Landgericht Landshut Endurteil, 21. Aug. 2015 - 21 O 129/14

bei uns veröffentlicht am21.08.2015

Gericht

Landgericht Landshut

Gründe

Landgericht Landshut

Az.: 21 O 129/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 21.08.2015

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

wegen Schadensersatz

erlässt das Landgericht Landshut - 2. Zivilkammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht - als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2015 folgendes

Endurteil

I.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.499,68 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.04.2012 zu bezahlen.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.028,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.04.2012 zu bezahlen.

III.

Es wird festgestellt, dass die Beteiligung des Klägers, Nr. -, mit Kündigung vom 26.03.2012 beendet wurde.

IV.

Die Verurteilungen in Ziffern I. und II. erfolgte Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung Nr. - an die Beklagte.

V.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet.

VI.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

VII.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einer Beteiligung am grauen Kapitalmarkt.

Der Kläger beteiligte sich durch Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit der H. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am 01.06.2008 an der - GmbH & Co. Fonds 2 KG. Die Anlagesumme waren 60.000,- €. Es war vorgesehen, dass der Kläger eine monatliche Einlage von 200,- € auf eine Laufzeit von 25 Jahren einbezahlen sollte. Tatsächlich wurde vorab eine Anzahlung von 4.500,- € geleistet, die zum großen Teil aus dem Rückkaufswert gekündigter Versicherungen bestand.. Die monatlichen Raten wurden ab 01.07.2008 von dem Konto des Klägers eingezogen.

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 26.03.2012 und verlangte Erstattung der geleisteten Angaben inklusive vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren mit einem Satz von 1.5. Auf sein Guthaben von 12.617,48 € hat er bisher 11.499, 68 EUR einbezahlt und zusätzlich 117,80 € Ausschüttungen erhalten, die zur Erfüllung seiner Ratenverpflichtungen auf seine Beteiligung bei der Treuhänderin gutgeschrieben wurden. (K 5). Hier handelt es sich um eine Ausschüttung vom 17.12.2010.

Die - GmbH & Co. Fonds 2 KG bezeichnet sich selbst als „Der Venture-Capital-Fonds“. Über das Angebot existiert ein Prospekt (Anlage zu Bl. 69/72). Im Vorwort des Prospekts wird darauf verwiesen, dass es bereits einen Vorgänger-Fonds gibt, nämlich die - GmbH & Co. Fonds 1 KG, die im Jahre 2005 aufgelegt wurde. Der neu gegründete - GmbH & Co. Fonds 2 KG sollten sich an der - GmbH & Co. Fonds 1 KG beteiligen (“Zweitmarkt“), gleichzeitig war aber geplant, möglicherweise auch in den „Erstmarktbereich“ zu investieren (Bl. 13 des Prospekts). Regelmäßige Ausschüttungen während der Dauer der Beteiligung waren nicht vorgesehen. Die Anleger konnten sich als Treugeber beteiligen. Gründungsgesellschafterin war u. a. die hiesige Beklagte, die geschäftsführende Gesellschafterin und Komplementärin - Beteiligungs 2 GmbH. Die Laufzeit der Gesellschaft war gemäß § 26 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages (Seite 92 des Prospekts) bis zum 31.12.2035. Eine ordentliche Kündigung war ausgeschlossen. Es war lediglich ein Sonderkündigungsrecht nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der vollständigen Einzahlung der Zeichnungssumme vorgesehen (§ 26 Abs. 1 a des Gesellschaftsvertrages).

Der Kläger behauptet, er sei zu Hause von den Beratern H. und K. besucht worden. Diese als Anlagevermittler der Beklagten hätten ihm zugesichert, er werde regelmäßige Ausschüttungen erhalten und könne die Beteiligung jederzeit veräußern. In diesem Zusammenhang seien auch Lebensversicherungen, die er und/oder seine Ehefrau abgeschlossen hatten, auf Rat hin gekündigt worden. Es sei ihm darum gegangen, flexibel an sein Geld zu gelangen und gerade nicht langfristig mit unflexiblen Entnahmemöglichkeiten gebunden zu sein. Wäre er über die streitgegenständliche Anlage und deren Risiken vollständig und richtig aufgeklärt worden, hätte er diese nicht getätigt.

Der Kläger behauptet weiter, es sei ihm kein Prospekt übergeben worden.

