforthesentherapie stelle insoweit eine geeignete und erforderliche Behandlung im System der GKV dar. Der Kläger war nicht gehalten, diesen medizinischen Standpunkt des behandelnden Arztes anzuzweifeln, ihn näher zu überprüfen oder von Dritten (im Sinne der Einholung einer Zweitmeinung) bestätigen zu lassen. Hinzu kommt, dass es aus fachmedizinischer Einschätzung heraus für den Krankheitswert von Schädelasymmetrien keine klar definierten Grenz- oder wenigstens Orientierungswerte gab, dass eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung dazu fehlte und dass einige Krankenkassen die Kopforthesentherapie in Einzelfällen durchaus bewilligten.

41

e) Der Senat kann allerdings auf der Basis der Feststellungen des LSG, an die er gebunden ist (§ 163 SGG), nicht beurteilen, ob der Kläger den Ablauf der Frist abwartete, bevor er sich die Kopforthese selbst beschaffte.

42

aa) Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V setzt nämlich auch voraus, dass die Frist, innerhalb derer die Krankenkasse über den Leistungsantrag zu entscheiden hat, abgelaufen ist, bevor sich der Leistungsberechtigte die Leistung selbst beschafft. Ein solcher Erstattungsanspruch kommt danach nur in Betracht, wenn die Leistung "nach Ablauf der Frist" beschafft wurde. Neben dem Wortlaut spricht für das Erfordernis des Fristablaufs auch die Gesetzesbegründung, nach der die Vorschrift der Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens dient (vgl Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/10488, S 32 zu Art 2 zu Nr 1) und dass die Selbstbeschaffung (nur) für den Fall einer nicht rechtzeitigen Leistungserbringung durch die Krankenkasse vorgesehen ist (vgl Begründung, ebenda, BT-Drucks 17/10488, S 32 zu Art 2 zu Nr 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/10488 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/11710, S 29 f zu Art 2 zu Nr 1). Denn die Krankenkasse muss wegen der mit der Selbstbeschaffung von Leistungen verbundenen Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken weiterhin die rein faktische Möglichkeit haben, sich mit dem Leistungsbegehren in der ihr zustehenden Zeit zu befassen, es zu prüfen und ggf Behandlungsalternativen aufzuzeigen (vgl bereits ua BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12§ 13 abs 3 sgb v>).

43

bb) Zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Kopforthese durch die Eltern des Klägers fehlen jedoch hinreichende Feststellungen des LSG.

44

Da seitens der beklagten Krankenkasse ein MDK-Gutachten erst im Widerspruchsverfahren eingeholt wurde, hatte sie gemäß § 13 Abs 3a S 1 SGB V grundsätzlich innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Diese Drei-Wochen-Frist endete nach § 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1, 2, § 188 Abs 2 BGB mit Ablauf des 21.5.2013, da der Antrag in Form des Kostenvoranschlags am 30.4.2013 bei der Beklagten eingegangen war. Bis zum Ablauf der Frist am 21.5.2013 erging indessen weder ein Bescheid der Beklagten noch eine Mitteilung an den Kläger über einen Grund für die Nichteinhaltung der Frist.

45

Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich der Kläger die Kopforthese bereits vor Ablauf des 21.5.2013 selbst beschaffte. Denn auffällig ist, dass die ersten Messungen für die Anfertigung der Kopforthese schon am 21.5.2013 erfolgten. Der Kläger selbst hat dieses Datum im Klageverfahren als Therapiebeginn bezeichnet (Schreiben an das SG vom 20.9.2013). Das Berufungsgericht hat die Feststellung, ob sich der Kläger an diesem Tag die Leistung bereits selbst beschaffte, ausdrücklich offengelassen; aus seiner Sicht war dies konsequent, da es im Rahmen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V darauf nicht ankam. Ermittlungen hierzu müssen aber im zurückverwiesenen Verfahren nachgeholt werden.

46

Eine Leistung ist nach der Rechtsprechung des Senats selbst beschafft, wenn im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer bezogen auf die Leistung ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zustande gekommen ist und sich der Versicherte damit einer endgültigen rechtlichen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt hat (vgl zu Hilfsmittel-Leistungen: BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 12; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 20 ff). Zwar werden Verpflichtungsgeschäfte regelmäßig verbindlich abgeschlossen, bevor der Leistungserbringer mit den ersten Ausführungshandlungen beginnt; das ist aber rechtlich nicht zwingend, und die Vereinbarung eines Vorbehalts zur verpflichtenden Abnahme der Kopforthese - beispielsweise in Abhängigkeit vom Messergebnis - ist zumindest nicht ausgeschlossen. Das LSG wird deshalb zu ermitteln haben, ob die Eltern des Klägers eine verbindliche Vereinbarung mit entsprechender Zahlungsverpflichtung bezüglich der Kopforthese erst nach Ablauf des 21.5.2013 eingegangen waren. Hatten sie sich bereits am 21.5.2013 oder früher gegenüber dem Leistungserbringer verbindlich verpflichtet, die Kopforthese abzunehmen und entsprechende Zahlung zu leisten, scheidet ein Kostenerstattungsanspruch auch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V aus.

47

f) Sollte das LSG aufgrund der von ihm nachzuholenden Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass eine verbindliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Kosten für die Kopforthese erst nach Ablauf des 21.5.2013 erfolgte, wäre die gesetzliche Genehmigungsfiktion für die Kopforthesentherapie nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V eingetreten.

48

Gleichwohl steht auch in diesem Fall noch nicht abschließend fest, ob der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch dann gegeben wäre. Denn es fehlen Feststellungen des LSG dazu, ob die Beklagte die in diesem Fall kraft Gesetzes fiktiv eingetretene Genehmigung möglicherweise wirksam zurückgenommen hat. Diese Feststellungen sind im Falle des Eintritts der gesetzlichen Genehmigungsfiktion ebenfalls vom LSG nachzuholen.

49

Zwar liegt in der einfachen Leistungsablehnung - wie vorliegend in dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2013 - weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Rücknahme der fingierten Genehmigung (allgemein ebenso 1. Senat BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32), sodass es nicht darauf ankommt, ob sich der Kläger die Kopforthese vor oder nach dem Erlass dieses Bescheides beschaffte.

50

Allerdings neigt der erkennende 3. Senat - im Unterschied zum Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.3.2016 (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, Leitsatz 4 und RdNr 32) -zu der Auffassung, dass die durch § 13 Abs 3a S 7 SGB V gesetzlich fingierte Genehmigung grundsätzlich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X aufgehoben werden kann, wobei deren Voraussetzungen an dem materiell-rechtlich genehmigten Leistungsanspruch zu bemessen sind. Der Auffassung des 1. Senats, eine Krankenkasse könne eine fingierte Leistungsgenehmigung nur zurücknehmen, widerrufen oder aufheben, wenn die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, Leitsatz 4), steht das Verständnis des erkennenden Senats gegenüber, dass die allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft von Verwaltungsakten und deren Modifikation (§§ 39 ff, 44 ff SGB X) auch auf die fingierte Genehmigung (entsprechende) Anwendung finden; denn einer (nur) fingierten Genehmigung kann keine stärkere Bestandskraft zukommen, als einer ausdrücklich mittels eines formellen Verwaltungsakts erteilten Genehmigung (für die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 44 ff SGB X insoweit auch Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 RdNr 58l, Bearbeitungsstand November 2016; Schifferdecker in Kasseler Komm, § 13 SGB V RdNr 140 ff, Stand Einzelkommentierung Mai 2017; Padé, jurisPR-SozR Nr 23/2016 Anm 1; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Krüger, NZS 2016, 521, 522, der - bedenkenswert - § 42a VwVfG als Generalnorm bzw lex generalis für Fiktionsregelungen ansieht und Parallelwertungen anregt; aA Hackstein, SGb 2016, 596, 597; Ulrich in Festschrift für Kohte, 2016, S 617, 622 ff). "Fingiert" wird nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V nur der Erlass der Genehmigung selbst, nicht aber deren Rechtmäßigkeit. Die Verwaltung müsste daher die Möglichkeit haben, eine der objektiven Rechtslage widersprechende, lediglich aufgrund der gesetzlichen Fiktion eingetretene Genehmigung ebenso aufzuheben, als wäre sie im Wege eines formellen begünstigenden Verwaltungsakts erlassen worden, nämlich grundsätzlich unter Abwägung mit Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes des Betroffenen entsprechend den Regelungen der §§ 44 ff SGB X. Für diese Sichtweise spricht - unbeschadet weiterer mit zu erwägender Gesichtspunkte - auch, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V gar nicht erst eintreten würde, wenn ihre Voraussetzungen von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind, dh wenn insbesondere der Fristablauf noch nicht eingetreten war.

51

Ist die - abhängig von den Feststellungen des LSG vorliegend möglicherweise eingreifende - fingierte Genehmigung auf eine Leistung gerichtet, auf die der Versicherte keinen Sachleistungsanspruch nach dem Recht der GKV hat, könnte sie daher nach dem Verständnis des Senats unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X jedenfalls zurückgenommen werden, solange der Versicherte noch keinen Gebrauch von ihr gemacht, dh solange er sich die Leistung noch nicht selbst beschafft und noch keine Kosten veranlasst hat.

52

Es erscheint dem 3. Senat indessen untunlich, dass er sich insoweit bereits im jetzigen Verfahrensstadium eine abschließende Überzeugung bildet und ein Anfrage- und Vorlageverfahren nach § 41 Abs 3 SGG einleitet; ohne entsprechende Feststellungen des LSG kann von der Entscheidungserheblichkeit der im Raum stehenden Rechtsfrage für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.

53

3. In seiner abschließenden Entscheidung muss das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kostenerstattung für eine im Jahr 2005 in Großbritannien durchgeführte Herzoperation.

2

Bei dem 1939 geborenen, bei der beklagten Ersatzkasse versicherten Kläger waren 1982 und 1992 in der Klinik "Royal Brompton and Harefield NHS Trust"/L. (im Folgenden: RBH-Klinik) - einer Einrichtung des britischen staatlichen Gesundheitsdienstes - Herzoperationen durchgeführt worden; dabei war ihm jeweils eine bioprothetische Aortenklappe (= Transplantate von verstorbenen Organspendern) eingesetzt worden. Die Kosten dafür hatte die Beklagte voll getragen.

3

Im Juli 2005 wurde bei dem Kläger ua eine Aorteninsuffizienz Grad II-III festgestellt. Nachdem sich bei einer Untersuchung in L. Anfang September 2005 das Erfordernis einer dritten Aortenklappenoperation gezeigt hatte, beantragte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für diese - mit einem erhöhten Risiko behaftete - Operation, die wiederum in der RBH-Klinik vorgenommen werden solle (Kostenvoranschlag 22.000 britischen Pfund ; Sicherheitsleistung 32.000 GBP); in der RBH-Klinik sei er seit über 40 Jahren bekannt und habe großes Vertrauen in die dortigen Ärzte; medizinische Gründe sprächen für die gleichzeitige Operation eines zudem bestehenden Aortenaneurysmas.

4

Die Beklagte entschied, dass sie die Kosten der Krankenhausbehandlung in der RBH-Klinik "anteilig im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne präjudizierende Wirkung" übernehme. Da die Operation nach der Stellungnahme des Herzchirurgen Dr. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) auch in Deutschland durchgeführt werden könne, sei die Erstattung allerdings auf die deutschen Sätze in einem vergleichbaren Vertragskrankenhaus - mit Abzügen für Zuzahlungen und Verwaltungskosten - beschränkt (Bescheid vom 3.11.2005).

5

Im Widerspruchsverfahren wandte sich der Kläger gegen die Beschränkung der Kostenerstattung, weil die stationäre Behandlung im EU-Ausland notwendig und er schon 1982 und 1992 in der RBH-Klinik mit der in Deutschland ungebräuchlichen Operationsweise behandelt worden sei.

6

Vom 25.11. bis 4.12.2005 wurde der Kläger in der RBH-Klinik stationär am Herzen operiert und erhielt am 28.11.2005 einen Aortenklappenersatz mittels Bioprothese bei gleichzeitiger Beseitigung des Aortenaneurysmas. Am 8., 9. und 22.12.2005 stellte die Klinik ihm die Versorgung in Rechnung (Behandlung am 25.11.2005; stationärer Aufenthalt 25.11. bis 4.12.2005; ambulantes EKG am 8.12.2005). Die Beklagte erstattete dem Kläger 23.990,38 Euro auf den Rechnungsbetrag (insgesamt 36.595,12 Euro). Dabei berücksichtigte sie eine vom Kläger zu leistende Zuzahlung von 90 Euro und einen Verwaltungskostenabschlag von 30 Euro (Bescheid vom 12.1.2006). Die Beklagte holte zudem eine weitere MDK-Stellungnahme ein, in der bekräftigt wird, dass die Operation auch in Deutschland (zB in der Klinik für Herzchirurgie/K.) habe durchgeführt werden können. Den Widerspruch wies sie zurück, weil die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V für eine vollständige Kostenerstattung nicht vorlägen (Widerspruchsbescheid vom 22.3.2006).

7

Das vom Kläger ua unter Hinweis auf eine erhöhte Mortalitätsrate bei entsprechenden Operationen in Deutschland angerufene Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.1.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Beklagte müsse ihm nicht mehr als 23.990,38 Euro erstatten. Die Erteilung der für die stationäre Behandlung in der RBH-Klinik erforderlichen Zustimmung habe im Ermessen der Beklagten gelegen, das sie fehlerfrei ausgeübt habe. Ein Anspruch auf volle Kostenerstattung sei nicht aus § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V herzuleiten, weil eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung zB in der Klinik für Herzchirurgie in K. und im Herzzentrum L. möglich gewesen sei. Dass 1982 und 1992 die in der RBH-Klinik durchgeführten Operationen in Deutschland noch unüblich gewesen seien, besage nichts für die Verhältnisse im November 2005. Die Anspruchsvoraussetzungen lägen auch nicht deswegen vor, weil zur Überzeugung des Senats - die näher dargelegt wird - das Mortalitätsrisiko in der RBH-Klinik nicht eklatant niedriger sei als in deutschen Krankenhäusern. Nach einer Stellungnahme des MDK-Arztes Dr. L. lasse sich aufgrund der aktuellen und verfügbaren internationalen Literatur keine Aussage zur Mortalität bei einer dritten Herzklappenoperation finden; auch Prof. P./L. habe im Jahr 2004 keine selektiven Mortalitätsraten angegeben. Bei dieser Sachlage sehe sich der Senat nicht gedrängt, zum Mortalitätsrisiko Beweis zu erheben, weil nicht erkennbar sei, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation über weitergehende Möglichkeiten als Dr. L. verfüge, aktuelle internationale Literatur auszuwerten. Die Beklagte habe ihre Zustimmung und die Kostenübernahmeerklärung auf die deutschen Vertragssätze in einem vergleichbaren Krankenhaus beschränken dürfen. Der insoweit maßgebliche § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V bleibe auch bei einer stationären Auslandsbehandlung unberührt. Die erstatteten 23.990,38 Euro umfassten die Kosten, die bei einer entsprechenden Operation in Deutschland entstanden wären (Urteil vom 13.2.2009).

