Landgericht Köln Urteil, 12. Juli 2016 - 154 Ns 24/16

Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15. Februar 2016 aufgehoben.
Der Angeklagte ist der Unterschlagung sowie des Diebstahls geringwertiger Sachen in drei Fällen schuldig.
Er wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
zehn Monaten
verurteilt.
2. Die weiter gehende Berufung des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Gerichtsgebühr wird jedoch um die Hälfte ermäßigt.
1
G r ü n d e:
2I.
3Das Amtsgericht Köln hat den Angeklagten durch Urteil vom 15. Februar 2016 wegen Hehlerei in zwei Fällen sowie Diebstahls geringwertiger Sachen in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
4Gegen das Urteil hat der Angeklagte noch am selben Tag Berufung eingelegt. In der Hauptverhandlung hat er seine Berufung in den Fällen 3 bis 5 des angefochtenen Urteils auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt; sein weiter gehendes Rechtsmittel hat er aufrecht erhalten.
5Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
6II.
7Der heute fast 40 Jahre alte Angeklagte ist ledig. Er hat einen Sohn. Dieser lebt bei der Kindesmutter. Im Jahr 1998 schloss der Angeklagte eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufman ab. Nach Anstellung bei verschiedenen Arbeitgebern ist der Angeklagte seit 2013 arbeitslos. Er bezieht staatliche Leistungen.
8Der Angeklagte ist seit 2005 bereits vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sein Strafregister weist inzwischen 18 Eintragungen überwiegend wegen Diebstählen aus. Im Herbst 2006 erfolgten zwei Verurteilungen wegen Rauschgiftstraftaten.
9Im November 2005 sowie im Januar 2006 wurde der Angeklagte wegen Diebstahls in drei Fällen sowie wegen Diebstahls mit Waffen zu jeweils zur Bewährung ausgesetzten (Gesamt-)Freiheitsstrafen von acht bzw. sechs Monaten verurteilt. Im Mai 2006 wurden die zugrunde liegenden Einzelstrafen auf eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zurückgeführt. Die zur Bewährung ausgesetzte Strafe wurde im August 2010 erlassen.
10Im September 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht Aachen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Diese Strafe wurde in das spätere Urteil des Amtsgerichts Köln vom 29. November 2006 einbezogen. Der Angeklagte wurde dabei wegen unerlaubter Einfuhr von Heroin in nicht geringer Menge, unerlaubten Besitzes von Heroin, Trunkenheit im Verkehr sowie Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung dieser Strafe setzte das Amtsgericht zur Bewährung aus. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 20. Dezember 2011 erlassen.
11Im September 2008 sowie im November 2012 wurde der Angeklagte wegen mehrfacher Leistungserschleichungen und Diebstählen jeweils zu geringen Geldstrafen verurteilt.
12Im Oktober 2014 führte das Amtsgericht Kerpen die Strafen aus vier Entscheidungen aus dem Zeitraum von April bis einschließlich Juni 2014 auf eine Gesamtgeldstrafe von 400 Tagessätzen zu je 15,00 Euro zurück. Zur Verbüßung dieser Strafe befindet sich der Angeklagte zur Zeit ersatzweise in Strafhaft.
13Durch Urteile vom 14. Oktober und vom 6. November 2014 verhängte das Amtsgericht Köln gegen den Angeklagten wiederum jeweils wegen Diebstahls zwei Freiheitsstrafen von jeweils vier Monaten. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2015 wurden die Strafen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten zurückgeführt; die Vollstreckung der Strafe blieb zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit dauert bis zum 29. Mai 2018 an.
14Durch Urteil vom 28. Mai 2015 wurde der Angeklagte wegen Diebstahls zuletzt zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.
15III.
16Entsprechend dem vom Angeklagten bereits im ersten Rechtsgang abgelegten Geständnis und der – teilweisen – Beschränkung seines Rechtsmittels auf den Strafausspruch stehen die nachfolgenden Sachverhalte fest. Die Kammer hat diese – abweichend von der Reihenfolge im amtsgerichtlichen Urteil – lediglich in ihre zutreffende zeitlichen Abfolge gebracht.
17Bereits kurz nach der Mitte Mai 2015 erfolgten Rückführung zweier Einzelstrafen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung und seiner Verurteilung am 28. Mai 2015 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen fiel der Angeklagte erneut zu gleichgelagerten Straftaten zurück.
181. und 2. Tat (Ziffern II.4 und 5 des angefochtenen Urteils)
19Aus den Auslagen der Firmen B bzw. S entwendete er am 19. Juni 2015 Lebensmittel und Hundefutter im Wert von 12,85 Euro sowie am 26. Juni 2015 Drogerieartikel, ein Fahrradschloss und eine Sonnenbrille im Wert von 19,78 Euro. Die Waren steckte er in seinen Rucksack bzw. seine Kleidung ein und verließ mit ihnen ohne Bezahlung die Verkaufsgeschäfte.
203. Tat (Ziffern II.1. und II.2 des angefochtenen Urteils)
21Am 10. Oktober 2015 fand der Angeklagte in einem Kölner Park zwei tragbare Navigationsgeräte der Marken "Mio" und "TomTom" im Wert von rund 40,00 bzw. 50,00 Euro. Diese behielt er für sich, um sie zu verkaufen.