Der Kläger ist der Auffassung, die falschen und irreführenden Angaben, die die Anlagevermittler ihm gegenüber gemacht hätten, seien gemäß § 278 BGB der Gründungsgesellschafterin zu zurechnen. Er sei weder anleger- noch objektgerecht beraten worden. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten will er mit 1,5 Geschäftsgebühren erstattet haben.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.499,68 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.04.2012 zu zu bezahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.028,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.04.2012 zu bezahlen, 3. festzustellen, dass die Beteiligung des Klägers, Nr. -, mit Kündigung vom 26.08.2012 beendet wurde,

4. die Verurteilung in Ziffern 1 und 2 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers, Nr. -,

5. festzustellen, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte bestreitet, dass es überhaupt zu einem ihr zuzurechnenden Einsatz von Erfüllungsgehilfen gekommen ist. Der Kläger habe außerdem durch das Informationsprotokoll (Anlage B 1) erklärt, dass er über alle Risiken informiert worden sei. Die Vermittlerin H. habe alles gewusst und den Kläger richtig aufgeklärt, zur Zeichnung sei es möglicherweise deshalb gekommen, weil Frau H. eine Vermittlungsprovision zukommen sollte. Die Klage sei im Übrigen auch unschlüssig dargestellt. Es sei auch nicht den Kunden empfohlen worden, zur Finanzierung ihrer Beteiligung Verträge mit Kapitalerhaltungsgarantie oder Bausparverträge zu verkaufen wegen angeblich höherer Renditen. Es sei auch nicht so, dass die Investitionen des - Fonds unklar oder mehr als unklar seien. Es sei auch zu bestreiten, dass der Kläger keinen Prospekt erhalten habe. Es sei ihm auch nicht verschwiegen worden, dass es sich um eine spekulative, mit einem Totalverlustrisiko behaftete Vermögensanlage handle. Der Kläger sei auch über die Kostenstruktur des Fonds und die Höhe der für Investitionszwecke zur Verfügung stehenden Anlegergelder aufgeklärt worden. Es sei dem Kläger auch nicht darum gegangen, sein Geld sicher für die Altersvorsorge anzulegen, flexibel an sein Geld zu gelangen und/oder nicht langfristig mit unflexiblen Entnahmemöglichkeiten gebunden zu sein. Wenn der Kläger derartige Pläne geäußert hätte, wäre die Beteiligung weder von H. noch von dem Berater K. empfohlen worden. In den Beratungsgesprächen sei rechtlich alles richtig erklärt worden. Wenn der Kläger tatsächlich dieser Meinung gewesen wäre, wäre er durch das Prospekt und den Zeichnungsschein richtig aufgeklärt worden, so dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2008 zu laufen begonnen habe und spätestens mit Ablauf des 31.12.2011 eingetreten wäre. Hilfsweise habe der Kläger ein Mitverschulden, so dass sich sein Anspruch auf Null reduziere.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze mit den Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin H. im Termin vom 20.02.2015. Im Termin vom 24.07.2015 wurde die Zeugin H. uneidlich vernommen. Der Zeuge K. ist verstorben und wurde nicht vernommen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage war im zuletzt gestellten Antrag vollständig begründet. Die Beklagte schuldet als Gründungsgesellschafterin dem Kläger Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der Beteiligung gemäß §§ 280, 249 ff. BGB nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gem. § 311 II, III BGB.

1. Die Klägerin ist als Gründungsgesellschafterin einer PublikumsKG verpflichtet, den beitrittswilligen Gesellschaftern - auch denen, die nur einen Treuhandvertrag abschließen wollen - richtige Aufklärung über die wesentlichen Chancen und Risiken des Objekts zu erteilen, vgl. BGH, NJW -RR 12, 937 . Wenn sie sich darauf einlässt, nicht nur Informationen über das Beteiligungsobjekt zu geben, sondern die Anleger auch zu beraten - etwa dahingehend, dass andere Anlagen aufgelöst werden sollten - muss auch diese Beratung anlage- und objektgerecht sein, vgl. BGH III ZR 100/06, BeckRS 2007, 18291.

Die Beklagte hat hier keinen eigenen Vertrieb unterhalten, sondern die Information der Beitrittswilligen an selbstständige Handelsvertreter vergeben. Zu solchen selbstständigen Handelsvertretern handelte es sich hier bei dem verstorbenen Vermittler K. und bei der Zeugin H.. Die Beklagte hatte ursprünglich gemeint, bei der Vermittlerin H. handle es sich um die Ehefrau des Klägers, die bestens informiert gewesen sei und nur eine Provision erhalten wollte. Tatsächlich ist H. mit dem namensgleichen Kläger nur verschwägert, wobei der Bruder des Klägers und Ehemann der H. seit Jahren verstorben ist.

Wenn eine Gründungsgesellschafterin im Vorfeld der Kapitalbeschaffung für einen Fonds keinen eigenen Vertrieb einsetzt, sondern den Vertrieb durch selbstständige Handelsvertreter ausführen lässt, haftet sie für deren Falschabgaben gemäß § 278 BGB, vgl. BGH, NJW 2013, 1255. Die Beklagte muss sich also zurechnen lassen, was die Vermittler K. und H. vor der Zeichnung der Beteiligung durch den Kläger diesem gegenüber erklärt haben.

