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| Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen. |
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| Die nach teilweiser Rücknahme verbliebenen Unterlassungsanträge sind zulässig und begründet. Die Ansprüche stehen der Verfügungsklägerin gemäß §§ 15 IV, 5 III MarkenG zu. |
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| Die Verfügungsklägerin kann sich gegenüber der Verfügungsbeklagten auf einen Werktitelschutz an der Bezeichnung „ITeG“ berufen. |
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| 1. Bei der Messe „ITeG“ handelt es sich um ein „vergleichbares Werk“ i.S.d. § 5 III MarkenG. |
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| Nach der zutreffenden herrschenden Meinung kommt ein Werktitelschutz für Messen wie auch für andere Veranstaltungen grundsätzlich in Betracht (Fezer, 3. Aufl., § 5 MarkenG, Rn. 154k; Ingerl/Rohnke, 2. Aufl., § 5 MarkenG, Rn. 76; a.A. Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl., Rn. 48). Zur konkreten Schutzfähigkeit bedarf es aber der Erfüllung weiterer Voraussetzungen, die eine Veranstaltung erst anderen in § 5 III MarkenG genannten Werken vergleichbar machen und in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung herausgearbeitet worden sind. |
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| Zwar hat der BGH (GRUR 1989, 626 - Festival Europäischer Musik) unter Geltung des § 16 I UWG a.F. entschieden, dass ein so bezeichnetes Festival kein besonders bezeichnungsfähiges Werk, sondern nur eine Form der Dienstleistung sei. Jedoch hat er auch schon unter Geltung der alten Rechtslage in dieser Entscheidung ausgeführt, dass „ausnahmsweise“ dann eine Schutzfähigkeit in Betracht komme, wenn eine Veranstaltung ein individuelles Ereignis darstelle oder als eine einheitliche, in ihrer Gesamtheit bezeichnungsfähige Reihe oder Serie erscheine. |
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| Beides trifft auf den vorliegenden Fall zu: Bei der „ITeG“ handelt es sich um eine von maximal zwei Messen auf dem Gebiet der IT-Lösungen und -Dienstleistungen im Gesundheitssektor mit einer von Anfang an dreistelligen Zahl an Ausstellern und vierstelligen Zahl an Fachbesuchern. Sie kombiniert die reine Ausstellung von Messeständen mit einem begleitenden Fachprogramm; es gibt ein eigenes Logo und einen begleitenden Katalog. Damit tritt die Messe mitsamt ihrer Bezeichnung nach außen als ein besonderes, thematisch eng umgrenztes Gebilde auf, das dem angesprochenen Fachpublikum als Inbegriff verschiedener kombinierter Inhalte gegenübertritt. Die Einheitlichkeit wird durch die klare Fokussierung auf eine bestimmte Thematik gewahrt. Eine Wiederholung der Messe war von Anfang an geplant und wurde seit 2004 auch durchgeführt. |
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| Schon nach der „Festival Europäischer Musik“-Entscheidung des BGH ist damit jedenfalls eine Messe wie die vorliegende werktitelschutzfähig. Dem hat sich das OLG Düsseldorf für einen im Wesentlichen vergleichbaren Fall angeschlossen (LG Düsseldorf, WRP 1996, 156 - Paracelsus-Messe). Wie im dortigen Fall handelt es sich auch bei der „ITeG“ um eine wiederkehrende Messeveranstaltung mit bestimmter Themenstellung, die ein von vornherein festgelegtes Messeprogramm hat und sich interessierten Kreisen als organisatorische Einheit darstellt. |
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| Eine (solche) Messe ist demzufolge mehr als das bloße körperliche Vorhandensein von Messeständen, vielmehr steckt dahinter eine thematische Idee, die - etwa durch den Messekatalog, das begleitende Messeprogramm, die Auswahl und Anordnung der Aussteller etc. - visuell, organisatorisch und inhaltlich aufbereitet wird und sich so den angesprochenen Verkehrskreisen präsentiert; mithin handelt es sich um ein immaterielles Arbeitsergebnis, das einer gewissen geistigen Umsetzung zur Erschließung seiner Gesamtheit bedarf (vgl. BGHZ 121, 157 - Zappel-Fisch). Mit anderen Worten stellt die Messe „ITeG“ eine gedankliche Leistung mit kommunikativem Inhalt (Ströbele/Hacker, 8. Aufl., § 5 MarkenG, Rn. 75) dar. |