224. Tat (Ziffer II.3 des angefochtenen Urteils)
23Kurz darauf entwendete er gegen 8.00 Uhr morgens aus einem O-Supermarkt eine Dose Chile con carne im Wert von 2,79 Euro.
24Der Angeklagte wurde noch vor Ort festgenommen. Die beiden Navigationsgeräte wurden sichergestellt und ihren jeweiligen Eigentümer zurückgegeben. Sämtliche aus den Verkaufsgeschäften entwendeten Lebensmittel und Drogerieartikel wurden ihm vor den Geschäften wieder abgenommen. Ein endgültiger Schaden verblieb in keinem der Fälle bei den Geschädigten.
25IV.
26Zu Recht hat das Amtsgericht in den vorstehenden Fällen 1, 2 und 4 den Angeklagten des Diebstahls geringwertiger Sachen gem. §§ 242 Abs. 1, 248 a StGB schuldig gesprochen. Die erforderlichen Strafanträge sind gestellt.
27Der Schuldspruch wegen Hehlerei in zwei Fällen (s.o: Fall III.3; Ziffern II.1 und II.2 des angefochtenen Urteils) hat demgegenüber keinen Bestand. Die – von der Kammer insofern zugrunde gelegten – Feststellungen des Amtsgerichts belegen nicht, dass sich der Angeklagte darüber bewusst war, dass die aufgefundenen Navigationsgeräte aus Diebstählen stammten. Einen entsprechenden Vorsatz hat bereits das Amtsgericht nicht festgestellt. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen daher lediglich die Verurteilung des Angeklagten wegen Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 StGB). Mit Blick auf die schon vom Amtsgericht angenommene unmittelbar aufeinanderfolgende Aneignung der beiden im Park aufgefundenen Navigationsgeräte stellt sich der Vorgang – abweichend von der rechtlichen Wertung des Amtsgerichts – zudem lediglich als eine Tat im Sinne des § 52 StGB dar.
28V.
29Die Einzelstrafen für die drei Diebstähle bei B, O und S hat das Amtsgericht frei von Rechtsfehlern mit jeweils drei Monaten festgesetzt. Für die Unterschlagung der beiden Navigationsgeräte hat die Kammer eine Einzelstrafe von sechs Monaten festgesetzt. Dabei hat sich die Kammer bewusst gemacht, dass der Strafrahmen der Unterschlagung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe die Obergrenze derjenigen der vom Amtsgericht angenommenen Hehlerei (bis zu fünf Jahre) nicht erreicht.
30Aus diesen Einzelstrafen hatte die Kammer unter Erhöhung der Einsatzstrafe von sechs Monaten eine (neue) Gesamtstrafe zu bilden, die die Summe von insgesamt einem Jahr und drei Monaten nicht erreichen durfte.
31Wie schon bei der Zumessung der Einzelstrafen hat die Kammer einerseits den noch geringen Beutewert sowie die Tatsache zu Gunsten des Angeklagten gewürdigt, dass die Navigationsgeräte sowie die Verkaufsartikel an die Eigentümer bzw. die Handelskonzerne zurückgeführt werden konnten. Zu seinen Gunsten hat sie ferner berücksichtigt, dass der Angeklagte aus Anlass der gegenwärtigen Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe von 400 Tagessätzen bereits unter der unmittelbaren Einwirkung des Strafvollzugs steht. Er hat ferner zwingend mit dem Widerruf der Strafaussetzung der im Mai 2015 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten zu rechnen.
32Straferschwerend müssen sich demgegenüber die vielfachen und vor allem einschlägigen bisherigen Verurteilungen des Angeklagten auswirken. Die Rückfallgeschwindigkeit nach seiner letzten Verurteilung (wenn auch nur zu einer kaum mehr verständlichen Geldstrafe) vom 28. Mai 2015 hat ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten. Der Angeklagte stand bei sämtlichen Taten unter laufender Bewährung wegen einschlägiger Delikte.
33Gesamtbetrachtend war daher die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von
34zehn Monaten
35als tat- und schuldangemessen erforderlich, aber auch ausreichend.
36VI.
37Eine (erneute) Strafaussetzung zur Bewährung kam nicht in Betracht. Eine günstige Sozialprognose kann dem Angeklagten nicht gestellt werden. Die Kammer hat ihn zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung in derselben Lebenssituation vorgefunden, wie sie zum Zeitpunkt der abgeurteilten Taten bereits vorherrschte. Die Jahre 2014 und 2015 waren von vielzähligen Straftaten des Angeklagten durchsetzt. Weder die im Oktober 2014 gebildete Gesamtgeldstrafe von immerhin 400 Tagessätzen noch die Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten hat den Angeklagten von weiteren Straftaten abzuhalten vermocht. Entsprechend dem Bericht der Bewährungshelferin hat der Angeklagte bis heute auch im geschützten Umfeld der Strafhaft keine Bemühungen entfaltet, an sich zu arbeiten. Im Gegenteil: Eine Gruppenarbeit hat er bereits abgelehnt.
38VII.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 4 StPO.

Annotations
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.