Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 30. Aug. 2018 - 4 Ta 96/18

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2018:0830.4TA96.18.00
bei uns veröffentlicht am30.08.2018

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 30.07.2018 – 4 Ca 2380/17 – mit der Maßgabe abgeändert, dass der von der Klägerin aus dem Vermögen zu leistende Betrag 1.563,15 EUR beträgt. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Gründe

I.

1

Die Parteien des Rechtsstreits schlossen am 11. Dezember 2017 einen Vergleich, mit dem sich die Beklagte unter anderem verpflichtete, der Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 10.000,00 EUR brutto zu zahlen. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30. April 2018.

2

Das Arbeitsgericht bewilligte mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten ohne Ratenzahlung.

3

Auf die Verfügung des Arbeitsgerichts übersandte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25. Juli 2018 dem Gericht einen Kontoauszug, dem sich entnehmen lässt, dass die Beklagte der Klägerin am 27. April 2018 einen Betrag in Höhe von 9.163,15 EUR überwies mit dem Betreff: Lohn / Gehalt / Rente. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führte im Schriftsatz vom 25.07.2018 aus, dem Kontoauszug sei die gezahlte Abfindung zu entnehmen.

4

Das Arbeitsgericht änderte mit Beschluss vom 30. Juli 2018 den Beschluss vom 11. Dezember 2017 dahin ab, dass die Klägerin die Zahlung eines Betrages in Höhe von 3.119,85 EUR aus ihrem Vermögen auf die Prozesskosten zu leisten habe. Das Arbeitsgericht berücksichtigte bei der Abfindung insoweit nur das Schonvermögen in Höhe von 5.000,00 EUR.

5

Die Klägerin hat gegen den ihr am 02. August 2018 zugestellten Beschluss am 08. August 2018 sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, ihr sei der Einsatz der Abfindung als Vermögen nicht zumutbar. Sie sei 35 Jahre alt und alleinstehend. Sie sei seit dem 25. April 2018 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und beziehe Krankengeld. Es sei nicht absehbar, wann die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eintreten werde. Voraussichtlich werde demnächst eine medizinische und möglicherweise im Anschluss daran auch eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Sie müsse befürchten, gegebenenfalls dauerhaft arbeitsunfähig zu bleiben.

6

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17. August 2018 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Wegen des Inhalts der Nichtabhilfeentscheidung wird Bezug genommen auf den Inhalt des Beschlusses.

II.

7

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg. Der Klägerin ist der Einsatz der ihr gezahlten Abfindung gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO nur in Höhe von 1.563,15 EUR zumutbar.

1.

8

Eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist grundsätzlich als Bestandteil des nach § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO einzusetzenden Vermögens anzusehen, wenn diese – wie hier – der Prozesskostenhilfeantragstellerin zugeflossen ist. Jedoch sind nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII kleine Barbeträge nicht zur Begleichung der Prozesskosten einzusetzen. Nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII sind kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte für jede volljährige Person 5.000,00 EUR.

2.

9

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 24. April 2016 (3 AZB 12/05) entschieden, dass neben dem Schonvermögen dem Antragsteller ein weiterer Betrag von der Abfindung verbleiben muss. Denn dem von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer drohten durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten, etwa für Bewerbungen, Fahrten sowie unter Umständen auch Schulungen und Umzug. Diese Kosten ließen im Regelfall den Einsatz der gesamten Abfindung als unzumutbar im Sinne von § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO erscheinen. Kein Regelfall liege vor, wenn der Arbeitnehmer kurz nach dem Beendigungszeitpunkt bereits eine neue Stelle im selben Ort gefunden habe.

10

Die Klägerin war zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses arbeitslos. Der Umstand, dass sie Krankengeld auf der Basis ihres Arbeitseinkommens erhielt, steht der Berücksichtigung eines weiteren Betrages im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht schließt sich der Argumentation des Arbeitsgerichts nicht an, wonach die Klägerin durch den Krankengeldbezug so stehe wie beim Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

11

Entscheidend ist, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz verloren hat. In dieser Situation können – unabhängig vom Bezug des Krankengeldes – typischerweise Kosten für Bewerbungen, Fahrten etc. entstehen, die zur Überwindung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden oder nach Ende des Krankengeldbezuges anfallen. Krankengeld während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist anders zu beurteilen als – wie hier – Krankengeld während der Arbeitslosigkeit (vgl. dazu LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.10.2015 – 1 Ta 161/15 –).