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 103 SGG und § 13 Abs 4 und 5 SGB V. Das LSG habe den hilfsweise gestellten Beweisantrag ohne zureichende Begründung übergangen,

        

 bei der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH eine Auskunft zu der Tatsache einzuholen, dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenersatzoperation gibt,

        

weiter hilfsweise Zeugnis der dort tätigen Dr. K. D. und Dr. F. T. hierzu einzuholen.

9

Die Auffassung des LSG, dass weitergehende Möglichkeiten zur Auswertung internationaler Literatur nicht erkennbar seien, bedeute eine unzulässige Vorwegnahme des Beweisergebnisses. Weder habe das Gericht die zur Beurteilung des Beweisthemas erforderliche Sachkunde, noch sei nach seiner Auffassung schon das Gegenteil erwiesen. Das LSG habe den Beweisantrag - für das Revisionsgericht bindend - so ausgelegt, dass implizit behauptet werde, es gebe in Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenoperation, während in der RBH-Klinik eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung möglich sei. Die Beklagte habe ihre Zustimmung zur Auslandsbehandlung auch erteilt. Das LSG habe zudem keine Feststellungen zu seinen (des Klägers) Einkommens- und Vermögensverhältnissen getroffen, welche für die Ermessensausübung von Bedeutung seien. Das Ermessen habe zu seinen Gunsten ausgeübt werden müssen. Darüber hinaus habe das LSG § 13 Abs 5 Satz 2 SGB V falsch ausgelegt, weil die Krankenkasse (KK) die objektive Feststellungslast dafür treffe, dass eine gleichwertige stationäre Behandlung auch im Inland möglich sei. Es stelle sich zudem die Frage, ob nicht auch für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V die KK die Feststellungslast tragen müsse, wenn doch deren Vorliegen in § 13 Abs 4 Satz 2 SGB V widerleglich vermutet werde. Dass die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V erfüllt sein könnten, ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte die Voroperationen vollständig bezahlt habe; daraus sei zu folgern, dass die englische Herzchirurgie einen Vorsprung vor der deutschen habe. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung führe zwingend zur vollen Kostenerstattung.

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Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Februar 2009 und des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 3. November 2005 und 12. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2006 zu verurteilen, ihm weitere 12.484,74 Euro zu zahlen,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Februar 2009 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

14

Das LSG-Urteil, welches einen Erstattungsanspruch des Klägers gegen die beklagte Ersatzkasse von weiteren 12.484,74 Euro für die stationäre Behandlung vom 25.11. bis 4.12.2005 und die ambulante Behandlung am 8.12.2005 in der RBH-Klinik/L. verneint und die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtmäßig angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keine durchgreifenden Revisionsrügen gegen das Urteil vorgebracht, nach dem er gegen die Beklagte (nur) Anspruch auf Kostenübernahme für die Herzoperation in der RBH-Klinik/L. in Höhe von 23.990,38 Euro hat. § 13 Abs 4 Satz 1 bis 5 SGB V gibt dem Kläger keinen weitergehenden Anspruch (dazu 1.) Die Voraussetzungen für eine vollständige Kostenerstattung nach der vom Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlage des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V sind nicht erfüllt (dazu 2.).

15

1. Der vom Kläger erhaltene Zahlbetrag in Höhe von 23.990,38 Euro entspricht dem in § 13 Abs 4 Satz 1 bis 5 SGB V geregelten Erstattungsumfang.

16

Nach § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V (anzuwenden in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung durch Art 1 Nr 4 Buchst b des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 ) sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen dabei nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind (§ 13 Abs 4 Satz 2 SGB V). Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die KK bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte (§ 13 Abs 4 Satz 3 SGB V). Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln; sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen (§ 13 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V). Diese Begrenzung der Kostenerstattung verstößt nicht gegen Europarecht (vgl Senats-Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 22/08 R - Gran Canaria, zur Veröffentlichung in BSGE 103 und SozR 4-2500 § 13 Nr 23 vorgesehen, jeweils RdNr 40 mwN; vgl EuGHE I 2003, 4509 RdNr 98, 106, 107 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 128, 137, 138 - Müller-Fauré/van Riet; EuGHE I 2004, 2641 RdNr 48 - Leichtle; EuGHE I 2006, 4325 RdNr 132 - Watts) . Die von der Beklagten gewährte Zahlung bewegt sich im Rahmen dieser Vorgaben.

17

Denn nach den Ermittlungen des LSG, die mit Revisionsrügen nicht angegriffen werden und damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), handelt es sich bei den 23.990,38 Euro um einen Betrag, der angefallen wäre, wenn es eine etwa zeitgleiche Behandlung in der Klinik für Herzchirurgie in K. stattgefunden hätte. Maßgeblicher Ausgangsbetrag sind insoweit 24.110,38 Euro, die um die den Kläger als Versicherten treffende gesetzliche Zuzahlung von 90 Euro sowie um den satzungsmäßigen (iVm § 13 Abs 4 Satz 4 SGB V) Verwaltungskostenabschlag von 30 Euro zu vermindern sind. Damit ergibt sich ein Erstattungsbetrag von 23.990,38 Euro. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 22/08 R (Gran Canaria, zur Veröffentlichung in BSGE 103 und SozR 4-2500 § 13 Nr 23 vorgesehen, jeweils RdNr 40) entschieden hat, ist insbesondere die Begrenzung der Kostenerstattung unter Zugrundelegung der Kosten rechtmäßig, die in Deutschland für eine entsprechende Versorgung am Wohnort bzw am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Versicherten anfallen würden. Die nach § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V zu erstattenden Kosten sind nach der Ablösung der Pflegesatzvergütung für stationäre Krankenhausbehandlung entsprechend ausgehend von den einschlägigen DRGs zu errechnen.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt die Prüfung der Höhe des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V auch nicht deshalb, weil § 13 Abs 5 SGB V für stationäre Auslandsbehandlung eine Sonderregelung enthielte. Denn die letztgenannte Bestimmung enthält nach ihrem Regelungsgehalt zu der Frage, in welcher Höhe ein Kostenerstattungsanspruch bei stationärer Behandlung im EU-Ausland besteht, keine Rechtsfolge. Der Inhalt des § 13 Abs 5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs 4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der KK für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen. § 13 Abs 5 SGB V lässt dagegen die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V unberührt (vgl E. Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 73. Lieferung 10/2009, § 13 SGB V RdNr 365 ff) .

19

2. Der Kläger hat auch keinen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V als von der Beklagten zuerkannt, da dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Kläger hätte sich nämlich zumutbar in Deutschland behandeln lassen können.

20

§ 13 Abs 4 Satz 6 SGB V, auf den sich der Kläger stützt, bestimmt: "Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die KK die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen." Die Übernahme der "ganzen" Kosten für eine erforderliche Auslandsbehandlung sind in das Ermessen der KK gestellt. Die Regelung räumt ihr dieses Ermessen jedoch nur für den Fall ein, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich ist. Jedenfalls an dieser Voraussetzung fehlt es hier. Auf die - weitere - Rüge des Klägers, das LSG habe keine Feststellungen zu seinen für die Ermessensausübung bedeutsamen Einkommens- und Vermögensverhältnissen getroffen, kommt es schon von daher nicht an.

21

a) Vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung des Klägers nur in der RBH-Klinik L. und nicht in Deutschland möglich war, kann hier nicht schon deshalb ausgegangen werden, weil die Beklagte dem Kläger die - an sich von den gleichen Voraussetzungen abhängige - Zustimmung zur Auslandsbehandlung nach § 13 Abs 5 SGB V erteilt hatte. Zwar durfte diese Zustimmung nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der KK im Inland erlangt werden kann (§ 13 Abs 5 Satz 2 SGB V). Insoweit fällt aber ins Gewicht, dass die Beklagte in der Begründung ihres Bescheides vom 3.11.2005 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zustimmung gar nicht bejahte, sondern sogar ausdrücklich auf das Gegenteil hinwies, nämlich darauf, dass die Operation nach der Stellungnahme eines Herzchirurgen des MDK ebenso in Deutschland durchgeführt werden könne; explizit wurde von der Beklagten darin ausgeführt, dass (begrenzte) Kosten nur "im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne präjudizierende Wirkung" übernommen würden. Dieses Verwaltungshandeln der Beklagten kann sich ihr gegenüber nicht im Nachhinein zum Nachteil auswirken, weil sie in Umsetzung der MDK-Stellungnahme konsequenterweise eine Leistungsgewährung insgesamt hätte ablehnen müssen. Gleichwohl ist das Verwaltungshandeln der Beklagten nachvollziehbar und bewegt sich auf gesichertem rechtlichen Boden, weil es bei nüchterner Betrachtung erkennbar von Entgegenkommen und einem besonderen Verständnis für die prekäre gesundheitliche Situation des Klägers getragen war. Denn die Beklagte bot dem Kläger so bei verständiger Würdigung eine letztlich als - untechnisches - Vergleichsangebot zu verstehende Möglichkeit der Leistungsgewährung an, indem sie trotz der greifbaren, mit ärztlichen Stellungnahmen begründbaren verwaltungsmäßigen Ablehnung letztlich zu einer begünstigenden Entscheidung mit Kompromisscharakter griff. Für dieses Vorgehen lässt sich anführen, dass sie nach den beiden Voroperationen des Klägers in London und im Vorfeld seiner unmittelbar bevorstehenden, sehr risikoreichen dritten Herzklappenoperation berechtigte Hoffnungen haben konnte, so juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, die das Überlebensrisiko für die Operation möglicherweise noch verringert hätten.

22

Bei dieser Sachlage, insbesondere angesichts der Begründung des Bescheides vom 3.11.2005, der ausdrücklich und auch für den Kläger erkennbar ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erging, liegt es jedenfalls fern, der Argumentation des Klägers aus dem Revisionsverfahren zu folgen, wonach aus der Zustimmung der Beklagten zur stationären Auslandsbehandlung in seinem Sinne auch Folgerungen für die volle Kostenerstattung gezogen werden müssten bzw dass deswegen eine die Beklagte treffende Umkehr der Feststellungslast hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V zu erfolgen habe.

23

b) Das LSG hat die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V, wonach der Kläger eine ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung bei einem zugelassenen Leistungserbringer im Inland habe erlangen können, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.

24

aa) Das LSG hat aus verschiedenen Umständen - insbesondere MDK-ärztlichen Stellungnahmen vom 25.10. und 28.11.2005 sowie vom 13.7.2006 - hergeleitet, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung der Krankheit des Klägers, insbesondere ein bioprothetischer Aortenklappenersatz im November/Dezember 2005 auch in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland möglich war (Klinik für Herzchirurgie in K. ; Herzzentrum L.); es hat sich dabei auch argumentativ mit gegenläufigen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. Diese Einschätzung ist im Ergebnis vom Kläger im Berufungsverfahren auch nicht (mehr) bestritten worden. Soweit er im Revisionsverfahren weiter geltend macht, die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V seien erfüllt, weil die Beklagte die Voroperationen in der RBH-Klinik L. vollständig bezahlt habe und seiner Meinung nach die englische Herzchirurgie weiterhin einen Vorsprung vor der deutschen habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Auch wenn in den Jahren 1982 und 1992 die beim Kläger durchgeführte Operation in Deutschland noch unüblich war und nur von einer einzigen Klinik durchgeführt wurde, lässt dies nicht den Schluss darauf zu, dass die Verhältnisse im November 2005, also mehr als zwölf Jahre später, noch in gleicher Weise bestanden. Das LSG hat insoweit beanstandungsfrei ausgeführt, dass nach den Ermittlungen im Laufe der Zeit eine Änderung der Sachlage eingetreten sei, weil nunmehr auch (weitere) zugelassene Krankenhäuser in Deutschland den bioprothetischen Aortenklappenersatz durchführten. Das greift der Kläger im Kern mit Revisionsrügen nicht an.

25

Die medizinische Notwendigkeit einer dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden Operation ausschließlich in der RBH-Klinik folgt auch nicht daraus, dass der Kläger geltend gemacht hat, er setze besonderes Vertrauen in die dortigen Chirurgen und Kardiologen, weil er jahrzehntelangen Kontakt dorthin mit jährlichen Kontrolluntersuchungen habe und beide Voroperationen dort durchgeführt worden seien. Auch wenn der Wunsch verständlich ist, dass sich Patienten es bei bevorstehenden schweren, mit einem nicht unerheblichen Mortalitätsrisiko behafteten Operationen zur Behandlung in "bewährte" Hände oder zu Ärzten begeben, die ihnen bereits in der Vergangenheit bei ähnlich schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen erfolgreich Hilfe zuteil werden ließen, folgt daraus nicht zugleich, dass die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für entsprechende Wunschbehandlungen auch uneingeschränkt aufzukommen hat. Schon allgemein besteht das Wunsch- und Wahlrecht des § 33 Satz 1 SGB I nur, soweit Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstehen. Anders als es § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V für die freie Arztwahl unter den für die vertragsärztliche Versorgung zugelassenen oder gleichgestellten Leistungserbringern bestimmt, gibt es jedoch schon bei einer Behandlung im Inland keine entsprechende ausdrückliche Regelung für den Bereich der stationären Krankenhausbehandlung (vgl bereits Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 60 Nr 3 RdNr 13; E. Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 73. Lieferung 10/2009, § 13 SGB V RdNr 369; Brandts in: Kasseler Komm, Stand: 1.10.2009, § 39 SGB V RdNr 97) .

