Landgericht Bonn Urteil, 28. Okt. 2014 - 10 O 160/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rechtsschutz für eine Klage gegen die Iische Republik zu bewilligen mit folgendem Antrag:
„…die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 158.471,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Rückbuchung von 200 Anleihen $#&#$$.“
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist - wegen der Kosten – in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rechtsschutzgewährung für eine beabsichtigte Klage gegen die Iische Republik (H) mit folgendem angekündigten Klageantrag in Anspruch:
3„… die Beklagte (H) zu verurteilen, an den Kläger 158.471,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Rückbuchung von 200 Anleihen $#&#$$.“
4Der Kläger ist gemäß § 25 ARB mitversicherter Ehemann eines seit dem 01.04.1978 zwischen seiner Ehefrau und der Beklagten bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrages (Versicherungsschein Anlage K1). Diesem lagen jedenfalls zunächst unstreitig die seinerzeit geltenden Bedingungen der Beklagten (ARB 1978) zugrunde (Anlage K2). Dort heißt es in § 4 (1) r):
5„Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen … im Zusammenhang mit Planfeststellungs-, Flurbereinigungs-, Umlegungs- und Enteignungs-Angelegenheiten.“
6In § 17 ARB 1978 ist formuliert:
7„(1) Ist der Versicherer der Auffassung, dass die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, kann er seine Leistungspflicht verneinen. Dies hat er dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen…
8(2) Hat der Versicherer seine Leistungspflicht gemäß Abs.1 verneint und stimmt der Versicherungsnehmer der Auffassung des Versicherers nicht zu, kann der Versicherungsnehmer den für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt auf Kosten des Versicherers veranlassen, diesem gegenüber eine begründete Stellungnahme darüber abzugeben, dass die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Entscheidung des Rechtsanwalts ist für beide Teile bindend, es sei denn, dass sie offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht.“
9In den ARB 2000 lauten die entsprechenden Passagen:
10„§ 3 (3) d)
11Rechtsschutz besteht nicht für Wahrnehmung rechtlicher Interessen… in Enteignungs-, Planfeststellungs-, Flurbereinigungs- sowie im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten…
12§ 18 Stichentscheid
13(1) Lehnt der Versicherer den Rechtsschutz ab,
14a) weil der durch die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen voraussichtlich entstehende Kostenaufwand unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Versichertengemeinschaft in einem großen Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht
15oder
16b) weil in den Fällen des § 2a-g die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat,
17ist dies dem Versicherungsnehmer unverzüglich unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen.
18(2) Hat der Versicherer seine Leistungspflicht gemäß Abs.1 verneint und stimmt der Versicherungsnehmer der Auffassung des Versicherers nicht zu, kann er den für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt auf Kosten des Versicherers veranlassen, diesem gegenüber eine begründete Stellungnahme abzugeben, ob die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg steht und hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht. Die Entscheidung ist für beide Teile bindend, es sei denn, das sie offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht.“
19Im Oktober 2008 informierte die Beklagte die Ehefrau des Klägers über die beabsichtigte Anpassung des Rechtsschutzvertrages an das neue Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) (Anlage K3).
20Mit Schreiben vom 11.06.2013 suchte der Kläger bei der Beklagten unter Beifügung eines Klageentwurfes in der damaligen Fassung um Rechtsschutz für eine beabsichtigte Klage gegen H nach (Anlagen K4 und 5). Hintergrund war der Erwerb von Hischen Staatsanleihen seitens des Klägers im Jahr 2010 über einen Nominalwert von insgesamt 200.000,00 €, die nach den Anleihebedingungen am 20.03.2012 in dieser Höhe nebst Jahreszinsen zur Rückzahlung fällig sein sollten. Demgegenüber führte H am 12. März 2012 einen Umtausch durch, der faktisch eine Verminderung des Anleihebetrages um 53,5 % des Nominalwertes beinhaltete. Der Kläger, der sich mit diesem Umtausch nicht einverstanden erklärt hatte, erhielt im Wege des Zwangsumtausches für die am 20.03.2012 fälligen Anleihen andere, neue Anleihen, die zum weit überwiegenden Teil erst ab dem Jahr 2022 bis zum Jahr 2042 fällig werden. Am 10.04.2012 hat der Kläger einen Teil der neuen Anleihen zum Zweck der Schadensminderung veräußert. Den Veräußerungserlös beabsichtigt er, bei der beabsichtigten Klage gegen H zu berücksichtigen.
