Landgericht Bonn Urteil, 01. Sept. 2016 - 17 O 433/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines zwischen ihnen im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Darlehensvertrages.
3Die Beklagte übersandte den Klägern ein von ihr am 09.07.2007 vorunterzeichnetes Darlehensangebot für ein Wohnungsbaudarlehen (Forward-Darlehen) über 70.000,- € mit einer Nominalverzinsung von 5,610 % und einer Zinsbindungsfrist bis zum 31.12.2018 (Kontonummer: ##########). Die Kläger nahmen dieses Angebot durch Unterzeichnung am 25.07.2007 an. Auf Blatt 5 und 6 war als Anlage zum Darlehensvertrag eine Widerrufsbelehrung enthalten, die auszugsweise wie folgt lautet:
4WIDERRUFSBELEHRUNG
5[…]
6Beginn der Widerrufsfrist
7Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
8 ein Exemplar dieser Belehrung
9 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält – im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
10 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312 c BGB, § 1 BGB-InfoV)
11erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.Zu Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
12Adressat des Widerrufs
13[…]
14Widerrufsfolgen
15[…]
16Hinsichtlich des weiteren Inhaltes der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung und des Darlehensvertrages wird auf die als Anlage K 1 mit der Klageschrift überreichte Kopie Bezug (Bl. # ff d.A.) genommen.
17Zusammen mit dem Darlehensangebot war den Klägern von der Beklagten ein „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“ übersandt worden. Am Anfang des Dokuments ist die Vertragsnummer ########## eingetragen und in der „Vorbemerkung“ dieses Merkblatts heißt es:
18„Die nachfolgenden Ausführungen und Hinweise enthalten die Informationen gemäß den Pflichten nach § 312c BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV vor Abschluss eines Fernabsatzgeschäfts und die Angaben nach dem „Europäischen Standardisierten Merkblatt“ […]“
19Unter „C. Informationen über die Besonderheiten des Fernabsatzgesetzes“ ist unter Ziffer 2. eine Widerrufsbelehrung enthalten, die auszugsweise wie folgt lautet:
20„ Widerrufsrecht
21Sie können Ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) gegenüber der Bank widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung und Information. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. […]“
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Merkblatts wird auf die als Anlage K 3 zur Akte gereichte Kopie (Bl. ## ff d.A.) Bezug genommen.
23Die Darlehensmittel dienten zur Ablösung eines anderen Darlehens der Kläger per 30.12.2008 und wurden vereinbarungsgemäß ausgezahlt. Die Kläger erbrachten in der Folgezeit die vertragsgemäßen Zins- und Tilgungsraten.
24Mit Schreiben vom 23.06.20015 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Vertragserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 04.08.2015 zurück. Zur Durchsetzung der Ansprüche aus dem ausgeübten Widerruf meldete sich sodann mit Schreiben vom 27.08.2015 (Anlage K 8, Bl. ## f d.A.) der Prozessbevollmächtigte der Kläger bei der Beklagten.
25Die Kläger sind der Ansicht, sie hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht sei im Juni 2015 noch nicht erloschen gewesen, da die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages aus mehreren Gründen fehlerhaft sei.
26So sei eine Unwirksamkeit bereits aufgrund der Verwendung zweier unterschiedlicher Widerrufsbelehrungen anzunehmen. Durch die Bezugnahme auf die Informationen zu Fernabsatzverträgen unter dem dritten Gliederungspunkt der Regelungen zum Beginn der Widerrufsfrist im Darlehensvertrag einerseits und die Individualisierung des Infoblatt auf den Darlehensvertrag Nr. ########## sowie die dort enthaltenen Informationen über die Besonderheiten des Fernabsatzvertrages andererseits müsse ein durchschnittlicher Darlehensnehmer die Regelungen im Infoblatt als die speziellere Regelung auffassen. Die dort verwendete Widerrufsbelehrung sei jedoch bereits wegen der zum Beginn der Widerrufsfrist verwendeten „frühestens- Formulierung“ unwirksam.
27Auch die Regelungen zum Beginn der Widerrufsfrist im Darlehensvertrag seien fehlerhaft. Durch die dort verwendete Formulierung „zu dem Zeitpunkt“ werde unzulässigerweise der Eindruck erweckt, der Tag der dort aufgeführten Ereignisse werde bei der Berechnung der Widerrufsfrist mitgerechnet.
28Die Kläger beantragen,
291. festzustellen, dass sich das Schuldverhältnis zum Darlehensvertrag zum Konto ########## zu einem Ausgangsdarlehen von 70.000,- € aufgrund Widerrufs ab dem 29.06.2015 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat;
302. die Beklagte zu verurteilen, wegen der außergerichtlichen Kosten des RA M, Rechnungs-Nr. ########## an die E Rechtsschutz Versicherung zu Leistungs Nr. #########-#########-##### einen Betrag von 689,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit Erhebung der Klage zu bezahlen und an die Kläger einen weiteren Betrag von 150,00 € nebst 5% über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit Erhebung der Klage zu bezahlen und die Kläger wegen eines weiteren Betrages von 150 € frei zu stellen.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Sie ist der Auffassung, die Feststellungsklage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Widerruf der Klägers sei verfristet, da er nicht innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist eingegangen sei. Die Wirksamkeitsbedenken der Kläger würden nicht verfangen. Die Belehrung genüge in allen Punkten den gesetzlichen Bestimmungen. Die Kläger hätten auch nur eine maßgebliche Widerrufsbelehrung zu ihren Vertragserklärungen erhalten, nämlich die auf Blatt 5 und 6 des Darlehensvertrages. Bei den Hinweisen in dem dem Darlehensvertrag beigefügten Informationsblatt handele es sich nicht um eine zu einer Vertragserklärung gehörende Belehrung sondern nur um eine allgemeine Information.
34Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass - selbst wenn die Wirksamkeitsbedenken der Kläger zutreffend wären - jedenfalls im Juni 2015 ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger verwirkt gewesen sei und ferner eine unzulässiger Rechtsausübung vorliege.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2016 (Bl. ## f d.A.) Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe
37Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
38I. Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags zu 1.) bestehen keine Bedenken. Die Kläger verlangen Feststellungen zum (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses und nicht nur die Klärung bezüglich einer Vorfrage. Das Feststellungsinteresse der Kläger entfällt auch nicht im Hinblick auf den Vorrang einer Leistungsklage. Auf eine solche Leistungsklage sind die Kläger nicht zu verweisen, denn im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses wird sich bei einer Aufrechnung der wechselseitigen Zahlungsansprüche aufgrund der Höhe der von Klägerseite zu erstattenden Darlehensvaluta im Ergebnis ein negativer Saldo zu Lasten der Kläger ergeben. Auch ist zu erwarten, dass die Beklagte als Bankinstitut im Falle eines zusprechenden Urteils der tenorierten Feststellung bei der Darlehensabwicklung Rechnung tragen wird.
39II. Die Klage hat mit diesem Antrag jedoch in der Sache keinen Erfolg.
40Die Kläger haben unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu 1.) begehrte Feststellung. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag hat sich nicht durch den Widerruf der Kläger vom 23.06.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt.
41Auf das Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Darlehensvertrages im Juli 2007 geltenden Vorschriften des BGB bzw. der BGB-InfoV (nachfolgend: a.F.) anzuwenden.
42Der im Rahmen eines Fernabsatzgeschäfts zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag ist im Angebotsverfahren zustande gekommen und nicht wirksam widerrufen worden. Zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung stand den Klägern kein Widerrufsrecht mehr nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der bei Vertragsschluss und bis zum 11.06.2010 geltenden Fassung zu.
43Der von den Klägern am 23.06.2015 erklärte Widerruf ist verfristet. Er ging nicht innerhalb der 14-tägigen Frist gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. bei der Beklagten ein. Die Kläger können sich auch nicht auf den unbefristeten Fortbestand des Widerrufsrechts gem. § 355 Abs. 3 S.3 BGB a.F. berufen, denn das Widerrufsrecht war im Juni 2015 bereits erloschen. Die Kläger sind ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden und die Beklagte hat die ihr gem. § 312c Abs. 2 Nr. BGB iVm § 1 BGB-InfoV obliegenden Informationspflichten ordnungsgemäß erfüllt.
44Die Belehrung genügt den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.
45Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist.
46Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist demnach, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird; wobei - da es sich vorliegend um einen Vertragsschluss im Wege des Fernabsatzes handelt - gem. § 312 d Abs. 5, Abs. 2 BGB a.F. die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gem. § 312 c Abs. 2 BGB und nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses beginnt.
47Der Abschnitt der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung zum Beginn der Widerrufsfrist entspricht diesen gesetzlichen Vorgaben und verstößt insbesondere nicht gegen das Deutlichkeitsgebot.
48Die in der Anlage auf Blatt 5 und 6 des Darlehensvertrages enthaltene Belehrung ist optisch deutlich hervorgehoben.
49Auch die Formulierungen zum Beginn der Widerrufsfrist begegnen keinen Wirksamkeitsbedenken. Aus der optischen und sprachlichen Gestaltung der Belehrung ist klar erkennbar, welche Voraussetzungen für den Fristbeginn alternativ und welche kumulativ erfüllt sein müssen.
