Landgericht Dortmund Urteil, 01. Sept. 2016 - 2 O 27/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von 224.420,73 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist eine kirchliche Einrichtung mit den Rechten einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Angelegenheiten durch ihre Satzung geregelt werden. Sie hat den Zweck, den Mitarbeitenden (Beschäftigten) im Sinne des Kirchengesetzes der Evangelischen Kirche eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Die Beklagte trat der Klägerin 1967 bei. § 13 der Satzung bestimmt, dass das Beteiligungsverhältnis ein durch die Satzung bestimmtes Versicherungsverhältnis ist.
3Anfang 2002 wechselte die Klägerin vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell (Wechsel im Leistungssystem) und vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren (Wechsel im Finanzierungssystem). Anlass war der Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal- (ATV-K) vom 1.3.2002 unter anderem mit folgenden Regelungen:
4§ 15
5„Die Finanzierung der Pflichtversicherung wird von den Zusatzversorgungseinrichtungen eigenständig geregelt. Nach den Möglichkeiten der einzelnen Zusatzversorgungseinrichtungen kann die Umlagenfinanzierung schrittweise durch eine kapitalgedeckte Finanzierung abgelöst werden (Kombinationsmodell).“
6…
7§ 17
8Zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 01.11.2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, erhebt die Zusatzversorgungseinrichtung vom Arbeitgeber Sanierungsgelder.
9…“
10Die Höhe des Sanierungsgeldes wurde im Tarifvertrag nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001), der in Ziff. 4.1 folgendes bestimmt:
11„Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst.
12Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) – mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v. H. – wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt.“
13Über das Sanierungsgeld enthält § 63 der Satzung der Klägerin folgende Regelung:
14„(1) Die Kasse kann ein Sanierungsgeld zur Deckung eines Fehlbetrages im Abrechnungsverband S erheben.
15(2) Das von den Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz
16a) …
17b) …
18c) …“
19Am 17.09.2008 beschloss der Verwaltungsrat der Klägerin jeweils auf Vorschlag des Aktuars Dr. H für den Abrechnungsverband S ab 01.01.2010 ein Sanierungsgeld von 1% (Anlage K 4) und am 30.11.2009 ab 2011 von 2% (Anlage K 5). Grundlage waren unter anderem ein Wechsel von der Richttafel 1998 zu der Richttafel 2005 bei der Berechnung der Deckungsrückstellungen auf Basis der biometrischen Rechnungsgrundlagen und eine Berücksichtigung des abgesunkenen allgemeinen Zinsniveaus.
20Die Klägerin berechnete der Beklagten mit Schreiben vom 25.10.2012 für das Jahr 2011 Sanierungsgeld in Höhe von 448.841,47 €. Hierauf zahlte die Beklagte 224.420,74 €: Der Differenzbetrag von 224.420,73 € ist Gegenstand der Klage. Er war bereits Gegenstand einer negativen Feststellungsklage der jetzigen Beklagten, der durch Urteil der Kammer vom 12.11.2015 -2 O 129/14 – stattgegeben worden ist. Die Entscheidung ist bislang nicht rechtskräftig.
21Die Klägerin meint, § 63 ihrer Satzung und die Verwaltungsratbeschlüsse über die Erhebung der Sanierungsgelder seien wirksam.
22Die Klägerin beantragt,
23die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin 224.420,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 21.11.2015 zu zahlen,
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie meint, die Sanierungsgelderhebung in der Satzung der Klägerin widerspreche dem Tarifvertrag und die Beschlüsse des Verwaltungsrates vom 17.09.2008 und 30.11.2009 beruhten auf teilweise sachwidrigen Berechnungsgrundlagen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze und Anlagen verwiesen
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist zulässig. Wegen des engeren Rechtsschutzzieles der Feststellungsklage begründet diese keine Rechtshängigkeitssperre für eine Leistungsklage, mit der die Ansprüche verfolgt werden (BGH Urteil vom 04.07.2013, VII ZR 52/12, NJW-RR 2013,1105; Zöller, ZPO, 31.Aufl. § 256 Rn 7 d,16).
30Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des Sanierungsgeldes, denn sowohl § 63 der Satzung der Klägerin (nachfolgend 1.) als auch die Leistungsbestimmungen vom 17.09.2008 und 30.11.2009 durch den Verwaltungsrat (nachfolgend 2.) sind unwirksam.
311.
32§ 63 der Satzung der Klägerin ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil keinerlei Berechnungsgrundlagen für das Sanierungsgeld offengelegt werden.
33Grundsätzlich unterliegen die Satzungsbestimmungen der richterlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB (BGH IV ZR 76/09, Urteil vom 20.07.2011, Rn.50). Die Klägerin schließt mit den an ihr beteiligten Arbeitgebern privatrechtliche Versicherungsverhältnisse (§ 13 Abs. 1 der Satzung der Klägerin). Bei der Satzung der Klägerin handelt es sich um privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 R.14).
34Eine Inhaltskontrolle ist aber ausgeschlossen, wenn eine Satzungsregelung auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifpartner beruht. Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher Grundentscheidungen genießt der Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte grundsätzlich zu respektieren haben. Insoweit wirkt der Schutz der Tarifautonomie fort, die den Tarifvertragsparteien für ihre Grundentscheidung besondere Beurteilungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume eröffnet (BGH IV ZR 76/09, Urteil vom 20.07.2011, Rn.50, BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn.14). Bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist in diesem Zusammenhang zwischen dem arbeitsrechtlichen, durch Tarifvertrag geregelten Grundverhältnis und dem versicherungsrechtlichen, durch die Satzung der Klägerin geregelten Durchführungsverhältnis zu unterscheiden (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012, Rn. 14).
35Die Erhebung des Sanierungsgeldes in § 63 der Satzung der Klägerin beruht auf § 17 des Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal- (ATV-K) vom 1.3.2002. Diese Grundentscheidung ist damit der richterlichen Kontrolle entzogen (BGH IV ZR 76/09, Urteil vom 20.07.2011, Rn. 49, BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012, Rn. 19). Der Tarifvertrag enthält aber keinerlei Regelungen über die Höhe des Sanierungsgeldes und bestimmt ausdrücklich, dass jede Kasse ihre Finanzierung selbst regelt. Der ATV-K steht damit einer gerichtlichen Prüfung der satzungsmäßigen Regelung über die Höhe des Sanierungsgeldes nicht entgegen.
36Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH VI ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn. 67). Das Transparenzgebot erfordert unter anderem, dass der Versicherungsnehmer seine vertraglichen Rechte und Pflichten erkennen kann. Deshalb muss er in der Lage sein, die gegen ihn erhobene Gegenwertforderung nachzuvollziehen und zu überprüfen (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn.69). Diese Voraussetzungen erfüllt § 63 der Satzung der Klägerin nicht.
37Berechnungsmethode und Rechnungsgrundlagen wie z.B. die zu Grunde gelegten Sterbetafeln und/ oder der Rechnungszins sind aus der Satzung nicht ersichtlich. Eine unangemessene Benachteiligung des Beteiligten/Versicherungsnehmers liegt mithin in der Gefahr, dass er wegen unklar abgefasster Bedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn.69), weil ihm die unklaren Berechnungsgrundlagen die Möglichkeit zu einer eigenständigen Überprüfung der gegen ihn erhobenen Forderung - gegebenenfalls mittels eines eigenen Gutachtens - nehmen. Dabei ist es nicht Aufgabe des Versicherungsnehmers, sich durch eigene Gutachter fehlende Berechnungsparameter zu erschließen.
38Die durch die Unwirksamkeit des § 63 der Satzung der Klägerin entstandene Regelungslücke kann wegen der Vielzahl der verschiedenen denkbaren Lösungsmöglichkeiten nicht durch eine ergänzendegerichtliche Vertragsauslegung geschlossen werden, sondern muss durch eine Satzungsänderung durch die Klägerin erfolgen (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012, Rn. 72, 73, LG Dortmund 2 O 129/14 Urteil vom 12.11.2015; 2 O 404/11, Urteil vom 04.04.2013).
392.
40§ 63 der Satzung der Klägerin bestimmt, dass der Verwaltungsrat auf Vorschlag des Aktuars das von den Beteiligten zu zahlende Sanierungsgeld festsetzt. Der Klägerin steht damit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zu, das nach billigem Ermessen zu treffen ist (BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012, Rn.22). Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BGH IV ZR 336/14; Urteil vom 09.12.2015; BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012, Rn.27).
41Die Leistungsbestimmungen des Sanierungsgeldes vom 17.09.2008 und 30.11.2009 durch den Verwaltungsrat sind unbillig, weil sachfremde Gesichtspunkte eingeflossen sind, die bei der Berechnung des Sanierungsgeldes keine Rolle hätten spielen dürfen. Das Sanierungsgeld dient nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 ATV-K allein zur Deckung des Infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystems zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfes, der über die am 01.11.2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht und nicht zur Deckung des Infolge des Wechsels vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren (Wechsel im Finanzierungssystem) entstehenden Finanzbedarfes (OLG Hamm I-20 U 91/13, Urteil vom 31.01.2014, OLG Hamm I-20 U 98/12, Urteil vom 26.04.2013, a.A. OLG Köln 7 U 205/13 und 7 U 206/13, Urteile vom 31.07.2014). Berücksichtigt wurden vom Aktuar und dem Verwaltungsrat der Klägerin demgegenüber unter anderem ein Wechsel von der Richttafel 1998 zu der Richttafel 2005 bei der Berechnung der Deckungsrückstellungen auf Basis der biometrischen Rechnungsgrundlagen und eine Berücksichtigung des abgesunkenen allgemeinen Zinsniveaus. Dabei handelt es sich um Deckungsverluste durch den Wechsel des Finanzierungssystems und nicht des von § 17 ATV-K allein geregelten Leistungssystems.
42Eine gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 2 BGB ist im vorliegenden Fall nicht möglich. § 315 Abs. 3 BGB ist einschränkend dahingehend auszulegen, dass bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung zwar die Anpassungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht jedoch nicht seine Entscheidung an die Stelle einer unwirksamen Anpassungsentscheidung setzen kann (BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012 Rn.35). Die Zusatzversorgung der Klägerin stellt ein komplexes Versicherungssystem dar, das bezüglich seiner Finanzierung über die Belange der Beklagten hinausgeht und die Beteiligten in ihrer Gesamtheit betrifft.
43Festzuhalten bleibt damit, dass es keinen Rechtsgrund für das von der Klägerin geforderte Sanierungsgeld gibt und die Beklagte daher zur Zahlung nicht verpflichtet ist.
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Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 914.393,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 04.12.2013 zu zahlen.
Es wird feststellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an die Beklagte für das Abrechnungsjahr 2012 Sanierungsgeld zu zahlen in Höhe von 462.285,43 € sowie weiteres Sanierungsgeld für das Abrechnungsjahr 2011 in Höhe von 224.420,77 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte nach einem Streitwert von 1.601.099,95 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Beklagte ist eine kirchliche Einrichtung mit den Rechten einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Angelegenheiten durch ihre Satzung geregelt werden. Sie hat den Zweck, den Mitarbeitenden (Beschäftigten) im Sinne des Kirchengesetzes der F Kirche eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Die Klägerin trat der Beklagten 1967 bei. § 13 der Satzung bestimmt, dass das Beteiligungsverhältnis ein durch die Satzung bestimmtes Versicherungsverhältnis ist.
3Anfang 2002 wechselte die Beklagte vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell (Wechsel im Leistungssystem) und vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren (Wechsel im Finanzierungssystem). Anlass war der Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal- (ATV-K) vom 1.3.2002 unter anderem mit folgenden Regelungen:
4§ 15
5„Die Finanzierung der Pflichtversicherung wird von den Zusatzversorgungseinrichtungen eigenständig geregelt. Nach den Möglichkeiten der einzelnen Zusatzversorgungseinrichtungen kann die Umlagenfinanzierung schrittweise durch eine kapitalgedeckte Finanzierung abgelöst werden (Kombinationsmodell).“
6…
7§ 17
8Zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 01.11.2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, erhebt die Zusatzversorgungseinrichtung vom Arbeitgeber Sanierungsgelder.
9…“
10Die Höhe des Sanierungsgeldes wurde im Tarifvertrag nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001), der in Ziff. 4.1 folgendes bestimmt:
11„Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst.
12Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) – mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v. H. – wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt.“
13Über das Sanierungsgeld enthält § 63 der Satzung der Beklagten folgende Regelung:
14„(1) Die Kasse kann ein Sanierungsgeld zur Deckung eines Fehlbetrages im Abrechnungsverband S erheben.
