Landgericht Magdeburg Urteil, 06. Dez. 2017 - 36 O 35/17

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2017:1206.36O35.17.00
bei uns veröffentlicht am06.12.2017

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Gebrauchtwagen zu bewerben oder bewerben zu lassen, ohne Angaben über die bisherige Laufleistung zu machen, wenn dies wie aus der Anlage ersichtlich geschieht.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 220,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.02.2017 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 2000 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein beim Amtsgericht D eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen. Er verfügt über eine hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung und besitzt auf dem sachlich und örtlich relevanten Markt eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden.

2

Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „A“ insgesamt 20 eigenständige Autohäuser, unter anderem eine selbstständige Filiale in Magdeburg.

3

Am 25.08.2015 mahnte der Kläger den Beklagten ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf, weil der Beklagte in einer Zeitungsannonce Gebrauchtwagen beworben hatte ohne die bisherige Laufleistung der Fahrzeuge anzugeben. Auf das Anlagenkonvolut K 1 wird verwiesen.

4

Im Generalsanzeiger Magdeburg vom 28.12.2016 und 15.01.2017 bewarb der Beklagte erneut Gebrauchtwagen, ohne die bisherige Laufleistung anzugeben. Dies geschah auch am 17.2.2016.

5

Der Kläger meint, die Laufleistung sei ein wesentliches Merkmal der Gebrauchtwagen und wertbestimmendes Merkmal und deshalb wesentlichen Sinne von § 5 a Abs. 2 und 3 UWG.

6

Der Kläger beantragt,

7

den Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Gebrauchtwagen zu bewerben oder bewerben zu lassen, ohne Angaben über die bisherige Laufleistung zu machen, wenn dies wie aus der Anl. K1 ersichtlich geschieht;

8

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 220,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.2.2017 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Laufleistung sei kein wesentliches Merkmal. Darüber hinaus handele es sich um eine reine Aufmerksamkeitswerbung.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gemäß § 8 Abs. 1, 5 a Abs. 2, Abs. 3 UWG ein Unterlassungsanspruch zu.

13

§ 5 a Abs. 2 und 3 UWG verlangen, dass, wenn Waren unter Hinweis auf deren Merkmale um Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, die wesentlichen Merkmale der Ware anzugeben sind.

14

Der Kläger hat Gebrauchtwagen unter Hinweis auf deren Eigenschaften und deren Preis so angeboten hat, so dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann. Der Kläger hat in seiner Anzeige konkrete Modelle von Fahrzeugen mit Bild dargestellt. Marke und Modell waren erkennbar. Ein konkreter Preis wurde benannt. Hinsichtlich der Farbe war angegeben war, dass viele Farben erhältlich sein. Darüber hinaus hatte er konkrete Merkmale, wie Fensterheber z.B Multifunktionslenkrad, Tempomat und vieles andere mehr angegeben. Mit diesen Merkmalen konnte ein Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung in dem Sinne treffen, ob er den Laden des Klägers betritt und sich das Fahrzeug anschaut. Dies ist bereits ausreichend. Eine „geschäftliche Entscheidung“ ist nach Art. 2 k der EU- Richtlinie 2005/29 jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen will. Dieses erfasst auch unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH, Urteil vom 19.12.2013 – C-281/12 – Rn. 36, zitiert nach juris). Aus diesem Grund ist auch nicht erforderlich, dass ein vernünftiger Verbraucher das beworbene Geschäft tatsächlich mit diesen Informationen abschließen würden, sondern nur ob die Werbung den Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert; die Information des Produkts erfolgt bereits durch die Benennung oder die Abbildung des Produktes (OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.8.2013 – 6U 57 / 13 – "gebrauchter Ferrari", Rn. 16, zitiert nach juris). Das konkrete Produkt ist hier jeweils durch Benennung und Abbildung konkretisiert, der Preis ist benannt.

15

Bei der Laufleistung handelt es sich um einen wesentliches Merkmal der Ware (Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage 2016, Rn. 4.30 zu 5 a). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Beim Gebrauchtwagen ist die Laufleistung ein entscheidender Faktor für die Bemessung des Fahrzeugswerts. So macht es für den Wert einen wesentlichen Unterschied, ob das Fahrzeug eine bisherige Laufleistung von 1.000 oder 200.000 km aufweist. Entsprechend ist in den einschlägigen Angebotsportalen auch jeweils die Angabe der Kilometerlaufleistung erforderlich. Auch eine Bewertung anhand der so genannten Schwacke-Liste erfordert die Angabe des Kilometerstandes. Dass im Einzelfall auch noch andere Faktoren je nach persönlicher Vorliebe des Verbrauchers entscheidend sein können, ändert nichts daran, dass aus objektiver Sicht die Laufleistung neben Fahrzeugtyp und -modell das wesentliche wertbestimmende Merkmal ist.

16

Diese Informationen hat der Kläger seinen Verbrauchern vor enthalten und damit eine wesentliche Information nicht gegeben. Das gewählte Kommunikationsmittel – Zeitungsartikel - erlaubt die Angabe des Kilometerstandes, so dass eine Beschränkung im Sinne von § 5 a Abs. 7 UWG nicht vorliegt.

17

Diese Entscheidung entspricht. Sinn und Zweck des Wettbewerbsrechts. Es ist durchaus möglich, dass Verbraucher durch die Anzeige angesprochen werden, die – wenn sie die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs gekannt hätten – sich nicht weiter für das Angebot des Klägers interessiert hätten, so dass die fehlende Angabe zu einer Irreführung der Verbraucher führt.

18

Der Anspruch auf Kostenerstattung folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

19

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz ein ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.


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Referenzen - Gesetze

Landgericht Magdeburg Urteil, 06. Dez. 2017 - 36 O 35/17 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Referenzen

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.