50Entgegen der Ansicht der Kläger ist auch im Hinblick auf § 187 BGB die von der Beklagtenseite verwendete Formulierung „Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem…“ nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BGH reicht es aus, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997, VIII ZR 351/96 zum VerbrKrG (BeckRS 9998, 167541); OLG Köln a.a.O), was in der Widerrufsbelehrung so umgesetzt worden ist. Dabei ist es unschädlich, dass die Beklagte anstelle der Formulierung in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. („Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem“) die Formulierung „beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem“ verwendet hat. Die Verwendung der Worte „zu“ oder „mit“ sind in diesem Zusammenhang nach allgemeinem Sprachgebrauch ohne Weiteres austauschbar, ohne dass sich an dem Sinn etwas ändert (OLG Köln, Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14, BeckRS 2015, 08374 Rz. 7).
51Nach Auffassung der Kammer führt es auch nicht zu einer Verwirrung des Verbrauchers – hier der Kläger – , dass in den „Informationen und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“, welches die Kläger von der Beklagten zur Erfüllung der Informationspflichten nach § 312c BGB und § 1 BGB-InfoV erhielten, eine anders lautende Widerrufsbelehrung enthalten war. Dabei handelte es sich um die sog. „frühestens“-Belehrung, die als solche – sofern sie in einem Darlehensvertrag selbst als Widerrufsbelehrung enthalten wäre – fehlerhaft und nicht ordnungsgemäß wäre (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.12.2009 - VIII ZR 219/08; Urt. v. 01.12. 2010, VIII ZR 82/10; Urt. v. 01.03.2012, III ZR 83/11, OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013, 13 U 69/12 - BeckRS 2013, 04235 jeweils m.w.N.). Vorliegend gestaltet sich die Konstellation jedoch anders. Dem Darlehensantrag ist auf den Seiten 5 und 6 des durchnummerierten Vertragswerks eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die die Kläger am 25.07.2007 in den vorgesehenen Feldern direkt unterhalb der Belehrung unterzeichneten (Seite 6 des Vertragswerks). Der Darlehensvertag selbst ist abschließend durchnummeriert. Demgegenüber dienen die separat zu dem Vertragswerk überreichten „Informationen und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“ „nur“ der weiteren Information des Verbrauchers. Wie schon durch die separate Fassung, ohne Einbeziehung in die Nummerierung der Vertragsurkunde, verdeutlicht, sind sie eben gerade nicht Bestandteil des Darlehensvertrages. Insoweit ist es unschädlich, wenn in diesem Merkblatt eine anders lautende Widerrufsbelehrung enthalten ist. Es handelt sich - für den Verbraucher durch die Überschrift sowie der in der „Vorbemerkung“ enthaltenen ausdrücklichen Angaben zum Sinn des Merkblatts deutlich erkennbar - nur um die Informationen, die die Beklagte zur Erfüllung ihrer Pflichten gem. § 312 c BGB iVm § 1 BGB-InfoV dem Verbraucher erteilen muss. Zwar ist diese Information mit individuellen Angaben auf den jeweiligen Darlehensvertrag zugeschnitten, dies führt aber nicht dazu, dass sie Bestandteil des Darlehensvertrages wird. Aus der Systematik ergibt sich unzweifelhaft, dass die für die Vertragserklärung maßgebliche Widerrufsbelehrung für den Verbraucher diejenige ist, welche sich in dem Darlehensvertrag selbst befindet (vgl. LG Köln, Urt. v. 05.08.2010, 15 O 601/09, Rn. 19 - juris). Dass zwischen den Vertragsbestandteilen einerseits und der Information gem. § 312 c BGB andererseits zu differenzieren ist, wird dem Verbraucher auch durch die Widerrufsbelehrung im Darlehensantrag nochmals deutlich vor Augen geführt. Dort ist unter bei den Regelungen zum Beginn der Widerrufsfrist unter dem zweiten Gliederungspunkt das Darlehensangebot, das alle Vertragsbestimmungen enthält, aufgeführt, während unter dem dritten Gliederungspunkt die Informationen zu Fernabsatzverträgen benannt sind. Damit ist nochmals klar gestellt, dass dem Merkblatt lediglich Informationscharakter zukommt und es nicht Bestandteil des Darlehensvertrages ist.
52Es bestehen auch ansonsten keine Wirksamkeitsbedenken gegen die streitgegenständlich verwendete Widerrufsbelehrung (vgl. ständige Rechtsprechung der Kammer z.B. Urteile v. 17.03.2016, 17 O 350/15; 07.01.2016, 17 O 10/15; v. 17.12.2015, 17 O 53/15; v. 24.11.2015, 17 O 230/15; sowie des OLG Köln: vgl. Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14, BeckRS 08374 zu LG Bonn v. 5.11.2014, 3 O 278/14, BeckRS 2015,07086; Beschluss v. 02.05.2016, 13 W 86/15 zu LG Bonn 17 O 252/15; Beschluss v. 10.06.2016, 13 U 33/15 zu 17 O 197/15).
53Da eine wirksame Widerrufsbelehrung von der Beklagten erteilt worden ist, so dass der erst am 23.06.2015 erklärte Widerruf deutlich nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist erfolgt ist, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob die von der Beklagten erhobenen Einwände der Verwirkung bzw. des Rechtmissbrauchs durchgreifen.
54III. Mangels eines wirksamen Widerrufs scheidet eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ebenfalls aus.
55IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. 2 ZPO.
56Streitwert: bis 45.000,- € (Zins- und Tilgungsleistungen bis Klageerhebung)
57Rechtsbehelfsbelehrung:
58Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bonn Urteil, 01. Sept. 2016 - 17 O 433/15
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Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
(1) Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
(2) Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien.
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
(2) Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien.
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 5. November 2014 (3 O 278/14) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 3 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4II.
51. Die Berufung unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
6a) Die Berufung der Klägerin ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 23. März 2015, denen die Klägerin nicht mehr entgegengetreten ist.
7b) Wie ebenfalls im Hinweisbeschluss ausgeführt, hat die Sache auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
8c) Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung - wie bereits im Beschluss vom 23. März 2015 angekündigt – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.
9d) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 in Verbindung mit § 713 ZPO.
102. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 11.492,72 €
11festgesetzt.
(1) Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
(2) Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien.
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird bezüglich der Klausel "Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen - zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; - zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder - zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten." abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten der Rechtsmittelinstanzen tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er ist in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bei dem Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Auf der bei eBay bestehenden Internetseite der Beklagten können durch Anklicken des unterstrichenen Worts "AGB" ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und ausgedruckt werden. Darin heißt es unter anderem: "Die M. Versandhaus GmbH [Beklagte] (…) bietet Kunden ihr Sortiment unter anderem auch über den Online Marktplatz eBay zum Kauf an. Für die auf diesem Marktplatz begründeten Geschäftsbeziehungen zum Kunden gelten die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). 4. Rückgaberecht und -folgen [im Folgenden im Original im Fettdruck hervorgehoben:] Verbrauchern steht nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge in Bezug auf die gekauften Artikel ein Rückgaberecht nach Maßgabe der folgenden Belehrung zu: 4.1 Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (...) kann die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform, also z.B. per Brief, Fax oder eMail erklärt werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Fall erfolgt die Rücksendung auf Kosten und Gefahr der M. Versandhaus GmbH. (…) 4.3 Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen • zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefer- tigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; • zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder • zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten. 4.4 Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist."
- 2
- Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der künftigen Verwendung der Bestimmungen Ziffer 4.1 Satz 2 (im Folgenden Klausel 1), Ziffer 4.3 (im Folgenden Klausel 2) und Ziffer 4.4 Sätze 2 und 3 (im Folgenden Klausel 3) in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen sowie darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung von nach dem 31. Dezember 2004 in dieser Form geschlossenen Kaufverträgen auf diese Bestimmungen zu berufen. Er verlangt ferner Aufwendungsersatz in Höhe von 200 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung für die von ihm mit Schreiben vom 17. Januar 2007 ausgesprochene, fruchtlos gebliebene Abmahnung.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil - hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 und hinsichtlich des Zahlungsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage unter Ermäßigung der Zinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag bei der Abwicklung bestehender Verträge, der ursprünglich weitergehend auf die Zeit ab dem 1. April 1977 gerichtet war, im Revisionsverfahren hinsichtlich aller drei Klauseln auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2004 beschränkt.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat nur teilweise Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLG München, OLGR 2008, 609 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 6
- Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG wegen der Klausel 1 zu. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie stelle nur auf zwei Umstände für den Beginn des Fristlaufs ab, nämlich den Erhalt der Ware und den Erhalt "dieser Belehrung". Nach dem Gesetz sei der Beginn des Fristlaufs aber noch von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das könne der Durchschnittsverbraucher der Klausel 1 zwar entnehmen, er werde aber im Unklaren darüber gelassen, welche Voraussetzungen dies seien. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass er bei Nichterfüllung der betreffenden weiteren Voraus- setzungen die Frist irrig für bereits abgelaufen halte und von der Ausübung eines ihm an sich noch zustehenden Rückgaberechts absehe. Es könne dahinstehen , ob die Klausel 1 auch deshalb unwirksam sei, weil dem Verbraucher nicht hinreichend verdeutlicht werde, dass es für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung über das Rückgaberecht in Textform ankomme.
