Landgericht Köln Urteil, 07. Juli 2016 - 15 O 248/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger, ein Steuerberater, nimmt die beklagte Sparkasse wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss zweier Swap-Verträge in Anspruch.
3Der Kläger schloss im Jahr 2001 zwei Festzinsdarlehen im Rahmen von Sicherheitskompaktrenten, einem Anlagemodell der Schnee-Gruppe, bei der S-Bank (vormals Landesbank S1) ab. Im Jahr 2002 schloss der Kläger zwei weitere Sicherheitskompaktrenten mit Darlehen bei der Landesbank R (kurz R) ab. Das Anlagemodell sah vor, Einmalzahlungen für Lebensversicherungen durch Darlehen zu finanzieren; die Zahlungen der Lebensversicherungen sollten die Kreditzahlungen übersteigen.
4Mitte 2005 wurde dem Kläger seitens der Schnee-Gruppe empfohlen, die Darlehen wegen der historisch niedrigen Zinssätze in Euro und Schweizer Franken vorzeitig abzulösen und nunmehr bei der Beklagten zu finanzieren. Ob und in welchem Umfang es eine Kooperation zwischen der Schnee-Gruppe und der Beklagten gab, ist zwischen den Parteien streitig.
5Im November 2005 kam es zu einem Kontakt zwischen den Parteien über eine neue Finanzierung. Mit Datum vom 15.11.2005 übermittelte die Beklagte dem Kläger einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte nebst Anhängen (Anlagenkonvolut K2, AH). Am 18.11.2005 fand in den Büroräumen des Klägers in Ansbach ein Gesprächstermin bezüglich der streitgegenständlichen Swap-Verträge statt, an welchem neben dem Kläger auch dessen Bruder, der Zeuge T, ebenfalls Steuerberater, sowie von Seiten der Beklagten die Zeugin U und der Zeuge S und ferner der Zeuge H seitens der Schnee-Gruppe teilnahmen. Der Inhalt und die Dauer der Besprechung im Einzelnen sind streitig. Jedenfalls war die Präsentation „Aktives Risikomanagement Zinsen & Währungen“ (Anlage K1, AH) Gegenstand der Besprechung und wurde dem Kläger in der Folge überlassen. Auf Folie 48 (S. 8 der Anlage) heißt es dort: „Bei einer ungünstigen Währungsentwicklung … kann sich die Rückzahlung der Fremdwährungsverpflichtung unbegrenzt verteuern“. In einem zweiten Punkt wird dort ein negativer Barwert beschrieben.
6Mit Schreiben vom 29.11.2015 und 30.11.2015 bestätigte die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines Zins- und Währungs-Swaps sowie eines Zinssatz-Swaps (Anlagen K3 und K4, AH) jeweils zum 24.11.2005.
7Der Zins- und Währungs-Swap sieht Bezugsbeträge von 855.101,78 CHF und 551.465,10 EUR vor. Zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen sollte der Kläger Festbeträge in CHF zahlen, die Beklagte sollte am 3-Monats-Euribor orientierte Zahlungen in EUR leisten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K3 Bezug genommen. Unter dem 13.02.2006 schloss der Kläger mit der Beklagten zudem zwei Darlehensverträge mit veränderlichem Zins ab, deren Darlehenssumme den Betrag von 551.465,10 EUR entspricht (Anlagen B1 und B2, Bl. 117 ff d.A.). Diesen Betrag benötigte der Kläger zur Ablösung der bei der S-Bank laufenden Darlehensverträge. Die Laufzeit der Darlehensverträge entspricht der des Zins- und Währungs-Swaps. Die in den Darlehensverträgen erwähnte Anlage, aus der sich Zinsanpassungen ergeben sollen, liegt nicht vor. Sie entspricht aber nach den Angaben des Klägers den Zinsanpassungen in der Anlage B2.
