Landgericht Hamburg Urteil, 07. März 2014 - 317 O 208/13

Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Kläger verlangt die Rückerstattung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
- 2
Am 5./6.7.2010 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag mit einer Zinsbindungsfrist bis zum 30.6.2025 (Anl. K1). Der Rückzahlungsanspruch wurde mit einer Grundschuld auf dem Grundstück P... Straße, H..., abgesichert. Der Vertrag wurde mit beidseitig unterzeichnetem vom 8.7.2010 (Anl. K2) wie folgt abgeändert:
- 3
Der erste Absatz „Aus dem Darlehen wird das Darlehen Nr. 7... bei der Sparkasse abgelöst. Mit der Annahme des Darlehnsangebots beauftragt der Darlehensnehmer die Sparkasse unwiderruflich zum 01.08 2011 die entsprechende Buchung vorzunehmen.“ wird gestrichen.
- 4
Im Juni 2013 bat der Kläger wegen des bevorstehenden Verkaufs des Grundstücks um eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehns. Damit erklärte sich die Beklagte nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung einverstanden (Schreiben vom 4.7.2013, Anl. K3). Mit Schreiben vom 26.6.2013 (Anl. K4) bat das Notariat am G... Markt im Auftrag des Klägers um die Aufgabe des Ablösungsbetrages für eine vorzeitige Ablösung des Darlehens zum 1.8.2013. Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 17.7.2013 (Anl. K5) einverstanden und gab die Vorfälligkeitsentschädigung mit € 11.008,55 an.
- 5
Mit Schreiben vom 19.7.2013 (Anl. K6) erklärte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten den Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 495 BGB; er wies darauf hin, dass infolge des Widerrufs kein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung besteht und bat um Abrechnung des Darlehens und Aufgabe des Ablösebetrages. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 23.7.2013 (Anl. K7) den Widerruf zurück. Der Kläger zahlte den Ablösebetrag unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Gemäß der Abrechnung der Beklagten vom 16.8.2013 (Anl. K8) wurde dabei eine Vorfälligkeitsentschädigung von € 10.652,11 berücksichtigt.
- 6
Der Kläger ist der Ansicht, dass er wegen des Rücktritts keine Vorfälligkeitsentschädigung geschuldet habe.
- 7
Er sei zum Rücktritt berechtigt gewesen, weil die Widerrufsbelehrung nicht dem – jedenfalls analog anzuwendenden – § 360Abs. 1 Satz 1 BGB entsprochen habe. Hinzu komme, dass die „unwiderrufliche“ Beauftragung für den Darlehensnehmer den Anschein erwecke, dass ihm nach Vertragsunterzeichnung kein Widerrufsrecht mehr zustehe. Die Bitte um Ablösung des Darlehens stelle keine konkludente Kündigung dar; selbst wenn es sich um eine konkludente Kündigung handeln sollte, wäre damit aber das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen.
- 8
Der Kläger beantragt,
- 9
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 10.652,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 10
Die Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe die Vorfälligkeitsentschädigung geschuldet.
- 13
Der Kläger sei ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert worden. § 360 BGB finde nach der damaligen Rechtslage keine Anwendung. Der Darlehensvertrag enthalte auch keine widersprüchlichen Angaben. Auch sei der Vertrag bereits vor dem Widerruf durch Kündigung beendet gewesen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.1.2012, Az. I-6 W 221/11). Zudem sei der Widerruf treuwidrig und der Kläger habe sein Widerrufsrecht verwirkt.
- 14
Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 15
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 812 BGB auf Erstattung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung.
- 16
1. Dem Kläger schon stand kein Widerrufsrecht zu.
- 17
a) Die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag entsprach der damaligen Rechtslage.
- 18
Die damalige Fassung des § 495BGB verwies – wie auch heute noch – in Abs. 2 auf eine Anwendung der §§ 355 bis 359a BGB. An die Stelle der Widerrufsbelehrung tritt danach die Pflichtangabe nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Die damalige Fassung bestimmte in Abs. 2: „Besteht ein Widerrufsrecht nach § 495 des bürgerlichen Gesetzbuchs, müssen im Vertrag Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmer enthalten sein, ein bereits ausgezahltes Darlehen zurückzuzahlen. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben.“ Die von Gesetz geforderten Angaben sind in Nr. 14 des Darlehensvertrages enthalten.
- 19
Da mit der Verweisung auf die Pflichtangabe nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBG eine eigenständige Regelung getroffen wurde, fehlt konsequenterweise eine Verweisung auf § 360 BGB. Dieser ist dementsprechend nicht – und zwar auch nicht analog – anzuwenden. Dass die Pflichtangeben „in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form“ erfolgen müssen, ist erst mit einer Gesetzesänderung zum 1.11.2013 eingeführt worden. Damals war auch die Anlage 2 zur BGB-InfoV mit Wirkung zum 11.6.2010 aufgehoben worden; die Beklagte hat hier aber das erst zum 30.7.2010 in Kraft getretene Muster verwendet, was keinen Bedenken begegnet, sondern über die Angaben über die damaligen Pflichten hinaus enthält.
- 20
b) Der Vertrag enthält auch keine widersprüchlichen Regelungen, die den Widerrufsinformationen entgegenstehen würden.
- 21
Zwar heißt es in den „Besonderen Vereinbarungen“, dass die Beklagte „unwiderruflich“ mit der Buchung zur Ablösung eines vorherigen Darlehens beauftragt wird, das ist jedoch nicht geeignet, den Darlehnsnehmer glauben zu lassen, dass ein Widerruf des Darlehns nach Vertragsschluss nicht möglich sei. Das ergibt sich schon daraus, dass in den „Besonderen Vereinbarungen“ ausdrücklich erwähnt wird, dass die Auszahlung des Darlehens erst nach Ablauf der Widerrufsfrist möglich ist. Daher konnte auch die Ablösung eines anderen Darlehens erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolgen und während dieser Frist sollte mithin der Widerruf des Vertrages möglich sein. Lediglich der Auftrag zur Ablösung sollte (für sich) unwiderruflich sein, wäre mit dem Widerruf des Vertrags aber selbstverständlich gegenstandslos gewesen.
- 22
Es kommt daher nicht darauf an, dass diese Vereinbarung ohnehin unmittelbar nach Vertragsschluss abgeändert wurde.
- 23
2. Dem Kläger stand mithin schon kein Widerrufsrecht zu. Es kann daher dahinstehen, ob der von der Beklagten Entscheidung des OLG Düsseldorf zu folgen ist, ob der Rücktritt treuwidrig erfolgte oder das Rücktrittsrecht verwirkt war.
- 24
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

moreResultsText
Annotations
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen und liegen die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vor, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Auf die Rückabwicklung des zusammenhängenden Vertrags ist § 358 Absatz 4 Satz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Widerruft der Verbraucher einen Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einen Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, hat er auch für den zusammenhängenden Vertrag keine Kosten zu tragen; § 357c Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ein zusammenhängender Vertrag liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Leistung betrifft, die von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird. Ein Darlehensvertrag ist auch dann ein zusammenhängender Vertrag, wenn das Darlehen, das ein Unternehmer einem Verbraucher gewährt, ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angegeben ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.