- 7
- Auch die Klausel 2 verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Sie sei aufgrund der verwendeten Worte "entsprechend" und "unter anderem" dahin auszulegen, dass über die in der Klausel aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch in weiteren nicht näher bestimmten Fällen vereinbart werde. Der Durchschnittsverbraucher werde die Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB in der Regel weder nachlesen, noch werde ihm ihr Inhalt bekannt sein. Selbst wenn dies der Fall sei, verblieben Zweifel, ob mit der Klausel nur die in § 312d Abs. 4 BGB wiedergegebenen Ausschlussfälle gemeint seien. Es bestehe die Gefahr der Benachteiligung des Verbrauchers, wenn die Beklagte ihm über die aufgeführten Fälle hinaus weitere entgegensetze, in denen kein Rückgaberecht bestehe.
- 8
- Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch wegen der Klausel 3. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass die Beklagte im Falle der Ausübung des Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der gekauften Sache eintretende Verschlechterung verlangen könne. In dieser Auslegung weiche die Klausel 3 von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB ab und sei deshalb unwirksam. Die Sonderregelung des § 357 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Den Voraussetzungen von § 357 Abs. 3 BGB werde bei von der Beklagten mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen nicht genügt, weil dabei der von § 357 Abs. 3 BGB vorausgesetzte Hinweis in Textform spätestens bei Vertragsschluss nicht möglich sei. Allein das Bereithalten von Informationen über eine Internetseite erfülle die Voraussetzungen der Textform nicht. Da der Vertragsschluss zwischen der Beklagten und dem Verbraucher nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bereits dann zustande komme, wenn der Verbraucher die Festpreis-Funktion "Sofort-Kaufen" ausübe, könne bis zu einem Vertragschluss kein Hinweis in Textform erfolgen. Davon gehe auch die Beklagte aus.
- 9
- Wegen der Abmahnung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
- 11
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rügen der Revision greifen dagegen nicht durch. Die Klausel 1 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und trägt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt werden (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 12
- a) Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Beleh- rung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher über den Beginn der Rückgabefrist eindeutig zu informieren, damit der Verbraucher über die sich daraus ergebende Berechnung ihres Ablaufs nicht im Unklaren ist. Der mit der Einräumung des befristeten Rückgaberechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGHZ 172, 58, Tz. 13; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14; jeweils m.w.N.).
- 13
- b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Klausel 1 nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig.
- 14
- aa) Die Belehrung ist nicht unmissverständlich. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), kann die Klausel 1 den Eindruck erwecken , die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform mitgeteilt worden ist (aA OLG Köln, OLGR 2007, 695, 699 f.). Ein in knapper Form möglicher Hinweis - beispielsweise durch die Worte "des Erhalts dieser Belehrung in Textform" (so nunmehr auch die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV [BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten -Verordnung vom 4. März 2008, BGBl. I S. 292; dazu Föhlisch, MMR 2008, 205 f.]) - verdeutlicht dem Verbraucher dagegen, dass die Widerrufsfrist erst und nur dann zu laufen beginnt, wenn ihm die Belehrung in einer bestimmten Form zugegangen ist. Der Schwierigkeit, dass der Verbraucher - wie die Revision meint - unter Umständen den Begriff der Textform nicht kennt, kann dadurch begegnet werden, dass der Begriff erklärend definiert wird, wie dies die Beklagte selbst in Ziffer 4.1 Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen tut.
- 15
- bb) Die Belehrung ist ferner nicht möglichst umfassend. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verbraucher der Klausel 1 wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.
- 16
- Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Formulierung einer möglichst umfassenden und trotzdem für den durchschnittlichen Verbraucher verständlichen und seine Auffassungsbereitschaft nicht überfordernden Belehrung bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr Schwierigkeiten bereitet. Es reicht für eine umfassende Belehrung aber nicht aus, nur zwei Voraussetzungen für den Fristlauf anzugeben, wenn es möglich ist, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn des Laufs der Rückgabefrist - wenn auch gegebenenfalls unter Verweis auf die Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB - in kurzer Form anzugeben und dem Verbraucher dadurch zu verdeutlichen, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (aA OLG Köln, aaO). Davon geht, wie die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV zeigt (vgl. Gestaltungshinweis 2 Satz 2 zur Anlage 3 der BGB-Informationspflichten-Verordnung, aaO), nunmehr auch der Verordnungsgeber aus.
- 17
- c) Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 18
- d) Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, dass eine gemäß § 1 UKlaG bestehende Unterlassungspflicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden kann, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511, unter II 2 c, III; BGHZ 127, 35, 37; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250, unter II). Eine Pflicht, sich bei der Abwicklung bestehender Verträge nicht auf eine bestimmte Klausel zu berufen, besteht allerdings nur dann, wenn die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, unter I 2).
- 19
- Das war indes hinsichtlich der Klausel 1 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 312c, 355, 356 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) vorgenommenen Änderungen, sowie § 14 Abs. 2 der BGB-InformationspflichtenVerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (BGBl. I S. 3002).
- 20
- Zwar war eine der Klausel 1 entsprechende Regelung bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 4. März 2008 (aaO) am 1. April 2008 wortgleich in dem Muster für die Rückgabebelehrung (Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 BGB-InfoV) enthalten. Das führt aber für den Zeitraum vor dem 1. April 2008 nicht zur Wirksamkeit der Klausel 1 (§ 14 Abs. 2 BGB-InfoV), weil die Beklagte - wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat - kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 3 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der vor dem 1. April 2008 geltenden Fassung vollständig entsprach (vgl. BGHZ 172, 58, Tz. 12). Sie kann deshalb aus § 14 Abs. 2 BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten.
- 21
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 hingegen nicht zu. Die Klausel 2 genügt - auch unter Berücksichtigung der Änderung von § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2413) - den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB).
- 22
- a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet , für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine solche Pflicht lässt sich aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden , unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten.
- 23
- aa) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) des Rechts zum Widerruf beziehungsweise der Rückgabe nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, unter II 3 a). So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil die Belehrung Angaben über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rückgaberechts enthalten muss (§ 312c Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV), so dass die Angaben über die Ausschlusstatbestände einen Teil der Belehrung bilden (vgl. auch MünchKomm BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rdnr. 40).
- 24
- bb) Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich. Es trifft zwar zu, dass über die Auslegung der Ausschlusstatbestände Zweifel bestehen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2009 - VIII ZR 149/08, ZGS 2009, 277, Tz. 9 ff.). Diese Auslegungszweifel werden aber nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei - ihrer Meinung nach - den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Dies ermöglicht dem Verbraucher vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken.
- 25
- b) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche in § 312d Abs. 4 BGB enthaltenen Ausschlusstatbestände in der Klausel 2 aufzuführen. Die Revision weist hinsichtlich der nicht in der Klausel 2 enthaltenen Ausschlusstatbestände zu Recht darauf hin, dass sie von vornherein in dem Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht relevant werden können und deshalb aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit nicht in die Belehrung aufgenommen wurden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil bestünde bei einer Aufnahme des Ausschlusstatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB die Gefahr, dass der durchschnittliche Verbraucher - weil ihm nicht bekannt ist, dass die auf der Internethandelsplattfom eBay veranstalteten Online-Auktionen keine Versteigerungen im Sinn des § 156 BGB darstellen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 2) - fälschlich davon ausgeht, dass ein Rückgaberecht bei Online-Auktionen generell nicht besteht. Die vollständige Aufnahme der von vornherein nicht relevanten Ausschlusstatbestände mit dem erläuternden Zusatz, dass sich die Ausnahme der Nummer 5 nicht auf OnlineAuktionen bezieht, würde die Belehrung dagegen unnötig kompliziert gestalten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002, aaO).
- 26
- c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweckt die Klausel 2 aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), nicht den Eindruck, dass über die in der Klausel aufgeführten drei Ausschlusstatbestände hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch für weitere Fälle vereinbart wird, die nicht näher bestimmt sind und die von der Beklagten im Einzelfall geltend gemacht werden könnten. Der Senat kann die Auslegung der Klausel 2 unbe- schränkt nachprüfen, weil sie bundesweit Verwendung findet (st. Rspr., Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Tz. 20).
- 27
- Das in der Klausel 2 enthaltene Wort "entsprechend" verweist im Sinne einer Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung, die - in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung - wörtlich wiedergegeben wird. Auf die den Worten "gemäß" und "entsprechend" in der juristischen Fachsprache beigelegten Bedeutungsabstufungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist die Bedeutung maßgeblich, die dem Wort "entsprechend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638, unter 1). Danach wird das Wort "entsprechend" synonym mit "gemäß" verwendet. Aus den verwendeten Worten "unter anderem" kann der Verbraucher ableiten, dass in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB weitere Ausschlusstatbestände genannt sind. Der Klausel 2 lässt sich deshalb nur entnehmen , dass die in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB angegebenen Ausschlusstatbestände gelten sollen, nicht aber, dass die Beklagte sich auf weitere, dort nicht genannte Fälle soll berufen dürfen.
