Landgericht Hamburg Urteil, 01. Okt. 2014 - 404 HKO 33/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von drei Swap-Geschäften.
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Die Klägerin ist ein auf den An- und Verkauf und die Projektentwicklung von Wohnimmobilien spezialisiertes Unternehmen.
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Die Beklagte ist eine norddeutsche Geschäfts- und Landesbank.
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Die Klägerin besaß bei der Beklagten Immobiliendarlehen sowohl mit fester als auch variabler Verzinsung. Unter den von der Klägerin aufgenommenen Finanzierungen waren auch solche in Schweizer Franken.
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Nachdem die Parteien am 4.3.2004 einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte abgeschlossen hatten (Anlage K15), wurden daraufhin unter anderem die drei hier streitgegenständlichen Swaps zwischen den Parteien vereinbart.
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Am 13.04.2004 schlossen die Klägerin und die Beklagte als ersten der streitgegenständlichen Swaps einen „EUR-Bonuszinssatzswap“ mit der Referenz P. ... ab (Anlage K6). Der Bezugsbetrag belief sich auf 5 Millionen Euro, die Laufzeit ging vom 15.04.2004 bis zum 15.04.2014. Unter dem Swap hatte die Beklagte jeweils am 15.04. und am 15.10. eines jeden Jahres innerhalb der Laufzeit den "Variablen Satz", der als "Basis-Satz" und damit als 6-Monats-EURIBOR definiert war, zu zahlen. Für den ersten Zeitraum vom 15.04.2004 bis zum 15.10.2004 wurde ein Variabler Satz von 2,044 % p.a. vereinbart. Die Klägerin hatte demgegenüber die "Bonuszinsbeträge" zu zahlen. Der Bonuszinssatz betrug grundsätzlich 5 % p.a. Sollte jedoch der als 6-Monats-EURIBOR definitere "Basis-Satz" unterhalb von 4,35 % p.a. oder oberhalb der Marke 1,90 % p.a. liegen, erfolgt die Berechnung des Bonuszinssatzes nach folgender Formel: „5,00 % p.a. - (4,35 % p.a. - 6-Monats-EURIBOR)“. Für den ersten Zeitraum vom 15.04.2004 bis zum 15.10.2004 wurde ebenso wie beim Variablen Satz ein Basis-Satz von 2,044 % p.a, zugrunde gelegt und entsprechend ein Bonuszinssatz von 2,694 % p.a. vereinbart.
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Einen zweiten Swap unter der Bezeichnung "Dualer Nullprämien Cap" schlossen die Klägerin und die Beklagte am 18.07.2005 mit der Referenz H.-... (Anlage K8). Der Bezugsbetrag betrug bei diesem Swap 7 Millionen Euro bzw. 10,927 Millionen CHF. Die Laufzeit wurde festgelegt vom 31.03.2006 bis zum 28.03.2013. Die Beklagte hatte jeweils am letzten Bankarbeitstag der Monate März, Juni, September und Dezember, den als "Basissatz 1" definierten 3-Monats-EURIBOR auf den Bezugsbetrag von 7 Millionen Euro zu zahlen. Die Klägerin schuldete demgegenüber den "Dualen Nullprämienbetrag", der sich aus der Addition eines EUR-Zinsbetrags und eines konvertierten CHF-Zinsbetrags ergab. Der EUR-Zinsbetrag setzte sich zusammen aus dem als "Basissatz 2" definierten 3-Monats-EURIBOR abzüglich eines "Zinsabschlages" von 0,75 % p.a., maximal jedoch die "Zinsobergrenze 1" in Höhe von 2,25 % p.a. Der konvertierte CHF-Zinsbetrag wurde als „Basissatz 3“ durch den 3-Monats-CHF-LIBOR bestimmt, betrug jedoch maximal die "Zinsobergrenze 2" in Höhe von 2,00 % p.a.
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Der dritte der streitgegenständlichen Swaps wurde von der Klägerin und der Beklagten am 18.07.2005 unter der Bezeichnung "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHR Kursschwelle" mit der Referenz... abgeschlossen (Anlage K10). Der Bezugsbetrag betrug 11 Millionen Euro, die Laufzeit war vom 30.09.2005 bis zum 31.03.2015 festgelegt. Die Beklagte hatte jeweils zum 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember den "Variablen Satz 1" zu zahlen, der als "Basis-Satz 1" und damit als 3-Monats-EURIBOR definiert war. Zudem hatte sie zu den gleichen Terminen unter der Bedingung, dass sich der 3-Monats-EURIBOR zwischen der "Unteren Zinsschwelle" von 2,00 % p.a. und der "Oberen Zinsschwelle" von 3,50 % p.a. bewegt und der Schweizer Franken oberhalb der "Kurschwelle" von 1,4350 CHF/EUR liegt, die "Euribor-Partizipation" zu zahlen. Diese berechnete sich dann nach der Formel: „1,5 * (3,5 % p.a. - 3-Monats-EURIBOR)“. Die Klägerin hatte demgegenüber zu den gleichen Terminen "Festbeträge" in Höhe des "Festzinssatzes" von 4,85 % p.a. an die Beklagte zu zahlen.
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Bis zum 05.09.2013 zahlte die Klägerin an die Beklagte unter dem "EUR-Bonuszinssatzswap" 889.241,23 Euro und unter dem "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHR Kursschwelle" einen Betrag von 2.453.010,72 Euro, während sie unter dem "Dualen Nullprämien Cap" von der Beklagten 242.583,23 Euro erhielt.
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Mit der Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz für die ihr aus den Swaps entstandenen Verluste in Höhe von ca. 2,45 Millionen Euro.
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Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe ihre Beratungspflicht vorsätzlich verletzt, insbesondere weil sie nicht über das Bestehen anfänglicher negativer Marktwerte der Swaps in Höhe von insgesamt 669.000 Euro aufgeklärt, sondern (sogar) mit Prämienneutralität geworben habe. Die Beklagte habe die Swaps so konstruiert, dass der EUR-Bonuszinsswap (P. ... ) einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von 83.000 Euro, Duale Nullprämien Cap (H.-... ) einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von 196.000 Euro und der Bonuszinssatzswap mit EUR-CHR Kursschwelle (... ) einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von 390.000 Euro hatte. Diesen Interessenkonflikt hätte die Beklagte auch gekannt.
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Die vom Bundesgerichtshof begründete Aufklärungspflicht einer Bank über den anfänglichen negativen Marktwert eines CMS Spread Ladder Swap sei auf die streitgegenständlichen Swaps anwendbar. Denn die Swaps würden komplexe und spekulative Konditionen enthalten. Die Klägerin verweist insoweit auf ein von ihr eingeholtes Finanzwissenschaftliches Gutachten der SAM S. A. M. GmbH (Anlage K20).
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Zudem seien die abgeschlossenen Finanzgeschäfte für die Klägerin überhaupt keine geeignete Anlage. Die Swaps seien vom Kreditengagement insgesamt unabhängig und ohne Bezug zu diesem, sodass den Swaps kein Grundgeschäft zugrunde liegen würde und sie daher als spekulativ zu werten wären. Die Beklagte habe die Swaps jedoch alleine zur Zinssicherung und -optimierung aufnehmen wollen. Als eine solche Zinssicherung und -optimierung, nicht aber als spekulative Finanztermingeschäfte seien der Klägerin die Swaps durch die Beklagte auch angeboten worden. Die Beklagte hätte verschwiegen, dass die Swaps spekulativ waren; ansonsten hätte die Klägerin die Finanzgeschäfte nicht getätigt. Da sich die Swaps nicht mit dem Anlageziel der Klägerin vertragen würden, habe die Beklagte nicht anlagegerecht beraten.
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Zudem hätte die Beklagte auch das Risiko der Finanzgeschäfte verheimlicht, da sie das spekulative und maximale Risiko nicht genannt und nicht über das Verlustrisiko aufgeklärt habe.
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Des Weiteren hätte die Beklagte nicht dargestellt, dass zwischen ihr und der Klägerin eine Wissens- und Informationsasymmetrie herrschte. Die Klägerin sei nicht aufgeklärt worden, dass ihr Verlust ein spiegelbildlicher Gewinn der Beklagten bedeutet würde, dabei aber mit ungleichen und unfairen Mitteln vorgegangen wird. Schließlich habe die Beklagte es versäumt, die Klägerin darüber aufzuklären, dass sie das angebotene synthetische Finanzinstrument unter Einstrukturierung verschiedener Elemente und unter Verwendung von Risikomodellen modelliert hat. Dieses offenkundige Informationsdefizit habe die Beklagte nicht durch die Vermittlung nötiger Informationen ausgeglichen, um die Klägerin in die Lage zu versetzen, eine informierten Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen.
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Die Beklagte habe außerdem deswegen vorsätzlich gehandelt, weil sie das Verlustrisiko der streitgegenständlichen Swaps nicht in gleicher Weise wie deren Vorteile beschrieben habe.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.453.010,72 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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2. festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin keinerlei weiteren Rechte aus- oder im Zusammenhang mit den Swap-Geschäften des Bonuszinssatzswap mit EUR-CHF-Kursschwelle mit der Referenznummer... und dem EUR-Bonuszinssatzswap mit der Referenznummer P. ... zustehen,
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3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten für die Inanspruchnahme der B. Rechtsanwälte in Höhe einer 1,8-Geschäftsgebühr zu einem Streitwert von EUR 2.453.010,72 freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, ihre Beratungspflichten nicht verletzt, sondern die wesentlichen Chancen und Risiken der Swaps zutreffend und vollständig dargestellt zu haben. Sie habe ihre Pflicht zur anleger- und objektorientierten Beratung ordnungsgemäß erfüllt. Auch habe die Klägerin umfangreiche Erfahrungen mit Swap-Geschäften, denn neben den streitgegenständlichen Swaps habe sie allein mit der Beklagten seit 2004 vier weitere Swaps abgeschlossen.
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Die Ausführungen des von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachtens von Prof. Dr. H. (Anlage B6) würden zeigen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Swaps um Zinssicherungsinstrumente von geringer und auch für die Klägerin gut nachvollziehbarer Komplexität handeln würde. Die Swaps seien einfach strukturiert, in ihrer Funktionsweise leicht nachvollziehbar und die Risiken für die Klägerin leicht zu durchschauen. Die Instrumente wären der bei ihrem Abschluss bestehenden Finanzierungssituation der Klägerin angemessen gewesen und es handele sich um faire Produkte zur Zinssicherung und -optimierung, die nicht der Spekulation dienten. Die Swaps würden sich nicht auf ein einzelnes Darlehen der Klägerin beziehen, sondern hätten einen engen und konkreten Bezug zu einer Gruppe von Darlehen mit ähnlichem Zinsablauf. Die Finanzgeschäfte würden in aller erster Linie der Zinssicherung der Klägerin gegen steigende Zinsen und zu einem kleinen Teil hinsichtlich des "Bonuszinssatzswap mit EUR-CHR Kursschwelle" der Zinsoptimierung der damals bestehenden Zinsbelastungen der Klägerin dienen. Die maximalen Zinssätze und damit das maximale Risiko seien leicht abzulesen gewesen. Alleine der „Dualer Nullprämien Cap“ hätte für die Klägerin aufgrund möglicher Wechselkursschwankungen zusätzliche Chancen/Risiken mit sich gebracht. Die von der Beklagten zur Verfügung gestellten und erläuterten Informationen hätten auch ausgereicht, um die Klägerin über die maximalen Verlustrisiken aufzuklären.
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Die Berechnungen der Klägerin zum anfänglichen negativen Marktwert seien nicht nachvollziehbar. Es bestehe auch keine Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert, denn, wie sich aus der finanzmathematischen Stellungnahme von Prof. Dr. H. ergebe, seien die streitgegenständlichen Swaps mit einem CMS Spread Ladder Swap nicht vergleichbar.
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Die Swaps seien von der Beklagten auch nicht zum Nachteil der Klägerin strukturiert worden, sondern aufgrund der durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise nicht vorhersehbaren Entwicklung der Zinssätze zu Ungunsten der Klägerin verlaufen. Es habe sich um marktgängige Konzepte gehandelt, die den Erfordernissen der Klägerin entsprachen.
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Der Klägerin wäre es zudem beim Abschluss von vorneherein nicht um die Erzielung von Gewinnen sondern um die Erhöhung ihrer Planungssicherheit im Hinblick auf ihre zukünftige Zinsbelastung gegangen.
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Jedenfalls treffe die Beklagte kein Verschulden, da sie sich einer Pflichtwidrigkeit nicht bewusst gewesen wäre. Denn etwaige später durch die Rechtsprechung aufgestellte Aufklärungspflichten seien für die Beklagte nicht erkennbar gewesen.
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Die Beklagte beruft sich zudem auf Verjährung.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Falschberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss der Zinsswapverträge zu. Zwar bestand für die Beklagte jedenfalls aufgrund einer Nebenpflicht aus dem Rahmenvertrag vom 4.3.2004 (Anlage K15) eine Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung der Klägerin. Es fehlt jedoch nach dem zugrunde zulegenden Sachverhalt bereits an einer haftungsbegründenden Pflichtverletzung der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die beratende Bank zur anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 6.7.1993, Az. XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Inhalt und der Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwas die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH, Urt. v. 21.03.2006, Az. XI ZR 63/05, WM 2006, 851, Rn. 12; BGH, Urt. v. 14.7.2009, Az. XI ZR 152/08, WM 2009, 1647, Rn. 49; BGH, Urt. 27.10.2009, Az. XI ZR 337/08, WM 2009, 2303, Rn. 19 m.w.N.; BGH, Urt. v. 22.03.2011, Az. XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949, 1950, Rn. 20 m.w.N.; BGH, Urt. V. 24.9.2013, Az. XI ZR 204/12, NJW 2013, 3574, 3575; BGH, Urt. v. 27.9.2011, Az. XI UR 179/10, Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 26.6.2012, Az. XI ZR 316/11, NJW 2012, 2873, 2874).
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Die Beklagte hat nach Auffassung der Kammer die Klägerin in hinreichendem Maße über die Anlage aufgeklärt, insbesondere auch über das Chancen-Risiken-Profil und die Verlustrisiken. Die streitgegenständlichen Swaps waren unter Berücksichtigung des Wissensstandes, der Risikobereitschaft, des Anlageziels und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin für sie geeignete Finanzprodukte. Es bestand kein unbegrenztes oder unüberschaubares Verlustrisiko bei den Swaps. Auch unabhängig von der Konnexität zu den von der Klägerin aufgenommenen Darlehen war das den streitgegenständlichen Swaps inhärente Risiko für die Klägerin durch Prozentzahlen angegeben und ersichtlich. Die von der Klägerin übernommenen Zahlungsverpflichtungen waren zudem mit entsprechenden Höchstgrenzen versehen. In einem solchen Fall verletzt eine Bank ihre Beratungs- und Aufklärungspflicht nicht (vgl. auch OLG München, Urt. v. 9.4.2014, Az. 7 U 3838/13). Auch im Hinblick auf den Swap mit der Referenz H.-... ergibt sich nichts anderes. Das dort theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko ergibt sich allein aus der Fremdwährungskomponente, wobei diese eine ähnliche Risikostruktur besitzt wie die bereits durch die Klägerin in CHF aufgenommenen Darlehen. Über dieses Fremdwährungsrisiko hat die Beklagte auch in ihrer Präsentation vor Abschluss des Swaps (Anlage K5) hingewiesen.
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Die Aufklärungspflicht einer Bank umfasst grundsätzlich nicht die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die vom Kunden mit dem Abschluss des Geschäfts verbundenen Erwartungen künftiger Entwicklungen tatsächlich auch erfüllen. Diese Unwägbarkeiten fallen ausschließlich in die Risikosphäre des Anlegers (vgl. auch OLG Nürnberg, Urt. v. 19.8.2013, Az. 4 U 2138/12, BKR 2013, 426, 431; siehe bereits die Nachweise zum Bundesgerichthof oben).
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Die Beklagte war darüber hinaus nicht verpflichtet, die Klägerin vor oder bei Abschluss der Swap-Verträge über einen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus Sicht der Klägerin bestehenden negativen Marktwert aufzuklären. Dies gilt sowohl für die Verträge mit den Referenzen P. ... und ..., als auch für den Swap mit der Referenz H.-... . Die in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 22.3.2011, Az. IX ZR 33/10, NJW 2011, 1949) aufgestellten Grundsätze sind auf die hier streitgegenständlichen Swaps nicht anwendbar, so dass keine Pflichtverletzung der Beklagten gegenüber der Klägerin vorliegt. Der Maßstab für den Umfang und die Tiefe der Beratungspflicht können im vorliegenden Fall für keinen der streitgegenständlichen Swaps der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs entnommen werden.
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Zwar hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze nicht nur spezifisch für einen CMS Spread Ladder Swap gelten, sondern allgemein auf "Zinswetten" anwendbar sind (BGH, Urt. v. 24.9.2013, Az. XI ZR 204/12, NJW 2013, 3574, Rn. 23; BGH, Urt. v. 26.6.2012, Az. XI ZR 316/11, NJW 2012, 2873, 2877; auch Jäger/Meuschke/Hartlieb, BKR 2013, 456, 457). Eine solche Zinswette liegt aber bei keinem der hier streitgegenständlichen Swaps vor, da die in Rede stehenden Swaps schon strukturell mit den vom Bundesgerichtshof behandelten Zinswetten nicht vergleichbar sind, jedenfalls aber das Wettelement aufgrund der hier vorliegenden Verknüpfung mit einem Grundgeschäft fehlt.
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Die streitgegenständlichen Swaps sind nach ihrer Grundstruktur und Komplexität in keiner Weise mit dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Swap vergleichbar. Die hier streitgegenständlichen Swaps sind – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht ein für den Anleger undurchschaubares und kompliziert strukturiertes Finanzprodukt, in dem die Bank durch Strukturierung exotischer Optionen oder anderer Parameter das Chancen-/Risikoprofil zu ihren Gunsten verändert hätte, ohne dass der Kunde dies erkennen konnte. Sämtliche Zahlungsverpflichtungen der Klägerin unter den Swaps beziehen sich prozentual auf einfache Bezugsgrößen und sind, soweit sie konditional sind, mit einfachen Rechenoperationen ausrechenbar. Zugunsten der Klägerin ist jeweils zudem eine Höchstgrenze vereinbart. Das Verlustrisiko des Swaps mit der Referenz P. ... betrug – ohne Einrechnung der Gegenverpflichtung der Beklagten – für die Klägerin 5,00 % des Bezugsbetrags von 5 Mio. Euro. Unter dem Swap mit der Referenz H.-... betrug für den zusammengesetzten „Dualen Nullprämienbetrag“ der maximale „EUR-Zinsbetrag“ 2,25 % des Bezugsbetrags von 7 Mio. Euro und der maximale „CHF-Zinsbetrag“ 2,00 % des Bezugsbetrags von 10,927 Mio. CHF. Unter dem Swap mit der Referenz ... hatte die Klägerin von vornherein nur einen „Festzinssatz“ von 3,85 % auf den Bezugsbetrag von 11 Mio. zu zahlen. Soweit dem Swap mit der Referenz H.-... ein Fremdwährungsrisiko innewohnte, ist dies nicht komplexer als die bereits durch die Klägerin bei Abschluss der Swaps aufgenommen Darlehen in CHF. Denn das Währungsrisiko liegt - anders als bei der kaum zu durchschauenden Konstruktion eines CMS Spread Ladder Swaps - ebenso offen zu Tage, wie bei diesen Fremdwährungsfinanzierungen. Die Beratungspflichten sind daher eher mit denen bei Vergabe eines Fremdwährungsdarlehens vergleichbar als mit den Anforderungen des Bundesgerichtshofes zu CMS Spread Ladder Swaps (vgl. auch Bulach, WuB I G 1 2.14).
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Die Zinsformeln und der sonstige Aufbau der Swaps sind nach Auffassung der Kammer einfach strukturiert. Denn die wirtschaftlichen Auswirkungen, neben dem maximalen Risiko insbesondere die Höhe der wechselseitigen Zahlungsströme, waren ohne weiteres nachvollziehbar. Für den Anleger von Bedeutung ist insoweit, dass die Zahlungspflichten für ihn einigermaßen verständlich sind und ein abschätzbares Risiko aufweisen. Da der Zinsvorteil bzw. das Risiko jedenfalls unter den Swaps mit den Referenzen P. ... und... alleine von der Zinsdifferenz abhängen und die Höhe der (maximalen) Zahlungspflichten schon von Anfang an feststehen, wusste die Klägerin bereits bei Vertragsabschluss, worauf sie sich einließ. Auch für den Swap mit der Referenz H.-... gilt insoweit nichts Abweichendes. Soweit die Kammer in einem anderen Verfahren einen Cross-Currency-Swap als Beispiel für ein erhöhtes Risiko angeführt hat (Urt. v. 25.4.2014, Az. 404 HKO 53/13), steht dies dem nicht entgegen. Denn auch unter dem Swap mit der Referenz H.-... wusste die Klägerin – insbesondere auf der von ihr schon in der Vergangenheit getätigten Fremdwährungsgeschäfte – worauf sie sich einließ. Den streitgegenständlichen Swaps fehlt es darüber hinaus an den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zitierten Merkmalen, wie dem erwähnten unbegrenzten Verlustrisiko, einem einseitigen Ausstiegsrecht der Bank, einer Leiter- und Hebelwirkung oder eines Memory-Effekts, also den Eigenschaften, durch die besondere Nachteile des Kunden erwachsen oder eine mangelnde Transparenz eines Swaps verstärkt oder perpetuiert wird.
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Zwar wird auch vertreten, dass der Grundgedanken der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unabhängig von der Struktur des abgeschlossenen Swaps gelten würde, da die Aufklärungspflicht nicht an die mehr oder weniger komplexe Konstruktion des jeweiligen Swaps anknüpfe (OLG Stuttgart, Urt. V. 27.6.2012, Az. 9 U 140/11, BKR 2012, 379, 393; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2014, Az. 14 U 91/13 u.a.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2013, Az. 9 U 101/12, BKR 2014, 80, 82; OLG Köln, Urt. v. 13.8.2014, Az. 13 U 128/13; Tiedemann, BKR 2014, 80, 82), während nach es nach überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung als Abgrenzungskriterium für eine Aufklärungspflicht gerade auf Komplexität und Struktur des Swaps entscheidend ankommt (OLG Nürnberg, Urt. v. 19.8.2013, Az. 4 U 2138/12, BKR 2013, 426, 431 f. m.w.N.; OLG München, Urt. v. 16.7.2014, Az. 7 U 3548/13; OLG München, Beschl. v. 9.8.2012, Az. 17 U 1392/12; OLG Frankfurt, Urt. V. 18.7.2013, Az. 16 U 191/12, NZG 2013, 1111, 1112; OLG München, Urt. v. 9.4.2014, Az. 7 U 3838/13; auch noch OLG Köln, Urt. v. 18.1.2012, Az. 13 U 235/10; OLG Köln, Urt. v. 23.5.2012, Az. 13 U 150/11).
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Selbst wenn aber die Komplexität und Struktur eines Swaps nicht als entscheidendes Kriterium für die Anwendbarkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anzusehen wäre, fehlt es den streitgegenständlichen Swaps durch ihren Bezug zum Grundgeschäft an dem ausschlaggebenden „Wett“element. Die Kammer interpretiert die Ausführungen in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 22.3.2011, Az. IX ZR 33/10, NJW 2011, 1949) so, dass eine Pflicht zur Aufklärung über einen anfänglichen negativen Marktwert bei einem Swap nur dann besteht, wenn der Swaps unabhängig von einem Grundgeschäft, zu dessen Absicherung die Swap-Vereinbarung dienen soll, abgeschlossen wird. Der Bundesgerichtshof grenzt in seiner ursprünglichen Entscheidung „Spekulation“ und „Wette“ auf der einen Seite und „Tausch“ mit Grundgeschäftsbezug auf der anderen Seite ab (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2011, Az. XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949, Rn. 26).
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Jedes Finanzanlageprodukt besitzt einen anfänglichen negativen Marktwert (OLG München, Urt. v. 16.7.2014, Az. 7 U 3548/13). Anders als beim Abschluss eines Geschäftes zu Sicherungszwecken muss der Kunde bei einer Wette jedoch nicht damit rechnen, dass die Bank "heimlich" Gewinne generiert, weil er vielmehr von einer gleichberechtigten Ausgangssituation für die Wette ausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 24.9.2013, Az. XI ZR 204/12, NJW 2013, 3574, Rn. 23; BGH, Urt. v. 26.6.2012, Az. XI ZR 316/11, NJW 2012, 2873, 2877; auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2014, Az. 14 U 91/13 u.a.). Bei einer solchen Wette kann der Kunde Verluste erleiden, deren Erwartungswert die Bank durch die frei wählbare und von ihr vorgeschlagene Strukturierung der Zahlungspflichten beeinflussen kann. Entscheidendes Kriterium ist damit, ob der abgeschlossene Swap als reines Spekulationsgeschäft anzusehen ist oder nicht (OLG Stuttgart, Urt. v. 27.6.2012, Az. 9 U 140/11, BKR 2012, 379, 393; wohl auch OLG Köln, Beschl. v. 12.7.2013, Az. 13 U 120/12). Handelt es sich bei den im Zusammenhang mit einem Grundgeschäft (etwa Darlehen) abgeschlossenen Swaps um Sicherungsgeschäfte, die den Zweck verfolgen, Risiken des Kunden zu begrenzen bzw. auszuschließen, ist – wie die Kammer bereits anderweit entschieden hat (Urt. v. 25.4.2014, Az. 404 HKO 53/13) - die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht anwendbar.
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Die durch diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfolgte Begründung einer selbständigen Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert eines Swaps beruht nicht auf der Aufklärungsbedürftigkeit über die „Marge“ bzw. den Vorteil, der der Bank aus dem Geschäft zufließt, sondern dem „schwerwiegenden Interessenkonflikt“ (vgl. Schmieder, WuB I G 1 16.12; auch Gundermann, BKR 2013, 406, 410). Eine Bank muss nicht über ihr generelles Gewinninteresse aufklären (vgl. bspw. auch BGH, Urt. v. 27.9.2011, Az. XI UR 179/10, Rn. 39 ff. m.w.N.; BGH, Urt. v. 26.6.2012, Az. XI ZR 316/11, NJW 2012, 2873, 2874 und 2877 m.w.N.), sie hat jedoch dann einen anfänglichen negativen Marktwert eines Swap-Vertrags zu offenbaren, wenn hierin ein schwerwiegender, für den Kunden nicht offensichtlicher Interessenkonflikt zum Ausdruck kommt, der geeignet ist, die Interessen der Anleger zu gefährden (BGH, Urt. v. 22.03.2011, Az. XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949, Rn. 33f. und 38; Schmieder, WuB I G 1 16.12; ähnlich OLG München, Urt. v. 9.4.2014, Az. 7 U 3838/13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2014, Az. 14 U 91/13 u.a.).
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Zur Aufklärung über die eingepreiste Gewinnmarge in Form eines anfänglichen negativen Marktwerts gibt alleine die besondere Rolle der beratenden Bank bei Swap-Verträgen, die nicht zu Absicherungszwecken geschlossen werden, sondern bei denen ohne konkreten Geschäftsbezug lediglich eine offene Risikoposition im Sinne einer spekulativen Wette übernommen wird, Anlass. Der aufklärungsbedürftige Interessenkonflikt besteht dabei eben nicht in der generellen Gewinnerziehungsabsicht der beratenden Bank, sondern darin, dass die Bank zugleich Gegenpartei ist. Der Kunde geht bei der Ausgestaltung eines Swaps mit Wettcharakter davon aus, dass beide Parteien das Risiko der Marktentwicklung gleichermaßen tragen. Gestaltet die Bank jedoch die Risikostruktur des Swap-Vertrages bewusst zu Lasten des Kunden und kann dieser dies nicht erkennen, soll die Bank einer Aufklärungspflicht unterliegen, denn der Kunde müsse nicht davon ausgehen, dass die Bank über die Realisierung ihres "Wetteinsatzes" hinaus heimlich ein weitergehendes Gewinninteresse in Form eines anfänglich für den Kunden negativen Marktwertes verfolgt (vgl. Schmieder, WuB I G 1 16.12; BGH, Urt. v. 22.03.2011, Az. XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949, Rn. 38; OLG Frankfurt, Urt. v. 15.3.2013, Az. 10 U 16/12, Rn. 92).
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Wird der Swap dagegen (auch) als Sicherungsgeschäft abgeschlossen, mag der Kunde zwar unter Umständen mit dem Abschluss des Swaps auch eine Vermögenseinbuße in Form des anfänglichen negativen Marktwertes erleiden (vgl. auch Gundermann, BKR 2013, 406, 408; ähnlich OLG Köln, Urt. v. 13.8.2014, Az. 13 U 128/13), anders als bei einer Wette mit der Bank, bringt der abgeschlossene Swap jedoch in Verbindung mit dem Grundgeschäft einseitige (und weitere) Vorteile für den Kunden mit sich. Bei der Gewinnmarge eines solchen Swaps handelt es sich dann nicht um einen offenzulegenden "negativen Marktwert" (vgl. Bulach, WuB I G 1 2.14).
- 45
Vorliegend handelt es sich bei keinem der streitgegenständlichen Swaps um eine isolierte „Zinswette“, sondern sie wurden der Klägerin vor dem Hintergrund ihrer bestehenden Darlehensverträge empfohlen. Sie konnte damit für ihre bestehenden variablen Zinsverpflichtungen – jedenfalls zum Teil – von dem zum Abschluss der Swaps bestehenden Zinsniveau profitieren. Der Bezug zu den Darlehen ist auch ausreichend konkret. Soweit die streitgegenständlichen Swaps, anders als ein Standardzinsswap, nicht nur die Funktion eines Absicherungsgeschäftes haben, bei dem Kunde sich einen festen Zinssatz sichert und damit eine variable Risikoposition schließt, sondern die Klägerin darüber hinaus zusätzliche Risiken übernommen hat, ändert auch dies nichts an dem Bezug zum Grundgeschäft. Denn der Zusammenhang zwischen dem Darlehen und den – zwar in Teilen spekulativen – aber hinsichtlich des Risikos mit einem Darlehen mit fester Verzinsung vergleichbaren Swaps, zeigt, dass es sich nicht um ein reines Spekulationsgeschäft ohne Bezug zu einem Grundgeschäft handelt. Die Sicherung eines Zinsniveaus und auch ein Fremdwährungsbezug mag für sich zwar spekulativ sein, steht aber gleichwohl im Zusammenhang mit den Darlehen. Dies wird auch daran deutlich, dass die im Swap mit der Referenz H.-... in Bezug genommene Währung (CHF) die gleiche ist, mit der sich die Klägerin auch in Teilen verschuldet hatte.
- 46
Auf den Grad eines möglichen Verschuldens und eine etwaige Verjährung kommt es mangels einer Pflichtverletzung der Beklagten daher nicht an. Der Klägerin stehen auch keine anderen Anspruchsgrundlagen zur Seite.
- 47
Der der Beklagten nachgelassene Schriftsatz vom 20.08.2014 erfordert keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, um der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Den Inhalt des Parteigutachtens des Prof. Dr. H. (Anl. B 6) hat die Kammer nicht verwertet. Für die Beurteilung der für die Frage des Bestehens der Aufklärungspflicht maßgeblichen Umstände kommt es auf eine sachverständige Bewertung nicht an. Der Schriftsatz der Klägerin vom 23.09.2014 ist gemäß § 296 a ZPO unberücksichtigt geblieben. Auch insoweit ergibt sich keine Notwendigkeit einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Soweit die Klägerin eine Erweiterung der Klage anstrebt, fällt der geänderte Sachantrag zwar nicht unter § 296 a ZPO, ist aber nach Schluss der mündlichen Verhandlung gleichwohl unzulässig, wie sich aus § 261 Abs. 2, 297 ZPO ergibt (Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 296 a Rdnr. 2 a).
- 48
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Hamburg Urteil, 01. Okt. 2014 - 404 HKO 33/14
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Urteil einreichenLandgericht Hamburg Urteil, 01. Okt. 2014 - 404 HKO 33/14 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
- 2
- Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
- 3
- Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
- 4
- Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
- 9
- Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
- 10
- Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
- 11
- Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
- 12
- Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
- 14
- 1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
- 15
- 2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
- 16
- a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
- 17
- b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
- 18
- aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
- 19
- (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
- 20
- (a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
- 21
- Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
- 22
- (b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
- 23
- (2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
- 24
- (a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
- 25
- Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
- 26
- (b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
- 27
- Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
- 28
- Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
- 29
- bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
- 30
- (1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
- 31
- Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
- 32
- Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
- 33
- (2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
- 34
- Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
- 35
- c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
- 36
- aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
- 37
- bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.
III.
- 38
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 39
- 1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
- 40
- a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
- 41
- b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
- 42
- c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
- 43
- Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
- 44
- Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
- 45
- d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
- 46
- 2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
- 47
- 3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
- 48
- b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
- 49
- 4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.
IV.
- 50
- Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitgegenständlich sind insbesondere Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Beratung vor Abschluss eines Swap-Vertrags mit der Beklagten am 28.08.2008.
Die Klägerin, ein mittelständisches Unternehmen, hatte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Swapgeschäfts bei verschiedenen Banken Kontokorrentkredite in Höhe von mehr als 3,8 Mio Euro und bei der Beklagten in Höhe von 500.000,00 Euro mit variablen Zinsen zwischen 8,00% und 8,75% erhalten .
Nachdem sich die Geschäftsführerin der Klagepartei, Frau Z., und der Mitarbeiter der Beklagten, Herr K., am 28.08.2008 mündlich über den Abschluss eines Zins-Swap-Vertrags geeinigt hatten, und der Klägerin die Vertragsunterlagen übermittelt waren, unterschrieb die Geschäftsführerin der Klägerin Z. ausweislich ihrer handschriftlichen Erklärungen am 28.08.2008 einen Analysebogen für Derivatgeschäfte mit der Risikopräferenz „spekulativ“ (vgl. Anlage K 2), einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (vgl. Anlage K 3) und den streitgegenständlichen „Mehrfach kündbarer Zinssatz Swap“ - Vertrag (vgl. Anlage B 1).