21Mit Schreiben vom 15.11.2013 (Anlage K8) versagte die Beklagte, die zwischenzeitlich der Ehefrau des Klägers in der gleichen Angelegenheit Rechtsschutz bewilligt hatte, unter Berufung auf eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2013 (11 O 397/12) gegenüber dem Kläger die begehrte Deckung. Zur Begründung berief sich die Beklagte zum Einen darauf, es liege kein Verstoß gegen Rechtspflichten vor und damit kein Versicherungsfall, zum Anderen darauf, zum Wertverlust der Anleihen habe das Hische Gesetz vom 23.02.2012 (sogenannter „Greek Bondholder Act“) geführt, worin eine Enteignung bzw. ein enteignungsgleicher Eingriff zu sehen sei, hinsichtlich dessen ein bedingungsgemäßer Deckungsausschluss vorliege. Einen Hinweis auf etwaig fehlende Erfolgsaussichten oder gar Mutwilligkeit der beabsichtigten Klage enthielt die Deckungsablehnung nicht. Auch nach weiterem Schriftwechsel blieb die Beklagte bei ihrer Ablehnungsentscheidung.
22Der Kläger ist der Auffassung, die Deckungspflicht der Beklagten richte sich nach den ARB 2000. Diese seien dadurch, dass, wie er behauptet, die Beklagte diese seiner Ehefrau im Jahr 2000 übersandt habe und seine Ehefrau im Folgenden 14 Jahre widerspruchslos die Versicherungsprämien gezahlt habe, Vertragsbestandteil geworden.
23Im Übrigen, so meint der Kläger, liege weder auf der Grundlage der ARB 1978 noch auf derjenigen der ARB 2000 der Ausschlusstatbestand einer Enteignung oder eines enteignungsgleichen Eingriffs vor. Dies gelte jedenfalls nach dem maßgeblichen Verständnis eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Versicherungsnehmers, wolle doch der Kläger mit seiner Klage gerade nicht festgestellt wissen, dass der Greek Bondholder Act nichtig ist, vielmehr solle ein Zahlungsanspruch aufgrund eines geltend gemachten Vertragsbruches Hs als zivilrechtlicher Vertragspartner des Klägers geltend gemacht werden. Bei dem Greek Bondholder Act handele es sich auch nicht um eine hoheitliche Tätigkeit, die der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen sei. Den deutschen Gerichten stehe insoweit eine Vorfragenkompetenz zu.
24Es fehle auch nicht an einem Verstoß gegen Rechtspflichten. Die Umschuldung verstoße in vielfacher Hinsicht gegen Rechtsnormen jeglicher Art.
25Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 24.04.2014, die Replik vom 22.07.2014 sowie den aktuellen Entwurf der beabsichtigten Klage gegen H vom 18.07.2014 (Anlage K17) Bezug genommen.
26Zudem verstoße die Deckungsversagung der Beklagten nach Auffassung des Klägers gegen die auch die Beklagte als Versicherung treffende Pflicht zur Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer. Der Kläger verweist insoweit darauf, dass die Beklagte unstreitig nicht nur gegenüber seiner Ehefrau, sondern in weiteren gleichgelagerten Fällen Rechtsschutz bewilligt hat.
27Im Termin vom 16.09.2014 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, von der Beklagten werde Rechtsschutz nicht länger für das Hilfsvorbringen begehrt, wie es sich auf Seite 90 ff des in Anlage K17 vorgelegten Klageentwurfes finde. Die Hilfsbegründung, wie sie sich derzeit auf Seite 90 ff des Entwurfes der intendierten Klage finde (Anlage K17), werde in dem beabsichtigten Verfahren nicht verfolgt werden. Diese Hilfsbegründung werde fallengelassen und in die beabsichtigte Klage keinen Eingang finden.
28Der Kläger beantragt,
29die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rechtsschutz für eine Klage gegen die Iische Republik zu bewilligen mit folgendem Antrag:
30„… die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 158.471,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Rückbuchung von 200 Anleihen $#&#$$“.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Die Beklagte tritt den Rechtsmeinungen des Klägers entgegen.
34Entsprechend ihrer erstmaligen Deckungsversagung vom 15.11.2013 hält sie an ihrer Auffassung fest, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Enteignungssache, wobei ein enteignungsgleicher Eingriff umfasst sei, handele, wofür weder nach den ARB 1978 noch nach den ARB 2000 eine Deckungspflicht bestehe. Grundlage des Anspruchs, den der Kläger beabsichtige, gegen H geltend zu machen, sei im Kern der Greek Bondholder Act, und damit ein Gesetz. Damit behaupte er letztlich einen enteignungsgleichen Eingriff.
35Angesichts dessen handele es sich bei dem vorgenommenen Zwangsumtausch um ein gesetzestreues Handeln und mitnichten um einen Rechtsverstoß, weswegen es an einem Versicherungsfall fehle.
36Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 24.06.2014 sowie die Duplik vom 07.08.2014 Bezug genommen.
37Nunmehr beruft sich die Beklagte, insbesondere unter Berufung auf ein Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19.11.2013 (2 O 132/13) auch auf fehlende Erfolgsaussichten der von dem Kläger beabsichtigen Klage. Das Handeln Hs sei als hoheitliches Handeln der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen. Dem stehe der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen.
38Deckungsschutz sei auch aus einem weiteren Grund nicht veranlasst. Es müsse bestritten werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen über die fehlenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage und die damit verbundenen Kosten hinreichend aufgeklärt habe. In diesem Fall müsse der Kläger aber die anwaltlichen Gebühren nicht tragen und müssten solche auch von der Beklagten nicht gedeckt werden.
39Auch eine Pflicht zur Gleichbehandlung gebiete eine Deckung nicht. Insbesondere durch die zwischenzeitlich ergangenen weiteren gerichtlichen Urteile sei die Beklagte zwischenzeitlich zu der Erkenntnis gelangt, dies entgegen den früheren Deckungszusagen, dass aus den aufgeführten Gründen eine Deckungspflicht nicht bestehe.
40Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 16.09.2014 ergänzend Bezug genommen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
42Die Klage ist begründet.
43Der geltend gemachte Deckungsanspruch steht dem Kläger als mitversichertem Ehemann gemäß § 25 ARB aufgrund des von seiner Ehefrau mit der Beklagten abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrages zu.
44Hierfür kann offen bleiben, ob diesem Vertrag die ARB 1978 oder diejenigen des Jahres 2000 zugrunde liegen. Der Anspruch ist auf der Grundlage beider Fassungen begründet. Bei Geltung der ARB 1978 findet der Anspruch seine Grundlage in §§ 1, 2, 14, 26 Abs. 4 ARB 1978, bei Geltung der ARB 2000 aus §§ 1, 2, 5, 28 ARB 2000.
45Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der beabsichtigten Klage gegen die Iische Republik, für welche Rechtsschutz begehrt wird, weder um eine Enteignungsangelegenheit im Sinne des § 4 (1) r) ARB 1978 noch um eine solche im Sinne von § 3 (3) d) ARB 2000, dies unabhängig davon, dass von solchen ausgeschlossenen Enteignungssachen auch Rechtsstreitigkeiten wegen enteignungsgleichen Eingriffs erfasst sind. Der Kläger trägt schlüssig vor, dass es ihm nicht darum geht, das Hische Gesetz vom 23.02.2012 (Greek Bondholder Act) für nichtig oder unwirksam zu erklären oder um die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches wegen Enteignung, sondern um die Realisierung eines zivilrechtlichen Anspruches auf der Grundlage der von ihm erworbenen Hischen Staatsanleihen. Die Kammer folgt dem Kläger darin, dass sich die Iische Republik insoweit auf das Gebiet des Privatrechts begeben hat und insoweit als Privatrechtssubjekt von dem Kläger aufgrund eines geltend gemachten Vertragsbruches in Anspruch genommen werden soll. Der Kläger legt desweiteren überzeugend dar, dass, soweit als Vorfrage die Wirksamkeit/Nichtigkeit des Greek Bondholder Act zu beurteilen ist, dies in der Kompetenz der Deutschen Zivilgerichte liegt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass bedingungsgemäße Ausschlüsse wie derjenige, auf den sich die Beklagte vorliegend beruft, eng auszulegen sind und dass für deren Reichweite das Verständnis des normalen, nicht juristisch vorgebildeten Versicherungsnehmers zugrunde zu legen ist. Angesichts dessen hat die Beklagte nicht dargetan, dass der von ihr herangezogene Ausschlusstatbestand „Enteignungsangelegenheit“ vorliegend eingreift.
46Soweit eine abweichende Auffassung darin begründet liegen könnte, dass der Kläger zunächst beabsichtigt hat, die beabsichtigte Klage hilfsweise im Wege des äquipolenten Parteivortrages auf Rechtswidrigkeit der Ausbuchung der Anleihen wegen enteignungsgleichen Eingriffs zu stützen, ist dies jedenfalls nach der Erklärung des Klägers im Termin vom 16.09.2014 nicht mehr gerechtfertigt. Der Kläger hat klargestellt, für das vorbezeichnete Hilfsvorbringen (Seite 90 ff des in Anlage K17 vorgelegten Klageentwurfes) von der Beklagten keinen Rechtsschutz zu begehren. Die vorbezeichnete Hilfsbegründung werde in dem beabsichtigten Verfahren nicht verfolgt werden, vielmehr fallengelassen und in die beabsichtigte Klage nicht länger Eingang finden.
47Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch ein Versicherungsfall, also ein Verstoß des potenziellen Klagegegners H gegen Rechtspflichten vor. Zugrunde zu legen ist insoweit wiederum das Vorbringen des Klägers. Dieser führt aus, dass der vorgenommene Zwangsumtausch zum Einen zivilrechtlich rechtswidrig war, zum Anderen aber auch der Greek Bondholder Act als solcher in vielfacher Hinsicht gegen höherrangige Rechtsvorschriften verstoße.
48Soweit die Beklagte sich nunmehr auf mangelnde Erfolgsaussichten der intendierten Klage beruft, dies insbesondere mit Rücksicht auf ein Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19.11.2013, welches ihr nunmehr bekannt geworden sei, ist ihr dies nach § 128 VVG n.F. entsprechend § 159 n VVG a.F. verwehrt. In beiden Gesetzestexten ist bestimmt, dass der Versicherer für den Fall, dass er keine Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung sieht, den Versicherungsnehmer bei Verneinung seiner Leistungspflicht darauf hinzuweisen hat und bei Unterlassung eines solchen Hinweises das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers im Einzelfall als anerkannt gilt. Hieran anknüpfend haben schon die ARB 1975 und regeln nunmehr auch die ARB 2000 einen sogenannten Stichentscheid des für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes im Falle eines erfolgten Hinweises des Versicherers der vorbezeichneten Art. Vorliegend hat die Beklagte sich vorprozessual nicht auf fehlende Erfolgsaussichten der intendierten Klage des Klägers berufen. Angesichts dessen ist ihr das im Deckungsprozess nunmehr verwehrt. Die dem Rechtschutzversicherer zur Verfügung stehende Bescheidungsfrist hinsichtlich seiner Einschätzung der Erfolgsaussichten wird auf zwei bis drei Wochen nach vollständiger Informationserteilung beziffert (OLG Frankfurt, NJW-RR 1997, 1386 = VersR 1998, 357). Spätestens mit Mail des Klägervertreters vom 22.10.2013 hat die Beklagte einen ersten Klageentwurf enthalten, womit die Informationserteilung hinreichend erfolgt war. Bei Versäumung dieser Bescheidungsfrist ist es dem Versicherer verwehrt, sich auf fehlende Erfolgsaussichten oder gar Mutwilligkeit zu berufen (OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Köln NVersZ 2000, 590 = R+S 2000, 288 = zfs 2000, 266). Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil und soweit der Beklagten erst nach der erstmaligen Deckungsablehnung die Entscheidungen von Zivilgerichten in unteren Instanzen bekannt geworden sind, welche die Erfolgsaussichten einer Klage der vorliegenden beabsichtigten Art verneinen. Die Rechtslage wird nicht dadurch umgestaltet, dass Zivilgerichte eine entsprechende Rechtsmeinung vertreten. Dies gilt jedenfalls solange, als noch keine höchstrichterliche entsprechende Auslegung erfolgt ist. Dies ist im vorliegenden Fall, soweit ersichtlich, bislang nicht der Fall.
49Dementsprechend geht auch die Argumentation der Beklagten, möglicherweise habe der Klägervertreter den Kläger nicht hinreichend über die prozessualen Risiken der beabsichtigten Klage aufgeklärt und sich damit gegenüber dem Kläger schadensersatzpflichtig gemacht, diesem damit eine entsprechende Aufrechnungsmöglichkeit eröffnet und deshalb keine Anwaltsvergütung verdient, die von der Beklagten zu decken wäre, ins Leere. Abgesehen davon stellt sich die entsprechende Behauptung der Beklagten als solche ins Blaue hinein dar, die unbeachtlich ist. Jedenfalls ist die Beklagte insoweit beweisfällig geblieben.
50Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 709, 108 ZPO.
51Streitwert: 16.465,61 Euro.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bonn Urteil, 28. Okt. 2014 - 10 O 160/14
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Referenzen - Gesetze
Für den Fall, dass der Versicherer seine Leistungspflicht verneint, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete oder mutwillig sei, hat der Versicherungsvertrag ein Gutachterverfahren oder ein anderes Verfahren mit vergleichbaren Garantien für die Unparteilichkeit vorzusehen, in dem Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien über die Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit einer Rechtsverfolgung entschieden werden. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Verneinung seiner Leistungspflicht hierauf hinzuweisen. Sieht der Versicherungsvertrag kein derartiges Verfahren vor oder unterlässt der Versicherer den Hinweis, gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers im Einzelfall als anerkannt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.
(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.