15(2) Das von den Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz
16a) …
17b) …
18c) …“
19Am 17.09.2008 beschloss der Verwaltungsrat der Beklagten jeweils auf Vorschlag des Aktuars Dr. H für den Abrechnungsverband S ab 01.01.2010 ein Sanierungsgeld von 1% (Anlagen B3 bis B7) und am 30.11.2009 ab 2011 von 2% (Anlagen B8 bis B14). Grundlage waren unter anderem ein Wechsel von der Richttafel 1998 zu der Richttafel 2005 bei der Berechnung der Deckungsrückstellungen auf Basis der biometrischen Rechnungsgrundlagen und eine Berücksichtigung des abgesunkenen allgemeinen Zinsniveaus.
20Die Klägerin zahlte an die Beklagte folgende Sanierungsgelder:
212009: 245.573,00 €
222010: 444.399,56 €
232011: 224.420,74 € (50%).
24Mit der vorliegenden Klage begehrt sie die Rückzahlung und die Feststellung, dass sie für 2011 und 2012 kein (weiteres) Sanierungsgeld schuldet.
25Sie meint, die Sanierungsgelderhebung in der Satzung der Beklagten widerspreche dem Tarifvertrag und die Beschlüsse des Verwaltungsrates vom 17.09.2008 und 30.11.2009 beruhen auf teilweise sachwidrigen Berechnungsgrundlagen.
26Die Klägerin beantragt,
27die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin 914.393,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 04.12.2013 zu zahlen und
28festzustellen, dass sie, die Klägerin nicht verpflichtet ist, an die Beklagte für das Abrechnungsjahr 2012 Sanierungsgeld zu zahlen in Höhe von 462.285,43 € sowie weiteres Sanierungsgeld für das Abrechnungsjahr 2011 in Höhe von 224.420,77 € zu zahlen.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Sie meint, § 63 ihrer Satzung und die Verwaltungsratbeschlüsse über die Erhebung der Sanierungsgelder seien wirksam.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze und Anlagen verwiesen
33Entscheidungsgründe
34Die Klage ist begründet.
35Klageantrag zu 1
36Die Klägerin hat einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S.1 BGB auf Rückzahlung der unstreitig gezahlten Sanierungsgelder in Höhe von 914.393,30 €. Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, weil die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Sanierungsgeldes hat, denn sowohl § 63 der Satzung der Beklagten (nachfolgend 1.) als auch die Leistungsbestimmungen vom 17.09.2008 und 30.11.2009 durch den Verwaltungsrat (nachfolgend 2.) sind unwirksam.
371.
38§ 63 der Satzung der Beklagten ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil keinerlei Berechnungsgrundlagen für das Sanierungsgeld offengelegt werden.
39Grundsätzlich unterliegen die Satzungsbestimmungen der richterlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB (BGH IV ZR 76/09, Urteil vom 20.07.2011, Rn.50). Die Beklagte schließt mit den an ihr beteiligten Arbeitgebern privatrechtliche Versicherungsverhältnisse (§ 13 Abs. 1 der Satzung der Beklagten). Bei der Satzung der Beklagten handelt es sich um privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 R.14).
40Eine Inhaltskontrolle ist aber ausgeschlossen, wenn eine Satzungsregelung auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifpartner beruht. Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher Grundentscheidungen genießt der Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte grundsätzlich zu respektieren haben. Insoweit wirkt der Schutz der Tarifautonomie fort, die den Tarifvertragsparteien für ihre Grundentscheidung besondere Beurteilungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume eröffnet (BGH IV ZR 76/09, Urteil vom 20.07.2011, Rn.50, BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn.14). Bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist in diesem Zusammenhang zwischen dem arbeitsrechtlichen, durch Tarifvertrag geregelten Grundverhältnis und dem versicherungsrechtlichen, durch die Satzung der Beklagten geregelten Durchführungsverhältnis zu unterscheiden (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012, Rn. 14).
41Die Erhebung des Sanierungsgeldes in § 63 der Satzung der Beklagten beruht auf § 17 des Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal- (ATV-K) vom 1.3.2002. Diese Grundentscheidung ist damit der richterlichen Kontrolle entzogen (BGH IV ZR 76/09, Urteil vom 20.07.2011, Rn. 49, BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012, Rn. 19). Der Tarifvertrag enthält aber keinerlei Regelungen über die Höhe des Sanierungsgeldes und bestimmt ausdrücklich, dass jede Kasse ihre Finanzierung selbst regelt. Der ATV-K steht damit einer gerichtlichen Prüfung der satzungsmäßigen Regelung über die Höhe des Sanierungsgeldes nicht entgegen.
42Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH VI ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn. 67). Das Transparenzgebot erfordert unter anderem, dass der Versicherungsnehmer seine vertraglichen Rechte und Pflichten erkennen kann. Deshalb muss er in der Lage sein, die gegen ihn erhobene Gegenwertforderung nachzuvollziehen und zu überprüfen (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn.69). Diese Voraussetzungen erfüllt § 63 der Satzung der Beklagten nicht.
43Berechnungsmethode und Rechnungsgrundlagen wie z.B. die zu Grunde gelegten Sterbetafeln und/ oder der Rechnungszins sind aus der Satzung nicht ersichtlich. Eine unangemessene Benachteiligung des Beteiligten/Versicherungsnehmers liegt mithin in der Gefahr, dass er wegen unklar abgefasster Bedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012 Rn.69), weil ihm die unklaren Berechnungsgrundlagen die Möglichkeit zu einer eigenständigen Überprüfung der gegen ihn erhobenen Forderung - gegebenenfalls mittels eines eigenen Gutachtens - nehmen. Dabei ist es nicht Aufgabe des Versicherungsnehmers, sich durch eigene Gutachter fehlende Berechnungsparameter zu erschließen.
44Die durch die Unwirksamkeit des § 63 der Satzung der Beklagten entstandene Regelungslücke kann wegen der Vielzahl der verschiedenen denkbaren Lösungsmöglichkeiten nicht durch eine ergänzendegerichtliche Vertragsauslegung geschlossen werden, sondern muss durch eine Satzungsänderung durch die Beklagte erfolgen (BGH IV ZR 12/11, Urteil vom 10.10.2012, Rn. 72, 73, LG Dortmund 2 O 404/11, Urteil vom 04.04.2013).
452.
46§ 63 der Satzung der Beklagten bestimmt, dass der Verwaltungsrat auf Vorschlag des Aktuars das von den Beteiligten zu zahlende Sanierungsgeld festsetzt. Der Beklagten steht damit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB zu, das nach billigem Ermessen zu treffen ist (BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012, Rn.22). Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012, Rn.27).
47Die Leistungsbestimmungen des Sanierungsgeldes vom 17.09.2008 und 30.11.2009 durch den Verwaltungsrat sind unbillig, weil sachfremde Gesichtspunkte eingeflossen sind, die bei der Berechnung des Sanierungsgeldes keine Rolle hätten spielen dürfen. Das Sanierungsgeld dient nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 ATV-K allein zur Deckung des Infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystems zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfes, der über die am 01.11.2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht und nicht zur Deckung des Infolge des Wechsels vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren (Wechsel im Finanzierungssystem) entstehenden Finanzbedarfes (OLG Hamm I-20 U 91/13, Urteil vom 31.01.2014, OLG Hamm I-20 U 98/12, Urteil vom 26.04.2013, a.A. OLG Köln 7 U 205/13 und 7 U 206/13, Urteile vom 31.07.2014). Berücksichtigt wurden vom Aktuar und dem Verwaltungsrat der Beklagten demgegenüber unter anderem ein Wechsel von der Richttafel 1998 zu der Richttafel 2005 bei der Berechnung der Deckungsrückstellungen auf Basis der biometrischen Rechnungsgrundlagen und eine Berücksichtigung des abgesunkenen allgemeinen Zinsniveaus. Dabei handelt es sich um Deckungsverluste durch den Wechsel des Finanzierungssystems und nicht des von § 17 ATV-K allein geregelten Leistungssystems.
48Eine gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 2 BGB ist im vorliegenden Fall nicht möglich. § 315 Abs. 3 BGB ist einschränkend dahingehend auszulegen, dass bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung zwar die Anpassungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht jedoch nicht seine Entscheidung an die Stelle einer unwirksamen Anpassungsentscheidung setzen kann (BGH IV ZR 110/10, Urteil vom 05.12.2012 Rn.35). Die Zusatzversorgung der Beklagten stellt ein komplexes Versicherungssystem dar, das bezüglich seiner Finanzierung über die Belange der Klägerin hinausgeht und die Beteiligten in ihrer Gesamtheit betrifft.
49Festzuhalten bleibt damit, dass es keinen Rechtsgrund für die von der Klägerin gezahlten Sanierungsgelder gibt und die Beklagte daher zur Rückzahlung verpflichtet ist.
50Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 288 BGB.
51Klageantrag zu 2
52Der Antrag ist zulässig (§ 256 ZPO und nach dem oben Gesagten auch begründet.
53BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger zu 1 verlangt von dem Beklagten mit seiner Anfang Januar 2002 zugestellten Klage bezifferten Schadensersatz wegen fehlerhafter Archi- tektenleistungen. Der Kläger zu 1 betreibt den Bau einer Stadtvilla in M. auf dem Grundstück seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2.
- 2
- Der Kläger zu 1 schloss mit dem Beklagten nach Erhalt der Baugenehmigung am 11. Februar/9. April 1997 einen schriftlichen Architektenvertrag, wonach dieser für das Bauvorhaben Leistungen gemäß den Leistungsphasen 5 bis 9 des § 15 HOAI a.F. sowie bestimmte besondere Leistungen zu erbringen hatte. Nachdem der Rohbau in wesentlichen Teilen fertiggestellt war, kündigte der Kläger zu 1 den Architektenvertrag. Der Dachstuhl des Hauses überschreitet die genehmigte Firsthöhe von 7,58 m. Aus dieser Überschreitung leiten beide Kläger Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten ab.
- 3
- Der Kläger zu 1 hat erstmals unter dem 1. September 2003 und nochmals am 30. Juni 2010 seine bestehenden und künftig noch entstehenden Ansprüche gegen den Beklagten an seine Ehefrau abgetreten. Nach Offenlegung der Abtretung hat der Kläger zu 1 in Prozessstandschaft erstinstanzlich zuletzt an die Klägerin zu 2 zu zahlenden Schadensersatz in Höhe von 152.971,89 € wegen Überschreitung der genehmigten Firsthöhe gegen den Beklagten geltend gemacht. Beansprucht wird insoweit Schadensersatz für unnütz geleistete Anzahlungen an die bauausführenden Firmen, Abbaukosten für Schieferdeckung /Spenglerarbeiten und Dachstühle Wohnhaus, Garage und Remise sowie Hotelunterbringungskosten während der Neuherstellung des Dachstuhls für das Wohnhaus.
- 4
- Neben dem Kläger zu 1 hat die Klägerin zu 2 beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an beide Kläger zur gesamten Hand Schadensersatz in Höhe von 50.925 € zu bezahlen.
- 5
- Der Kläger zu 1 macht außerdem in dem Verfahren 18 O /98 Landgericht M. an seine Ehefrau abgetretene Schadensersatzansprüche in Prozess- standschaft gegen den Beklagten geltend. In dem dortigen Verfahren hat er mit Schriftsatz vom 6. August 2001, dem Beklagten zugestellt am 10. September 2001, beantragt festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Schaden/Mangelfolgeschaden zu ersetzen, der durch den vom Beklagten "zur Entstehung gebrachten baugenehmigungswidrigen Dachstuhl mit einer Firsthöhe fertig gedecktes Dach von 8,56 m entsteht bzw. durch dessen Beseitigung /Neuherstellung als Dachstuhl mit genehmigter Firsthöhe von 7,58 m". Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2001 hat er insoweit eine auf Teilschadensersatz gerichtete Leistungsklage erhoben, mit der er u.a. Kosten für den Abbau und die Wiederherstellung der Innenverkleidung, abgehängte Decken und Wärmedämmung innen verlangt.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage des Klägers zu 1 als unzulässig und die der Klägerin zu 2 als unbegründet abgewiesen. Es hat angenommen, dass die vom Kläger zu 1 geltend gemachten Ansprüche von der bereits zuvor im Verfahren 18 O /98 erhobenen Feststellungsklage umfasst seien und zudem Kosten doppelt geltend gemacht würden, so dass der Klage die anderweitige Rechtshängigkeit entgegenstehe. Das Berufungsgericht hat die Berufung beider Kläger mit Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen hat der Kläger zu 1, soweit die in Prozessstandschaft erhobene Schadensersatzklage abgewiesen worden ist, im eigenen Namen und hinsichtlich der weiteren Schadensersatzklage als Streithelfer der Klägerin zu 2 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die vom Kläger zu 1 für die Klägerin zu 2 geführte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Mit der im Übrigen zugelassenen Revision verfolgt der Kläger zu 1 die auf Schadensersatz in Höhe von 152.971,89 € gerichtete Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision des Klägers zu 1 führt, soweit die Berufung wegen der Zahlungsklage zurückgewiesen worden ist, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die im Verfahren 18 O /98 erhobene Feststellungsklage auch die im vorliegenden Verfahren im Wege der Leistungsklage geltend gemachten Schadenspositionen umfasse und die Klage daher wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig sei. Dass die Feststellungsklage im Hinblick auf die Dachgeschossinnenverkleidung durch Übergang zur Leistungsklage (Teilschadensersatzanspruch) erweitert worden sei, bedeute nicht, dass es die Feststellungsklage im Übrigen (Schaden/Mangelfolgeschaden durch den baugenehmigungswidrigen Dachstuhl mit einer Firsthöhe von 8,56 m) "überhaupt nicht mehr gebe". Die Feststellungsklage sei vielmehr im überschießenden Teil weiterhin Streitgegenstand des Verfahrens 18 O /98, da sie nicht wirksam zurückgenommen worden sei.