In dem abgeschlossenen Zinssatz Swap Vertrag vereinbarten die Parteien bezogen auf einen Bezugsbetrag von 2 Mio. Euro und für eine Laufzeit vom 01.09.2008 bis 28.07.2013 einen Zinstausch, wonach sich die Klägerin verpflichtete einen festen Zinssatz von 4,22% an die Beklagte zu bezahlen. Die Beklagte verpflichtete sich im Gegenzug, an die Klägerin als Zins den Drei-Monats EURIBOR mit jeweils festgelegten Fälligkeitsterminen zu bezahlen. Unter der Überschrift „Besondere Vereinbarungen“ enthielt der Vertrag auf Seite 3 ein einseitiges vierteljährliches Kündigungsrecht der Beklagten, erstmals zum 30.06.2009.
Die Mitgeschäftsführerin der Klägerin, Frau Z., hatte im Zeitraum von 2001 bis 04.07.2008 insgesamt elf Swapgeschäfte abgeschlossen, darunter mehrere Swaps, die Währungskomponenten enthielten.
Die Zinsbelastung der Klägerin beläuft sich bei vorliegendem Swap auf insgesamt 292.826,55 Euro (vgl. Anlage K 20).
Die Klägerin meint, ihre Mitgeschäftsführerin Z. sei vor Abschluss des streitgegenständlichen Swapvertrags nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. So sei die Wirkungsweise des Swaps nicht erläutert worden, es habe keinen Hinweis auf einen negativen Marktwert gegeben, auch über das Verlustrisiko und das einseitige Kündigungsrecht sei nicht aufgeklärt worden. Es handle sich zudem wegen der fehlenden Konnexität um ein reines Spekulationsgeschäft. Das Swapgeschäft sei außerdem sittenwidrig insbesondere aufgrund des einseitigen Kündigungsrechts.
Die Klägerin beantragte in erster Instanz:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verpflichtungen, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen über den Swap Vertrag mit der Referenznummer …041 entstanden sind und entstehen werden, insbesondere im Zusammenhang mit dem Leistungsrückstandskonto mit der Kontonummer …540, freizustellen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.288,63 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Sicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Swapvertrag mit der Ref. Nr. …041 verpfändet worden sind, freizugeben.
IV.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 14.207,41 Euro freizustellen.
V.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung.
Sie ist der Auffassung, bei der Frage der Art und des Umfangs der Aufklärungspflicht sei vorliegend vor allem zu berücksichtigen, dass die Mitgeschäftsführerin der Klägerin bereits zahlreiche Swapgeschäfte abgeschlossen habe, Diplom-Kauffrau und Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens sei sowie als Aufsichtsratsmitglied einer Bank über hinreichende Vorkenntnisse verfüge. Bei dem vorliegenden Swap habe es sich um ein einfach strukturiertes Geschäft gehandelt. Beratungsfehler seien der Beklagten nicht anzulasten, insbesondere sei aufgrund der Struktur des Swaps nicht auf ein unbegrenztes Verlustrisiko oder einen angeblichen negativen Marktwert hinzuweisen gewesen. Sie, die Beklagte, habe nur ihre Gewinnmarge eingepreist, so dass ein negativer Marktwert, über den aufgeklärt hätte werden müssen, nicht vorlag. Schließlich könne das einseitige Kündigungsrecht, auf das ausdrücklich hingewiesen und für das im Gegenzug der Swapsatz um 0,4% reduziert worden sei, eine Sittenwidrigkeit des Vertrags nicht begründen.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es zwar einen Beratungsvertrag zwischen den Parteien bejahte, eine Pflichtverletzung jedoch nicht feststellte. Es verneinte eine Pflicht zur Aufklärung über ein unbegrenztes Verlustrisiko, weil es angesichts der Swapstruktur (fester Zinssatz 4,22% bei Bezugssumme von 2 Mio. Euro und fester Höchst-Laufzeit) von einem solchen Aufklärungspflicht nicht ausgehen konnte. Auch eine Hinweispflicht auf einen anfänglich negativen Marktwert sah das Erstgericht nicht. Bei dem hier vorliegenden einfachen Zinsswap, der mit dem CMS - Spread - Ladder Swap, über den der BGH entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.2011, Az: XI ZR 33/10) nicht vergleichbar sei, handele es sich nur um Austausch von Zinssätzen, eine Gestaltung zulasten der Beklagten läge nicht vor, eine Aufklärung über eingepreiste Gewinnmargen schulde die Beklagte nicht. Das Erstgericht war der Auffassung, Konnexität des Swapgeschäfts mit den bestehenden Kreditverträgen sei gegeben. Es sei nicht vorstellbar, dass die Geschäftsführerin den Mechanismus des vorliegenden Swaps nicht verstanden habe, dies insbesondere aufgrund ihrer Erfahrungen mit derartigen Swaps. Angesichts des ausdrücklich im Vertrag niedergelegten einseitigen Kündigungsrechts und der Tatsache, dass es sich um einen Vertrag zwischen Kaufleuten gehandelt habe, bedurfte es eines Hinweises auf die Vertragsklausel im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht. Die Wortwahl „aktives Zinsmanagement“ durch Mitarbeiter der Beklagten stelle eine inhaltslose Floskel dar, auf die ein Beratungsfehler nicht gestützt werden könne. Sittenwidrigkeit des Vertrags verneinte das Landgericht ebenso wie Schadensersatzansprüche aus § 26 BörsG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Vortrag und Klageantrag aufrecht erhält. Sie ist der Auffassung, das Erstgericht habe zu Unrecht eine Pflichtverletzung aus dem Beratungsvertrag verneint. Angesichts der Selbstständigkeit des Zinsswaps gegenüber den Darlehensverträgen und des daraus resultierenden rein spekulativen Charakters des Swaps hätte die Beklagte über das Verlustrisiko aufklären müssen. Auch auf den negativen Marktwert sei sie, die Klägerin, nicht hingewiesen worden. Zu Unrecht sei das Erstgericht von einer Konnexität ausgegangen, schließlich habe es nicht erkannt, dass das einseitige Kündigungsrecht erst in den schriftlichen Vertrag aufgenommen worden sei. Es sei nicht Gegenstand des mündlichen Vertrags gewesen. Das Landgericht habe fehlerhaft eine Beweiserhebung hierzu unterlassen. Auch die Bezeichnung „mehrfach kündbarer Swap“ sei missverständlich, weil sie ein beiderseitiges Kündigungsrecht nahelege. Der Vertrag sei zudem wegen Sittenwidrigkeit nichtig, die von der Beklagten behauptete „Einpreisung“ des einseitigen Kündigungsrechts bestreite sie.
Die Klägerin beantragt:
I.
Unter Abänderung des am 19.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts München I,
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.288,63 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Sicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Swapvertrag mit der Ref. Nr. …041 verpfändet worden sind, freizugeben.
IV.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 14.207,41 Euro freizustellen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Sie beruft sich darauf, dass der Geschäftsführerin die Selbstständigkeit des streitgegenständlichen Swapvertrags und die nur wirtschaftlichen Zusammenhänge mit dem bestehenden Kreditportfolio bekannt gewesen sei. Der neue Vortrag der Klägerseite zur Selbstständigkeit der Zinsswaps und der hierauf beruhenden Aufklärungspflichtverletzung sei verspätet. Die Klägerin habe die einfache Wirkungsweise des Zinsswaps unzweifelhaft verstanden, das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit dem angeblich anfänglich negativen Marktwert sei ins Blaue hinein erfolgt, der vorliegende Swap sei nicht mit dem dem BGH Urteil zugrunde liegenden Swap vergleichbar. Über einen anfänglich negativen Marktwert, der - wie vorliegend - ausschließlich aus der Marge resultiere, sei nicht aufzuklären. Die Klägerin habe mit der Unterzeichnung des Vertrags durch ihre Geschäftsführerin zu erkennen gegeben, dass sie mit dem einseitigen Kündigungsrecht einverstanden war. Dieses einseitige Kündigungsrecht sei aus dem Vertrag unschwer und deutlich ersichtlich, aus der Überschrift „mehrfach kündbarer Zinssatzswap“ sei jeder verständige Leser auf das Kündigungsrecht des Vertrags hingewiesen worden. Begriffe wie „aktives Zinsmanagement“ müssten im Rahmen der Bewerbung eines Produktes gesehen und als solche bewertet werden. Schließlich sei der Vertrag auch nicht sittenwidrig, die Klägerin sei ihrer erstinstanzlichen Behauptung, dass für das einseitige Kündigungsrecht eine Ermäßigung des Swapsatzes um 0,4% erfolgt sei, auch in erster Instanz nicht entgegengetreten.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich in der Sache als nicht erfolgreich. Zu Recht und mit weit überwiegend zutreffender Begründung hat das Erstgericht die Klage abgewiesen und festgestellt, dass eine für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächliche Fehlberatung durch Mitarbeiter der Beklagten nicht vorliegt und auch der streitgegenständliche Vertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.
Auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden.
Unzweifelhaft und von den Parteien nicht angegriffen bestand zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass Gegenstand und Umfang der Pflichten aus einem solchen Beratungsvertrag sich zum einen nach der Person des Kunden, vor allem dessen Erfahrungshintergrund und Anlegerprofil (anlegergerechte Beratung) und zum anderen nach dem Anlageobjekt (anlagespezifische Beratung) richten. Hierbei hängt die tatsächliche Ausgestaltung des Pflichtenkreises maßgebend von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören neben seiner wirtschaftlichen Ausgangslage insbesondere sein Wissenstand über Anlagegeschäfte der projektierten Art, das Maß seiner Risikobereitschaft sowie das von ihm angestrebte Anlageziel (vgl. BGH vom 22.03.2011 XI ZR 33/10 m. w. N.). Entscheidend ist also beispielsweise, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt (vgl. BGH Urteil vom 09.05.1996, Az: IX ZR 244/95) und ob er - wie vorliegend - ausdrücklich erklärte, ein spekulatives Geschäft abschließen zu wollen. Wesentlich für Art und Umfang der geschuldeten Beratung ist aber auch, um welches Produkt es sich handelt, d. h. ob es z. B. ein einfach strukturierter Zinsswap ohne Währungskomponente oder ein hochkomplex strukturierter Swap mit Währungskomponente ist.
So ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass die Geschäftsführerin ausweislich des als Anlage K 2 vorgelegten und von ihr unterzeichneten „Analysebogen für Derivategeschäfte“ als Risikopräferenz „spekulativ“ angab. Dort wird ausgeführt, dass „hohe Risiken eingegangen werden, um hohe Ertragschancen erzielen zu können. Erfolgsschwankungen und ggf. auch hohe Verluste werden dabei bewusst in Kauf genommen.“ Ein weiterer Hinweis erfolgt in Ziffer 6. des Analysebogens, wonach der Zeichner sich „bewusst ist, dass spekulative Vermögensanlagen/Finanzgeschäfte ein erhebliches Kapitalrisiko beinhalten“. Damit hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, auch und insbesondere ein risikoreiches Geschäft abschließen zu wollen. Ein unbegrenztes Verlustrisiko ist mit dem vorliegenden Swap zudem nicht verbunden, das maximale Risiko ist auf die Differenz zwischen dem vereinbarten Festzins von 4,22% und „Null Prozent“ (für den variablen Zins) beschränkt. Hinzu kommt, dass die Geschäftsführerin als Diplom-Kauffrau vor dem streitgegenständlichen Swap bereits eine Vielzahl anderer, auch komplexerer Swaps zeichnete, sie also über umfangreiche Erfahrungen in diesen Finanzprodukten verfügte. Angesichts dessen und insbesondere auch im Hinblick auf die einfache Struktur des vorliegenden Swaps, der bezogen auf eine Summe von 2 Mio. Euro für die gesamte Laufzeit feste Zinsen für die Klägerin festlegte und die Zinslast der Beklagten variabel, nämlich bezogen auf den jeweiligen Drei-Monats EURIBOR regelte, kann von einer nicht anlegergerechten Beratung nicht die Rede sein. Aufgrund der einfachen Struktur und der klaren Regelungen des Swaps musste der Geschäftsführerin der Klägerin auch bekannt sein, dass zwischen den Kontokorrentkrediten, die die Klägerin auch bei anderen Banken abgeschlossen hatte, und dem vorliegenden Zinstauschvertrag ein rechtlicher Zusammenhang nicht bestand, die Verträge vielmehr selbstständig nebeneinander liefen. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass der Swapvertrag einseitig nur durch die Beklagte kündbar ist. Diese Vertragsbedingung, die aus dem vierseitigen Vertrag unter der gesonderten Überschrift „Kündigungsrecht“ leicht ersichtlich ist, hat die Klägerin mit Unterzeichnung ausdrücklich akzeptiert. Auch der Einwand, dies sei nicht Inhalt der vorausgegangenen mündlichen Vereinbarung gewesen, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Die Klägerin hat mit Unterzeichnung deutlich zu erkennen gegeben, dass sie diese - wie auch die anderen schriftlich niedergelegten Vertragsbedingungen - akzeptiere. Damit ist der Vertrag in der Weise und mit den Regelungen wie schriftlich festgehalten zu Stande gekommen. Auch die Bezeichnung „mehrfach kündbarer Zinssatzswap“ im Betreff des Anscheibens an die Klägerin (vgl. Anlage B 1) ist entgegen der Darstellung der Klägerin nicht missverständlich bzw. steht nicht im Widerspruch zum einseitigen Kündigungsrecht. Mehrfach bedeutet nämlich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht mehrseitig.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann vorliegend von einer nicht objektgerechten Beratung nicht ausgegangen werden. Voranzustellen ist, dass die Anforderungen, die insoweit an die beratende Bank zu stellen sind, bei einem einfach strukturierten Produkt wie dem vorliegenden Zinsswap nicht so hoch sind, wie z. B. bei einem hoch komplexen und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap, über den der BGH in der zitierten Entscheidung vom 22.03.2011 zu befinden hatte.
Der Beklagten kann ein unterlassener Hinweis auf ein unbegrenztes Verlustrisiko nicht vorgeworfen werden. Wie oben ausgeführt und vom Landgericht zutreffend festgestellt, bestand ein unbegrenztes oder unüberschaubares Verlustrisiko bei dem vorliegenden Swap gerade nicht. Auch im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragene Selbstständigkeit des Zinsswaps von den Darlehensverträgen, die die Klägerin bei der Beklagten und bei dritten Banken abgeschlossen hatte, war das mit dem „selbstständigen“ Zinsswap eingegangene Risiko von vornherein auf den vereinbarten festen Zinssatz von 4,22% für die ebenfalls fest vereinbarte Vertragslaufzeit begrenzt. Dieses „Maximalrisiko“ verwirklicht sich - bei Vertragsschluss ohne weiteres erkennbar - nur, wenn der von der Beklagten geschuldete variable Zins bei Null -Prozent liegt.
Die Beklagte hat auch nicht gegen eine Pflicht zur Aufklärung über einen „anfänglich negativen Marktwert“ verstoßen. Soweit die Klägerin diesbezüglich auf die BGH-Rechtsprechung (s.o. BGH XI ZR 33/10) verweist, kann sie vorliegend damit nicht durchdringen. Zwar hat der Bundesgerichtshof im dort zu entschiedenen Fall gefordert, dass die (dortige) Beklagte die (dortige) Klägerin über den von ihr bewusst strukturierten negativen Anfangswert des CMS Spread Ladder Swap aufklären musste. So hat der BGH festgestellt, dass der einstrukturierte negative Marktwert und der damit einhergehende schwerwiegende Interessenkonflikt die Interessen der Klägerin gefährdeten. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Aufklärungspflicht auch für den hier streitgegenständlichen Zinsswap gefordert werden kann, da letzterer unzweifelhaft einfach strukturiert war. Jedenfalls lag beim dortigen CMS Spread Ladder Swap ein erheblicher negativer Marktwert schon bei Vertragsbeginn vor, weil der Swap von der Bank bewusst so konstruiert worden war. Das Erstgericht hat hier zutreffend ausgeführt, dass für den hiesigen Fall eines einfachen Zinsswaps, bei dem lediglich der Austausch von Zinssätzen stattfindet, weder seitens der Klagepartei vorgetragen ist noch sonstige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zinsswap eine ebensolche Konstruktion zulasten der Klägerin aufweist. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung aber auch festgestellt, dass die beratende Bank nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Dies ist für den Kunden offensichtlich. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist derart offensichtlich, dass auf ihn nicht gesondert hingewiesen werden muss, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu (vgl. BGH XI ZR 33/10 Rdnr. 38). Daraus folgt, dass über einen anfänglich „negativen Marktwert“, der allein aus der eingepreisten und einkalkulierten Gewinnmarge der Bank resultiert, ohne dass eine auf komplizierter finanzmathematischer Berechnung beruhende, einstrukturierte Risikoverschiebung zulasten des Kunden stattfindet, nicht aufzuklären ist. Dies gilt auch im Hinblick auf den von Klägerseite behaupteten „Wissensvorsprung der Beklagten“ über die Marktprognose. Den von der Klägerin auch zitierten Entscheidungen des OLG Stuttgart (Urteil vom 27.10.2010, Az: 9 U 148/08) und des LG Düsseldorf (Urteil vom 11.05.2012, Az: 8 O 77/11) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen, insbesondere weil dort komplexere Swaps Gegenstand waren und die Kundenstruktur eine andere als im vorliegenden Fall war. Nicht entscheidend für die Frage einer Aufklärungspflicht über einen „anfänglich negativen Marktwert“ ist in diesem Zusammenhang, ob es sich um ein konnexes Swapgeschäft oder nicht handelte. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Erstgerichts, wonach es sich im vorliegenden Fall angesichts der Tatsache, dass die Klägerin Darlehensverträge abgeschlossen hat, bei dem streitgegenständlichen Swapvertrag um ein konnexes Geschäft handelte, nicht. Es fehlt nämlich an einer rechtlichen Verknüpfung zwischen den abgeschlossenen Kontokorrentkrediten und dem vorliegend gezeichneten Swap, die Verträge bestehen vielmehr unabhängig und selbstständig nebeneinander, sie haben unterschiedliche Zinsbedingungen und Laufzeiten. Die fehlende Konnexität führt aber nicht zwangsläufig zu einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten. Es handelt sich - wie bereit mehrfach dargelegt - um ein einfaches Zinsaustauschgeschäft, dessen Komponenten offen zu Tage liegen, für den Vertragspartner nachvollziehbar sind und dessen Höchst-Verlustrisiko begrenzt und von vornherein berechenbar war. Mit dem gezeichneten Swap verfolgte die Klägerin das Ziel einer von den bestehenden Darlehensverträgen mit Zinsverpflichtungen rechtlich unabhängigen Zinsspekulation.
Auch eines ausdrücklichen Hinweises auf das einseitige Kündigungsrecht der Beklagten bedurfte es vorliegend nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen hierzu im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden. Insbesondere teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichts, wonach bereits aus der Überschrift des Swapvertrags und vor allem aus dem Vertragstext selbst, hervorgehoben durch eine eigene Überschrift, ein Kündigungsrecht der Beklagten deutlich gemacht ist. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Parteien um Kaufleute handelt und für die Beklagte unstreitig eine geschäftserfahrene Geschäftsführerin handelte, ist davon auszugehen, dass derart übersichtlich gestaltete und kurze Vertragstexte vor Unterzeichnung gelesen, mit der Unterschrift bestätigt und deren Auswirkungen begriffen werden. Entsprechend den Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben kam der Vertrag damit mit dem schriftlich niedergelegten Inhalt wirksam zustande. Einer Beweisaufnahme zur Frage, ob das einseitige Kündigungsrecht bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlungen/Vereinbarungen war, bedurfte es nicht. Dies hat das Landgericht zutreffend gesehen.
Auch die Wortwahl „aktives Zinsmanagement“, mit der nach dem Vortrag der Klägerin für den vorliegenden Swap geworben wurde, rechtfertigt die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung nicht. Wie das Landgericht zutreffend feststellte, handelt es sich hierbei um eine weitgehend inhaltlose Floskel, die allenfalls zum Ausdruck bringt, dass das angestrebte Geschäft einen Bezug zu Zinsen aufweist. Auf eine Überwachung der Geschäfte - wie die Klägerin meint - deutet der Begriff nicht hin.
Damit ist festzuhalten, dass eine Pflichtverletzung des Beratungsvertrags im Hinblick auf den streitgegenständlichen Swapvertrag durch die Beklagte nicht vorliegt.
Der Swapvertrag ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil hierzu kann Bezug genommen werden.
Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung meint, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte als Gegenleistung für die einseitige Kündbarkeit des streitgegenständlichen Vertrags den Swapsatz in Höhe von 0,4% ermäßigt habe, und auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 14.05.2012 S. 5 f. verweist, rechtfertigt dies eine andere Entscheidung nicht. Die Beklagte hat die Kompensation des einseitigen Kündigungsrechts durch die Reduzierung des Swapsatzes in ihrer Klageerwiderung vom 13.02.2012 dargelegt und Beweis angeboten. In der Stellungnahme der Klägerin hierzu im Schriftsatz vom 14.05.2012 erfolgte ein Bestreiten dieser Behauptung nicht. Erstmals im Schriftsatz vom 20.08.2013 bestritt die Klägerin den diesbezüglichen Beklagtenvortrag. Unabhängig von der Frage, ob der Klägervortrag ein hinreichendes Bestreiten darstellt und insbesondere ob er als verspätet gem. § 296 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt zu bleiben hatte, hat das Erstgericht nämlich zutreffend festgestellt, dass es vorliegend jedenfalls an der subjektiven Komponente einer Sittenwidrigkeit fehlt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr der jeweilige Vertragspartner darauf vertraut und davon ausgehen muss, dass bei übersichtlich gestalteten Verträgen die einzelnen Konditionen seitens des Vertragspartners registriert und bewertet werden. Vor diesem Hintergrund kann bei den offen dargelegten Vertragskonditionen im streitgegenständlichen Swapvertrag eine Schädigungsabsicht im Sinne des subjektiven Tatbestands auf Seiten der Beklagten nicht angenommen werden.
Die Berufung der Klägerin erweist sich somit insgesamt als nicht erfolgreich. Zu Recht wurde ihre Klage abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung seiner Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche maßgeblich die Umstände des konkreten Einzelfalls und des Vertragsschlusses zugrunde gelegt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
- 2
- Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
- 3
- Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
- 4
- Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
- 9
- Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
- 10
- Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
- 11
- Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
- 12
- Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
- 14
- 1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
- 15
- 2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
- 16
- a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
- 17
- b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
- 18
- aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
- 19
- (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
- 20
- (a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
- 21
- Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
- 22
- (b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
- 23
- (2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
- 24
- (a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
- 25
- Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
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- (b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
- 27
- Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
- 28
- Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
- 29
- bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
- 30
- (1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
- 31
- Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
- 32
- Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
- 33
- (2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
- 34
- Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
- 35
- c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
- 36
- aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
- 37
- bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.
III.
- 38
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 39
- 1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
- 40
- a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
- 41
- b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
- 42
- c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
- 43
- Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
- 44
- Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
- 45
- d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
- 46
- 2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
- 47
- 3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
- 48
- b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
- 49
- 4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.
IV.
- 50
- Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011, Az. 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Berufung: bis 65.000 EUR
Gründe
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Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.4.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 zu zahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 18.271,20 Euro wird die Klägerin auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin aus
– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxE/ xxxxxxE („E“) und
– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Kündbarer ZahlerT“)
bestehen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der X aufgrund von insgesamt zehn zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträgen auf Zahlung von Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.
4Diese T-Verträge hatte die Klägerin zum Zwecke der „Zinsoptimierung“ bereits bestehender Kreditverbindlichkeiten abgeschlossen, die überwiegend nicht bei der Beklagten, sonder bei anderen Kreditinstituten bestanden (vgl. Anlage K 5).
5Sie ist der Ansicht, die von ihr mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge seien bereits wegen fehlender Rechtsfähigkeit auf Seiten der Klägerin nichtig. Sollten die Verträge wirksam sein, liege ein Beratungsfehler der Beklagten bei Abschluss aller T-Verträge darin, dass sie keine ausreichende Kundenexploration durchgeführt, die Anlageziele der Klägerin nicht beachtet, keine anlagegerechte Beratung durchgeführt, die Klägerin nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt und die in den Verträgen liegenden Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften nicht geprüft bzw. deren Einhaltung nicht überwacht habe. Bei einer Aufklärung über den negativen Marktwert hätte sie die Verträge nicht abgeschlossen. Auf die Verjährung der Schadensersatzansprüche könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine vorsätzliche Fehlberatung vorgenommen habe.
6Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.3.2013, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe – auch hinsichtlich der gestellten Anträge - Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben, wogegen beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt haben.
7Die Klägerin verfolgte mit ihrer Berufung zunächst die erstinstanzlichen Anträge, soweit sie vom Landgericht abgewiesen wurden, in vollem Umfang weiter. Mit Schriftsatz vom 4.6.2014 erklärte sie sodann, nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2014 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, Klageverzicht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe weiterer 18.271,20 Euro über die erstinstanzlich ausgeurteilte Summe hinaus.
8Die Klägerin beantragt nunmehr,
9unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11)
101. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
112. festzustellen, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin bestehen aus
12– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („D“),
13– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxxx („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
14– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („Kündbarer ZahlerT“)
15sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
16Die Beklagte beantragt,
17unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin – hinsichtlich der Teilforderung in Höhe von 18.271,20 Euro insoweit durch Verzichturteil – zurückzuweisen.
18Die Beklagte ist der Ansicht, dass zwar Handlungen außerhalb des Wirkungskreises der Klägerin ("V") für unwirksam zu erachten seien. Jedoch habe sich die Klägerin bei Abschluss der streitgegenständlichen T-Geschäfte auf dem Gebiet der kommunalen Haushaltswirtschaft bewegt und eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Geschäfte im Hinblick auf die Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben führe nicht zur Nichtigkeit der T-Verträge mit der Beklagten. Eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht erfolgen müssen, weil dieser allein das Gewinninteresse der Beklagten wiederspiegele und darüber hinaus eine solche Pflicht bei T-Verträgen mit – wie hier – Grundgeschäftsbezug nicht bestehe. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem aus politischen Gründen weiter investiert. Insofern sei die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert jedenfalls nicht kausal für die Anlageentscheidung der Kläger gewesen. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie spätestens ab Mitte 2007 die angebliche kommunalrechtliche Unzulässigkeit der Verträge kritisch prüfen und die Geschäfte hätte beenden müssen. Auch müsse sich die Klägerin als ersparte Aufwendung auf ihren Schadensersatzanspruch die Auflösungspreise anrechnen lassen, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären. Die Beklagte beruft sich auf die Verjährung der klägerischen Ansprüche.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
20II.
21Die Berufung der Klägerin ist – soweit sie auf die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht mit Schriftsatz vom 4.6.2014 verzichtet hat – in vollem Umfang begründet, so dass das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der beantragten Feststellung betreffend die Ansprüche der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T entsprechend abzuändern war. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten nicht nur einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.357.435,82 Euro, sondern auch einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzinstrumenten „D“, „Digitaler-ZinsumfeldT“ sowie „Kündbarer ZahlerT“ keine weiteren Ansprüche zustehen. Die Berufung der Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
22Im Einzelnen:
23I. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 BGB, weil die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge nicht wegen fehlender Rechtsfähigkeit der Klägerin oder aus anderen Gründen nichtig sind. In diesem Zusammenhang wird zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts genommen. Ergänzend gilt Folgendes:
241. Die von der Klägerin mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge sind nicht deshalb nichtig, weil der Klägerin aufgrund Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und der damit verbundenen Überschreitung des eigenen Wirkungskreises die Rechtsfähigkeit fehlte, sich gegenüber der Beklagten zu verpflichten.
25a. Der Klägerin ist nach Art. 78 Abs. 2 LV NW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG i.V.m. § 2 GO NW das Recht eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Ausfluss dieses verfassungsrechtlich begründeten Selbstverwaltungsrechts ist unter anderem die kommunale Finanzhoheit als ein Kerngebiet des kommunalen "Wirkungskreises" bzw. der Verbandszuständigkeit der Kommune. Sie gewährleistet das Recht der Kommunen auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft einschließlich eigener Haushaltsführung und Vermögensverwaltung. Dabei obliegt den Kommunen als Teil ihrer Haushaltswirtschaft - dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede - auch das kommunale Schuldenmanagement, zu dem sowohl die Befugnis der Gemeinde gehört, ein Darlehen zur Finanzierung der örtlichen Angelegenheiten aufzunehmen als auch die Befugnis, die Zinskonditionen eines Darlehens zu verändern. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass der Wirkungskreis einer Gemeinde dann überschritten werde, wenn Derivatgeschäfte losgelöst und ohne jeden Bezug zu bestehenden oder zukünftigen Verbindlichkeiten allein zum Zweck der Erwirtschaftung separater Gewinne abgeschlossen werden, bedarf diese Frage keiner Entscheidung, da die tatsächlichen Voraussetzungen des vorliegenden Falles anders liegen. Denn die streitgegenständlichen Verträge sollten gerade dazu dienen, ohne Inanspruchnahme weiteren Eigenkapitals der Klägerin die Zinslast aus den bestehenden Darlehen zu "optimieren".
26b. Fällt damit das kommunale Schuldenmanagement generell in den Wirkungskreis der Klägerin, so hängt das von der Klägerin postulierte Merkmal der fehlenden Rechtsfähigkeit maßgeblich davon ab, wie differenziert dieser Wirkungskreis im Hinblick auf die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge auszugestalten ist. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass der Wirkungskreis der Klägerin und damit ihre Rechtsfähigkeit nicht davon abhängig ist, ob und in welchem Maße ihr Handeln im Rahmen des Schuldenmanagements gegen kommunal- oder haushaltsrechtliche Vorgaben verstößt.
27Für diese Sichtweise sprechen zunächst Gründe der Rechtssicherheit. Denn folgt man der Ansicht der Klägerin, dann würde die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gemeinde als juristischer Person des öffentlichen Rechts vom Ergebnis einer Abwägung der Einzelfallumstände unter Beachtung haushaltsrechtlicher Vorgaben abhängen. Für die vom Landgericht vertretene Ansicht spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass die Klägerin die Reichweite der V-Lehre unzulässig ausgedehnt hat: Zwar eröffnet die kommunale Finanzierungshoheit nicht die Befugnis, Geschäfte jeglichen Risikos abschließen zu dürfen (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 12, 13). Insoweit findet das Haushaltsrecht, das auch der Begrenzung finanzieller Risiken für die Kommunen dient, auch auf Finanzinstrumente Anwendung und wird im Wege der Kommunalaufsicht überwacht. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, welche die Gemeinden beachten müssen, im Rahmen eines Beurteilungsspielraums zu beachten. Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch, dass der Einsatz von Finanzderivaten nicht generell verboten ist, sondern es von einer Abwägung im Einzelfall abhängt, ob ein T-Vertrag als unzulässiges Spekulationsgeschäft oder als zulässiges Zinsoptimierungsgeschäft anzusehen ist. Selbst wenn – wie die Klägerin es im vorliegenden Falle behauptet – die streitgegenständlichen T-Verträge aufgrund der fehlenden Zuordnung zu konkreten Darlehensverträgen als kommunalrechtlich unzulässiges Spekulationsgeschäft einzustufen wären, ist Rechtsfolge einer solchen Unzulässigkeit nach haushaltsrechtlichen Vorschriften zunächst nur die Untersagung des Geschäfts durch die Kommunalaufsicht. Sowohl aus diesem Umstand als auch aus der notwendigen Einzelfallabwägung ergibt sich, dass ein Verstoß gegen das Spekulationsverbot keine Auswirkungen auf die Rechtsfähigkeit der Gemeinde haben kann. Der Ursprung des Spekulationsverbotes in einem Abwägungsprozess und das damit einhergehende Fehlen einer absolut wirkenden Untersagung machen vielmehr deutlich, dass Kommunen beim Abschluss eines solchen Geschäfts nicht V gehandelt haben.
28Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die Gemeinde zwar die Finanzhoheit innehabe, diese jedoch durch den notwendigen Bezug zur Finanzierung der Aufgabenerfüllung sowie durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung beschränkt sei, trifft dies durchaus zu. Der weiteren von der Klägerin vorgenommenen Einschränkung, wonach ein Finanzderivat (nur) dann zur – zivilrechtlich wirksamen – Umgestaltung von Darlehenskonditionen verwendet werden kann, wenn es so homogen auf das zugeordnete Darlehen (grundgeschäftsbezogen) abgestimmt ist, dass sich dieses L als Umgestaltung der Darlehenskonditionen darstellt, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen: Die öffentlich-rechtliche Beschränkung der Finanzhoheit sagt noch nichts darüber aus, welche Folgen ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen für zivilrechtliche Verträge hat, die von der Gemeinde abgeschlossen wurden. Nicht jede Handlung, die die Gemeinde unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen vornimmt, ist zugleich zivilrechtlich nichtig.
29Auch der von der Klägerin angeführte Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9.10.2006 (sog. Krediterlass, Anlage K 2) spricht nicht für die von ihr vertretene Ansicht einer fehlenden Rechtsfähigkeit, sondern ist vielmehr gerade ein Argument für die generelle zivilrechtliche Wirksamkeit von Derivatgeschäften einer Gemeinde. Nach diesem Runderlass können Gemeinden nämlich Zinsderivate zur Zinssicherung und zur Optimierung ihrer Zinsbelastung nutzen, wenn sie dabei bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben (Konnexität, keine Zinsrisikoerhöhung in der Gesamtschau, Bildung von Bewertungseinheiten nur bei Homogenität der Risiken und zeitlicher Kongruenz sowie abstrakter Konnexität) beachten. Allein die Existenz dieses Erlass zeigt, dass Geschäfte mit Zinsderivaten zur Zinssicherung bzw. Optimierung der Zinsbelastung grundsätzlich zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehören und nur die Ausgestaltung der Verträge im Einzelfall bestimmten Vorgaben genügen muss, um dem Haushaltsrecht gerecht zu werden (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 zum Kreditaufnahmeverbot in § 220 Abs. 1 SGB V). Der Finanzhoheit der Gemeinde als einem Kerngebiet ihres kommunalen Wirkungskreises werden also Geschäfte mit Zinsderivaten nicht generell entzogen. Vielmehr werden solche Verträge für zulässig erachtet; die Gemeinden müssen allerdings - um den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen - bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben einhalten. Ob dies geschehen ist, obliegt einer Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Eine solche Abwägung der Umstände des Einzelfalls kann aber nicht zu einer Aberkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinde führen, weil dies bedeuten würde, dass für eine "schlichte" Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns überhaupt kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Es handelt sich bei dem Krediterlass darüber hinaus lediglich um eine verwaltungsinterne Regelung, die die Grenze zwischen Rechtmäßigkeit und Pflichtwidrigkeit für die Gemeinden beim Abschluss von derivaten Finanzgeschäften konkretisieren soll. Insofern kann vorliegend auch dahinstehen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Krediterlasses bei den streitgegenständlichen T-Verträgen erfüllt waren. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, führte dies nicht zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss der Verträge mit der Beklagten.
