Landgericht Baden-Baden Urteil, 18. Aug. 2006 - 2 S 25/06

bei uns veröffentlicht am18.08.2006

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 16.02.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rastatt – 3 C 411/05 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagten Anwaltshonoraransprüche in Höhe von 2.680,06 Euro geltend.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellung wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Rastatt vom 16.02.2006 (As. 163 – 175 Band I). Soweit sich zweitinstanzlich Änderungen bzw. Ergänzungen ergeben, sind diese aus dem nachfolgendem ersichtlich.
Der Kläger/Berufungskläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Rastatt vom 16.02.2006, Az: 3 C 411/05, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2.680,06 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 05.08.2005 zu bezahlen.
Die Beklagten/Berufungsbeklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da dem Kläger keine weiteren Gebührenansprüche aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag mit den Beklagten zustehen.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten für die Inanspruchnahme der Dienstelle des Klägers einen Betrag in Höhe von 1.683,16 Euro bezahlt haben. Damit ist in jedem Fall die Gebühr für die unstreitig in Anspruch genommene Erstberatung beglichen.
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Ein über dieses Erstberatungsgespräch hinausgehendes Honorar steht dem Kläger unabhängig von der Frage, ob die Beklagten über die Erstberatung hinaus weitere konkrete Aufträge in der Sache erteilt haben, nicht zu, da ihm insoweit die Einrede unzulässiger Rechtsausübung (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est) entgegen gehalten werden kann. Hiernach handelt treuwidrig, wer eine Leistung fordert, die alsbald zurückzugewähren ist. Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger wegen einer Falschberatung schadensersatzpflichtig gemacht, so dass eine über die Erstberatung hinaus entstandene Gebühr ein Schaden der Beklagten darstellt, den der Kläger zugleich zu ersetzen hätte. Die Beklagten haben nach klägerischem Vortrag den Verkehrswert des von ihnen zu vererbenden Vermögens mit 450.000,00 Euro angegeben. Des Weiteren wurde der Kläger dahingehend informiert, dass eine Vererbung an die gemeinsame leibliche Tochter beabsichtigt sei. Den Beklagten ging es in erster Linie um die Beantwortung der Frage, ob im Hinblick auf eine etwaig fällige Erbschaftssteuer etwas zu veranlassen sei. Die korrekte Beantwortung dieser Frage durch den Kläger hätte nur dahingehend lauten können, dass im Hinblick auf die derzeit geltenden Freibeträge, nichts zu veranlassen sei, da keine Erbschaftssteuer anfällt. Die Bewertung von Grundbesitz richtet sich gem. § 12 III ErbschStG nach dem 4. Abschnitt des 2. Teils des Bewertungsgesetzes. Nach dem dortigen § 138 Bewertungsgesetz werden der Wert des Grundbesitzes nicht mehr nach den Einheitswerten, sondern unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse zum 01.01.1996 festgestellt. Es ist gerichtsbekannt, dass hierbei in der Praxis lediglich Werte, die ca. der Hälfte des Verkehrswertes entsprechen, festgesetzt werden. Ausgehend von einem Freibetrag für die Tochter gem. § 16 I Nr. 2 ErbschStG in Höhe von 205.000,00 Euro pro Elternteil zeigt sich, dass bei der vorliegenden Fallkonstellation keine Erbschaftssteuer angefallen wäre. Im Falle des Ableben eines der Beklagten wäre zunächst die Hälfte des Hausgrundstückes vererbt worden und zwar jeweils zur Hälfte an die alleinige Tochter und zur anderen Hälfte an den überlebenden Ehegatten. Beim Ableben des überlebenden Beklagten wären dann 3/4 des Grundstückes an die Tochter vererbt worden, was unter Berücksichtigung der Wertermittlung, wie sie eben geschildert wurde, noch vom Steuerfreibetrag gedeckt gewesen wäre. Somit waren sämtliche Maßnahmen, die von dem Kläger ergriffen wurden, unnötig und – soweit sie von dem Beklagten ausdrücklich in Auftrag gegeben worden sein sollten – für diese schadensbegründend. Der den Beklagten hierdurch entstandene Schaden wäre vom Kläger zu tragen.
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Anderes ergibt sich auch nicht aus der Überlegung, dass Änderungen der Erbschaftssteuernormen, ggf. einer Reduzierung des Freibetrags oder einer strengeren Bewertung des Grundvermögens angedacht und diskutiert werden. Dies entspricht jedenfalls nicht der zum Zeitpunkt der Beratung geltenden Rechtslage, sodass der Kläger auf diese Überlegungen allenfalls hätte hinweisen können. Konkrete Maßnahmen im Hinblick auf noch ausstehende Änderungen waren jedoch nicht veranlasst, sodass sich der Kläger schadensersatzpflichtig gemacht hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO sind weder dargetan noch ersichtlich.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.