II.
- 9
- Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die mit 152.971,89 € bezifferte Schadensersatzklage des Klägers zu 1 ist nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig.
- 10
- 1. Gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann eine durch Erhebung der Klage rechtshängig gewordene Streitsache während der Dauer der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Das Prozesshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., vor § 253 Rn. 19b) besteht damit nur bei einer Identität der Streitgegenstände der zunächst und der später erhobenen Klage. Eine solche Identität der Streitgegenstände ist bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz wegen eines Mangels und einer auf vollständigen oder teilweisen Ersatz dieses Schadens gerichteten Leistungsklage nicht gegeben. Denn das durch den Klageantrag bestimmte Rechtsschutzziel der Leistungsklage geht über dasjenige einer bloßen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses hinaus, weil auch eine die Durchsetzung des Anspruchs ermöglichende Verurteilung zur Zahlung verlangt wird (BGH, Urteil vom 20. Januar 1989 - V ZR 173/87, NJW 1989, 2064, 2065; Urteil vom 7. Juli 1994 - I ZR 30/92, NJW 1994, 3107, 3108; Urteil vom 11. Dezember 1996 - VIII ZR 154/95, BGHZ 134, 201, 209).
- 11
- 2. Erhebt der Kläger, der eine positive (behauptende) Feststellungsklage erhoben hat, nachfolgend eine aus demselben Rechtsverhältnis abgeleitete deckungsgleiche Leistungsklage, steht dem die Rechtshängigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Verfolgt der Kläger die im selben Verfahren rechtshängige Feststellungsklage nicht weiter, stellt sich die Leistungsklage als eine ohne weiteres zulässige Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO dar (BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 - VI ZR 118/91, NJW 1992, 2296 m.w.N.). Erhebt der Kläger eine solche Leistungsklage in einem anderen Rechtsstreit parallel zur Feststellungsklage, hat dies zur Folge, dass das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für die Feststellungsklage erforderliche rechtliche Interesse grundsätzlich entfällt, sobald die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88, NJW-RR 1990, 1532, 1533). Dementsprechend ist nicht die später erhobene Leistungsklage wegen der bereits rechtshängigen Feststellungsklage unzulässig, sondern es wird die Feststellungsklage im Hinblick auf die später erhobene Leistungsklage unzulässig. Der sich daraus ergebende Vorrang der Leistungsklage besteht auch für den Fall, dass mit der parallelen Leistungsklage lediglich ein Teil der von der positiven Feststellungsklage erfassten Ansprüche geltend gemacht wird (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88, aaO). In diesem Fall wird die Feststellungsklage teilweise unzulässig.
- 12
- 3. Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger zu 1 lediglich einen Teil der Schadensersatzansprüche geltend, die sich daraus ergeben sollen, dass der Dachstuhl des Hauses die genehmigte Firsthöhe überschreitet. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Verfahren 18 O /98 weitere aus diesem Umstand abgeleitete Ansprüche im Wege der Teilklage verfolgt werden. Ob sich mit diesen in den beiden Verfahren geltend gemachten Ansprüchen das Feststellungsinteresse des Klägers zu 1 erschöpft und die Feststellungklage damit insgesamt unzulässig geworden ist, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, stünde der Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 152.971,89 € die Rechtshängigkeit der Feststellungsklage nach den obigen Ausführungen nicht entgegen.
- 13
- Das Berufungsurteil kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 09.08.2011 - 5 O 16590/05 -
OLG München, Entscheidung vom 01.02.2012 - 28 U 3345/11 Bau -
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, hat die Aufgabe, Beschäftigten des kirchlichen und kirchlich-caritativen Dienstes in den Diözesen in der Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung nach den für Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren. Gemäß § 11 Abs. 2 ihrer Satzung (KZVKS) ist Voraussetzung für den Erwerb einer Beteiligung, dass der Arbeitgeber das für die Mitglieder der in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände geltende Versorgungstarifrecht oder in Bezug auf die Leistungen ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts tarifvertraglich oder allgemein einzelvertraglich anwendet. Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KZVKS ein privatrechtliches Versi- cherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin. Die Beklagte hat in ihrer Beteiligungsvereinbarung das jeweils geltende Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt und ausdrücklich erklärt, ein Versorgungsrecht entsprechend der Kassensatzung anzuwenden.
- 2
- Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums K. 2002, S. 214 ff.) stellte die Klägerin ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) um. Zuvor hatten die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände sowie die Gewerkschaften im Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) vom 1. März 2002 einen entsprechenden Systemwechsel vereinbart. Dabei regelt § 17 Abs. 1 Satz1 ATV-K, dass die Zusatzversorgungskassen zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, vom Arbeitgeber Sanierungsgelder erheben. Die Höhe des Sanierungsgeldes ist für die Klägerin tarifvertraglich nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001). Nach dessen Ziff. 2.2. Abs. 3 Satz 2 werden von den Überschüssen der Kasse nach Abzug der Verwaltungskosten vorrangig die sozialen Komponenten und die Bonuspunkte finanziert.
- 3
- Ziff. 4.1 AVP 2001 bestimmt: "Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst. Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v.H. - wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt. …"
- 4
- In der KZVKS finden sich unter anderem folgende Finanzierungsregelungen : § 53 Kassenvermögen (1) … 3Innerhalb des Kassenvermögens werden drei ge- trennte Abrechnungsverbände geführt, und zwar
a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen (Abrechnungsverband P),
b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen (Abrechnungsverband F) und
c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche (Abrechnungsverband S). ... (3) 1Für jedes Geschäftsjahr erstellt die Kasse nach den Grundsätzen des kaufmännischen Rechnungswesens einen Wirtschaftsplan … sowie einen Rechnungsabschluss. 2Bestandteil des Rechnungsabschlusses ist eine gesonderte Bilanz, die vom Verantwortlichen Aktuar zu testieren ist. … § 54 Deckungsrückstellung 1In der gesonderten Bilanz ist eine Deckungsrückstellung in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts aller am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach bestehenden Anwartschaften und Ansprüche von Pflichtversicherten … sowie beitragsfrei Versicherten mit erfüllter Wartezeit einzustellen. … § 55 Deckung von Fehlbeträgen und Überschussverwendung … (3) 1Weist die gesonderte Bilanz einen Fehlbetrag aus, können zu seiner Deckung die Verlustrücklage und die Rückstellung für Überschussbeteiligung herangezogen werden. …3Solange die Verlustrücklage einen für den Abrechnungsverband S festgestellten Fehlbetrag der Höhe nach unterschreitet, kann der Verwaltungsrat der Kasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Deckung des Fehlbetrages die Erhebung eines Sanierungsgeldes festle- gen. … § 63 Sanierungsgeld (1) Der Beteiligte ist Schuldner eines pauschalen Sanierungsgeldes. (2) Das insgesamt von allen Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz der Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der jeweiligen Pflichtversicherten des Abrechnungsverbandes S, … … (5) 1Das Sanierungsgeld wird von der Kasse nach Abschluss der Jahresabrechnung für das vorangegangene Ka- lenderjahr erhoben. …
- 5
- Der Verwaltungsrat der Klägerin setzte durch Beschluss vom 16. April 2002 die Höhe des zu erhebenden Sanierungsgeldes ab dem 1. Januar 2002 auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts fest.
- 6
- Im Leistungsrecht regelt § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 KZVKS soziale Komponenten. Dazu gehören unter anderem Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungsrenten , Kindererziehungszeiten und eine Übergangsregelung für die Versicherten mit einer Mindestpflichtversicherungszeit von 20 Jahren.
- 7
- Die Klägerin erhebt zudem einen so genannten Beitragszuschuss Ost. Dabei stützt sie sich auf § 64 KZVKS, wonach sie "nach Maßgabe gesonderter Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen" kann. Der Beitragszuschuss Ost dient der Finanzierung der weiteren sozialen Komponente gemäß § 35 Abs. 5 KZVKS, demzufolge in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet unabhängig vom tatsächlichen Beitrag Versorgungspunkte auf Basis des Beitragssatzes hinzugerechnet werden, der auch im übrigen Bundesgebiet erhoben wird. Zu § 64 KZVKS wurde eine gesonderte Durchführungsvorschrift erlassen (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums K. 2002, S. 233). Auszugsweise heißt es dort: "1. Die nach § 35 Abs. 5 hinzugerechneten Versorgungspunkte werden zu einem Drittel aus den Überschüssen des Abrechnungsverbandes P und zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West und schließlich zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss des Verbandes der Diözesen Deutschlands finanziert. … 3. Basis für die Belastung des jeweiligen Dienstgebers ist sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001. ..."
- 8
- Bei der Beklagten sind Arbeitnehmer des kirchlich-caritativen Dienstes beschäftigt. Sie ist Beteiligte der Klägerin. In ihrer Beteiligungsvereinbarung hat sie das jeweils gültige Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt. Von der Klägerin geforderte Zahlungen für das Sanierungsgeld und den Beitragszuschuss Ost hat sie nicht geleistet; diese summieren sich für die Jahre 2002 bis 2005 auf rund 935.000 €.
- 9
- Die Klägerin hält § 63 KZVKS für wirksam. Sie habe das Sanierungsgeld zu Recht erhoben. Anlässlich der Systemumstellung habe sich eine Deckungslücke von 446.840.912,26 € ergeben, die aus den in das neue Betriebsrentensystem zu überführenden Besitzständen resultiere. Diese Deckungslücke sei gemäß dem Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars durch Erhebung eines Sanierungsgeldes in Höhe von 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu schließen. Der Beitragszuschuss Ost sei auf Grundlage des § 64 KZVKS rechtmäßig erhoben worden. Unter Zuwendungen seien im Sinne von § 4c Abs. 1 EStG Zuwendungen zur Abdeckung von Fehlbeträgen der Kasse zu verstehen. Der Beitragszuschuss Ost schließe einen Finanzierungsbedarf der Klägerin.
- 10
- Nach Ansicht der Beklagten ist § 63 KZVKS unwirksam. Die Klägerin könne sich bei der Einführung des Sanierungsgeldes nicht auf den ATV-K stützen, da ihre Beteiligten nicht diesen Tarifvertrag, sondern die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C. (AVR) anwendeten. Für den Beitragszuschuss Ost fehle es an einer Rechtsgrundlage; unter einer Zuwendung i.S. des § 64 KZVKS sei nur eine freiwillige Leistung zu verstehen.
- 11
- Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob bei der Klägerin ein durch die Systemum- stellung bedingter Finanzierungsbedarf bestanden habe, abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderungen weiter.
- 12
- Der Verwaltungsrat der Klägerin hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Vomhundertsatz für die Erhebung des Sanierungsgeldes rückwirkend für den Zeitraum ab 1. Januar 2002 erneut auf 0,75 und für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 auf 1,35 festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
- 13
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 14
- I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Sanierungsgeld verneint. Die Satzungsregelung des § 63 KZVKS sei zwar wirksam. Allerdings sei der Verwaltungsratsbeschluss vom 16. April 2002 über die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes unwirksam. Die auf billiges Ermessen hin zu überprüfende Entscheidung des Verwaltungsrats beruhe auf einem Ermessensfehler, weil der Verwaltungsrat von einer unzutreffenden Höhe der umstellungsbedingten Deckungslücke ausgegangen sei. Zum einen widerspreche die von der Klägerin vorgenommene Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit der abschließenden Regelung in § 54 Satz 1 KZVKS, wonach bei der Deckungsrückstellung nur beitragsfrei Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen seien. Zum anderen seien in die Deckungslücke die sozialen Komponenten nach § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 KZVKS pauschal hineingerechnet worden, obwohl diese aus Überschüssen zu finanzieren seien, die hin- reichende Möglichkeit einer konkreten Berechnung bestehe und die sozialen Komponenten überwiegend zum Abrechnungsverband P gehörten und deshalb nicht im Abrechnungsverband S zu berücksichtigen seien. Die Deckungslücke für 2002 liege daher um rund 286 Mio. € niedriger als die vom Verwaltungsrat angenommene Summe von rund 447 Mio. €. Diese Diskrepanz schließe eine sachgerechte und ermessensfehlerfreie Ermessensausübung des Verwaltungsrats aus.