30Es ist auch nicht möglich, eine fehlende Rechtsfähigkeit der Klägerin mit dem Argument anzunehmen, dass der Abschluss der T-Verträge ein reiner Verkauf von Optionen und damit objektiv die Übernahme einer entgeltlichen Absicherung der Beklagten darstellte, welche keine spezifische örtliche Angelegenheit der Klägerin sei. Die Klägerin hat vorliegend hochspekulative Finanzinstrumente gewählt, welche durchaus die Möglichkeit eines Gewinnes für sie beinhaltet haben, auch wenn diese Chance gegenüber den Verlustrisiken als gering einzustufen war. Diese Finanzinstrumente haben sich im weiteren Zeitablauf anders entwickelt, als es sich die Klägerin erhofft hatte. Dies ist aber keine Rechtfertigung dafür, nunmehr ergebnisorientiert von einer entgeltlichen Absicherung der Risiken der Beklagten zu sprechen. Denn dann wäre die Frage, ob die Klägerin eine spezifisch örtliche Angelegenheit wahrgenommen hat, letztlich davon abhängig, ob sie aus den Geschäften, die zur Umgestaltung der bestehenden Darlehenskonditionen abgeschlossen wurden, nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit Gewinne erzielt hat.
31Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung weiter darauf abstellt, dass eine wirtschaftliche Betätigung mit Finanzgeschäften nicht zu den spezifischen örtlichen Angelegenheiten einer Gemeinde gehört, verkürzt sie dadurch in unzulässiger Art und Weise den Sachverhalt. Sie hat vorliegend gerade kein isoliertes Finanzgeschäft mit der Beklagten getätigt, sondern hat einen - im Ergebnis misslungenen - Versuch unternommen, die bestehenden Zinsverpflichtungen aus Darlehen, welche sie unstreitig zur Erfüllung ihrer örtlichen Angelegenheiten aufgenommen hat, zu optimieren und hat dazu eine Vertragskonstruktion gewählt, die zwar risikobehaftet, jedoch nicht generell ungeeignet war.
32Schließlich ist die vom Landgericht vorgenommene Wertung zur Rechtsfähigkeit der Klägerin auch nicht verfassungswidrig, weil sie der Klägerin vermeintlich erlaubt, auch ohne Bezug zur Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft tätig zu sein und damit mittelbar in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum und in die Teilhabegrundrechte eingreift. Denn auch in diesem Zusammenhang spaltet die Klägerin in unzulässiger Weise die von ihr abgeschlossenen Finanzprodukte auf und betont lediglich den Umstand, dass sie mit diesen Geschäften (in Saldo) Verlust gemacht und damit Steuergelder verloren hat.
332. Eine Nichtigkeit der T-Verträge nach § 134 BGB kommt - unabhängig von den Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich nicht auf diese Vorschrift stützen will (vgl. Bl. 371, 428 GA) - nicht in Betracht. Das die Gemeinden treffende Spekulationsverbot ist auch in seiner Ausgestaltung durch den Krediterlass vom 9.10.2006 zu unbestimmt und daher als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ungeeignet (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, WM 2010, 1790; OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313).
343. Die vorliegenden T-Verträge sind auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Zwar beinhalten sie ein Ungleichgewicht der wechselseitigen Chancen und Risiken, jedoch lässt die Privatautonomie es auch zu, risikoreiche Verträge zu schließen (BGH, Urt. v. 28.2.1989 - IX ZR 130/88, NJW 1989, 1276). Der Umstand, dass die Klägerin nur unter bestimmten und nicht sicher zu prognostizierenden Umständen Gewinn aus den Verträgen generieren konnte, ist kein hinreichender Umstand, die Verträge als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar anzusehen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Unerfahrenheit der Klägerin mit T-Geschäften ausgenutzt hat, auch wenn diese solche Verträge vorher noch nicht abgeschlossen hatte. Denn aus den jeweiligen Präsentationen bzw. Produktblättern lässt sich auch ohne besondere finanzmathematische Kenntnisse erkennen, dass die Klägerin ihre Gewinnerwartung bei den betreffenden Verträgen letztlich auf eine Wette auf die künftige Marktentwicklung (Euribor, CMS10 bzw. CMS2, Wechselkurs des Schweizer Franken, Euro-10-Jahres-T-Rate) stützte und es lässt sich errechnen, welche maximalen Gewinne bzw. Verluste sie aus diesen Verträgen erwirtschaften konnte. Darüber hinaus hatte die Klägerin auch den Vorteil, ohne jeden Einsatz von Eigenkapital zu Beginn der Vertragslaufzeit garantierte Überschüsse zu erzielen, mit denen sie planen konnte (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 39). So wies der Kündbare Stufen-T vom 9.9.2005 im ersten Jahr eine Zinszahlung der Klägerin von 1,75% auf, während die Beklagte einen fixen Zins von 2,75% zu zahlen hatte. Aus dem Kündbaren Korridor T vom 19.9.2005 war die Klägerin im ersten Jahr zur Zahlung des 3-Monats-Euribors (damals 2,136%) verpflichtet und bekam ihrerseits von der Beklagten 3,55%. Aus dem Digitalen-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 erhielt die Klägerin 3% von der Beklagten und musste im ersten und zweiten Jahr selbst einen Festzins in Höhe von 2,25% zahlen.
354. Soweit die Klägerin in erster Instanz eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung darauf gestützt hatte, die Beklagte habe bei ihr vorsätzlich die Fehlvorstellung verursacht, dass es sich bei den betreffenden Verträgen um solche handele, die nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Klägerin zulässig seien, hat das Landgericht diese Anfechtung zutreffend daran scheitern lassen, dass die Klägerin - mit ihrer Erklärung in der Klageschrift vom 16.11.2011 - jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB nicht eingehalten hat.
36II. Der Klägerin steht jedoch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 1.357.435,82 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Denn der Beklagten ist im Rahmen der gegenüber der Klägerin vorgenommenen Beratungen jedenfalls insoweit eine Pflichtverletzung zu Lasten der Klägerin vorzuwerfen, als sie diese nicht über das Bestehen eines anfänglichen negativen Marktwertes der T-Verträge aufgeklärt hat.
37Im Einzelnen:
381. Der Beklagten ist kein Beratungsfehler vorzuwerfen, weil sie die Klägerin nicht über die kommunalrechtliche Zulässigkeit der T-Verträge, nämlich den vermeintlichen Verstoß gegen das Spekulationsverbot wegen Nichterfüllung der Vorgaben des Krediterlasses aufgeklärt hat.
39a. Sofern die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe in den Beratungsgesprächen darauf hingewiesen, dass die empfohlenen Geschäfte im Einklang mit dem Krediterlass stünden und die Klägerin sei daher davon ausgegangen, dass man ihr nur solche Finanzierungsinstrumente empfehlen würde, die tatsächlich kommunalrechtlich zulässig seien, begründet dies – unabhängig von dem Umstand, dass die Beklagte entsprechende Äußerungen bestritten hat – im Ergebnis keine Beratungspflichtverletzung der Beklagten.
40Ein tatsächlicher Hinweis im Sinne einer Aufklärung über das Bestehen eines Spekulationsverbotes war entbehrlich, weil der Klägerin das entsprechende Problem unstreitig bekannt war. Ob die damit verbliebene Aufgabe der rechtlichen Einordnung, ob der betreffende Vertrag im Einzelfall gegen das Spekulationsverbot verstieß und damit von der Klägerin abgeschlossen werden durfte, der Beklagten auferlegt werden kann, hält der Senat für zweifelhaft, weil dies den Bereich einer (unerlaubten) Rechtsberatung tangieren dürfte (so auch OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082). Die Beklagte hätte nämlich eine rechtliche Wertung dahingehend treffen müssen, ob das Produkt unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren ist und ob eine L Grundgeschäftsbezogenheit vorliegt. Diese Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn selbst wenn man die entsprechende Wertung und eine darauf aufbauende Beratung nicht als Rechtsberatung, sondern als Fragestellung "tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt" betrachtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169), liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Denn zum einen ist die Durchsetzung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbotes eine Angelegenheit der staatlichen Rechtsaufsicht und gehört auf kommunaler Ebene zum originären Aufgabenbereich der Kontrollgremien der Kommunalverwaltung. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Spekulationsverbot abwägender Natur ist und bei dieser Abwägung Beurteilungsspielräume bestehen, die durch die Beklagte als Bank kaum hätte ausgeübt werden können. Die Annahme eines Beratungsverschuldens hätte also zur Folge, dass die Gemeinde das mit der Anlageentscheidung verbundene Risiko im Nachhinein auf das beratende Kreditinstitut abwälzen könnte (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 45; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 - Hinweis auf das Kreditaufnahmeverbot nach §§ 220 Abs. 2 S. 1, 222 SGB V; OLG Dresden, Beschl. v. 10.2.2004 - 8 U 2225/03, WM 2004, 1278 - Hinweis auf stiftungsrechtliche Verpflichtungen).
41Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen bejaht wird (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313; OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) überzeugen die angeführten Gründe nicht bzw. sind jedenfalls nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar: Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313) hat zwar eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen (Spekulationsverbot etc.) bejaht. Im entsprechenden Nichtannahmebeschluss hat der BGH (Beschl. v. 21.3.2006 - XI ZR 116/05) jedoch ausgeführt, dass der "vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommene Beratungsfehler der Beklagten ... im Kern nicht in einem unterbliebenen Hinweis auf kommunalrechtliche Bindungen der Stadtwerke, sondern darin (besteht), dass die Beklagte nicht ausreichend über den spekulativen Charakter des konkreten Tgeschäfts aufgeklärt hat". Das lässt aus Sicht des Senats die Schlussfolgerung zu, dass der BGH jedenfalls in diesem Fall eine Beratungs-/Hinweispflicht der beratenden Bank nicht bejahen wollte, sondern die Nichtannahme auf andere Beratungsfehler gestützt hat. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) hatte zum einen über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem die beklagte Bank explizit als Expertin für kommunales Haushaltsrecht aufgetreten war und zum anderen in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen hinsichtlich des Eingreifens von Spekulationsverboten bei der dortigen Klägerin erbracht hatte. Die Frage, ob ein Berater generell auf das Bestehen bzw. das Eingreifen des Spekulationsverbotes hinweisen muss, hat es dagegen offen gelassen und lediglich ausgeführt, dass die entsprechenden Normen – obwohl aufsichtsrechtlicher Natur – einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zuließen.
42b. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, aus der e-mail des Zeugen T2 vom 15.2.2007 ergebe sich, dass die Beklagte es übernommen habe, die Frage des kommunalrechtlich hinreichenden Grundgeschäftsbezuges zu klären, teilt der Senat diese Auffassung nicht: Die e-mail des Zeugen T2 lässt zwar erkennen, dass von Seiten der Beklagten eine Zuordnung der Darlehen der Klägerin zu den jeweiligen Ts vorgenommen bzw. ein fehlendes Darlehensvolumen als problematisch für eine geplante Umstrukturierung angesehen wurde. Dass dies jedoch heißen sollte, dass die Klägerin (auch) in dieser Hinsicht beraten werden wollte und die Beklagte eine solche Aufgabe mit entsprechender Haftung übernimmt, ist weder dieser Äußerung noch den Gesamtumständen zu entnehmen. Mit e-mail vom 10.4.2007 (Anlage K 26) hat der Zeuge T2 eine Zuordnung der Darlehen zu den Derivaten mit der Bemerkung übersandt "Eine mögliche Zuordnung könnte wie folgt aussehen" – dabei handelt es sich erkennbar um eine „offene“ Formulierung und nicht um das Ergebnis einer Beratung. In der e-mail vom 17.2.2009 (Anlage K 45) schlägt der Zeuge mögliche Alternativen für die Klägerin im Rahmen der Umstrukturierung des D-Digital-T vor. Dabei werden unterschiedliche Varianten mit den jeweiligen Konditionen und einem kurzen Risikohinweis dargestellt, im Übrigen wird auf die Präsentation vom 12.2.2009 verwiesen. Angaben dazu, ob die vorgeschlagenen Produkte die erforderliche Konnexität aufweisen, finden sich in dieser e-mail nicht. Die Zeugin T3 hatte zwar den Zeugen T2 zuvor mit e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44) gebeten, die Zuordnung der Derivatgeschäfte zu den Darlehen des allgemeinen Haushalts zu prüfen und ggf. auszuweisen. Eine solche Zuweisung ist jedoch in der e-mail vom 17.2.2009 gerade nicht erfolgt. Vielmehr ergibt sich aus dem handschriftlichen Vermerk auf der e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44), dass der Zeuge T2 an die Erledigung dieser e-mail erinnert wurde, ohne dass sich weiter aus dem Akteninhalt erkennen lässt, ob denn eine Prüfung der Beklagten stattgefunden hat. Gegen eine von der Beklagten übernommene Prüfungspflicht im Rahmen der Beratung spricht des weiteren auch, dass der Zeuge T2 in seiner e-mail vom 17.2.2009 im letzten Absatz die Klägerin aufgefordert hat, Rücksprache mit ihren Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Bildung von Rückstellungen zu halten, was mit einem vorher vergebenen Prüfungsauftrag inhaltlich nicht zu vereinbaren wäre. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin schon bei Abschluss des Rahmenvertrages vom 22.8.2005 den "Anhang für Verträge mit kommunalen Körperschaften" unterschrieben hat (Bl. 60R AO I), in welchem es sinngemäß heißt, dass sie Abschlüsse ausschließlich zur Absicherung von Risiken aus Kreditaufnahmen tätigen wird, dass sie dem Absicherungscharakter gemäß das Volumen und die Laufzeit des Einzelabschlusses dem Grundgeschäft anpassen wird und dass sie zusichert, nicht gegen die für sie maßgebenden Rechtsvorschriften, "insbesondere das Spekulationsverbot" zu verstoßen. Schon aus dieser Erklärung musste für die Klägerin deutlich werden, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang weder eine Prüfungspflicht noch eine Haftung übernehmen wollte.
432. Der Beklagten ist auch keine fehlerhafte Beratung der Klägerin vorzuwerfen, weil sie keine ausreichende Kundenexploration vorgenommen hat. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass aufgrund des Akteninhalts und des "sehr pauschalen" Vortrags der Klägerin davon auszugehen sei, dass der Zeuge N aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung einen ausreichenden Wissensstand hatte, um die Präsentation der Beklagten und die darin dargelegten Punkte Funktionsweise, Bedeutung und Risiken der Verträge verstehen zu können. Diese Bewertung hält der Senat im Ergebnis für richtig:
44Die Klägerin macht mit der Berufung zwar zutreffend geltend, dass der Wissensstand des Zeugen N nichts mit der Frage zu tun hat, welches Anlageziel die Klägerin verfolgte. In diesem Einwand liegt aber gleichzeitig eine Verkürzung der landgerichtlichen Entscheidungsgründe. Diese sind dahingehend zu verstehen, dass sich das betreffende Argument zu Ausbildung bzw. Erfahrung des Zeugen N auf die Frage beziehen sollte, inwieweit die Beklagte ihn im Sinne der BGH-Rechtsprechung "auf ihren Wissensstand bringen" musste. Ein relevanter Beratungsfehler der Beklagten liegt in der unterlassenen Kundenexploration jedoch nicht. Denn unabhängig von einer vorherigen Exploration der Klägerin hat die Beklagte inhaltlich zutreffend und verständlich über die jeweiligen T-Verträge informiert. Dass dies nach Ansicht der Klägerin "gleichsam zufällig" erfolgte, ist unerheblich. Denn ein eventueller Fehler bei der Exploration hat sich unstreitig nicht auf Art und Umfang der ordnungsgemäßen Aufklärung ausgewirkt. Dass der Zeuge N über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügte, um die konkreten Präsentationsunterlagen der Beklagten zu verstehen und zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen und es folglich auch gar nicht darauf ankam, ob die Klägerin bereits in der Vergangenheit entsprechende Produkte erworben oder an Workshops teilgenommen hatte, hat die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen.
453. Die Beklagte hat bei der Beratung der Klägerin auch nicht insofern einen Beratungsfehler begangen, dass sie in vorwerfbarer Weise deren Anlageziel außer Acht gelassen hat.
46a. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Zeuge N habe bereits beim ersten Vertragsabschluss deutlich gemacht, dass die Klägerin sich in der Haushaltssicherung befinde und daher keine Verluste oder entsprechende Risiken zulässig seien, hat das Landgericht diesen Vortrag zum Anlageziel zu Recht als widersprüchlich angesehen. Die Klägerin kann nicht auf der einen Seite ein aktives Zinsmanagement mit dem Risiko des erwartungswidrigen Verlaufs variabler Parameter und damit verbundener Verluste fordern und auf der anderen Seite verlangen, dass mit ihrem Engagement weder der Einsatz von (Eigen-) Kapital noch irgendwelche Risiken verbunden sind. Jedem Laien ist klar, dass ein risikoloses (= verlustfreies) finanzielles Engagement nur mit der Vereinbarung eines Festzinses möglich ist - gerade diese in der Vergangenheit gewählte Darlehensgestaltung wollte die Klägerin jedoch mit Hilfe der Beklagten "optimieren". Insofern hat sie mit Schriftsatz vom 11.7.2013 auch selbst vorgetragen, sie wäre für die Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus bei bestehende Zinsfestschreibung auch bereit gewesen, das Risiko eines Anstiegs des Zinsniveaus bei "synthetisch" variabler Verzinsung zu übernehmen. Folglich hat das Landgericht das Anlageziel der Kläger zutreffend dahingehend beschrieben, dass sie nicht ein "verlustloses" Geschäft, sondern ein Geschäft mit der Möglichkeit von Zinserträgen ohne Verstoß gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot eingehen wollte.
47b. Zutreffend ist weiter die Feststellung des Landgerichts, dass die der Klägerin empfohlenen Produkte als solche nicht schlechthin zweck- bzw. interessenwidrig waren. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, keines der Produkte sei eine taugliche Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus gewesen, trifft dies nicht zu. Allein der Umstand, dass die maßgeblichen Parameter sich in der Folgezeit abweichend von der Erwartung der Klägerin entwickelt haben, führt nicht dazu, dass der betreffende T-Vertrag von vornherein ungeeignet war, um das Anlageziel der Klägerin zu erreichen. Denn für das Vorhaben der Zinsoptimierung oder Zinsreduzierung eignet sich im Grundsatz jedes Konzept, das auf eine ernsthafte und nachhaltige Verringerung bestehender Zinslasten durch Erträge aus gezielt zu diesem Zweck eingesetzten Finanzinstrumenten angelegt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 53). Die der Klägerin empfohlenen Produkte waren generell geeignet, Gewinne für die Klägerin zu generieren. Bei einem Vergleich mit den Marktdaten der Vergangenheit waren die Gewinnerwartungen der Klägerin ex ante betrachtet nicht als offensichtlich aussichtslos einzustufen: Beispielsweise wurde die beim Differenz-T maßgebliche Zinsdifferenz zwischen CMS 10 und CMS 2 (20 Basispunkte) seit Januar 1999 nicht unterschritten (vgl. Bl. 96 AO I). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die schlechte Entwicklung beispielsweise des Kündbaren-Stufen-T resultiere nicht aus einer nachteiligen Marktentwicklung, sondern "zu einem guten Teil" aus der bereits anfänglichen bewussten Gestaltung zum Vorteil der Beklagten (Bl. 326 GA), ist dies zu pauschal und auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Denn unstreitig hätte die Klägerin, unabhängig von der angeblich bewusst nachteiligen Gestaltung oder einem negativen Marktwert, bei einem anderen Zinsverlauf Erträge generieren können und hat dies bei einigen der T-Verträge auch getan hat.
48c. Soweit im Rahmen der Restrukturierung der Erstabschlüsse hin zu den nunmehr streitgegenständlichen T-Verträgen unstreitig eine Erhöhung des Risikos erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht eine stillschweigende Erweiterung des Anlagezwecks sowie ein Einverständnis der Klägerin mit einem erhöhten Risiko angenommen, so dass auch insoweit eine fehlerhafte Beratung ausscheidet. Die Klägerin macht zwar mit der Berufung geltend, es habe keine Änderung des Anlagezwecks und keine Erhöhung der Risikobereitschaft gegeben, weil es sich bei den Folgeabschlüssen um Schadensabwendungsbemühungen gehandelt habe, auf die man sich nur deshalb eingelassen habe, weil die Beklagte diese im Hinblick auf die bereits eingetretenen Nachteile der Erstgeschäfte als "Optimierungsvorschläge" zur vermeintlichen Abwendung der Schäden unterbreitet habe. Diese Argumentation greift jedoch nicht durch, da die Vornahme von Maßnahmen zur Schadensabwendung die Billigung eines höheren Risikos unter Erweiterung des Anlagezwecks nicht ausschließt: Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Klägerin die Folgegeschäfte abgeschlossen, um den eingetretenen Schaden aus den Erstgeschäften abzuwenden bzw. jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt liquiditätswirksam werden zu lassen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, am 7.4.2006 den Hinweis erhalten zu haben, dass die Restrukturierung ihr Risiko erhöhen könnte und es ist auch unstreitig, dass am 23.6.2006 in entsprechenden Präsentationen für die bereits abgeschlossenen Ts mögliche Verluste in einem viel höheren Umfang als vorher dargestellt wurden und welche die Klägerin nunmehr vermeiden bzw. auszugleichen versuchen wollte. Gerade diese Motivation bedeutet jedoch zwingend, dass mit dem finanziellen Engagement ein erhöhtes Risiko verbunden ist und das Anlageziel erweitert werden musste. Denn nunmehr musste die Klägerin nicht nur die ursprünglich angestrebte "Zinsoptimierung" der laufenden Festzinsdarlehen erreichen, sondern zusätzlich auch den Verlust aus den Erstgeschäften wettmachen, der im Rahmen der Restrukturierung unstreitig und mit Wissen der Klägerin in die Folgeprodukte eingepreist worden war.
494. Soweit die Klägerin der Beklagten als weiteren Beratungsfehler vorwirft, weder im Rahmen der Erstabschlüsse noch bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte eine objektgerechte Aufklärung vorgenommen zu haben, da bei einem strukturierten T alle einzelnen Strukturelemente und ihre konkrete Auswirkung erläutert werden müssten, folgt der Senat dieser Ansicht nicht: Die wirtschaftliche Bedeutung der Verträge ist – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – in den Präsentationen hinreichend verständlich dargestellt worden. Eine weitergehende gesonderte Darstellung der einzelnen Strukturelemente des jeweiligen Ts ist nicht erforderlich. Soweit der BGH in der Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) einen weitergehenden Pflichtumfang postuliert hat, war dies erkennbar den Eigenheiten des dort streitgegenständlichen Ts geschuldet, der sich durch eine komplizierte Berechnung des variablen Zinses (Multiplikationsfaktor, Strike, Hebelwirkung, Memory-Effekt) auszeichnete. Gerade die ersten drei von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005, Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005 und Differenz-T vom 24.1.2006), die nach ihrem Vortrag der entscheidende Auslöser für das spätere (risikoreichere) Investment waren, weisen keine derartigen Besonderheiten auf, die eine weitergehende Erläuterung durch die Beklagte erforderlich gemacht hätten. Die einzelnen Präsentationen bzw. Produktblätter der Ts sind verständlich und hinreichend klar aufgebaut, so dass auch ein Kunde ohne entsprechende Erfahrungen verstehen kann, welches Geschäft und welches damit verbundene Risiko er eingeht. Es geht vornehmlich um Wetten auf die Entwicklung bestimmter Marktdaten, welche nachvollziehbar, verständlich und in den konkreten Auswirkungen beispielhaft (durch Einsetzen fiktiver Werte in die überschaubaren Berechnungsformeln) berechnet werden können. Entsprechendes hat die Beklagte durch Darstellung möglicher Verläufe der Vertragsbeziehungen in den Präsentationsunterlagen auch getan. Die Schwierigkeit bzw. Gefährlichkeit der betreffenden Produkte liegt nicht - wie im Fall des BGH - in einer hoch risikoreichen Konstruktion mit Hebelwirkung und Memoryeffekt, sondern vielmehr darin, dass die Klägerin (ebenso wenig wie die Beklagte) in der Lage war, die künftige Entwicklung der Marktparameter, die Gegenstand der Wette sind, verlässlich vorherzusagen. Dies ist jedoch ein Risiko, das aus den Präsentationen sowie den Produktblättern deutlich wird.
50Im Einzelnen:
51a. Der Kündbare-Stufen-T vom 9.9.2005, den die Klägerin ausweislich Anlage K 10 abgeschlossen hat, enthält in seinem Produktblatt (Bl. 67 AO I) einen Hinweis auf einen drohenden Zinsnachteil und es lässt sich auch erkennen bzw. berechnen, dass bei einem wider Erwarten steigenden 3-Monats-Euribor die Klägerin einen höheren Zinssatz zahlen muss, als sie von der Beklagten als Festzins erhält. Somit ist schon aus dem Produktblatt erkennbar, dass es sich letztlich um eine Wette der Klägerin auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribor handelt.
52b. Auch beim Kündbaren-Korridor-T vom 19.9.2005 (Anlage K 10) hat die Beklagte ausweislich des Produktblatts (Bl. 71 AO I) auf das Risiko eines Zinsnachteils hingewiesen. Auch hier handelt es sich letztlich um eine Wette auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribors, wobei die Klägerin im ersten Vertragsjahr den 3-Monats-Euribor zu zahlen hat (damals 2,136%) und von der Beklagten fest 3,55% erhält.
53c. Der Differenz-T vom 24.1.2006 (Anlage K 10) wurde in der Präsentation vom 11.1.2006 (Anlage K 13) sowie in zwei per E-mail vom 23.1.2006 übersandten Termsheets (Anlage K 14) erläutert. Auch hier ist (Bl. 95 AO I) der Risikohinweis auf den möglichen Zinsnachteil enthalten. Aus dem Produktblatt ist darüber hinaus unschwer zu errechnen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 4,2% zahlen muss (7,15% - 2,95%), wenn die Differenz der nicht zu prognostizierenden Tsätze unter 20 Basispunkte fällt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Werte der Tsätze aus der Vergangenheit sowie das aktuelle Marktumfeld wiedergegeben. Letztlich geht aus dem Produktblatt aber klar hervor, dass die Klägerin eine Wette auf die Entwicklung von CMS 10 und CMS 2 abschließt.
54d. Der Kündbare-Zahler-T vom 9.11.2006 (Anlage K 21) ist der einzige Vertrag, bei dem für die Klägerin ein Festzins (6,41%) und für die Beklagte ein variabler Zins (3-Monats-Euribor) vorgesehen ist. Die Klägerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass dieser Vertrag, der im Rahmen der Umstrukturierung den Kündbaren-Korridor-T ersetzen sollte, von der Beklagten ausweislich der e-mail vom 6.11.2006 (Anlage K 20, Bl. 169R AO I) als Risikoreduzierung bezeichnet wurde. Da es sich allerdings um einen Forward-T handelt, der erst am 30.1.2014 begann, hätte die Klägerin – was nicht erfolgt ist – vortragen müssen, in welchem Umfang hier tatsächlich eine Risikoerhöhung statt eines Risikoabbaus vorgenommen wurde.
55e. Der D-Digital-T vom 1.3.2007 (Anlage K 25), der am 2.10.2007 (Anlage K 36) und am 24.2.2009 (Anlage K 46) verlängert wurde, ersetzte im Rahmen der Restrukturierung den Kündbaren-Stufen-T und wurde in der Präsentation vom 7.2.2007 (Anlage K 22) sowie den e-mails von 15.2.2007 (Anlage K 23) sowie 28.2.2007 (Anlage K 24) vorgestellt. Das Produktblatt (Bl. 211 AO I) enthält einen verständlichen Hinweis auf das wegen der Wertentwicklung des Schweizer Franken bestehende Risiko. Es ist klar zu erkennen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 6% zu zahlen hat, wenn der Wechselkurs EUR/D außerhalb des vereinbarten Korridors liegt und dass ihr maximal möglicher Gewinn bei günstigem Wechselkursverlauf nur 0,5% beträgt. Auf Seite 5 des Produktblattes (Bl. 213 AO I) ist von einem max. möglichen Verlust von über 4,5 Mio. Euro die Rede – deutlicher ist einem Anleger kaum vor Augen zu führen, dass die von ihm gehaltene Wette auf den Wechselkurs ein erhebliches Risiko beinhaltet. Auch im Vorfeld der ersten Verlängerung des D-Digital-Ts hatte die Beklagte mit e-mail vom 1.10.2007 (Anlage K 35) darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin präferierte Umstrukturierung durch Laufzeitverlängerung eine Risikoausweitung bedeutet.
56f. Der Digitale-Differenz-Stufen-T vom 18.4.2007 (Anlage K 27) wies im ersten Jahr einen sicheren Gewinn der Klägerin von 0,5% auf. Im Anschluss hingen die Erfolgsaussichten der Klägerin von der Entwicklung des CMS 10 und des 3-Monats-Euribor ab, worauf in der Präsentation vom 17.4.2007 (Anlage K 67) hingewiesen wird. Dort findet sich des weiteren in den Szenarioanalysen (S. 47 f. der Präsentation) ein Hinweis auf einen Nettonachteil von bis zu 1,3 Mio. Euro.
57g. Der Digitale-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 (Anlage K 37) wurde in der Präsentation vom 6.3.2008 (Anlage K 68) dargestellt. Hier wird auf das Risiko einer dauerhaften Niedrig- bzw. Hochzinsphase hingewiesen und gleichzeitig betont, dass das Risiko auf einen Zinsmehraufwand von 3,95% begrenzt sei (S. 41 der Präsentation). In der Szenarioanalyse werden – und dies nicht einmal als „X2“-Szenario Verluste in Höhe von 595.500 Euro dargestellt.
58h. Der D vom 16.11.2009 (Anlage K 51) wurde in der Präsentation vom 13.11.2009 (Anlage K 50, S. 41) vorgestellt. Es wird auf das Risiko einer Aufwertung des Euro zum Schweizer Franken und auf ein "theoretisch unbegrenztes Risiko" hingewiesen. Die Szenarioanalysen (ab S. 45) weisen mögliche Nettonachteile in Höhe von über 9 Mio. Euro aus.
595. Der Beklagten ist jedoch ein Beratungsfehler insoweit vorzuwerfen, als sie die Klägerin nicht über den unstreitig jedenfalls in Höhe von 2,9% des Bezugsbetrages bei sämtlichen T-Verträgen bestehenden anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt hat. In diesem Zusammenhang kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird. Ergänzend gilt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Folgendes:
60a. Sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge wiesen einen anfänglichen negativen Marktwert auf. Soweit die Beklagte geltend macht, eine solche Feststellung könne ein Gericht nicht aus eigener Sachkunde treffen, sondern es sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, trifft dies – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht zu: Zum einen war bereits in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig und ist entsprechend im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von jedenfalls 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrages aufwiesen. Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, welche von einem noch höheren Wert ausgeht, nur insoweit in Abrede gestellt, als sie die Größenordnung von 2,9%, jedoch keine weiteren Details genannt hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im Rahmen der Frage der Kausalität ihrer Pflichtverletzung selbst vorgetragen, dass die Klägerin auch bei Aufklärung über den negativen Marktwert die betreffenden Verträge abgeschlossen hätte, da am Markt überhaupt keine T-Verträge ohne einen solchen anfänglichen negativen Marktwert vorhanden seien. Damit räumt die Beklagte aber selbst ein, dass auch die im vorliegenden Fall an die Klägerin verkauften Produkte einen solchen anfänglichen negativen Marktwert aufgewiesen haben.
61Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme eines anfänglichen negativen Marktwertes insofern wendet, als dieser eine zu Lasten des Kunden verschobene Risikostruktur beinhalte, greift auch dieser Einwand nicht durch: Unstreitig hat die Beklagte ihre Position aus den betreffenden Verträgen unmittelbar nach Vertragsschluss im Rahmen eines Hedgings am Markt weitergegeben. Ein solcher Verkauf einer Risikoposition – noch dazu unter Einrechnung der unstreitig von der Beklagten eingepreisten Gewinnmarge – ist zur Überzeugung des Senats aber nur dann überhaupt möglich, wenn das verkaufte Produkt weitere Merkmale aufweist, die es aus Sicht des Käufers am Interbankenmarkt für einen Ankauf attraktiv erscheinen lassen. Dies kann nur aufgrund einer zu Lasten des Kunden erfolgten Strukturierung des Produktes erfolgen, die zur Folge hat, dass der Markt im Moment des Verkaufs dessen Chancen als schlechter bewertet als die Chancen der Bank, die ihre Vertragsposition zum Verkauf stellt. Genau dies sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) von einem anfänglichen negativen Marktwert gesprochen hat.
62b. Soweit die Beklagte geltend macht, bei Tgeschäften der vorliegenden Art sei der negative Marktwert nicht Ausdruck eines besonderen Interessenkonfliktes, sondern reflektiere nur ihre Gewinnerzielungsabsicht, die sich – unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten – aus der Differenz zwischen ihren "Einstandskonditionen", d.h. dem Wert der Igeschäfte und den Konditionen des Kundengeschäftes ergebe und über die sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aufklären müsse, stellt dies ihre grundsätzliche Aufklärungspflicht nicht in Frage. Denn die Beklagte räumt selbst ein, dass der hier vorliegende anfängliche negative Marktwert mehr ist als nur ihre Gewinnmarge, indem sie nämlich ihre Berechnung "unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten" anstellt. Was genau diese Kostenkomponenten sind, gibt sie nicht an, so dass davon auszugehen ist, dass in diesen Positionen (auch) diejenigen Abschläge enthalten sind, um die das Produkt zu Lasten des Kunden gegen die Marktmeinung abgewertet werden musste, damit ein Hedging ermöglicht wird. Darüber hinaus ist die Beklagte auch dem Vortrag der Klägerin, wonach das Produkt absichtlich zu Lasten des Kunden strukturiert worden sei, nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat sich lediglich auf die Argumentation zurückgezogen, über ihre Gewinninteressen nicht aufklären zu müssen.
63Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter darauf abstellt, dass sich die Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwertes in der Aussage erschöpfe, dass der Kunde bei einer sofortigen Loslösung vom Geschäft einen Verlust erleide, der den Kosten und dem Gewinn der Bank entspricht und nicht Ausdruck von ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken sei, ist dies unerheblich. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) dargelegt hat, hat der anfängliche negative Marktwert eine weitergehende Bedeutung als ein reines Gewinninteresse der Bank, welches sich im Falle einer sofortigen Auflösung des Geschäftes für den Kunden (negativ) realisiert, was im Übrigen bei nahezu jedem Bankprodukt der Fall ist. Es wird auch entgegen der Ansicht der Beklagten von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt, dass der negative Marktwert die ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken von Kunde und Bank während der gesamten Laufzeit des Ts widerspiegelt. Vielmehr wird ihm nur eine Aussage dahingehend beigemessen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen zwischen Bank und Kunde ungleich verteilt sind. Eine Prognose über den weiteren Verlauf des Geschäftes dürfte damit allenfalls insoweit verbunden sein, als der Kunde in das Geschäft gleichsam mit einem Negativsaldo startet.
64c. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert (vgl. Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR ZR 33/10) jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil die mit der Klägerin geschlossenen Verträge nicht so komplex ausgestaltet gewesen seien, wie der der BGH-Entscheidung zugrunde liegende D2-T, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung:
65Die Pflicht der Beklagten zur Aufklärung des Anlegers über einen anfänglichen negativen Marktwert besteht unabhängig von der Komplexität des konkreten Produktes. Die Komplexität des empfohlenen Anlageproduktes und die daraus folgenden Risiken für den Anleger spielen lediglich bei der Beurteilung der Frage eine Rolle, ob die Bank die Risikobereitschaft des Anlegers hinreichend ermittelt bzw. sich vor der Anlageentscheidung Gewissheit verschafft hat, dass der Kunde die konkreten Risiken in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 23 ff.). Neben dieser Verpflichtung zur Ermittlung der Risikobereitschaft des Kunden steht jedoch als eigenständige Verpflichtung die der Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 31 ff.). Diese Pflicht resultiert aus dem schwerwiegenden Interessenkonflikt der beratenden Bank, die auf der einen Seite eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben hat und auf der anderen Seite als Partnerin der Zinswette eine Rolle einnimmt, welche den Interessen des Kunden gerade entgegengesetzt ist. Wird dann die Anlage für den Kunden in einer Art und Weise strukturiert, dass der Markt seine Risiken negativer bewertet als die der Bank, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass die Bank ihre Position in dieser Wette durch I-Geschäfte an andere Marktteilnehmer weitergeben kann, dann besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.
66Es kommt damit im vorliegenden Fall weder darauf an, ob sich die mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge – soweit sie Gegenstand des Rechtsstreits sind – auf ein Anlageprodukt beziehen, welches eine mit einem D2 T vergleichbare Komplexität aufweist, noch kommt es darauf an, ob die Klägerin aufgrund eigener Sachkunde in der Lage war, die konkrete Wirkungsweise und die Risiken dieses Anlageproduktes zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die von der Beklagten verkauften Produkte einen anfänglichen negativen Marktwert aufweisen, aufgrund dessen die Beklagte ihre Vertragsposition sofort durch ein I-Geschäft weitergeben und dadurch ihre Kosten decken sowie Gewinn erzielen konnte, was im vorliegenden Fall auch geschehen ist.
67Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht entnehmen, dass eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert nur dann zu erfolgen hat, wenn die Verlustrisiken für den Anleger unbegrenzt sind. Vielmehr ist die Verpflichtung zur Aufklärung über den negativen Marktwert als unabhängige und eigenständige Pflicht aufzufassen, die für sich - und unabhängig von der Höhe des möglichen Verlustes - verletzt werden kann. Aus diesem Grunde konnte es der BGH in der vorgenannten Entscheidung auch offen lassen, ob die Pflicht zur Aufklärung über das unbegrenzte Risiko verletzt war, was ansonsten eine Zurückverweisung und Sachaufklärung durch das Berufungsgericht erfordert hätte.
68d. Die Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge nicht als reines Spekulationsgeschäft (Zinswette), sondern im Hinblick auf ein Grundgeschäft zur Zinsoptimierung abgeschlossen wurden.
69aa. Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich keine hinreichend deutliche Aussage dazu entnehmen, dass die Aufklärungspflicht hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes auf reine Spekulationsgeschäfte beschränkt werden sollte. Zum einen lag der betreffenden Entscheidung gerade eine Fallgestaltung mit einem solchen Grundgeschäftsbezug zugrunde, weil die dortige Klägerin – nach ihrem Vortrag – die Verträge als Sicherungsgeschäft im Hinblick auf einen variabel verzinslichen Kredit abgeschlossen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, juris Rn. 26). Darüber hinaus sprechen weitere Erwägungen dafür, dass der XI. Zivilsenat die von ihm postulierte Beratungspflicht nicht auf die Fallgestaltung des reinen Spekulationsgeschäftes beschränken wollte:
70Der BGH stellt in der betreffenden Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass die Integrität der Beratungsleistung einer Bank dadurch in Zweifel gezogen wird, dass sie sich ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Berechnungsmethoden überwiegendes Verlustrisiko des Kunden "abkaufen" lässt, das dieser gerade aufgrund ihrer Anlageentscheidung übernommen hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 36). Es ist nicht ersichtlich und wird vom XI. Senat im Zusammenhang mit der Frage der Integrität der Beratungsleistung auch nicht problematisiert, dass ein solches Verlustrisiko dann nicht besteht und daher der "Verkauf" dieses Risikos durch die Bank keinen Zweifel an ihrer Integrität weckt, wenn der Kunde einen T-Vertrag mit dem Ziel abschließt, die bestehende Zinsbelastung aus einem Grundgeschäft zu verringern. Auch in solchen Fällen nutzt die Bank ihren Wissensvorsprung bzw. die von ihr vorgenommene Strukturierung des Anlageproduktes aus, um im Rahmen des I-Geschäfts einen unmittelbaren Gewinn zu erzielen, während der Kunde den von ihm übernommenen Risiken des Ts über die gesamte Vertragslaufzeit ausgesetzt ist, mag dieses Risiko auch im Einzelfall durch die konkrete Vertragsgestaltung gedeckelt sein.
71Weiter unterliegt nach den Ausführungen des BGH nicht die Gewinnerzielungsabsicht der Bank als solche einer Aufklärungspflicht, da sie bei Eigengeschäften für den Anleger offenkundig ist. Zu einer Aufklärungspflicht führt allein die Besonderheit des von der Bank konkret empfohlenen Produktes (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 38). Auch an dieser Stelle stellt der BGH also nicht ausdrücklich auf einen (fehlenden) Grundgeschäftsbezug ab, sondern vielmehr auf die Besonderheiten des konkret empfohlenen Produktes, dessen zu Lasten des Kunden gestaltete Risikostruktur, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss weitergegeben wurde, einen besonderen und damit aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt begründet. Es ist wiederum nicht ersichtlich, warum sich dieser Interessenkonflikt, in dem sich die Bank aufgrund der von ihr veranlassten internen Maßnahmen (Strukturierung des Anlageproduktes) befindet, in solchen Fällen nicht zeigen soll, in denen die Bank das Anlageprodukt nicht zu Spekulationszwecken des Kunden, sondern in Bezug auf dessen Zinsoptimierungswünsche hinsichtlich eines Grundgeschäfts anbietet.
72Soweit Schmieder (WuB I G 1. - 16.12) schließlich unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des BGH eine Aufklärungspflicht nur bei T-Geschäften bejaht, die nicht zur Absicherungszwecken, sondern allein zu Spekulationszwecken geschlossen werden, wird eine überzeugende Begründung für dieses Abgrenzungskriterium nicht angeführt. Dies gilt umso mehr, als ihrer Ansicht nach die Aufklärungspflicht auch bei solchen auf spekulativer Basis abgeschlossenen T-Verträgen gelten soll, die einfach strukturiert sind oder bei denen der Kunde mit steigenden Zinsen rechnet und daher unter Verzicht auf die Chance zukünftig geringerer Zinsen einen Festzins zu zahlen hat. Gerade in der zweiten Fallgestaltung dürfte vielmehr schon fraglich sein, inwiefern überhaupt ein Wettcharakter vorliegt, bei dem sich die Bank und der Kunde im Sinne gegenläufiger Interessen gegenüberstehen und damit generell der Anwendungsbereich der "Aufklärungspflicht aufgrund Interessenkonfliktes" eröffnet ist.
73bb. Unabhängig davon, dass sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung demnach kein hinreichend deutlicher Hinweis auf das Abgrenzungskriterium "fehlendes Grundgeschäft" entnehmen lässt, hält der Senat eine solche Differenzierung bei der Frage einer Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert auch nicht für gerechtfertigt.
74Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass sich der Kunde, dem die Bank ein T-Geschäft zur „Zinsoptimierung“ eines mit ihr bestehenden Grundgeschäftes empfiehlt, des Gewinninteresses der Bank bei diesem Vertrag bewusst ist. Denn letztlich bietet ihm die Bank eine Möglichkeit an, der als unzureichend empfundenen Zinsstruktur des Grundgeschäftes (z.B. Festzins bei sinkenden Marktzinsen oder variabler Zins bei Bedürfnis nach gleichbleibender Belastung ohne Abweichungsrisiko) zu entkommen. Dass sie dies nicht ohne ein eigenes Gewinninteresse tut, liegt auf der Hand, weil ansonsten statt des T-Vertrages schlicht eine Abänderung der Zinskonditionen des Grundgeschäftes hätte erfolgen können. Allein dieses Gewinninteresse der Bank ist jedoch nicht der Kerngehalt des anfänglichen negativen Marktwertes, so dass eine Aufklärungspflicht der Beklagten trotzdem zu bejahen ist:
75Entscheidend für die Pflicht zur Aufklärung über einen bestehenden Interessenkonflikt ist die Erwägung, dass die Bank das empfohlene Produkt nicht nur vertreibt, sondern zugleich als Gegenpartei des Geschäfts in Erscheinung tritt. Dabei geht der Kunde aufgrund der Ausgestaltung des konkreten T-Vertrages bzw. dessen Wettcharakter berechtigterweise davon aus, dass sowohl er als auch die Bank ein gleiches Risiko hinsichtlich der Zins- bzw. Währungsentwicklung tragen. Damit ist nicht gemeint, dass die künftige Entwicklung dieser Variablen vorhersehbar ist und als gleichrangig eingestuft wird, sondern lediglich, dass die jeweilige Ausgangsposition von Kunde und Bank im Rahmen der Wette gleichartig ist. Dieser berechtigten Erwartung des Kunden wird aber dann nicht entsprochen, wenn die Bank die Risikostruktur des T-Vertrages so zu Lasten des Kunden gestaltet, dass der Markt die Anfangschancen des Kunden negativer beurteilt als die der beratenden Bank und daher objektiv gesehen die beiden Wettpartner gerade keine gleichartige Ausgangsposition haben. Dass die Bank diesen Vorteil ausnutzt, um in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss gewinnbringende I-Geschäfte zu schließen, was ihr nur dann möglich ist, wenn sie ihre eigene Gewinnmarge neben anderen Kostenkomponenten in den anfänglich negativen Marktpreis "einpreist", führt zu einer Konstellation, die nicht mehr als "faire Wette" bezeichnet werden kann. Denn die Bank hat in diesen Fällen durch das I-Geschäfte ihren Gewinn bereits realisieren und sich des künftigen Zins- bzw. Marktrisikos entledigen können, bevor der Vertrag überhaupt durchgeführt wurde.
76Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist daher, dass sich bei einem mit gegenläufigen Interessen der Bank bzw. des Kunden ausgestalteten T-Vertrag die beiden Partner im Rahmen einer Wette auf die künftige Zins- bzw. Währungsentwicklung gegenüberstehen. Ob zu diesem Vertrag ein Grundgeschäft besteht, dessen Zinsbelastung der Kunde möglicherweise optimieren will, kann bei der Frage der Aufklärungspflicht keine Rolle spielen. Denn auch bei bestehendem Grundgeschäft kann ein Kunde berechtigterweise erwarten, über eine zu seinen Lasten erfolgte Strukturierung des Anlageproduktes durch seinen "Wettgegner", welche diesem einen unmittelbaren Gewinn aus dem Anlagevertrag sowie die Weitergabe des Risikos ermöglicht, informiert zu werden, wenn dieser Gegner gleichzeitig der Vertragspartner seines Anlageberatungsvertrages ist. Es würde auch eine ungerechtfertigte Schlechterstellung desjenigen Kunden nach sich ziehen, der bei der betreffenden Bank bereits mit einem bestimmten Kreditvolumen involviert ist, wenn seine Aufklärung über die tatsächlichen Parameter einer Wette auf die Zins- bzw. Währungsentwicklung nach anderen Maßstäben zu erfolgen hätte als diejenige eines (Neu-) Kunden, der ein reines Spekulationsgeschäft abschließt. Denn auch derjenige Kunde, der den T-Vertrag nicht zu reinen Spekulationszwecken, sondern zur Zinsoptimierung eines Grundgeschäfts abschließt, darf davon ausgehen - ohne die Gewinninteressen der Bank in Abrede zu stellen - dass diese ihm im Rahmen der gewünschten Zinsoptimierung jedenfalls kein Produkt empfiehlt, welches sie vorher in ihrem eigenen Gewinn- und Absicherungsinteresse einer bestimmten Ausgestaltung unterworfen und damit die gleichartige Ausgangsposition der Wette zu ihren Gunsten heimlich verändert hat.
77Die Entscheidungen des Senats vom 18.1.2012 (13 U 37/11, 13 U 232/10 und 13 U 236/10) stehen den vorstehenden Erwägungen nicht entgegen. Denn es war in diesen Fällen eben nicht unstreitig, dass das Anlageprodukt einen anfänglichen negativen Marktwert aufwies und die beklagte Bank ihren "Gewinn" aus einem (unterstellten) negativen Marktwert tatsächlich bereits durch ein I-Geschäft realisiert hatte. Auch mit der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 27.6.2012 (9 U 140/11, WM 2012, 1829) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Insofern kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Ansicht des OLG Stuttgart zu folgen ist, dass eine Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert dann entfällt, wenn der Kunde eigenverantwortlich beurteilen kann, ob eine mit einem T-Vertrag getroffene Festzinsvereinbarung marktgerecht ist und seinen Sicherungsinteressen entspricht. Denn im dort entschiedenen Fall bestand das Grundgeschäft in einem variabel verzinsten Darlehen, welches mittels T-Vertrag in eine Festzinsvereinbarung umgewandelt wurde war. Bei dieser Konstellation hat das OLG Stuttgart zutreffend die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem konkreten T-Vertrag nicht um eine Zinswette der Bank gegen den Kunden handelte, sondern der Kunde vielmehr nur bewusst auf die Ertragschancen, die sich aus einem künftig sinkenden variablen Zins des Grundgeschäftes ergeben hätten, verzichten würde.
78Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hätte die Klägerin durch die Beklagte bei Abschluss der T-Verträge über die anfänglichen negativen Marktwerte aufgeklärt werden müssen. Denn die Interessen der Parteien waren im Rahmen des D (Wette auf Wechselkurs EUR/D), des Kündbaren Zahler T (Wette auf den 3-Monats-Euribor) sowie des Digitalen Zinsumfeld T (Wette auf D2 10 und 3-Monats-Euribor) entgegengesetzt. Die mit der Klägerin geschlossenen Verträge waren damit "Wetten" im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Denn in sämtlichen Fällen wetten die Parteien auf eine bestimmte Entwicklung des Marktes und eine damit verbundene Entwicklung bestimmter Indizes. Bei einer bestimmten Wertentwicklung ist das Geschäft für die Klägerin ein Erfolg, weil ihre Zinszahlung geringer ist als der Betrag, den sie von der Beklagten empfängt, bei anderen Wertentwicklungen ist es umgekehrt.
79cc. Soweit die Beklagte behauptet, dass sie bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Klägerin erläutert habe, sie verdiene nicht an der Gegenposition im Rahmen des Wettgeschäftes, sondern erziele ihren Verdienst durch Einrechnung einer Marge in die Konditionen der Geschäfte, die „am Interbankenmarkt durchgehandelt“ würden, ist dies zum einen von der Klägerin bestritten worden, die darlegt, dass die Stellung als Intermediär erst in späteren Gesprächen erwähnt wurde und reicht zum anderen nicht als Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert aus. Denn dieser zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht allein das Gewinninteresse der Bank widerspiegelt, sondern darüber hinaus eine bewusste Strukturierung des Anlageproduktes symbolisiert, aufgrund derer der Markt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen für den Kunden schlechter einstuft als die Chancen der Bank. Die Beklagte behauptet aber selbst nicht, über diesen Umstand aufgeklärt zu haben. Insofern ist es auch unerheblich, ob und seit wann die Klägerin von der Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten durch die Weitergabe der Vertragsposition am Interbankenmarkt wusste. Allein der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise von der Weitergabe des Vertrages im Rahmen eines Hedgings gewusst hat, vermittelt ihr noch nicht die Kenntnis über die zu ihren Lasten erfolgte Strukturierung des Produktes.
80Zwar ist bei denjenigen T-Verträgen, die im Rahmen der Umstrukturierung abgeschlossen wurden, zugunsten der Beklagten eine Kenntnis der Klägerin davon zu unterstellen, dass das Neugeschäft aufgrund der Einpreisung des bei Auflösung des Erstgeschäfts ersparten Auflösungspreises von vornherein "zu teuer" war. Auch dieser Umstand ersetzt jedoch nicht die geschuldete Aufklärung, denn der anfängliche negative Marktwert im Sinne der Rechtsprechung des BGH bedeutet, dass das Produkt bewusst so gestaltet wurde, dass der Markt die Risiken für den Kunden schlechter bewertet. Diese Kenntnis hat die Klägerin auch dann nicht, wenn sie weiß, dass sie an die Beklagte deshalb einen Aufschlag zahlt, weil diese in die Beendigung eines anderen Geschäfts ohne Ausgleich der aus diesem Vertrag fälligen Zahlungen eingewilligt hat.
816. Die unterbliebene Aufklärung der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert der streitgegenständlichen T-Verträge war auch kausal für den bei der Klägerin eingetretenen Vermögensschaden. Denn die Beklagte hat keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen, die zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens der Klägerin führen. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten geltend gemachten Umstände, dass nämlich zum einen der Klägerin das Verdienstinteresse der Beklagten an den fraglichen Geschäften bewusst gewesen sei und diese zum anderen unter keinen Umständen die durch die ersten Geschäfte eingetretenen Verluste liquiditätswirksam habe realisieren wollen, rechtfertigen keine Vernehmung der insoweit benannten Zeugen N oder V2. Denn selbst wenn man diesen Vortrag der Beklagten zu ihren Gunsten als wahr unterstellt, genügt er nicht zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens:
82a. Die Kenntnis des Gewinninteresses der Beklagten konnte der Klägerin keinen Aufschluss über die Bedeutung des negativen Marktwertes geben, die darin liegt, dass die Bank – obwohl als Beraterin ausschließlich dem Kundeninteresse verpflichtet – gegenläufige Interessen verfolgt und das Produkt bewusst so strukturiert hat, das der Markt die Chancen und die Position des Kunden schlechter bewertet als diejenigen der Bank und sie deshalb in der Lage ist, sich das Risiko sofort durch ein Gegengeschäft mit Gewinn abkaufen zu lassen. Der darin liegende besondere Interessenkonflikt, insbesondere der aus der bewussten Strukturierung folgende Marktbezug, bleibt dem Kunden – hier der Klägerin – ersichtlich auch bei Kenntnis vom allgemeinen Gewinninteresse verborgen. Insofern kann die Kenntnis eines solchen Gewinninteresses auch nicht indizieren, dass sich die Klägerin auf die streitgegenständlichen Geschäfte auch bei Offenlegung des Marktwertes und seiner Bedeutung eingelassen hätte.
83b. Der Wunsch der Klägerin, bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte liquiditätswirksame Verluste aus politischen und/oder haushaltsrechtlichen Gründen zu vermeiden, spricht zwar zunächst für die von der Beklagten behauptete „Alternativlosigkeit“ des Verhaltens der Klägerin, das damit auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert erfolgt wäre. Eine solche Sichtweite lässt jedoch unzulässigerweise außer Acht, dass die Verluste, deren Realisierung die Klägerin vermeiden wollte, jeweils aus Vorgängergeschäften resultierten, bei denen die Klägerin ebenfalls nicht von der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt worden war. Wäre sie bei den drei Erstgeschäften im September 2005 (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005 und Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005) bzw. Januar 2006 (Differenz-T vom 24.1.2006) ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte sie – dies folgt aus der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, denen die Beklagte insoweit allein den untauglichen Einwand des allgemeinen Verdienstinteresses entgegensetzen kann – schon diese gar nicht geschlossen und es wären auch die Verluste nicht entstanden, die zum Abschluss der Folgegeschäfte geführt haben. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus den drei Erstgeschäften verjährt sind und damit nicht mehr durchgesetzt werden können. Dies hindert jedoch nicht, bei der Prüfung, ob die Beklagte hinreichende Indizien für eine Kausalitätswiderlegung im Rahmen der streitgegenständlichen Geschäfte vorgetragen hat, die von ihr selbst durch eine frühere Pflichtverletzung geschaffene und zu verantwortende tatsächliche Situation zu berücksichtigen. Letztlich verstieße die Beklagte bei dem von ihr vorgetragenen alternativen Geschehensverlauf auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Bei der Frage, wie sich ein Anleger bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte, kann lediglich auf diejenige Entscheidung abgestellt werden, die der Anleger autonom aus freien Stücken, allein unter Zugrundelegung von in seiner Sphäre liegenden Umständen getroffen hätte. Dies kann durchaus auch zu der von der Beklagten hier postulierten „Alternativlosigkeit“ der konkreten Anlageentscheidung führen, wenn beispielsweise steuerliche Erwägungen eine so herausragende Rolle spielen, dass der Anleger demgegenüber hohe Risiken oder eine bewusste Strukturierung der Anlage in Kauf nimmt. Dabei handelt es sich jedoch um tatsächliche oder vermeintliche Sachzwänge, die allein vom Verhalten des Anlegers herrühren bzw. von ihm beeinflusst wurden. Im vorliegenden Fall ist es dagegen so, dass die Beklagte durch ihre Pflichtverletzungen, nämlich die schon bei den Erstgeschäften unterlassene Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert, überhaupt erst den Zustand der „Alternativlosigkeit“ der Restrukturierungsverträge auf Seiten der Klägerin verursacht hat, so dass die Klägerin eben nicht allein aus autonomen Motiven handelte, sondern (zumindest auch) aufgrund der durch die Beklagte verursachten Zwangslage.
847. Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ein Verschulden der Beklagten bejaht, da sie nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB schlüssig dargelegt hat, dass sie die Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin nicht zu vertreten hat. Dies wird von der Beklagten mit der Berufung auch nicht angegriffen.
858. Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB verneint. Dies gilt – entgegen den Ausführungen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 11.7.2013 – unabhängig davon, ob die Frage eines haftungsausschließenden oder nur eines anspruchsmindernden Mitverschuldens der Klägerin im Raume steht.
86a. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem zur Vermeidung jedweder Verlustrealisierung weiter investiert, anstatt die betreffenden Geschäfte zu beenden, rechtfertigt dieser Vortrag – zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt – weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB.
87Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Aufklärungspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe auf die Auskunft nicht vertrauen dürfen. Die von diesem Grundsatz gemachten Ausnahmen (z.B. zur Vorsicht mahnende Art und Weise des Beratungsgespräches, sorgfaltswidrig nicht verwertete weitere Informationsquellen, offensichtlich lückenhafte Informationen des Beraters) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Sie stützt sich vielmehr auf die Erwägung, dass es im Rahmen einer Schadensteilung nach § 254 Abs. 1 BGB zulässig sei, ein Verschulden des Geschädigten gegen sich selbst zu berücksichtigen, welches mit dem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Beratung nichts zu tun habe, sondern eigenständig zu bewerten sei. Anknüpfungspunkt sei dabei, dass die Klägerin, als sie die Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit der bereits abgeschlossenen Produkte und deren negativen Verlauf erkannt habe, nicht sämtliche Verträge beendet, sondern mit weiterem Risiko Ersatzverträge abgeschlossen habe. Mit dieser Argumentation kann die Beklagte jedoch nicht durchdringen:
88Hinsichtlich der im Zeitraum vor Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist ein Mitverschulden der Klägerin schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis der Klägerin bzw. noch nicht einmal ein Problembewusstsein dahingehend bestand, dass die abgeschlossenen Verträge möglicherweise haushaltsrechtlich unzulässig sind und daher deren Auflösung betrieben werden muss. Hinsichtlich der im Zeitraum ab Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist unstreitig, dass es sich um Verträge handelte, welche die Beklagte der Klägerin in der konkreten Situation empfohlen hat. Zwar hat die Beklagte ihre Empfehlungen jeweils unter den Vorbehalt der "eigenen Zinsmeinung" der Klägerin gestellt, doch letztlich ebenso deutlich gemacht, dass sie die Produkte generell als für die konkreten Zwecke der Klägerin geeignet ansah. Dann ist es unzulässig, im Nachhinein den Vorwurf eines Verschuldens der Klägerin gegen sich selbst aus dem Umstand herzuleiten, dass die Klägerin nicht – unter Missachtung der mit der Anlageempfehlung verbundenen Einschätzung der Beklagten – eine kommunalrechtliche Prüfung veranlasst hat, um die vermeintliche Rechtswidrigkeit derjenigen Anlageempfehlung festzustellen, der sie eigentlich vertrauen können sollte.
89b. Auch soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Klägerin sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, da ihr nach eigenem Vortrag für eine eigenständige Einarbeitung in die Materie der T-Verträge weder das erforderliche Personal noch die erforderliche Zeit zur Verfügung gestanden habe, liegt darin kein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens. Die Klägerin hat sich gerade deshalb einer Beratung der Beklagten bedient, weil diese über entsprechendes Personal mit Fachwissen und Fähigkeiten verfügte. Wenn sich nun die Beklagte mit dem Argument zu entlasten versucht, dass sich die Klägerin bei Vornahme der Anlageentscheidungen nicht auf einem hinreichenden Wissens- und Kenntnisstand befunden hat, dann belegt dies nur eine unzureichende Beratung, nicht jedoch ein Mitverschulden der Klägerin. Die Beklagte behauptet zudem auch nicht, dass die Klägerin den konkreten Beratungsfehler, nämlich die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert mit entsprechendem Personal und Zeit für eine Einarbeitung hätte erkennen können.
909. Der der Klägerin durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstandene Schaden beläuft sich auf einen Betrag von 1.357.435,82 Euro, nämlich einem Verlust in Höhe von 132.750 Euro aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie einem Verlust in Höhe von 1.224.685,82 Euro aus dem D vom 16.11.2009.
91a. Soweit die Klägerin zunächst mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag hinsichtlich einer weiteren Schadensersatzforderung von 18.271,20 Euro aus dem D-Digital-T vom 24.2.2009 weiter verfolgte, ist dieser Anspruch durch den mit Schriftsatz vom 4.6.2014 insoweit erklärten Teilklageverzicht hinfällig geworden.
92b. Die Klägerin muss sich die Auflösungspreise, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären, nicht als ersparte Aufwendung im Wege des Vorteilsausgleichs auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Zwar wurde unstreitig am 1.3.2007 bei Auflösung des Kündbaren-Stufen-T und Abschluss des ersten D-Digital-T ein Betrag in Höhe von 1.899.851,00 Euro sowie am 12.3.2008 bei Auflösung des Digitalen-Differenz-Stufen-T und Abschluss des Digitalen-Zins-Umfeld-T ein Betrag in Höhe von 157.000 Euro der Klägerin nicht in Rechnung gestellt. Jedoch löst dies keine Vorteilsausgleichung zu Lasten der Klägerin aus:
93Eine Vorteilsausgleichung findet statt, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis dem Geschädigten neben Nach- auch Vorteile gebracht hat, die in einem adäquaten Kausalzusammenhang stehen und deren Anrechnung Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11.2009 - VII ZR 233/08 m.w.N.). Es fehlt unter Beachtung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall schon an einem Vorteil der Klägerin, den sie sich auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müsste. Die Auflösungspreise für die beendeten Ts sind der Klägerin unstreitig nicht ausgezahlt oder auf andere Art und Weise gut gebracht worden. Vielmehr sind sie in das Folgegeschäft eingerechnet worden, welches aus diesem Grunde für die Klägerin entsprechend teurer wurde. Der einzige wirtschaftliche Vorteil der betreffenden Vorgehensweise für die Klägerin lag darin, dass die betreffenden Summen nicht am Stichtag der Auflösung bilanzschmälernd an die Beklagte ausgezahlt werden mussten, sondern dass diese Verluste im Rahmen der weiteren Verträge gleichsam fortgeschrieben wurden. Der darin möglicherweise liegende Zinsvorteil für die Klägerin wird von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht substantiiert dargelegt.
9410. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen unterlassener Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert bei Abschluss der Verträge über den Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie den D vom 16.11.2009 sind nicht verjährt. Eine Verjährung nach dem mit Ablauf des 4.8.2009 außer Kraft getretenen § 37a WpHG a.F. scheidet hinsichtlich der Ansprüche aus dem D aus, weil der Vertrag am 16.11.2009 und damit nach dem 4.8.2009 geschlossen wurde. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T hält die Beklagte die Einrede der Verjährung ausweislich ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2012 nicht mehr aufrecht. Auch eine Verjährung nach §§ 195, 199 BGB kommt nicht in Betracht, weil die betreffenden Verträge erst in den Jahren 2008 bzw. 2009 abgeschlossen wurden und die damit frühestens am 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 beginnende dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 17.11.2011 noch nicht abgelaufen war.
95III. Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Feststellung gegen die Beklagte, dass dieser keine weiteren Ansprüche aus dem D, dem Digitalen-Zinsumfeld-T sowie dem Kündbaren-Zahler-T zustehen. Denn bei Abschluss dieser Verträge hat die Beklagte jeweils schuldhaft die Aufklärung hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes unterlassen, wodurch sie daran gehindert ist, künftig Forderungen aus diesen Verträgen gegen die Klägerin geltend zu machen.
96Im Einzelnen:
971. Die Beklagte kann gegen die Klägerin aus dem D vom 16.11.2009 keine Ansprüche mehr geltend machen, weil die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden ist. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung das betreffende Geschäft abgeschlossen hätte, um eine Realisierung der bereits eingetretenen Verluste zu vermeiden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
982. Die Beklagte kann des Weiteren auch aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 keine weiteren Ansprüche mehr gegen die Klägerin geltend machen. Auch insoweit ist die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
993. Die Beklagte kann schließlich auch aus dem Kündbaren-Zahler-T vom 9.11.2006 keine weiteren Forderungen mehr gegen die Klägerin geltend machen, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat und das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern ist.
100a. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie diese nicht über das Vorliegen des anfänglichen negativen Marktwertes aufgeklärt hat. Diese Pflichtverletzung ist für den schadensbegründenden Vertragsschluss auch kausal geworden, weil sich die Klägerin bei Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 noch nicht in der für sie als solche empfundenen Zwangslage befand, in der sie die Realisierung von Verlusten unbedingt vermeiden wollte und daher kein Indiz dafür vorliegt, dass sie ihre Anlageentscheidungen auch bei ordnungsgemäßem Hinweis auf den anfänglichen negativen Marktwert in gleicher Weise getroffen hätte. Grundsätzlich steht der Klägerin damit aus § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch zu, von allen weiteren Verpflichtungen aus dem betreffenden Vertrag mit der Beklagten freigestellt zu werden.
101b. Ob dieser Anspruch der Klägerin wegen Ablaufs der 3-Jahres-Frist bei Klageerhebung bereits nach § 37a WpHG a.F. verjährt war, weil die Verjährungsfrist bereits mit dem Vertragsschluss und nicht erst mit dem Fixing der gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zum Quartal bzw. Halbjahr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8.3.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579) zu laufen begann oder ob der Beklagten eine bedingt vorsätzliche Pflichtverletzung im Sinne eines vorsätzlichen Organisationsverschuldens (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298) vorzuwerfen und damit noch keine Verjährung eingetreten ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn selbst wenn der Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits verjährt sein sollte, könnte sie ihn der Beklagten im Rahmen der weiteren Vertragserfüllung einredeweise entgegenhalten und damit dem geltend gemachten Feststellungsantrag zum Erfolg verhelfen.
102aa. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerin gegenüber den Ansprüchen der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T ab Januar 2014 (Zahlung eines Festzinses in Höhe von 6,41% auf einen anfänglichen Bezugsbetrag von 3.779.573,89 Euro) nicht mit einem verjährten Anspruch aufrechnen kann. Der Aufrechnung steht zwar nicht entgegen, dass die Forderung der Klägerin bei Abgabe der Aufrechnungserklärung mit Schriftsatz vom 30.4.2012 (Bl. 418 GA) bereits verjährt war (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.1951 - GSZ 1/51; Palandt/Grüneberg, BGB, § 387 Rn. 3 und § 388 Rn. 1), da die Verjährung einer Gegenforderung gemäß § 215 BGB die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn sie in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden hat (BGH, Urt. v. 8.11.2011 - XI ZR 341/10). Es fehlt allerdings auch im rückbezogenen Zeitpunkt an aufrechenbaren Gegenansprüchen der Klägerin: Der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund der unterlassenen Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert entstand bei Abschluss des Vertrages über den Kündbaren-Zahler-T in Gestalt eines Freistellungsanspruchs, mit dem nicht aufgerechnet werden konnte. Erst mit der jeweiligen Anforderungen von Leistungen durch die Beklagte wandelte sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, juris Rn. 46), was erst mit der ersten Leistung an die Beklagte, also am 30.4.2014 der Fall sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch jedoch bereits verjährt.
103bb. Die Klägerin kann ihren verjährten Schadensersatzanspruch der Beklagten jedoch nach § 215 BGB im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts entgegenhalten, was im Ergebnis dazu führt, dass der Beklagten – wie mit dem klageweise geltend gemachten Feststellungsantrag begehrt – keine weiteren Ansprüche aus dem Kündbaren-Zahler-T mehr zustehen.
104(1) Der Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist auf Rückabwicklung des für die Klägerin nachteiligen Vertrages gerichtet und kann der Inanspruchnahme durch die Beklagte einredeweise mit der Folge eines Leistungsverweigerungsrechts entgegen gehalten werden, das seine Grundlage im Verbot der unzulässigen Rechtsausübung hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196; BGH, Urt. v. 15.1.2009 – III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603). Dieser Anspruch entstand mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 und war auch sofort fällig, so dass er zu diesem (unverjährten) Zeitpunkt bereits dem Anspruch der Beklagten im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts hätte entgegengehalten werden können.