- 28
- Die Gefahr, dass die Beklagte dem Verbraucher unter Berufung auf die Klausel 2 missbräuchlich weitere Ausschlusstatbestände entgegenhält, mag zwar nicht auszuschließen sein. Dabei handelt es sich aber um die generell bestehende Gefahr, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer wirksamen Klausel missbräuchlich eine Bedeutung beilegt, die sie in Wirklichkeit nicht besitzt. Dagegen bietet das Unterlassungsklageverfahren keinen Schutz.
- 29
- d) Etwas anderes gilt schließlich auch nicht, soweit § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (aaO) mit Wirkung vom 4. August 2009 geändert worden ist (aaO). Nach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB nF, an dem der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch zu messen ist (vgl. BGHZ 160, 393, 395 m.w.N.), besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Der Umstand, dass die Klausel 2 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung die nunmehr in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB enthaltene, die telefonische Abgabe der Vertragserklärung betreffende Gegenausnahme nicht aufführt, ist vorliegend allerdings unschädlich. Der Kläger macht Unterlassungsansprüche nur wegen mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließende Kaufverträge geltend, so dass ein Fall, in dem die Voraussetzungen der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 BGB erfüllt sind, von vornherein nicht gegeben sein kann.
- 30
- 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 3 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 31
- a) Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner im Falle des Rücktritts Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist (§ 357 Abs. 3 Satz 2 BGB).
- 32
- Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie stehen jedoch nicht einer Verpflichtung des Verbrauchers entgegen, für die Benutzung der Ware Wertersatz zu leisten, wenn er sie auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung der Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015 - Messner/Krüger).
- 33
- b) Es kann hier offen bleiben, wie die Vorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. September 2009 (aaO) auszulegen ist (vgl. Lapp, jurisPR-ITR 19/2009 Anm. 2, unter D). Denn die Klausel 3 ist bereits deshalb unwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB - unabhängig von den sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO) hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften der §§ 312d, 355, 357, 346 BGB stellenden Fragen - nicht genügt. Die formularmäßige Verwendung dieser nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 34
- Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle möglicherweise in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die für den Fall der Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen (§§ 346 ff. BGB). Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der seit dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004; BGBl. I S. 3102), der die Überschrift zu § 357 BGB wiederholt (vgl. BT-Drs. 15/2949, S. 26). Es folgt ferner aus der Entstehungsgeschichte von § 312 Abs. 2 BGB, weil diese Vorschrift geschaffen wurde, um einen Gleichlauf der Belehrungspflichten über die Rechtsfolgen bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu erreichen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 190 f.).
- 35
- Wenn - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann (str.; so auch OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197, 200; KG, MMR 2008, 541, 543), ist die Klausel 3 unwirksam, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist (vgl. Gestaltungshinweis 6 zu Anlage 3 BGB-InfoV).
- 36
- Selbst wenn aber - wie die Revision meint - die Beklagte einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB; so OLG Hamburg, OLGR 2007, 657 f.), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch das ist hier nicht der Fall.
- 37
- c) Ein Verbot der Klausel im abstrakten Kontrollverfahren ist - anders als die Revision meint - auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die Möglichkeit hat, im Einzelfall oder auch generell einen Hinweis gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB gesondert zu erteilen und damit die Voraussetzungen für das Bestehen einer Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme (noch) zu schaffen (vgl. BGHZ 116, 1, 3). Eine solche etwaige gesonderte Hinweiserteilung ist ein Merkmal der konkreten Fallgestaltung, das nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deshalb bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsverfahren außer Betracht bleiben muss (BGHZ 116, 1, 5).
- 38
- d) Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Unterlassungspflicht - unter der Voraussetzung, dass die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist - auch auf diejenigen Fälle, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will. Das war hinsichtlich der Klausel 3 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 357, 346 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (aaO) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 10 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (aaO), jeweils mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (aaO) vorgenommenen Änderungen.
- 39
- 4. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Kläger wegen der Abmahnung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten und von der Revision nicht angegriffenen Höhe zusteht (§ 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Der Anspruchsberechtigte kann die Kostenpauschale auch dann in voller Höhe verlangen, wenn die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war (BGHZ 177, 253, Tz. 50 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
III.
- 40
- Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen der Klausel 2 zurückgewiesen hat. Es ist daher wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wegen der Klausel 2 ist die Unterlassungsklage nach dem oben Ausgeführten abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen. Ball Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger Dr. Hessel ist erkrankt und daher gehindert, zu unterschreiben. Ball Dr. Fetzer Dr. Bünger
LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 12 O 12049/07 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2008 - 29 U 2250/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger bestellte am 26. Januar 2007 bei der Beklagten über deren Website einen Computer zum Gesamtpreis von 1.866,45 €. Nachdem der Kläger Vorkasse geleistet hatte, lieferte die Beklagte den Computer am 14. Februar 2007 an den Kläger aus. Die der Warensendung beigefügte Rechnung enthält unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine Widerrufsbelehrung, in der es unter anderem heißt: "Verbraucher können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
- 2
- Nachdem der Kläger Mängelrügen erhoben und den Computer mehrmals an die Beklagte zurückgesandt hatte, trat er am 18. Juli 2007 per E-Mail vom Vertrag zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Juli 2007 erklärte er hilfsweise den Widerruf des Vertrages.
- 3
- Mit seiner Klage begehrt der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 €. Das Amtsgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 €, da er seine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. Ihm stehe diesbezüglich ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne dieser Vorschrift handele.
- 7
- Der Widerruf sei nicht gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB verfristet. Zwar habe der Kläger den Vertrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen. Dies sei jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten nicht zu laufen begonnen habe. Die von der Beklagten verwendete Klausel enthalte keinen ausreichenden Hinweis auf den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und trage damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt würden. Die Belehrung sei nicht unmissverständlich und auch nicht umfassend. Der Verbraucher könne der Klausel wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhänge, werde jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handele.
- 8
- Dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich der damals geltenden , inzwischen mit Wirkung vom 1. April 2008 hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist geänderten Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entspreche , führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die auf der Ermächtigung in Art. 245 EGBGB beruhende Verordnung alter Fassung halte sich nicht in den Grenzen der Verordnungsermächtigung und sei daher nichtig. Art. 245 EGBGB gestatte keine den Verbraucher benachteiligenden Abweichungen von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Verordnung müsse daher den Grundanforderungen des § 355 Abs. 2 BGB genügen. Sie entspreche aber nicht diesen gesetzlichen Anforderungen.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagte ist gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger den gezahlten Kaufpreis für den Computer zurückzuzahlen, weil der Kläger seine auf Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen , dass der Kläger den Widerruf rechtzeitig erklärt hat, weil die Widerrufsfrist von zwei Wochen mangels ordnungsgemäßer Belehrung des Klägers über deren Beginn noch nicht zu laufen begonnen hatte.
- 10
- Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob die dem Kläger mit der Rechnung erteilte Belehrung über das Widerrufsrecht den Lauf der Frist in Gang gesetzt hat. Das ist nicht der Fall.
- 11
- 1. Durch Art. 1 Nr. 7 - 13 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355; im Folgenden: VerbrKrRL-UG) sind die Bestimmungen der §§ 355 ff. BGB über das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen geändert worden. Diese Änderungen sind am 11. Juni 2010 - nach Erlass des Berufungsurteils - in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 1 VerbrKrRL-UG). Darüber hinaus sind zu diesem Zeitpunkt § 14 BGB-InfoV und die in den Anlagen 2 und 3 zu § 14 BGB-InfoV geregelten Muster für die Belehrungen über das Widerrufs- und das Rückgaberecht aufgehoben worden (Art. 9 Nr. 4 VerbrKrRL-UG). Auf das vorliegende Vertragsverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung jedoch noch in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Gemäß § 16 BGB-InfoV ist für die Beurteilung der von der Beklagten am 14. Februar 2007 erteilten Widerrufsbelehrung das bis zum 31. März 2008 geltende Muster für die Belehrung über das Widerrufsrecht maßgebend.
- 12
- 2. Die Revision stellt nicht in Frage, dass diese Belehrung hinsichtlich des Beginns der Frist nach der Rechtsprechung des Senats unzureichend ist und deshalb den Lauf der Frist nicht gemäß § 355 Abs. 2 BGB in Gang setzen konnte. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig belehrt, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
- 13
- 3. Die Revision meint aber, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung entsprochen habe und sich die Beklagte deshalb auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Das trifft nicht zu.
- 14
- Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) nichtig sei, weil die damalige Fassung der Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen habe. Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2004 S. 3102) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO Rn. 20, zur Belehrung über das Rückgaberecht; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12).
- 15
- a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in Textform verwandt wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die von der Beklagten verwendete Belehrung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV wörtlich übereinstimmt. Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könnte sich die Beklagte nur berufen, wenn sie ein Formular verwendet hätte, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, aaO). Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht der Fall. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Sie meint nur, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Fassung entsprochen habe und die Abweichungen in der äußeren Gestaltung der Widerrufsbelehrung vom Muster unerheblich seien. Das trifft nicht zu. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, weder inhaltlich noch insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung.