12

Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten gerade von zahlreichen Faktoren abhängen, unter anderem von der beruflichen Qualifikation, dem Alter und den sonstigen Gegebenheiten des jeweiligen Arbeitsmarktes. Da diese nicht leicht zu ermitteln seien, sei aus Gründen der Praktikabilität eine Typisierung erforderlich. Mit anderen Worten: Bei einem ehemaligen Arbeitnehmer, der noch keinen neuen Arbeitsplatz gefunden hat, ist im Regelfall davon auszugehen, dass ihm auch weitere Kosten im Rahmen der Arbeitsplatzsuche entstehen. Dies gilt unabhängig vom Bezug des Krankengeldes. Es geht also immer darum, ob typischerweise mit der Arbeitsplatzsuche verbundene zusätzliche Kosten bereits entstanden sind oder entstehen können.

13

Dies gilt auch für die Klägerin ungeachtet des Krankengeldbezuges. Denn sie hat keinen anderen Arbeitsplatz gefunden und wird typischerweise Kosten für die Erlangung einer neuen Tätigkeit aufwenden müssen.

3.

14

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 24.04.2008 (3 AZB 12/05) entschieden, dass als Anhaltspunkt für die aus Gründen der Praktikabilität notwendige Typisierung der durch den Arbeitsplatzverlust entstehenden Kosten auf die Höhe des Schonbetrages (kleiner Barbetrag) nach der Durchführungsverordnung abzustellen ist. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 17.04.2018 – 7 Ta 37/18 –) und das Landesarbeitsgericht Hamm (Beschluss vom 26. Januar 2018 – 5 Ta 561/17 –) sind der Auffassung, dass auch nach der Neufassung des § 1 BarbetrV mit Geltung ab dem 01. April 2017 weiterhin als Anhaltspunkt für die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten die Höhe des Schonbetrages für eine volljährige Person dienen kann. Dies soll nach dieser Aufforderung weiterhin gelten trotz der nicht unerheblichen Anhebung des Freibetrages gemäß § 1 Ziffer 1 der BarbetrV zu § 90 Abs. 2 SGB XII. Mit dieser Anhebung seien insbesondere für Menschen mit Bedarf in besonderen Lebenslagen erhöhte Freibeträge für vorhandenes Vermögen eingeführt worden, die eine selbstständige Lebensführung, Alterssicherung und Förderung der Erwerbsfähigkeit erleichtern sollten. In diesem Zusammenhang scheine die Verdoppelung des Schonbetrages gemäß § 1 Ziffer 1 der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Ziffer 9 SGB XII angemessen, um die Förderung der Aufnahme der weiteren Erwerbstätigkeit auch im Hinblick auf die aus der Arbeitslosigkeit resultierenden Einkommenseinbußen zu gewährleisten (LAG Hamm, Beschluss vom 26.01.2018 – 5 Ta 561/17 – zitiert nach juris, Rn 15).

15

Das Landesarbeitsgericht Köln (Beschluss vom 24.05.2018 – 9 Ta 22/18 – zitiert nach juris) lehnt die Verdoppelung ab und berücksichtigt nur noch das Schonvermögen und anders als das Bundesarbeitsgericht überhaupt keinen weiteren zusätzlichen Betrag.

16

Dem schließt sich die Beschwerdekammer nicht an. Auszugehen ist von dem erhöhten Schonvermögen von 5.000,00 EUR. Allerdings bestehen keine Anhaltspunkte, dass damit auch bereits die vom Bundesarbeitsgericht erwähnten typisierten Kosten der Arbeitsplatzsuche erfasst sind. Diese sind über das Schonvermögen hinaus zu berücksichtigen, allerdings nicht zusätzlich in Höhe des Schonvermögens für Ledige. Denn es ist nicht erkennbar, dass sich mit der Erhöhung des Schonvermögens typisierend die Kosten der Arbeitsplatzsuche erhöht haben. Diese dürften – typisierend  - in der Höhe unverändert sein. Das Beschwerdegericht berücksichtigt daher den Wert zusätzlich, den das Bundesarbeitsgericht bisher typisierend akzeptiert hat, nämlich 2.600,00 EUR.

