Landgericht Kiel Beschluss, 23. Aug. 2006 - 37 Qs 62/06

ECLI:ECLI:DE:LGKIEL:2006:0823.37QS62.06.0A
bei uns veröffentlicht am23.08.2006

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die beantragte Anordnung - durch gesonderten Beschluss - erlassen.

Gründe

1

Es sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass dem Beschuldigten die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 69 StGB entzogen werden wird (§ 111 a StPO). Entgegen teilweise vertretener Auffassung (etwa BayOLG, Beschluss vom 6. April 1993, 1 St RR 59/93, MDR 1993, 1100 f. m. w. N.) erfasst der Begriff des Kraftfahrzeugs i. S. d. Vorschrift auch Motorboote. Das folgt schon aus dem Wortlaut, der keine Beschränkung auf Landfahrzeuge erkennen lässt. Gegen eine solche Beschränkung sprechen auch Sinn und Zweck der Vorschrift und die Gesetzessystematik. Die Norm soll die Verkehrssicherheit schützen, die in gleicher Weise durch eine Person gefährdet wird, die ihre Ungeeignetheit zum Umgang mit motorisierten Fahrzeugen im Straßenverkehr oder wie hier mit einem Motorboot gezeigt hat. Im Übrigen nimmt § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ausdrücklich auf § 316 StGB Bezug, der ebenfalls nicht auf den Straßenverkehr bzw. Landfahrzeuge beschränkt ist. Historische Argumente (BayOLG a. a. O.) vermögen demgegenüber nicht durchzugreifen. Dass sich die Definitionen in § 1 Abs. 2 StVG und § 248 b Abs. 4 StGB nicht heranziehen lassen, folgt schon aus deren ausdrücklicher Beschränkung auf „dieses Gesetz“ bzw. „diese Vorschrift“, beim StVG außerdem aus dessen Sinn und Zweck, weil es ausschließlich den Straßenverkehr regelt und sich deshalb auch nur mit Landfahrzeugen befassen muss (wie hier LG München II, Beschluss vom 27. Oktober 1992, Az. 9 Qs 9/92, NZV 1993, 83 f; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., München 2004, § 69 Rn. 3). Vorliegend bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass sich der Beschuldigte nach § 316 StGB schuldig gemacht hat, so dass das Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt ist oder dass ihm die Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB entzogen werden wird. Dass er sich bei ca. 2,5 o/oo, Vorsatz und Verursachung eines Verkehrsunfalls - so diese Feststellungen auch in der Hauptverhandlung getroffen werden -, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, bedarf keiner weiteren Erörterung.


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Referenzen - Gesetze

Landgericht Kiel Beschluss, 23. Aug. 2006 - 37 Qs 62/06 zitiert 6 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Strafgesetzbuch - StGB | § 316 Trunkenheit im Verkehr


(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 1 Zulassung


(1) Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden sollen, müssen von der zuständigen Behörde (Zulassungsbehörde) zum Verkehr zugelassen sein. Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Verfügungsberechtigten des F

Referenzen

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

(1) Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden sollen, müssen von der zuständigen Behörde (Zulassungsbehörde) zum Verkehr zugelassen sein. Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs bei Vorliegen einer Betriebserlaubnis, Einzelgenehmigung oder EG-Typgenehmigung durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens.

(2) Als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes gelten Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

(3) Keine Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes sind Landfahrzeuge, die durch Muskelkraft fortbewegt werden und mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und

1.
beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher,
2.
wenn der Fahrer im Treten einhält,
unterbrochen wird. Satz 1 gilt auch dann, soweit die in Satz 1 bezeichneten Fahrzeuge zusätzlich über eine elektromotorische Anfahr- oder Schiebehilfe verfügen, die eine Beschleunigung des Fahrzeuges auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h, auch ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers, ermöglicht. Für Fahrzeuge im Sinne der Sätze 1 und 2 sind die Vorschriften über Fahrräder anzuwenden.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.