2. Auskunft über das Beratungsgespräch gaben die Zeugin H. und die Zeugin H.. H. ist die Ehefrau des Klägers und als solche keine unbeteiligte Zeugin. Immerhin muss sie als Ehefrau des Klägers die wirtschaftlichen Folgen sowohl der Anlageentscheidung als auch des Prozessausganges mittragen. Das war hier allerdings kein Anlass, ihren Angaben mit grundsätzlichem Misstrauen zu begegnen. Tatsächlich hat die Aussage der Zeugin im Termin vom 06.02. 2015 das Gericht sowohl von der Wahrheitsliebe der Zeugin als auch inhaltlich vollständig überzeugt. Die Zeugin zeigte keinerlei Belastungseifer und differenzierte erkennbar nach Dingen, an die sie sich noch erinnert, an Wertungen und an bloßen Rückschlüssen.

Die Zeugin erinnerte sich daran, dass die Beraterin H. zusammen mit jemand anderem bei ihnen erschienen ist. Die Zeugin referierte in diesem Zusammenhang, man habe ihnen das vorgestellt und zwar dahingehend, dass es eine gute Anlage sei. Man könne nichts verlieren, es gebe wunderbare Ausschüttungen. Auf ihren Einwand, man habe für die Zeichnung solcher Dinge kein Geld, habe es dann geheißen, sie hätten doch bestimmt andere Anlagen. Tatsächlich hätte man Lebensversicherungen gehabt. Es hätte hier eine Lebensversicherung auf sie und ihren Ehemann gegeben und eine private Rentenversicherung für sie alleine. In diesem Zusammenhang habe man diese Versicherungen dann verkauft und sie hätten dann monatlich 200,- € abgeschlossen, weil das so vorgesehen worden sei.

Nachdem die Zeugin dies berichtete, war sie auf entsprechendes Bitten dann in der Lage, die Originale der Verträge vorzulegen, in denen die Ansprüche gegen die zu kündigenden Lebensversicherungen und Rentenversicherungen an einen Aufkäufer abgetreten worden sind.

Tatsächlich übergab die Zeugin im Termin einen „Kaufvertrag“ mit einer „P GmbH“. Demnach verkaufte hier der Kläger seine Ansprüche gegen die - Versicherung und wies die P GmbH an, 100% des Kaufpreises an die H. Rechtsanwaltsgesellschaft als Treunehmerin aus zu bezahlen. Die P Gmbh hat dieses mit neuem Datum vom 19.06.2008 auch bestätigt, hierfür eine Bearbeitungsgebühr von 150,- € einbehalten und den Rückkaufwert an die H. Rechtsanwaltsgesellschaft ausbezahlt. Eine weitere Lebensversicherung bei der - Versicherung wurde ebenfalls von der P GmbH gekündigt, auch hier ist die Auszahlung direkt an die H. Rechtsanwaltsgesellschaft erfolgt. Hierbei handelt es sich um 3.132,46 €, auch hier hat die P eine Bearbeitungsgebühr von 150,- € einbehalten. Des weiteren liegt noch bei den Unterlagen eine Korrespondenz zwischen der - Lebensversicherungs AG betreffend eine Rentenversicherung mit einem Rückkaufwert von 1.153,44 € und der P GmbH.

Durch Vorlage dieser Unterlagen hat die Zeugin bestätigt, dass ihr Bericht darüber, man habe Lebensversicherungen auf Anraten der Berater gekündigt, zutreffend ist. Das Gericht hat deshalb nicht die geringsten Zweifel daran, dass die Kündigung dieser Versicherungen auf einem entsprechenden Ratschlag des Vermittlers beruhten, da ansonsten die Einschaltung der „P.“ nicht zu erklären wäre. Die Zeugin H. will davon zwar nichts bemerkt haben, die Aussage der Zeugin H. war allerdings derart schlüssig, nachvollziehbar und durch Unterlagen belegt, dass keinerlei Zweifel mehr gerechtfertigt sind. Es entspricht im Übrigen der inzwischen langjährigen forensischen Erfahrung des Gerichts, dass Verbraucher, die derartige Lebens- und Rentenversicherungen besparen, von den Vertriebsmitarbeitern der Fonds-Anbieter immer wieder angehalten werden, sich aus diesen Versicherungen rauszukündigen. Dieses geschieht dann in der Regel über die Einschaltung eines „Aufkäufers“, da die Fondsanbieter auf diese Weise direkten Zugang zu den Rückkaufwerten erhalten und nicht befürchten müssen, dass die Anleger (in der Regel sind es Verbraucher) nach Erhalt einer größeren Summe aus der gekündigten Versicherung ihre Meinung ändern und den neu abgeschlossenen Vertrag entweder widerrufen oder nicht mit mehr mit der erwünschten Sofortzahlung bedienen.

Die Zeugin gab zum Ablauf des Beratungsgesprächs weiter an, der verstorbene Herr K. habe erklärt, hier seien ja nur „Peanuts“ zu erzielen. Des weiteren schilderte die Zeugin in diesem Zusammenhang, dass ihr gesagt worden ist, sie könne jederzeit an ihr Geld heran, es seien keinerlei Risikohinweise gegeben worden, im Gegenteil, das Ganze sei schön geredet worden. Diese Aussage verdient schon deshalb den Glauben des Gerichts, weil es kaum vorstellbar ist, dass ein nüchtern kalkulierender Verbraucher in der Situation der Klagepartei mit vier Kindern sich darauf einlässt, sein Geld in eine solch hoch riskante Anlage ohne jede Erfolgssicherheit zu investieren.