- 15
- Einen Anspruch auf den Beitragszuschuss Ost gebe es ebenso wenig. § 64 KZVKS könne nicht im Sinne einer Zahlungsverpflichtungen auslösenden Anordnungsermächtigung verstanden werden. Überdies könnten die West-Beteiligten nicht im Wege einer bloßen Durchführungsvorschrift zu einer Sonderfinanzierung herangezogen werden.
- 16
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
- 17
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Sanierungsgeld verneint.
- 18
- a) Allerdings enthält die Satzung der Klägerin - anders als das Berufungsgericht meint - in § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS nur einen einzigen, einheitlichen Sanierungsgeldtatbestand. Der Beteiligte hat als durchschnittlicher Versicherungsnehmer keinen Anlass, von unterschiedlichen Sanierungsgeldern in § 63 KZVKS einerseits und § 55 Abs. 3 KZVKS andererseits auszugehen. Insbesondere kann er § 63 KZVKS kein gesondertes, von einem konkreten Finanzierungsbedarf abgekoppeltes Sanierungsgeld entnehmen.
- 19
- b) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Einführung eines Sanierungsgeldes durch § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS und dessen Erhebung allein von den Arbeitgebern nicht als unangemessene Benachteiligung der Beklagten i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB betrachtet. Die Satzungsbestimmungen der Klägerin übernehmen insoweit tarifrechtliche Grundentscheidungen der Tarifvertragsparteien (§ 17 ATV-K und Ziff. 4.1 AVP 2001). Soweit hiernach § 55 und § 63 KZVKS nur einer Überprüfung an Hand des deutschen Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts unterliegt, verstößt er hiergegen nicht; ebenso sind die Grenzen der Satzungsänderungsbefugnis nicht überschritten (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - IV ZR 76/09, BGHZ 190, 314Rn. 63 ff.). Dabei muss sich die Beklagte über ihre Beteiligungsvereinbarung im Rahmen der AGB-Prüfung den ATV-K und den AVP 2001 entgegenhalten lassen (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 aaO Rn. 59 ff.). Keine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien besteht indessen zur konkreten Höhe des Sanierungsgeldes, weil der ATV-K und der AVP 2001 insoweit keine Regelung für die Klägerin treffen.
- 20
- c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes durch den Verwaltungsratsbeschluss vom 16. April 2002 auf die Einhaltung billigen Ermessens hin überprüft und diesen für unwirksam erachtet.
- 21
- aa) § 315 Abs. 1 BGB setzt eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (BGH, Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 33 m.w.N.). Ein faktisches Bestimmungsrecht reicht nicht aus (BGH aaO). Eine vertragliche Bestimmung der Leistung geht vor und schließt die Anwendung des § 315 BGB aus, etwa wenn die Vertragspartner objektive Maßstäbe vereinbaren, die es ermöglichen, die vertraglichen Leistungspflichten zu bestimmen (Erman/Hager, BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 1, 4). So liegt bei einer Preisanpassungsklausel nur dann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor, wenn dem Leistungserbringer bei der Preisgestaltung ein Ermessensspielraum zusteht; dies ist nicht der Fall, wenn vertraglich die Berechnungsfaktoren im Einzelnen bestimmt sind (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, NJW 2007, 210 Rn. 19).
- 22
- Nach diesen Grundsätzen ist von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB auszugehen. § 63 Abs. 2 KZVKS überlässt die Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes allein der Klägerin. Die Satzung selbst gibt zwar den Rahmen vor, indem § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS als Voraussetzung für die Erhebung einen Fehlbetrag im Abrechnungsverband S festlegt, § 63 Abs. 2 KZVKS Verfahrensregelungen trifft und § 63 Abs. 3 KZVKS Einzelheiten zur Berechnung enthält. Die Kernentscheidung der Bestimmung der Sanierungsgeldhöhe bleibt indes ausdrücklich kraft satzungsmäßiger Zuweisung dem Verwaltungsrat der Klägerin vorbehalten, womit allein ihm die Leistungsbestimmung obliegt. Diese hat er gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen.
- 23
- bb) Gegenstand des Verfahrens ist allein der Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. April 2002. Der nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangene neue Beschluss des Verwaltungsrats vom 20. Mai 2010 ist entgegen der Ansicht der Klägerin im Revisionsverfahren nicht zu beachten.
- 24
- Das Revisionsgericht hat das zur Zeit seiner Entscheidung geltende Recht anzuwenden (BGH, Urteil vom 26. Februar 1953 - III ZR 214/50, BGHZ 9, 101; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 545 Rn. 9). Hierzu gehören Vorschriften, die Normen objektiven Rechts enthalten. Dem Verwaltungsratsbeschluss fehlt es an der erforderlichen Normqualität. Er ist lediglich Tatbestandsvoraussetzung des als Allgemeine Versicherungsbedingung anzusehenden § 63 Abs. 2 KZVKS, enthält jedoch kein revisibles objektives Recht.
- 25
- cc) Das Berufungsgericht hat mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine Überschreitung des billigen Ermessens angenommen.
- 26
- (1) Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 BGB können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat (BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 20 m.w.N.).
- 27
- (2) Das Berufungsgericht hat den Begriff des billigen Ermessens nicht verkannt. Die Billigkeit i.S. des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (BAG NJW 1962, 268, 270). Mithin ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Entscheidungskontrolle nicht auf eine Ergebniskontrolle verengt werden darf, sondern auch der subjektive Ermessensfehlgebrauch in Anlehnung an die verwaltungsrechtliche Ermessensfehlerlehre von Bedeutung ist (Staudinger/ Rieble, BGB Neubearb. 2009 § 315 Rn. 327 f.). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht geprüft, ob der Verwaltungsrat deshalb nicht ermessensfehlerfrei entscheiden konnte, weil er von einem unzutreffenden Sachverhalt in Form eines weit überhöhten umstellungsbedingten Finanzierungsbedarfs ausgegangen war. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, dass der Verwaltungsrat nach dem Vorbringen der Klägerin den gleichen Vomhundertsatz mit einer anderen Begründung hätte festsetzen können.
- 28
- (3) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 16. April 2002 als ermessensfehlerhaft betrachtet hat, weil diesem die Annahme einer weit übersetzten Deckungslücke zu Grunde lag.
- 29
- (aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht aus § 54 Satz 1 KZVKS abgeleitet, dass bei der Bestimmung der Deckungsrückstellung allein Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen sind und im Umkehrschluss Versicherte ohne erfüllte Wartezeit bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden können. Der Auslegung der Revision, wonach der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne, dass diese Bestimmungen zur Bilanzierung nicht vollständig seien und deshalb anderweitige Bilanzierungsregeln Vorrang hätten, kann nicht gefolgt wer- den. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer orientiert sich bei seinem Verständnis am Satzungswortlaut. Gibt ihm dieser wie hier keinen entsprechenden Hinweis, besteht für ihn kein Anlass, nicht benannten Bilanzregeln den Vorrang vor ausdrücklich genannten Bewertungsregeln zu geben. Gleiches gilt für den Einwand der Revision, die Anknüpfung des Sanierungsgeldes in § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS beziehe sich auf den Fehlbetrag in der gesonderten Bilanz und nicht auf die Deckungsrückstellung. Dass das Berufungsgericht dem Vortrag der Klägerin nicht gefolgt ist, für die Versicherten ohne Wartezeit bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit des Erreichens der Wartezeit über eine anderweitige Beschäftigung , lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Aus § 54 Satz 1 KZVKS ist zu entnehmen, dass dieser Umstand erst Berücksichtigung finden soll, wenn die Wartezeit erfüllt und mithin die von der Revision aufgezeigte Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.
- 30
- (bb) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Abrechnungsverband S habe nicht über die Berücksichtigung sozialer Komponenten bei der Deckungsrückstellung belastet werden dürfen.
- 31
- Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die sozialen Komponenten aus den Überschüssen zu finanzieren sind. Ziff. 2.2 Abs. 3 Satz 2 AVP 2001 bestimmt dies für die dort näher genannten sozialen Komponenten der Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderungs - und Hinterbliebenenrenten, Kindererziehungszeiten und der Übergangsregelung für langjährig Versicherte ausdrücklich durch Tarifvertrag. Hiervon ist die Klägerin nicht abgewichen. Zu Recht hat das Berufungsgericht insoweit den Technischen Geschäftsplan der Klägerin als widersprüchlich angesehen, weil er einerseits anordnet, dass die Finan- zierung der sozialen Komponenten aus dem Überschuss erfolgt, und andererseits die Deckungsrückstellung mit sozialen Komponenten belastet. Daher gibt es keine Grundlage dafür, Aufwendungen für soziale Komponenten bei der Ermittlung der systembedingten Deckungslücke anzusetzen. Überzeugend hat das Berufungsgericht den Einwand der Klägerin verworfen, die vorherige Einstellung in die Deckungsrücklage sei nichts anderes als eine Überschussverteilung, weil auf diese Weise später kein oder ein geringerer Überschuss verbleibe. Überschussverteilung bedeutet , dass ein Überschuss ermittelt und dessen positiver Saldo verteilt wird. Mithin besagt die Überschussfinanzierung der sozialen Komponenten , dass der Verantwortliche Aktuar die sozialen Komponenten aus den erwirtschafteten Erträgen der Kasse abdecken muss (Langenbrinck/ Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 3. Aufl. Rn. 55).
- 32
- Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Annahme des Berufungsgerichts , dass es auf Grundlage des technischen Geschäftsplans der Klägerin gegen versicherungsmathematische Grundsätze verstößt, die Deckungsrückstellung - wie von der Klägerin praktiziert - durch den Ansatz einer Pauschale für die sozialen Komponenten zu belasten. Diese auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten gestützte tatrichterliche Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal der Technische Geschäftsplan der Klägerin selbst davon spricht, dass die sozialen Komponenten bei der Ermittlung der Deckungsrückstellung grundsätzlich erst berücksichtigt werden, wenn sie endgültig feststehen.
- 33
- Da bereits aus diesen Gründen die Einbeziehung der sozialen Komponenten in die Berechnung der umstellungsbedingten Deckungslücke fehlerhaft ist, kann dahinstehen, ob sich - wie das Berufungsgericht meint - zusätzlich noch aus § 53 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a KZVKS eine Zuordnung der sozialen Komponenten zum Abrechnungsverband P ergibt.
- 34
- d) Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verzichtet, eine eigene Bestimmung der Leistung durch Urteil vorzunehmen.
- 35
- Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Betriebsrente ist § 315 Abs. 3 BGB einschränkend dahingehend auszulegen, dass bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung zwar die Anpassungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht jedoch nicht seine Entscheidung an die Stelle einer unwirksamen Anpassungsentscheidung setzen kann (BAG NZA-RR 2008, 520). Dies gilt auch hier. Die Zusatzversorgung der Klägerin stellt ein komplexes Versicherungssystem dar, das bezüglich seiner Finanzierung über die Belange der Beklagten hinausgeht und die Beteiligten in ihrer Gesamtheit betrifft.
- 36
- 2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf den von ihr erhobenen Beitragszuschuss Ost mangels entsprechender Anspruchsgrundlage verneint.
- 37
- a) Dabei hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Bestimmung des § 64 KZVKS "Die Kasse kann nach Maßgabe besonderer Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen." keine Regelung entnehmen kann, die ihm eine Zahlungspflicht auferlegt. Es kann dahinstehen, ob der hier maßgebliche Kreis der kirchlichen Arbeitgeber unter einem Zuschuss gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch eine freiwillige Leistung oder gemäß dem steuerrechtli- chen Begriff der Zuwendung i.S. des § 4c EStG einen Zuschuss an eine Pensionskasse zur Sicherstellung ihrer Leistungen (Heger in Blümich, EStG, 115. Aufl. § 4c EStG Rn. 38) versteht. Der Begriff des "Entgegennehmens" beschreibt einen rein passiven Akt auf Seiten der Klägerin. Eine Zahlungsverpflichtung auf Seiten des Beteiligten wird damit nicht statuiert , zumal der Begriff "kann" den unverbindlichen Charakter nochmals unterstreicht. Die Satzung spricht nicht davon, dass Zuschüsse von der Kasse verpflichtend erhoben werden können. Dass eine Partei etwas entgegennimmt, besagt nicht zwangsläufig, dass die gebende Partei eine Verpflichtung hierzu hat. Dies zeigt sich anschaulich daran, dass 1/3 der von der Klägerin entgegen genommenen Zuwendungen aus einem freiwilligen Zuschuss des Verbandes der Diözesen Deutschlands stammt.