26

Erst recht kann auch eine Auslandsbehandlung - zumal in stationärer Form unter den erschwerten (europarechtskonformen) Voraussetzungen des § 13 Abs 5 SGB V - unter dem allgemeinen, sich auch in § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V niederschlagenden Regime des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht allein unter Hinweis auf den Patientenwunsch oder die Inanspruchnahme der europarechtlichen passiven Dienstleistungsfreiheit beansprucht werden. Aus § 18 SGB V hat der Senat vielmehr hergeleitet, dass dafür ein qualitatives oder quantitatives Versorgungsdefizit im Inland zu fordern ist (vgl BSGE 92, 164 = SozR 4-2500 § 18 Nr 2, jeweils RdNr 9 ff; vgl auch zur ähnlichen Rechtsprechung des EuGH: EuGHE I 2006, 4325 - Watts).

27

Ein solches Defizit besteht nicht schon dann, wenn das Leistungsangebot im Ausland wegen einer besonders modernen technischen Ausstattung eines Krankenhauses oder wegen des auch international herausragenden fachlichen Rufs des dortigen Arztes eine überdurchschnittliche Qualität aufweist. Denn eine solche Spitzenmedizin bildet nicht den Maßstab für die Leistungen der GKV. Die KKn schulden den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik; sie haben die Leistungen zu gewähren, die zur Heilung und Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sind (§ 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1, § 27 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V). Auf eine optimale, über den beschriebenen gesetzlichen Standard hinausgehende Versorgung besteht dagegen kein Anspruch (BSGE 84, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 15 f; BSG SozR 5520 § 29 Nr 3 S 8 f). Spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten eines ausländischen Arztes oder überlegene technische oder personelle Kapazitäten eines Krankenhauses können erst dann eine Inanspruchnahme zu Lasten der GKV rechtfertigen, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen, das nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Teil einer zweckmäßigen medizinischen Behandlung der betreffenden Krankheit ist, im Inland aber nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht (vgl für die insoweit vergleichbare Beurteilung bei § 18 SGB V BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 38 mwN). Für eine solche Sachlage ist vorliegend - über den nur in diesem Rahmen potenziell bedeutsamen, vom Kläger speziell angeführten, hier nicht durchgreifenden Gesichtspunkt des vermeintlich höheren Mortalitätsrisikos in Deutschland hinaus (dazu sogleich näher bb) - nichts ersichtlich.

28

bb) Die Revision des Klägers kann schließlich auch keinen Erfolg haben, soweit er in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf § 103 SGG die Ausführungen des LSG zum Mortalitätsrisiko angreift und damit ein Versorgungsdefizit (im og Sinne) zu belegen versucht.

29

Eine Verfahrensrüge erhebt der Kläger nur insoweit, als er dem LSG vorwirft, es habe seinen Antrag, durch Einholung einer (näher umschriebenen) Auskunft bzw Zeugenvernehmung zu ermitteln, ob es in Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenersatzoperation gebe, nicht ablehnen dürfen; er stützt sich darauf, dass die Auffassung des LSG, weitergehende Möglichkeiten zur Auswertung internationaler Literatur darüber seien nicht erkennbar, eine unzulässige Vorwegnahme des Beweisergebnisses bedeute und dem Gericht die zur Beurteilung des Beweisthemas erforderliche Sachkunde gefehlt habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

30

Bei einer - wie hier - gerügten Verletzung der Amtsermittlungspflicht ist im Revisionsverfahren darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu den vom Betroffenen weiter begehrten Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl zB Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 20 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG) . Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich vorliegend um einen im Berufungsverfahren formell ordnungsgemäß gestellten Hilfsbeweisantrag des Klägers handelte, ergibt sich aus den Darlegungen der Revisionsbegründung ein solches Ermittlungsdefizit nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es die zentrale entscheidungserhebliche Frage für den Ausgang des Rechtsstreits war und ist, ob das Mortalitätsrisiko für eine dritte Herzklappenoperation in der RBH-Klinik L. im November/Dezember 2005 wesentlich niedriger war als bei entsprechenden Operationen in Deutschland, weil es nur dann zu einer weitergehenden Leistungsgewährung an den Kläger kommen könnte. Das LSG hat dies verneint und seine dazu gewonnene Einschätzung nicht nur auf eigene Erkenntnisse gestützt, sondern seine Überzeugung zu dieser Feststellung aus der Stellungnahme des MDK-Arztes Dr. L. vom 3.8.2007 hergeleitet, wonach sich zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der aktuellen und verfügbaren internationalen Literatur keine Aussage zur Mortalität bei einer dritten Herzklappenoperation finden ließ. Das LSG hat sich dabei auch mit weiteren sich aus dem Verfahren ergebenden anderen Indizien auseinandergesetzt und für seine Auffassung eine nähere Begründung gegeben (Würdigung des Schreibens Prof. P./L. vom 16.3.2007; Veröffentlichung dieses Arztes von 2004; Einschätzung Dr. A./Herzzentrum L.). Es hat sodann auf dieser Grundlage ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation - etwa die im Beweisantrag genannten - über weitergehende Möglichkeiten als Dr. L. verfügten, die aktuelle internationale Literatur auszuwerten. Der Kläger hat nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Ausführungen des LSG derartiges in den Tatsacheninstanzen auch gar nicht einmal behauptet. Vor diesem Hintergrund aber ist dann nicht erkennbar, aufgrund welcher konkreten und dem Gericht rechtzeitig unterbreiteten Umstände (zB besondere, über die Sachkunde von Dr. L. hinausgehende Fähigkeiten der benannten Institution bzw der Zeugen) sich das Berufungsgericht gleichwohl noch zu weiteren Ermittlungen zur Frage des Mortalitätsrisikos hätte gedrängt fühlen müssen. Die in diesem Zusammenhang vorgenommene Würdigung der Beweismittel durch das LSG ist nur am Maßstab der Einhaltung des Prozessrechts zu messen und daraufhin zu überprüfen, ob es dabei verfahrensrechtliche Grenzen überschritten und zB gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsregeln verstoßen hat (vgl allgemein zB BSG SozR Nr 34 und Nr 56 zu § 128 SGG; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 10 ff mwN) . Dazu wird im Revisionsverfahren ebenfalls nichts Hinreichendes geltend gemacht.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Psychotherapie.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger beantragte befundgestützt eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeittherapie (16.12.2013). Die Beklagte beauftragte Dr. D mit der Begutachtung, ohne den Kläger hierüber zu informieren (17.12.2013). Dr. D hielt die aktuell wirksame Psychodynamik der Erkrankung für nicht erkennbar und erwartete keinen hinreichenden Behandlungserfolg. Die Beklagte lehnte es ab, die Therapie zu bewilligen (Bescheid vom 27.1.2014, Widerspruchsbescheid vom 5.5.2014). Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Gerichtsbescheid vom 11.8.2014). Der Kläger hat sich 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie selbst beschafft und danach sein Klagebegehren auf Erstattung der von ihm hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von 2200 Euro gerichtet. Das LSG hat unter Anpassung des Tenors die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Ihr Schweigen auf den Leistungsantrag habe dessen Bewilligung fingiert (Urteil vom 17.6.2015).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 und 7 SGB V. Die Regelung begründe allein einen Kostenerstattungsanspruch für "erforderliche" Leistungen. Hieran habe es gefehlt.

4

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 11. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

                 
        

hilfsweise,

                 
        

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 17. Juni 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, dem Kläger 2200 Euro zu zahlen. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs 3a S 7 SGB V(in der seit 26.2.2013 geltenden Fassung des Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten sind erfüllt. Der Anwendungsbereich der Regelung ist eröffnet (dazu 1.). Die vom Kläger beantragten - hier nur noch streitigen - 24 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie gelten als von der Beklagten genehmigt (dazu 2.). Der Kläger beschaffte sich daraufhin die erforderliche Leistung selbst. Hierdurch entstanden ihm 2200 Euro Kosten (dazu 3.).

8

1. Der Kläger kann sich für die Erstattung der Kosten auf den Anspruch aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V nach dessen zeitlichem und sachlichem Anwendungsbereich berufen.

9

a) Die Regelung ist nach ihrem Geltungszeitraum anzuwenden. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht (vgl hierzu zB BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 13 f mwN)greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26.2.2013 stellen. Der Kläger stellte nach dem 25.2.2013, am 16.12.2013, bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer künftig zu leistenden Psychotherapie.

10

b) Die Regelung ist auch sachlich anwendbar. Denn der Kläger verlangt weder unmittelbar eine Geldleistung noch Erstattung für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Reha), sondern Erstattung für selbstbeschaffte Krankenbehandlung.

11

Die Regelung findet keine Anwendung auf Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung gerichtet sind. Das sind andere Ansprüche der Versicherten wegen sachleistungsersetzender Kostenerstattung etwa nach § 13 Abs 2 und 3 SGB V und wegen Geldleistungen mit Unterhaltsersatzfunktion. Der gesetzliche Erstattungsanspruch für die selbstbeschaffte erforderliche Leistung passt hierauf nicht (vgl zu Wortlaut und Regelungssystem aa). Versicherte können sich jederzeit Kredite zur Überbrückung von Zeiten verschaffen, in denen bei ihnen ein Bedarf entsteht, weil KKn den Versicherten zustehende Geldleistungsansprüche nicht auszahlen. Es bedarf hierfür keines besonderen Rechtsmechanismus, die gesetzliche Verzinsungsregelung greift (vgl § 44 SGB I). Der Gesetzgeber ging für die Regelung dementsprechend von einer "Ausnahme vom Sachleistungsprinzip" aus (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Die späteren Änderungen des Gesetzentwurfs (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 11) geben keinen Anlass zu einer hiervon abweichenden Auslegung.

12

Der Erstattungsanspruch bei Genehmigungsfiktion ist auch für Leistungen zur medizinischen Reha nicht gegeben. Das folgt aus Wortlaut und Binnensystem der Norm (dazu aa), Entstehungsgeschichte (dazu bb) und Regelungszweck im Gesamtsystem (dazu cc). Die vom Kläger begehrte und selbstbeschaffte Psychotherapie ist nicht Gegenstand der medizinischen Reha, sondern der Krankenbehandlung (dazu dd).

13

aa) Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die KK eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a S 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a S 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs 3a S 4 SGB V). Kann die KK die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Reha gelten die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V).

14

bb) Nach den Gesetzesmaterialien gelten für Leistungen zur medizinischen Reha die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen. Das Gesetz stellt dies ausdrücklich klar (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).

15

cc) Auch der Regelungszweck im Gesamtsystem verdeutlicht, dass das Gesetz Kostenerstattung wegen Genehmigungsfiktion für Leistungen zur medizinischen Reha nicht vorsieht. Der Gesetzgeber hat bewusst Leistungen zur medizinischen Reha aus dem Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V ausgeklammert. Schon die Vorgaben für die Zuständigkeitsklärung bei Leistungen zur medizinischen Reha (§ 14 SGB IX)würden zur gesetzlichen Regelung der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)nicht passen. Sie wären mit dem aufgezeigten Fristenregime des § 13 Abs 3a SGB V nicht kompatibel. Leitete der erstangegangene Träger einen Antrag innerhalb von zwei Wochen nach seinem Eingang weiter (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX),könnte dennoch innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang beim erstangegangenen Träger bereits die Genehmigungsfiktion eintreten (§ 13 Abs 3a S 1 und S 6 SGB V). Vergleichbares gilt für die unterschiedlichen Erstattungsregelungen (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V und § 15 SGB IX).

16

dd) Der Begriff der Leistungen zur medizinischen Reha ist funktionsadäquat auszulegen: Einerseits umfasst er in einem weiten Sinne Leistungen, die eine KK als erstangegangener Reha-Träger nach dem Recht des eigentlich zuständigen Trägers zu erbringen hat, wenn sie den Antrag nicht weiterleitet und deshalb im Außenverhältnis zum zuständigen Träger wird. Die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich in diesem Falle im Außenver-hältnis (behinderter Mensch/Reha-Träger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind(vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4 RdNr 14 mwN). Einbezogen sind zB Adaptionsmaßnahmen, die eine KK allein nach dem Recht des SGB V nicht leisten müsste (vgl zB BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 16 ff). Dieser Schutzmechanismus darf nicht durch ein zu enges Begriffsverständnis der "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" ausgehebelt werden. Der Entscheidungszeitpunkt der KK spielt hierbei keine Rolle.

17

Andererseits erstreckt sich dieser Leistungsbegriff in der Regelung des § 13 Abs 3a S 9 SGB V - bei einem Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem engeren Sinne - nur auf die Leistungen zur medizinischen Reha im Sinne des SGB V. Das sind insbesondere die dort als solche bezeichneten Leistungen (§ 40 SGB V), aber auch zB teilweise Arbeitstherapie (vgl zB BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 21 ff, 26 mwN). Versicherte der GKV - wie der Kläger - haben gemäß § 11 Abs 2 S 1 SGB V ua Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Reha, die "notwendig sind, um eine Behinderung (…) abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern". Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs 2 S 3 SGB V). Die KKn - gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur medizinischen Reha - sind nach den Vorschriften des SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen indes nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet(vgl § 11 Abs 2, § 40 SGB V; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18).

18

Speziell für Psychotherapie unterscheidet das SGB V zwischen ärztlicher Behandlung einschließlich Psychotherapie (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V)als einem Teilbereich ambulanter Krankenbehandlung einerseits (vgl zu diesem Begriff in Abgrenzung zur ambulanten Reha § 40 Abs 1 S 1 SGB V) und Leistungen zur medizinischen Reha, zu deren Bestandteilen auch Psychotherapie gehören kann, und ergänzenden Leistungen andererseits (vgl § 27 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V). Im Regelungsbereich ambulanter ärztlicher Behandlung im Rechtssinne wird die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien (RL) nach § 92 SGB V durchgeführt(vgl § 28 Abs 3 S 1 SGB V idF durch Art 2 Nr 2 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311; vgl BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 20 RdNr 10). Um eine solche Leistung psychotherapeutischer Krankenbehandlung ging es dem Kläger.