Gegen die Beteiligung an der - GmbH Fonds 2 KG spricht aus Sicht des durchschnittlichen Verbrauchers schon, dass der Vertrag bis 2035 geschlossen ist und es keine Möglichkeit zum vorzeitigen Ausstieg gibt. Die im Vertrag genannte Frist von zehn Jahren als „kürzere“ Kündigungsfrist ist in den allermeisten Fällen deshalb hinfällig, weil bei einer Ratenzahlung die Gesamtsumme erst einbezahlt ist, wenn die letzte Rate bezahlt wurde und erst dann die 10-Jahres-Frist beginnt. Warum die Anleger sich einen Erfolg davon versprechen sollten, sich hier in einem Fonds zu beteiligen, der derart hohe Weichkosten hat, völlig ungesicherte Investitionen tätigt und noch dazu auf eine so lange Zeit abgeschlossen ist, bleibt unerfindlich.

Dass hier falsche Angaben über die Fonds-Beteiligung gemacht worden sind, wurde durch die Aussage der Zeugin nach H. im Ergebnis bestätigt. Diese wollte sich zwar nicht mehr daran erinnern, dass geraten wurde, aus den Lebensversicherungen und Rentenversicherungen auszusteigen. Auf die Frage, was eigentlich der Vorteil für die Anleger gewesen sein sollte, erklärte sie aber zunächst sinngemäß, dass sie nach diesem Vorteil nicht gesucht habe, da sie selbst damals nichts anderes zu verkaufen hatte. Beim Diktat ihrer Aussage wollte sie sich an dieser Formulierung dann allerdings nicht mehr festhalten lassen.

Es kann dahinstehen, wie die Zeugin diese Bemerkung gemeint hat. Die Zeugin will zu den diversen Themen gar nichts gesagt haben (“wenn ich gefragt worden wäre..“) die Beratung durch den K. sei aber richtig gewesen. Diese Behauptung ist widerlegt.

Aus den Angaben der Zeugin dazu, was sie gesagt hätte, „wenn sie gefragt worden wäre“ ist mit der erforderliche Sicherheit der Schluss zu ziehen, dass die Beraterin H. über das Produkt entweder selbst falsch informiert war oder ihre Kunden bewusst falsch informiert hätte.

Um eine Falschberatung würde es sich schon deshalb handeln, weil die Zeugin meinte, dass die Anlage 24 Jahre laufe. Tatsächlich läuft die Anlage aber nicht 24 Jahre, sondern - gerechnet ab der Zeichnung im Jahre 2006 - 29 Jahre.

Es ist auch keineswegs „klar, wenn dieser Fonds Gewinne macht, dass es dann Ausschüttungen gibt“, wie die Zeugin wörtlich angab. Im Fonds-Konzept sind Ausschüttungen nur unter bestimmten Bedingungen vorgesehen. Die Renditechance soll vielmehr darin bestehen, dass die Fonds-Gesellschaft über die Beteiligung an anderen Venture-Capital-Gesellschaften an den Wertsteigerungen dieser Beteiligungsgesellschaften partizipieren soll. In 4.3 auf Seite 39 des Prospektes ist zwar davon die Rede, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Gewinnausschüttungen besteht, sofern ein Gewinn über 20.000,- € erzielt wird, allerdings nach der Maßgabe, dass die Komplementärin zusätzlich eine erfolgsabhängige Vergütung erhält. Wenn Ausschüttungen daher resultieren, dass eingegangene Beteiligungen verkauft und damit desinvestiert werden, ist eine solche Ausschüttung ohnehin kein Gewinn, sondern lediglich der Rückfluss des investierten Kapitals und zwar auf der Ebene der Gesellschaft.

Des weiteren wären die Angaben der Beraterin H. über das Ausstiegsszenario auch falsch gewesen. Eine Regelung, dass der Vertrag je nach einbezahlter Summe stillgelegt werden kann und dass man das Geld dann „möglicherweise nach Abzug der 23% heraus“ bekommt, ist im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen. Unter § 6 des Gesellschaftsvertrags ist in Ziff. e) nur geregelt, dass die ratierliche Beteiligungsvariante stillgelegt werden kann, wenn der Anleger bereits 5 Jahre lang seine Raten einbezahlt hat und das Kapitalkonto I einen Stand von 3.600,00 EUR aufweist. Der Anleger bekommt dann aber nicht die einbezahlten Beträge abzüglich 23% und die „Liquiditätsreserve“ zurück. Die Weichkosten werden nämlich nicht auf die geleisteten Beträge, sondern auf die Zeichnungssumme erhoben, das sind hier 23% von 60.000,00 EUR, also schon alleine dafür 13.800,00 EUR. Ob in diesem Fall nach 6 Jahren überhaupt ein positives Kapitalkonto II erreicht werden kann, ist äußerst fraglich, kann aber dahinstehen. Ein Auszahlungsanspruch nach 6 Jahren ergibt sich aus dem Vertrag nämlich ohnehin nicht, denn es ist nur von einer „Stilllegung der ratierlichen Beteiligungsvariante“ die Rede. Mit einem Geldrückfluss kann der Anleger, wenn überhaupt, erst nach Kündigung der Gesellschaft und Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens zum 31.12.2035 rechnen.