- 38
- b) Ein anderes Verständnis folgt nicht aus der Durchführungsvorschrift zu § 64 KZVKS.
- 39
- Trotz des Verweises in § 64 KZVKS auf die einschlägige Durchführungsvorschrift braucht der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese nicht zu berücksichtigen, weil sie als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.
- 40
- aa) Überraschend ist eine Klausel nur, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des typischerweise damit konfrontierten Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (Senatsurteile vom 21. Juli 2011 - IV ZR 42/10, VersR 2011, 1257 Rn. 16; vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09, VersR 2009, 1622 Rn. 13 m.w.N.). Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu ei- ner ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BGH, Urteile vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261 Rn. 10; vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08, NJW 2010, 3152 Rn. 27; vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 unter 2 a). Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, an welcher Stelle des Klauselwerks die entsprechende Klausel steht, weil alle Bestimmungen grundsätzlich gleich bedeutsam sind und nicht durch die Platzierung einer Vorschrift im Klauselwerk auf deren Bedeutung geschlossen werden kann. Aus der Stellung der Klausel kann sich ein Überraschungseffekt vielmehr dann ergeben , wenn diese in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht (BGH, Urteile vom 21. Juli 2010 aaO; vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 Rn. 16 f.).
- 41
- bb) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
- 42
- Die Durchführungsvorschrift beschreibt unter Ziff. 1 die Finanzierung der sozialen Komponente des § 35 Abs. 5 KZVKS. Dabei spricht Ziff. 1 davon, dass ein Drittel der Kosten "durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West" finanziert wird. Ziff. 3 bestimmt, dass Basis für die "Belastung des jeweiligen Dienstgebers" sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001 ist. Dies besagt, dass die Kasse eine zwangsweise Belastung der Beteiligten West vornimmt.
- 43
- Ein kirchlicher Arbeitgeber braucht nicht damit zu rechnen, dass in einer so gefassten Durchführungsvorschrift zu einer Satzungsbestimmung erstmals eine zwangsweise Zahlungsverpflichtung begründet wird. Der Beteiligte muss sich als durchschnittlicher Versicherungsnehmer da- rauf verlassen können, dass in der Satzung der Klägerin alle wesentlichen Regelungen getroffen sind. Nach allgemeinem Verständnis haben Durchführungsvorschriften nur subsidiären Charakter; sie dienen dazu, die in der Satzung getroffenen Regelungen mit Detailbestimmungen auszugestalten. Keinesfalls sind sie dazu bestimmt, Kernverpflichtungen des Beteiligten aus seinem Beteiligungsverhältnis wie dessen laufende Zahlungen an die Klägerin erstmals festzulegen. Die von der Klägerin gewählte Form der Erhebung des Beitragszuschusses Ost ist für den Beteiligten daher ungewöhnlich und erfolgt in einer Art und Weise, mit der dieser nicht zu rechnen braucht.
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 13.01.2009 - 8 O 433/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.03.2010- 20 U 45/09 -
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 31. Juli 2014 aufgehoben.
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.
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Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt von der Beklagten, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, die Rückzahlung für das Jahr 2008 gezahlten Sanierungsgeldes nebst Zinsen.
- 2
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Die Beklagte, eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts, hat die Aufgabe, Beschäftigten des kirchlichen und kirchlich-caritativen Dienstes in den Diözesen in der Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung nach den für Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 ihrer Satzung (im weiteren: KZVKS) ist Voraussetzung für den Erwerb einer Beteiligung, dass der Arbeitgeber ein für die Mitglieder der in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände geltendes Versorgungstarifrecht oder in Bezug auf die Leistungen ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts tarifvertraglich oder allgemein einzelvertraglich anwendet. Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 KZVKS ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Beklagten, dessen Inhalt durch die jeweils geltenden Vorschriften der Satzung der Beklagten und deren Durchführungsvorschriften sowie die jeweils geltenden Beschlüsse des Verwaltungsrats bestimmt wird.
- 3
-
Im Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - vom 1. März 2002 (im weiteren: ATV-K) vereinbarte die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände mit den beteiligten Gewerkschaften die rückwirkende Umstellung des Zusatzversorgungssystems von einem an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgungssystem auf ein auf dem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem mit Ablauf des 31. Dezember 2000.
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Anlage 5 zum ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (im Weiteren: AVP 2001). Er bestimmt auszugsweise:
-
"4.1 Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst.
-
Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch ab Umlagesatz von 4 v. H. - wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt.
-
…"
-
"§ 17 Sanierungsgelder
-
(1) 1Zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, erhebt die Zusatzversorgungseinrichtung vom Arbeitgeber Sanierungsgelder. …
-
(2) Sanierungsgelder kommen nicht in Betracht, wenn der am 1. November 2001 jeweils gültige Umlagesatz weniger als vier v.H. des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts betragen hat."
- 6
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Die Höhe dieser Sanierungsgelder ist für die Beklagte nicht tarifvertraglich festgelegt.
- 7
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Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 führte die Beklagte rückwirkend zum Ablauf des 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) das Punktemodell ein. Zugleich stellte sie ihre Finanzierung vom zuvor geltenden Umlageverfahren auf ein vollständig kapitalgedecktes Verfahren um. In ihrer Satzung finden sich unter anderem folgende Finanzierungsregelungen:
-
"§ 53 Kassenvermögen
-
(1) … Innerhalb des Kassenvermögens werden drei getrennte Abrechnungsverbände geführt, und zwar
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a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen (Abrechnungsverband P),
-
b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen (Abrechnungsverband F) und
-
c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche (Abrechnungsverband S).
-
...
-
(3) Für jedes Geschäftsjahr erstellt die Kasse nach den Grundsätzen des kaufmännischen Rechnungswesens … einen Rechnungsabschluss. 2Bestandteil des Rechnungsabschlusses ist eine gesonderte Bilanz, die vom Verantwortlichen Aktuar zu testieren ist. …
-
…
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§ 54 Deckungsrückstellung
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1In der gesonderten Bilanz ist eine Deckungsrückstellung in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts aller am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach bestehenden Anwartschaften und Ansprüche von Pflichtversicherten, Leistungsempfängern, freiwillig Versicherten sowie beitragsfrei Versicherten mit erfüllter Wartezeit einzustellen. …
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§ 55 Deckung von Fehlbeträgen und Überschussverwendung
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…
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(3) Weist die gesonderte Bilanz einen Fehlbetrag aus, können zu seiner Deckung die Verlustrücklage und die Rückstellung für Überschussbeteiligung herangezogen werden. … 3Solange die Verlustrücklage einen für den Abrechnungsverband S festgestellten Fehlbetrag der Höhe nach unterschreitet, kann der Verwaltungsrat der Kasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Deckung des Fehlbetrages die Erhebung eines Sanierungsgeldes festlegen. …
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§ 63 Sanierungsgeld
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(1) Der Beteiligte hat an die Kasse ein pauschales Sanierungsgeld zu zahlen.
-
(2) Das insgesamt von allen Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz der Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der jeweiligen Pflichtversicherten des Abrechnungsverbandes S, …
-
…
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(5) 1Das Sanierungsgeld wird von der Kasse nach Abschluss der Jahresabrechnung für das vorangegangene Kalenderjahr erhoben. …"
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Durch Beschluss vom 16. April 2002 setzte der Verwaltungsrat der Beklagten auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars die Höhe des zu erhebenden Sanierungsgeldes rückwirkend ab dem 1. Januar 2002 auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts fest. Nachdem das Oberlandesgericht Hamm durch Urteile vom 17. März 2010 die diesem Beschluss zugrunde liegende Ermittlung der Deckungslücke beanstandet hatte, beschloss der Verwaltungsrat der Beklagten auf der Grundlage eines weiteren aktuariellen Vorschlags am 20. Mai 2010, die Höhe des Sanierungsgeldes für die Jahre 2002 bis 2009 wiederum auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts festzusetzen. Mit Urteilen vom 5. Dezember 2012 (IV ZR 110/10, VersR 2013, 219 und IV ZR 111/10, juris) wies der erkennende Senat die Revisionen gegen die Urteile des Oberlandesgerichts Hamm zurück und verneinte auf den Beschluss vom 16. April 2002 gestützte Sanierungsgeldansprüche der Beklagten wegen Unbilligkeit der im Beschluss festgesetzten Sanierungsgeldhöhe.
- 9
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Die Klägerin ist Beteiligte der Beklagten. Sie gehört unter anderem dem Abrechnungsverband S an. Für das Jahr 2008 zahlte sie ein Sanierungsgeld von 57.679,67 € an die Beklagte, das sie nebst Zinsen mit ihrer Klage zurückverlangt.
- 10
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Das Landgericht hat der Klage - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die auf Rückzahlung des Sanierungsgeldes gerichtete Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.
- 12
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I. Das Berufungsgericht hat einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint, weil der Verwaltungsratsbeschluss vom 20. Mai 2010 einen Rechtsgrund für das Behalten des Sanierungsgelds bilde. Er beruhe auf den §§ 63, 55 Abs. 3 KZVKS, die jedenfalls mittelbar eine tarifvertragliche Grundentscheidung aus § 17 ATV-K und Nr. 4.1. AVP 2001 umsetzten. Wegen der zu beachtenden Tarifautonomie unterlägen sie nur einer Überprüfung anhand des deutschen Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts, wogegen sie indes nicht verstießen.
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Zwar sei die Beklagte im Mai 2010 noch durch den vorangegangenen Beschluss vom 16. April 2002 an einer erneuten Festsetzung des Sanierungsgeldes gehindert gewesen, die Auslegung des Beschlusses vom 20. Mai 2010 ergebe aber, dass er mit der zulässigen Rechtsbedingung verknüpft gewesen sei, nur im Fall der später rechtskräftig festgestellten Unwirksamkeit der Leistungsbestimmung vom 16. April 2002 gelten zu sollen. Aus der maßgeblichen objektivierten Sicht der beteiligten Arbeitgeber sei "vernünftigerweise" davon auszugehen, dass der Beschluss vom 20. Mai 2010 nur vorsorglich für den Fall gefasst worden sei, dass der Beschluss von 2002 durch den Bundesgerichtshof für wirkungslos erklärt werde.
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Die Höhe des Sanierungsgeldes sei mangels tarifvertraglicher Grundentscheidung anhand des § 315 Abs. 1 BGB zu prüfen und entspreche billigem Ermessen. Wirtschaftlicher Zweck des Sanierungsgelds sei es, Finanzierungslücken der Beklagten sowohl aus dem Wechsel zum Punktemodell als auch infolge der Einführung der kapitalgedeckten Finanzierung zu schließen. Durch Umstellung der Finanzierung entstehende Deckungslücken könnten allein durch ein Sanierungsgeld geschlossen werden. Zwar sähen die Versorgungstarifverträge eine schrittweise Ablösung der Umlagefinanzierung durch ein kapitalgedecktes System vor; die danach zu erhebenden Beiträge finanzierten jedoch allein die nach dem Umstellungsstichtag entstehenden neuen Versorgungsanwartschaften. Für zum Umstellungsstichtag bestehende Ansprüche und unverfallbare Anwartschaften kämen im Fall einer Deckungslücke nur Sonderleistungen des Arbeitgebers, eben durch Sanierungsgelder, in Betracht. Dies sei nach der am Sinn des Regelungszusammenhangs zu orientierenden Auslegung in § 17 Abs. 1 ATV-K "hineinzulesen".
- 15
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Der beschlossene Hebesatz von 0,75% sei zur Deckung des Fehlbetrags erforderlich. Bei seiner Festsetzung habe der Verwaltungsrat aktualisierte Sterbetafeln zugrunde legen dürfen, denn eine ausreichende Finanzierung der Versorgungsansprüche und Anwartschaften setze eine realistische Berechnung anhand jeweils aktueller Parameter voraus. Soweit im Geschäftsplan der Beklagten andere Sterbetafeln zugrunde gelegt sein sollten, begründe dies allenfalls die Obliegenheit der Beklagten, eine Änderung des Geschäftsplans herbeizuführen.
- 16
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II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht durfte einen Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht verneinen. Der Verwaltungsratsbeschluss vom 20. Mai 2010 bildet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen Rechtsgrund für das von der Klägerin für 2008 geleistete Sanierungsgeld.