- 16
- b) Die Widerrufsbelehrung der Beklagten stimmt schon inhaltlich nicht vollständig mit dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV überein. Es fehlen die im Muster vorgeschriebene Überschrift "Widerrufsbelehrung" und die die Belehrung gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und "finanzierte Geschäfte". Stattdessen enthält die Widerrufsbelehrung der Beklagten nur die einzige Überschrift "Widerrufsrecht". Durch diese Überschrift wird verschleiert, dass der Verbraucher nicht nur ein Widerrufsrecht hat, sondern auch erhebliche Pflichten im Falle der Ausübung dieses Rechts. Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher" ), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern. Schließlich fehlt in der Belehrung über das Widerrufsrecht für finanzierte Geschäfte der zweite Satz des Gestaltungshinweises 9 der Musterbelehrung.
- 17
- Vor allem aber genügt die Widerrufsbelehrung der Beklagten in ihrer äußeren Gestaltung weder den gesetzlichen Anforderungen noch der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der für den Vertragsschluss maßgeblichen Fassung. Zwar darf die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen (§ 14 Abs. 3 BGB-InfoV). Dies ändert aber nichts daran, dass die Widerrufsbelehrung - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - "deutlich gestaltet" sein muss (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diesem Deutlichkeitsgebot genügt die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - anders als die Musterbelehrung - nicht annähernd.
- 18
- Durch das Fehlen der in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Überschrift "Widerrufsbelehrung" wird für den Verbraucher schon nicht hinreichend deutlich, dass die kleingedruckten Ausführungen unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine für den Verbraucher wichtige Belehrung enthalten, und zwar nicht nur über sein Widerrufsrecht, sondern auch über die mit der Ausübung des Rechts verbundenen Pflichten.
- 19
- Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt. Es fehlen nicht nur die in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Zwischenüberschriften, sondern auch jegliche Absätze. So wird insbesondere nicht deutlich, dass sich unter der Überschrift "Widerrufsrecht" auch Ausführungen zu den Widerrufsfolgen und zu finanzierten Geschäften verbergen und an welcher Textstelle die betreffenden Ausführungen beginnen und enden. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt in einer der Musterbelehrung entsprechenden Weise deutlich gestaltet wäre; diese gilt insbesondere im Hinblick auf die Informationen über die für den Verbraucher nachteiligen Widerrufsfolgen.
- 20
- Damit weicht die Widerrufsbelehrung der Beklagten insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung so erheblich von den gesetzlichen Anforderungen und dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung ab, dass nicht festgestellt werden kann, die Beklagte hätte ein Formular verwendet, das diesem Muster vollständig entspricht. Ball Dr. Frellesen Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Gießen, Entscheidung vom 28.04.2009 - 43 C 1798/07 -
LG Gießen, Entscheidung vom 24.02.2010 - 1 S 202/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 3. Mai 2006 einen Vertrag über ein Entgelt für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung. Darin vereinbarten die Parteien eine (Handelsmakler-)Vermittlungsgebühr , die in monatlichen Raten von 90,53 € über eine Laufzeit von 60 Monaten gezahlt werden sollte. Dem sich daraus ergebenden Teilzahlungspreis von 5.431,80 € wurde ein Barzahlungspreis von 5.014,64 € gegenübergestellt; der effektive Jahreszins wurde mit 3,35 % angegeben.
- 2
- Der Vertrag zwischen den Parteien enthielt unter Punkt 4 den Hinweis, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vermittlungsgebühr mit dem Zustandekommen des vom Kunden beantragten Versicherungsvertrags entstehe. Der Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsgebühr bleibe von einer Änderung oder vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrags aus anderen Gründen unberührt.
- 3
- Das Vertragsformular enthielt folgende Widerrufsbelehrung: "Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Ab- sendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an … Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben."
- 4
- Der Beklagte schloss durch Vermittlung der Klägerin eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der A. Lebensversicherung S.A. ab. Im Versicherungsantrag ist eine Monatsrate ab Versicherungsbeginn in Höhe von 41,47 € und ab dem 61. Monat in Höhe von 132,50 € eingetragen. Versicherungsbeginn war der 1. Juli 2006. Der Beklagte zahlte auf die Vermittlungsgebühr sechs Raten zu je 90,53 € für die Monate Juli 2006 bis Dezember 2006. Danach erbrachte er keine Zahlung mehr an die Klägerin. Mit Schreiben vom 22. März 2007 kündigte er den Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft , die die vorzeitige Vertragsbeendigung bestätigte.
- 5
- Nachdem die Klägerin den Beklagten vergeblich zur Zahlung der rückständigen Raten aus der Vermittlungsgebührenvereinbarung aufgefordert hatte, stellte sie mit Schreiben vom 21. März 2009 den noch offenen Betrag insgesamt fällig. Dieser erklärte mit Schriftsatz vom 21. Mai 2010 den Widerruf dieser Vereinbarung.
- 6
- Die Klage hat vor dem Amtsgericht keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, 4.623,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009 sowie 489,45 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die weitergehende Klage und die weitergehende Berufung wurden zurückgewiesen.
- 7
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 8
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 9
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 4.623,64 € aus der Vermittlungsgebührenvereinbarung zu. Diese sei nicht wirksam widerrufen worden. Das Vertragsformular enthalte eine den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. genügende Widerrufsbelehrung. Die im Vertrag verwendete Widerrufsbelehrung habe wörtlich der Anlage 2 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung entsprochen. Dass die in der Anlage 2 enthaltene Belehrung zum Wertersatz in der hier zu beurteilenden Widerrufsbelehrung gefehlt habe, sei unschädlich, da es sich hier nicht um ein Haustürgeschäft gehandelt habe und § 312 Abs. 2 BGB daher nicht anzuwenden sei. Wie sich aus dem Muster in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV nebst den dazu gehörigen Gestaltungshinweisen ergebe, bestehe das Muster aus Textbausteinen, die je nach Vertragsart weggelassen oder hinzugefügt werden könnten. Den Text unter der Überschrift "Widerrufsrecht" habe die Klägerin wörtlich eingehalten. Bei dem Text unter "Widerrufsfolgen" habe die Klägerin nur den ersten Satz übernommen , diesen aber wortgetreu. Ab dem zweiten Satz werde der Wertersatz behandelt , auf den nur nach § 312 Abs. 2 BGB hinzuweisen sei, nicht aber nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. Wenn aber der Wortlaut genau dem Muster entspreche und nur diejenigen Sätze weggelassen werden würden, die auf den jeweiligen Vertrag keine Anwendung fänden, sei das Muster eingehalten. Wenn der Unternehmer das Muster für eine Widerrufsbelehrung nach der BGB-Informationspflichten -Verordnung in der bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung verwende, genüge er seinen Belehrungspflichten.
- 10
- Der Forderung stehe auch kein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Klägerin entgegen, da der Beklagte bereits eine Pflichtverletzung nicht hinreichend dargetan habe.
II.
- 11
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 12
- 1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vermittlungsprovision nach § 652 BGB i.V.m. § 93 HGB und der zwischen den Parteien geschlossenen Vermittlungsgebührenvereinbarung zu. Der Beklagte hat seine auf Abschluss dieser Vermittlungsgebührenvereinbarung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen.
- 13
- a) Auf das Schuldverhältnis zwischen den Parteien sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten -Verordnung in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung anzuwenden , da der Vertrag zwischen den Parteien vor dem genannten Datum geschlossen ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis im Sinne des Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.
- 14
- b) Dem Kläger stand das ausgeübte Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. zu. Da die Vermittlungsgebühr in Teilzahlungen zu erbringen war, handelt es sich um ein Teilzahlungsgeschäft im Sinne des § 499 Abs. 2 BGB a.F. Gemäß § 501 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 495 Abs. 1 und § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. konnte der Beklagte seine auf Abschluss der Vermittlungsgebührenvereinbarung gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Diese Frist war zum Zeitpunkt seines Widerrufs nicht abgelaufen, da sie gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht erteilt wird und diese einen Hinweis auf den Fristbeginn enthält. An einer solchen hin- reichenden Belehrung des Beklagten als Verbraucher über sein Widerrufsrecht mangelt es im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts. Deshalb ist nach § 355 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 BGB a.F. das Widerrufsrecht des Beklagten auch nicht sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen.
- 15
- aa) Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. Sie enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Belehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Sie ist nicht umfassend, sondern irreführend. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermag lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (vgl. Urteile vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15; vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010, 3566 Rn. 21; vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, WM 2011, 86 Rn. 12; vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, NJW 2011, 1061 Rn. 14; vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 34).
- 16
- bb) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Finanzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 2302) ist der Klägerin verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegenüber dem Beklagten kein Formular verwendet hat, das diesem Muster der An- lage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht.
- 17
- (1) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (jetzt: § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. dem Muster der Anlage 1 zum EGBGB) genügte eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. in Textform verwendet wurde. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmen sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (zuletzt BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 aaO Rn. 37 mwN). Dabei kann auch hier dahingestellt bleiben, ob das in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung nichtig ist, weil die Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in jeder Hinsicht entspricht. Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Entscheidend ist vielmehr allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst sein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderung, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 aaO Rn. 39).
