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Am 30.07.1997 wurde vor dem Notariat II Staufen ein Verschmelzungsvertrag zwischen der J & K GmbH & Co. KG und der I.-Verwaltungs-GmbH beurkundet. Die I. Verwaltungs-GmbH war eine der Komplementärinnen der J & K GmbH & Co. KG. In dem Vertrag übertrug die GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme. In § 2 des Vertrages ist festgehalten, dass die Gesellschafter der GmbH bereits Kommanditisten der KG sind. Ihre Stellung werde durch die Verschmelzung nicht verändert. Eine Erhöhung der Hafteinlagen erfolge nicht. Die Anteile an der GmbH gingen infolge der Verschmelzung unter.
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Mit dem angefochtenen Kostenansatz wurden aus einem Geschäftswert in Höhe von DM 104.027,00 zwei volle Gebühren nach § 36 Abs. 2 KostO angesetzt. Die Beteiligte Ziffer 1 hat diese Gebühren sowie die angesetzten Schreibauslagen am 08.10.1997 bezahlt. Mit Schreiben vom 27.11.2000 hat die Kostenschuldnerin Erinnerung gegen die Kostenrechnung eingelegt, weil die angesetzte Gebühr eine unzulässige indirekte Steuer im Sinne der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 darstelle.
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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht den Kostenansatz aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Notariat II Staufen - Kostenbeamten - zurückgegeben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 14.04.2003 sowie die Stellungnahme der Beteiligten Ziffer 2 vom 22.11.2002 Bezug genommen.
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Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
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Nach Artikel 4 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 (im folgenden nur Richtlinie) unterliegen der Gesellschaftssteuer die nachstehend enumerativ aufgezählten Vorgänge, unter anderem (Buchstabe c) die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art. Nach Absatz 2 der genannten Vorschrift in der Fassung der Richtlinie des Rates vom 10.06.1985 (85/303/EWG) - im folgenden: Richtlinie neuer Fassung - können, soweit sie am 01.07.1984 der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen, die folgenden Vorgänge auch weiterhin der Gesellschaftssteuer unterworfen werden: (Buchstabe b) die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen. Nach Artikel 10 der Richtlinie erheben die Mitgliedsstaaten abgesehen von der Gesellschaftssteuer von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf (Buchstabe a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge, (Buchstabe b) die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge, (Buchstabe c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann. Abweichend hiervon sind u.a. lediglich Abgaben mit Gebührencharakter statthaft (Artikel 12 der Richtlinie).
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Die nach § 36 Abs. 2 KostO angesetzte Gebühr für die nach § 6 UmwG notwendige Beurkundung des Verschmelzungsvertrages stellt eine i.S. v. Artikel 10 der Richtlinie unstatthafte Steuer oder Abgabe auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende "sonstige Formalität" (Art. 10 Buchstabe c der Richtlinie) dar, welcher die Beteiligte Ziffer 1 wegen des abschließenden Charakters der Besteuerung nach Artikel 4 der Richtlinie nicht unterworfen werden darf. Es handelt sich nicht etwa nur um eine "Abgabe mit Gebührencharakter" i.S. v. § 12 Abs. 1 e der Richtlinie, sondern eine Steuer oder Abgabe, weil die Obergrenze nicht so festgelegt ist, dass sie den Kosten der Dienstleistung angemessen ist, für die die Abgabe die Gegenleistungen darstellt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.12.2002 - 14 Wx 130/01).
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Der streitgegenständliche Vorgang fällt zwar nicht unter Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie, weil das "Kapital" der Gesellschaft nicht erhöht worden ist. Es geht vielmehr um eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens durch Leistungen eines Gesellschafters, hier der aufgenommen Gesellschaft, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringt und geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen (Artikel 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie).
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Für die Frage, ob es sich um einen von Artikel 10 der Richtlinie erfassten und damit die Erhebung von Abgaben oder anderen Steuern ausschließenden Vorgang handelt, kommt es nicht darauf an, ob die in Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie beschriebenen Vorgänge am 01.07.1984 der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen. Ebensowenig ist von Bedeutung, ob der nationale Gesetzgeber (vgl. Artikel 7 Abs. 4 der Richtlinie vor der Änderung durch die bereits zitierte Richtlinie vom 10.06.1985 bzw. Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie neuer Fassung), die in Artikel 4 Abs. 2 genannten Vorgänge der Gesellschaftssteuer unterwirft. Ausreichend ist, dass es sich grundsätzlich um in den beiden Absätzen von Artikel 4 der Richtlinie beschriebene Vorgänge handelt.
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Würde man Artikel 10 der Richtlinie in Bezug auf deren Artikel 4 Abs. 2 anders verstehen, verlöre Artikel 10 weitgehend die Funktion, "die Steuern auf die Ansammlung von Kapital zu harmonisieren und andere indirekte Steuern mit denselben Merkmalen wie die Gesellschaftssteuer aufzuheben" (vgl. die Begründungserwägungen der Richtlinie 69/355/EWG). Der nationale Gesetzgeber könnte dann nämlich "andere Steuern" (Artikel 10 der Richtlinie) dadurch einführen, dass er von der Möglichkeit, eine Gesellschaftssteuer nach Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie zu erheben, absieht. Damit stünde Artikel 10 der Richtlinie zur freien Disposition des nationalen Gesetzgebers, was gerade nicht der Sinn des Artikel 4 Abs. 2 ist. Dort soll lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, auf die in der Vorschrift genannten Vorgänge (fakultativ) eine der Höhe nach von der Richtlinie im einzelnen geregelte (vgl. Artikel 7 der Richtlinie in der Ursprungsfassung) Gesellschaftssteuer zu erheben, nicht aber andere Steuern einzuführen.
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Dasselbe gilt hinsichtlich des mit der Richtlinie vom 10.06.1985 in Artikel 4 Abs. 2 eingefügten, bereits dargestellten Zusatzes. Die dargestellte Neufassung von Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie durch die Richtlinie des Rates vom 10.06.1985 (85/303/EWG) ist vielmehr im Zusammenhang zu sehen mit der hierin angeordneten weitergehenden Harmonisierung (Art. 7 der Richtlinie neuer Fassung). Folglich sollte mit der Neufassung des Eingangssatzes von Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie durch die Richtlinie vom 10.06.1985 nicht etwa der umfassende Vorrang der Richtlinie vom 17.07.1969 eingeschränkt und den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eröffnet werden, neben der Gesellschaftssteuer weitere Steuern oder Abgaben zu erheben.
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Ohne Bedeutung ist, dass ausweislich der Vorbemerkung des Verschmelzungsantrages die Anteile an der verschmolzenen GmbH steuerlich als notwendiges Betriebsvermögen der KG galten. Der Begriff der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens ist nämlich nicht im Sinne nationaler, steuerrechtlicher Sonderbestimmungen über die Zuordnung von Vermögen zu verstehen (vgl. BFH E 165, 552).
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Die Beteiligte Ziffer 1 kann sich auf die Schutzbestimmungen der Richtlinie nach deren Artikel 3 Abs. 2 berufen, worin sie den Kapitalgesellschaften als "andere Gesellschaft, die einen Erwerbszweck verfolgt", gleichgestellt wird.
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Fürsorglich weist die Kammer darauf hin, dass es unbedenklich erscheint, beim erneuten Ansatz der Kosten entsprechend dem Erlass des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 22.05.2002 - Aktenzeichen 5656/0227 - vorzugehen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.05.2003 - 11 Wx 120/00).
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Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, da hierfür die Voraussetzungen nicht gegeben sind.
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