Landgericht Karlsruhe Beschluss, 28. Aug. 2015 - 2 O 235/15

28.08.2015

Tenor

1. Das Landgericht Karlsruhe erklärt sich für sachlich unzuständig.

2. Der Rechtsstreit wird auf den (Hilfs-)Antrag der Kläger und den Antrag der Beklagten/(Dritt-)Widerklägerin an das Amtsgericht Ettlingen (Familiengericht) verwiesen.

Gründe

 
Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht Karlsruhe ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich nicht zuständig. Es handelt sich um eine Familiensache nach § 111 Nr. 10 FamFG. Auf Antrag der Kläger hat sich das angegangene Gericht für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Gericht zu verweisen. Sachlich und örtlich zuständig ist das Amtsgericht Ettlingen (Familiengericht), wo auch das Scheidungsverfahren anhängig ist.
I.
Die Kläger verlangen von der Beklagten Rückzahlung von Darlehen, welche sie nach ihrem Vorbringen ihrem Sohn und dessen Ehefrau, der Beklagten, gemeinsam zu gesamtschuldnerischer Haftung für die Rückführung gewährt haben. Es handelt sich um ein im September 2008 gewährtes Darlehen von 30.000 EUR zur Finanzierung eines gemeinsamen Hauserwerbs durch den Sohn und die Schwiegertochter und zwei Darlehen von (restlichen) 1.588,39 EUR (1.888,39 EUR abzüglich bereits bezahlter 300 EUR) und 539,78 EUR, welche die Kläger durch unmittelbare Begleichung von Öllieferungsrechnungen im April 2012 und März 2013 mit der Vereinbarung ratenweiser Rückzahlung an sie den Eheleuten gewährt hätten.
Die Kläger tragen vor, die Darlehen seien mit Schreiben vom 23.12.2014 unter Fristsetzung zum 01.04.2015 gekündigt worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie macht geltend, bei der Zahlung der 30.000 EUR handele es sich um eine Schenkung der Kläger an ihren Ehemann zur Finanzierung der von den Eheleuten zu Miteigentum erworbenen, inzwischen wieder veräußerten Immobilie (Miteigentumsanteil der Beklagten 3/10, Anteil des Ehemanns 7/10). Ein Anspruch auf Rückzahlung bestehe daher nicht. Die Idee eines Darlehens hätten die Kläger erst entwickelt, als sich die Beklagte und ihr Ehemann im Februar 2014 getrennt hätten.
Die Beklagte erstrebt außerdem Prozesskostenhilfe für eine Widerklage und Drittwiderklage gegen ihren Ehemann. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Kläger haben auf den Hinweis zur Zuständigkeit des Familiengerichts erklärt, dass, soweit das Gericht eine Abgabe an das Familiengericht für geboten halte, entschieden werden möge, wie rechtens. Die Beklagte hat Verweisung an das Familiengericht Ettlingen beantragt, wo das Scheidungsverfahren anhängig sei.
II.
Auf den (Hilfs-)Antrag der Kläger und den Verweisungsantrag der Beklagten war der Rechtsstreit insgesamt an das Amtsgericht Ettlingen (Familiengericht) zu verweisen (§ 281 ZPO, § 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVG, § 266 Nr. 3 und Nr. 2 FamFG). Der Rechtsstreit hat Familiensachen im Sinne des § 111 Nr. 10 FamFG zum Gegenstand. Zuständig für die Entscheidung des Rechtsstreits ist daher das Amtsgericht als Familiengericht.
Die Rückforderung von Darlehen, welche die Eltern/Schwiegereltern den Eheleuten im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Erwerb einer Immobilie gewährt haben, ist sonstige Familiensache im Sinne von § 266 Nr. 3 FamFG. Die Trennung der Eheleute und die dadurch weiter verschärfte finanzielle Situation der Eheleute war offenbar Anlass für die Kündigung des zunächst zins- und tilgungsfrei gewährten Darlehens, für das ein Rückzahlungszeitpunkt nicht bestimmt war, nach rund zehn Monaten nach der Trennung. Ein besonderer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Trennung der Eheleute und dem Erheben des Anspruchs ist nicht erforderlich (LG Saarbrücken, FamRZ 2013, 1415; Keidel/Giers, FamFG, 18. Aufl., § 266 Rn. 14 ff.). Der von der Beklagten gestellte Prozesskostenhilfeantrag für eine Widerklage gegen die Kläger auf Zahlung von 1.474,89 EUR nebst Zinsen als Schadensersatz für entstandene Rechtsanwaltskosten, welche die Kostenentscheidung im Rechtsstreit berühren, steht damit (aber auch mit der beabsichtigten Drittwiderklage; s.u.) in untrennbarem Zusammenhang.
Die Zuständigkeit des Familiengerichts besteht auch im Hinblick auf den von der Beklagten gestellten Prozesskostenhilfeantrag für eine Drittwiderklage gegen ihren Ehemann. Deren Gegenstand sind der Innenausgleich bei gesamtschuldnerischer Haftung von Eheleuten und Schadensersatzansprüche bzw. Erklärungen im Zusammenhang mit einer Rechtsschutzversicherung. Solche aus der Ehe herrührende Ansprüche, insbesondere der Anspruch auf Ausgleichszahlung oder Freistellung des einen Ehegatten gegen den anderen und auf Gesamtschuldnerinnenausgleich hinsichtlich von Darlehen, die den Eheleuten gemeinsam gewährt worden sind, unterfallen § 266 Nr. 2 FamFG. Für Familiensachen ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig.
10 
Der Rechtsstreit war daher auf den Antrag der Parteien insgesamt nach § 281 ZPO (so LG Stuttgart, FamRZ 2002, 569) an das Amtsgericht zu verweisen, hier an das Amtsgericht - Familiengericht - Ettlingen, wo das Ehescheidungsverfahren anhängig ist.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Karlsruhe Beschluss, 28. Aug. 2015 - 2 O 235/15 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 266 Sonstige Familiensachen