Die Zeugin H. konnte also entgegen der Meinung der Beklagten nicht bestätigen, dass die Klagepartei über die Risiken informiert war. Die Zeugin zog diesen Schluss daraus, dass sie meinte, wenn sich der Kläger 5 Jahre lang nicht beschwere, dann sei er doch wohl richtig informiert und auch zufrieden gewesen. Dieser Schluss ist unhaltbar. Es ist im Gegenteil so, dass gerade der falsch informierte Kunde sich zunächst in Sicherheit wiegt - da er mündlichen Angaben vertraut- und oft erst nach Jahren bemerkt, dass er wider Erwarten hohe Risiken eingegangen ist.

Auch die Tatsache, dass ein Informations- und Gesprächsprotokoll (B1) den Anlegern vorgelegt und unterzeichnet worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Informations- und Gesprächsprotokolle dienen augenscheinlich nicht wirklich zur Information der Anleger, sondern zur Abrechnung der Provisionen zwischen dem Vertrieb und den Anbietern. In der Information des Anlegers hat die Frage „Sind Sie mit der Leistung und dem Engagement des Vertriebspartners zufrieden ?“ und „Können Sie den Vertriebspartner mit ruhigem Gewissen weiterempfehlen ?“ nämlich nichts verloren.

Diese Protokolle gehen auf die konkrete Beratungssituation und auch auf Besonderheiten der Beteiligung nicht ein. Weder ergibt sich ein Hinweis auf die tatsächliche Dauer der Bindung (bis 31.12.2035) noch auf die völlige Ungewissheit des wirtschaftlichen Erfolgs auf diese lange Sicht. Das kann auch nicht dadurch ersetzt werden, dass es heißt „Es handelt sich nicht um eine mündelsichere Kapitalanlage“ und „Risiken..., die das erwartete Ergebnis wesentlich in Frage stellen können“, erwähnt werden. Schon gar nicht wird der Anleger darauf hingewiesen, wie lange die Anlage laufen soll, wenn es heißt: „Die Beteiligung setzt einen langfristigen Investitionswillen voraus. Die Beteiligung ist nicht geeignet als kurzfristige Investition und mit kurzfristiger Verfügbarkeit der angelegten Gelder“.

3. Es führt auch nicht zur Abweisung der Klage, dass der Kläger hier auch Erstattung des Betrages verlangt, der durch die Kündigung einer Lebensversicherung seiner Frau refinanziert und einbezahlt worden ist. Der Begriff des Schadens ist hier wirtschaftlich dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Anlagebeträge, ganz gleich wo sie herrührten, aufgrund falscher Beratung investiert worden sind. Woher der Kläger das Geld hatte, ob er es also aus der Kündigung einer Lebensversicherung seiner Frau, aus Ersparnissen oder aus der Kündigung einer eigenen Lebensversicherung hatte, spielt keine Rolle.

4. Der Anspruch ist auch nicht verjährt, so dass sich die Beklagte nicht auf § 214 BGB berufen kann. Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne verjähren in der Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB. Maßgeblich für den Beginn der dreijährigen Frist ist also der Zeitpunkt, an dem der Kläger Kenntnis von der Falschberatung und den Verantwortlichen erhalten hat. Dabei kann die Übergabe oder Übersendung eines Prospekts die Kenntnis nicht herbeiführen, wenn mündlich andere Angaben gemacht worden sind. Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, dass der Kläger - abgesehen vom Erhalt des Prospekts und der Unterzeichnung des Protokolls B 1 - nach der Beratung noch konkrete Informationen über die Anlage erhalten habe. Es ist also zulasten der für das Gegenteil beweispflichtigen Beklagten davon auszugehen, dass der Kläger erst im Jahre 2012 im Zusammenhang mit der Anlage K 2 erfahren hat, dass die Zusagen der Berater falsch waren. Bei Klageerhebung - die Klage wurde am 11.02.2014 zugestellt - war die dreijährige Frist noch nicht abgelaufen.

Folge der falschen Beratung ist, dass der Kläger die Rückabwicklung verlangen kann. Er kann verlangen so gestellt zu werden, als hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet. Es wird vermutet, dass er sich aufklärungsgerecht verhalten hätte. Das bedeutet im Konkreten, dass er die einbezahlten Beträge - auch diejenigen, die er durch Kündigung erlangt hat - zurückverlangen kann. Gleichzeitig hat er Zug um Zug der Beklagten die Beteiligung anzubieten, vgl. zur Rückabwicklung Grüneberg, in: Palandt, Rn. 50 zu § 280 BGB.