8Der Zins-Swap sieht einen Bezugsbetrag in Höhe von 409.162,00 EUR vor. Zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen sollte der Kläger Festbeträge zahlen, die Beklagte sollte am 3-Monats-Euribor orientierte Zahlungen leisten. Unter dem 12.01.2016 schloss der Kläger zwei Darlehensverträge mit der Beklagten ab, deren Gesamtsumme dem Betrag von 409.162,- EUR entspricht. Die vom Kläger zu entrichtenden Zinsen sollten sich am 3-Monats-Euribor orientieren. Für die Einzelheiten wird auf die Anlagen B4 und B5 (Bl. 133 ff d.A.) Bezug genommen.
9Ab dem 30.06.2009 zahlte der Kläger im Rahmen der Zahlungstermine stets mehr als die Beklagte. Bei beiden Swaps waren die Zahlungen des Klägers im Jahr 2010 durchgängig etwa viermal so hoch wie die der Beklagten; schon im Jahr 2009 war der Saldo zu den Austauschterminen zu Lasten des Klägers ausgefallen (vgl. Aufstellung des Klägers auf S. 10 der Klageschrift v. 15.06.2015, Bl. 43 ff d.A.).
10Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.08.2014 ließ der Kläger die Beklagte erfolglos zum Schadensersatz auffordern, den der Kläger mit insgesamt 214.727,70 EUR beziffert.
11Der Kläger behauptet insbesondere, der Zeuge S habe beide Swaps als sicher beschrieben. Die Möglichkeit, dass man „Haus und Hof“ verlieren könne, sei nie angesprochen worden. Es sollte sich um ein kalkulierbares und jederzeit kontrollierbares aber insgesamt nur sehr geringes Risiko handeln. Der Zeuge S habe zudem zugesagt, die Entwicklung für den Kläger im Auge zu behalten. Zu den Vertragsschlüssen bezüglich der Swap-Verträge behauptet der Kläger, diese seien im Rahmen des Besprechungstermins vom 18.11.2005 erfolgt. Weiteren telefonischen Kontakt hierzu habe es nicht gegeben.
12Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte ihn über einen negativen Marktwert der Swapverträge hätte aufklären müssen.
13Der Kläger beantragt,
141. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 214.727,70 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2014 zu zahlen;
152. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 3.831,21 EUR freizustellen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
19Zudem behauptet die Beklagte, der Kläger sei anhand der Präsentation (Anlage K1) über alle Risiken des Swaps umfassend aufgeklärt worden. Die Vertragsschlüsse seien telefonisch am 24.11.2005 erfolgt.
20Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T, H, S und der Zeugin U. Für die Ergebnisse der persönlichen Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.02.2016 verwiesen.
21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23Die Klage ist nicht begründet.
24I. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkte durchsetzbare Schadensersatzansprüche wegen der streitgegenständlichen Swap-Verträge zu, insbesondere nicht aus § 280 Abs. 1 BGB.
251. Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
26Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrags beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen. Der Beratungsvertrag ist damit auf eine konkrete Anlageentscheidung bezogen (BGH, Urt. v. 28.04.2015 – XI ZR 378/13, Rn. 23).
27Die Voraussetzungen lagen hier im Hinblick auf den Gesprächstermin vom 18.11.2015 vor, in welchem die Zeugin U und der Zeuge S dem Kläger Umfinanzierungsmöglichkeiten im Hinblick auf die sogenannten Schneerenten des Klägers und die mögliche Einbindung der Swap-Verträge vorgestellt haben.
282. Die Beklagte hat ihre Pflicht zu einer anlegergerechten Beratung verletzt. Dazu gehört es, dass der Berater vor Empfehlung eines Produkts den Wissensstand des Kunden und dessen Risikobereitschaft erfragt (BGH, Urt. v. 06.07.1993 – XI ZR 12/93). Bezüglich eines Zins-Swaps hat der Berater zu erfragen, ob der Kunde einen solchen zur Absicherung eines gegenläufigen Grundgeschäfts abschließt oder ob er ihn ohne ein solches Grundgeschäft abschließen möchte. Denn Ersteres deutet – ungeachtet der Risiken bei vorzeitiger Auflösung des Swaps wegen eines negativen Barwerts – auf einen Anleger hin, der Risiken vermeiden oder gering halten möchte, während im zweiten Fall eine reine Zinswette abgeschlossen werden soll.