105(2) Die Regelung des § 215 BGB ist auch auf das Leistungsverweigerungsrecht anwendbar, welches dem Anleger aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestituation bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages zusteht. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 die Anwendbarkeit von § 215 BGB dahingehend in Abrede stellt, dass der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB zustehe, teilt der Senat diese Ansicht nicht: Schon dem Wortlaut von § 215 BGB ist nicht zu entnehmen, dass er sich auf Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB beschränken soll. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass die Vorschrift des § 215 BGB ebenso auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB Anwendung findet (vgl. BGH NJW 2006, 2773). Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht gegen die von der Beklagten vertretene Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Denn der Regelungsgehalt von § 215 BGB ist darauf gerichtet, dem Schuldner die Geltendmachung von Ansprüchen jedenfalls im Wege einer „Abwehr“ der Gegenforderung zu ermöglichen, auch wenn er sie aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr aktiv einfordern kann. Genau dies trifft auch den vorliegenden Fall der Leistungsverweigerung aus einem verjährten Rückabwicklungsanspruch wegen schuldhafter Fehlberatung beim Vertragsschluss. Der Anleger ist zwar aufgrund der Verjährung nicht mehr in der Lage, ihm entstandene Schäden der Vergangenheit ersetzt zu verlangen. Er kann sich aber zumindest davor schützen, vom Anlageberater gerade aus dem Vertrag künftig in Anspruch genommen zu werden, dessen Abschluss auf einer schuldhaften Fehlberatung beruht.
106(3) Für den Erhalt der Einredemöglichkeit gemäß § 215 BGB ist weiter nicht erforderlich, dass der aus dem T-Vertrag resultierende Anspruch der Beklagten in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Klägerin noch auf einen unverjährten Schadensersatzanspruch in Form eines Anspruchs auf Rückabwicklung hätte stützen können, bereits fällig war. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 geltend macht, es fehle an der von § 215 BGB vorausgesetzten Aufrechnungslage in nicht verjährter Zeit, vermengt sie in unzulässiger Weise die Fallgruppen des § 215 BGB. Da im vorliegenden Fall keine Aufrechnung der Klägerin zur Diskussion steht, sondern die Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht, kommt es auf die Voraussetzungen des § 387 BGB nicht an. Das Leistungsverweigerungsrecht aus §§ 280 Abs. 1, 249, 242 BGB steht der Klägerin bereits mit Abschluss des Vertrages zu und kann ab dem Zeitpunkt ausgeübt werden, ab dem der Anspruch der Beklagten erfüllbar war. Auch dies war bereits mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 der Fall, da die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der Vereinbarung eines Festzinses hinreichend bestimmt war. Es handelt es sich um einen lediglich betagten Anspruch, der im Januar 2014 fällig wurde. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, dass die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts durch die Klägerin einen fälligen Anspruch der Beklagten voraussetzt, dann hätte es letztlich der Vertragspartner eines entsprechenden T-Vertrages in der Hand, durch zeitliche Verlagerung des Zahlungstermines (und damit der Fälligkeit des eigenen Anspruchs) die Geltendmachung von Gegenrechte über den Zeitpunkt der Verjährung hinweg hinauszuschieben.
107IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 709, 711 ZPO.
108Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen: Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob eine Aufklärungspflicht über eine anfänglichen negativen Marktwert eines Ts auch dann besteht, wenn der Anleger den betreffenden Vertrag nicht zu (reinen) Spekulationszwecken, sondern im Hinblick auf ein bestehendes Grundgeschäft abschließt, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.6.2012 – 9 U 140/11, juris Rn. 43 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2013 – 9 U 101/12, juris Rn. 43 ff.). Eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Frage, die zur Herstellung der Rechtssicherheit erforderlich wäre, steht zur Zeit noch aus.
109Streitwert: 21.472.907,02 Euro
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitgegenständlich sind insbesondere Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Beratung vor Abschluss eines Swap-Vertrags mit der Beklagten am 28.08.2008.
Die Klägerin, ein mittelständisches Unternehmen, hatte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Swapgeschäfts bei verschiedenen Banken Kontokorrentkredite in Höhe von mehr als 3,8 Mio Euro und bei der Beklagten in Höhe von 500.000,00 Euro mit variablen Zinsen zwischen 8,00% und 8,75% erhalten .
Nachdem sich die Geschäftsführerin der Klagepartei, Frau Z., und der Mitarbeiter der Beklagten, Herr K., am 28.08.2008 mündlich über den Abschluss eines Zins-Swap-Vertrags geeinigt hatten, und der Klägerin die Vertragsunterlagen übermittelt waren, unterschrieb die Geschäftsführerin der Klägerin Z. ausweislich ihrer handschriftlichen Erklärungen am 28.08.2008 einen Analysebogen für Derivatgeschäfte mit der Risikopräferenz „spekulativ“ (vgl. Anlage K 2), einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (vgl. Anlage K 3) und den streitgegenständlichen „Mehrfach kündbarer Zinssatz Swap“ - Vertrag (vgl. Anlage B 1).
In dem abgeschlossenen Zinssatz Swap Vertrag vereinbarten die Parteien bezogen auf einen Bezugsbetrag von 2 Mio. Euro und für eine Laufzeit vom 01.09.2008 bis 28.07.2013 einen Zinstausch, wonach sich die Klägerin verpflichtete einen festen Zinssatz von 4,22% an die Beklagte zu bezahlen. Die Beklagte verpflichtete sich im Gegenzug, an die Klägerin als Zins den Drei-Monats EURIBOR mit jeweils festgelegten Fälligkeitsterminen zu bezahlen. Unter der Überschrift „Besondere Vereinbarungen“ enthielt der Vertrag auf Seite 3 ein einseitiges vierteljährliches Kündigungsrecht der Beklagten, erstmals zum 30.06.2009.
Die Mitgeschäftsführerin der Klägerin, Frau Z., hatte im Zeitraum von 2001 bis 04.07.2008 insgesamt elf Swapgeschäfte abgeschlossen, darunter mehrere Swaps, die Währungskomponenten enthielten.
Die Zinsbelastung der Klägerin beläuft sich bei vorliegendem Swap auf insgesamt 292.826,55 Euro (vgl. Anlage K 20).
Die Klägerin meint, ihre Mitgeschäftsführerin Z. sei vor Abschluss des streitgegenständlichen Swapvertrags nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. So sei die Wirkungsweise des Swaps nicht erläutert worden, es habe keinen Hinweis auf einen negativen Marktwert gegeben, auch über das Verlustrisiko und das einseitige Kündigungsrecht sei nicht aufgeklärt worden. Es handle sich zudem wegen der fehlenden Konnexität um ein reines Spekulationsgeschäft. Das Swapgeschäft sei außerdem sittenwidrig insbesondere aufgrund des einseitigen Kündigungsrechts.
Die Klägerin beantragte in erster Instanz:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verpflichtungen, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen über den Swap Vertrag mit der Referenznummer …041 entstanden sind und entstehen werden, insbesondere im Zusammenhang mit dem Leistungsrückstandskonto mit der Kontonummer …540, freizustellen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.288,63 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Sicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Swapvertrag mit der Ref. Nr. …041 verpfändet worden sind, freizugeben.
IV.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 14.207,41 Euro freizustellen.
V.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung.
Sie ist der Auffassung, bei der Frage der Art und des Umfangs der Aufklärungspflicht sei vorliegend vor allem zu berücksichtigen, dass die Mitgeschäftsführerin der Klägerin bereits zahlreiche Swapgeschäfte abgeschlossen habe, Diplom-Kauffrau und Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens sei sowie als Aufsichtsratsmitglied einer Bank über hinreichende Vorkenntnisse verfüge. Bei dem vorliegenden Swap habe es sich um ein einfach strukturiertes Geschäft gehandelt. Beratungsfehler seien der Beklagten nicht anzulasten, insbesondere sei aufgrund der Struktur des Swaps nicht auf ein unbegrenztes Verlustrisiko oder einen angeblichen negativen Marktwert hinzuweisen gewesen. Sie, die Beklagte, habe nur ihre Gewinnmarge eingepreist, so dass ein negativer Marktwert, über den aufgeklärt hätte werden müssen, nicht vorlag. Schließlich könne das einseitige Kündigungsrecht, auf das ausdrücklich hingewiesen und für das im Gegenzug der Swapsatz um 0,4% reduziert worden sei, eine Sittenwidrigkeit des Vertrags nicht begründen.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es zwar einen Beratungsvertrag zwischen den Parteien bejahte, eine Pflichtverletzung jedoch nicht feststellte. Es verneinte eine Pflicht zur Aufklärung über ein unbegrenztes Verlustrisiko, weil es angesichts der Swapstruktur (fester Zinssatz 4,22% bei Bezugssumme von 2 Mio. Euro und fester Höchst-Laufzeit) von einem solchen Aufklärungspflicht nicht ausgehen konnte. Auch eine Hinweispflicht auf einen anfänglich negativen Marktwert sah das Erstgericht nicht. Bei dem hier vorliegenden einfachen Zinsswap, der mit dem CMS - Spread - Ladder Swap, über den der BGH entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.2011, Az: XI ZR 33/10) nicht vergleichbar sei, handele es sich nur um Austausch von Zinssätzen, eine Gestaltung zulasten der Beklagten läge nicht vor, eine Aufklärung über eingepreiste Gewinnmargen schulde die Beklagte nicht. Das Erstgericht war der Auffassung, Konnexität des Swapgeschäfts mit den bestehenden Kreditverträgen sei gegeben. Es sei nicht vorstellbar, dass die Geschäftsführerin den Mechanismus des vorliegenden Swaps nicht verstanden habe, dies insbesondere aufgrund ihrer Erfahrungen mit derartigen Swaps. Angesichts des ausdrücklich im Vertrag niedergelegten einseitigen Kündigungsrechts und der Tatsache, dass es sich um einen Vertrag zwischen Kaufleuten gehandelt habe, bedurfte es eines Hinweises auf die Vertragsklausel im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht. Die Wortwahl „aktives Zinsmanagement“ durch Mitarbeiter der Beklagten stelle eine inhaltslose Floskel dar, auf die ein Beratungsfehler nicht gestützt werden könne. Sittenwidrigkeit des Vertrags verneinte das Landgericht ebenso wie Schadensersatzansprüche aus § 26 BörsG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Vortrag und Klageantrag aufrecht erhält. Sie ist der Auffassung, das Erstgericht habe zu Unrecht eine Pflichtverletzung aus dem Beratungsvertrag verneint. Angesichts der Selbstständigkeit des Zinsswaps gegenüber den Darlehensverträgen und des daraus resultierenden rein spekulativen Charakters des Swaps hätte die Beklagte über das Verlustrisiko aufklären müssen. Auch auf den negativen Marktwert sei sie, die Klägerin, nicht hingewiesen worden. Zu Unrecht sei das Erstgericht von einer Konnexität ausgegangen, schließlich habe es nicht erkannt, dass das einseitige Kündigungsrecht erst in den schriftlichen Vertrag aufgenommen worden sei. Es sei nicht Gegenstand des mündlichen Vertrags gewesen. Das Landgericht habe fehlerhaft eine Beweiserhebung hierzu unterlassen. Auch die Bezeichnung „mehrfach kündbarer Swap“ sei missverständlich, weil sie ein beiderseitiges Kündigungsrecht nahelege. Der Vertrag sei zudem wegen Sittenwidrigkeit nichtig, die von der Beklagten behauptete „Einpreisung“ des einseitigen Kündigungsrechts bestreite sie.
Die Klägerin beantragt:
I.
Unter Abänderung des am 19.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts München I,
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.288,63 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Sicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Swapvertrag mit der Ref. Nr. …041 verpfändet worden sind, freizugeben.
IV.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 14.207,41 Euro freizustellen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Sie beruft sich darauf, dass der Geschäftsführerin die Selbstständigkeit des streitgegenständlichen Swapvertrags und die nur wirtschaftlichen Zusammenhänge mit dem bestehenden Kreditportfolio bekannt gewesen sei. Der neue Vortrag der Klägerseite zur Selbstständigkeit der Zinsswaps und der hierauf beruhenden Aufklärungspflichtverletzung sei verspätet. Die Klägerin habe die einfache Wirkungsweise des Zinsswaps unzweifelhaft verstanden, das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit dem angeblich anfänglich negativen Marktwert sei ins Blaue hinein erfolgt, der vorliegende Swap sei nicht mit dem dem BGH Urteil zugrunde liegenden Swap vergleichbar. Über einen anfänglich negativen Marktwert, der - wie vorliegend - ausschließlich aus der Marge resultiere, sei nicht aufzuklären. Die Klägerin habe mit der Unterzeichnung des Vertrags durch ihre Geschäftsführerin zu erkennen gegeben, dass sie mit dem einseitigen Kündigungsrecht einverstanden war. Dieses einseitige Kündigungsrecht sei aus dem Vertrag unschwer und deutlich ersichtlich, aus der Überschrift „mehrfach kündbarer Zinssatzswap“ sei jeder verständige Leser auf das Kündigungsrecht des Vertrags hingewiesen worden. Begriffe wie „aktives Zinsmanagement“ müssten im Rahmen der Bewerbung eines Produktes gesehen und als solche bewertet werden. Schließlich sei der Vertrag auch nicht sittenwidrig, die Klägerin sei ihrer erstinstanzlichen Behauptung, dass für das einseitige Kündigungsrecht eine Ermäßigung des Swapsatzes um 0,4% erfolgt sei, auch in erster Instanz nicht entgegengetreten.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich in der Sache als nicht erfolgreich. Zu Recht und mit weit überwiegend zutreffender Begründung hat das Erstgericht die Klage abgewiesen und festgestellt, dass eine für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächliche Fehlberatung durch Mitarbeiter der Beklagten nicht vorliegt und auch der streitgegenständliche Vertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.
Auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden.
Unzweifelhaft und von den Parteien nicht angegriffen bestand zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass Gegenstand und Umfang der Pflichten aus einem solchen Beratungsvertrag sich zum einen nach der Person des Kunden, vor allem dessen Erfahrungshintergrund und Anlegerprofil (anlegergerechte Beratung) und zum anderen nach dem Anlageobjekt (anlagespezifische Beratung) richten. Hierbei hängt die tatsächliche Ausgestaltung des Pflichtenkreises maßgebend von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören neben seiner wirtschaftlichen Ausgangslage insbesondere sein Wissenstand über Anlagegeschäfte der projektierten Art, das Maß seiner Risikobereitschaft sowie das von ihm angestrebte Anlageziel (vgl. BGH vom 22.03.2011 XI ZR 33/10 m. w. N.). Entscheidend ist also beispielsweise, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt (vgl. BGH Urteil vom 09.05.1996, Az: IX ZR 244/95) und ob er - wie vorliegend - ausdrücklich erklärte, ein spekulatives Geschäft abschließen zu wollen. Wesentlich für Art und Umfang der geschuldeten Beratung ist aber auch, um welches Produkt es sich handelt, d. h. ob es z. B. ein einfach strukturierter Zinsswap ohne Währungskomponente oder ein hochkomplex strukturierter Swap mit Währungskomponente ist.
So ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass die Geschäftsführerin ausweislich des als Anlage K 2 vorgelegten und von ihr unterzeichneten „Analysebogen für Derivategeschäfte“ als Risikopräferenz „spekulativ“ angab. Dort wird ausgeführt, dass „hohe Risiken eingegangen werden, um hohe Ertragschancen erzielen zu können. Erfolgsschwankungen und ggf. auch hohe Verluste werden dabei bewusst in Kauf genommen.“ Ein weiterer Hinweis erfolgt in Ziffer 6. des Analysebogens, wonach der Zeichner sich „bewusst ist, dass spekulative Vermögensanlagen/Finanzgeschäfte ein erhebliches Kapitalrisiko beinhalten“. Damit hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, auch und insbesondere ein risikoreiches Geschäft abschließen zu wollen. Ein unbegrenztes Verlustrisiko ist mit dem vorliegenden Swap zudem nicht verbunden, das maximale Risiko ist auf die Differenz zwischen dem vereinbarten Festzins von 4,22% und „Null Prozent“ (für den variablen Zins) beschränkt. Hinzu kommt, dass die Geschäftsführerin als Diplom-Kauffrau vor dem streitgegenständlichen Swap bereits eine Vielzahl anderer, auch komplexerer Swaps zeichnete, sie also über umfangreiche Erfahrungen in diesen Finanzprodukten verfügte. Angesichts dessen und insbesondere auch im Hinblick auf die einfache Struktur des vorliegenden Swaps, der bezogen auf eine Summe von 2 Mio. Euro für die gesamte Laufzeit feste Zinsen für die Klägerin festlegte und die Zinslast der Beklagten variabel, nämlich bezogen auf den jeweiligen Drei-Monats EURIBOR regelte, kann von einer nicht anlegergerechten Beratung nicht die Rede sein. Aufgrund der einfachen Struktur und der klaren Regelungen des Swaps musste der Geschäftsführerin der Klägerin auch bekannt sein, dass zwischen den Kontokorrentkrediten, die die Klägerin auch bei anderen Banken abgeschlossen hatte, und dem vorliegenden Zinstauschvertrag ein rechtlicher Zusammenhang nicht bestand, die Verträge vielmehr selbstständig nebeneinander liefen. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass der Swapvertrag einseitig nur durch die Beklagte kündbar ist. Diese Vertragsbedingung, die aus dem vierseitigen Vertrag unter der gesonderten Überschrift „Kündigungsrecht“ leicht ersichtlich ist, hat die Klägerin mit Unterzeichnung ausdrücklich akzeptiert. Auch der Einwand, dies sei nicht Inhalt der vorausgegangenen mündlichen Vereinbarung gewesen, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Die Klägerin hat mit Unterzeichnung deutlich zu erkennen gegeben, dass sie diese - wie auch die anderen schriftlich niedergelegten Vertragsbedingungen - akzeptiere. Damit ist der Vertrag in der Weise und mit den Regelungen wie schriftlich festgehalten zu Stande gekommen. Auch die Bezeichnung „mehrfach kündbarer Zinssatzswap“ im Betreff des Anscheibens an die Klägerin (vgl. Anlage B 1) ist entgegen der Darstellung der Klägerin nicht missverständlich bzw. steht nicht im Widerspruch zum einseitigen Kündigungsrecht. Mehrfach bedeutet nämlich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht mehrseitig.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann vorliegend von einer nicht objektgerechten Beratung nicht ausgegangen werden. Voranzustellen ist, dass die Anforderungen, die insoweit an die beratende Bank zu stellen sind, bei einem einfach strukturierten Produkt wie dem vorliegenden Zinsswap nicht so hoch sind, wie z. B. bei einem hoch komplexen und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap, über den der BGH in der zitierten Entscheidung vom 22.03.2011 zu befinden hatte.
Der Beklagten kann ein unterlassener Hinweis auf ein unbegrenztes Verlustrisiko nicht vorgeworfen werden. Wie oben ausgeführt und vom Landgericht zutreffend festgestellt, bestand ein unbegrenztes oder unüberschaubares Verlustrisiko bei dem vorliegenden Swap gerade nicht. Auch im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragene Selbstständigkeit des Zinsswaps von den Darlehensverträgen, die die Klägerin bei der Beklagten und bei dritten Banken abgeschlossen hatte, war das mit dem „selbstständigen“ Zinsswap eingegangene Risiko von vornherein auf den vereinbarten festen Zinssatz von 4,22% für die ebenfalls fest vereinbarte Vertragslaufzeit begrenzt. Dieses „Maximalrisiko“ verwirklicht sich - bei Vertragsschluss ohne weiteres erkennbar - nur, wenn der von der Beklagten geschuldete variable Zins bei Null -Prozent liegt.
Die Beklagte hat auch nicht gegen eine Pflicht zur Aufklärung über einen „anfänglich negativen Marktwert“ verstoßen. Soweit die Klägerin diesbezüglich auf die BGH-Rechtsprechung (s.o. BGH XI ZR 33/10) verweist, kann sie vorliegend damit nicht durchdringen. Zwar hat der Bundesgerichtshof im dort zu entschiedenen Fall gefordert, dass die (dortige) Beklagte die (dortige) Klägerin über den von ihr bewusst strukturierten negativen Anfangswert des CMS Spread Ladder Swap aufklären musste. So hat der BGH festgestellt, dass der einstrukturierte negative Marktwert und der damit einhergehende schwerwiegende Interessenkonflikt die Interessen der Klägerin gefährdeten. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Aufklärungspflicht auch für den hier streitgegenständlichen Zinsswap gefordert werden kann, da letzterer unzweifelhaft einfach strukturiert war. Jedenfalls lag beim dortigen CMS Spread Ladder Swap ein erheblicher negativer Marktwert schon bei Vertragsbeginn vor, weil der Swap von der Bank bewusst so konstruiert worden war. Das Erstgericht hat hier zutreffend ausgeführt, dass für den hiesigen Fall eines einfachen Zinsswaps, bei dem lediglich der Austausch von Zinssätzen stattfindet, weder seitens der Klagepartei vorgetragen ist noch sonstige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zinsswap eine ebensolche Konstruktion zulasten der Klägerin aufweist. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung aber auch festgestellt, dass die beratende Bank nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Dies ist für den Kunden offensichtlich. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist derart offensichtlich, dass auf ihn nicht gesondert hingewiesen werden muss, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu (vgl. BGH XI ZR 33/10 Rdnr. 38). Daraus folgt, dass über einen anfänglich „negativen Marktwert“, der allein aus der eingepreisten und einkalkulierten Gewinnmarge der Bank resultiert, ohne dass eine auf komplizierter finanzmathematischer Berechnung beruhende, einstrukturierte Risikoverschiebung zulasten des Kunden stattfindet, nicht aufzuklären ist. Dies gilt auch im Hinblick auf den von Klägerseite behaupteten „Wissensvorsprung der Beklagten“ über die Marktprognose. Den von der Klägerin auch zitierten Entscheidungen des OLG Stuttgart (Urteil vom 27.10.2010, Az: 9 U 148/08) und des LG Düsseldorf (Urteil vom 11.05.2012, Az: 8 O 77/11) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen, insbesondere weil dort komplexere Swaps Gegenstand waren und die Kundenstruktur eine andere als im vorliegenden Fall war. Nicht entscheidend für die Frage einer Aufklärungspflicht über einen „anfänglich negativen Marktwert“ ist in diesem Zusammenhang, ob es sich um ein konnexes Swapgeschäft oder nicht handelte. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Erstgerichts, wonach es sich im vorliegenden Fall angesichts der Tatsache, dass die Klägerin Darlehensverträge abgeschlossen hat, bei dem streitgegenständlichen Swapvertrag um ein konnexes Geschäft handelte, nicht. Es fehlt nämlich an einer rechtlichen Verknüpfung zwischen den abgeschlossenen Kontokorrentkrediten und dem vorliegend gezeichneten Swap, die Verträge bestehen vielmehr unabhängig und selbstständig nebeneinander, sie haben unterschiedliche Zinsbedingungen und Laufzeiten. Die fehlende Konnexität führt aber nicht zwangsläufig zu einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten. Es handelt sich - wie bereit mehrfach dargelegt - um ein einfaches Zinsaustauschgeschäft, dessen Komponenten offen zu Tage liegen, für den Vertragspartner nachvollziehbar sind und dessen Höchst-Verlustrisiko begrenzt und von vornherein berechenbar war. Mit dem gezeichneten Swap verfolgte die Klägerin das Ziel einer von den bestehenden Darlehensverträgen mit Zinsverpflichtungen rechtlich unabhängigen Zinsspekulation.
Auch eines ausdrücklichen Hinweises auf das einseitige Kündigungsrecht der Beklagten bedurfte es vorliegend nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen hierzu im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden. Insbesondere teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichts, wonach bereits aus der Überschrift des Swapvertrags und vor allem aus dem Vertragstext selbst, hervorgehoben durch eine eigene Überschrift, ein Kündigungsrecht der Beklagten deutlich gemacht ist. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Parteien um Kaufleute handelt und für die Beklagte unstreitig eine geschäftserfahrene Geschäftsführerin handelte, ist davon auszugehen, dass derart übersichtlich gestaltete und kurze Vertragstexte vor Unterzeichnung gelesen, mit der Unterschrift bestätigt und deren Auswirkungen begriffen werden. Entsprechend den Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben kam der Vertrag damit mit dem schriftlich niedergelegten Inhalt wirksam zustande. Einer Beweisaufnahme zur Frage, ob das einseitige Kündigungsrecht bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlungen/Vereinbarungen war, bedurfte es nicht. Dies hat das Landgericht zutreffend gesehen.
Auch die Wortwahl „aktives Zinsmanagement“, mit der nach dem Vortrag der Klägerin für den vorliegenden Swap geworben wurde, rechtfertigt die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung nicht. Wie das Landgericht zutreffend feststellte, handelt es sich hierbei um eine weitgehend inhaltlose Floskel, die allenfalls zum Ausdruck bringt, dass das angestrebte Geschäft einen Bezug zu Zinsen aufweist. Auf eine Überwachung der Geschäfte - wie die Klägerin meint - deutet der Begriff nicht hin.
Damit ist festzuhalten, dass eine Pflichtverletzung des Beratungsvertrags im Hinblick auf den streitgegenständlichen Swapvertrag durch die Beklagte nicht vorliegt.
Der Swapvertrag ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil hierzu kann Bezug genommen werden.
Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung meint, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte als Gegenleistung für die einseitige Kündbarkeit des streitgegenständlichen Vertrags den Swapsatz in Höhe von 0,4% ermäßigt habe, und auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 14.05.2012 S. 5 f. verweist, rechtfertigt dies eine andere Entscheidung nicht. Die Beklagte hat die Kompensation des einseitigen Kündigungsrechts durch die Reduzierung des Swapsatzes in ihrer Klageerwiderung vom 13.02.2012 dargelegt und Beweis angeboten. In der Stellungnahme der Klägerin hierzu im Schriftsatz vom 14.05.2012 erfolgte ein Bestreiten dieser Behauptung nicht. Erstmals im Schriftsatz vom 20.08.2013 bestritt die Klägerin den diesbezüglichen Beklagtenvortrag. Unabhängig von der Frage, ob der Klägervortrag ein hinreichendes Bestreiten darstellt und insbesondere ob er als verspätet gem. § 296 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt zu bleiben hatte, hat das Erstgericht nämlich zutreffend festgestellt, dass es vorliegend jedenfalls an der subjektiven Komponente einer Sittenwidrigkeit fehlt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr der jeweilige Vertragspartner darauf vertraut und davon ausgehen muss, dass bei übersichtlich gestalteten Verträgen die einzelnen Konditionen seitens des Vertragspartners registriert und bewertet werden. Vor diesem Hintergrund kann bei den offen dargelegten Vertragskonditionen im streitgegenständlichen Swapvertrag eine Schädigungsabsicht im Sinne des subjektiven Tatbestands auf Seiten der Beklagten nicht angenommen werden.
Die Berufung der Klägerin erweist sich somit insgesamt als nicht erfolgreich. Zu Recht wurde ihre Klage abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung seiner Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche maßgeblich die Umstände des konkreten Einzelfalls und des Vertragsschlusses zugrunde gelegt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
- 2
- Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
- 3
- Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
- 4
- Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
- 9
- Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
- 10
- Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
- 11
- Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
- 12
- Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
- 14
- 1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
- 15
- 2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
- 16
- a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
- 17
- b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
- 18
- aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
- 19
- (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
- 20
- (a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
- 21
- Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
- 22
- (b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
- 23
- (2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
- 24
- (a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
- 25
- Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
- 26
- (b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
- 27
- Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
- 28
- Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
- 29
- bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
- 30
- (1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
- 31
- Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
- 32
- Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
- 33
- (2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
- 34
- Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
- 35
- c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
- 36
- aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
- 37
- bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.
III.
- 38
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 39
- 1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
- 40
- a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
- 41
- b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
- 42
- c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
- 43
- Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
- 44
- Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
- 45
- d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
- 46
- 2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
- 47
- 3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
- 48
- b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
- 49
- 4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.
IV.
- 50
- Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011, Az. 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Berufung: bis 65.000 EUR
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
- 2
- Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
- 3
- Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
- 4
- Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
- 5
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
- 9
- Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
- 10
- Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
- 11
- Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
- 12
- Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
- 14
- 1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
- 15
- 2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
- 16
- a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
- 17
- b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
- 18
- aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
- 19
- (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
- 20
- (a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
- 21
- Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
- 22
- (b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
- 23
- (2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
- 24
- (a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
- 25
- Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
- 26
- (b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
- 27
- Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
- 28
- Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
- 29
- bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
- 30
- (1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
- 31
- Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
- 32
- Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
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- (2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
- 34
- Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
- 35
- c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
- 36
- aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
- 37
- bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.
III.
- 38
- Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 39
- 1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
- 40
- a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
- 41
- b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
- 42
- c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
- 43
- Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
- 44
- Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
- 45
- d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
- 46
- 2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
- 47
- 3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
- 48
- b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
- 49
- 4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.
IV.
- 50
- Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitgegenständlich sind insbesondere Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Beratung vor Abschluss eines Swap-Vertrags mit der Beklagten am 28.08.2008.
Die Klägerin, ein mittelständisches Unternehmen, hatte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Swapgeschäfts bei verschiedenen Banken Kontokorrentkredite in Höhe von mehr als 3,8 Mio Euro und bei der Beklagten in Höhe von 500.000,00 Euro mit variablen Zinsen zwischen 8,00% und 8,75% erhalten .
Nachdem sich die Geschäftsführerin der Klagepartei, Frau Z., und der Mitarbeiter der Beklagten, Herr K., am 28.08.2008 mündlich über den Abschluss eines Zins-Swap-Vertrags geeinigt hatten, und der Klägerin die Vertragsunterlagen übermittelt waren, unterschrieb die Geschäftsführerin der Klägerin Z. ausweislich ihrer handschriftlichen Erklärungen am 28.08.2008 einen Analysebogen für Derivatgeschäfte mit der Risikopräferenz „spekulativ“ (vgl. Anlage K 2), einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (vgl. Anlage K 3) und den streitgegenständlichen „Mehrfach kündbarer Zinssatz Swap“ - Vertrag (vgl. Anlage B 1).
In dem abgeschlossenen Zinssatz Swap Vertrag vereinbarten die Parteien bezogen auf einen Bezugsbetrag von 2 Mio. Euro und für eine Laufzeit vom 01.09.2008 bis 28.07.2013 einen Zinstausch, wonach sich die Klägerin verpflichtete einen festen Zinssatz von 4,22% an die Beklagte zu bezahlen. Die Beklagte verpflichtete sich im Gegenzug, an die Klägerin als Zins den Drei-Monats EURIBOR mit jeweils festgelegten Fälligkeitsterminen zu bezahlen. Unter der Überschrift „Besondere Vereinbarungen“ enthielt der Vertrag auf Seite 3 ein einseitiges vierteljährliches Kündigungsrecht der Beklagten, erstmals zum 30.06.2009.
Die Mitgeschäftsführerin der Klägerin, Frau Z., hatte im Zeitraum von 2001 bis 04.07.2008 insgesamt elf Swapgeschäfte abgeschlossen, darunter mehrere Swaps, die Währungskomponenten enthielten.
Die Zinsbelastung der Klägerin beläuft sich bei vorliegendem Swap auf insgesamt 292.826,55 Euro (vgl. Anlage K 20).
Die Klägerin meint, ihre Mitgeschäftsführerin Z. sei vor Abschluss des streitgegenständlichen Swapvertrags nicht anleger- und objektgerecht beraten worden. So sei die Wirkungsweise des Swaps nicht erläutert worden, es habe keinen Hinweis auf einen negativen Marktwert gegeben, auch über das Verlustrisiko und das einseitige Kündigungsrecht sei nicht aufgeklärt worden. Es handle sich zudem wegen der fehlenden Konnexität um ein reines Spekulationsgeschäft. Das Swapgeschäft sei außerdem sittenwidrig insbesondere aufgrund des einseitigen Kündigungsrechts.
Die Klägerin beantragte in erster Instanz:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verpflichtungen, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen über den Swap Vertrag mit der Referenznummer …041 entstanden sind und entstehen werden, insbesondere im Zusammenhang mit dem Leistungsrückstandskonto mit der Kontonummer …540, freizustellen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.288,63 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Sicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Swapvertrag mit der Ref. Nr. …041 verpfändet worden sind, freizugeben.
IV.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 14.207,41 Euro freizustellen.
V.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung.