5. Nachdem es sich um eine Schadensersatzposition handelte, waren auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung des Anspruchs - hier mit 1,5 Gebühren aus einem Streitwert von 60.000,00 EUR- zu erstatten. Es handelt sich bei einer derartigen Klage tatsächlich um ein nicht alltägliches Geschäft, so dass die (maßvolle) Erhöhung von 1,3 auf 1,5 Gebühren auch gerechtfertigt ist, wenn ein Dritter die Gebühren übernehmen muss.

6. Die Beklagte war ab Zuleitung des anwaltlichen Schreibens in Verzug gem. § 286 BGB, so dass die Beklagte Verzugszinsen (§ 288 BGB) schuldet. Die Klagepartei hat allerdings im Anwaltsschreiben vom 26.03.2012 die Übertragung der Beteiligung nicht angeboten. Damit hätte die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB. Das lässt den Verzug - und damit die Verzugszinsen - nur entfallen, wenn der Schuldner sich darauf beruft, vgl. Grüneberg in: Palandt, Rn. 11 zu § 286 BGB. Die Beklagte hat sich allerdings soweit ersichtlich überhaupt nicht auf ihr Zurückbehaltungsrecht berufen, sondern die Umstellung des klägerischen Antrags erfolgt auf entsprechenden Hinweis des Gerichts. Es war auch der Annahmeverzug nach §§ 756, 765 ZPO festzustellen, nachdem der Beklagten die Beteiligung im letzten Termin durch eine Umstellung des Antrags angeboten worden ist, zusätzlich noch durch den Schriftsatz vom 12.08.2015, K 7.

7. Bei der Kostenentscheidung hatte die Tatsache, dass der Beklagten die Beteiligung Zug um Zug erst im Laufe des Verfahrens angeboten wurde, keine Auswirkungen. Anders wäre es nur dann, wenn die Beklagte auf den „Zug- um Zug-Antrag“ umgehend anerkannt hätte, was jedoch nicht geschehen ist, da weiter Klageabweisung beantragt wurde.

Kosten: § 91 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

Streitwert: § 3 ZPO.

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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. März 2006 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2 aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Schadensersatz mit der Behauptung in Anspruch, durch unzureichende Beratungsleistungen seit Februar 2000 zum Erwerb verschiedener Fondsanteile der Deutschen Investment-Trust Gesellschaft für Wertpapieranlagen mbH (im Folgenden: DIT) veranlasst worden zu sein, deren Wert in der Folgezeit erheblich gefallen sei. Der für die Beklagte zu 2 tätige Handelsvertreter, der frühere Beklagte zu 1, habe ihm und seiner Ehefrau zur Kündigung eines Kapitallebensversicherungsvertrags geraten und die mit dem Erwerb der Investmentfondsanteile verbundenen Risiken verschwiegen.
2
Nachdem der Kläger und seine Ehefrau die Investmentfondsanteile im November 2003 verkauft haben, verlangt der Kläger - jeweils mit Zinsen - Schadensersatz wegen des Verlustes aufgewendeten Kapitals in Höhe von 17.180,88 € und wegen eines Zinsverlustes bis zur Veräußerung in Höhe von 4.575,67 €. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, die auf die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage beschränkt wurde, verfolgt der Kläger sein Begehren nur noch gegen die Beklagte zu 2 weiter.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die gegen die Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht zieht eine Haftung der Beklagten aus einem Auskunftsvertrag in Betracht, verneint sie aber im Ergebnis mit der Erwägung, eine Pflichtverletzung sei nicht erkennbar. Der für die Beklagte tätige Handelsvertreter habe die zutreffende Auskunft erteilt, dass die Lebensversicherung des Klägers kündbar sei. Im Kaufauftrag an den DIT habe der Kläger angegeben, "risi- kobewusst (4)" zu sein, was bedeute, dass der Anleger "nicht kalkulierbare Verlustrisiken" einzugehen bereit sei. Dies vermindere den Inhalt von Beratungspflichten des Vermittlers. Aus seinem Hinweis, dass die Kapitalanlage bei dem DIT mindestens 17 Jahre bestehen bleiben müsse, um einen höheren Gewinn als bei der Lebensversicherung zu erwarten, ergebe sich im Umkehrschluss, dass der Wert bei einer kürzeren Anlage geringer sein könne als der Auszahlungsanspruch aus der Lebensversicherung. Unter diesen Umständen habe der Vermittler seine Pflichten erfüllt.

II.