19

2. Grundvoraussetzung des Erstattungsanspruchs aufgrund Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V)ist, dass die beantragte Leistung im Sinne des Gesetzes nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V; dazu a). Das folgt aus dem oben aufgezeigten Wortlaut und dem Binnensystem der Norm (vgl oben, II. 1. b aa), Entstehungsgeschichte und Regelungszweck. Die vom Kläger beantragte Leistung galt in diesem Sinne als genehmigt (dazu b).

20

a) Der Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)ist in der Erstattungsregelung (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V) verkürzend mit den Worten "nach Ablauf der Frist" vorausgesetzt. Gemeint ist nicht jeder Fall des Ablaufs der Fristen nach § 13 Abs 3a S 1 oder S 4 SGB V. Der Erstattungsanspruch setzt nach seinem inneren Zusammenhang mit der Mitteilungspflicht (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V)und dem Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V)vielmehr voraus, dass die KK keinen oder keinen hinreichenden Grund mitteilte. Nur im Fall grundlos nicht fristgerechter Leistungserbringung kann sich der Versicherte aufgrund der Regelung die erforderliche Leistung selbst beschaffen und Kostenerstattung von der KK verlangen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 29 f). Der Regelungszweck, Bewilligungsverfahren der KKn zu beschleunigen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, aaO S 29), zielt nicht darauf ab, hinreichend begründete Verzögerungen zu sanktionieren. Die Mitteilung mindestens eines hinreichenden Grundes bewirkt für die von der KK prognostizierte, taggenau anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als genehmigt gilt. Stellt sich nach Mitteilung einer ersten, sachlich gerechtfertigten Frist heraus, dass diese zunächst prognostizierte Frist sich aus hinreichenden Sachgründen als zu kurz erweist, kann die KK zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller die hinreichenden Gründe mit der geänderten taggenauen Prognose erneut - ggf wiederholt - mitteilen. Erst wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der letzten, hinreichend begründeten Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen, ist die KK zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.

21

b) Die vom Kläger beantragte Psychotherapie galt wegen Fristablaufs als genehmigt. Denn der leistungsberechtigte Kläger (dazu aa) stellte bei der Beklagten einen hinreichend bestimmten Antrag (dazu bb) auf Leistung von 25 Sitzungen tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeitpsychotherapie, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt (dazu cc). Diesen Antrag beschied die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs 3a S 1 SGB V, ohne dem Kläger hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen(dazu dd).

22

aa) Der Kläger ist als bei der Beklagten Versicherter leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen KK.

23

bb) Der Kläger beantragte hinreichend bestimmt die Gewährung einer Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen. Damit die Leistung im Rechtssinne nach Ablauf der Frist als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Entsprechend den allgemeinen, in § 42a VwVfG(Verwaltungsverfahrensgesetz idF durch Art 1 Nr 5 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften - 4. VwVfÄndG - vom 11.12.2008, BGBl I 2418 mWv 18.12.2008) normierten Grundsätzen (vgl Begründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines 4. VwVfÄndG, BT-Drucks 16/10493 S 15) gilt "eine beantragte Genehmigung (…) nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (…), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist". Da der Verwaltungsakt nicht erlassen, sondern fingiert wird, muss sich der Inhalt der fingierten Genehmigung aus dem Antrag in Verbindung mit den einschlägigen Genehmigungsvorschriften hinreichend bestimmen lassen (vgl Begründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines 4. VwVfÄndG, BT-Drucks 16/10493 S 16). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist(zu § 13 SGB V: Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 73; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 58l; s auch Gemeinsames Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund der KKn und der Verbände der KKn auf Bundesebene zur leistungsrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs 3a SGB V vom 15.5.2013, S 20; zu § 42a VwVfG: U Stelkens in P Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 42a RdNr 35 mwN).

24

So lag es hier. Der Klägerantrag auf Gewährung von Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen war im Rechtssinne hinreichend bestimmt und fiktionsfähig.

25

cc) Der Antrag des Klägers betraf eine Leistung, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck an. Denn die Genehmigungsfiktion begründet zugunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch, dem der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz entspricht (vgl § 13 Abs 3a S 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl zur Kostenfreistellung zB BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 16 mwN und Leitsatz 2). Auch der Kostenerstattungsanspruch aufgrund Genehmigungsfiktion setzt voraus, dass sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine "erforderliche" Leistung (entsprechend der fingierten Genehmigung; dazu II. 3. a) selbst beschaffen.

26

Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen. Die Gesetzesmaterialien sprechen beispielhaft den Fall an, dass die KK auch im Fall der selbstbeschafften Leistung, zum Beispiel bei einer notwendigen Versorgung mit Zahnersatz, nicht den vom Versicherten zu tragenden Eigenanteil zu übernehmen hat (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 30; im Ergebnis ähnlich etwa LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 9; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr 23 ff; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 58l; Vogl, NZS 2014, 210, 211; Werner, SGb 2015, 323, 325; aA etwa LSG NRW Beschluss vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KRL 16 KR 155/14 B - Juris RdNr 26 ff; Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 74; Kingreen in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 13 RdNr 29; Knispel, SGb 2014, 374, 376; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Preis/Schneider, NZS 2013, 281, 288; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Dezember 2015, § 13 RdNr 43).

27

Die beantragte Psychotherapie unterfällt ihrer Art nach dem Leistungskatalog der GKV, wie oben dargelegt. Der Kläger konnte auch aufgrund der fachlichen Befürwortung seines Antrags durch die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin T die Behandlung für geeignet und erforderlich halten. Der Gedanke an einen Rechtsmissbrauch liegt fern.

28

dd) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Wochen (§ 13 Abs 3a S 1 SGB V), ohne dem Kläger hinreichende Gründe für die Überschreitung der Frist mitzuteilen: Sie teilte ihm keinerlei Gründe mit. Die Frist von drei Wochen ist maßgeblich, weil die Beklagte den Kläger nicht über die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme unterrichtete (vgl zur Pflicht § 13 Abs 3a S 2 SGB V). Ohne diese gebotene Information kann der Leistungsberechtigte nach Ablauf von drei Wochen annehmen, dass sein Antrag als genehmigt gilt (aA Rieker, NZS 2015, 294, 296). Die Frist begann am Dienstag, dem 17.12.2013 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1 BGB). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)ging der Antrag des Klägers am 16.12.2013 der Beklagten zu. Die Frist endete am Montag, dem 6.1.2014 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 188 Abs 2 BGB). Die Beklagte entschied erst später, am 27.1.2014, über den Antrag des Klägers.

29

3. Der Kläger beschaffte sich die erforderliche Leistung von 24 Sitzungen Psychotherapie selbst, nachdem sie als genehmigt galt (dazu a). Hierdurch entstanden ihm 2200 Euro Kosten (dazu b).

30

a) Die genehmigte Leistung, die sich der Kläger beschaffte, war auch noch im Zeitpunkt der Beschaffung erforderlich. Der Kläger beachtete nämlich Art und Umfang der fingierten Genehmigung von 25 Sitzungen Psychotherapie. Er beschaffte sich die Leistung zeitnah nach Eingreifen der Genehmigungsfiktion. Die fingierte Genehmigung hatte sich bei der Beschaffung auch nicht erledigt. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Leistung nicht mehr (subjektiv) erforderlich gewesen wäre.

31

Auch eine fingierte Genehmigung - wie jene des Klägers - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (vgl § 39 Abs 2 SGB X; vgl hierzu bei nicht fingierter Genehmigung zB BSG SozR 4-2500 § 55 Nr 2 RdNr 24; rechtsähnlich BVerwGE 48, 87, 90, 92 ff zu § 19 Abs 4 S 3 BBauG vom 23.6.1960, BGBl I 341). So kann etwa - für den Versicherten erkennbar - eine "Erledigung auf andere Weise" einer fingierten Genehmigung einer beantragten Krankenbehandlung eintreten, wenn die ursprünglich behandlungsbedürftige Krankheit nach ärztlicher, dem Betroffenen bekannter Einschätzung vollständig geheilt ist: Es verbleibt durch diese Änderung der Sachlage für die getroffene Regelung kein Anwendungsbereich mehr. Sie kann nach ihrem Inhalt und Zweck keine Geltung für den Fall derart veränderter Umstände beanspruchen. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 14 mwN; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 24). In diesem Sinne ist die Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Geänderte Umstände, die die Genehmigung im Zeitpunkt der Beschaffung entfallen ließen, hat indes weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.

32

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, der Kläger sei deshalb nicht "schutzbedürftig", weil ihm vor Selbstverschaffung der genehmigten Therapiemaßnahmen die ablehnende Entscheidung der Beklagten zugegangen und seine Therapeutin Kenntnis vom Begutachtungsergebnis erlangt habe. Die fingierte Genehmigung schützt den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs. Die spätere Mitteilung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und die Information der Therapeutin über das Gutachten lassen die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion unberührt; die Ablehnung der Leistung regelt weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme oder den Widerruf der fingierten Genehmigung (vgl hierzu §§ 45, 47 SGB X).

33

b) Dem Kläger entstanden nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dadurch Kosten in Höhe von 2200 Euro, dass er sich die erforderliche genehmigte Leistung selbst beschaffte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger ohne Selbstbeschaffung der Leistung einen Eigenanteil der Therapiekosten zu tragen gehabt hätte (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 30).

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine Kopforthese einschließlich deren Anpassung.

2

Eine Kopforthese ist ein leichter Helm, der nach einem Schädelabdruck oder einem 3D-Schädelscan individuell angefertigt und in der Regel mehrere Monate lang für 23 Stunden täglich vom Säugling getragen wird. In dieser Zeit wird sie dem Kopfwachstum entsprechend mehrfach angepasst.

3

Bei dem am 30.1.2013 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse versicherten Kläger bestand seit der Geburt an einer rechtsseitig abgeflachten Asymmetrie des Schädels (Plagiocephalus rechts) ohne frühzeitige Verknöcherung der Schädelnähte (dh nicht synostotisch verursacht), die mittels Lagerungstherapie, Krankengymnastik und osteopathischen Behandlungen nicht ausgeglichen werden konnte. Auf der Grundlage der ärztlichen Verordnung einer dynamischen Kopforthese vom 24.4.2013 und eines hierzu von einer Firma für Orthopädietechnik gefertigten Kostenvoranschlags über 1965,34 Euro ging für ihn am 30.4.2013 ein entsprechender Antrag auf Versorgung bei der Beklagten ein. Diese lehnte den Antrag ab, da die Versorgung mit einer Kopforthese eine nicht anerkannte Behandlungsmethode sei, deren medizinischer Nutzen nicht hinlänglich durch Studien nachgewiesen sei (Bescheid vom 28.5.2013).

4

Bei der ärztlich verordneten Vermessung des Schädels per Scan am 21.5.2013 zeigte sich bei dem Kläger eine Differenz der Schädeldiagonalen von 10,3 mm. Die Firma für Orthopädietechnik stellte den Eltern des Klägers die dynamische Kopforthese nach Scan am 28.8.2013 in Rechnung. Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nach Aktenlage ein und wies den Widerspruch des Klägers mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Kopforthesentherapie zurück (Widerspruchsbescheid vom 3.9.2013). Die Helmtherapie endete mit Erhebung der Abschlussdaten am 5.11.2013.

5

Das SG hat die auf Erstattung der gezahlten oa Kosten gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3.3.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V seien nicht gegeben. Trotz des kurzen Zeitfensters von wenigen Monaten zur Regulierung der Schädelasymmetrie sei die Leistung nicht so eilbedürftig gewesen, als dass vor Behandlungsbeginn eine Entscheidung der Krankenkasse nicht habe abgewartet werden können. Auf den notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Kläger komme es jedoch nicht entscheidend an, weil die Beklagte jedenfalls den Antrag nicht rechtswidrig abgelehnt habe. Es handele sich um eine neue Therapiemethode, die der GBA nicht empfohlen habe und die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abrechnungsfähig gewesen sei; insbesondere nicht nach der Krankheitsbilder des Stütz- und Bewegungsapparates betreffenden EBM-Ä-Ziffer 18310, die als Zusatzpauschale in Höhe von 21,60 Euro die Kopforthesentherapie nicht ausreichend abbilde. Es habe auch kein Ausnahmetatbestand vorgelegen, aufgrund dessen ein Anspruch auch ohne positive Empfehlung des GBA in Betracht kommen könne. Unerheblich sei deshalb, ob der Plagiocephalus Krankheitswert gehabt habe (Urteil vom 11.6.2015).

6

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Es habe sich um eine unaufschiebbare Leistung iS des § 13 Abs 3 Alt 1 SGB V gehandelt, da die Behandlung einer Schädelasymmetrie während der erheblichen Wachstumsphase innerhalb eines nur sehr kurzen Zeitfensters begonnen werden müsse. Nach einer Entscheidung des SG Leipzig (Urteil vom 16.12.2014 - S 27 KR 488/13) sei davon auszugehen, dass die Behandlung mittels einer Kopforthese durch die EBM-Ä-Ziffer 18310 ausreichend abgebildet werde, sodass eine positive Empfehlung des GBA nicht erforderlich sei. Zudem werde in der Medizin diskutiert, dass die Lagerungsasymmetrie zu Hirnveränderungen mit motorischen und kognitiven Defiziten führen könne. Da die Standardtherapien mittels Lagerung und Physiotherapie nicht ausreichten, müsse die Kopforthesentherapie nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Vermeidung einer grundgesetzwidrigen notstandsähnlichen Situation erbracht werden. Schließlich habe der GBA ein Verfahren zur Überprüfung der Methodik der Kopforthesenbehandlung nicht zeitgerecht durchgeführt, obwohl die Gemeinsame Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin bereits in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2012 eine weitere wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung der Thematik angeregt habe.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 3. März 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 zu verurteilen, ihm 1965,34 Euro zu erstatten.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts und führt ergänzend aus, von einer notstandsähnlichen Situation könne nicht schon dann ausgegangen werden, wenn eine mögliche, aber unwahrscheinliche Folge schwerwiegend sein könne. Da die Auswertung der zahlreichen Studien zur Kopforthesenbehandlung längere Zeit in Anspruch nehme, sei auch nicht von einem Systemversagen auszugehen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

11

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat nicht abschließend über den vom Kläger gegen die beklagte Krankenkasse geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Herstellung und Anpassung einer Kopforthese in Höhe von 1965,34 Euro entscheiden.