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| Ob es dabei nach der neueren Rechtsprechung des BGH überhaupt noch auf die Notwendigkeit eines gedanklichen Umsetzungsprozesses ankommt oder ob das Vorhandensein einer eigenständigen geistigen Leistung genügt (; BGHZ 135, 278 - PowerPoint; BGH, GRUR 1997, 902 - FTOS; BGH, GRUR 2005, 1703 - FACTS II), kann offenbleiben, da beide Kriterien vorliegend erfüllt werden. |
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| Jedenfalls zeigt gerade die FACTS II-Entscheidung, in der der BGH selbst einem Warenkatalog im Interesse eines umfassenden Immaterialgüterrechtsschutzes Werktitelschutz zugebilligt hat, da dieser in Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation regelmäßig eine eigenständige geistige Leistung darstelle, dass die Formulierung einer nur „ausnahmsweisen“ Schutzfähigkeit in der Festival Europäischer Musik-Entscheidung unter der heutigen Rechtslage nach dem Markengesetz nicht restringierend zu verstehen ist. Vielmehr war diese Formulierung der alten Rechtslage geschuldet, nach deren Wortlaut eine Schutzfähigkeit anderer als Druckschriften allenfalls in entsprechender Anwendung und damit per se nur ausnahmsweise in Betracht kam. |
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| 2. Eine Benutzungsaufnahme des Werktitels liegt seit dem Jahr 2004 vor. An dessen Kennzeichnungskraft bestehen keinerlei Zweifel. |
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| 3. Die Verfügungsklägerin ist auch Inhaberin der Werktitelrechte an der Messe. § 7 Ziff. 4 der auf die Verfügungsbeklagte übergeleiteten Vereinbarung ist jedenfalls so zu verstehen, dass mit dem Übergang aller Rechte bei fristloser Kündigung subjektive Ausschließlichkeitsrechte, wozu Werktitelrechte zählen, gemeint sein sollten. |
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| a) Offen bleiben kann, wer ursprünglich Inhaber des Werktitelrechts war. |
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| b) Denn dieses ist aufgrund wirksamer fristloser Kündigung der Verfügungsklägerin am 30.07.2007 auf diese übergegangen. |
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| aa) Ein Übergang auf die Verfügungsbeklagte aufgrund deren fristloser Kündigung am 30.04.2007 fand nicht statt, da keine wirksame fristlose Kündigung des Vertrags erfolgte. |
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| (1) § 7 Ziff. 4 des Vertrags spricht ausdrücklich davon, dass die Vertragspartei, die den Kündigungsgrund gesetzt hat, sämtliche Rechte an der Messe verliert. Spätestens daraus erschließt sich, dass nicht eine fristlose Kündigung an sich, sondern nur eine begründete - mithin wirksame - fristlose Kündigung zum Übergang der Rechte führen kann. |
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| (2) Die fristlose Kündigung durch die Verfügungsbeklagte am 30.04.2007 war jedoch nicht wirksam. Dabei kann ihr Vortrag hinsichtlich der Nichtdurchführung eines geschuldeten begleitenden Kongresses sowie einer Gala unterstellt werden, wenngleich insbesondere die Ausführungen der Geschäftsführerin der Beklagten im Kündigungsschreiben selbst eher gegen das Vorhandensein tragfähiger Gründe für eine fristlose Kündigung sprechen. Denn sogar wenn die Verfügungsklägerin eine vertragliche Verpflichtung zur Durchführung eines innovativen Branchentreffs nicht durchgeführt, insbesondere keinen begleitenden Kongress und keine Gala veranstaltet haben sollte und dies einen wichtigen Grund dargestellt hätte, hätte die Verfügungsbeklagte jedenfalls nicht ohne den erfolgslosen Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist fristlos kündigen dürfen (§ 314 II BGB). Eine solche wurde aber nicht gesetzt, obwohl es sich bei den angeblichen Versäumnissen der Verfügungsklägerin um schlichte Vertragsverletzungen handelte. |