(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die1.Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwisch

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 111 Familiensachen


Familiensachen sind 1. Ehesachen,2. Kindschaftssachen,3. Abstammungssachen,4. Adoptionssachen,5. Ehewohnungs- und Haushaltssachen,6. Gewaltschutzsachen,7. Versorgungsausgleichssachen,8. Unterhaltssachen,9. Güterrechtssachen,10. sonstige Familiensache

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 23a


(1) Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für 1. Familiensachen;2. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht durch gesetzliche Vorschriften eine anderweitige Zuständigkeit begründet ist.Die Zuständigkeit nach Satz 1 Nummer 1 ist

Referenzen

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Familiensachen sind

1.
Ehesachen,
2.
Kindschaftssachen,
3.
Abstammungssachen,
4.
Adoptionssachen,
5.
Ehewohnungs- und Haushaltssachen,
6.
Gewaltschutzsachen,
7.
Versorgungsausgleichssachen,
8.
Unterhaltssachen,
9.
Güterrechtssachen,
10.
sonstige Familiensachen,
11.
Lebenspartnerschaftssachen.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Die Amtsgerichte sind ferner zuständig für

1.
Familiensachen;
2.
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit nicht durch gesetzliche Vorschriften eine anderweitige Zuständigkeit begründet ist.
Die Zuständigkeit nach Satz 1 Nummer 1 ist eine ausschließliche.

(2) Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind

1.
Betreuungssachen, Unterbringungssachen sowie betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen,
2.
Nachlass- und Teilungssachen,
3.
Registersachen,
4.
unternehmensrechtliche Verfahren nach § 375 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
5.
die weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 410 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
6.
Verfahren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
7.
Aufgebotsverfahren,
8.
Grundbuchsachen,
9.
Verfahren nach § 1 Nr. 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen,
10.
Schiffsregistersachen sowie
11.
sonstige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sind für die den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen in Teilungssachen im Sinne von § 342 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig.

(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die

1.
Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person,
2.
aus der Ehe herrührende Ansprüche,
3.
Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe,
4.
aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder
5.
aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche
betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k der Zivilprozessordnung genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt.

(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Familiensachen sind

1.
Ehesachen,
2.
Kindschaftssachen,
3.
Abstammungssachen,
4.
Adoptionssachen,
5.
Ehewohnungs- und Haushaltssachen,
6.
Gewaltschutzsachen,
7.
Versorgungsausgleichssachen,
8.
Unterhaltssachen,
9.
Güterrechtssachen,
10.
sonstige Familiensachen,
11.
Lebenspartnerschaftssachen.

(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die

1.
Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person,
2.
aus der Ehe herrührende Ansprüche,
3.
Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe,
4.
aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder
5.
aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche
betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k der Zivilprozessordnung genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt.

(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.