5
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision nicht stand.
6
1. a) In der Klageschrift hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, Ende des Jahres 1999/Anfang des Jahres 2000 habe der für die Beklagte tätige Handelsvertreter festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau bei der Allianz Lebensversicherung eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen hätten, in die bereits erhebliche Geldbeträge einbezahlt worden seien. Er habe daraufhin erklärt, dass ihr Geld dort nicht gut angelegt sei und dass er ihnen eine Anlageform empfehlen könne, bei der ihr Vermögen und weiterhin anzusparendes Geld in jedem Fall eine bessere Rendite erzielen würde als bei der Kapitallebensversicherung. Der Kläger und seine Ehefrau hätten dem Handelsvertreter mehrmals und ausdrücklich erklärt, dass sei bei ihrer Geldanlage keinerlei Risiko eingehen wollten. Aus diesem Grunde hätten sich bereits Mitarbeiter von mehreren Banken, zu denen sie Kundenbeziehungen unterhielten, vergeblich wegen der Empfehlung von risikobehafteten Aktienanlagen "die Zähne ausgebissen". Aus diesem Grund seien sie gar nicht an einer Kündigung ihres Le- bensversicherungsvertrags interessiert. Daraufhin habe der Handelsvertreter erwidert, dass er Investmentfonds vorschlagen würde, bei denen keinerlei Risiko für das zu investierende Kapital bestehe und die in jedem Fall eine deutlich bessere Rendite als die momentan vorhandene Lebensversicherung erzielen würde. Als einzige Bedingung oder Einschränkung habe der Handelsvertreter erklärt, dass die Eheleute die Anlage zehn Jahre lang "nicht anschauen" dürften , dass sie sie also zehn Jahre lang liegen lassen müssten, dann würden sie aber in jedem Fall eine bessere Rendite als die Ablaufleistung der Lebensversicherung haben. Daraufhin hätten sie sich mit den Vorschlägen des Handelsvertreters einverstanden erklärt, so dass dieser ein Kündigungsschreiben an die Allianz Lebensversicherung für sie verfasst habe, welches sie nur noch hätten unterzeichnen müssen. Dieser Vortrag des Klägers ist im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, auf den das Berufungsgericht Bezug nimmt, knapp zusammengefasst.
7
b) Auf der Grundlage dieses Vortrags können Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte, die sich beim Vertrieb der Kapitalanlage ihres Handelsvertreters als Erfüllungsgehilfen bedient hat, nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr ist, wie auch das Berufungsgericht erwägt, eine Haftung der Beklagten aus einem zwischen ihr und den Anlageinteressenten geschlossenen Auskunftsvertrag in Betracht zu ziehen. Ein solcher Vertrag mit Haftungsfolgen kommt im Rahmen der Anlagevermittlung zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl.
Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114 f; vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998; vom 11. September 2003 - III ZR 381/02 - NJW-RR 2003, 1690; vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05 - NJW-RR 2007, 348, 349 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 - NJW-RR 2007, 925 Rn. 4; vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - WM 2007, 1606, 1607 Rn. 8).
8
Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen des Klägers kann der Abschluss eines Auskunftsvertrages nicht verneint werden. Denn der Kläger und seine Ehefrau waren an einer Information über die Rentierlichkeit und Sicherheit der angebotenen Kapitalanlage interessiert, und zwar vor allem im Hinblick auf einen bestehenden Lebensversicherungsvertrag, aus dessen Kündigung anzulegende Gelder fließen sollten, sowie bei weiter folgenden Kapitalanlagen in Bezug auf Gelder, die aus frei werdenden Sparverträgen zur Verfügung standen.
9
Darüber hinaus kann nach dem Vorbringen des Klägers, dessen Vermögensbelange seit Jahren von Vertretern der Beklagten wahrgenommen worden sind, nicht ausgeschlossen werden, dass - weitergehend - zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.
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2. Die Revision rügt mit Recht, dass die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügen, um die Verletzung von Auskunftspflichten des Vermittlers zu verneinen.
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a) Soweit das Berufungsgericht ausführt, der Vermittler habe die richtige Auskunft erteilt, dass die Lebensversicherung kündbar sei, berücksichtigt es nicht hinreichend den nach dem Klagevortrag bestehenden zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Kündigung der Lebensversicherung und der Anlage in Investmentfonds. Es ging dem Kläger und seiner Ehefrau nicht isoliert um die Frage, ob die Lebensversicherung kündbar sei. Vielmehr sollten dem Kläger durch die Kündigung der Lebensversicherung gerade liquide Finanzmittel verschafft werden, um anderweitig angelegt zu werden. Das Berufungsgericht befasst sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem näheren Inhalt der Beratung, der nach dem Vortrag des Klägers dahin ging, der Vermittler habe die Anlage in Investmentfonds als sicher und ungeachtet der mit einer Kündigung des Lebensversicherungsvertrags verbundenen finanziellen Nachteile als rentierlicher empfohlen. Es geht auch nicht näher auf die Frage ein, dass der Vermittler nach dem Vortrag des Klägers durch die Verwendung des Begriffs "Investmentfonds" verschleiert hat, dass es sich um Aktienfonds handele , bei denen das Aktienrisiko auf den Fonds durchschlägt, und dass unter gewissen Voraussetzungen, etwa einem Kurseinbruch, massive Verluste drohen. Feststellungen, dass der Vermittler den Kläger und seine Ehefrau über diese Zusammenhänge unterrichtet hätte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es sind auch keine Unterlagen vorgelegt worden, die den Schluss erlauben, sie hätten hierüber nicht informiert werden müssen.