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| Gründe für das Entfallen des Abmahnerfordernisses sind nicht ersichtlich. Eine - ausreichend bemessene - Fristsetzung mit klar benannten Mängeln wäre der Verfügungsbeklagten vielmehr - auch wenn sich manche Messeteilnehmer beschwert haben sollten - ohne Weiteres möglich gewesen. Immerhin war die „ITeG 2007“ erst seit weniger als zwei Wochen überhaupt beendet und stand die nächste Messe erst in einem knappen Jahr an. Die Umstände des Falles legen es daher eher nahe, dass die fristlose Kündigung für die Verfügungsbeklagte das Vehikel sein sollte, eine möglichst günstige Vertragsanpassung zu erreichen. |
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| bb) Demgegenüber ist die fristlose Kündigung durch die Verfügungsklägerin vom 30.07.2007 wirksam. |
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| (1) Die Geschäftsführerin der Verfügungsbeklagten hat bei der gemeinsamen Besprechung am 25.07.2007 ultimativ Veränderungen am - nach dem o.g. fortbestehenden - Vertrag verlangt; anderenfalls werde die Messe nicht fortgeführt. Auch wenn sie bereits schon zuvor auf die ihrer Auffassung nach wirksame fristlose Kündigung hingewiesen hat, hat sie dies doch immer mit der Möglichkeit weiterer Verhandlungen über eine Vertragsanpassung verknüpft. Durch die ultimative Forderung einer Vertragsanpassung bei gleicher Drohung mit einem faktischen Ende der gemeinsamen Messe hatte die Situation eine neue Qualität erreicht. Auch wenn die Geschäftsführerin der Beklagten subjektiv von der Wirksamkeit der Kündigung ausgegangen sein mag, hatte diese objektive komplette Weigerung der Fortsetzung der Zusammenarbeit für die Verfügungsklägerin, die ihrerseits - zu Recht - von einem Fortbestand des Vertrags ausging, den Eindruck einer schwerwiegenden Vertragsuntreue. Damit lag ein wichtiger Kündigungsgrund vor. Da die Weigerung der weiteren Zusammenarbeit zugleich eine (umfassende) ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung darstellt, bedurfte es gem. §§ 314 II 2 i.V.m. 323 II Nr. 1 BGB keiner Abmahnung. |
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| (2) Hinzu kommt der Versuch der Verfügungsbeklagten, bereits ohne Information der Verfügungsklägerin die Hallen für die nächste Messe in Berlin umzubuchen. Ein solcher Versuch steht nach Auffassung der Kammer mit der im einstweiligen Verfügungsverfahren genügenden ganz überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest (vgl. § 294 ZPO). Zwar ist der Ursprung der Information der Messe Berlin zur Umbuchung nicht genau zu ermitteln. Nach dem Umständen des Falles kann es aber niemand anderes als die Verfügungsbeklagte gewesen sein, die eine solche Information an die Berliner Messe hätte weiterleiten können. Dritte hätten an der Umbuchung (auf den V e.V. bzw. dessen Service-GmbH) kein Interesse gehabt. Ob nun der Ursprung bei der Verfügungsbeklagten selbst oder aber bei ihrem Mutterverein lag, ist angesichts der engen personellen, räumlichen und sachlichen Verknüpfung beider irrelevant. |
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| Das Verhalten der (versuchten) Umbuchung der Hallen tritt neben den Ausführungen am 25.07.2007 als weitere Torpedierung der an sich geschuldeten Fortsetzung der gemeinsamen Durchführung hinzu und begründet damit erst recht einen wirksamen Kündigungsgrund, der auch durch eine Abmahnung nicht mehr zu ändern gewesen wäre. Bei einem solch irreparablen Vertrauensverlust ist eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt (MüKo-Gaier, 5. Aufl., § 314 BGB, Rn. 17). |