Sie ist der Auffassung, bei der Frage der Art und des Umfangs der Aufklärungspflicht sei vorliegend vor allem zu berücksichtigen, dass die Mitgeschäftsführerin der Klägerin bereits zahlreiche Swapgeschäfte abgeschlossen habe, Diplom-Kauffrau und Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens sei sowie als Aufsichtsratsmitglied einer Bank über hinreichende Vorkenntnisse verfüge. Bei dem vorliegenden Swap habe es sich um ein einfach strukturiertes Geschäft gehandelt. Beratungsfehler seien der Beklagten nicht anzulasten, insbesondere sei aufgrund der Struktur des Swaps nicht auf ein unbegrenztes Verlustrisiko oder einen angeblichen negativen Marktwert hinzuweisen gewesen. Sie, die Beklagte, habe nur ihre Gewinnmarge eingepreist, so dass ein negativer Marktwert, über den aufgeklärt hätte werden müssen, nicht vorlag. Schließlich könne das einseitige Kündigungsrecht, auf das ausdrücklich hingewiesen und für das im Gegenzug der Swapsatz um 0,4% reduziert worden sei, eine Sittenwidrigkeit des Vertrags nicht begründen.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es zwar einen Beratungsvertrag zwischen den Parteien bejahte, eine Pflichtverletzung jedoch nicht feststellte. Es verneinte eine Pflicht zur Aufklärung über ein unbegrenztes Verlustrisiko, weil es angesichts der Swapstruktur (fester Zinssatz 4,22% bei Bezugssumme von 2 Mio. Euro und fester Höchst-Laufzeit) von einem solchen Aufklärungspflicht nicht ausgehen konnte. Auch eine Hinweispflicht auf einen anfänglich negativen Marktwert sah das Erstgericht nicht. Bei dem hier vorliegenden einfachen Zinsswap, der mit dem CMS - Spread - Ladder Swap, über den der BGH entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.2011, Az: XI ZR 33/10) nicht vergleichbar sei, handele es sich nur um Austausch von Zinssätzen, eine Gestaltung zulasten der Beklagten läge nicht vor, eine Aufklärung über eingepreiste Gewinnmargen schulde die Beklagte nicht. Das Erstgericht war der Auffassung, Konnexität des Swapgeschäfts mit den bestehenden Kreditverträgen sei gegeben. Es sei nicht vorstellbar, dass die Geschäftsführerin den Mechanismus des vorliegenden Swaps nicht verstanden habe, dies insbesondere aufgrund ihrer Erfahrungen mit derartigen Swaps. Angesichts des ausdrücklich im Vertrag niedergelegten einseitigen Kündigungsrechts und der Tatsache, dass es sich um einen Vertrag zwischen Kaufleuten gehandelt habe, bedurfte es eines Hinweises auf die Vertragsklausel im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht. Die Wortwahl „aktives Zinsmanagement“ durch Mitarbeiter der Beklagten stelle eine inhaltslose Floskel dar, auf die ein Beratungsfehler nicht gestützt werden könne. Sittenwidrigkeit des Vertrags verneinte das Landgericht ebenso wie Schadensersatzansprüche aus § 26 BörsG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Vortrag und Klageantrag aufrecht erhält. Sie ist der Auffassung, das Erstgericht habe zu Unrecht eine Pflichtverletzung aus dem Beratungsvertrag verneint. Angesichts der Selbstständigkeit des Zinsswaps gegenüber den Darlehensverträgen und des daraus resultierenden rein spekulativen Charakters des Swaps hätte die Beklagte über das Verlustrisiko aufklären müssen. Auch auf den negativen Marktwert sei sie, die Klägerin, nicht hingewiesen worden. Zu Unrecht sei das Erstgericht von einer Konnexität ausgegangen, schließlich habe es nicht erkannt, dass das einseitige Kündigungsrecht erst in den schriftlichen Vertrag aufgenommen worden sei. Es sei nicht Gegenstand des mündlichen Vertrags gewesen. Das Landgericht habe fehlerhaft eine Beweiserhebung hierzu unterlassen. Auch die Bezeichnung „mehrfach kündbarer Swap“ sei missverständlich, weil sie ein beiderseitiges Kündigungsrecht nahelege. Der Vertrag sei zudem wegen Sittenwidrigkeit nichtig, die von der Beklagten behauptete „Einpreisung“ des einseitigen Kündigungsrechts bestreite sie.
Die Klägerin beantragt:
I.
Unter Abänderung des am 19.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts München I,
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 134.288,63 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche Sicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Swapvertrag mit der Ref. Nr. …041 verpfändet worden sind, freizugeben.
IV.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 14.207,41 Euro freizustellen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Sie beruft sich darauf, dass der Geschäftsführerin die Selbstständigkeit des streitgegenständlichen Swapvertrags und die nur wirtschaftlichen Zusammenhänge mit dem bestehenden Kreditportfolio bekannt gewesen sei. Der neue Vortrag der Klägerseite zur Selbstständigkeit der Zinsswaps und der hierauf beruhenden Aufklärungspflichtverletzung sei verspätet. Die Klägerin habe die einfache Wirkungsweise des Zinsswaps unzweifelhaft verstanden, das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit dem angeblich anfänglich negativen Marktwert sei ins Blaue hinein erfolgt, der vorliegende Swap sei nicht mit dem dem BGH Urteil zugrunde liegenden Swap vergleichbar. Über einen anfänglich negativen Marktwert, der - wie vorliegend - ausschließlich aus der Marge resultiere, sei nicht aufzuklären. Die Klägerin habe mit der Unterzeichnung des Vertrags durch ihre Geschäftsführerin zu erkennen gegeben, dass sie mit dem einseitigen Kündigungsrecht einverstanden war. Dieses einseitige Kündigungsrecht sei aus dem Vertrag unschwer und deutlich ersichtlich, aus der Überschrift „mehrfach kündbarer Zinssatzswap“ sei jeder verständige Leser auf das Kündigungsrecht des Vertrags hingewiesen worden. Begriffe wie „aktives Zinsmanagement“ müssten im Rahmen der Bewerbung eines Produktes gesehen und als solche bewertet werden. Schließlich sei der Vertrag auch nicht sittenwidrig, die Klägerin sei ihrer erstinstanzlichen Behauptung, dass für das einseitige Kündigungsrecht eine Ermäßigung des Swapsatzes um 0,4% erfolgt sei, auch in erster Instanz nicht entgegengetreten.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich in der Sache als nicht erfolgreich. Zu Recht und mit weit überwiegend zutreffender Begründung hat das Erstgericht die Klage abgewiesen und festgestellt, dass eine für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächliche Fehlberatung durch Mitarbeiter der Beklagten nicht vorliegt und auch der streitgegenständliche Vertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.
Auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden.
Unzweifelhaft und von den Parteien nicht angegriffen bestand zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass Gegenstand und Umfang der Pflichten aus einem solchen Beratungsvertrag sich zum einen nach der Person des Kunden, vor allem dessen Erfahrungshintergrund und Anlegerprofil (anlegergerechte Beratung) und zum anderen nach dem Anlageobjekt (anlagespezifische Beratung) richten. Hierbei hängt die tatsächliche Ausgestaltung des Pflichtenkreises maßgebend von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören neben seiner wirtschaftlichen Ausgangslage insbesondere sein Wissenstand über Anlagegeschäfte der projektierten Art, das Maß seiner Risikobereitschaft sowie das von ihm angestrebte Anlageziel (vgl. BGH vom 22.03.2011 XI ZR 33/10 m. w. N.). Entscheidend ist also beispielsweise, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt (vgl. BGH Urteil vom 09.05.1996, Az: IX ZR 244/95) und ob er - wie vorliegend - ausdrücklich erklärte, ein spekulatives Geschäft abschließen zu wollen. Wesentlich für Art und Umfang der geschuldeten Beratung ist aber auch, um welches Produkt es sich handelt, d. h. ob es z. B. ein einfach strukturierter Zinsswap ohne Währungskomponente oder ein hochkomplex strukturierter Swap mit Währungskomponente ist.
So ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass die Geschäftsführerin ausweislich des als Anlage K 2 vorgelegten und von ihr unterzeichneten „Analysebogen für Derivategeschäfte“ als Risikopräferenz „spekulativ“ angab. Dort wird ausgeführt, dass „hohe Risiken eingegangen werden, um hohe Ertragschancen erzielen zu können. Erfolgsschwankungen und ggf. auch hohe Verluste werden dabei bewusst in Kauf genommen.“ Ein weiterer Hinweis erfolgt in Ziffer 6. des Analysebogens, wonach der Zeichner sich „bewusst ist, dass spekulative Vermögensanlagen/Finanzgeschäfte ein erhebliches Kapitalrisiko beinhalten“. Damit hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, auch und insbesondere ein risikoreiches Geschäft abschließen zu wollen. Ein unbegrenztes Verlustrisiko ist mit dem vorliegenden Swap zudem nicht verbunden, das maximale Risiko ist auf die Differenz zwischen dem vereinbarten Festzins von 4,22% und „Null Prozent“ (für den variablen Zins) beschränkt. Hinzu kommt, dass die Geschäftsführerin als Diplom-Kauffrau vor dem streitgegenständlichen Swap bereits eine Vielzahl anderer, auch komplexerer Swaps zeichnete, sie also über umfangreiche Erfahrungen in diesen Finanzprodukten verfügte. Angesichts dessen und insbesondere auch im Hinblick auf die einfache Struktur des vorliegenden Swaps, der bezogen auf eine Summe von 2 Mio. Euro für die gesamte Laufzeit feste Zinsen für die Klägerin festlegte und die Zinslast der Beklagten variabel, nämlich bezogen auf den jeweiligen Drei-Monats EURIBOR regelte, kann von einer nicht anlegergerechten Beratung nicht die Rede sein. Aufgrund der einfachen Struktur und der klaren Regelungen des Swaps musste der Geschäftsführerin der Klägerin auch bekannt sein, dass zwischen den Kontokorrentkrediten, die die Klägerin auch bei anderen Banken abgeschlossen hatte, und dem vorliegenden Zinstauschvertrag ein rechtlicher Zusammenhang nicht bestand, die Verträge vielmehr selbstständig nebeneinander liefen. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass der Swapvertrag einseitig nur durch die Beklagte kündbar ist. Diese Vertragsbedingung, die aus dem vierseitigen Vertrag unter der gesonderten Überschrift „Kündigungsrecht“ leicht ersichtlich ist, hat die Klägerin mit Unterzeichnung ausdrücklich akzeptiert. Auch der Einwand, dies sei nicht Inhalt der vorausgegangenen mündlichen Vereinbarung gewesen, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Die Klägerin hat mit Unterzeichnung deutlich zu erkennen gegeben, dass sie diese - wie auch die anderen schriftlich niedergelegten Vertragsbedingungen - akzeptiere. Damit ist der Vertrag in der Weise und mit den Regelungen wie schriftlich festgehalten zu Stande gekommen. Auch die Bezeichnung „mehrfach kündbarer Zinssatzswap“ im Betreff des Anscheibens an die Klägerin (vgl. Anlage B 1) ist entgegen der Darstellung der Klägerin nicht missverständlich bzw. steht nicht im Widerspruch zum einseitigen Kündigungsrecht. Mehrfach bedeutet nämlich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht mehrseitig.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann vorliegend von einer nicht objektgerechten Beratung nicht ausgegangen werden. Voranzustellen ist, dass die Anforderungen, die insoweit an die beratende Bank zu stellen sind, bei einem einfach strukturierten Produkt wie dem vorliegenden Zinsswap nicht so hoch sind, wie z. B. bei einem hoch komplexen und riskanten Produkt wie dem CMS Spread Ladder Swap, über den der BGH in der zitierten Entscheidung vom 22.03.2011 zu befinden hatte.
Der Beklagten kann ein unterlassener Hinweis auf ein unbegrenztes Verlustrisiko nicht vorgeworfen werden. Wie oben ausgeführt und vom Landgericht zutreffend festgestellt, bestand ein unbegrenztes oder unüberschaubares Verlustrisiko bei dem vorliegenden Swap gerade nicht. Auch im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragene Selbstständigkeit des Zinsswaps von den Darlehensverträgen, die die Klägerin bei der Beklagten und bei dritten Banken abgeschlossen hatte, war das mit dem „selbstständigen“ Zinsswap eingegangene Risiko von vornherein auf den vereinbarten festen Zinssatz von 4,22% für die ebenfalls fest vereinbarte Vertragslaufzeit begrenzt. Dieses „Maximalrisiko“ verwirklicht sich - bei Vertragsschluss ohne weiteres erkennbar - nur, wenn der von der Beklagten geschuldete variable Zins bei Null -Prozent liegt.
Die Beklagte hat auch nicht gegen eine Pflicht zur Aufklärung über einen „anfänglich negativen Marktwert“ verstoßen. Soweit die Klägerin diesbezüglich auf die BGH-Rechtsprechung (s.o. BGH XI ZR 33/10) verweist, kann sie vorliegend damit nicht durchdringen. Zwar hat der Bundesgerichtshof im dort zu entschiedenen Fall gefordert, dass die (dortige) Beklagte die (dortige) Klägerin über den von ihr bewusst strukturierten negativen Anfangswert des CMS Spread Ladder Swap aufklären musste. So hat der BGH festgestellt, dass der einstrukturierte negative Marktwert und der damit einhergehende schwerwiegende Interessenkonflikt die Interessen der Klägerin gefährdeten. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Aufklärungspflicht auch für den hier streitgegenständlichen Zinsswap gefordert werden kann, da letzterer unzweifelhaft einfach strukturiert war. Jedenfalls lag beim dortigen CMS Spread Ladder Swap ein erheblicher negativer Marktwert schon bei Vertragsbeginn vor, weil der Swap von der Bank bewusst so konstruiert worden war. Das Erstgericht hat hier zutreffend ausgeführt, dass für den hiesigen Fall eines einfachen Zinsswaps, bei dem lediglich der Austausch von Zinssätzen stattfindet, weder seitens der Klagepartei vorgetragen ist noch sonstige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zinsswap eine ebensolche Konstruktion zulasten der Klägerin aufweist. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung aber auch festgestellt, dass die beratende Bank nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Dies ist für den Kunden offensichtlich. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist derart offensichtlich, dass auf ihn nicht gesondert hingewiesen werden muss, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu (vgl. BGH XI ZR 33/10 Rdnr. 38). Daraus folgt, dass über einen anfänglich „negativen Marktwert“, der allein aus der eingepreisten und einkalkulierten Gewinnmarge der Bank resultiert, ohne dass eine auf komplizierter finanzmathematischer Berechnung beruhende, einstrukturierte Risikoverschiebung zulasten des Kunden stattfindet, nicht aufzuklären ist. Dies gilt auch im Hinblick auf den von Klägerseite behaupteten „Wissensvorsprung der Beklagten“ über die Marktprognose. Den von der Klägerin auch zitierten Entscheidungen des OLG Stuttgart (Urteil vom 27.10.2010, Az: 9 U 148/08) und des LG Düsseldorf (Urteil vom 11.05.2012, Az: 8 O 77/11) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen, insbesondere weil dort komplexere Swaps Gegenstand waren und die Kundenstruktur eine andere als im vorliegenden Fall war. Nicht entscheidend für die Frage einer Aufklärungspflicht über einen „anfänglich negativen Marktwert“ ist in diesem Zusammenhang, ob es sich um ein konnexes Swapgeschäft oder nicht handelte. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Erstgerichts, wonach es sich im vorliegenden Fall angesichts der Tatsache, dass die Klägerin Darlehensverträge abgeschlossen hat, bei dem streitgegenständlichen Swapvertrag um ein konnexes Geschäft handelte, nicht. Es fehlt nämlich an einer rechtlichen Verknüpfung zwischen den abgeschlossenen Kontokorrentkrediten und dem vorliegend gezeichneten Swap, die Verträge bestehen vielmehr unabhängig und selbstständig nebeneinander, sie haben unterschiedliche Zinsbedingungen und Laufzeiten. Die fehlende Konnexität führt aber nicht zwangsläufig zu einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten. Es handelt sich - wie bereit mehrfach dargelegt - um ein einfaches Zinsaustauschgeschäft, dessen Komponenten offen zu Tage liegen, für den Vertragspartner nachvollziehbar sind und dessen Höchst-Verlustrisiko begrenzt und von vornherein berechenbar war. Mit dem gezeichneten Swap verfolgte die Klägerin das Ziel einer von den bestehenden Darlehensverträgen mit Zinsverpflichtungen rechtlich unabhängigen Zinsspekulation.
Auch eines ausdrücklichen Hinweises auf das einseitige Kündigungsrecht der Beklagten bedurfte es vorliegend nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen hierzu im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden. Insbesondere teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichts, wonach bereits aus der Überschrift des Swapvertrags und vor allem aus dem Vertragstext selbst, hervorgehoben durch eine eigene Überschrift, ein Kündigungsrecht der Beklagten deutlich gemacht ist. Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Parteien um Kaufleute handelt und für die Beklagte unstreitig eine geschäftserfahrene Geschäftsführerin handelte, ist davon auszugehen, dass derart übersichtlich gestaltete und kurze Vertragstexte vor Unterzeichnung gelesen, mit der Unterschrift bestätigt und deren Auswirkungen begriffen werden. Entsprechend den Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben kam der Vertrag damit mit dem schriftlich niedergelegten Inhalt wirksam zustande. Einer Beweisaufnahme zur Frage, ob das einseitige Kündigungsrecht bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlungen/Vereinbarungen war, bedurfte es nicht. Dies hat das Landgericht zutreffend gesehen.
Auch die Wortwahl „aktives Zinsmanagement“, mit der nach dem Vortrag der Klägerin für den vorliegenden Swap geworben wurde, rechtfertigt die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung nicht. Wie das Landgericht zutreffend feststellte, handelt es sich hierbei um eine weitgehend inhaltlose Floskel, die allenfalls zum Ausdruck bringt, dass das angestrebte Geschäft einen Bezug zu Zinsen aufweist. Auf eine Überwachung der Geschäfte - wie die Klägerin meint - deutet der Begriff nicht hin.
Damit ist festzuhalten, dass eine Pflichtverletzung des Beratungsvertrags im Hinblick auf den streitgegenständlichen Swapvertrag durch die Beklagte nicht vorliegt.
Der Swapvertrag ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil hierzu kann Bezug genommen werden.
Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung meint, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte als Gegenleistung für die einseitige Kündbarkeit des streitgegenständlichen Vertrags den Swapsatz in Höhe von 0,4% ermäßigt habe, und auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 14.05.2012 S. 5 f. verweist, rechtfertigt dies eine andere Entscheidung nicht. Die Beklagte hat die Kompensation des einseitigen Kündigungsrechts durch die Reduzierung des Swapsatzes in ihrer Klageerwiderung vom 13.02.2012 dargelegt und Beweis angeboten. In der Stellungnahme der Klägerin hierzu im Schriftsatz vom 14.05.2012 erfolgte ein Bestreiten dieser Behauptung nicht. Erstmals im Schriftsatz vom 20.08.2013 bestritt die Klägerin den diesbezüglichen Beklagtenvortrag. Unabhängig von der Frage, ob der Klägervortrag ein hinreichendes Bestreiten darstellt und insbesondere ob er als verspätet gem. § 296 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt zu bleiben hatte, hat das Erstgericht nämlich zutreffend festgestellt, dass es vorliegend jedenfalls an der subjektiven Komponente einer Sittenwidrigkeit fehlt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr der jeweilige Vertragspartner darauf vertraut und davon ausgehen muss, dass bei übersichtlich gestalteten Verträgen die einzelnen Konditionen seitens des Vertragspartners registriert und bewertet werden. Vor diesem Hintergrund kann bei den offen dargelegten Vertragskonditionen im streitgegenständlichen Swapvertrag eine Schädigungsabsicht im Sinne des subjektiven Tatbestands auf Seiten der Beklagten nicht angenommen werden.
Die Berufung der Klägerin erweist sich somit insgesamt als nicht erfolgreich. Zu Recht wurde ihre Klage abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung seiner Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche maßgeblich die Umstände des konkreten Einzelfalls und des Vertragsschlusses zugrunde gelegt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.4.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 zu zahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 18.271,20 Euro wird die Klägerin auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin aus
– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxE/ xxxxxxE („E“) und
– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxE („Kündbarer ZahlerT“)
bestehen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der X aufgrund von insgesamt zehn zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträgen auf Zahlung von Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.
4Diese T-Verträge hatte die Klägerin zum Zwecke der „Zinsoptimierung“ bereits bestehender Kreditverbindlichkeiten abgeschlossen, die überwiegend nicht bei der Beklagten, sonder bei anderen Kreditinstituten bestanden (vgl. Anlage K 5).
5Sie ist der Ansicht, die von ihr mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge seien bereits wegen fehlender Rechtsfähigkeit auf Seiten der Klägerin nichtig. Sollten die Verträge wirksam sein, liege ein Beratungsfehler der Beklagten bei Abschluss aller T-Verträge darin, dass sie keine ausreichende Kundenexploration durchgeführt, die Anlageziele der Klägerin nicht beachtet, keine anlagegerechte Beratung durchgeführt, die Klägerin nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt und die in den Verträgen liegenden Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften nicht geprüft bzw. deren Einhaltung nicht überwacht habe. Bei einer Aufklärung über den negativen Marktwert hätte sie die Verträge nicht abgeschlossen. Auf die Verjährung der Schadensersatzansprüche könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine vorsätzliche Fehlberatung vorgenommen habe.
6Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.3.2013, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe – auch hinsichtlich der gestellten Anträge - Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben, wogegen beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt haben.
7Die Klägerin verfolgte mit ihrer Berufung zunächst die erstinstanzlichen Anträge, soweit sie vom Landgericht abgewiesen wurden, in vollem Umfang weiter. Mit Schriftsatz vom 4.6.2014 erklärte sie sodann, nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2014 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, Klageverzicht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe weiterer 18.271,20 Euro über die erstinstanzlich ausgeurteilte Summe hinaus.
8Die Klägerin beantragt nunmehr,
9unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11)
101. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
112. festzustellen, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin bestehen aus
12– dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („D“),
13– dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxxx („Digitaler ZinsumfeldT“) sowie
14– dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument xxxxxxxxx („Kündbarer ZahlerT“)
15sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
16Die Beklagte beantragt,
17unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin – hinsichtlich der Teilforderung in Höhe von 18.271,20 Euro insoweit durch Verzichturteil – zurückzuweisen.
18Die Beklagte ist der Ansicht, dass zwar Handlungen außerhalb des Wirkungskreises der Klägerin ("V") für unwirksam zu erachten seien. Jedoch habe sich die Klägerin bei Abschluss der streitgegenständlichen T-Geschäfte auf dem Gebiet der kommunalen Haushaltswirtschaft bewegt und eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Geschäfte im Hinblick auf die Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben führe nicht zur Nichtigkeit der T-Verträge mit der Beklagten. Eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht erfolgen müssen, weil dieser allein das Gewinninteresse der Beklagten wiederspiegele und darüber hinaus eine solche Pflicht bei T-Verträgen mit – wie hier – Grundgeschäftsbezug nicht bestehe. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem aus politischen Gründen weiter investiert. Insofern sei die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert jedenfalls nicht kausal für die Anlageentscheidung der Kläger gewesen. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie spätestens ab Mitte 2007 die angebliche kommunalrechtliche Unzulässigkeit der Verträge kritisch prüfen und die Geschäfte hätte beenden müssen. Auch müsse sich die Klägerin als ersparte Aufwendung auf ihren Schadensersatzanspruch die Auflösungspreise anrechnen lassen, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären. Die Beklagte beruft sich auf die Verjährung der klägerischen Ansprüche.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
20II.
21Die Berufung der Klägerin ist – soweit sie auf die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht mit Schriftsatz vom 4.6.2014 verzichtet hat – in vollem Umfang begründet, so dass das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der beantragten Feststellung betreffend die Ansprüche der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T entsprechend abzuändern war. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten nicht nur einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.357.435,82 Euro, sondern auch einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzinstrumenten „D“, „Digitaler-ZinsumfeldT“ sowie „Kündbarer ZahlerT“ keine weiteren Ansprüche zustehen. Die Berufung der Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
22Im Einzelnen:
23I. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 BGB, weil die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge nicht wegen fehlender Rechtsfähigkeit der Klägerin oder aus anderen Gründen nichtig sind. In diesem Zusammenhang wird zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts genommen. Ergänzend gilt Folgendes:
241. Die von der Klägerin mit der Beklagten geschlossenen T-Verträge sind nicht deshalb nichtig, weil der Klägerin aufgrund Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und der damit verbundenen Überschreitung des eigenen Wirkungskreises die Rechtsfähigkeit fehlte, sich gegenüber der Beklagten zu verpflichten.
25a. Der Klägerin ist nach Art. 78 Abs. 2 LV NW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG i.V.m. § 2 GO NW das Recht eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Ausfluss dieses verfassungsrechtlich begründeten Selbstverwaltungsrechts ist unter anderem die kommunale Finanzhoheit als ein Kerngebiet des kommunalen "Wirkungskreises" bzw. der Verbandszuständigkeit der Kommune. Sie gewährleistet das Recht der Kommunen auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft einschließlich eigener Haushaltsführung und Vermögensverwaltung. Dabei obliegt den Kommunen als Teil ihrer Haushaltswirtschaft - dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede - auch das kommunale Schuldenmanagement, zu dem sowohl die Befugnis der Gemeinde gehört, ein Darlehen zur Finanzierung der örtlichen Angelegenheiten aufzunehmen als auch die Befugnis, die Zinskonditionen eines Darlehens zu verändern. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass der Wirkungskreis einer Gemeinde dann überschritten werde, wenn Derivatgeschäfte losgelöst und ohne jeden Bezug zu bestehenden oder zukünftigen Verbindlichkeiten allein zum Zweck der Erwirtschaftung separater Gewinne abgeschlossen werden, bedarf diese Frage keiner Entscheidung, da die tatsächlichen Voraussetzungen des vorliegenden Falles anders liegen. Denn die streitgegenständlichen Verträge sollten gerade dazu dienen, ohne Inanspruchnahme weiteren Eigenkapitals der Klägerin die Zinslast aus den bestehenden Darlehen zu "optimieren".
26b. Fällt damit das kommunale Schuldenmanagement generell in den Wirkungskreis der Klägerin, so hängt das von der Klägerin postulierte Merkmal der fehlenden Rechtsfähigkeit maßgeblich davon ab, wie differenziert dieser Wirkungskreis im Hinblick auf die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge auszugestalten ist. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass der Wirkungskreis der Klägerin und damit ihre Rechtsfähigkeit nicht davon abhängig ist, ob und in welchem Maße ihr Handeln im Rahmen des Schuldenmanagements gegen kommunal- oder haushaltsrechtliche Vorgaben verstößt.
27Für diese Sichtweise sprechen zunächst Gründe der Rechtssicherheit. Denn folgt man der Ansicht der Klägerin, dann würde die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gemeinde als juristischer Person des öffentlichen Rechts vom Ergebnis einer Abwägung der Einzelfallumstände unter Beachtung haushaltsrechtlicher Vorgaben abhängen. Für die vom Landgericht vertretene Ansicht spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass die Klägerin die Reichweite der V-Lehre unzulässig ausgedehnt hat: Zwar eröffnet die kommunale Finanzierungshoheit nicht die Befugnis, Geschäfte jeglichen Risikos abschließen zu dürfen (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 12, 13). Insoweit findet das Haushaltsrecht, das auch der Begrenzung finanzieller Risiken für die Kommunen dient, auch auf Finanzinstrumente Anwendung und wird im Wege der Kommunalaufsicht überwacht. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, welche die Gemeinden beachten müssen, im Rahmen eines Beurteilungsspielraums zu beachten. Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch, dass der Einsatz von Finanzderivaten nicht generell verboten ist, sondern es von einer Abwägung im Einzelfall abhängt, ob ein T-Vertrag als unzulässiges Spekulationsgeschäft oder als zulässiges Zinsoptimierungsgeschäft anzusehen ist. Selbst wenn – wie die Klägerin es im vorliegenden Falle behauptet – die streitgegenständlichen T-Verträge aufgrund der fehlenden Zuordnung zu konkreten Darlehensverträgen als kommunalrechtlich unzulässiges Spekulationsgeschäft einzustufen wären, ist Rechtsfolge einer solchen Unzulässigkeit nach haushaltsrechtlichen Vorschriften zunächst nur die Untersagung des Geschäfts durch die Kommunalaufsicht. Sowohl aus diesem Umstand als auch aus der notwendigen Einzelfallabwägung ergibt sich, dass ein Verstoß gegen das Spekulationsverbot keine Auswirkungen auf die Rechtsfähigkeit der Gemeinde haben kann. Der Ursprung des Spekulationsverbotes in einem Abwägungsprozess und das damit einhergehende Fehlen einer absolut wirkenden Untersagung machen vielmehr deutlich, dass Kommunen beim Abschluss eines solchen Geschäfts nicht V gehandelt haben.
28Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die Gemeinde zwar die Finanzhoheit innehabe, diese jedoch durch den notwendigen Bezug zur Finanzierung der Aufgabenerfüllung sowie durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung beschränkt sei, trifft dies durchaus zu. Der weiteren von der Klägerin vorgenommenen Einschränkung, wonach ein Finanzderivat (nur) dann zur – zivilrechtlich wirksamen – Umgestaltung von Darlehenskonditionen verwendet werden kann, wenn es so homogen auf das zugeordnete Darlehen (grundgeschäftsbezogen) abgestimmt ist, dass sich dieses L als Umgestaltung der Darlehenskonditionen darstellt, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen: Die öffentlich-rechtliche Beschränkung der Finanzhoheit sagt noch nichts darüber aus, welche Folgen ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen für zivilrechtliche Verträge hat, die von der Gemeinde abgeschlossen wurden. Nicht jede Handlung, die die Gemeinde unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen vornimmt, ist zugleich zivilrechtlich nichtig.
29Auch der von der Klägerin angeführte Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9.10.2006 (sog. Krediterlass, Anlage K 2) spricht nicht für die von ihr vertretene Ansicht einer fehlenden Rechtsfähigkeit, sondern ist vielmehr gerade ein Argument für die generelle zivilrechtliche Wirksamkeit von Derivatgeschäften einer Gemeinde. Nach diesem Runderlass können Gemeinden nämlich Zinsderivate zur Zinssicherung und zur Optimierung ihrer Zinsbelastung nutzen, wenn sie dabei bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben (Konnexität, keine Zinsrisikoerhöhung in der Gesamtschau, Bildung von Bewertungseinheiten nur bei Homogenität der Risiken und zeitlicher Kongruenz sowie abstrakter Konnexität) beachten. Allein die Existenz dieses Erlass zeigt, dass Geschäfte mit Zinsderivaten zur Zinssicherung bzw. Optimierung der Zinsbelastung grundsätzlich zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehören und nur die Ausgestaltung der Verträge im Einzelfall bestimmten Vorgaben genügen muss, um dem Haushaltsrecht gerecht zu werden (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 zum Kreditaufnahmeverbot in § 220 Abs. 1 SGB V). Der Finanzhoheit der Gemeinde als einem Kerngebiet ihres kommunalen Wirkungskreises werden also Geschäfte mit Zinsderivaten nicht generell entzogen. Vielmehr werden solche Verträge für zulässig erachtet; die Gemeinden müssen allerdings - um den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen - bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben einhalten. Ob dies geschehen ist, obliegt einer Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Eine solche Abwägung der Umstände des Einzelfalls kann aber nicht zu einer Aberkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinde führen, weil dies bedeuten würde, dass für eine "schlichte" Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns überhaupt kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Es handelt sich bei dem Krediterlass darüber hinaus lediglich um eine verwaltungsinterne Regelung, die die Grenze zwischen Rechtmäßigkeit und Pflichtwidrigkeit für die Gemeinden beim Abschluss von derivaten Finanzgeschäften konkretisieren soll. Insofern kann vorliegend auch dahinstehen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Krediterlasses bei den streitgegenständlichen T-Verträgen erfüllt waren. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, führte dies nicht zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss der Verträge mit der Beklagten.
30Es ist auch nicht möglich, eine fehlende Rechtsfähigkeit der Klägerin mit dem Argument anzunehmen, dass der Abschluss der T-Verträge ein reiner Verkauf von Optionen und damit objektiv die Übernahme einer entgeltlichen Absicherung der Beklagten darstellte, welche keine spezifische örtliche Angelegenheit der Klägerin sei. Die Klägerin hat vorliegend hochspekulative Finanzinstrumente gewählt, welche durchaus die Möglichkeit eines Gewinnes für sie beinhaltet haben, auch wenn diese Chance gegenüber den Verlustrisiken als gering einzustufen war. Diese Finanzinstrumente haben sich im weiteren Zeitablauf anders entwickelt, als es sich die Klägerin erhofft hatte. Dies ist aber keine Rechtfertigung dafür, nunmehr ergebnisorientiert von einer entgeltlichen Absicherung der Risiken der Beklagten zu sprechen. Denn dann wäre die Frage, ob die Klägerin eine spezifisch örtliche Angelegenheit wahrgenommen hat, letztlich davon abhängig, ob sie aus den Geschäften, die zur Umgestaltung der bestehenden Darlehenskonditionen abgeschlossen wurden, nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit Gewinne erzielt hat.
31Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung weiter darauf abstellt, dass eine wirtschaftliche Betätigung mit Finanzgeschäften nicht zu den spezifischen örtlichen Angelegenheiten einer Gemeinde gehört, verkürzt sie dadurch in unzulässiger Art und Weise den Sachverhalt. Sie hat vorliegend gerade kein isoliertes Finanzgeschäft mit der Beklagten getätigt, sondern hat einen - im Ergebnis misslungenen - Versuch unternommen, die bestehenden Zinsverpflichtungen aus Darlehen, welche sie unstreitig zur Erfüllung ihrer örtlichen Angelegenheiten aufgenommen hat, zu optimieren und hat dazu eine Vertragskonstruktion gewählt, die zwar risikobehaftet, jedoch nicht generell ungeeignet war.
32Schließlich ist die vom Landgericht vorgenommene Wertung zur Rechtsfähigkeit der Klägerin auch nicht verfassungswidrig, weil sie der Klägerin vermeintlich erlaubt, auch ohne Bezug zur Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft tätig zu sein und damit mittelbar in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum und in die Teilhabegrundrechte eingreift. Denn auch in diesem Zusammenhang spaltet die Klägerin in unzulässiger Weise die von ihr abgeschlossenen Finanzprodukte auf und betont lediglich den Umstand, dass sie mit diesen Geschäften (in Saldo) Verlust gemacht und damit Steuergelder verloren hat.
332. Eine Nichtigkeit der T-Verträge nach § 134 BGB kommt - unabhängig von den Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich nicht auf diese Vorschrift stützen will (vgl. Bl. 371, 428 GA) - nicht in Betracht. Das die Gemeinden treffende Spekulationsverbot ist auch in seiner Ausgestaltung durch den Krediterlass vom 9.10.2006 zu unbestimmt und daher als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ungeeignet (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, WM 2010, 1790; OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313).
343. Die vorliegenden T-Verträge sind auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Zwar beinhalten sie ein Ungleichgewicht der wechselseitigen Chancen und Risiken, jedoch lässt die Privatautonomie es auch zu, risikoreiche Verträge zu schließen (BGH, Urt. v. 28.2.1989 - IX ZR 130/88, NJW 1989, 1276). Der Umstand, dass die Klägerin nur unter bestimmten und nicht sicher zu prognostizierenden Umständen Gewinn aus den Verträgen generieren konnte, ist kein hinreichender Umstand, die Verträge als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar anzusehen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Unerfahrenheit der Klägerin mit T-Geschäften ausgenutzt hat, auch wenn diese solche Verträge vorher noch nicht abgeschlossen hatte. Denn aus den jeweiligen Präsentationen bzw. Produktblättern lässt sich auch ohne besondere finanzmathematische Kenntnisse erkennen, dass die Klägerin ihre Gewinnerwartung bei den betreffenden Verträgen letztlich auf eine Wette auf die künftige Marktentwicklung (Euribor, CMS10 bzw. CMS2, Wechselkurs des Schweizer Franken, Euro-10-Jahres-T-Rate) stützte und es lässt sich errechnen, welche maximalen Gewinne bzw. Verluste sie aus diesen Verträgen erwirtschaften konnte. Darüber hinaus hatte die Klägerin auch den Vorteil, ohne jeden Einsatz von Eigenkapital zu Beginn der Vertragslaufzeit garantierte Überschüsse zu erzielen, mit denen sie planen konnte (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 39). So wies der Kündbare Stufen-T vom 9.9.2005 im ersten Jahr eine Zinszahlung der Klägerin von 1,75% auf, während die Beklagte einen fixen Zins von 2,75% zu zahlen hatte. Aus dem Kündbaren Korridor T vom 19.9.2005 war die Klägerin im ersten Jahr zur Zahlung des 3-Monats-Euribors (damals 2,136%) verpflichtet und bekam ihrerseits von der Beklagten 3,55%. Aus dem Digitalen-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 erhielt die Klägerin 3% von der Beklagten und musste im ersten und zweiten Jahr selbst einen Festzins in Höhe von 2,25% zahlen.