12

Versicherte erhalten die Leistungen der Krankenkassen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen (§ 2 Abs 1 S 1, Abs 2 SGB V), und die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (§ 13 Abs 1 SGB V). Wie das LSG zutreffend entschieden hat, ergibt sich der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zwar nicht aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V(hierzu 1.). Zum darüber hinaus aber noch in Betracht kommenden Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs 3a SGB V fehlt es an Feststellungen des LSG, ohne die der Senat nicht beurteilen kann, ob sich der Erstattungsanspruch aus dieser Vorschrift ergibt(hierzu 2.). Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

13

1. Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF in der bis heute unveränderten Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266) lagen nicht vor.

14

Nach dieser Vorschrift sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1, hierzu a>) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2, hierzu b>) und Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift ersetzt den primär auf die Sach- oder Dienstleistung gerichteten Anspruch, wenn das Sachleistungs- bzw Naturalleistungssystem versagt und sich die Versicherten die Leistungen selbst beschaffen (vgl zB BSGE 73, 271, 276 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 9, 15; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 106). Das Unvermögen der Krankenkasse, die Leistung rechtzeitig zu erbringen, sowie die rechtswidrige Verweigerung der Sachleistung berechtigen den Versicherten, sich die Leistung in Durchbrechung des Sachleistungsprinzips selbst zu beschaffen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung grundsätzlich nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V nur dann, wenn die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs vorliegen(stRspr, vgl zB BSGE 70, 24, 26 = SozR 3-2500 § 12 Nr 2 S 1, 3; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12 mwN; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 10 mwN).

15

a) Die Beklagte hat es nicht versäumt, eine unaufschiebbare Leistung rechtzeitig zu erbringen.

16

Unaufschiebbar ist eine Leistung, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht und daher die Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet werden kann. Leistungen, auf die kein Anspruch besteht, können schon mangels Notwendigkeit nicht dringlich sein. So verhält es sich hier. Eine Behandlung mittels Kopforthese gehört bis heute nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV; vgl hierzu näher die Parallelentscheidungen des Senats zum Komplex vom 11.5.2017 zu den Aktenzeichen B 3 KR 1/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R). Die Schädelasymmetrie des Klägers erreichte darüber hinaus keinen Krankheitswert und bot aufgrund ihrer geringen Ausprägung auch im Rahmen von Vorsorgeleistungen keinen Anlass zur Behandlung mittels Kopforthese (hierzu b>).

17

Zudem hätte selbst bei einer Behandlungsnotwendigkeit kein Eilbedürfnis für eine Leistung im Sinne einer Unaufschiebbarkeit bestanden. Denn dies setzt voraus, dass der angestrebte Behandlungserfolg bei einem Abwarten der Entscheidung der Krankenkasse nicht mehr eintreten kann oder dass ein weiteres Zuwarten - zB wegen der Intensität der Schmerzen - nicht mehr zumutbar ist; das Ausmaß der Dringlichkeit einer Notfallbehandlung iS des § 76 Abs 1 S 2 SGB V, die regelmäßig als Sachleistung zu gewähren ist, muss nicht erreicht sein(vgl zB BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 13 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 23; vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - Juris RdNr 14 mwN; Helbig in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 42 mwN).

18

Wie das Berufungsgericht revisionsrechtlich beanstandungsfrei ausgeführt hat, lag ein solches Eilbedürfnis nicht vor. Es bestand danach kein hinreichender Grund dafür, nicht zunächst die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Zwar wird die Kopforthesentherapie in der Regel zwischen dem vierten und dem sechsten bzw spätestens bis zum 12. Lebensmonat begonnen, weil in den ersten sechs Lebensmonaten wegen des schnellen Kopfwachstums die besten Erfolge zu erwarten sind (vgl Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, 2012, S 6, 9, abrufbar unter: www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html - recherchiert im April/Mai 2017 ; ähnlich Frey, Analyse der subjektiven Beurteilung der Kopforthesentherapie bei Lagerungsplagiocephalus durch Eltern behandelter Kinder in der craniofacialen Sprechstunde des Universitätsklinikums Würzburg, Dissertation, 2014, S 15; Funke ua, Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 438, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017). Da der Kläger aber bei Antragstellung erst ca drei Monate alt war, gab es jedenfalls ein Zeitfenster von bis zu mehreren Monaten. Eine Entscheidung der Krankenkasse war aber innerhalb weniger Wochen zu erwarten (vgl § 13 Abs 3a SGB V). Medizinische Gesichtspunkte dafür, dass die Behandlung selbst in diesem zeitlichen Rahmen keinen Aufschub mehr duldete, sind nicht ersichtlich. Versicherte dürfen sich eine Behandlung indessen regelmäßig erst dann selbst beschaffen, wenn die Krankenkasse die Möglichkeit zur Prüfung und Erbringung im Wege der Sachleistung hatte. Denn mit der Selbstbeschaffung einer Leistung können Gesundheitsgefahren verbunden sein, Behandlungsalternativen können übersehen werden, und die Einhaltung des Sachleistungsprinzips liegt zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen nicht nur im Interesse des betroffenen Antragstellers, sondern auch grundsätzlich im Interesse der Versichertengemeinschaft (vgl §§ 2, 12 SGB V; vgl auch zB BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12).

19

b) Die Beklagte hat die Versorgung des Klägers mittels Kopforthese auch nicht iS von § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V zu Unrecht abgelehnt, sondern zu Recht.

20

Der Kläger hatte zu dem Zeitpunkt, als er sich die Kopforthese selbst beschaffte (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V allgemein näher vgl zB BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 29 RdNr 14 und Nr 32 RdNr 10; BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 13) keinen Anspruch auf die Kopforthese als Sachleistung. Schon deshalb kommt es hier darauf, ob dem Kläger die Kosten für die Kopforthese durch die ablehnende Entscheidung entstanden sind, - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht an.

21

Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einer Kopforthese schied aus, weil die Schädelasymmetrie bei ihm von solch geringer Ausprägung war, dass es sich nicht um eine (behandlungsbedürftige) Krankheit iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V(in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung durch das Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988, BGBl I 2477) handelte (dazu aa>). Es bestand auch kein Anlass zur Versorgung mit einer Kopforthese im Rahmen von medizinischen Vorsorgeleistungen iS des § 23 Abs 1 SGB V(in der in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Bei einer Schädelasymmetrie von so geringem Ausmaß, wie sie beim Kläger vor der Versorgung gegeben war, kommt es auf einen ggf vom GBA zu bewertenden Nutzen einer Kopforthese nicht an (vgl hierzu aber Parallelentscheidungen des BSG vom 11.5.2017 zu den Aktenzeichen B 3 KR 1/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R). Denn die Frage, ob einer körperlichen Unregelmäßigkeit im Einzelfall Krankheitswert zukommt und ob daher überhaupt Behandlungsmaßnahmen nach § 27 Abs 1 SGB V indiziert sind, ist nicht vom GBA, sondern allein von den Gerichten zu entscheiden. Gleiches gilt für das Ausmaß an Regelwidrigkeit des kindlichen Kopfes, das als Anlass für die Gewährung medizinischer Vorsorgemaßnahmen iS des § 23 Abs 1 SGB V erreicht sein muss(dazu bb>).

22

aa) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Voraussetzung des Behandlungsanspruchs auch mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V) ist daher das Vorliegen einer Krankheit im Rechtssinne. Unter einer Krankheit versteht die Rechtsprechung einen regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand, der behandlungsbedürftig ist oder Arbeitsunfähigkeit bedingt. Regelwidrig ist ein Körperzustand, der vom Leitbild eines gesunden Menschen abweicht, wobei nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zukommt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 10; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 13 f).

23

Die Schädelasymmetrie des Klägers bestand unmittelbar vor der Versorgung mit der Kopforthese ausweislich des am 21.5.2013 erfolgten Schädelscans bei einer Differenz der Schädeldiagonalen von 10,3 mm. Darin liegt kein regelwidriges krankheitswertiges Ausmaß im dargelegten Sinne.

24

In der zu dieser Zeit vorliegenden Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen ("Helmtherapie", Studie der Autoren: Rosenbaum, Borusiak, Schweitzer, Berweck, Sprinz, Straßburg, Klepper, 2012, S 2 f, veröffentlicht im Internet unter: www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html - recherchiert im April/Mai 2017) werden insoweit Studien aufgeführt, nach denen zur Vermessung der Schädelasymmetrie zwei Diagonalen auf den knöchernen Schädel projiziert werden, die durch den Kreuzungspunkt von Längs- und Querdurchmesser des Schädels gehen und jeweils um 30 Grad vom Längsdurchmesser des Schädels abweichen. Wird die Längendifferenz dieser beiden Diagonalen durch die größere Diagonalenlänge dividiert, ergibt sich ein Wert, der bis zu 3 mm bzw 3,5 mm als Normwert angesehen wird; bei einem Wert bis einschließlich 12 mm liegt danach eine milde/moderate Form der Asymmetrie vor und erst wenn der Wert 12 mm übersteigt, muss von einer moderaten bis schweren Form der Asymmetrie ausgegangen werden. Das korrespondiert mit der Bewertung von Funke ua (Funke ua in Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017), nach der Werte bis 10 mm dem Normbereich zugerechnet werden (so auch Frey, Analyse der subjektiven Beurteilung der Kopforthesentherapie bei Lagerungsplagiocephalus durch Eltern behandelter Kinder in der craniofacialen Sprechstunde des Universitätsklinikums Würzburg, Dissertation, 2014, S 12); erst ab Werten von 15 mm und mehr wird danach eine Asymmetrie erreicht, bei der eine Helmtherapie indiziert sein kann. Die Plausibilität des Normbereichs bis 10 mm erklären die Autoren ua mit einem Kontrollkollektiv von 20 Säuglingen, bei denen nie die Diagnose einer Schädelasymmetrie gestellt wurde, und die durchschnittlich eine Differenz von 6 mm und eine Streuung bis 11 mm aufwiesen. Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Asymmetrie als solche das Wohlbefinden des Kindes nicht beeinträchtigt (vgl hierzu ua Biedermann, Kinder- und Jugendarzt, 2010, 723, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de , recherchiert im April/Mai 2017 ) und ein medizinischer Nutzen der Helmtherapie über eine rein kosmetische Verbesserung der Schädelasymmetrie hinaus nicht belegt ist (Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen - "Helmtherapie", aaO, S 9). Milde Deformitäten können zudem mit rechtzeitiger Lagerungstherapie und ggf Physiotherapie gut behandelt werden (Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission, ebenda).

25

Beim Kläger lag ausgehend davon bei einer bei ihm bestehenden Differenz von 10,3 mm eine (nur) milde Form der Schädelasymmetrie vor, die nach der Einteilung von Funke ua (Funke ua in: Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017) beinahe noch im Normbereich lag. Für das Vorliegen funktioneller Einschränkungen gab es keine Anhaltspunkte. Es existierten zu der Zeit, als die Eltern des Klägers die Kopforthese selbst beschafften, keine wissenschaftlich haltbaren Daten, die einen Zusammenhang zwischen einer Schädelasymmetrie im Säuglingsalter und späteren Erkrankungen oder Beeinträchtigungen, weder somatisch noch psychisch, belegen (vgl Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission, aaO, S 4). Die körperliche Unregelmäßigkeit beeinträchtigte den Kläger in seinen Körperfunktionen nicht und wirkte in diesem Ausmaß auch keinesfalls entstellend. Solche Folgen waren auch bei weiterem Zuwarten ohne therapeutische Einwirkungen nicht zu erwarten, sodass ausgehend von den dargestellten Erkenntnissen keine Krankheit im Rechtssinne vorlag.

26

Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass zwar durchaus schon Frühstadien einer Erkrankung oder Krankheitsanlagen und sogar Krankheitsrisiken in bestimmtem Maße oder der hinreichende Verdacht einer Krankheit einen Behandlungsanspruch auslösen können (vgl hierzu ausführlich zB E. Hauck, NJW 2016, 2695; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 27 SGB V RdNr 30 ff, insbesondere RdNr 83 ff, Stand Mai 2005). Es lagen aber insbesondere ausgehend von den durch die gemeinsame Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen ausgewerteten Studien (vgl Stellungnahme der Kommission aus 2012, aaO) keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine milde/moderate Form der Schädelasymmetrie ohne weitere Behandlung in einem fortgeschrittenen Alter Krankheitswert im Rechtssinne erreichen könnte.

27

bb) Das Klagebegehren führt gleichermaßen nicht unter dem Blickwinkel des § 23 Abs 1 SGB V zum Erfolg.

28

Nach dieser Regelung haben Versicherte (schon) Anspruch auf ärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,

1.    

eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,

2.    

einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,

3.    

Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder

4.    

Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

29

Diese Vorschrift gewährt Ansprüche zur Abwendung eines Krankheitsrisikos mithin bereits vor der Manifestation einer Krankheit iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V. Allerdings setzt ein Leistungsanspruch im Vorfeld einer Krankheit wenigstens eine Schwächung der Gesundheit oder das Drohen von Krankheit oder deren Verschlimmerung voraus oder Pflegebedürftigkeit, die es zu vermeiden gilt (vgl zB Schütze in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 23 RdNr 19 ff mwN). Beim Kläger lagen indessen - wie bereits ausgeführt - weder hinreichende Anhaltspunkte für eine bevorstehende Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit vor, noch handelte es sich um eine Schwächung der Gesundheit iS von § 23 Abs 1 Nr 1 SGB V. Geschwächt ist die Gesundheit, wenn sie - ohne krankheitswertig iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V zu sein - im Hinblick auf eine drohende Erkrankung so angegriffen ist, dass die körperliche Leistungsfähigkeit abweichend vom Normalzustand des altersgerecht gesunden Menschen alltäglichen gesundheitlichen Belastungen nicht mehr standzuhalten vermag, oder wenn der Allgemeinzustand so labil ist, dass bei gleichbleibender Belastung - außerberuflich und beruflich - mit dem Ausbruch einer Erkrankung zu rechnen ist(vgl zB Schütze in jurisPK-SGB V, aaO, § 23 RdNr 34 mwN). Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben.