29Hier hat eine umfassende Beratung zu Darlehen und Swap-Verträgen nicht stattgefunden. Die Zeugin U hat dem Kläger nach ihrer Bekundung nur die Einzelheiten der Darlehensverträge, hier mit der Ablösung von bestehenden Verträgen bei zwei Kreditinstituten, erläutert. Der Zeuge S hat die Frage nach einem Grundgeschäft als irrelevant angesehen; das Grundgeschäft hat ihn für die Beratung über moderne Finanzierungsinstrumente nicht interessiert. Dies ist auch vor dem Hintergrund erstaunlich, dass dem Zeugen der bestehende Hintergrund aus dem Konzept der Schnee-Rente bekannt war. Gerade dies hätte dem Zeugen Anlass geben müssen, die Risikobereitschaft des Klägers genau zu erfragen, zumal der Kläger angesichts des gemeinsamen Auftretens der Zeugen U und S auch eine umfassende Beratung erwarten durfte.
30Diese Pflichtverletzung ist aber für die Anlageentscheidung des Klägers nicht ursächlich geworden. Die sog. Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ist hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme schon deshalb widerlegt, weil der Kläger dieses Nebeneinander der Beratung zu den Darlehensverträgen einerseits und den Swap-Verträgen andererseits erkannt hat und sich gleichwohl für die Kombination aus variabel verzinsten Darlehen als Grundgeschäft und gegenläufigen Swap-Verträgen entschieden.
313. Dass die Beratung im Übrigen zu den Swap-Verträgen fehlerhaft oder unzureichend gewesen ist, lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Anhörung des Klägers nicht feststellen. Dies geht zu Lasten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers.
32a) Unstreitig hat der Kläger im Rahmen des Termins vom 18.11.2015 die als Anlage K1 zur Akte gereichte Präsentation erhalten. Schon damit hat die Beklagte ihren Aufklärungspflichten genügt, wenn deren Inhalt nicht durch abweichende, insbesondere irreführende oder verharmlosende mündliche Erläuterungen abgeschwächt worden ist. Wie für die Anlageberatung beispielweise in Bezug auf geschlossene Fondsbeteiligungen gilt auch bei Swap-Verträgen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 28.10.2015 – 13 U 78/14, vorgelegt als Anlage B7), dass der Anlageberater seinen Aufklärungspflichten dadurch genügen kann, dass er dem Kunden einen Verkaufsprospekt aushändigt, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH Urt. v. 24.04.2014 – III ZR 389/12, Rn. 9). Nichts anderes kann bezüglich der Swapverträge bei Überlassung einer entsprechend geeigneten Präsentation gelten. Bei entsprechender Eignung der Präsentation kommt es deshalb nicht darauf an, dass der Zeuge S nach den übereinstimmenden Angaben aller Beteiligten diese nicht Seite für Seite durchgegangen ist.
33Die hier vorliegende Präsentation war – gerade für wirtschaftlich gebildete Kunden wie den Kläger und seinen Bruder – geeignet, Funktionsweise und Risiken der streitgegenständlichen Swap-Verträge zu vermitteln. Insbesondere werden auf den Seiten 3 ff. Zins-Swaps und auf den Seiten 42 ff. Zins- und Währungsswaps in ihrer Funktion beschrieben. Auf Seite 48 wird unter „Risiken“ ausdrücklich auf die Gefahr einer unbegrenzten Verteuerung der Rückzahlung der Fremdwährungsverpflichtung und das Risiko eines zusätzlichen Aufwandes (negativer Barwert) bei vorzeitiger Auflösung hingewiesen (im Einzelnen vgl. OLG Köln, a.a.O.).
34b) Das Risiko der Fremdwährung ist dem Kläger bereits bewusst gewesen, weil er bereits ein entsprechendes Fremdwährungsdarlehen hatte. Er selber hat angegeben, dass er aus dem Währungsrisiko des CHF-Darlehens heraus wollte. Unterstellt man, wie der Kläger berichtet, der Zeuge S habe ihm gesagt, dass der Schweizer-Franken eine sichere Währung sei, handelte es sich jedenfalls für den Kläger erkennbar um eine Prognose, die nicht ohne Risiken sein konnte. Ohnehin lässt sich eine solche Äußerung des Zeugen S nach dem Beweisergebnis im Übrigen nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen.