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1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die rechtliche Grundlage für den Verwaltungsratsbeschluss vom 20. Mai 2010 den §§ 63, 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS entnommen. Beide Vorschriften bilden einen einheitlichen Sanierungsgeldtatbestand (Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 IV ZR 110/10, VersR 2013, 219 Rn. 18; IV ZR 111/10, juris Rn. 18). Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht die §§ 63, 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS für wirksam gehalten. Sie übernehmen von den Tarifvertragsparteien getroffene tarifrechtliche Grundentscheidungen, die daher entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung von der Beklagten nicht aufgrund ihrer originären Satzungsgewalt außer Acht gelassen werden können. Soweit sie danach einer Überprüfung anhand des deutschen Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts unterliegen, verstoßen sie hiergegen nicht (Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 19; IV ZR 111/10 aaO Rn. 19). Einer darüber hinausgehenden inhaltlichen Kontrolle anhand der §§ 307 ff. BGB sind die §§ 63, 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS mit Blick auf den Schutz der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG entzogen (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 19; IV ZR 111/10 aaO Rn. 19; vom 20. Juli 2011 - IV ZR 76/09, BGHZ 190, 314 Rn. 50 ff. jeweils m.w.N.).
- 18
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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Verwaltungsratsbeschluss der Beklagten vom 20. Mai 2010 unwirksam.
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a) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 21 f.; IV ZR 111/10 aaO Rn. 21 f.) sieht das Berufungsgericht in dem Verwaltungsratsbeschluss eine einseitige Leistungsbestimmung der Beklagten nach § 315 Abs. 1 BGB. Das ihr aus ihrer Satzung zustehende Recht, den für sie tarifvertraglich nicht festgesetzten Sanierungsgeldhebesatz zu bestimmen, hat die Beklagte, wie das Berufungsgericht weiter richtig erkannt hat, zunächst durch Ausübung im Beschluss vom 16. April 2002 verbraucht. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 1 BGB konkretisiert den Leistungsinhalt endgültig, sie ist für den Bestimmenden unwiderruflich (BGH, Urteile vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 139/04, VersR 2005, 504 unter II B 2; vom 24. Januar 2002 - IX ZR 228/00, NJW 2002, 1421 unter III). Entspricht die Leistungsbestimmung, wie die Festsetzung des Sanierungsgelds durch Beschluss vom 16. April 2002, nicht der Billigkeit, bleibt der Bestimmungsberechtigte gleichwohl an seine Leistungsbestimmung gebunden, bis das Gericht nach § 315 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 BGB eine anderweitige Bestimmung durch Urteil getroffen hat (MünchKomm-BGB/Würdinger, 7. Aufl. 2012 § 315 BGB Rn. 44; Staudinger/Rieble, (2015) § 315 BGB Rn. 414 ff.). Eine gerichtliche Festsetzung schied hier aus, weil bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung wie der gesetzlichen Zusatzversorgung des öffentlichen und kirchlichen Dienstes die Leistungsbestimmung zwar einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht aber seine Entscheidung nicht an die Stelle einer unwirksamen Leistungsbestimmung setzen kann (Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 35; IV ZR 111/10 aaO Rn. 35; BAGE 125, 11 Rn. 38). In einem solchen Fall wird die unbillige Leistungsbestimmung erst infolge der sich aus der gerichtlichen Entscheidung ergebenden Gestaltungswirkung (BAG AP Nr. 55 zu § 16 BetrAVG unter III 2 b aa; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 52/12, NJW-RR 2014, 492 Rn. 32) unwirksam. Bis zur rechtskräftigen Feststellung der Unbilligkeit bleibt der Bestimmungsberechtigte an seine Bestimmung gebunden (BGH, Urteil vom 19. Januar 2005 aaO unter II B 2 m.w.N.). Danach war die Beklagte, wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, trotz Unbilligkeit der mit Beschluss vom 16. April 2002 festgesetzten Sanierungsgeldhöhe bis zum Erlass der beiden Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 an ihre Leistungsbestimmung gebunden. Für eine erneute Festsetzung des Sanierungsgeldhebesatzes im Beschluss vom 20. Mai 2010 war dementsprechend kein Raum.
- 20
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b) Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Beschluss vom 20. Mai 2010 nicht deswegen wirksam, weil er aufschiebend bedingt nur für den Fall gefasst worden ist, dass der Beschluss vom 16. April 2002 rechtskräftig für unwirksam erklärt wird. Dieses Verständnis des Beschlussinhalts hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
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aa) Die Auslegung des Beschlusses vom 20. Mai 2010 ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Beschlüsse des Verwaltungsrats der Beklagten sind Tatbestandsvoraussetzung des als Allgemeine Versicherungsbedingung anzusehenden § 63 Abs. 2 KZVKS (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 24; IV ZR 111/10 aaO Rn. 24). Ihre Auslegung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist und gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2009 - II ZR 222/08, NJW 2010, 64 Rn. 18 m.w.N.).
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bb) Die vom Berufungsgericht gefundene Auslegung verstößt gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze. Dazu gehört, dass die Vertragsauslegung in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen hat (BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205 unter II 2 a aa m.w.N.). Davon ist das Berufungsgericht abgewichen.
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(1) Es hat zunächst richtig gesehen, dass dem Wortlaut des Beschlusses vom 20. Mai 2010 keine Bedingung zu entnehmen ist. Auch das Sitzungsprotokoll der Beklagten vom 20. Mai 2010, auf das das Berufungsgericht Bezug nimmt, enthält keine dem Beschlusswortlaut widersprechenden Gesichtspunkte. Der dortige Hinweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, nach der ein "rückwirkender Heilungsbeschluss" möglich sei, ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Verwaltungsrat den heilenden Beschluss nur in Abhängigkeit von der - zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehenden - Unwirksamkeit des Beschlusses vom 16. April 2002 hat fassen wollen.
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Die zur Begründung des gegenteiligen Ergebnisses vom Berufungsgericht herangezogenen Gesichtspunkte rechtfertigen die von ihm vertretene Auslegung nicht. Angesichts des Wortlauts des Beschlusses hat das Berufungsgericht weder aus der Interessenlage der Beklagten, noch aus dem Verhalten ihrer Prozessbevollmächtigten im Rechtsstreit über die Wirksamkeit des Beschlusses vom 16. April 2002 auf eine bedingte Wirksamkeit des Beschlusses vom 20. Mai 2010 schließen dürfen. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Beklagte bis zum Erlass der beiden Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 und auch in den Vorinstanzen jener Rechtsstreite die Auffassung vertreten hat, die durch Beschluss vom 16. April 2002 getroffene Festsetzung des Sanierungsgelds entspreche billigem Ermessen und sei deshalb verbindlich, für das Gegenteil. Zudem hat die Beklagte in den damaligen Revisionsverfahren versucht, den Beschluss vom 20. Mai 2010 zum Gegenstand der Prüfung zu machen (Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 23 f.; IV ZR 111/10 aaO Rn. 23 f.). Dieses Prozessverhalten war aus der maßgeblichen objektiven Sicht eines an der Beklagten Beteiligten nicht dahingehend zu verstehen, dass der Beschluss vom 20. Mai 2010 nur vorsorglich für den Fall gefasst worden ist, dass der Beschluss vom 16. April 2002 für wirkungslos erklärt wird. In diesem Zusammenhang misst das Berufungsgericht entgegen § 286 ZPO auch dem Berichterstattervermerk in den weiteren Verfahren 20 U 84/12, 20 U 89/12 und 20 U 98/12 vor dem Oberlandesgericht Hamm keine Bedeutung bei. Nach der dort wiedergegebenen Erklärung der Beklagtenvertreter habe der Beschluss vom 20. Mai 2010 den vorangegangenen Beschluss aus 2002 inhaltlich bestätigen und auf neue Füße stellen sollen. Sein Ziel sei es gewesen, die Schwäche des ersten Beschlusses zu heilen. Es habe sich zunächst um zwei kombinierte, übereinander liegende Beschlüsse handeln sollen. Dieser nachträglichen Erläuterung des Erklärungsinhalts durch den Erklärenden kommt, was das Berufungsgericht übersieht, jedenfalls indizielle Wirkung im Rahmen der Auslegung zu (BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, aaO unter II 2 a bb m.w.N.). Aus ihr ergibt sich zugleich, dass die Beklagte selbst zwischen den beiden Beschlüssen zunächst kein gestaffeltes oder bedingtes Verhältnis gesehen hat. Dann aber kann, anders als das Berufungsgericht meint, von der Klägerin nicht verlangt werden, sie habe bei objektiver Betrachtung entgegen dem Beschlusswortlaut vernünftigerweise von einer bedingten Sanierungsgeldfestsetzung ausgehen müssen.
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(2) Die Auslegung des Beschlusses durch das Berufungsgericht ist deshalb für den Senat nicht bindend. Da weitere Feststellungen dazu nicht zu erwarten sind, kann er den Beschlussinhalt selbst auslegen (Senatsurteil vom 22. Juli 2015 - IV ZR 437/14, VersR 2015, 1148 Rn. 30; BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04 aaO unter II 2 b). Entsprechend den vorstehend dargelegten Maßstäben kann ihm aus der objektiven Sicht eines an der Beklagten beteiligten Arbeitgebers nicht entnommen werden, dass der Beschluss vom 20. Mai 2010 nur bei rechtskräftig festgestellter Unwirksamkeit des vorangegangenen Beschlusses vom 16. April 2002 hat Geltung erlangen sollen.
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3. Die Festsetzung des Sanierungsgelds im Beschluss vom 20. Mai 2010 ist darüber hinaus deswegen unverbindlich, weil sie nicht billigem Ermessen entspricht.
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a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Festsetzung des Sanierungsgeldes einer Billigkeitskontrolle anhand des § 315 Abs. 1 BGB unterworfen (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 20 f.; IV ZR 111/10 aaO Rn. 20 f.). Seine tatrichterlichen Ausführungen kann das Revisionsgericht daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt hat. Billigkeit im Sinne des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist dahingehend nachprüfbar, ob dessen Grenzen eingehalten und nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (Senatsurteile vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10 aaO Rn. 26 f. m.w.N.; IV ZR 111/10 aaO Rn. 26 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Verwaltungsrat der Beklagten mit seinem Beschluss vom 20. Mai 2010 die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten.
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b) Dem Beschluss liegt schon deshalb eine unrichtig ermittelte Deckungslücke zugrunde, weil der Verantwortliche Aktuar seinen Berechnungen nicht dem technischen Geschäftsplan der Beklagten entsprechende biometrische Rechnungsgrundlagen (Sterbetafeln) zugrunde gelegt hat.
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Tarifvertraglich regelt Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 4 zum ATV-K die versicherungsmathematischen Grundsätze für die Bewertung der Verpflichtungen im Rahmen der versicherungstechnischen Bilanz. Danach dienen als biometrische Rechnungsgrundlagen die Richttafeln 1998 von Klaus Heubeck. Inwieweit es der vom Berufungsgericht angeführte Gesichtspunkt einer ausreichenden Finanzierung der im Abrechnungsverband S geführten Versorgungsansprüche und Anwartschaften der Beklagten rechtfertigen kann, von diesen Vorgaben abzuweichen, muss der Senat nicht entscheiden. Jedenfalls erlaubt die Satzung der Beklagten nicht, dass der Verantwortliche Aktuar - wie hier - ohne vorherige Änderung des technischen Geschäftsplans durch die Beklagte von diesem abweichende Richttafeln verwendet.
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Im Verhältnis zu den beteiligten Arbeitgebern sind die Satzungsbestimmungen der Beklagten als Allgemeine Versicherungsbedingungen nach ständiger Senatsrechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Mit Blick auf § 8 Abs. 1 Satz 2 KZVKS, wonach der Verantwortliche Aktuar die Übereinstimmung der Deckungsrückstellungen für Anwartschaften und Ansprüche aus Pflichtbeiträgen mit dem technischen Geschäftsplan der Beklagten zu bestätigen hat, wird ein durchschnittlicher, an der Beklagten beteiligter Arbeitgeber davon ausgehen, dass die der Ermittlung der Deckungsrückstellungen zugrunde liegenden biometrischen Rechnungsgrundlagen dem versicherungstechnischen Geschäftsplan entsprechen müssen. Darin bestärkt ihn, dass nach § 54 Satz 2 KZVKS auch der für die Ermittlung der Deckungsrückstellung zu berücksichtigende Rechnungszins und die Verwaltungskosten im Rahmen der versicherungstechnischen Geschäftspläne festgelegt werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus der Satzung für einen durchschnittlichen Arbeitgeber nicht, dass der Aktuar, der die sich aus dem Geschäftsplan ergebenden biometrischen Rechnungsgrundlagen für unzureichend hält, ohne vorherige Änderung des Geschäftsplans auf von diesem abweichende Rechnungsgrundlagen zurückgreifen darf und die Beklagte lediglich ihren Geschäftsplan entsprechend anzupassen hat. Abgesehen davon, dass dies auch in den Augen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine Festsetzung der Rechnungsgrundlagen im Geschäftsplan faktisch unverbindlich und damit überflüssig machte, wird der Versicherungsnehmer § 8 KZVKS, der die Aufgaben des Verantwortlichen Aktuars regelt, eine solche Befugnis nicht entnehmen. Vielmehr wird er mit Blick auf § 8 Abs. 2 KZVKS, wonach der Aktuar bei fehlender Übereinstimmung der Deckungsrückstellungen mit dem technischen Geschäftsplan den Vorstand der Beklagten zur Abhilfe der Beanstandung zu unterrichten hat, davon ausgehen, dass der Aktuar bei inhaltlichen Bedenken gegen die im versicherungstechnischen Geschäftsplan aufgeführten biometrischen Rechengrundlagen ebenfalls nicht eigenverantwortlich von diesen abweichen darf.