30

Ein Versorgungsanspruch kann ebenso nicht auf § 23 Abs 1 Nr 2 SGB V gestützt werden, nach dem speziell bei Kindern bereits eine Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung einen Behandlungsanspruch auslöst. Die gesundheitliche Entwicklung eines Kindes ist gefährdet, wenn der Entwicklungsprozess der altersgerechten Ausbildung der körperlichen, geistigen und seelischen Anlagen entweder bereits zurückgeblieben oder auf andere Weise beeinträchtigt oder mit Wahrscheinlichkeit mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist (vgl zB Schütze, aaO, § 23 RdNr 42 mwN). Es lagen - wie bereits beschrieben - keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei einer Schädelasymmetrie von solch moderater Form, wie sie beim Kläger bestand, mit Entwicklungsbeeinträchtigungen im Hinblick auf körperliche, geistige oder seelische Funktionen zu rechnen war. Zwar setzt eine Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung iS des § 23 Abs 1 Nr 2 SGB V nicht unbedingt eine zu erwartende Funktionseinbuße voraus; vielmehr können danach auch anderweitige Beeinträchtigungen, wie etwa Wachstumsschwächen oder vergleichbare Entwicklungsverzögerungen von rechtlich relevantem Ausmaß schon Leistungsansprüche auslösen. Individuelle Unterschiede, die sich im Leitbild des Zustandes eines gesunden Menschen halten, sind für das Leistungsrecht der GKV jedoch grundsätzlich unbeachtlich. Krankenversicherungsrechtlich relevant können Beeinträchtigungen daher auch in Bezug auf die gesundheitliche Entwicklung von Kindern nur dann sein, wenn sie über die Bandbreite individueller Verschiedenheiten hinaus als wesentliche Störung der normalen kindlichen Entwicklung erscheinen. Ist eine Funktionsbeeinträchtigung dagegen nicht zu erwarten, muss die drohende Beeinträchtigung für das betroffene Kind das erträgliche Maß überschreiten, und es müssen zweckmäßige und wirtschaftliche Reaktionsmöglichkeiten bestehen.

31

Die Leistungsvoraussetzungen nach § 23 SGB V sind bei einer Schädelasymmetrie, die - wie bei dem Kläger - nahe beim Normbereich liegt, jedenfalls für eine Versorgung mit einer Kopforthese nicht erfüllt, da eine solch geringfügige Normabweichung wirtschaftlicher mit einer Lagerungstherapie und ggf Physiotherapie behandelt werden kann und selbst unbehandelt mit einem Rückgang der Asymmetrie im Laufe der Entwicklung zu rechnen ist(so Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, aaO, S 5 f, 9). Zudem leben sowohl zahlreiche Kinder und vor allem Säuglinge als auch viele Menschen im erwachsenen Alter mit Schädelasymmetrien in diesem Ausmaß ohne Einschränkungen (vgl Funke ua in Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de sowie Biedermann, Kinder- und Jugendarzt, 2010, 723, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de , recherchiert im April/Mai 2017 ).

32

2. Zu den Voraussetzungen eines auf § 13 Abs 3a SGB V gestützten Kostenerstattungsanspruchs fehlt es an notwendigen Feststellungen des Berufungsgerichts, weshalb die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden muss(§ 170 Abs 2 SGG).

33

a) Abs 3a des § 13 SGB V war in Bezug auf den am 30.4.2013 bei der Beklagten eingegangenen Antrag des Klägers auf Versorgung mit einer Kopforthese bereits anwendbar. Die Regelung wurde nämlich mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Art 2 Nr 1 Patientenrechtegesetz vom 20.2.2013, BGBl I 277) mit Wirkung zum 26.2.2013 geschaffen.

34

b) Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Kann die Krankenkasse die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 des SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V).

35

c) Der Anwendung von § 13 Abs 3a SGB V im Falle des Klägers steht S 9 dieser Vorschrift nicht entgegen, denn die Versorgung eines Säuglings mit einer Kopforthese zur Behandlung einer Schädelasymmetrie gehört nicht zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation.

36

Die Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen nach dem SGB IX dienen nach ihrer im Gesetz angelegten Zielrichtung primär der Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie der Vermeidung und dem Entgegenwirken von Benachteiligungen (§ 1 S 1 SGB IX).Eine trennscharfe Abgrenzung zu sonstigen Leistungen der GKV ist allerdings mangels hinreichend konkreter normativer Vorgaben und Überschneidungen der Ziele (vgl § 11 Abs 2 SGB V sowie § 4 Abs 1 Nr 1, § 26 Abs 1 Nr 1 SGB IX) schwierig. Die Abgrenzung zwischen stationärer Rehabilitation und Krankenhausbehandlung hat die Rechtsprechung bisher im Wesentlichen nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden, der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und dem Hauptziel der Behandlung getroffen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 14 Leitsatz und RdNr 13 ff unter Fortführung von BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Die sog "erweiterte ambulante Physiotherapie" - eine medizinische Trainingstherapie unter Kombination von Leistungen, die der "Funktionswiederherstellung oder Funktionsverbesserung nach Unfallverletzungen mit Störungen ganzer Funktionsketten oder nach Berufskrankheiten" dient und nur in speziellen Rehabilitations-Zentren mit entsprechender personeller, apparativer und räumlicher Ausstattung erbracht werden kann - wird der ambulanten Rehabilitation zugeordnet (BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 § 40 Nr 5 Leitsatz 3 und RdNr 24 ff), weil es sich um eine nachakute, intensivierte Therapieform mit auf die Rehabilitation bezogener Zielrichtung handelt. Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln ist insoweit insbesondere die gesetzlich unterschiedlich definierte Zweckdienlichkeit nach § 33 Abs 1 S 1 Var 1 SGB V(= "um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern") und nach § 31 Abs 1 Nr 2 SGB IX(= "um den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern") zu berücksichtigen.

37

Danach handelt es sich bei einem Hilfsmittel, das - wie hier die Kopforthese - nicht im Rahmen einer stationären oder ambulanten Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt wird, jedenfalls dann nicht um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, wenn es nach der Zielrichtung seines Einsatzes primär einer (akuten) Krankenbehandlung dienen soll. Soweit der Schädelasymmetrie Krankheitswert zukommt, zielt der Einsatz einer Kopforthese hauptsächlich auf die Heilung der Krankheit (vgl § 27 Abs 1 S 1 SGB V) und nicht darauf, eine Behinderung oder deren Folgen günstig zu beeinflussen oder abzuwenden (vgl § 11 Abs 2 SGB V; § 4 Abs 1 Nr 1, § 26 SGB IX). Die Schädelasymmetrie soll nämlich mittels der Kopforthese als technisches Hilfsmittel und zwar in Form einer - wie dargestellt - eng zeitgebundenen Akutbehandlung therapiert werden; demgegenüber liegt eine Behinderung weder bereits vor noch ist mit ihrem Eintritt typischerweise unmittelbar zu rechnen.

38

d) Einem mithin grundsätzlich in Betracht kommenden Anspruch des Klägers auf Erstattung der für die Kopforthesenversorgung aufgewandten Kosten aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V steht - anders als einem Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V - auch nicht entgegen, dass eine Sachleistung betroffen ist, die allgemein nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört.

39

Weder der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V noch der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V setzen voraus, dass die Leistung objektiv medizinisch notwendig und vom Leistungsumfang der GKV umfasst ist. Voraussetzung dafür ist vielmehr lediglich, dass der Versicherte subjektiv von der Erforderlichkeit der Leistung ausgehen durfte (BSG Urteil vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25). Auch insoweit folgt der 3. Senat der Auffassung des 1. Senats uneingeschränkt.

40

Obwohl die Schädelasymmetrie beim Kläger von ihrem Ausmaß her weder eine Krankheit im Rechtssinne darstellte noch eine rechtlich relevante Gefährdung seiner gesundheitlichen Entwicklung befürchten ließ, durfte der Kläger jedenfalls die beantragte Kopforthesentherapie für eine medizinisch erforderliche Leistung halten, die nicht "offensichtlich" außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Denn der behandelnde Arzt brachte spätestens mit der Verordnung der Kopforthese dem Kläger gegenüber zum Ausdruck, dass er der konkret vorliegenden körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert beimaß und dass er annahm, die Kopforthesentherapie stelle insoweit eine geeignete und erforderliche Behandlung im System der GKV dar. Der Kläger war nicht gehalten, diesen medizinischen Standpunkt des behandelnden Arztes anzuzweifeln, ihn näher zu überprüfen oder von Dritten (im Sinne der Einholung einer Zweitmeinung) bestätigen zu lassen. Hinzu kommt, dass es aus fachmedizinischer Einschätzung heraus für den Krankheitswert von Schädelasymmetrien keine klar definierten Grenz- oder wenigstens Orientierungswerte gab, dass eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung dazu fehlte und dass einige Krankenkassen die Kopforthesentherapie in Einzelfällen durchaus bewilligten.

41

e) Der Senat kann allerdings auf der Basis der Feststellungen des LSG, an die er gebunden ist (§ 163 SGG), nicht beurteilen, ob der Kläger den Ablauf der Frist abwartete, bevor er sich die Kopforthese selbst beschaffte.

42

aa) Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V setzt nämlich auch voraus, dass die Frist, innerhalb derer die Krankenkasse über den Leistungsantrag zu entscheiden hat, abgelaufen ist, bevor sich der Leistungsberechtigte die Leistung selbst beschafft. Ein solcher Erstattungsanspruch kommt danach nur in Betracht, wenn die Leistung "nach Ablauf der Frist" beschafft wurde. Neben dem Wortlaut spricht für das Erfordernis des Fristablaufs auch die Gesetzesbegründung, nach der die Vorschrift der Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens dient (vgl Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/10488, S 32 zu Art 2 zu Nr 1) und dass die Selbstbeschaffung (nur) für den Fall einer nicht rechtzeitigen Leistungserbringung durch die Krankenkasse vorgesehen ist (vgl Begründung, ebenda, BT-Drucks 17/10488, S 32 zu Art 2 zu Nr 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/10488 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/11710, S 29 f zu Art 2 zu Nr 1). Denn die Krankenkasse muss wegen der mit der Selbstbeschaffung von Leistungen verbundenen Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken weiterhin die rein faktische Möglichkeit haben, sich mit dem Leistungsbegehren in der ihr zustehenden Zeit zu befassen, es zu prüfen und ggf Behandlungsalternativen aufzuzeigen (vgl bereits ua BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12§ 13 abs 3 sgb v>).

43

bb) Zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Kopforthese durch die Eltern des Klägers fehlen jedoch hinreichende Feststellungen des LSG.

44

Da seitens der beklagten Krankenkasse ein MDK-Gutachten erst im Widerspruchsverfahren eingeholt wurde, hatte sie gemäß § 13 Abs 3a S 1 SGB V grundsätzlich innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Diese Drei-Wochen-Frist endete nach § 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1, 2, § 188 Abs 2 BGB mit Ablauf des 21.5.2013, da der Antrag in Form des Kostenvoranschlags am 30.4.2013 bei der Beklagten eingegangen war. Bis zum Ablauf der Frist am 21.5.2013 erging indessen weder ein Bescheid der Beklagten noch eine Mitteilung an den Kläger über einen Grund für die Nichteinhaltung der Frist.

45

Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich der Kläger die Kopforthese bereits vor Ablauf des 21.5.2013 selbst beschaffte. Denn auffällig ist, dass die ersten Messungen für die Anfertigung der Kopforthese schon am 21.5.2013 erfolgten. Der Kläger selbst hat dieses Datum im Klageverfahren als Therapiebeginn bezeichnet (Schreiben an das SG vom 20.9.2013). Das Berufungsgericht hat die Feststellung, ob sich der Kläger an diesem Tag die Leistung bereits selbst beschaffte, ausdrücklich offengelassen; aus seiner Sicht war dies konsequent, da es im Rahmen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V darauf nicht ankam. Ermittlungen hierzu müssen aber im zurückverwiesenen Verfahren nachgeholt werden.

46

Eine Leistung ist nach der Rechtsprechung des Senats selbst beschafft, wenn im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer bezogen auf die Leistung ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zustande gekommen ist und sich der Versicherte damit einer endgültigen rechtlichen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt hat (vgl zu Hilfsmittel-Leistungen: BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 12; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 20 ff). Zwar werden Verpflichtungsgeschäfte regelmäßig verbindlich abgeschlossen, bevor der Leistungserbringer mit den ersten Ausführungshandlungen beginnt; das ist aber rechtlich nicht zwingend, und die Vereinbarung eines Vorbehalts zur verpflichtenden Abnahme der Kopforthese - beispielsweise in Abhängigkeit vom Messergebnis - ist zumindest nicht ausgeschlossen. Das LSG wird deshalb zu ermitteln haben, ob die Eltern des Klägers eine verbindliche Vereinbarung mit entsprechender Zahlungsverpflichtung bezüglich der Kopforthese erst nach Ablauf des 21.5.2013 eingegangen waren. Hatten sie sich bereits am 21.5.2013 oder früher gegenüber dem Leistungserbringer verbindlich verpflichtet, die Kopforthese abzunehmen und entsprechende Zahlung zu leisten, scheidet ein Kostenerstattungsanspruch auch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V aus.

47

f) Sollte das LSG aufgrund der von ihm nachzuholenden Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass eine verbindliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Kosten für die Kopforthese erst nach Ablauf des 21.5.2013 erfolgte, wäre die gesetzliche Genehmigungsfiktion für die Kopforthesentherapie nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V eingetreten.

48

Gleichwohl steht auch in diesem Fall noch nicht abschließend fest, ob der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch dann gegeben wäre. Denn es fehlen Feststellungen des LSG dazu, ob die Beklagte die in diesem Fall kraft Gesetzes fiktiv eingetretene Genehmigung möglicherweise wirksam zurückgenommen hat. Diese Feststellungen sind im Falle des Eintritts der gesetzlichen Genehmigungsfiktion ebenfalls vom LSG nachzuholen.

49

Zwar liegt in der einfachen Leistungsablehnung - wie vorliegend in dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2013 - weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Rücknahme der fingierten Genehmigung (allgemein ebenso 1. Senat BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32), sodass es nicht darauf ankommt, ob sich der Kläger die Kopforthese vor oder nach dem Erlass dieses Bescheides beschaffte.

