Landgericht Wuppertal Beschluss, 19. Nov. 2018 - 9 T 193/187
Gericht
Tenor
Das Verfahren wird an das Amtsgerichts Velbert zur Durchführung des (Nicht-) Abhilfeverfahrens zurückgegeben.
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Gründe
2Das Amtsgericht hat das erforderliche (Nicht-) Abhilfeverfahren bislang nicht durchgeführt. Ein solches ist aber auch im Verfahren nach § 62 FamFG erforderlich, da es sich um ein Beschwerdeverfahren handelt.Im Entscheidungsfall hatte sich die Unterbringungsmaßnahme am 05.10.2018 erledigt (Bl. 24 und 26 d.A.), bevor die Betroffene am 10.10./12.10.2018 Beschwerde eingelegt hatte (Bl. 34 d.A.). Für die Einordnung und rechtliche Zulässigkeit ihres Begehrens ist zu beachten, dass einerseits ein isolierter Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig ist (BGH, V ZB 116/10, juris), andererseits ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 62 FamFG unabhängig davon zu bejahen ist, ob bereits Beschwerde eingelegt ist (Bumiller/Harders/Bumiller/Harders/Schwamb FamFG § 62 Rn. 1 - 5; Musielak/Borth, FamFG, 6. Auflage, § 62, Rn. 5, beide beck-online). Ein Feststellungsinteresse wird daher auch dann bejaht, wenn sich die Hauptsache vor Einlegung des Rechtsmittels erledigt hat (Bumiller/Harders/Bumiller/Harders/ Schwamb FamFG § 62 Rn. 1 - 5, beck-online, mit weiteren Nachweisen aus der OLG-Rechtsprechung). Dem ist zu folgen, weil bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen ein effektiver Rechtsschutz zu gewährleisten ist.Die Zulässigkeit des Antrages kann mithin nicht davon abhängen, ob es überhaupt zur Vorlage der Beschwerde an das Beschwerdegericht kommt. Denn zunächst ist darüber zu entscheiden, ob das erstinstanzliche Gericht der Beschwerde abhilft, so dass bereits dieses Gericht im Rahmen einer Abhilfeentscheidung die Rechtswidrigkeit seiner eigenen, mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung feststellen kann (Budde in: Keidel, FamFG, 19. Auflage, § 62, Rn. 6; a.A. Abramenko in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl., § 62 FamFG, Rn. 5). Diese Ansicht ist schon deshalb vorzugswürdig, weil sie geeignet ist, Ressourcen der Justiz zu schonen. Es ist verfahrensökonomisch, bereits dem Amtsgericht die Möglichkeit einzuräumen, kraft besserer Einsicht die Rechtswidrigkeit einer angeordneten Maßnahme festzustellen, die sich inzwischen erledigt hat. Ansonsten müsste das Amtsgericht gegebenenfalls gegen seine eigene inzwischen erlangte Überzeugung der Beschwerde nicht abhelfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorlegen, was überflüssigen Aufwand bedeuten würde.Die Motive des Gesetzgebers stehen dem jedenfalls nicht entgegen. Die Begründung des Bundestages zu § 62 FamFG zeigt, dass keine Absicht bestand, Kompetenzen des Ausgangsgerichts hinsichtlich der Nachprüfung seiner Entscheidung zu beschränken, sondern Intention war, die Anforderungen an ein Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers zu regeln (vergleiche Drucksache 16/6308, Seite 205). Schließlich sieht sich die Kammer auch durch die Entscheidung des OLG München (29 W1708/11, juris) bestätigt, wo davon die Rede ist, dass bei erledigter Hauptsache das Beschwerdegericht die bei ihm eingelegte Beschwerde zuständigkeitshalber an das Ausgangsgericht weitergeleitet habe.Gegen diesen Beschluss ist mangels einer abschließenden Entscheidung kein Rechtsmittel möglich (§§ 58 I, 70 FamFG).
Annotations
(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.