17

Die Klägerin hat deshalb von der Abfindung 1.563,15 EUR einzusetzen. Die Klägerin hat in der Beschwerde nicht die Annahme des Arbeitsgerichts angegriffen, bei dem mit der April-Abrechnung gezahlten Betrag über 9.163,15 EUR handele es sich um die Nettoabfindung.

18

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, denn der zusätzliche Betrag wird in Übereinstimmung mit dem Bundesarbeitsgericht in Höhe von 2.600,00 EUR berücksichtigt.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

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Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 10.09.2015 - 2 Ca 1000 d/15 - in der Form des Abhilfebeschlusses vom 28.09.2015 geändert. Die Höhe der vom Kläger monatlich zu zah

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(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 10.09.2015 - 2 Ca 1000 d/15 - in der Form des Abhilfebeschlusses vom 28.09.2015 geändert.

Die Höhe der vom Kläger monatlich zu zahlenden Raten wird auf 110,-- € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Herabsetzung der vom Arbeitsgericht festgesetzten Höhe der Raten, mit der sich der Kläger an den Kosten der Prozessführung zu beteiligen hat.

2

Der Kläger hat am 13.07.2015 beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage eingereicht, die sich gegen eine zum 30.07.2015 ausgesprochene ordentliche Kündigung gerichtet hat. Gleichzeitig hat er einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Am 20.07.2015 ist beim Arbeitsgericht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst vollständigen Anlagen eingegangen. Darunter befand sich auch eine Bescheinigung der Techniker Krankenkasse, wonach der Kläger seit dem 07.06.2015 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich netto 37,77 € bezieht.

3

Der Rechtsstreit ist durch Vergleich im Gütetermin am 08.09.2015 beendet worden. Im Anschluss an den Vergleich hat das Gericht ausweislich des Protokolls ausgeführt, es werde Prozesskostenhilfe für den Antrag aus der Klagschrift und für den Vergleich dem Grunde nach bewilligen, wahrscheinlich werde eine Ratenzahlung erfolgen.

4

Mit Beschluss vom 10.09.2015 hat das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe für die Klage und den Vergleich bewilligt und festgelegt, dass sich der Kläger mit monatlichen Raten in Höhe von 235,-- € an den Kosten der Prozessführung zu beteiligen habe. Bei der Ermittlung des Einkommens des Klägers hat das Arbeitsgericht das Krankengeld in Höhe von 1.133,10 € netto monatlich angesetzt und hiervon den Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b ZPO nicht abgesetzt.

5

Gegen diesen am 14.09.2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 17.09.2015 „Beschwerde“ eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Wegen eines laufenden Insolvenzverfahrens erhalte er nur die pfändungsfreien Bezüge ausbezahlt, so dass sein Erwerbseinkommen um 39,28 € zu reduzieren sei. Im Übrigen sei vom Einkommen der Freibetrag für Erwerbstätige abzuziehen, da bei Stellung des Prozesskostenhilfeantrags das Krankengeld anstelle von Arbeitsentgelt gezahlt worden sei. Es ergebe sich eine maximale monatliche Ratenzahlung von 110,-- €.

6

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde teilweise abgeholfen und die Rate auf 215,-- € wegen der vom Kläger angegebenen Pfändung reduziert. Den Erwerbstätigenfreibetrag hat es nicht berücksichtigt und die sofortige Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei der Zeitpunkt der Prozesskostenhilfeentscheidung gewesen. Der Kläger sei zu jenem Zeitpunkt arbeitslos gewesen. Daher sei auch der Freibetrag für Erwerbstätige nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Entscheidung sei auch nicht der Zeitpunkt der Antragstellung sondern derjenige, an dem über die Prozesskostenhilfe zu entscheiden sei. Dies sei erst im Gütetermin am 08.09.2015 der Fall gewesen, weil die Beklagte vor der Entscheidung noch habe angehört werden müssen.