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| cc) Auf die Wirksamkeit der nachfolgenden fristlosen Kündigung der Verfügungsbeklagten vom 01.08.2007 kommt es damit nicht mehr an. |
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| 3. Damit steht fest, dass sich die Verfügungsklägerin gegenüber der Verfügungsbeklagten auf einen Werktitelschutz an der Bezeichnung „ITeG“ berufen und deshalb die Unterlassung der Benutzung dieser Bezeichnung für eine nicht von ihr veranstaltete Messe bzw. einen Branchentreffpunkt verlangen kann. Ob sich ein solcher Unterlassungsanspruch auch ohne Rücksicht auf das Bestehen eines Werktitelschutzes unmittelbar aus der (schuldrechtlichen) Vereinbarung selbst, insbesondere dem mit § 7 Ziff. 4 verfolgten Zweck ergeben könnte, kann vorliegend daher offen bleiben. |
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| 4. Die Verfügungsbeklagte ist als Domaininhaberin und administrative Ansprechpartnerin (vgl. OLG Stuttgart, MMR 2004, 38) passiv legitimiert. Auch wenn der DENIC-Eintrag unter diesen Funktionen zunächst nur die Geschäftsführerin der Verfügungsbeklagten anführt, so zeigt doch die ausdrückliche Benennung der Verfügungsbeklagten und die Angabe von deren Adresse, dass die Geschäftsführerin die Anmeldung nur in Ausfüllung dieser Tätigkeit und für die Verfügungsbeklagte vorgenommen hat. |
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| 5. Die Verfügungsbeklagte kann der Verfügungsklägerin nicht gem. § 6 MarkenG ältere Markenrechte an der Bezeichnung „ITeG“ entgegenhalten. |
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| a) Allerdings können erworbene Kennzeichenrechte Dritter grundsätzlich kennzeichenrechtlichen Ansprüchen gem. § 986 I BGB analog entgegen gehalten werden, sofern der in Anspruch genommene von dem Dritten schuldrechtlich zur Benutzung ermächtigt wurde (BGH, GRUR 1993, 574 - Decker). Dies ist nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, wenn diese Rechte zur bloßen Anspruchsabwehr erworben werden (BGH, GRUR 2002, 967 - Hotel Adlon). |
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| b) Jedoch ist das entsprechende Markenrecht prioritätsjünger. Es kann nur die Priorität des 04.02.2005 in Anspruch nehmen, während der der Verfügungsklägerin zustehende Werktitel bereits seit 2004 in Benutzung ist. Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Benutzung von vornherein auf mehrere Male angelegt ist, entsteht der Werktitelschutz aber bereits mit Ingebrauchnahme des Titels (ohne diese Einschränkung Ströbele/Hacker, a.a.O., Rn. 80). |
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| 6. Die Verfügungsbeklagte hat die Bezeichnung „ITeG“ ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin im geschäftlichen Verkehr titelmäßig verwendet. |
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| 7. An der Verwechslungsgefahr bestehen angesichts der Titel- und Werkidentität keine Zweifel. |
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| 8. Eine etwaige Wiederholungsgefahr wurde mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht ausgeräumt. Soweit es an einer Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die tatsächliche Veranstaltung einer solchen Messe fehlen sollte, begründet jedenfalls deren Bewerbung eine ausreichende Erstbegehungsgefahr. |
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| Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der weiteren Kosten des Verfahrens auf § 91 ZPO. Eine Änderung der ursprünglichen Kostenentscheidung, bei der die teilweise Antragsrücknahme gem. § 269 III 2 ZPO mit einem Fünftel zu bewerten war, ist nicht veranlasst. |
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| Einer gesonderten Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht. |
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