35c) Der auch insoweit beweisbelastete Kläger hat auch nicht den Nachweis dafür erbracht, er habe nicht ausreichend Zeit erhalten, um die Präsentation vor Geschäftsabschluss zur Kenntnis zu nehmen. Zwar sprechen er und sein Bruder davon, dass man bereits im Gespräch am 18.11.2005 „grünes Licht“ gegeben bzw. der Swap gemacht werden solle. Der Inhalt der vom Kläger gegengezeichneten Schreiben vom 29.11. bzw. 30.11.2005 spricht aber für einen Abschluss erst am 24.11.2005. Die Zeugin U und der Zeuge S haben insoweit auch plausibel dargelegt, dass man wegen der einzelnen Parameter üblicher Weise noch mit dem „Handel“ der Beklagten habe Rücksprache nehmen müssen. Der Zeuge S hat überdies ausgeschlossen, dass man diese für den Vertrag bedeutsamen Bestandteile bereits im Gesprächstermin festgelegt habe, und darauf hingewiesen, der Vertragsschluss sei so strukturiert gewesen sei, dass sich der Kunde nach der Vorstellung der modernen Finanzierungsinstrumente in einem Kundengespräch im Nachgang bei ihm telefonisch melden müsse. Weil somit nicht von einem Abschluss der Swap-Verträge bereits im Gespräch vom 18.11.2005 ausgegangen werden kann, sondern von einem Vertragsschluss zum 24.11.2005 auszugehen und ein zeitlicher Druck auf den Kläger nicht erkennbar ist, konnte die Beklagte auch davon ausgehen, dass der Kläger ausreichend Zeit zur Ansicht der ihm überreichten Präsentation hatte.
36Im Hinblick auf etwaige Verlustrisiken wären etwaige Ansprüche des Klägers – auch bei Annahme einer vorsätzlichen Falschberatung, für die nicht § 37a WpHG a.F., sondern §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zur Anwendung kämen – verjährt. Denn ab Ende des Jahres 2009 lag jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers bezüglich der den Anspruch begründenden Tatsachen vor. Dies ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Gläubiger in Kenntnis eines drohenden, für möglich gehaltenen oder eingetretenen Schadens untätig bleibt, obwohl ihm die Beschaffung von Informationen über die zur Anspruchsverfolgung relevanten Tatsachen möglich und zumutbar ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 75. Auflage 2016, § 199 BGB Rn 39 ff. m.w.N.). Dem Kläger mussten sich die Verlustrisiken vor dem Hintergrund aufdrängen, dass er spätestens Ende September 2009 weitaus höhere Zahlungen an die Beklagte zu leisten hatte, als diese an ihn. Im Rahmen des reinen Zinsswaps betrug die Zahlungsverpflichtung des Klägers schon Ende 2009 mehr als das 8-fache der Zahlungsverpflichtung der Beklagten. Da die Zahlungen des Klägers bei beiden Swaps im Jahr 2010 durchgängig etwa viermal so hoch wie die der Beklagten waren, begann die diesbezügliche Verjährungsfrist spätestens Ende des Jahres 2010, womit jedenfalls Ende 2013 Verjährung eingetreten war. Sowohl bei Zustellung der Klage im Jahr 2015, als auch bei Aufnahme von Gesprächen zwischen den Parteien im Jahr 2014 konnte die Verjährung daher nicht mehr gehemmt werden.
374. Der Kläger hat auch keine Pflichtverletzung im Hinblick auf eine weitere Beratung und Betreuung nach Abschluss der Swap-Verträge durch die Beklagte nachgewiesen. Zwar haben sowohl der Kläger, als auch sein Bruder und der Zeuge H bekundet, der Zeuge S habe gesagt, dass man den Kunden an die Hand nehme. Eine derartige rechtsverbindliche Zusage ist allerdings bereits vor dem erkennbar gegenläufigen Risiko der Beklagten im Rahmen der jeweiligen Verträge nicht plausibel. Der Zeuge S hat eine derartige Aussage mit dieser Begründung auch ausgeschlossen. Die Zeugin U hat ebenfalls bekundet, der Zeuge S habe eine derartige Äußerung nie getätigt. Eine gerichtliche Überzeugung lässt sich anhand dieser widerstreitenden Aussagen und des über zehns Jahre zurückliegenden Geschehens nicht gewinnen.