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c) Darüber hinaus ist der Sanierungsgeldhebesatz, worauf die Revision zu Recht hinweist, übersetzt, weil die Beklagte ihren zusätzlichen Finanzbedarf auf der Grundlage ihres derzeitigen Beitragssatzes von 4% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts ermittelt hat. § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K beschränkt demgegenüber - ungeachtet der vom Berufungsgericht herangezogenen Regelung des § 17 Abs. 2 ATV-K - das Sanierungsgeld auf denjenigen zusätzlichen Finanzbedarf, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage, bei der Beklagten 4,25% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts, hinausgeht.
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Obwohl sich aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 3 Satz 3 KZVKS keine entsprechende Beschränkung ergibt, wird ein durchschnittlicher, an der Beklagten beteiligter Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Festsetzung des Sanierungsgelds durch die Beklagte den zugrundeliegenden tarifvertraglichen Beschränkungen unterworfen sein soll. Zwar bestimmt § 13 Abs. 1 Satz 2 KZVKS, dass der Inhalt des Beteiligungsverhältnisses an der Beklagten durch die jeweils geltenden Vorschriften der Satzung und ihrer Durchführungsvorschriften sowie die jeweils geltenden Verwaltungsratsbeschlüsse bestimmt wird. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird diese Aufzählung aber nicht als abschließend ansehen. Vielmehr entnimmt er § 11 Abs. 2 KZVKS, der ausdrücklich die Anwendung des geltenden Versorgungstarifrechts oder eines inhaltsgleichen Rechts zur Voraussetzung des Beteiligungserwerbs macht, dass der Inhalt dieses Versorgungstarifrechts zusätzlich zu berücksichtigen ist.
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III. Ob der festgesetzte Hebesatz darüber hinaus, wie die Revision meint, die Grenzen billigen Ermessens überschreitet, weil die vom Aktuar zugrunde gelegte Deckungslücke entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K und Nr. 4.1 Abs. 2 AVP 2001 nicht aufgrund des finanziellen Mehrbedarfs wegen Schließung des Gesamtversorgungssystems und Wechsels von der Gesamtversorgung zum Punktemodell entstanden sein soll, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden.
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1. Die Revision beanstandet bereits die Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K durch das Berufungsgericht. Daran ist richtig, dass diese Bestimmung ihrem Wortlaut nach das Sanierungsgeld auf zusätzlichen Finanzbedarf infolge des Systemwechsels auf Leistungsseite beschränkt. Dass das Sanierungsgeld, wie das Berufungsgericht meint, darüber hinaus dem Regelungszusammenhang nach dazu dienen soll, sämtliche Deckungslücken in der Finanzierung der Versorgungsansprüche und -anwartschaften zu decken, findet im Wortlaut der tarifvertraglichen Vorschriften dagegen keine Stütze. Zwar ist die aufgrund des Punktemodells zu zahlende Versorgung nach Nr. 2.1 Satz 2 AVP 2001 und Satz 2 der Präambel zum ATV-K nach den Leistungen zu ermitteln, die sich ergäben, wenn die Beiträge vollständig in ein kapitalgedecktes System eingezahlt würden. Das betrifft aber ersichtlich nur den Umfang der Versorgungsleistung, denn zu der anderenfalls notwendigen sofortigen Umstellung der Finanzierung auf eine Kapitaldeckung verpflichtet der Tarifvertrag gerade nicht (vgl. Fieberg, BetrAV 2002, 230, 235). Allerdings kann der Senat bislang nicht erkennen, dass eine am Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K orientierte Beschränkung des Sanierungsgelds auf zusätzlichen Finanzbedarf infolge der Umstellung des Leistungssystems zu einem sachgerechten Verständnis der tarifvertraglichen Bestimmungen führt. Zutreffend weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass der Systemwechsel auf Leistungsseite für sich genommen keinen zusätzlichen Finanzbedarf erzeugen kann, weil die nach dem Punktemodell zu ermittelnden Versorgungsansprüche erwartbar geringer ausfallen als die Ansprüche aufgrund des Gesamtversorgungssystems (vgl. Gansel, Die Beendigung der Beteiligung an einer Zusatzversorgungskasse 2009, S. 95 f.; Furtmayr/Wagner, BetrAV 2007, 543, 547 ff.).
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2. Dass die dem Sanierungsgeld zugrunde liegende Deckungslücke im Abrechnungsverband S der Beklagten auf einem, bereits vom Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K erfassten, zusätzlichen Finanzbedarf infolge des Systemwechsels auf Leistungsseite beruht, steht nicht fest. Das Berufungsgericht hat die Herkunft des Finanzbedarfs, aus seiner Sicht folgerichtig, nicht geklärt. Dies kann ebenso wie die Frage, ob auch zusätzlicher Finanzierungsbedarf infolge einer Umstellung des Finanzierungssystems die Erhebung eines Sanierungsgeldes rechtfertigt, offenbleiben, weil der Beschluss vom 20. Mai 2010 schon aus den unter II. erörterten Gründen unwirksam ist.
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IV. Mit Blick darauf führen die unter III. angesprochenen Gesichtspunkte nicht dazu, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann vielmehr in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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Mayen Felsch Harsdorf-Gebhardt
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Dr. Karczewski Dr. Bußmann
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.03.2013 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von ebenfalls 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin ist eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die Beklagte ist Beteiligte der Klägerin.Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung eines „Sanierungsgeldes“ für die Abrechnungsstellen der Beklagten.
4Die Aufgabe der Klägerin besteht darin, Arbeitnehmern des kirchlichen und des kirchlich- caritativen Dienstes in den Diözesen der Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren.
5Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KZVKS ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin. Die Beklagte hat in ihrer Beteiligungsvereinbarung das jeweils geltende Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt und ausdrücklich erklärt, ein Versorgungsrecht entsprechend der Kassensatzung anzuwenden.
6Mit Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) vom 1. März 2002 vereinbarten die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände sowie die Gewerkschaften im Tarifvertrag einen Systemwechsel des bis dahin bestehenden Gesamtversorgungssystems auf ein sogenanntes Punktemodell. Dabei regelt § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K, dass die Zusatzversorgungskassen zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, vom Arbeitgeber Sanierungsgelder erheben können. Die Höhe des Sanierungsgeldes ist für die Klägerin tarifvertraglich nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001). Nach dessen Ziff. 2.2. Abs. 3 Satz 2 werden von den Überschüssen der Kasse nach Abzug der Verwaltungskosten vorrangig die sozialen Komponenten und die Bonuspunkte finanziert.
7Ziff. 4.1 AVP 2001 bestimmt:
8"Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst.
9Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v.H. - wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt.
10…"
11Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums Köln 2002, S. 214 ff.) stellte die Klägerin ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) von dem bis dahin geltenden umlagefinanzierten Gesamtversorgungssystem auf ein kapitalgedecktes Punktemodell um. Anlässlich der Systemumstellung führte die Klägerin auch ein von den Beteiligten Arbeitgebern zu zahlendes sogenanntes „Sanierungsgeld“ ein, dessen Erhebung und Berechnung in §§ 55 Abs. 3, 63 f KZVKS geregelt ist.
12In der KZVKS heißt es u.a.:
13§ 53 Kassenvermögen
14(1) … Innerhalb des Kassenvermögens werden drei getrennte Abrechnungsverbände geführt, und zwar
15a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen (Abrechnungsverband P),
16b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen (Abrechnungsverband F) und
17c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche (Abrechnungsverband S).
18...
19(3) Für jedes Geschäftsjahr erstellt die Kasse nach den Grundsätzen des kaufmännischen Rechnungswesens einen Wirtschaftsplan … sowie einen Rechnungsabschluss. Bestandteil des Rechnungsabschlusses ist eine gesonderte Bilanz, die vom Verantwortlichen Aktuar zu testieren ist. …
20§ 54 Deckungsrückstellung
21In der gesonderten Bilanz ist eine Deckungsrückstellung in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts aller am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach bestehenden Anwartschaften und Ansprüche von Pflichtversicherten … sowie beitragsfrei Versicherten mit erfüllter Wartezeit einzustellen. …
22§ 55 Deckung von Fehlbeträgen und Überschussverwendung
23(3) Weist die gesonderte Bilanz einen Fehlbetrag aus, können zu seiner Deckung die Verlustrücklage und die Rückstellung für Überschussbeteiligung herangezogen werden. … Solange die Verlustrücklage einen für den Abrechnungsverband S festgestellten Fehlbetrag der Höhe nach unterschreitet, kann der Verwaltungsrat der Kasse auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars zur Deckung des Fehlbetrages die Erhebung eines Sanierungsgeldes festlegen. …
24§ 63 Sanierungsgeld
25(1) Der Beteiligte ist Schuldner eines pauschalen Sanierungsgeldes.
26(2) Das insgesamt von allen Beteiligten zu entrichtende Sanierungsgeld beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars festgesetzten Vomhundertsatz der Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der jeweiligen Pflichtversicherten des Abrechnungsverbandes S, …
27(5) Das Sanierungsgeld wird von der Kasse nach Abschluss der Jahresabrechnung für das vorangegangene Kalenderjahr erhoben. …
28Der Verwaltungsrat der Klägerin setzte durch Beschluss vom 16. April 2002 auf Vorschlag des verantwortlichen Aktuars die Höhe des zu erhebenden Sanierungsgeldes ab dem 1. Januar 2002 auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts fest. Dem Vorschlag des Aktuars vom 02.01.2002 und - dem folgend - dem Beschluss des Verwaltungsrates vom 16.04.2002 lag eine zu schließende Deckungslücke zum 31.12.2001 in Höhe von rd. 447 Mio. € zugrunde. Der Berechnung der Deckungslücke lag die Prämisse zugrunde, dass bei der Berechnung der Höhe der Deckungsrückstellung auch Beträge für beitragsfrei Versicherte ohne erfüllte Wartezeit und für soziale Komponenten berücksichtigungsfähig wären.
29Der erkennende Senat stellte durch Entscheidungen vom 17.03.2010 (20 U 44/09, BGH, IV ZR 111/10; 20 U 45/09, BGH IV ZR 110/10) fest, dass die Entscheidungsgrundlage für den Beschluss vom 16.04.2002 fehlerhaft war, da bei der Berechnung der Deckungslücke gemäß der Satzung der Klägerin weder Beträge für beitragsfrei Versicherte ohne erfüllte Wartezeit noch soziale Komponenten hätten zugrunde gelegt werden dürfen.
30In Ansehung dieser Entscheidung erließ der Verwaltungsrat der Klägerin am 20. Mai 2010 einen weiteren Beschluss, mit dem der Vomhundertsatz für die Erhebung des Sanierungsgeldes rückwirkend für den Zeitraum ab 1. Januar 2002 erneut auf 0,75 und für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 auf 1,35 festgesetzt wurde.
31Die Entscheidung beruhte auf einer Vorlage des Aktuars Professor Dr. I. Dieser hatte in der Verwaltungsratssitzung anhand von Diagrammen erläutert, dass es verschiedene Möglichkeiten der Berechnung der Deckungslücke gebe.
32Folgende Varianten waren zugrunde gelegt:„Variante 1a:Bisheriger Ansatz mit Berücksichtigung der Rückstellung für zukünftige Fälle mit Leistungen aus Zurechnungszeiten und mit Berücksichtigung der Rückstellung fürbeitragsfrei Versicherte ohne erfüllte Wartezeit.Variante 1b:Ansatz wie 1a unter zusätzlicher Verrechnung einer eventuell vorhandenen Verlustrücklage und Rückstellung für Überschussbeteiligung wie im Sachverständigengutachten angeregt.
33Variante 2a:Ansatz ohne Berücksichtigung der Rückstellung für zukünftige Fälle mit Leistung aus Zurechnungszeiten und ohne Berücksichtigung der Rückstellung für beitragsfreiVersicherte ohne erfüllte Wartezeit.