50

Allerdings neigt der erkennende 3. Senat - im Unterschied zum Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.3.2016 (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, Leitsatz 4 und RdNr 32) -zu der Auffassung, dass die durch § 13 Abs 3a S 7 SGB V gesetzlich fingierte Genehmigung grundsätzlich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X aufgehoben werden kann, wobei deren Voraussetzungen an dem materiell-rechtlich genehmigten Leistungsanspruch zu bemessen sind. Der Auffassung des 1. Senats, eine Krankenkasse könne eine fingierte Leistungsgenehmigung nur zurücknehmen, widerrufen oder aufheben, wenn die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, Leitsatz 4), steht das Verständnis des erkennenden Senats gegenüber, dass die allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft von Verwaltungsakten und deren Modifikation (§§ 39 ff, 44 ff SGB X) auch auf die fingierte Genehmigung (entsprechende) Anwendung finden; denn einer (nur) fingierten Genehmigung kann keine stärkere Bestandskraft zukommen, als einer ausdrücklich mittels eines formellen Verwaltungsakts erteilten Genehmigung (für die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 44 ff SGB X insoweit auch Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 RdNr 58l, Bearbeitungsstand November 2016; Schifferdecker in Kasseler Komm, § 13 SGB V RdNr 140 ff, Stand Einzelkommentierung Mai 2017; Padé, jurisPR-SozR Nr 23/2016 Anm 1; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Krüger, NZS 2016, 521, 522, der - bedenkenswert - § 42a VwVfG als Generalnorm bzw lex generalis für Fiktionsregelungen ansieht und Parallelwertungen anregt; aA Hackstein, SGb 2016, 596, 597; Ulrich in Festschrift für Kohte, 2016, S 617, 622 ff). "Fingiert" wird nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V nur der Erlass der Genehmigung selbst, nicht aber deren Rechtmäßigkeit. Die Verwaltung müsste daher die Möglichkeit haben, eine der objektiven Rechtslage widersprechende, lediglich aufgrund der gesetzlichen Fiktion eingetretene Genehmigung ebenso aufzuheben, als wäre sie im Wege eines formellen begünstigenden Verwaltungsakts erlassen worden, nämlich grundsätzlich unter Abwägung mit Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes des Betroffenen entsprechend den Regelungen der §§ 44 ff SGB X. Für diese Sichtweise spricht - unbeschadet weiterer mit zu erwägender Gesichtspunkte - auch, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V gar nicht erst eintreten würde, wenn ihre Voraussetzungen von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind, dh wenn insbesondere der Fristablauf noch nicht eingetreten war.

51

Ist die - abhängig von den Feststellungen des LSG vorliegend möglicherweise eingreifende - fingierte Genehmigung auf eine Leistung gerichtet, auf die der Versicherte keinen Sachleistungsanspruch nach dem Recht der GKV hat, könnte sie daher nach dem Verständnis des Senats unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X jedenfalls zurückgenommen werden, solange der Versicherte noch keinen Gebrauch von ihr gemacht, dh solange er sich die Leistung noch nicht selbst beschafft und noch keine Kosten veranlasst hat.

52

Es erscheint dem 3. Senat indessen untunlich, dass er sich insoweit bereits im jetzigen Verfahrensstadium eine abschließende Überzeugung bildet und ein Anfrage- und Vorlageverfahren nach § 41 Abs 3 SGG einleitet; ohne entsprechende Feststellungen des LSG kann von der Entscheidungserheblichkeit der im Raum stehenden Rechtsfrage für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.

53

3. In seiner abschließenden Entscheidung muss das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kostenerstattung für eine im Jahr 2005 in Großbritannien durchgeführte Herzoperation.

2

Bei dem 1939 geborenen, bei der beklagten Ersatzkasse versicherten Kläger waren 1982 und 1992 in der Klinik "Royal Brompton and Harefield NHS Trust"/L. (im Folgenden: RBH-Klinik) - einer Einrichtung des britischen staatlichen Gesundheitsdienstes - Herzoperationen durchgeführt worden; dabei war ihm jeweils eine bioprothetische Aortenklappe (= Transplantate von verstorbenen Organspendern) eingesetzt worden. Die Kosten dafür hatte die Beklagte voll getragen.

3

Im Juli 2005 wurde bei dem Kläger ua eine Aorteninsuffizienz Grad II-III festgestellt. Nachdem sich bei einer Untersuchung in L. Anfang September 2005 das Erfordernis einer dritten Aortenklappenoperation gezeigt hatte, beantragte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für diese - mit einem erhöhten Risiko behaftete - Operation, die wiederum in der RBH-Klinik vorgenommen werden solle (Kostenvoranschlag 22.000 britischen Pfund ; Sicherheitsleistung 32.000 GBP); in der RBH-Klinik sei er seit über 40 Jahren bekannt und habe großes Vertrauen in die dortigen Ärzte; medizinische Gründe sprächen für die gleichzeitige Operation eines zudem bestehenden Aortenaneurysmas.

4

Die Beklagte entschied, dass sie die Kosten der Krankenhausbehandlung in der RBH-Klinik "anteilig im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne präjudizierende Wirkung" übernehme. Da die Operation nach der Stellungnahme des Herzchirurgen Dr. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) auch in Deutschland durchgeführt werden könne, sei die Erstattung allerdings auf die deutschen Sätze in einem vergleichbaren Vertragskrankenhaus - mit Abzügen für Zuzahlungen und Verwaltungskosten - beschränkt (Bescheid vom 3.11.2005).

5

Im Widerspruchsverfahren wandte sich der Kläger gegen die Beschränkung der Kostenerstattung, weil die stationäre Behandlung im EU-Ausland notwendig und er schon 1982 und 1992 in der RBH-Klinik mit der in Deutschland ungebräuchlichen Operationsweise behandelt worden sei.

6

Vom 25.11. bis 4.12.2005 wurde der Kläger in der RBH-Klinik stationär am Herzen operiert und erhielt am 28.11.2005 einen Aortenklappenersatz mittels Bioprothese bei gleichzeitiger Beseitigung des Aortenaneurysmas. Am 8., 9. und 22.12.2005 stellte die Klinik ihm die Versorgung in Rechnung (Behandlung am 25.11.2005; stationärer Aufenthalt 25.11. bis 4.12.2005; ambulantes EKG am 8.12.2005). Die Beklagte erstattete dem Kläger 23.990,38 Euro auf den Rechnungsbetrag (insgesamt 36.595,12 Euro). Dabei berücksichtigte sie eine vom Kläger zu leistende Zuzahlung von 90 Euro und einen Verwaltungskostenabschlag von 30 Euro (Bescheid vom 12.1.2006). Die Beklagte holte zudem eine weitere MDK-Stellungnahme ein, in der bekräftigt wird, dass die Operation auch in Deutschland (zB in der Klinik für Herzchirurgie/K.) habe durchgeführt werden können. Den Widerspruch wies sie zurück, weil die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V für eine vollständige Kostenerstattung nicht vorlägen (Widerspruchsbescheid vom 22.3.2006).

7

Das vom Kläger ua unter Hinweis auf eine erhöhte Mortalitätsrate bei entsprechenden Operationen in Deutschland angerufene Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.1.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Beklagte müsse ihm nicht mehr als 23.990,38 Euro erstatten. Die Erteilung der für die stationäre Behandlung in der RBH-Klinik erforderlichen Zustimmung habe im Ermessen der Beklagten gelegen, das sie fehlerfrei ausgeübt habe. Ein Anspruch auf volle Kostenerstattung sei nicht aus § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V herzuleiten, weil eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung zB in der Klinik für Herzchirurgie in K. und im Herzzentrum L. möglich gewesen sei. Dass 1982 und 1992 die in der RBH-Klinik durchgeführten Operationen in Deutschland noch unüblich gewesen seien, besage nichts für die Verhältnisse im November 2005. Die Anspruchsvoraussetzungen lägen auch nicht deswegen vor, weil zur Überzeugung des Senats - die näher dargelegt wird - das Mortalitätsrisiko in der RBH-Klinik nicht eklatant niedriger sei als in deutschen Krankenhäusern. Nach einer Stellungnahme des MDK-Arztes Dr. L. lasse sich aufgrund der aktuellen und verfügbaren internationalen Literatur keine Aussage zur Mortalität bei einer dritten Herzklappenoperation finden; auch Prof. P./L. habe im Jahr 2004 keine selektiven Mortalitätsraten angegeben. Bei dieser Sachlage sehe sich der Senat nicht gedrängt, zum Mortalitätsrisiko Beweis zu erheben, weil nicht erkennbar sei, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation über weitergehende Möglichkeiten als Dr. L. verfüge, aktuelle internationale Literatur auszuwerten. Die Beklagte habe ihre Zustimmung und die Kostenübernahmeerklärung auf die deutschen Vertragssätze in einem vergleichbaren Krankenhaus beschränken dürfen. Der insoweit maßgebliche § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V bleibe auch bei einer stationären Auslandsbehandlung unberührt. Die erstatteten 23.990,38 Euro umfassten die Kosten, die bei einer entsprechenden Operation in Deutschland entstanden wären (Urteil vom 13.2.2009).

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 103 SGG und § 13 Abs 4 und 5 SGB V. Das LSG habe den hilfsweise gestellten Beweisantrag ohne zureichende Begründung übergangen,

        

 bei der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH eine Auskunft zu der Tatsache einzuholen, dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenersatzoperation gibt,

        

weiter hilfsweise Zeugnis der dort tätigen Dr. K. D. und Dr. F. T. hierzu einzuholen.

9

Die Auffassung des LSG, dass weitergehende Möglichkeiten zur Auswertung internationaler Literatur nicht erkennbar seien, bedeute eine unzulässige Vorwegnahme des Beweisergebnisses. Weder habe das Gericht die zur Beurteilung des Beweisthemas erforderliche Sachkunde, noch sei nach seiner Auffassung schon das Gegenteil erwiesen. Das LSG habe den Beweisantrag - für das Revisionsgericht bindend - so ausgelegt, dass implizit behauptet werde, es gebe in Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenoperation, während in der RBH-Klinik eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung möglich sei. Die Beklagte habe ihre Zustimmung zur Auslandsbehandlung auch erteilt. Das LSG habe zudem keine Feststellungen zu seinen (des Klägers) Einkommens- und Vermögensverhältnissen getroffen, welche für die Ermessensausübung von Bedeutung seien. Das Ermessen habe zu seinen Gunsten ausgeübt werden müssen. Darüber hinaus habe das LSG § 13 Abs 5 Satz 2 SGB V falsch ausgelegt, weil die Krankenkasse (KK) die objektive Feststellungslast dafür treffe, dass eine gleichwertige stationäre Behandlung auch im Inland möglich sei. Es stelle sich zudem die Frage, ob nicht auch für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V die KK die Feststellungslast tragen müsse, wenn doch deren Vorliegen in § 13 Abs 4 Satz 2 SGB V widerleglich vermutet werde. Dass die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V erfüllt sein könnten, ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte die Voroperationen vollständig bezahlt habe; daraus sei zu folgern, dass die englische Herzchirurgie einen Vorsprung vor der deutschen habe. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung führe zwingend zur vollen Kostenerstattung.

10

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Februar 2009 und des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 3. November 2005 und 12. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2006 zu verurteilen, ihm weitere 12.484,74 Euro zu zahlen,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Februar 2009 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

14

Das LSG-Urteil, welches einen Erstattungsanspruch des Klägers gegen die beklagte Ersatzkasse von weiteren 12.484,74 Euro für die stationäre Behandlung vom 25.11. bis 4.12.2005 und die ambulante Behandlung am 8.12.2005 in der RBH-Klinik/L. verneint und die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtmäßig angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keine durchgreifenden Revisionsrügen gegen das Urteil vorgebracht, nach dem er gegen die Beklagte (nur) Anspruch auf Kostenübernahme für die Herzoperation in der RBH-Klinik/L. in Höhe von 23.990,38 Euro hat. § 13 Abs 4 Satz 1 bis 5 SGB V gibt dem Kläger keinen weitergehenden Anspruch (dazu 1.) Die Voraussetzungen für eine vollständige Kostenerstattung nach der vom Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlage des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V sind nicht erfüllt (dazu 2.).

15

1. Der vom Kläger erhaltene Zahlbetrag in Höhe von 23.990,38 Euro entspricht dem in § 13 Abs 4 Satz 1 bis 5 SGB V geregelten Erstattungsumfang.

16

Nach § 13 Abs 4 Satz 1 SGB V (anzuwenden in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung durch Art 1 Nr 4 Buchst b des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 ) sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen dabei nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind (§ 13 Abs 4 Satz 2 SGB V). Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die KK bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte (§ 13 Abs 4 Satz 3 SGB V). Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln; sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen (§ 13 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V). Diese Begrenzung der Kostenerstattung verstößt nicht gegen Europarecht (vgl Senats-Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 22/08 R - Gran Canaria, zur Veröffentlichung in BSGE 103 und SozR 4-2500 § 13 Nr 23 vorgesehen, jeweils RdNr 40 mwN; vgl EuGHE I 2003, 4509 RdNr 98, 106, 107 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 RdNr 128, 137, 138 - Müller-Fauré/van Riet; EuGHE I 2004, 2641 RdNr 48 - Leichtle; EuGHE I 2006, 4325 RdNr 132 - Watts) . Die von der Beklagten gewährte Zahlung bewegt sich im Rahmen dieser Vorgaben.

17

Denn nach den Ermittlungen des LSG, die mit Revisionsrügen nicht angegriffen werden und damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), handelt es sich bei den 23.990,38 Euro um einen Betrag, der angefallen wäre, wenn es eine etwa zeitgleiche Behandlung in der Klinik für Herzchirurgie in K. stattgefunden hätte. Maßgeblicher Ausgangsbetrag sind insoweit 24.110,38 Euro, die um die den Kläger als Versicherten treffende gesetzliche Zuzahlung von 90 Euro sowie um den satzungsmäßigen (iVm § 13 Abs 4 Satz 4 SGB V) Verwaltungskostenabschlag von 30 Euro zu vermindern sind. Damit ergibt sich ein Erstattungsbetrag von 23.990,38 Euro. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 22/08 R (Gran Canaria, zur Veröffentlichung in BSGE 103 und SozR 4-2500 § 13 Nr 23 vorgesehen, jeweils RdNr 40) entschieden hat, ist insbesondere die Begrenzung der Kostenerstattung unter Zugrundelegung der Kosten rechtmäßig, die in Deutschland für eine entsprechende Versorgung am Wohnort bzw am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Versicherten anfallen würden. Die nach § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V zu erstattenden Kosten sind nach der Ablösung der Pflegesatzvergütung für stationäre Krankenhausbehandlung entsprechend ausgehend von den einschlägigen DRGs zu errechnen.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt die Prüfung der Höhe des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 4 Satz 3 SGB V auch nicht deshalb, weil § 13 Abs 5 SGB V für stationäre Auslandsbehandlung eine Sonderregelung enthielte. Denn die letztgenannte Bestimmung enthält nach ihrem Regelungsgehalt zu der Frage, in welcher Höhe ein Kostenerstattungsanspruch bei stationärer Behandlung im EU-Ausland besteht, keine Rechtsfolge. Der Inhalt des § 13 Abs 5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs 4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der KK für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen. § 13 Abs 5 SGB V lässt dagegen die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs 4 SGB V unberührt (vgl E. Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 73. Lieferung 10/2009, § 13 SGB V RdNr 365 ff) .