385. Die Beklagte hat keine Pflichtverletzung durch unterlassene Aufklärung über einen negativen Marktwert der Swap-Verträge begangen.
39Für den Zinssatzswap ohne Währungskomponente war eine solche Aufklärung schon deshalb nicht erforderlich, weil diesem die als Anlagen B4 und B5 vorgelegten variablen Darlehensverträgen als konnexe Grundgeschäfte mit gegenläufigem Zinsrisiko gegenüber standen (zur Konnexität vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2016 – XI ZR 425/14).
40Bezüglich des Zins-Währungs-Swaps kann offen bleiben, ob die zusätzliche Währungskomponente zu einer derartigen Aufklärungspflicht führt. Sie wäre jedenfalls nicht verletzt. Der Zeuge S hat glaubhaft geschildert, dass er dem Kunden mitgeteilt habe, dass die Beklagte beim Währungsgeschäft im Interbankenhandel im Verhältnis des Schweizer Franken zum Euro damals einen Vorteil von 1% Zinsen erlangte und dieser nur teilweise an den Kunden weitergegeben werde, sodass der hinter dem negativen Marktwert stehende Interessenkonflikt der Beklagten jedenfalls dargelegt wurde. Die Zeugin U hat ebenfalls angegeben, dass der Zeuge S von einer Marge bezüglich der fremden Währung gesprochen hat. Zwar haben der Kläger und der Zeuge T angeben, dass über einen negativen Marktwert bzw. eine solche Marge nicht gesprochen worden sei, ihre Angaben waren aber bezüglich des über 10 Jahre zurückliegenden Geschehens eher vage und jedenfalls nicht geeignet, eine – dem Kläger obliegende - gerichtliche Überzeugung entgegen der Angaben der Zeugen S und der Zeugin U zu begründen.
41Im Übrigen wären Ansprüche wegen einer unterbliebenen Aufklärung über einen negativen Marktwert jedenfalls nach § 37a WpHG a.F. verjährt (vgl. hierzu OLG Köln a.a.O).
426. Auch wegen einer vermeintlich fehlenden Aufklärung über die Möglichkeit eines negativen Euribors stehen dem Kläger keine Ansprüche gegenüber der Beklagten zu. Unabhängig davon, dass im Hinblick auf die plausiblen Angaben der Zeugin U im Einklang mit der Bewertung durch den Kläger selbst, wonach mit einem negativen Euribor im Jahr 2005 nicht zu rechnen war, von einem fehlenden Verschulden auszugehen sein dürfte, hat der Zeuge S bekundet, jedenfalls auch in Bezug auf weitere Zinssätze wie den Libor erläutert zu haben, dass diese in der Vergangenheit bereits negativ waren, sodass sich diese Möglichkeit auch für den Euribor ergab. Der Kläger hat zwar angegeben, dass diesbezüglich nichts besprochen worden sei, jedoch spricht er auch davon, nicht mit einem negativen Euribor gerechnet zu haben. Dies lässt darauf schließen, dass ihm jedenfalls die theoretische Möglichkeit bewusst war. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass – wie der Kläger meint – ein negativer Euribor doppelt schlecht für ihn wäre. Denn anders als beim Swapvertrag profitiert der Kläger im Darlehen als gegenläufigem Geschäft von einem negativen Euribor. Es ist auch weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen, dass die Beklagte ihm diesen Vorteil entgegen der Vertragslage im Rahmen der Darlehensverträge nicht gewährt hätte.
43II. Mangels Hauptforderung hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die begehrten Nebenforderungen.
44III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.
45Streitwert: 214.727,70 EUR
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
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der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
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ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.