Landgericht Hamburg Beschluss, 20. Feb. 2018 - 633 Vollz 26/18

20.02.2018

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller zu seiner Anhörung bei der Strafvollstreckungskammer am 21. Februar 2018 um 15.00 Uhr im Strafjustizgebäude am Sievekingsplatz in Hamburg, begleiteten Ausgang zu gewähren.

2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers.

3. Der Gegenstandswert wird festgesetzt auf 500,- €.

Gründe

I.

1

Der Parteien streiten über einen vom Antragsteller begehrten begleiteten Ausgang zu der am 21. Februar 2018 um 15.00 Uhr bei der Strafvollstreckungskammer 33 anberaumten Anhörung zur Prüfung seiner bedingten Entlassung.

2

Der Antragsteller, der sich seit Ende 2011 durchgehend in Haft befindet, verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe von neun Jahren wegen Totschlags in der JVA F., der Antragsgegnerin.

3

Am 15. Februar 2018 stellte der Antragsteller den Antrag auf Durchführung eines Begleitausganges zu der Anhörung. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin am Nachmittag des 16. Februar 2018 ab.

4

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 19. Februar 2018, bei Gericht eingegangen am selben Tag, gestellt, mit dem er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, dem Antragsteller begleiteten Ausgang zu der Anhörung am 21. Februar 2018 und 15.00 Uhr zu gewähren.

5

Der Antragsteller trägt vor, dass er bereits zuvor entsprechende Lockerungen erhalten habe, die sämtlich beanstandungsfrei verlaufen seien. Es gebe für die Verweigerung des streitgegenständlichen Ausgangs keinen sachlichen Grund. Er sei nun gezwungen, sich mit dem Gefangenentransport früh am Morgen in die Untersuchungshaftanstalt bringen zu lassen, um sich bei der Strafvollstreckungskammer vorführen zu lassen. Aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten sei ein Rücktransport am selben Tag unmöglich, so dass er in der Untersuchungshaftanstalt übernachten müsse. Dies sei ihm nicht zuzumuten, da er bereits einen Herzinfarkt erlitten habe.

6

Die Antragsgegnerin trägt vor, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Durchführung eines begleiteten Ausganges am 21. Februar 2018 habe. Zwar sei der Antragsteller für die Gewährung von Begleitausgängen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 HmbStVollzG) geeignet, aufgrund der Kurzfristigkeit könne diese Lockerung jedoch nicht gewährt werden. Denn der Antrag sei erst am 15. Februar 2018, und damit zu kurzfristig, gestellt worden. Die Antragsgegnerin benötige mindestens 14 Tage Zeit, um Lockerungen im Voraus organisieren zu können. Darüber hinaus würden am 21. Februar 2018 bereits vier Lockerungen stattfinden. Über weiteres Personal verfüge die Anstalt nicht.

7

Der Antragsteller beantragt,

8

1) Die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller begleiteten Ausgang zu seiner Anhörung bei der Strafvollstreckungskammer am 21. Februar 2018 um 15.00 Uhr zu gewähren.

9

2) Die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

II.

12

Der Antrag des Antragstellers ist zulässig und begründet.

13

Zwar darf nur in seltenen Ausnahmefällen durch eine Eilentscheidung das Ergebnis der Hauptsache vorweggenommen werden, und zwar bei schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen für den einzelnen Gefangenen, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können.

14

So liegt es hier. Namentlich ist das Ermessen der Antragsgegnerin, den Antrag positiv zu bescheiden, „auf null“ reduziert. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Antragsteller die Eignung für die begehrte Lockerung hat i.S.d § 12 Abs. 1 Nr. 2 HmbStVollzG. Vor diesem Hintergrund ist der von Antragsgegnerin vorgetragene Personalmangel nicht geeignet, die Ablehnung des Antrags auf begleiteten Ausgang zu rechtfertigen. Gemäß § 105 Abs. 2 HmbStVollzG ist die Antragsgegnerin nämlich verpflichtet, entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten vorzusehen.

15

Es liegt ferner ein Eilgrund vor. Die in Rede stehende Anhörung findet am morgigen Tag statt. Wenn der Antragsteller - wie von der Antragsgegnerin beabsichtigt - mit dem Sammeltransport zu der Strafvollstreckungskammer gebracht werden würde, müsste er aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten in der Untersuchungshaftanstalt übernachten. Dieser Nachteil liegt bei Würdigung sämtlicher Umstände außerhalb der Verhältnismäßigkeit. Bei ihrer Entscheidung hat es die Kammer nämlich insbesondere in ihre Erwägungen mit einbezogen, dass der Antragsteller bei seinem Begleitausgängen in der Vergangenheit von einer Betreuerin des Hamburger Fürsorgevereins begleitet worden ist, mit der er auch diesen Termin abgestimmt hatte. Wenn die Antragsgegnerin meint, dass dieser Umstand unerheblich sei, weil der organisatorische Aufwand bereits innerhalb der Anstalt entstehe, so kann sie nach Auffassung der Kammer mit dieser Argumentation nicht gehört werden.

16

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 467 StPO.

17

Die Festsetzung des Gegenstandswerts ist nach der Bedeutung der Sache für den Antragsteller gemäß §§ 52 Abs. 1, 60 GKG vorgenommen worden.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Hamburg Beschluss, 20. Feb. 2018 - 633 Vollz 26/18 zitiert 3 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 121 Kosten des Verfahrens


(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind. (2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Ver

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(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.

(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.

(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.

(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.