- 18
- (2) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei der Belehrung über den Widerruf insbesondere die in der Musterbelehrung vorgesehene Belehrung über die Widerrufsfolgen nicht vollständig übernommen. So heißt es in Satz 2 des hier maßgeblichen Musters für die Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV, dass im Falle des Widerrufs, sofern die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewährt werden kann, der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz zu leisten hat. Dass dieser Satz bei bestimmten Vertragsarten oder Vertragsgestaltungen entfallen könnte, sehen die Gestaltungshinweise zu diesem Muster - in dem durch Klammerzusätze und ergänzende Erläuterungen kenntlich gemacht wird, dass bestimmte Sätze bei bestimmten Fallkonstellationen entfallen können oder aber hinzuzufügen sind - nicht vor. Eine Streichung dieses Satzes wäre im vorliegenden Fall auch nicht geboten, da wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe der erlangten Maklerleistung gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB ein Wertersatz in Betracht kommen kann. Auf diesen Wertersatzanspruch hat sich die Klägerin im Verfahren auch ausdrücklich berufen. Zwar mag nach § 355 Abs. 2 BGB a.F., worauf das Berufungsgericht abstellt, eine gesetzliche Verpflichtung zur Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs und einen möglichen Wertersatz bei Teilzahlungsverträgen der vorliegenden Art gesetzlich nicht vorgeschrieben sein. Der Gesetzgeber hat jedoch die Rechtsfolge, dass die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. entspricht (§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV), daran geknüpft, dass das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird. Wenn er dabei Belehrungen vorsieht, die über die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehene Belehrung hinausgehen, bleibt es dennoch dabei, dass nur bei Verwendung des vollständigen Musters der Unternehmer den Vertrauensschutz aus § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genießt (vgl. Gessner, Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung im deutschen und europäischen Verbraucherrecht, 2009, S. 103 f; Masuch NJW 2002, 2931, 2932; Bodendiek MDR 2003, 1, 3). Der Gesetzgeber ging bei Abfassung des Art. 245 EGBGB als Ermächtigungsnorm für den Erlass der BGB-InformationspflichtenVerordnung davon aus, dass über die gesetzlich erforderlichen Inhalte der Widerrufsbelehrung auch zusätzliche Belehrungen in dieser Verordnung geregelt werden könnten (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 208; Bodendiek aaO).
- 19
- 2. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 543 Abs. 1, Abs. 3 ZPO). In Betracht zu ziehen ist ein Wertersatzanspruch der Klägerin gemäß § 357 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine Feststellung getroffen, was es nachzuholen haben wird. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch Gelegenheit , sich mit den weiteren Rügen der Revision zu den geltend gemachten Verletzungen der Beratungspflichten der Klägerin auseinanderzusetzen, wozu der Senat Stellung zu nehmen im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Beklagten keine Auswirkungen auf die Höhe des Wertersatzanspruchs hat. Zwar entfaltet die Maklerleistung erst und nur im Erfolgsfalle ihren vollen Wert (vgl. Senatsurteil vom 15. April2010 - III ZR 218/09, BGHZ 185, 192 Rn. 30). Kommt es aber zum Abschluss des Hauptvertrags, wird also dieser Wert realisiert, so wird allein durch die nachfolgende Kündigung der vermittelten Lebensversicherung weder (bei Wirksamkeit des Maklervertrags) die verdiente Provision in Frage gestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 72 ff; zuletzt Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 269/06, NJW-RR 2007, 1503 Rn. 12) noch (im Falle eines Widerrufs) die Höhe des Wertersatzanspruchs beeinflusst. Die nachfolgende Kündigung könnte allenfalls als nachträglicher Wegfall des erlangten Vorteils gewertet werden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich der Rückgewährschuldner , anders als der Bereicherungsschuldner (vgl. § 818 Abs. 3 BGB), gegenüber Wertersatzansprüchen nicht auf eine Entreicherung berufen kann (BT-Drucks. 14/6040 S. 195).
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 09.07.2010 - 36 C 1204/10 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 11.03.2011 - 7 S 162/10 -
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen des Widerrufs eines zwischen ihnen geschlossenen Darlehensvertrages.
3Die Beklagte übersandte den Klägern ein von ihr per 21.08.2007 unterzeichnetes Darlehensvertragsangebot für ein Wohnungsbaudarlehen über 230.000,- € mit einem Nominalzinssatz in Höhe von 5,590 % p.a. und einer Festzinsperiode bis zum 30.09.2017. Die Kläger sandten die Vertragsurkunde nach Unterzeichnung an die Beklagte zurück.
4Der mit „Darlehensvertrag“ überschriebenen Urkunde war als Anlage auf Bl. 5 und 6 eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die auszugsweise wie folgt lautet:
5WIDERRUFSBELEHRUNG
6Widerrufsrecht
7Der Darlehensnehmer kann seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtet Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen.
8[…]
9Beginn der Widerrufsfrist
10Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
11 ein Exemplar dieser Belehrung
12 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält – im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
13 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312 c BGB, § 1 BGB-InfoV)
14erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.
15Zu Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
16[…]
17Widerrufsfolgen
18Wird der Widerruf form- und fristgerecht erklärt, ist der Darlehensnehmer an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Die beiderseits empfangenen Leistungen sind in diesem Fall zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. […] Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss der Darlehensnehmer innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Widerrufserklärung erfüllen.
19Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.
20Verbundene Geschäfte
21Widerruft der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, mit dem er seine Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanziert, so ist er auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Steht dem Darlehensnehmer für das verbundene Geschäft ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages ausgeschlossen. Erklärt der Darlehensnehmer dennoch den Widerruf des Darlehensvertrages gegenüber der E Bank, so gilt das als Widerruf des verbundenen Geschäfts gegenüber dem Unternehmer.
22Bei einem finanzierter Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn die E Bank selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn die E Bank über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und das Grundstücksgeschäft des Darlehensnehmers durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem sie sich dessen Veräußerungsinteresse ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.
23Kann der Darlehensnehmer die vom Veräußerer empfangene Sache ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgeben, hat der Darlehensnehmer dafür ggf. Wertersatz zu leisten. Das gilt nicht, wenn […]“
24Hinsichtlich des weiteren Inhaltes der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung und des Darlehensvertrages wird auf die als Anlage K 1 mit der Klageschrift überreichte Kopie Bezug genommen.
25Die Darlehensvaluta wurde vereinbarungsgemäß am 10.09.2007 an die Kläger ausgezahlt. Die Kläger erbrachten in der Folgezeit die vertragsgemäßen Zins- und Tilgungsraten sowie zwei Sondertilgungen.
26Mit Schreiben vom 13.01.2015 (Anlage K 2) erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages und forderten die Beklagte auf, ihnen einen Saldo zuzusenden in dem die Höhe der Hauptforderung unter Berücksichtigung der wechselseitigen Zinsansprüche aufgelistet sei. Die Zahlung weiterer Raten stellten sie unter den Vorbehalt der Rückforderung.
27Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.05.2015 (Anlage K 3) wiederholten sie diese Aufforderung. Die Beklagte wies den Widerruf zurück und verweigerte eine Saldierung.
28Die Kläger sind der Ansicht sie hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht sei im Januar 2015 noch nicht erloschen gewesen, da die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages aus mehreren Gründen fehlerhaft sei. Insbesondere erheben die Kläger folgende Einwände:
29 Die Belehrung entspreche nicht der damals gültigen Musterbelehrung.
30 Die Belehrung sei hinsichtlich des Fristbeginns unbestimmt und verwirrend.
31Wenn wie vorliegend die Annahme des Vertrages unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erklärt werde, sei der Zugang der Annahmeerklärung in den Machtbereich des Kreditgebers für den Fristbeginn maßgeblich. Diesen Zeitpunkt könne der Verbraucher indes nicht konkret bestimmen, es sei denn er bediene sich der Zustellung mittels eines Gerichtsvollziehers gegen Zustellungsurkunde. Jedenfalls müsse der Verbraucher unter Beweis stellen, wann die Frist zu laufen begonnen habe. Hierauf werde aber in der Belehrung nicht hingewiesen. Die Widerrufsbelehrung sei deshalb unzulänglich, da die Beklagte gem. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. u.a. verpflichtet gewesen sei, über die „Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung“ des Widerrufsrechts zu belehren.
32 Auch die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei fehlerhaft, da sie verschweige, dass auch das Kreditinstitut Wertersatz zu leisten habe und die Leistung innerhalb von 30 Tagen zu erbringen habe.
33 Die Widerrufsbelehrung enthalte durch die Ausführungen zu verbundenen Geschäften überflüssige, verwirrende und ablenkende Hinweise und sei deshalb intransparent. Hinzu komme, dass die Belehrung in diesem Teil inhaltlich fehlerhaft sei. Die Belehrung setze den Gestaltungshinweis des Musters gem. BGB-InfoV nicht zutreffend um, da sie die nach der BGB-InfoV im Alternativverhältnis stehenden Hinweise kumulativ verwende.