19

2. Der Kläger hat auch keinen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V als von der Beklagten zuerkannt, da dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Kläger hätte sich nämlich zumutbar in Deutschland behandeln lassen können.

20

§ 13 Abs 4 Satz 6 SGB V, auf den sich der Kläger stützt, bestimmt: "Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die KK die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen." Die Übernahme der "ganzen" Kosten für eine erforderliche Auslandsbehandlung sind in das Ermessen der KK gestellt. Die Regelung räumt ihr dieses Ermessen jedoch nur für den Fall ein, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich ist. Jedenfalls an dieser Voraussetzung fehlt es hier. Auf die - weitere - Rüge des Klägers, das LSG habe keine Feststellungen zu seinen für die Ermessensausübung bedeutsamen Einkommens- und Vermögensverhältnissen getroffen, kommt es schon von daher nicht an.

21

a) Vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung des Klägers nur in der RBH-Klinik L. und nicht in Deutschland möglich war, kann hier nicht schon deshalb ausgegangen werden, weil die Beklagte dem Kläger die - an sich von den gleichen Voraussetzungen abhängige - Zustimmung zur Auslandsbehandlung nach § 13 Abs 5 SGB V erteilt hatte. Zwar durfte diese Zustimmung nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der KK im Inland erlangt werden kann (§ 13 Abs 5 Satz 2 SGB V). Insoweit fällt aber ins Gewicht, dass die Beklagte in der Begründung ihres Bescheides vom 3.11.2005 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zustimmung gar nicht bejahte, sondern sogar ausdrücklich auf das Gegenteil hinwies, nämlich darauf, dass die Operation nach der Stellungnahme eines Herzchirurgen des MDK ebenso in Deutschland durchgeführt werden könne; explizit wurde von der Beklagten darin ausgeführt, dass (begrenzte) Kosten nur "im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne präjudizierende Wirkung" übernommen würden. Dieses Verwaltungshandeln der Beklagten kann sich ihr gegenüber nicht im Nachhinein zum Nachteil auswirken, weil sie in Umsetzung der MDK-Stellungnahme konsequenterweise eine Leistungsgewährung insgesamt hätte ablehnen müssen. Gleichwohl ist das Verwaltungshandeln der Beklagten nachvollziehbar und bewegt sich auf gesichertem rechtlichen Boden, weil es bei nüchterner Betrachtung erkennbar von Entgegenkommen und einem besonderen Verständnis für die prekäre gesundheitliche Situation des Klägers getragen war. Denn die Beklagte bot dem Kläger so bei verständiger Würdigung eine letztlich als - untechnisches - Vergleichsangebot zu verstehende Möglichkeit der Leistungsgewährung an, indem sie trotz der greifbaren, mit ärztlichen Stellungnahmen begründbaren verwaltungsmäßigen Ablehnung letztlich zu einer begünstigenden Entscheidung mit Kompromisscharakter griff. Für dieses Vorgehen lässt sich anführen, dass sie nach den beiden Voroperationen des Klägers in London und im Vorfeld seiner unmittelbar bevorstehenden, sehr risikoreichen dritten Herzklappenoperation berechtigte Hoffnungen haben konnte, so juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, die das Überlebensrisiko für die Operation möglicherweise noch verringert hätten.

22

Bei dieser Sachlage, insbesondere angesichts der Begründung des Bescheides vom 3.11.2005, der ausdrücklich und auch für den Kläger erkennbar ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erging, liegt es jedenfalls fern, der Argumentation des Klägers aus dem Revisionsverfahren zu folgen, wonach aus der Zustimmung der Beklagten zur stationären Auslandsbehandlung in seinem Sinne auch Folgerungen für die volle Kostenerstattung gezogen werden müssten bzw dass deswegen eine die Beklagte treffende Umkehr der Feststellungslast hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V zu erfolgen habe.

23

b) Das LSG hat die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V, wonach der Kläger eine ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung bei einem zugelassenen Leistungserbringer im Inland habe erlangen können, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.

24

aa) Das LSG hat aus verschiedenen Umständen - insbesondere MDK-ärztlichen Stellungnahmen vom 25.10. und 28.11.2005 sowie vom 13.7.2006 - hergeleitet, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung der Krankheit des Klägers, insbesondere ein bioprothetischer Aortenklappenersatz im November/Dezember 2005 auch in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland möglich war (Klinik für Herzchirurgie in K. ; Herzzentrum L.); es hat sich dabei auch argumentativ mit gegenläufigen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. Diese Einschätzung ist im Ergebnis vom Kläger im Berufungsverfahren auch nicht (mehr) bestritten worden. Soweit er im Revisionsverfahren weiter geltend macht, die Voraussetzungen des § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V seien erfüllt, weil die Beklagte die Voroperationen in der RBH-Klinik L. vollständig bezahlt habe und seiner Meinung nach die englische Herzchirurgie weiterhin einen Vorsprung vor der deutschen habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Auch wenn in den Jahren 1982 und 1992 die beim Kläger durchgeführte Operation in Deutschland noch unüblich war und nur von einer einzigen Klinik durchgeführt wurde, lässt dies nicht den Schluss darauf zu, dass die Verhältnisse im November 2005, also mehr als zwölf Jahre später, noch in gleicher Weise bestanden. Das LSG hat insoweit beanstandungsfrei ausgeführt, dass nach den Ermittlungen im Laufe der Zeit eine Änderung der Sachlage eingetreten sei, weil nunmehr auch (weitere) zugelassene Krankenhäuser in Deutschland den bioprothetischen Aortenklappenersatz durchführten. Das greift der Kläger im Kern mit Revisionsrügen nicht an.

25

Die medizinische Notwendigkeit einer dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden Operation ausschließlich in der RBH-Klinik folgt auch nicht daraus, dass der Kläger geltend gemacht hat, er setze besonderes Vertrauen in die dortigen Chirurgen und Kardiologen, weil er jahrzehntelangen Kontakt dorthin mit jährlichen Kontrolluntersuchungen habe und beide Voroperationen dort durchgeführt worden seien. Auch wenn der Wunsch verständlich ist, dass sich Patienten es bei bevorstehenden schweren, mit einem nicht unerheblichen Mortalitätsrisiko behafteten Operationen zur Behandlung in "bewährte" Hände oder zu Ärzten begeben, die ihnen bereits in der Vergangenheit bei ähnlich schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen erfolgreich Hilfe zuteil werden ließen, folgt daraus nicht zugleich, dass die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für entsprechende Wunschbehandlungen auch uneingeschränkt aufzukommen hat. Schon allgemein besteht das Wunsch- und Wahlrecht des § 33 Satz 1 SGB I nur, soweit Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstehen. Anders als es § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V für die freie Arztwahl unter den für die vertragsärztliche Versorgung zugelassenen oder gleichgestellten Leistungserbringern bestimmt, gibt es jedoch schon bei einer Behandlung im Inland keine entsprechende ausdrückliche Regelung für den Bereich der stationären Krankenhausbehandlung (vgl bereits Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 60 Nr 3 RdNr 13; E. Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 73. Lieferung 10/2009, § 13 SGB V RdNr 369; Brandts in: Kasseler Komm, Stand: 1.10.2009, § 39 SGB V RdNr 97) .

26

Erst recht kann auch eine Auslandsbehandlung - zumal in stationärer Form unter den erschwerten (europarechtskonformen) Voraussetzungen des § 13 Abs 5 SGB V - unter dem allgemeinen, sich auch in § 13 Abs 4 Satz 6 SGB V niederschlagenden Regime des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht allein unter Hinweis auf den Patientenwunsch oder die Inanspruchnahme der europarechtlichen passiven Dienstleistungsfreiheit beansprucht werden. Aus § 18 SGB V hat der Senat vielmehr hergeleitet, dass dafür ein qualitatives oder quantitatives Versorgungsdefizit im Inland zu fordern ist (vgl BSGE 92, 164 = SozR 4-2500 § 18 Nr 2, jeweils RdNr 9 ff; vgl auch zur ähnlichen Rechtsprechung des EuGH: EuGHE I 2006, 4325 - Watts).

27

Ein solches Defizit besteht nicht schon dann, wenn das Leistungsangebot im Ausland wegen einer besonders modernen technischen Ausstattung eines Krankenhauses oder wegen des auch international herausragenden fachlichen Rufs des dortigen Arztes eine überdurchschnittliche Qualität aufweist. Denn eine solche Spitzenmedizin bildet nicht den Maßstab für die Leistungen der GKV. Die KKn schulden den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik; sie haben die Leistungen zu gewähren, die zur Heilung und Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sind (§ 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1, § 27 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V). Auf eine optimale, über den beschriebenen gesetzlichen Standard hinausgehende Versorgung besteht dagegen kein Anspruch (BSGE 84, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 15 f; BSG SozR 5520 § 29 Nr 3 S 8 f). Spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten eines ausländischen Arztes oder überlegene technische oder personelle Kapazitäten eines Krankenhauses können erst dann eine Inanspruchnahme zu Lasten der GKV rechtfertigen, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen, das nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Teil einer zweckmäßigen medizinischen Behandlung der betreffenden Krankheit ist, im Inland aber nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht (vgl für die insoweit vergleichbare Beurteilung bei § 18 SGB V BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 38 mwN). Für eine solche Sachlage ist vorliegend - über den nur in diesem Rahmen potenziell bedeutsamen, vom Kläger speziell angeführten, hier nicht durchgreifenden Gesichtspunkt des vermeintlich höheren Mortalitätsrisikos in Deutschland hinaus (dazu sogleich näher bb) - nichts ersichtlich.

28

bb) Die Revision des Klägers kann schließlich auch keinen Erfolg haben, soweit er in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf § 103 SGG die Ausführungen des LSG zum Mortalitätsrisiko angreift und damit ein Versorgungsdefizit (im og Sinne) zu belegen versucht.

29

Eine Verfahrensrüge erhebt der Kläger nur insoweit, als er dem LSG vorwirft, es habe seinen Antrag, durch Einholung einer (näher umschriebenen) Auskunft bzw Zeugenvernehmung zu ermitteln, ob es in Deutschland keine nennenswerte Operationspraxis für eine dritte Aortenklappenersatzoperation gebe, nicht ablehnen dürfen; er stützt sich darauf, dass die Auffassung des LSG, weitergehende Möglichkeiten zur Auswertung internationaler Literatur darüber seien nicht erkennbar, eine unzulässige Vorwegnahme des Beweisergebnisses bedeute und dem Gericht die zur Beurteilung des Beweisthemas erforderliche Sachkunde gefehlt habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

30

Bei einer - wie hier - gerügten Verletzung der Amtsermittlungspflicht ist im Revisionsverfahren darzulegen, warum sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu den vom Betroffenen weiter begehrten Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl zB Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 20 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG) . Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich vorliegend um einen im Berufungsverfahren formell ordnungsgemäß gestellten Hilfsbeweisantrag des Klägers handelte, ergibt sich aus den Darlegungen der Revisionsbegründung ein solches Ermittlungsdefizit nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es die zentrale entscheidungserhebliche Frage für den Ausgang des Rechtsstreits war und ist, ob das Mortalitätsrisiko für eine dritte Herzklappenoperation in der RBH-Klinik L. im November/Dezember 2005 wesentlich niedriger war als bei entsprechenden Operationen in Deutschland, weil es nur dann zu einer weitergehenden Leistungsgewährung an den Kläger kommen könnte. Das LSG hat dies verneint und seine dazu gewonnene Einschätzung nicht nur auf eigene Erkenntnisse gestützt, sondern seine Überzeugung zu dieser Feststellung aus der Stellungnahme des MDK-Arztes Dr. L. vom 3.8.2007 hergeleitet, wonach sich zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der aktuellen und verfügbaren internationalen Literatur keine Aussage zur Mortalität bei einer dritten Herzklappenoperation finden ließ. Das LSG hat sich dabei auch mit weiteren sich aus dem Verfahren ergebenden anderen Indizien auseinandergesetzt und für seine Auffassung eine nähere Begründung gegeben (Würdigung des Schreibens Prof. P./L. vom 16.3.2007; Veröffentlichung dieses Arztes von 2004; Einschätzung Dr. A./Herzzentrum L.). Es hat sodann auf dieser Grundlage ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation - etwa die im Beweisantrag genannten - über weitergehende Möglichkeiten als Dr. L. verfügten, die aktuelle internationale Literatur auszuwerten. Der Kläger hat nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Ausführungen des LSG derartiges in den Tatsacheninstanzen auch gar nicht einmal behauptet. Vor diesem Hintergrund aber ist dann nicht erkennbar, aufgrund welcher konkreten und dem Gericht rechtzeitig unterbreiteten Umstände (zB besondere, über die Sachkunde von Dr. L. hinausgehende Fähigkeiten der benannten Institution bzw der Zeugen) sich das Berufungsgericht gleichwohl noch zu weiteren Ermittlungen zur Frage des Mortalitätsrisikos hätte gedrängt fühlen müssen. Die in diesem Zusammenhang vorgenommene Würdigung der Beweismittel durch das LSG ist nur am Maßstab der Einhaltung des Prozessrechts zu messen und daraufhin zu überprüfen, ob es dabei verfahrensrechtliche Grenzen überschritten und zB gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsregeln verstoßen hat (vgl allgemein zB BSG SozR Nr 34 und Nr 56 zu § 128 SGG; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 10 ff mwN) . Dazu wird im Revisionsverfahren ebenfalls nichts Hinreichendes geltend gemacht.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.