354. Soweit die Klägerin in erster Instanz eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung darauf gestützt hatte, die Beklagte habe bei ihr vorsätzlich die Fehlvorstellung verursacht, dass es sich bei den betreffenden Verträgen um solche handele, die nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Klägerin zulässig seien, hat das Landgericht diese Anfechtung zutreffend daran scheitern lassen, dass die Klägerin - mit ihrer Erklärung in der Klageschrift vom 16.11.2011 - jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB nicht eingehalten hat.
36II. Der Klägerin steht jedoch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 1.357.435,82 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Denn der Beklagten ist im Rahmen der gegenüber der Klägerin vorgenommenen Beratungen jedenfalls insoweit eine Pflichtverletzung zu Lasten der Klägerin vorzuwerfen, als sie diese nicht über das Bestehen eines anfänglichen negativen Marktwertes der T-Verträge aufgeklärt hat.
37Im Einzelnen:
381. Der Beklagten ist kein Beratungsfehler vorzuwerfen, weil sie die Klägerin nicht über die kommunalrechtliche Zulässigkeit der T-Verträge, nämlich den vermeintlichen Verstoß gegen das Spekulationsverbot wegen Nichterfüllung der Vorgaben des Krediterlasses aufgeklärt hat.
39a. Sofern die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe in den Beratungsgesprächen darauf hingewiesen, dass die empfohlenen Geschäfte im Einklang mit dem Krediterlass stünden und die Klägerin sei daher davon ausgegangen, dass man ihr nur solche Finanzierungsinstrumente empfehlen würde, die tatsächlich kommunalrechtlich zulässig seien, begründet dies – unabhängig von dem Umstand, dass die Beklagte entsprechende Äußerungen bestritten hat – im Ergebnis keine Beratungspflichtverletzung der Beklagten.
40Ein tatsächlicher Hinweis im Sinne einer Aufklärung über das Bestehen eines Spekulationsverbotes war entbehrlich, weil der Klägerin das entsprechende Problem unstreitig bekannt war. Ob die damit verbliebene Aufgabe der rechtlichen Einordnung, ob der betreffende Vertrag im Einzelfall gegen das Spekulationsverbot verstieß und damit von der Klägerin abgeschlossen werden durfte, der Beklagten auferlegt werden kann, hält der Senat für zweifelhaft, weil dies den Bereich einer (unerlaubten) Rechtsberatung tangieren dürfte (so auch OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082). Die Beklagte hätte nämlich eine rechtliche Wertung dahingehend treffen müssen, ob das Produkt unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren ist und ob eine L Grundgeschäftsbezogenheit vorliegt. Diese Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn selbst wenn man die entsprechende Wertung und eine darauf aufbauende Beratung nicht als Rechtsberatung, sondern als Fragestellung "tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt" betrachtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169), liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Denn zum einen ist die Durchsetzung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbotes eine Angelegenheit der staatlichen Rechtsaufsicht und gehört auf kommunaler Ebene zum originären Aufgabenbereich der Kontrollgremien der Kommunalverwaltung. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Spekulationsverbot abwägender Natur ist und bei dieser Abwägung Beurteilungsspielräume bestehen, die durch die Beklagte als Bank kaum hätte ausgeübt werden können. Die Annahme eines Beratungsverschuldens hätte also zur Folge, dass die Gemeinde das mit der Anlageentscheidung verbundene Risiko im Nachhinein auf das beratende Kreditinstitut abwälzen könnte (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 – 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 45; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 - Hinweis auf das Kreditaufnahmeverbot nach §§ 220 Abs. 2 S. 1, 222 SGB V; OLG Dresden, Beschl. v. 10.2.2004 - 8 U 2225/03, WM 2004, 1278 - Hinweis auf stiftungsrechtliche Verpflichtungen).
41Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen bejaht wird (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313; OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) überzeugen die angeführten Gründe nicht bzw. sind jedenfalls nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar: Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313) hat zwar eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen (Spekulationsverbot etc.) bejaht. Im entsprechenden Nichtannahmebeschluss hat der BGH (Beschl. v. 21.3.2006 - XI ZR 116/05) jedoch ausgeführt, dass der "vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommene Beratungsfehler der Beklagten ... im Kern nicht in einem unterbliebenen Hinweis auf kommunalrechtliche Bindungen der Stadtwerke, sondern darin (besteht), dass die Beklagte nicht ausreichend über den spekulativen Charakter des konkreten Tgeschäfts aufgeklärt hat". Das lässt aus Sicht des Senats die Schlussfolgerung zu, dass der BGH jedenfalls in diesem Fall eine Beratungs-/Hinweispflicht der beratenden Bank nicht bejahen wollte, sondern die Nichtannahme auf andere Beratungsfehler gestützt hat. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.10.2010 – 9 U 148/08, WM 2010, 2169) hatte zum einen über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem die beklagte Bank explizit als Expertin für kommunales Haushaltsrecht aufgetreten war und zum anderen in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen hinsichtlich des Eingreifens von Spekulationsverboten bei der dortigen Klägerin erbracht hatte. Die Frage, ob ein Berater generell auf das Bestehen bzw. das Eingreifen des Spekulationsverbotes hinweisen muss, hat es dagegen offen gelassen und lediglich ausgeführt, dass die entsprechenden Normen – obwohl aufsichtsrechtlicher Natur – einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zuließen.
42b. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, aus der e-mail des Zeugen T2 vom 15.2.2007 ergebe sich, dass die Beklagte es übernommen habe, die Frage des kommunalrechtlich hinreichenden Grundgeschäftsbezuges zu klären, teilt der Senat diese Auffassung nicht: Die e-mail des Zeugen T2 lässt zwar erkennen, dass von Seiten der Beklagten eine Zuordnung der Darlehen der Klägerin zu den jeweiligen Ts vorgenommen bzw. ein fehlendes Darlehensvolumen als problematisch für eine geplante Umstrukturierung angesehen wurde. Dass dies jedoch heißen sollte, dass die Klägerin (auch) in dieser Hinsicht beraten werden wollte und die Beklagte eine solche Aufgabe mit entsprechender Haftung übernimmt, ist weder dieser Äußerung noch den Gesamtumständen zu entnehmen. Mit e-mail vom 10.4.2007 (Anlage K 26) hat der Zeuge T2 eine Zuordnung der Darlehen zu den Derivaten mit der Bemerkung übersandt "Eine mögliche Zuordnung könnte wie folgt aussehen" – dabei handelt es sich erkennbar um eine „offene“ Formulierung und nicht um das Ergebnis einer Beratung. In der e-mail vom 17.2.2009 (Anlage K 45) schlägt der Zeuge mögliche Alternativen für die Klägerin im Rahmen der Umstrukturierung des D-Digital-T vor. Dabei werden unterschiedliche Varianten mit den jeweiligen Konditionen und einem kurzen Risikohinweis dargestellt, im Übrigen wird auf die Präsentation vom 12.2.2009 verwiesen. Angaben dazu, ob die vorgeschlagenen Produkte die erforderliche Konnexität aufweisen, finden sich in dieser e-mail nicht. Die Zeugin T3 hatte zwar den Zeugen T2 zuvor mit e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44) gebeten, die Zuordnung der Derivatgeschäfte zu den Darlehen des allgemeinen Haushalts zu prüfen und ggf. auszuweisen. Eine solche Zuweisung ist jedoch in der e-mail vom 17.2.2009 gerade nicht erfolgt. Vielmehr ergibt sich aus dem handschriftlichen Vermerk auf der e-mail vom 13.2.2009 (Anlage K 44), dass der Zeuge T2 an die Erledigung dieser e-mail erinnert wurde, ohne dass sich weiter aus dem Akteninhalt erkennen lässt, ob denn eine Prüfung der Beklagten stattgefunden hat. Gegen eine von der Beklagten übernommene Prüfungspflicht im Rahmen der Beratung spricht des weiteren auch, dass der Zeuge T2 in seiner e-mail vom 17.2.2009 im letzten Absatz die Klägerin aufgefordert hat, Rücksprache mit ihren Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Bildung von Rückstellungen zu halten, was mit einem vorher vergebenen Prüfungsauftrag inhaltlich nicht zu vereinbaren wäre. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin schon bei Abschluss des Rahmenvertrages vom 22.8.2005 den "Anhang für Verträge mit kommunalen Körperschaften" unterschrieben hat (Bl. 60R AO I), in welchem es sinngemäß heißt, dass sie Abschlüsse ausschließlich zur Absicherung von Risiken aus Kreditaufnahmen tätigen wird, dass sie dem Absicherungscharakter gemäß das Volumen und die Laufzeit des Einzelabschlusses dem Grundgeschäft anpassen wird und dass sie zusichert, nicht gegen die für sie maßgebenden Rechtsvorschriften, "insbesondere das Spekulationsverbot" zu verstoßen. Schon aus dieser Erklärung musste für die Klägerin deutlich werden, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang weder eine Prüfungspflicht noch eine Haftung übernehmen wollte.
432. Der Beklagten ist auch keine fehlerhafte Beratung der Klägerin vorzuwerfen, weil sie keine ausreichende Kundenexploration vorgenommen hat. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass aufgrund des Akteninhalts und des "sehr pauschalen" Vortrags der Klägerin davon auszugehen sei, dass der Zeuge N aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung einen ausreichenden Wissensstand hatte, um die Präsentation der Beklagten und die darin dargelegten Punkte Funktionsweise, Bedeutung und Risiken der Verträge verstehen zu können. Diese Bewertung hält der Senat im Ergebnis für richtig:
44Die Klägerin macht mit der Berufung zwar zutreffend geltend, dass der Wissensstand des Zeugen N nichts mit der Frage zu tun hat, welches Anlageziel die Klägerin verfolgte. In diesem Einwand liegt aber gleichzeitig eine Verkürzung der landgerichtlichen Entscheidungsgründe. Diese sind dahingehend zu verstehen, dass sich das betreffende Argument zu Ausbildung bzw. Erfahrung des Zeugen N auf die Frage beziehen sollte, inwieweit die Beklagte ihn im Sinne der BGH-Rechtsprechung "auf ihren Wissensstand bringen" musste. Ein relevanter Beratungsfehler der Beklagten liegt in der unterlassenen Kundenexploration jedoch nicht. Denn unabhängig von einer vorherigen Exploration der Klägerin hat die Beklagte inhaltlich zutreffend und verständlich über die jeweiligen T-Verträge informiert. Dass dies nach Ansicht der Klägerin "gleichsam zufällig" erfolgte, ist unerheblich. Denn ein eventueller Fehler bei der Exploration hat sich unstreitig nicht auf Art und Umfang der ordnungsgemäßen Aufklärung ausgewirkt. Dass der Zeuge N über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügte, um die konkreten Präsentationsunterlagen der Beklagten zu verstehen und zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen und es folglich auch gar nicht darauf ankam, ob die Klägerin bereits in der Vergangenheit entsprechende Produkte erworben oder an Workshops teilgenommen hatte, hat die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen.
453. Die Beklagte hat bei der Beratung der Klägerin auch nicht insofern einen Beratungsfehler begangen, dass sie in vorwerfbarer Weise deren Anlageziel außer Acht gelassen hat.
46a. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Zeuge N habe bereits beim ersten Vertragsabschluss deutlich gemacht, dass die Klägerin sich in der Haushaltssicherung befinde und daher keine Verluste oder entsprechende Risiken zulässig seien, hat das Landgericht diesen Vortrag zum Anlageziel zu Recht als widersprüchlich angesehen. Die Klägerin kann nicht auf der einen Seite ein aktives Zinsmanagement mit dem Risiko des erwartungswidrigen Verlaufs variabler Parameter und damit verbundener Verluste fordern und auf der anderen Seite verlangen, dass mit ihrem Engagement weder der Einsatz von (Eigen-) Kapital noch irgendwelche Risiken verbunden sind. Jedem Laien ist klar, dass ein risikoloses (= verlustfreies) finanzielles Engagement nur mit der Vereinbarung eines Festzinses möglich ist - gerade diese in der Vergangenheit gewählte Darlehensgestaltung wollte die Klägerin jedoch mit Hilfe der Beklagten "optimieren". Insofern hat sie mit Schriftsatz vom 11.7.2013 auch selbst vorgetragen, sie wäre für die Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus bei bestehende Zinsfestschreibung auch bereit gewesen, das Risiko eines Anstiegs des Zinsniveaus bei "synthetisch" variabler Verzinsung zu übernehmen. Folglich hat das Landgericht das Anlageziel der Kläger zutreffend dahingehend beschrieben, dass sie nicht ein "verlustloses" Geschäft, sondern ein Geschäft mit der Möglichkeit von Zinserträgen ohne Verstoß gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot eingehen wollte.
47b. Zutreffend ist weiter die Feststellung des Landgerichts, dass die der Klägerin empfohlenen Produkte als solche nicht schlechthin zweck- bzw. interessenwidrig waren. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, keines der Produkte sei eine taugliche Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus gewesen, trifft dies nicht zu. Allein der Umstand, dass die maßgeblichen Parameter sich in der Folgezeit abweichend von der Erwartung der Klägerin entwickelt haben, führt nicht dazu, dass der betreffende T-Vertrag von vornherein ungeeignet war, um das Anlageziel der Klägerin zu erreichen. Denn für das Vorhaben der Zinsoptimierung oder Zinsreduzierung eignet sich im Grundsatz jedes Konzept, das auf eine ernsthafte und nachhaltige Verringerung bestehender Zinslasten durch Erträge aus gezielt zu diesem Zweck eingesetzten Finanzinstrumenten angelegt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 – 23 U 230/08, juris Rn. 53). Die der Klägerin empfohlenen Produkte waren generell geeignet, Gewinne für die Klägerin zu generieren. Bei einem Vergleich mit den Marktdaten der Vergangenheit waren die Gewinnerwartungen der Klägerin ex ante betrachtet nicht als offensichtlich aussichtslos einzustufen: Beispielsweise wurde die beim Differenz-T maßgebliche Zinsdifferenz zwischen CMS 10 und CMS 2 (20 Basispunkte) seit Januar 1999 nicht unterschritten (vgl. Bl. 96 AO I). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die schlechte Entwicklung beispielsweise des Kündbaren-Stufen-T resultiere nicht aus einer nachteiligen Marktentwicklung, sondern "zu einem guten Teil" aus der bereits anfänglichen bewussten Gestaltung zum Vorteil der Beklagten (Bl. 326 GA), ist dies zu pauschal und auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Denn unstreitig hätte die Klägerin, unabhängig von der angeblich bewusst nachteiligen Gestaltung oder einem negativen Marktwert, bei einem anderen Zinsverlauf Erträge generieren können und hat dies bei einigen der T-Verträge auch getan hat.
48c. Soweit im Rahmen der Restrukturierung der Erstabschlüsse hin zu den nunmehr streitgegenständlichen T-Verträgen unstreitig eine Erhöhung des Risikos erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht eine stillschweigende Erweiterung des Anlagezwecks sowie ein Einverständnis der Klägerin mit einem erhöhten Risiko angenommen, so dass auch insoweit eine fehlerhafte Beratung ausscheidet. Die Klägerin macht zwar mit der Berufung geltend, es habe keine Änderung des Anlagezwecks und keine Erhöhung der Risikobereitschaft gegeben, weil es sich bei den Folgeabschlüssen um Schadensabwendungsbemühungen gehandelt habe, auf die man sich nur deshalb eingelassen habe, weil die Beklagte diese im Hinblick auf die bereits eingetretenen Nachteile der Erstgeschäfte als "Optimierungsvorschläge" zur vermeintlichen Abwendung der Schäden unterbreitet habe. Diese Argumentation greift jedoch nicht durch, da die Vornahme von Maßnahmen zur Schadensabwendung die Billigung eines höheren Risikos unter Erweiterung des Anlagezwecks nicht ausschließt: Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Klägerin die Folgegeschäfte abgeschlossen, um den eingetretenen Schaden aus den Erstgeschäften abzuwenden bzw. jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt liquiditätswirksam werden zu lassen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, am 7.4.2006 den Hinweis erhalten zu haben, dass die Restrukturierung ihr Risiko erhöhen könnte und es ist auch unstreitig, dass am 23.6.2006 in entsprechenden Präsentationen für die bereits abgeschlossenen Ts mögliche Verluste in einem viel höheren Umfang als vorher dargestellt wurden und welche die Klägerin nunmehr vermeiden bzw. auszugleichen versuchen wollte. Gerade diese Motivation bedeutet jedoch zwingend, dass mit dem finanziellen Engagement ein erhöhtes Risiko verbunden ist und das Anlageziel erweitert werden musste. Denn nunmehr musste die Klägerin nicht nur die ursprünglich angestrebte "Zinsoptimierung" der laufenden Festzinsdarlehen erreichen, sondern zusätzlich auch den Verlust aus den Erstgeschäften wettmachen, der im Rahmen der Restrukturierung unstreitig und mit Wissen der Klägerin in die Folgeprodukte eingepreist worden war.
494. Soweit die Klägerin der Beklagten als weiteren Beratungsfehler vorwirft, weder im Rahmen der Erstabschlüsse noch bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte eine objektgerechte Aufklärung vorgenommen zu haben, da bei einem strukturierten T alle einzelnen Strukturelemente und ihre konkrete Auswirkung erläutert werden müssten, folgt der Senat dieser Ansicht nicht: Die wirtschaftliche Bedeutung der Verträge ist – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – in den Präsentationen hinreichend verständlich dargestellt worden. Eine weitergehende gesonderte Darstellung der einzelnen Strukturelemente des jeweiligen Ts ist nicht erforderlich. Soweit der BGH in der Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) einen weitergehenden Pflichtumfang postuliert hat, war dies erkennbar den Eigenheiten des dort streitgegenständlichen Ts geschuldet, der sich durch eine komplizierte Berechnung des variablen Zinses (Multiplikationsfaktor, Strike, Hebelwirkung, Memory-Effekt) auszeichnete. Gerade die ersten drei von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005, Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005 und Differenz-T vom 24.1.2006), die nach ihrem Vortrag der entscheidende Auslöser für das spätere (risikoreichere) Investment waren, weisen keine derartigen Besonderheiten auf, die eine weitergehende Erläuterung durch die Beklagte erforderlich gemacht hätten. Die einzelnen Präsentationen bzw. Produktblätter der Ts sind verständlich und hinreichend klar aufgebaut, so dass auch ein Kunde ohne entsprechende Erfahrungen verstehen kann, welches Geschäft und welches damit verbundene Risiko er eingeht. Es geht vornehmlich um Wetten auf die Entwicklung bestimmter Marktdaten, welche nachvollziehbar, verständlich und in den konkreten Auswirkungen beispielhaft (durch Einsetzen fiktiver Werte in die überschaubaren Berechnungsformeln) berechnet werden können. Entsprechendes hat die Beklagte durch Darstellung möglicher Verläufe der Vertragsbeziehungen in den Präsentationsunterlagen auch getan. Die Schwierigkeit bzw. Gefährlichkeit der betreffenden Produkte liegt nicht - wie im Fall des BGH - in einer hoch risikoreichen Konstruktion mit Hebelwirkung und Memoryeffekt, sondern vielmehr darin, dass die Klägerin (ebenso wenig wie die Beklagte) in der Lage war, die künftige Entwicklung der Marktparameter, die Gegenstand der Wette sind, verlässlich vorherzusagen. Dies ist jedoch ein Risiko, das aus den Präsentationen sowie den Produktblättern deutlich wird.
50Im Einzelnen:
51a. Der Kündbare-Stufen-T vom 9.9.2005, den die Klägerin ausweislich Anlage K 10 abgeschlossen hat, enthält in seinem Produktblatt (Bl. 67 AO I) einen Hinweis auf einen drohenden Zinsnachteil und es lässt sich auch erkennen bzw. berechnen, dass bei einem wider Erwarten steigenden 3-Monats-Euribor die Klägerin einen höheren Zinssatz zahlen muss, als sie von der Beklagten als Festzins erhält. Somit ist schon aus dem Produktblatt erkennbar, dass es sich letztlich um eine Wette der Klägerin auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribor handelt.
52b. Auch beim Kündbaren-Korridor-T vom 19.9.2005 (Anlage K 10) hat die Beklagte ausweislich des Produktblatts (Bl. 71 AO I) auf das Risiko eines Zinsnachteils hingewiesen. Auch hier handelt es sich letztlich um eine Wette auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribors, wobei die Klägerin im ersten Vertragsjahr den 3-Monats-Euribor zu zahlen hat (damals 2,136%) und von der Beklagten fest 3,55% erhält.
53c. Der Differenz-T vom 24.1.2006 (Anlage K 10) wurde in der Präsentation vom 11.1.2006 (Anlage K 13) sowie in zwei per E-mail vom 23.1.2006 übersandten Termsheets (Anlage K 14) erläutert. Auch hier ist (Bl. 95 AO I) der Risikohinweis auf den möglichen Zinsnachteil enthalten. Aus dem Produktblatt ist darüber hinaus unschwer zu errechnen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 4,2% zahlen muss (7,15% - 2,95%), wenn die Differenz der nicht zu prognostizierenden Tsätze unter 20 Basispunkte fällt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Werte der Tsätze aus der Vergangenheit sowie das aktuelle Marktumfeld wiedergegeben. Letztlich geht aus dem Produktblatt aber klar hervor, dass die Klägerin eine Wette auf die Entwicklung von CMS 10 und CMS 2 abschließt.
54d. Der Kündbare-Zahler-T vom 9.11.2006 (Anlage K 21) ist der einzige Vertrag, bei dem für die Klägerin ein Festzins (6,41%) und für die Beklagte ein variabler Zins (3-Monats-Euribor) vorgesehen ist. Die Klägerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass dieser Vertrag, der im Rahmen der Umstrukturierung den Kündbaren-Korridor-T ersetzen sollte, von der Beklagten ausweislich der e-mail vom 6.11.2006 (Anlage K 20, Bl. 169R AO I) als Risikoreduzierung bezeichnet wurde. Da es sich allerdings um einen Forward-T handelt, der erst am 30.1.2014 begann, hätte die Klägerin – was nicht erfolgt ist – vortragen müssen, in welchem Umfang hier tatsächlich eine Risikoerhöhung statt eines Risikoabbaus vorgenommen wurde.
55e. Der D-Digital-T vom 1.3.2007 (Anlage K 25), der am 2.10.2007 (Anlage K 36) und am 24.2.2009 (Anlage K 46) verlängert wurde, ersetzte im Rahmen der Restrukturierung den Kündbaren-Stufen-T und wurde in der Präsentation vom 7.2.2007 (Anlage K 22) sowie den e-mails von 15.2.2007 (Anlage K 23) sowie 28.2.2007 (Anlage K 24) vorgestellt. Das Produktblatt (Bl. 211 AO I) enthält einen verständlichen Hinweis auf das wegen der Wertentwicklung des Schweizer Franken bestehende Risiko. Es ist klar zu erkennen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 6% zu zahlen hat, wenn der Wechselkurs EUR/D außerhalb des vereinbarten Korridors liegt und dass ihr maximal möglicher Gewinn bei günstigem Wechselkursverlauf nur 0,5% beträgt. Auf Seite 5 des Produktblattes (Bl. 213 AO I) ist von einem max. möglichen Verlust von über 4,5 Mio. Euro die Rede – deutlicher ist einem Anleger kaum vor Augen zu führen, dass die von ihm gehaltene Wette auf den Wechselkurs ein erhebliches Risiko beinhaltet. Auch im Vorfeld der ersten Verlängerung des D-Digital-Ts hatte die Beklagte mit e-mail vom 1.10.2007 (Anlage K 35) darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin präferierte Umstrukturierung durch Laufzeitverlängerung eine Risikoausweitung bedeutet.
56f. Der Digitale-Differenz-Stufen-T vom 18.4.2007 (Anlage K 27) wies im ersten Jahr einen sicheren Gewinn der Klägerin von 0,5% auf. Im Anschluss hingen die Erfolgsaussichten der Klägerin von der Entwicklung des CMS 10 und des 3-Monats-Euribor ab, worauf in der Präsentation vom 17.4.2007 (Anlage K 67) hingewiesen wird. Dort findet sich des weiteren in den Szenarioanalysen (S. 47 f. der Präsentation) ein Hinweis auf einen Nettonachteil von bis zu 1,3 Mio. Euro.
57g. Der Digitale-Zins-Umfeld-T vom 12.3.2008 (Anlage K 37) wurde in der Präsentation vom 6.3.2008 (Anlage K 68) dargestellt. Hier wird auf das Risiko einer dauerhaften Niedrig- bzw. Hochzinsphase hingewiesen und gleichzeitig betont, dass das Risiko auf einen Zinsmehraufwand von 3,95% begrenzt sei (S. 41 der Präsentation). In der Szenarioanalyse werden – und dies nicht einmal als „X2“-Szenario Verluste in Höhe von 595.500 Euro dargestellt.
58h. Der D vom 16.11.2009 (Anlage K 51) wurde in der Präsentation vom 13.11.2009 (Anlage K 50, S. 41) vorgestellt. Es wird auf das Risiko einer Aufwertung des Euro zum Schweizer Franken und auf ein "theoretisch unbegrenztes Risiko" hingewiesen. Die Szenarioanalysen (ab S. 45) weisen mögliche Nettonachteile in Höhe von über 9 Mio. Euro aus.
595. Der Beklagten ist jedoch ein Beratungsfehler insoweit vorzuwerfen, als sie die Klägerin nicht über den unstreitig jedenfalls in Höhe von 2,9% des Bezugsbetrages bei sämtlichen T-Verträgen bestehenden anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt hat. In diesem Zusammenhang kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird. Ergänzend gilt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Folgendes:
60a. Sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge wiesen einen anfänglichen negativen Marktwert auf. Soweit die Beklagte geltend macht, eine solche Feststellung könne ein Gericht nicht aus eigener Sachkunde treffen, sondern es sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, trifft dies – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht zu: Zum einen war bereits in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig und ist entsprechend im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen T-Verträge einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von jedenfalls 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrages aufwiesen. Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, welche von einem noch höheren Wert ausgeht, nur insoweit in Abrede gestellt, als sie die Größenordnung von 2,9%, jedoch keine weiteren Details genannt hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im Rahmen der Frage der Kausalität ihrer Pflichtverletzung selbst vorgetragen, dass die Klägerin auch bei Aufklärung über den negativen Marktwert die betreffenden Verträge abgeschlossen hätte, da am Markt überhaupt keine T-Verträge ohne einen solchen anfänglichen negativen Marktwert vorhanden seien. Damit räumt die Beklagte aber selbst ein, dass auch die im vorliegenden Fall an die Klägerin verkauften Produkte einen solchen anfänglichen negativen Marktwert aufgewiesen haben.
61Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme eines anfänglichen negativen Marktwertes insofern wendet, als dieser eine zu Lasten des Kunden verschobene Risikostruktur beinhalte, greift auch dieser Einwand nicht durch: Unstreitig hat die Beklagte ihre Position aus den betreffenden Verträgen unmittelbar nach Vertragsschluss im Rahmen eines Hedgings am Markt weitergegeben. Ein solcher Verkauf einer Risikoposition – noch dazu unter Einrechnung der unstreitig von der Beklagten eingepreisten Gewinnmarge – ist zur Überzeugung des Senats aber nur dann überhaupt möglich, wenn das verkaufte Produkt weitere Merkmale aufweist, die es aus Sicht des Käufers am Interbankenmarkt für einen Ankauf attraktiv erscheinen lassen. Dies kann nur aufgrund einer zu Lasten des Kunden erfolgten Strukturierung des Produktes erfolgen, die zur Folge hat, dass der Markt im Moment des Verkaufs dessen Chancen als schlechter bewertet als die Chancen der Bank, die ihre Vertragsposition zum Verkauf stellt. Genau dies sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) von einem anfänglichen negativen Marktwert gesprochen hat.
62b. Soweit die Beklagte geltend macht, bei Tgeschäften der vorliegenden Art sei der negative Marktwert nicht Ausdruck eines besonderen Interessenkonfliktes, sondern reflektiere nur ihre Gewinnerzielungsabsicht, die sich – unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten – aus der Differenz zwischen ihren "Einstandskonditionen", d.h. dem Wert der Igeschäfte und den Konditionen des Kundengeschäftes ergebe und über die sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aufklären müsse, stellt dies ihre grundsätzliche Aufklärungspflicht nicht in Frage. Denn die Beklagte räumt selbst ein, dass der hier vorliegende anfängliche negative Marktwert mehr ist als nur ihre Gewinnmarge, indem sie nämlich ihre Berechnung "unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten" anstellt. Was genau diese Kostenkomponenten sind, gibt sie nicht an, so dass davon auszugehen ist, dass in diesen Positionen (auch) diejenigen Abschläge enthalten sind, um die das Produkt zu Lasten des Kunden gegen die Marktmeinung abgewertet werden musste, damit ein Hedging ermöglicht wird. Darüber hinaus ist die Beklagte auch dem Vortrag der Klägerin, wonach das Produkt absichtlich zu Lasten des Kunden strukturiert worden sei, nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat sich lediglich auf die Argumentation zurückgezogen, über ihre Gewinninteressen nicht aufklären zu müssen.
63Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter darauf abstellt, dass sich die Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwertes in der Aussage erschöpfe, dass der Kunde bei einer sofortigen Loslösung vom Geschäft einen Verlust erleide, der den Kosten und dem Gewinn der Bank entspricht und nicht Ausdruck von ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken sei, ist dies unerheblich. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) dargelegt hat, hat der anfängliche negative Marktwert eine weitergehende Bedeutung als ein reines Gewinninteresse der Bank, welches sich im Falle einer sofortigen Auflösung des Geschäftes für den Kunden (negativ) realisiert, was im Übrigen bei nahezu jedem Bankprodukt der Fall ist. Es wird auch entgegen der Ansicht der Beklagten von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt, dass der negative Marktwert die ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken von Kunde und Bank während der gesamten Laufzeit des Ts widerspiegelt. Vielmehr wird ihm nur eine Aussage dahingehend beigemessen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen zwischen Bank und Kunde ungleich verteilt sind. Eine Prognose über den weiteren Verlauf des Geschäftes dürfte damit allenfalls insoweit verbunden sein, als der Kunde in das Geschäft gleichsam mit einem Negativsaldo startet.
64c. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert (vgl. Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR ZR 33/10) jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil die mit der Klägerin geschlossenen Verträge nicht so komplex ausgestaltet gewesen seien, wie der der BGH-Entscheidung zugrunde liegende D2-T, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung:
65Die Pflicht der Beklagten zur Aufklärung des Anlegers über einen anfänglichen negativen Marktwert besteht unabhängig von der Komplexität des konkreten Produktes. Die Komplexität des empfohlenen Anlageproduktes und die daraus folgenden Risiken für den Anleger spielen lediglich bei der Beurteilung der Frage eine Rolle, ob die Bank die Risikobereitschaft des Anlegers hinreichend ermittelt bzw. sich vor der Anlageentscheidung Gewissheit verschafft hat, dass der Kunde die konkreten Risiken in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 23 ff.). Neben dieser Verpflichtung zur Ermittlung der Risikobereitschaft des Kunden steht jedoch als eigenständige Verpflichtung die der Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 31 ff.). Diese Pflicht resultiert aus dem schwerwiegenden Interessenkonflikt der beratenden Bank, die auf der einen Seite eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben hat und auf der anderen Seite als Partnerin der Zinswette eine Rolle einnimmt, welche den Interessen des Kunden gerade entgegengesetzt ist. Wird dann die Anlage für den Kunden in einer Art und Weise strukturiert, dass der Markt seine Risiken negativer bewertet als die der Bank, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass die Bank ihre Position in dieser Wette durch I-Geschäfte an andere Marktteilnehmer weitergeben kann, dann besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.
66Es kommt damit im vorliegenden Fall weder darauf an, ob sich die mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge – soweit sie Gegenstand des Rechtsstreits sind – auf ein Anlageprodukt beziehen, welches eine mit einem D2 T vergleichbare Komplexität aufweist, noch kommt es darauf an, ob die Klägerin aufgrund eigener Sachkunde in der Lage war, die konkrete Wirkungsweise und die Risiken dieses Anlageproduktes zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die von der Beklagten verkauften Produkte einen anfänglichen negativen Marktwert aufweisen, aufgrund dessen die Beklagte ihre Vertragsposition sofort durch ein I-Geschäft weitergeben und dadurch ihre Kosten decken sowie Gewinn erzielen konnte, was im vorliegenden Fall auch geschehen ist.
67Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht entnehmen, dass eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert nur dann zu erfolgen hat, wenn die Verlustrisiken für den Anleger unbegrenzt sind. Vielmehr ist die Verpflichtung zur Aufklärung über den negativen Marktwert als unabhängige und eigenständige Pflicht aufzufassen, die für sich - und unabhängig von der Höhe des möglichen Verlustes - verletzt werden kann. Aus diesem Grunde konnte es der BGH in der vorgenannten Entscheidung auch offen lassen, ob die Pflicht zur Aufklärung über das unbegrenzte Risiko verletzt war, was ansonsten eine Zurückverweisung und Sachaufklärung durch das Berufungsgericht erfordert hätte.
68d. Die Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge nicht als reines Spekulationsgeschäft (Zinswette), sondern im Hinblick auf ein Grundgeschäft zur Zinsoptimierung abgeschlossen wurden.