34Als Folge des wirksamen Widerrufs ergebe sich im Rahmen der Rückabwicklung bei einer Aufrechnung/Saldierung der wechselseitigen Ansprüche eine offene Valuta zum Stichtag 01.03.2015 in Höhe von 138.678,16 €. Wegen der Einzelheiten der Ermittlung dieses Saldos wird auf die Ausführungen der Kläger in der Klageschrift (Seite 10 – 16, Bl. ## ff d.A. nebst den Anlagen K 5 – K 7 ) Bezug genommen.
35Die Kläger beantragen,
361. festzustellen, dass die Klägerseite an die Beklagtenseite aus dem Darlehensvertrag vom 21.08.2007 mit der Darlehensnummer ########## zum Stichtag 01.03.2015 lediglich einen Betrag in Höhe von 138.678,16 zu zahlen hat;
372. festzustellen, dass die Beklagtenseite für die Zeit nach dem 01.03.2015 bis zur Rückzahlung der Darlehensvaluta durch die Klägerseite Anspruch auf Verzinsungen des Betrages in Höhe von 230.000,00 € nach dem für den jeweiligen Monat einschlägigen MFI-Zinssatz der deutschen Bundesbank – Rubrik Wohnungsbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung von 5 bis 10 Jahren – hat;
383. die Beklagtenseite zu verurteilen, der Klägerseite Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus einem Betrag in Höhe von 132.881,00 € seit dem 01.03.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen;
394. festzustellen, dass die Beklagtenseite der Klägerseite für jede geleistete Rate in Höhe von 1.263,00 €, die ab dem 01.03.2015 gezahlt wurde, in der Zeit zwischen der Zahlung der jeweiligen Rate bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB zu zahlen hat;
405. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 2.885,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
41Die Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Sie ist der Auffassung der Widerruf der Kläger sei verfristet, da er nicht innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist eingegangen sei. Die verwendete Widerrufsbelehrung habe den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen. Die Belehrung sei deutlich gestaltet und über den Beginn der der Widerrufsfrist sei hinreichend aufgeklärt worden. Die Formulierung „nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses“ entspreche den gesetzlichen Vorgaben gem. § 312d Abs. 2 BGB a.F.. Die Passage zu „verbundenen Geschäften“ sei nicht zu beanstanden, da eindeutig durch Hervorhebung im Text zu erkennen sei, dass diese Regelung nur gelte, wenn tatsächlich ein verbundenes Geschäft vorliege.
44Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass - selbst wenn die Wirksamkeitsbedenken der Kläger zutreffend wären - jedenfalls im Januar ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger verwirkt gewesen sei, da seit Erhalt der Widerrufsbelehrung mehr als sieben Jahre verstrichen seien. Ferner liege ein Rechtsmissbrauch vor, da die Kläger nur eine formale Rechtsposition ausnutzen wollten. Ungeachtet dessen sei die Ermittlung des von den Klägern zu zahlenden Nutzungsersatzes fehlerhaft, da der Vertragszins zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich und keine monatliche, dynamische Bewertung vorzunehmen sei. Sie, die Beklagte, schulde auf die geleisteten Annuitäten keinerlei Nutzungsersatz. Dies folge bereits aus der Rechtsnatur des Darlehensvertrages. Jedenfalls könne keine Fruchtziehung in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz angenommen werden.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2015 (Bl. ## d.A.) Bezug genommen.
46Entscheidungsgründe
47Die zulässige Klage ist unbegründet.
48I. Die Kläger haben unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrten Feststellungen und/oder die geltend gemachten Zahlungen.
49Der streitgegenständliche Darlehensvertrag hat sich nicht durch den Widerruf der Kläger vom 13.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt.
50Auf das Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Darlehensvertrages im August 2007 geltenden Vorschriften des BGB bzw. der BGB-InfoV anzuwenden.
51Der im Rahmen eines Fernabsatzgeschäfts geschlossene Darlehensvertrag zwischen den Parteien ist im Angebotsverfahren zustande gekommen und nicht wirksam widerrufen worden. Zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung stand den Klägern kein Widerrufsrecht mehr nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der bei Vertragsschluss und bis zum 11.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: BGB a.F.) zu.
52Der von den Klägern am 13.01.2015 erklärte Widerruf ist verfristet. Er ging nicht innerhalb der 14-tägigen Frist gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. bei der Beklagten ein. Die Kläger können sich auch nicht auf den unbefristeten Fortbestand des Widerrufsrechts gem. § 355 Abs. 3 S.3 BGB a.F. berufen, denn das Widerrufsrecht war im Januar 2015 bereits erloschen. Die Kläger sind ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden und es ist – mangels eines Bestreitens der Kläger – davon auszugehen, dass die Beklagte die ihr gem. § 312c Abs. 2 Nr. BGB iVm § 1 BGB-InfoV obliegenden Informationspflichten ordnungsgemäß erfüllt hat.
53Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass die Widerrufsbelehrung nicht der Schutzwirkung der ab 08.12.2004 (BGBl. I 2004, 3102, 3110) geltenden Musterwiderrufsbelehrung gem. Anlage 2 zu § 14 BGB InfoV unterfällt, da sie von dieser inhaltlich erheblich abweicht.
54Indes ist dies nicht relevant. Es bestand für die Beklagte keine Verpflichtung, die Musterbelehrung zu verwenden. Die Verwendung einer Musterbelehrung ist nur fakultativ. Vorrangig ist zu prüfen, ob die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. genügt. Dies ist der Fall.
55Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist.
56Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist demnach, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird; wobei - da es sich vorliegend um einen Vertragsschluss im Wege des Fernabsatzes handelt - gem. § 312 d Abs. 5, Abs. 2 BGB a.F. die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gem. § 312 c Abs. 2 BGB und nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses beginnt.
57Der Abschnitt der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung zum Beginn der Widerrufsfrist entspricht diesen gesetzlichen Vorgaben und verstößt insbesondere nicht gegen das Deutlichkeitsgebot.
58Es ist aus der optischen und sprachlichen Gestaltung klar erkennbar, welche Voraussetzungen für den Fristbeginn alternativ und welche kumulativ erfüllt sein müssen. Ein Alternativverhältnis ist durch Verwendung des Begriffs „oder“ allein in Bezug auf den Erhalt einer Urkunde / Abschrift des Darlehnsvertrages oder des Vertrags-/Darlehensangebots in Original oder Abschrift formuliert worden. Hingegen ist durch die untereinander gereihte Aufzählung mit drei Spiegelstrichen sowie der fettgedruckten Verwendung des Wortes „und“ vor dem letzten Spiegelstrich hinreichend deutlich, dass die unter den drei Spiegelstrichen genannten Voraussetzungen, kumulativ und nicht alternativ vorliegen müssen; mit der Besonderheit, dass bei den unter dem zweiten Spiegelstrich aufgeführten Unterlagen das o.g. Alternativverhältnis zu berücksichtigen ist. Dies kann ein durchschnittlicher Verbraucher auch klar erkennen. Neben der optischen Gestaltung spricht auch der Satzbau der Belehrung zum Fristbeginn ebenfalls für ein kumulatives Erfordernis der Spiegelstrichangaben. Der einleitende Satz „Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer“ wird nicht mit dem Wort „entweder“ fortgeführt und zwischen den Voraussetzungen wird auch kein „oder“ verwendet.
59Entgegen der Ansicht der Kläger führt die Formulierung „jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses“ am Ende der kumulativen Voraussetzungen für den Fristbeginn nicht zu einer Irreführung des Verbrauchers (vgl. OLG Köln Beschlüsse v. 23.03.2015 (BeckRS 2015, 08374) u. 22.04. 2015, 13 U 168/14 zu LG Bonn Urteil v. 05.11.2014, 3 O 278/14 (BeckRS 2015, 07086) sowie OLG Köln Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 132/15). Dieser Zusatz entspricht der gesetzlichen Formulierung in § 312d Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB a.F., da der Vertragsschluss im Wege eines Fernabsatzgeschäftes im Sinne von § 312c BGB a.F. erfolgte. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass in der vorliegenden Konstellation des Angebotsverfahrens – anders als beim Antragsverfahren – sich für den Darlehensnehmer das genaue Datum des Tages des Vertragsschlusses erst durch weitere Urkunden oder Nachfragen ergibt, da der Darlehensnehmer den Tag des Zugangs seiner Annahmeerklärung bei der Bank kennen muss. Indes begründet dies keinen Mangel der Widerrufsbelehrung.