34Variante 2b:Ansatz wie 2a unter zusätzlicher Verrechnung einer eventuell vorhandenen Verlustlage und Rückstellung für Überschussbeteiligung wie im Sachverständigen-gutachten angeregt.
35Der Verwaltungsrat entschied unter Zugrundelegung dieser Berechnungsbeispiele, den Hebesatz erneut auf 0,75 % festzusetzten.
36Die Klägerin hat unter Zugrundelegung dieses Hebesatzes mit Schreiben vom 05.11.2009 von der Beklagten für die Beitragsstellen A und B Sanierungsgelder in Höhe von insgesamt 241.231,24 Euro erhoben.
37Sie hat die Ansicht vertreten, der Verwaltungsratsbeschluss vom 07.05.2010 bilde eine ermessensfehlerfrei Rechtsgrundlage zur Erhebung des Sanierungsgeldes für das Jahr 2008. Die vorhandene Deckungslücke sei gemäß dem Vorschlag des verantwortlichen Aktuars durch Erhebung eines Sanierungsgeldes in Höhe von 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu schließen.
38Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 241.231,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von
393 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen
402. die Beklagte zu verurteilen an sie 1.611,02 € nebst Zinsen in Höhe von
418 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2013 zu zahlen.
42Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.Sie hat die Ansicht vertreten, allein die Berechnungsvariante 2b könne fehlerfreie Grundlage eines Sanierungsgeldbeschlusses sein. Unter Zugrundelegung dieser Variante ergebe sich für 2008 keine Deckungslücke.
43Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verwaltungsratsbeschluss vom 20.05.2010 stelle keine ermessenfehlerfreie Ausübung des einseitigen Bestimmungsrechts der Klägerin aus § 315 BGB über die Höhe des Sanierungsgeldes dar.
44Der Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 20.05.2010 sei ermessensfehlerhaft, denn er beruhe auf einer undifferenzierten Gesamtschau der vom Aktuar berechneten Deckungslücken für die Varianten 1 a- 2 b, wobei jedenfalls die Varianten 1 a und 1 b fehlerhaft Versicherte ohne erfüllte Wartezeiten berücksichtigten. Die Klägerin habe dazu vorgetragen, der Verwaltungsrat habe bei seiner Entscheidung alle vier vom Aktuar entwickelten Varianten berücksichtigt, es sei keine Entscheidung über eine bestimmte Variante erfolgt. Die aktuariellen Darlegungen würden somit in ihrer Gesamtheit die Basis für die Entscheidung des Verwaltungsrats zum Hebesatz für das Sanierungsgeld bilden. Insoweit komme es auch nicht darauf an ob, wie die Klägerin vortrage, die Verwaltungsratsmitglieder zum Zeitpunkt des Beschlusses die Prüfberichte für die Jahre 2001 - 2009 und die für die einzelnen Varianten 1 a- 2 b jährlich ermittelten Beträge der Deckungslücken gekannt hätten. Denn es genüge nicht, dass der Verwaltungsrat auf der Basis der bekannten Daten eine ermessensfehlerfreie Regelung hätte treffen können, also etwa mit einer anderen Begründung zum gleichen Vomhundertsatz hätte gelangen können (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 27 a. E.). Die Klägerin trage schon nicht vor, dass der Aktuar bei seinem Vorschlag an die Klägerin oder der Verwaltungsrat in seinem Beschluss die jedenfalls fehlerhaften Varianten 1 a und 1 b und die dazu gehörenden Zahlen zum Deckungsbedarf bei ihren Überlegungen ausgeblendet hätte. Daher könne auch nicht festgestellt werden, dass diese Varianten nicht mit Entscheidungsgrundlage geworden seien. Somit sei der Beschluss auf Grundlage zumindest zu 50 % fehlerhafter Daten entstanden, was den Beschluss ermessensfehlerhaft mache. Das Gericht könne die zutreffende Höhe des Sanierungsgeldes für das Jahr 2008 nicht selbst festlegen.
45Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht sei unzutreffender Weise davon ausgegangen, dass der Verwaltungsratsbeschluss aus dem Jahre 2010 nicht ermessensfehlerfrei zustande gekommen sei.
46Die Klägerin beantragt,
47die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und
48- 49
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 241.231,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen,
- 50
2. die Beklagte zu verurteilen an sie 1.611,02 € nebst Zinsen in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2013 zu zahlen.
52Die Beklagte beantragt,
53die Berufung zurückzuweisen.
54Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
55Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
56II.
57Die Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat aufgrund einer ermessenfehlerhaften Festlegung der Höhe des Sanierungsgeldes in den Verwaltungsratsbeschlüssen vom 16.04.2002 und vom 20.05.2010 keinen Anspruch auf Zahlung des Sanierungsgeldes.
581.
59Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob, wie die Beklagte meint, bereits keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Sanierungsgeldes gegeben ist und ob die von der Klägerin vorgenommene Berechnung der Deckungslücke auf unzutreffenden Grundlagen beruht. Jedenfalls hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Zahlung des geltend gemachten Sanierungsgeldes, weil die Verwaltungsratsbeschlüsse vom 16.04.2002 und vom 20.05.2010, mit denen die Höhe des zu erhebenden Sanierungsgeldes jeweils auf 0,75 % der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte festgesetzt wurde, auf einer fehlerhaften Ausübung des dem Verwaltungsrat zustehenden satzungsgemäßen Ermessens beruhen. Auf den Beschluss des Verwaltungsrates vom 16.04.2002 stützt die Beklagte die Berechnung des Sanierungsgeldes selbst nicht mehr.
60a)
61Auch die Festsetzung der Höhe des Sanierungsgeldes durch die als „Heilungsbeschluss“ bezeichnete Entscheidung des Verwaltungsrates vom 20.05.2010 ist jedoch nicht ermessensfehlerfrei zustande gekommen. Der Senat hat insoweit bereits in seiner Entscheidung vom 26.04.2013 im Verfahren 20 U 98/12 ausgeführt, dass der Beschluss aus dem Jahr 2010 schon deshalb nicht ermessensfehlerfrei zustande gekommen ist, weil er nicht an die Stelle des ursprünglichen Beschlusses aus dem Jahr 2002 treten sollte, sondern offenbar neben diesem als eine Art Auffangbeschluss bestehen sollte. Die Klägerin hat jedenfalls bis zum Ende der Revisionsverfahren IV ZR 110/10 und IV ZR 111/10 vor dem Bundesgerichtshof im Dezember 2012 die Auffassung vertreten, dass der ursprüngliche Verwaltungsratsbeschluss aus dem Jahre 2002 wirksam gewesen sei. Insoweit sollten nach dem Willen der Klägerin jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Wirksamkeit des ersten Verwaltungsratsbeschlusses die beiden Verwaltungsratsbeschlüsse aus den Jahren 2002 und 2010, mit denen der Prozentsatz für die Berechnung der Höhe des Sanierungsgeldes festgelegt wurde, nebeneinander bestehen. In diesem Falle war aber der Verwaltungsrat bei der Ausübung seines Ermessens im Hinblick auf die Festsetzung des Prozentsatzes nicht allein an das sachliche Kriterium der Höhe der zu schließenden Deckungslücke gebunden. Vielmehr musste der Verwaltungsrat berücksichtigen, dass die offenbar von der Klägerin beabsichtigte parallele Geltung beider Beschlüsse nur möglich war, wenn der Prozentsatz beim zweiten Beschluss genau wie beim ersten Beschluss auf 0,75 % festgelegt wurde. Kriterium für die Festsetzung des Prozentsatzes war damit nicht vorrangig die Höhe der vom verantwortlichen Aktuar ermittelten Deckungslücke, sondern die Tatsache, dass im Jahr 2002 der Prozentsatz für die Berechnung des Sanierungsgeldes aufgrund sachfremder Erwägungen auf 0,75 % festgelegt worden war und an diesem Prozentsatz festgehalten werden sollte. Zwar haben die Vertreter der Klägerin in den Parallelverfahren vor dem Senat erklärt, die Verwaltungsratsmitglieder seien letztlich in der Festlegung der Höhe des Prozentsatzes frei gewesen, denn wenn der Verwaltungsrat den Prozentsatz z.B. auf 0,5% festgelegt hätte, hätte man reagiert. Unabhängig davon, wie diese Reaktion, im Hinblick darauf, dass die Klägerin den ersten Beschluss im Jahr 2010 noch für wirksam hielt, hätte aussehen sollen, ist jedenfalls aus dem Protokoll der Verwaltungsratssitzung nicht ersichtlich, dass den Verwaltungsratsmitgliedern in irgendeiner Weise signalisiert wurde, dass man bei einer vom ursprünglichen Beschluss abweichenden Entscheidung den ersten Beschluss aufheben und sich nur noch am zweiten Beschluss orientieren würde. Dies allein hätte aber bei einer vom ersten Beschluss abweichenden Entscheidung des Verwaltungsrates eine sachgerechte Handhabung ermöglicht. Der Verwaltungsrat war danach in seiner Entscheidungsfreiheit dahin eingeschränkt, dass er allein eine erneute Festsetzung auf 0,75 % vornehmen konnte.
62b)
63Unabhängig davon war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bei der Entscheidung des Verwaltungsrates im Jahr 2010 letztlich auch nicht ersichtlich, von welcher Deckungslücke der Aktuar tatsächlich ausging. Der Aktuar hatte in Hinblick auf die Entscheidungen des Senats vom 17.03.2010 dem Verwaltungsrat vier verschiedene Berechnungsvarianten vorgelegt. Dabei hat er zwar ausgeführt, dass die Varianten 2a und 2b die Bedenken des Senats aufgreifen würden. Gleichzeitig vertrat die Klägerin zu damaligen Zeitpunkt aber noch, wie sich u.a. aus dem durchgeführten Revisionsverfahren im Verfahren 20 U 49/09 (IV ZR 110/10) ergibt, vehement die Auffassung, dass die ursprünglich berechnete Deckungslücke zutreffend sei. Dem Verwaltungsrat wurden somit vier verschiedene Deckungslückenvarianten vorgestellt, ohne dass letztlich klar erkennbar war, von welcher bei der Festlegung des Prozentsatzes tatsächlich auszugehen war. Für die Festlegung des Prozentsatzes war aber die tatsächliche Höhe der Deckungslücke von nicht unerheblicher Bedeutung, zumal insbesondere nach der Variante 2b die Deckungslücke bei einem Prozentsatz von 0,75 in den Jahren 2005-2007 geschlossen war, so dass sich die Frage stellt, inwieweit bei dieser Variante in den fraglichen Jahren überhaupt ein Sanierungsgeldanspruch bestand. Es ist aufgrund der von der Klägerin gewählten Vorgehensweise nicht erkennbar, welche tatsächliche Grundlage die Entscheidung des Verwaltungsrates hatte und inwieweit hier ein fehlerfreies Ermessen des Verwaltungsrates ausgeübt wurde.
64c)
65Schließlich sind in den Vorschlag des Aktuars aus Sicht des Senats bei der Vorlage zur Beschlussfassung im Jahr 2010 auch Gesichtspunkte eingeflossen, die bei der Berechnung der Deckungslücke für das Sanierungsgeld keine Rolle hätten spielen dürfen. Nach dem Vorbringen der Klägerin erklärt sich der Anstieg der Deckungslücke in den Jahren 2008 und 2009 auch bei Zugrundelegung der Varianten 2a und 2b u.a. damit, dass der Aktuar ab 2008 eine andere Sterbetafel für die Berechnung der Versorgungsverpflichtungen zugrunde gelegt habe und dass aufgrund der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt mit dem angelegten Kapital weniger Erträge zu erwirtschaften waren. Dies erkläre, warum die Deckungslücke, die nach der Variante 2b im Jahr 2007 sogar geschlossen war, im Jahr 2009 auf ca. 700 Millionen Euro angestiegen sei. Es handele sich insoweit um eine atmende Deckungslücke. Auch unter nochmaliger Überprüfung der Bedenken der Klägerin gegen die Auffassung des Senats, dass Deckungslücken, die durch längere Lebenszeiten der Versicherten oder geringere Kapitalerträge entstehen, nicht vom Sanierungsgeld erfasst sind, hält der Senat an dieser Auffassung fest. Es bestehen erhebliche Bedenken, ob Deckungsverluste, die auf längere Lebenserwartung oder Kapitalverluste zurückzuführen sind, nach dem Willen der Tarifvertragsparteien im Rahmen der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K mit dem Sanierungsgeld ausgeglichen werden sollten. Das Sanierungsgeld dient gem. § 17 ATV-K allein zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht. Nur zu Deckung dieses erhöhten Finanzbedarfs kann die Zusatzversorgungseinrichtung von den beteiligten Arbeitsgebern Sanierungsgelder erheben.
662.
67Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.
68Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind solche des Einzelfalls.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.