69aa. Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich keine hinreichend deutliche Aussage dazu entnehmen, dass die Aufklärungspflicht hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes auf reine Spekulationsgeschäfte beschränkt werden sollte. Zum einen lag der betreffenden Entscheidung gerade eine Fallgestaltung mit einem solchen Grundgeschäftsbezug zugrunde, weil die dortige Klägerin – nach ihrem Vortrag – die Verträge als Sicherungsgeschäft im Hinblick auf einen variabel verzinslichen Kredit abgeschlossen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, juris Rn. 26). Darüber hinaus sprechen weitere Erwägungen dafür, dass der XI. Zivilsenat die von ihm postulierte Beratungspflicht nicht auf die Fallgestaltung des reinen Spekulationsgeschäftes beschränken wollte:
70Der BGH stellt in der betreffenden Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass die Integrität der Beratungsleistung einer Bank dadurch in Zweifel gezogen wird, dass sie sich ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Berechnungsmethoden überwiegendes Verlustrisiko des Kunden "abkaufen" lässt, das dieser gerade aufgrund ihrer Anlageentscheidung übernommen hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 36). Es ist nicht ersichtlich und wird vom XI. Senat im Zusammenhang mit der Frage der Integrität der Beratungsleistung auch nicht problematisiert, dass ein solches Verlustrisiko dann nicht besteht und daher der "Verkauf" dieses Risikos durch die Bank keinen Zweifel an ihrer Integrität weckt, wenn der Kunde einen T-Vertrag mit dem Ziel abschließt, die bestehende Zinsbelastung aus einem Grundgeschäft zu verringern. Auch in solchen Fällen nutzt die Bank ihren Wissensvorsprung bzw. die von ihr vorgenommene Strukturierung des Anlageproduktes aus, um im Rahmen des I-Geschäfts einen unmittelbaren Gewinn zu erzielen, während der Kunde den von ihm übernommenen Risiken des Ts über die gesamte Vertragslaufzeit ausgesetzt ist, mag dieses Risiko auch im Einzelfall durch die konkrete Vertragsgestaltung gedeckelt sein.
71Weiter unterliegt nach den Ausführungen des BGH nicht die Gewinnerzielungsabsicht der Bank als solche einer Aufklärungspflicht, da sie bei Eigengeschäften für den Anleger offenkundig ist. Zu einer Aufklärungspflicht führt allein die Besonderheit des von der Bank konkret empfohlenen Produktes (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 38). Auch an dieser Stelle stellt der BGH also nicht ausdrücklich auf einen (fehlenden) Grundgeschäftsbezug ab, sondern vielmehr auf die Besonderheiten des konkret empfohlenen Produktes, dessen zu Lasten des Kunden gestaltete Risikostruktur, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss weitergegeben wurde, einen besonderen und damit aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt begründet. Es ist wiederum nicht ersichtlich, warum sich dieser Interessenkonflikt, in dem sich die Bank aufgrund der von ihr veranlassten internen Maßnahmen (Strukturierung des Anlageproduktes) befindet, in solchen Fällen nicht zeigen soll, in denen die Bank das Anlageprodukt nicht zu Spekulationszwecken des Kunden, sondern in Bezug auf dessen Zinsoptimierungswünsche hinsichtlich eines Grundgeschäfts anbietet.
72Soweit Schmieder (WuB I G 1. - 16.12) schließlich unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des BGH eine Aufklärungspflicht nur bei T-Geschäften bejaht, die nicht zur Absicherungszwecken, sondern allein zu Spekulationszwecken geschlossen werden, wird eine überzeugende Begründung für dieses Abgrenzungskriterium nicht angeführt. Dies gilt umso mehr, als ihrer Ansicht nach die Aufklärungspflicht auch bei solchen auf spekulativer Basis abgeschlossenen T-Verträgen gelten soll, die einfach strukturiert sind oder bei denen der Kunde mit steigenden Zinsen rechnet und daher unter Verzicht auf die Chance zukünftig geringerer Zinsen einen Festzins zu zahlen hat. Gerade in der zweiten Fallgestaltung dürfte vielmehr schon fraglich sein, inwiefern überhaupt ein Wettcharakter vorliegt, bei dem sich die Bank und der Kunde im Sinne gegenläufiger Interessen gegenüberstehen und damit generell der Anwendungsbereich der "Aufklärungspflicht aufgrund Interessenkonfliktes" eröffnet ist.
73bb. Unabhängig davon, dass sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung demnach kein hinreichend deutlicher Hinweis auf das Abgrenzungskriterium "fehlendes Grundgeschäft" entnehmen lässt, hält der Senat eine solche Differenzierung bei der Frage einer Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert auch nicht für gerechtfertigt.
74Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass sich der Kunde, dem die Bank ein T-Geschäft zur „Zinsoptimierung“ eines mit ihr bestehenden Grundgeschäftes empfiehlt, des Gewinninteresses der Bank bei diesem Vertrag bewusst ist. Denn letztlich bietet ihm die Bank eine Möglichkeit an, der als unzureichend empfundenen Zinsstruktur des Grundgeschäftes (z.B. Festzins bei sinkenden Marktzinsen oder variabler Zins bei Bedürfnis nach gleichbleibender Belastung ohne Abweichungsrisiko) zu entkommen. Dass sie dies nicht ohne ein eigenes Gewinninteresse tut, liegt auf der Hand, weil ansonsten statt des T-Vertrages schlicht eine Abänderung der Zinskonditionen des Grundgeschäftes hätte erfolgen können. Allein dieses Gewinninteresse der Bank ist jedoch nicht der Kerngehalt des anfänglichen negativen Marktwertes, so dass eine Aufklärungspflicht der Beklagten trotzdem zu bejahen ist:
75Entscheidend für die Pflicht zur Aufklärung über einen bestehenden Interessenkonflikt ist die Erwägung, dass die Bank das empfohlene Produkt nicht nur vertreibt, sondern zugleich als Gegenpartei des Geschäfts in Erscheinung tritt. Dabei geht der Kunde aufgrund der Ausgestaltung des konkreten T-Vertrages bzw. dessen Wettcharakter berechtigterweise davon aus, dass sowohl er als auch die Bank ein gleiches Risiko hinsichtlich der Zins- bzw. Währungsentwicklung tragen. Damit ist nicht gemeint, dass die künftige Entwicklung dieser Variablen vorhersehbar ist und als gleichrangig eingestuft wird, sondern lediglich, dass die jeweilige Ausgangsposition von Kunde und Bank im Rahmen der Wette gleichartig ist. Dieser berechtigten Erwartung des Kunden wird aber dann nicht entsprochen, wenn die Bank die Risikostruktur des T-Vertrages so zu Lasten des Kunden gestaltet, dass der Markt die Anfangschancen des Kunden negativer beurteilt als die der beratenden Bank und daher objektiv gesehen die beiden Wettpartner gerade keine gleichartige Ausgangsposition haben. Dass die Bank diesen Vorteil ausnutzt, um in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss gewinnbringende I-Geschäfte zu schließen, was ihr nur dann möglich ist, wenn sie ihre eigene Gewinnmarge neben anderen Kostenkomponenten in den anfänglich negativen Marktpreis "einpreist", führt zu einer Konstellation, die nicht mehr als "faire Wette" bezeichnet werden kann. Denn die Bank hat in diesen Fällen durch das I-Geschäfte ihren Gewinn bereits realisieren und sich des künftigen Zins- bzw. Marktrisikos entledigen können, bevor der Vertrag überhaupt durchgeführt wurde.
76Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist daher, dass sich bei einem mit gegenläufigen Interessen der Bank bzw. des Kunden ausgestalteten T-Vertrag die beiden Partner im Rahmen einer Wette auf die künftige Zins- bzw. Währungsentwicklung gegenüberstehen. Ob zu diesem Vertrag ein Grundgeschäft besteht, dessen Zinsbelastung der Kunde möglicherweise optimieren will, kann bei der Frage der Aufklärungspflicht keine Rolle spielen. Denn auch bei bestehendem Grundgeschäft kann ein Kunde berechtigterweise erwarten, über eine zu seinen Lasten erfolgte Strukturierung des Anlageproduktes durch seinen "Wettgegner", welche diesem einen unmittelbaren Gewinn aus dem Anlagevertrag sowie die Weitergabe des Risikos ermöglicht, informiert zu werden, wenn dieser Gegner gleichzeitig der Vertragspartner seines Anlageberatungsvertrages ist. Es würde auch eine ungerechtfertigte Schlechterstellung desjenigen Kunden nach sich ziehen, der bei der betreffenden Bank bereits mit einem bestimmten Kreditvolumen involviert ist, wenn seine Aufklärung über die tatsächlichen Parameter einer Wette auf die Zins- bzw. Währungsentwicklung nach anderen Maßstäben zu erfolgen hätte als diejenige eines (Neu-) Kunden, der ein reines Spekulationsgeschäft abschließt. Denn auch derjenige Kunde, der den T-Vertrag nicht zu reinen Spekulationszwecken, sondern zur Zinsoptimierung eines Grundgeschäfts abschließt, darf davon ausgehen - ohne die Gewinninteressen der Bank in Abrede zu stellen - dass diese ihm im Rahmen der gewünschten Zinsoptimierung jedenfalls kein Produkt empfiehlt, welches sie vorher in ihrem eigenen Gewinn- und Absicherungsinteresse einer bestimmten Ausgestaltung unterworfen und damit die gleichartige Ausgangsposition der Wette zu ihren Gunsten heimlich verändert hat.
77Die Entscheidungen des Senats vom 18.1.2012 (13 U 37/11, 13 U 232/10 und 13 U 236/10) stehen den vorstehenden Erwägungen nicht entgegen. Denn es war in diesen Fällen eben nicht unstreitig, dass das Anlageprodukt einen anfänglichen negativen Marktwert aufwies und die beklagte Bank ihren "Gewinn" aus einem (unterstellten) negativen Marktwert tatsächlich bereits durch ein I-Geschäft realisiert hatte. Auch mit der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 27.6.2012 (9 U 140/11, WM 2012, 1829) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Insofern kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Ansicht des OLG Stuttgart zu folgen ist, dass eine Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert dann entfällt, wenn der Kunde eigenverantwortlich beurteilen kann, ob eine mit einem T-Vertrag getroffene Festzinsvereinbarung marktgerecht ist und seinen Sicherungsinteressen entspricht. Denn im dort entschiedenen Fall bestand das Grundgeschäft in einem variabel verzinsten Darlehen, welches mittels T-Vertrag in eine Festzinsvereinbarung umgewandelt wurde war. Bei dieser Konstellation hat das OLG Stuttgart zutreffend die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem konkreten T-Vertrag nicht um eine Zinswette der Bank gegen den Kunden handelte, sondern der Kunde vielmehr nur bewusst auf die Ertragschancen, die sich aus einem künftig sinkenden variablen Zins des Grundgeschäftes ergeben hätten, verzichten würde.
78Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hätte die Klägerin durch die Beklagte bei Abschluss der T-Verträge über die anfänglichen negativen Marktwerte aufgeklärt werden müssen. Denn die Interessen der Parteien waren im Rahmen des D (Wette auf Wechselkurs EUR/D), des Kündbaren Zahler T (Wette auf den 3-Monats-Euribor) sowie des Digitalen Zinsumfeld T (Wette auf D2 10 und 3-Monats-Euribor) entgegengesetzt. Die mit der Klägerin geschlossenen Verträge waren damit "Wetten" im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Denn in sämtlichen Fällen wetten die Parteien auf eine bestimmte Entwicklung des Marktes und eine damit verbundene Entwicklung bestimmter Indizes. Bei einer bestimmten Wertentwicklung ist das Geschäft für die Klägerin ein Erfolg, weil ihre Zinszahlung geringer ist als der Betrag, den sie von der Beklagten empfängt, bei anderen Wertentwicklungen ist es umgekehrt.
79cc. Soweit die Beklagte behauptet, dass sie bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Klägerin erläutert habe, sie verdiene nicht an der Gegenposition im Rahmen des Wettgeschäftes, sondern erziele ihren Verdienst durch Einrechnung einer Marge in die Konditionen der Geschäfte, die „am Interbankenmarkt durchgehandelt“ würden, ist dies zum einen von der Klägerin bestritten worden, die darlegt, dass die Stellung als Intermediär erst in späteren Gesprächen erwähnt wurde und reicht zum anderen nicht als Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert aus. Denn dieser zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht allein das Gewinninteresse der Bank widerspiegelt, sondern darüber hinaus eine bewusste Strukturierung des Anlageproduktes symbolisiert, aufgrund derer der Markt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen für den Kunden schlechter einstuft als die Chancen der Bank. Die Beklagte behauptet aber selbst nicht, über diesen Umstand aufgeklärt zu haben. Insofern ist es auch unerheblich, ob und seit wann die Klägerin von der Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten durch die Weitergabe der Vertragsposition am Interbankenmarkt wusste. Allein der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise von der Weitergabe des Vertrages im Rahmen eines Hedgings gewusst hat, vermittelt ihr noch nicht die Kenntnis über die zu ihren Lasten erfolgte Strukturierung des Produktes.
80Zwar ist bei denjenigen T-Verträgen, die im Rahmen der Umstrukturierung abgeschlossen wurden, zugunsten der Beklagten eine Kenntnis der Klägerin davon zu unterstellen, dass das Neugeschäft aufgrund der Einpreisung des bei Auflösung des Erstgeschäfts ersparten Auflösungspreises von vornherein "zu teuer" war. Auch dieser Umstand ersetzt jedoch nicht die geschuldete Aufklärung, denn der anfängliche negative Marktwert im Sinne der Rechtsprechung des BGH bedeutet, dass das Produkt bewusst so gestaltet wurde, dass der Markt die Risiken für den Kunden schlechter bewertet. Diese Kenntnis hat die Klägerin auch dann nicht, wenn sie weiß, dass sie an die Beklagte deshalb einen Aufschlag zahlt, weil diese in die Beendigung eines anderen Geschäfts ohne Ausgleich der aus diesem Vertrag fälligen Zahlungen eingewilligt hat.
816. Die unterbliebene Aufklärung der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert der streitgegenständlichen T-Verträge war auch kausal für den bei der Klägerin eingetretenen Vermögensschaden. Denn die Beklagte hat keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen, die zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens der Klägerin führen. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten geltend gemachten Umstände, dass nämlich zum einen der Klägerin das Verdienstinteresse der Beklagten an den fraglichen Geschäften bewusst gewesen sei und diese zum anderen unter keinen Umständen die durch die ersten Geschäfte eingetretenen Verluste liquiditätswirksam habe realisieren wollen, rechtfertigen keine Vernehmung der insoweit benannten Zeugen N oder V2. Denn selbst wenn man diesen Vortrag der Beklagten zu ihren Gunsten als wahr unterstellt, genügt er nicht zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens:
82a. Die Kenntnis des Gewinninteresses der Beklagten konnte der Klägerin keinen Aufschluss über die Bedeutung des negativen Marktwertes geben, die darin liegt, dass die Bank – obwohl als Beraterin ausschließlich dem Kundeninteresse verpflichtet – gegenläufige Interessen verfolgt und das Produkt bewusst so strukturiert hat, das der Markt die Chancen und die Position des Kunden schlechter bewertet als diejenigen der Bank und sie deshalb in der Lage ist, sich das Risiko sofort durch ein Gegengeschäft mit Gewinn abkaufen zu lassen. Der darin liegende besondere Interessenkonflikt, insbesondere der aus der bewussten Strukturierung folgende Marktbezug, bleibt dem Kunden – hier der Klägerin – ersichtlich auch bei Kenntnis vom allgemeinen Gewinninteresse verborgen. Insofern kann die Kenntnis eines solchen Gewinninteresses auch nicht indizieren, dass sich die Klägerin auf die streitgegenständlichen Geschäfte auch bei Offenlegung des Marktwertes und seiner Bedeutung eingelassen hätte.
83b. Der Wunsch der Klägerin, bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte liquiditätswirksame Verluste aus politischen und/oder haushaltsrechtlichen Gründen zu vermeiden, spricht zwar zunächst für die von der Beklagten behauptete „Alternativlosigkeit“ des Verhaltens der Klägerin, das damit auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert erfolgt wäre. Eine solche Sichtweite lässt jedoch unzulässigerweise außer Acht, dass die Verluste, deren Realisierung die Klägerin vermeiden wollte, jeweils aus Vorgängergeschäften resultierten, bei denen die Klägerin ebenfalls nicht von der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt worden war. Wäre sie bei den drei Erstgeschäften im September 2005 (Kündbarer-Stufen-T vom 9.9.2005 und Kündbarer-Korridor-T vom 19.9.2005) bzw. Januar 2006 (Differenz-T vom 24.1.2006) ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte sie – dies folgt aus der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, denen die Beklagte insoweit allein den untauglichen Einwand des allgemeinen Verdienstinteresses entgegensetzen kann – schon diese gar nicht geschlossen und es wären auch die Verluste nicht entstanden, die zum Abschluss der Folgegeschäfte geführt haben. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus den drei Erstgeschäften verjährt sind und damit nicht mehr durchgesetzt werden können. Dies hindert jedoch nicht, bei der Prüfung, ob die Beklagte hinreichende Indizien für eine Kausalitätswiderlegung im Rahmen der streitgegenständlichen Geschäfte vorgetragen hat, die von ihr selbst durch eine frühere Pflichtverletzung geschaffene und zu verantwortende tatsächliche Situation zu berücksichtigen. Letztlich verstieße die Beklagte bei dem von ihr vorgetragenen alternativen Geschehensverlauf auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Bei der Frage, wie sich ein Anleger bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte, kann lediglich auf diejenige Entscheidung abgestellt werden, die der Anleger autonom aus freien Stücken, allein unter Zugrundelegung von in seiner Sphäre liegenden Umständen getroffen hätte. Dies kann durchaus auch zu der von der Beklagten hier postulierten „Alternativlosigkeit“ der konkreten Anlageentscheidung führen, wenn beispielsweise steuerliche Erwägungen eine so herausragende Rolle spielen, dass der Anleger demgegenüber hohe Risiken oder eine bewusste Strukturierung der Anlage in Kauf nimmt. Dabei handelt es sich jedoch um tatsächliche oder vermeintliche Sachzwänge, die allein vom Verhalten des Anlegers herrühren bzw. von ihm beeinflusst wurden. Im vorliegenden Fall ist es dagegen so, dass die Beklagte durch ihre Pflichtverletzungen, nämlich die schon bei den Erstgeschäften unterlassene Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert, überhaupt erst den Zustand der „Alternativlosigkeit“ der Restrukturierungsverträge auf Seiten der Klägerin verursacht hat, so dass die Klägerin eben nicht allein aus autonomen Motiven handelte, sondern (zumindest auch) aufgrund der durch die Beklagte verursachten Zwangslage.
847. Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ein Verschulden der Beklagten bejaht, da sie nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB schlüssig dargelegt hat, dass sie die Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin nicht zu vertreten hat. Dies wird von der Beklagten mit der Berufung auch nicht angegriffen.
858. Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB verneint. Dies gilt – entgegen den Ausführungen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 11.7.2013 – unabhängig davon, ob die Frage eines haftungsausschließenden oder nur eines anspruchsmindernden Mitverschuldens der Klägerin im Raume steht.
86a. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem zur Vermeidung jedweder Verlustrealisierung weiter investiert, anstatt die betreffenden Geschäfte zu beenden, rechtfertigt dieser Vortrag – zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt – weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB.
87Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Aufklärungspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe auf die Auskunft nicht vertrauen dürfen. Die von diesem Grundsatz gemachten Ausnahmen (z.B. zur Vorsicht mahnende Art und Weise des Beratungsgespräches, sorgfaltswidrig nicht verwertete weitere Informationsquellen, offensichtlich lückenhafte Informationen des Beraters) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Sie stützt sich vielmehr auf die Erwägung, dass es im Rahmen einer Schadensteilung nach § 254 Abs. 1 BGB zulässig sei, ein Verschulden des Geschädigten gegen sich selbst zu berücksichtigen, welches mit dem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Beratung nichts zu tun habe, sondern eigenständig zu bewerten sei. Anknüpfungspunkt sei dabei, dass die Klägerin, als sie die Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit der bereits abgeschlossenen Produkte und deren negativen Verlauf erkannt habe, nicht sämtliche Verträge beendet, sondern mit weiterem Risiko Ersatzverträge abgeschlossen habe. Mit dieser Argumentation kann die Beklagte jedoch nicht durchdringen:
88Hinsichtlich der im Zeitraum vor Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist ein Mitverschulden der Klägerin schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis der Klägerin bzw. noch nicht einmal ein Problembewusstsein dahingehend bestand, dass die abgeschlossenen Verträge möglicherweise haushaltsrechtlich unzulässig sind und daher deren Auflösung betrieben werden muss. Hinsichtlich der im Zeitraum ab Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist unstreitig, dass es sich um Verträge handelte, welche die Beklagte der Klägerin in der konkreten Situation empfohlen hat. Zwar hat die Beklagte ihre Empfehlungen jeweils unter den Vorbehalt der "eigenen Zinsmeinung" der Klägerin gestellt, doch letztlich ebenso deutlich gemacht, dass sie die Produkte generell als für die konkreten Zwecke der Klägerin geeignet ansah. Dann ist es unzulässig, im Nachhinein den Vorwurf eines Verschuldens der Klägerin gegen sich selbst aus dem Umstand herzuleiten, dass die Klägerin nicht – unter Missachtung der mit der Anlageempfehlung verbundenen Einschätzung der Beklagten – eine kommunalrechtliche Prüfung veranlasst hat, um die vermeintliche Rechtswidrigkeit derjenigen Anlageempfehlung festzustellen, der sie eigentlich vertrauen können sollte.
89b. Auch soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Klägerin sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, da ihr nach eigenem Vortrag für eine eigenständige Einarbeitung in die Materie der T-Verträge weder das erforderliche Personal noch die erforderliche Zeit zur Verfügung gestanden habe, liegt darin kein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens. Die Klägerin hat sich gerade deshalb einer Beratung der Beklagten bedient, weil diese über entsprechendes Personal mit Fachwissen und Fähigkeiten verfügte. Wenn sich nun die Beklagte mit dem Argument zu entlasten versucht, dass sich die Klägerin bei Vornahme der Anlageentscheidungen nicht auf einem hinreichenden Wissens- und Kenntnisstand befunden hat, dann belegt dies nur eine unzureichende Beratung, nicht jedoch ein Mitverschulden der Klägerin. Die Beklagte behauptet zudem auch nicht, dass die Klägerin den konkreten Beratungsfehler, nämlich die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert mit entsprechendem Personal und Zeit für eine Einarbeitung hätte erkennen können.
909. Der der Klägerin durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstandene Schaden beläuft sich auf einen Betrag von 1.357.435,82 Euro, nämlich einem Verlust in Höhe von 132.750 Euro aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie einem Verlust in Höhe von 1.224.685,82 Euro aus dem D vom 16.11.2009.
91a. Soweit die Klägerin zunächst mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag hinsichtlich einer weiteren Schadensersatzforderung von 18.271,20 Euro aus dem D-Digital-T vom 24.2.2009 weiter verfolgte, ist dieser Anspruch durch den mit Schriftsatz vom 4.6.2014 insoweit erklärten Teilklageverzicht hinfällig geworden.
92b. Die Klägerin muss sich die Auflösungspreise, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären, nicht als ersparte Aufwendung im Wege des Vorteilsausgleichs auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Zwar wurde unstreitig am 1.3.2007 bei Auflösung des Kündbaren-Stufen-T und Abschluss des ersten D-Digital-T ein Betrag in Höhe von 1.899.851,00 Euro sowie am 12.3.2008 bei Auflösung des Digitalen-Differenz-Stufen-T und Abschluss des Digitalen-Zins-Umfeld-T ein Betrag in Höhe von 157.000 Euro der Klägerin nicht in Rechnung gestellt. Jedoch löst dies keine Vorteilsausgleichung zu Lasten der Klägerin aus:
93Eine Vorteilsausgleichung findet statt, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis dem Geschädigten neben Nach- auch Vorteile gebracht hat, die in einem adäquaten Kausalzusammenhang stehen und deren Anrechnung Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11.2009 - VII ZR 233/08 m.w.N.). Es fehlt unter Beachtung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall schon an einem Vorteil der Klägerin, den sie sich auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müsste. Die Auflösungspreise für die beendeten Ts sind der Klägerin unstreitig nicht ausgezahlt oder auf andere Art und Weise gut gebracht worden. Vielmehr sind sie in das Folgegeschäft eingerechnet worden, welches aus diesem Grunde für die Klägerin entsprechend teurer wurde. Der einzige wirtschaftliche Vorteil der betreffenden Vorgehensweise für die Klägerin lag darin, dass die betreffenden Summen nicht am Stichtag der Auflösung bilanzschmälernd an die Beklagte ausgezahlt werden mussten, sondern dass diese Verluste im Rahmen der weiteren Verträge gleichsam fortgeschrieben wurden. Der darin möglicherweise liegende Zinsvorteil für die Klägerin wird von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht substantiiert dargelegt.
9410. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen unterlassener Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert bei Abschluss der Verträge über den Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 sowie den D vom 16.11.2009 sind nicht verjährt. Eine Verjährung nach dem mit Ablauf des 4.8.2009 außer Kraft getretenen § 37a WpHG a.F. scheidet hinsichtlich der Ansprüche aus dem D aus, weil der Vertrag am 16.11.2009 und damit nach dem 4.8.2009 geschlossen wurde. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T hält die Beklagte die Einrede der Verjährung ausweislich ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2012 nicht mehr aufrecht. Auch eine Verjährung nach §§ 195, 199 BGB kommt nicht in Betracht, weil die betreffenden Verträge erst in den Jahren 2008 bzw. 2009 abgeschlossen wurden und die damit frühestens am 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 beginnende dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 17.11.2011 noch nicht abgelaufen war.
95III. Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Feststellung gegen die Beklagte, dass dieser keine weiteren Ansprüche aus dem D, dem Digitalen-Zinsumfeld-T sowie dem Kündbaren-Zahler-T zustehen. Denn bei Abschluss dieser Verträge hat die Beklagte jeweils schuldhaft die Aufklärung hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes unterlassen, wodurch sie daran gehindert ist, künftig Forderungen aus diesen Verträgen gegen die Klägerin geltend zu machen.
96Im Einzelnen:
971. Die Beklagte kann gegen die Klägerin aus dem D vom 16.11.2009 keine Ansprüche mehr geltend machen, weil die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden ist. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung das betreffende Geschäft abgeschlossen hätte, um eine Realisierung der bereits eingetretenen Verluste zu vermeiden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
982. Die Beklagte kann des Weiteren auch aus dem Digitalen-Zinsumfeld-T vom 12.3.2008 keine weiteren Ansprüche mehr gegen die Klägerin geltend machen. Auch insoweit ist die Pflichtverletzung der Beklagten – wie oben bereits dargelegt – für den Vertragsschluss kausal geworden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist – wie bereits oben dargelegt – weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.
993. Die Beklagte kann schließlich auch aus dem Kündbaren-Zahler-T vom 9.11.2006 keine weiteren Forderungen mehr gegen die Klägerin geltend machen, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat und das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern ist.
100a. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie diese nicht über das Vorliegen des anfänglichen negativen Marktwertes aufgeklärt hat. Diese Pflichtverletzung ist für den schadensbegründenden Vertragsschluss auch kausal geworden, weil sich die Klägerin bei Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 noch nicht in der für sie als solche empfundenen Zwangslage befand, in der sie die Realisierung von Verlusten unbedingt vermeiden wollte und daher kein Indiz dafür vorliegt, dass sie ihre Anlageentscheidungen auch bei ordnungsgemäßem Hinweis auf den anfänglichen negativen Marktwert in gleicher Weise getroffen hätte. Grundsätzlich steht der Klägerin damit aus § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch zu, von allen weiteren Verpflichtungen aus dem betreffenden Vertrag mit der Beklagten freigestellt zu werden.
101b. Ob dieser Anspruch der Klägerin wegen Ablaufs der 3-Jahres-Frist bei Klageerhebung bereits nach § 37a WpHG a.F. verjährt war, weil die Verjährungsfrist bereits mit dem Vertragsschluss und nicht erst mit dem Fixing der gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zum Quartal bzw. Halbjahr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8.3.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579) zu laufen begann oder ob der Beklagten eine bedingt vorsätzliche Pflichtverletzung im Sinne eines vorsätzlichen Organisationsverschuldens (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298) vorzuwerfen und damit noch keine Verjährung eingetreten ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn selbst wenn der Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits verjährt sein sollte, könnte sie ihn der Beklagten im Rahmen der weiteren Vertragserfüllung einredeweise entgegenhalten und damit dem geltend gemachten Feststellungsantrag zum Erfolg verhelfen.
102aa. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerin gegenüber den Ansprüchen der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-T ab Januar 2014 (Zahlung eines Festzinses in Höhe von 6,41% auf einen anfänglichen Bezugsbetrag von 3.779.573,89 Euro) nicht mit einem verjährten Anspruch aufrechnen kann. Der Aufrechnung steht zwar nicht entgegen, dass die Forderung der Klägerin bei Abgabe der Aufrechnungserklärung mit Schriftsatz vom 30.4.2012 (Bl. 418 GA) bereits verjährt war (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.1951 - GSZ 1/51; Palandt/Grüneberg, BGB, § 387 Rn. 3 und § 388 Rn. 1), da die Verjährung einer Gegenforderung gemäß § 215 BGB die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn sie in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden hat (BGH, Urt. v. 8.11.2011 - XI ZR 341/10). Es fehlt allerdings auch im rückbezogenen Zeitpunkt an aufrechenbaren Gegenansprüchen der Klägerin: Der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund der unterlassenen Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert entstand bei Abschluss des Vertrages über den Kündbaren-Zahler-T in Gestalt eines Freistellungsanspruchs, mit dem nicht aufgerechnet werden konnte. Erst mit der jeweiligen Anforderungen von Leistungen durch die Beklagte wandelte sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, juris Rn. 46), was erst mit der ersten Leistung an die Beklagte, also am 30.4.2014 der Fall sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch jedoch bereits verjährt.
103bb. Die Klägerin kann ihren verjährten Schadensersatzanspruch der Beklagten jedoch nach § 215 BGB im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts entgegenhalten, was im Ergebnis dazu führt, dass der Beklagten – wie mit dem klageweise geltend gemachten Feststellungsantrag begehrt – keine weiteren Ansprüche aus dem Kündbaren-Zahler-T mehr zustehen.
104(1) Der Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist auf Rückabwicklung des für die Klägerin nachteiligen Vertrages gerichtet und kann der Inanspruchnahme durch die Beklagte einredeweise mit der Folge eines Leistungsverweigerungsrechts entgegen gehalten werden, das seine Grundlage im Verbot der unzulässigen Rechtsausübung hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196; BGH, Urt. v. 15.1.2009 – III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603). Dieser Anspruch entstand mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 und war auch sofort fällig, so dass er zu diesem (unverjährten) Zeitpunkt bereits dem Anspruch der Beklagten im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts hätte entgegengehalten werden können.
105(2) Die Regelung des § 215 BGB ist auch auf das Leistungsverweigerungsrecht anwendbar, welches dem Anleger aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestituation bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages zusteht. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 die Anwendbarkeit von § 215 BGB dahingehend in Abrede stellt, dass der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB zustehe, teilt der Senat diese Ansicht nicht: Schon dem Wortlaut von § 215 BGB ist nicht zu entnehmen, dass er sich auf Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB beschränken soll. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass die Vorschrift des § 215 BGB ebenso auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB Anwendung findet (vgl. BGH NJW 2006, 2773). Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht gegen die von der Beklagten vertretene Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Denn der Regelungsgehalt von § 215 BGB ist darauf gerichtet, dem Schuldner die Geltendmachung von Ansprüchen jedenfalls im Wege einer „Abwehr“ der Gegenforderung zu ermöglichen, auch wenn er sie aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr aktiv einfordern kann. Genau dies trifft auch den vorliegenden Fall der Leistungsverweigerung aus einem verjährten Rückabwicklungsanspruch wegen schuldhafter Fehlberatung beim Vertragsschluss. Der Anleger ist zwar aufgrund der Verjährung nicht mehr in der Lage, ihm entstandene Schäden der Vergangenheit ersetzt zu verlangen. Er kann sich aber zumindest davor schützen, vom Anlageberater gerade aus dem Vertrag künftig in Anspruch genommen zu werden, dessen Abschluss auf einer schuldhaften Fehlberatung beruht.
106(3) Für den Erhalt der Einredemöglichkeit gemäß § 215 BGB ist weiter nicht erforderlich, dass der aus dem T-Vertrag resultierende Anspruch der Beklagten in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Klägerin noch auf einen unverjährten Schadensersatzanspruch in Form eines Anspruchs auf Rückabwicklung hätte stützen können, bereits fällig war. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 geltend macht, es fehle an der von § 215 BGB vorausgesetzten Aufrechnungslage in nicht verjährter Zeit, vermengt sie in unzulässiger Weise die Fallgruppen des § 215 BGB. Da im vorliegenden Fall keine Aufrechnung der Klägerin zur Diskussion steht, sondern die Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht, kommt es auf die Voraussetzungen des § 387 BGB nicht an. Das Leistungsverweigerungsrecht aus §§ 280 Abs. 1, 249, 242 BGB steht der Klägerin bereits mit Abschluss des Vertrages zu und kann ab dem Zeitpunkt ausgeübt werden, ab dem der Anspruch der Beklagten erfüllbar war. Auch dies war bereits mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 der Fall, da die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der Vereinbarung eines Festzinses hinreichend bestimmt war. Es handelt es sich um einen lediglich betagten Anspruch, der im Januar 2014 fällig wurde. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, dass die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts durch die Klägerin einen fälligen Anspruch der Beklagten voraussetzt, dann hätte es letztlich der Vertragspartner eines entsprechenden T-Vertrages in der Hand, durch zeitliche Verlagerung des Zahlungstermines (und damit der Fälligkeit des eigenen Anspruchs) die Geltendmachung von Gegenrechte über den Zeitpunkt der Verjährung hinweg hinauszuschieben.
107IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 709, 711 ZPO.
108Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen: Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob eine Aufklärungspflicht über eine anfänglichen negativen Marktwert eines Ts auch dann besteht, wenn der Anleger den betreffenden Vertrag nicht zu (reinen) Spekulationszwecken, sondern im Hinblick auf ein bestehendes Grundgeschäft abschließt, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.6.2012 – 9 U 140/11, juris Rn. 43 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2013 – 9 U 101/12, juris Rn. 43 ff.). Eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Frage, die zur Herstellung der Rechtssicherheit erforderlich wäre, steht zur Zeit noch aus.
109Streitwert: 21.472.907,02 Euro
(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.
(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.
(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.