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b) Die Klageabweisung wird nach dem bisherigen Sachstand auch nicht durch die Erwägung getragen, der Kläger habe eine Beratung nicht benötigt, weil er sich im Kaufauftrag als "risikobewusst" bezeichnet habe. Es mag zutreffen , dass die Beratungspflichten gegenüber einem risikobewussten Anleger geringer sein können, wenn er den Eindruck erweckt, er wolle die von ihm gesehenen Risiken bewusst eingehen. Der Klägervortrag geht jedoch gerade dahin, er sei von dem Vermittler über die Risiken einer Anlage in Investmentfonds nicht richtig informiert worden.
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Es kommt hinzu, dass in dem durch den Vermittler vorbereiteten Kaufauftrag nicht allein der Anlegertyp "risikobewusst" angekreuzt worden ist, sondern alle in Betracht kommenden Anlegertypen (sicherheitsorientiert, konservativ , gewinnorientiert, risikobewusst). Die Beklagte, die dies selbst als in sich widersprüchlich ansieht, hat hierzu vorgetragen, sofern ein Kunde angegeben habe, er wolle als risikobewusst eingestuft werden, seien seinerzeit vom Vermittler sämtliche Kategorien angekreuzt worden. Dies habe die Bedeutung, dass der Anleger sogar bereit sei, Fonds zu erwerben, die der (höchsten) Risikoklasse 4 zuzuordnen seien. Entsprechend sei die Angabe vom DIT auch gedeutet worden. Der DIT habe diese Lesart verstehen können, weil der hier tätige Vermittler keineswegs der einzige gewesen sei, der auf diese Weise die Eintragungen vorgenommen habe. Um Irritationen oder Missverständnisse zu vermeiden , sei man erst später übereingekommen, nur ein Kreuz zu fertigen.
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Dieser Vorgang ist nicht geeignet, eine fehlerfreie Gesprächsführung durch den Vermittler zu belegen. Die Angaben zum Anlegertyp, die freiwillig erteilt werden, liegen im Interesse des Kunden, weil der Kapitalanlagegesellschaft hierdurch bei allen Aufträgen die Prüfung ermöglichst wird, ob die Anlageklasse (Risikoprofil) des gewählten Fonds noch mit dem Anlegertyp des Kunden vereinbar ist. Wenn auch die Zuordnung zu einem bestimmten Anlegertyp letztlich Sache des Kunden selbst ist, ist der Vermittler nicht der Pflicht enthoben , die Angaben über den Anlegertyp mit dem (bisherigen und in Aussicht genommenen ) Anlageverhalten des Kunden in Beziehung zu setzen und bei Widersprüchen eine Klärung herbeizuführen. Dies wird durch den vorformulierten Kaufauftrag erleichtert, der Anlageziel, Risiken, Chancen und Anlagedauer bei- spielhaft verschiedenen Anlegertypen zuordnet und danach fragt, welche Wertpapiergeschäfte bisher getätigt worden sind und über welches für Anlagezwecke frei verfügbare Monatseinkommen und frei verfügbare Vermögen der Anleger verfügt. Wenn der Kunde unter solchen Umständen zugleich angibt, die Substanzerhaltung der Anlage stehe im Vordergrund und seine Ertragserwartungen gingen deutlich über das marktübliche Zinsniveau hinaus, dann spricht die kritiklose Übernahme solcher Anlegervorstellungen für eine unzulängliche Befragung des Anlegers und/oder für eine nur unzureichende Beschäftigung mit diesen Angaben im Verlauf des Beratungsgesprächs. Die Beklagte macht zwar geltend, dem Kläger und seiner Ehefrau sei alsbald nach den Kaufaufträgen eine Mitteilung des DIT zugegangen, in der die Vormerkung des Anlegertyps "risikobewusst" enthalten gewesen sei. Das Berufungsgericht hat sich indes nicht mit dem Vortrag des Klägers und der Aussage der Zeugin R. auseinandergesetzt , der Vermittler habe auf Nachfrage Bedenken bezüglich des Inhalts dieses Schreibens zerstreut und sie damit im Glauben gehalten, ihr Geld in eine sichere Anlage investiert zu haben.
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3. Das angefochtene Urteil ist daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 03.06.2005 - 1 O 368/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.03.2006 - 1 U 110/05 -

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).

(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.

(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn

1.
der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist; der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereits der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 begonnen hatte und der Beweis durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird; oder
2.
der Gerichtsvollzieher eine Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 durchgeführt hat und diese durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.