60Zum einen reicht es nach der Rechtsprechung des BGH aus, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (vgl. BGH, Urteil v. 05.11.1997, VIII ZR 351/96 zum VerbrKrG und zur Belehrung über den Inhalt des § 187 BGB (NJW 1998, 540, 542BeckRS 9998, 167541)). Dies ist mit der Formulierung in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung so umgesetzt worden. Damit ist auch der Informationspflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV Genüge getan. Insofern ist zudem zu berücksichtigen, dass die ab dem 01.04.2008 geltende Musterbelehrung gem. Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV für Fernabsatzverträge als Gestaltungshinweis 3 ebenfalls die Formulierung „jedoch nicht vor dem Vertragsschluss“ verwendet. Zwar ist diese Musterbelehrung für den streitgegenständlichen Vertrag von der zeitlichen Anwendbarkeit nicht einschlägig, sie dokumentiert aber, dass die abstrakte Benennung des fristauslösenden Ereignisses gemäß dem Gesetzeswortlaut für eine wirksame Widerrufsbelehrung als ausreichend anzusehen ist. Entgegen der Ansicht der Kläger gibt es keine gesetzlich normierte Pflicht, im Rahmen der Widerrufsbelehrung über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der fristauslösenden Umstände aufzuklären.
61Zum anderen sieht die Kammer auch keine unzumutbaren praktischen Probleme des Verbrauchers bei der Bestimmung des Beginns der Widerrufsfrist. Dem Darlehensnehmer wird – wie der Kammer aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist – in dem ihm von der Beklagten zur Erfüllung der Informationspflichten gem. § 312 c BGB iVm § 1 BGB-InfoV ausgehändigten Merkblatt „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für Verbraucher“ im Abschnitt C 1.) („Informationen zum Zustandekommen des Darlehensvertrages im Fernabsatz“) der Vertragsschluss im sog. Angebotsverfahren erläutert. Der Verbraucher weiß danach, dass für den Vertragsschluss der Eingang seiner Annahmeerklärung bei der Bank maßgeblich ist. Etwaige Ungewissheiten hinsichtlich des genauen Datums des Vertragsschlusses kann der Verbraucher durch die Art der Versendung seiner Annahmeerklärung vermeiden, indem er z.B. den Versand per Einwurf-/ oder Übergabeeinschreiben wählt oder ggfs. bei der Bank das konkrete Eingangsdatum anderweitig abfragt. Beides ist dem Verbraucher zumutbar, zumal er ohnehin schon deshalb ein Interesse daran hat, gesichert das Datum des Zugangs der Annahmeerklärung zu erfahren, da die Bank nur befristet bis zu einem bestimmten Datum an ihr Darlehensvertragsangebot gebunden ist und die unterzeichnete Annahmeerklärung des Darlehensnehmers bis zu dem im Vertrag benannten Fristende bei der Bank eingegangen sein muss (vgl. Ziffer 4.1. des Darlehensvertrages).
62Auch soweit die Kläger beanstanden, dass missverständlich und fälschlicherweise nur auf die Pflicht des Darlehensnehmer hingewiesen werde, Zahlungen innerhalb von 30 Tages zu erstatten, dringen sie mit diesem Einwand gegen die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht durch. Eine besondere Hinweispflicht über die grundsätzlichen Pflichten des Darlehensgebers zur Rückerstattung empfangener Leistungen und ggf. Zahlung von Nutzungsersatz hinaus, traf die Beklagte nicht (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15, Ziff. 4). Aus der gewählten Formulierung ergeben sich Rechte und Pflichten der Parteien hinreichend vollständig und verständlich. Der den Darlehensgeber grundsätzlich ebenfalls treffenden Erstattungspflicht innerhalb von 30 Tagen kommt in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation vom Vertrag gesehen her keine Bedeutung zu. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152,331), welche die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen regelmäßig übersteigt. Damit verbleibt nach erfolgter Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen (vgl. zur Saldierungsfolge OLG Hamm, Urt. v. 14.09.1981, 2 U 43/81 zu § 325 BGB a.F., BGH, Urt. v. 20.02.2008, VIII ZR 334/06, LG Hagen, Urt. v. 30.10.2014, 9 O 9 O 73/14, Rn. 27, zitiert nach juris), während ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers in der vorliegenden Konstellation mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen praktisch ausgeschlossen ist (vgl. LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 80, zitiert nach juris). Auf solche, vom Vertrag nicht vorgesehene, Konstellationen muss durch den Darlehensgeber nicht hingewiesen werden (LG Dortmund, Urteil vom 05.02.2015, Az. 7 O 274/14, Rdnr. 39, zitiert nach juris).
63Selbst wenn man vorliegend Gegenteiliges vertreten würde, würde nichts anderes gelten. Denn der angegriffene Teil der Belehrung hatte aus Sicht der Kläger nämlich insofern keine Relevanz, dass die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war, bevor durch die Kläger Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbracht wurden (vgl. dazu LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 83; LG Dortmund, a.a.O., Rn. 35).
64Sinn und Zweck des § 312 c Abs. 1 BGB a.F. und des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist es insofern, den Verbraucher nicht nur vor den mit Fernabsatzverträgen einhergehenden Gefahren zu schützen, sondern ihm eine gesicherte Grundlage für die Entscheidung zu geben, ob er das Widerrufsrecht ausüben will oder nicht (KG Berlin, Beschl. v. 09.11.2007, 5 W 276/07). Wenn er jedoch – anderes ist weder ersichtlich noch vertraglich vorgesehen noch vorgetragen worden – bei Ablauf der Widerrufsfrist noch keine Leistung erbracht bzw. zu erbringen hat, die die Darlehensgeberin zurückgewähren müsste, ist es für ihn für die Frage nach der Ausübung des Widerrufsrechts schlicht unerheblich, binnen welcher Frist die Rückgewähr etwaiger Leistungen durch die Darlehensgeberin zu erfolgen hat.
65Es ist entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht zu beanstanden, dass die Widerrufsbelehrung Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet, obwohl ein verbundenes Geschäft hier unstreitig nicht vorlag. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, ist die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Die Textpassage suggeriert auch nicht, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt. Durch den vorstehenden und mittels Fettdruck besonders hervorgehobenen Hinweis „Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.“ wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass diese Textpassage lediglich musterhaft eingefügt ist und keinen Bezug zu den konkret vorliegenden Vertragsumständen darstellt. Dass der Darlehensnehmer selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen gelten, ist unschädlich, solange sie – wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht (OLG Köln Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14 (BeckRS 2015, 08374, Rz. 7)). Unzulässig sind lediglich verwirrende oder ablenkende Zusätze (vgl. BGH, Urteil v. 04.07.2002, I ZR 55/00), die vorliegend jedoch nicht festzustellen sind.
66Da die Belehrung nur für den Darlehensvertrag erteilt wird und ein verbundenes Geschäft unstreitig nicht vorliegt, ist der gesamte Belehrungsteil für „verbundene Geschäfte“ für die inhaltliche Wirksamkeitsbeurteilung nicht einschlägig (vgl. OLG München BKR 2015, 337). Insofern kann dahinstehen, ob diese Passage der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung inhaltliche Fehler enthält, wie von Klägerseite behauptet. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde sich daraus vorliegend keine Unwirksamkeit der Belehrung ergeben. Nach Ansicht der Kammer ist diese Konstellation anders zu beurteilen, als bei einer Belehrung, in der überobligatorisch zu der konkreten Fallgestaltung passende – jedoch inhaltlich unrichtige - Angaben gemacht werden.
67Da eine wirksame Widerrufsbelehrung von der Beklagten erteilt worden ist und mithin der erst am 13.01.2015 erklärte Widerruf deutlich nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist erfolgt ist, bedarf es vorliegend auch keiner Entscheidung darüber, ob die von der Beklagten erhobenen Einwände der Verwirkung bzw. des Rechtmissbrauchs durchgreifen oder ob die Klägerseite die wechselseitigen Ansprüche im Rahmen eines Rückgewährschuldverhältnisses zutreffend ermittelt hat.
68Mangels eines Rückgewährschuldverhältnisses ist kein Anspruch auf die von Klägerseite begehrten Feststellungen und/oder Zahlungen gegeben. Im einzelnen gilt Folgendes:
69Der Klageantrag zu 1.) war abzuweisen, da das Darlehensverhältnis gemäß den vertraglichen Vereinbarungen vom 21.08.2007 fortbesteht und nicht zum Stichtag 01.03.2015 unter Saldierung wechselseitiger Ansprühe abzurechnen ist.
70Der Klageantrag zu 2.) hat keinen Erfolg, da die Kläger weiterhin die vertraglich vereinbarten Zinsen schulden.
71Die Klageanträge zu 3.) und 4.) waren abzuweisen, da die Kläger schon mangels eines Rückgewährschuldverhältnisses keinen Anspruch auf Nutzungsersatz für die geleisteten und/oder zukünftig zu zahlenden Raten haben.
72Da der Widerruf nicht wirksam ausgeübt worden ist, besteht auch kein Anspruch auf die zur Durchsetzung des Widerrufs angefallenen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
73II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. 2 ZPO.
74Streitwert: 97.119,- €
75Rechtsbehelfsbelehrung:
76Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 5. November 2014 (3 O 278/14) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 3 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4II.
51. Die Berufung unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
6a) Die Berufung der Klägerin ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 23. März 2015, denen die Klägerin nicht mehr entgegengetreten ist.
7b) Wie ebenfalls im Hinweisbeschluss ausgeführt, hat die Sache auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
8c) Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung - wie bereits im Beschluss vom 23. März 2015 angekündigt – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.
9d) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 in Verbindung mit § 713 ZPO.
102. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 11.492,72 €
11festgesetzt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.