7

Zur Begründung seiner Beschwerde hat der Kläger im Beschwerdeverfahren ergänzend ausgeführt, zum Zeitpunkt des Gütetermins habe noch gar nicht festgestanden, ob das Arbeitsverhältnis bereits beendet gewesen sei. Im Übrigen habe das Gericht die Entscheidung über die Festsetzung der Ratenhöhe verzögert. Sollte der Beschwerde nicht abgeholfen werden, müsse bei zukünftigen Verfahren zwingend vor Abschluss des Vergleichs darauf bestanden werden, dass eine abschließende Entscheidung über die Prozesskostenhilfe erfolge.

8

Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Beschwerdebegründung vom 08.10.2015 Bezug genommen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

II.

9

Die als sofortige Beschwerde, dem gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthaftem Rechtsbehelf auszulegende „Beschwerde“ des Klägers ist form- und fristgemäß eingelegt und damit zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet und führt zur Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.

10

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Frage, ob bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens des Klägers der Freibetrag für Erwerbstätige zu berücksichtigen ist, obwohl der Kläger wegen der mittlerweile erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erwerbstätig ist.

11

Gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b ZPO ist vom Einkommen bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen ein Betrag in Höhe von 50 vom 100 des höchsten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des 12. Buches Sozialgesetzbuch festgelegt oder fortgeschrieben worden ist, abzuziehen. Dieser Betrag beträgt nach der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2015 pauschaliert 210,-- €.

12

Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung dieses Freibetrags liegen vor. Das Krankengeld des Klägers ist ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift. Das gilt jedenfalls für den vorliegenden Fall, in dem zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht feststand.

13

1. Im Einzelnen ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen:

14

a) Grundsätzlich ist Grundlage jeder gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz der letzte Erkenntnisstand des Gerichts, also der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung. Auch für die Beurteilung der Bedürftigkeit im Rahmen der Prüfung nach § 115 ZPO kommt es auf den letzten Erkenntnisstand an. Dies gilt allerdings nur, wenn alsbald nach Entscheidungsreife auch entschieden wird. Zur Entscheidung reif ist ein Prozesskostenhilfebegehren, wenn die Partei es schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und wenn der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich zum PKH-Gesuch zu äußern (vgl. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO, Zöller, § 119, Rn 44). Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die zwischen dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife und der tatsächlichen Entscheidung des Gerichts über den Prozesskostenhilfeantrag eintreten, sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Zöller, a. a. O., Rn 46).

15

b) Hinsichtlich der Berücksichtigung des Freibetrags für Erwerbstätige bei Bezug von Krankengeld durch den Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren ist zunächst einmal zu differenzieren. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V steht Versicherten bei Arbeitsunfähigkeit oder stationärer Behandlung Krankengeld zu. Versichert in diesem Sinne sind im Wesentlichen Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Der Krankengeldanspruch knüpft deshalb prinzipiell an ein Arbeitsverhältnis und damit an eine Erwerbstätigkeit an und ist dementsprechend nach § 47 SGB V als Anteil vom regelmäßig erzielten Arbeitsentgelt berechnet. Daneben gibt es aber auch einen Krankengeldanspruch wenn eine Person, die Arbeitslosengeld bezieht, erkrankt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). In diesem Fall wird die Höhe des Krankengeldes nach § 47 b SGB V entsprechend dem Arbeitslosengeld berechnet.

16

Für die Berücksichtigung des Erwerbstätigenfreibetrags bedeutet dies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass Krankengeld, das anstelle von Arbeitsentgelt gezahlt und der Höhe nach als Anteil vom Arbeitsentgelt berechnet wird, als Erwerbseinkommen zu betrachten ist, während Krankengeld, das während der Arbeitslosigkeit gezahlt wird, nicht als Erwerbseinkommen zu berücksichtigen ist. Diese Unterscheidung entspricht dem Zweck des Freibetrags für Erwerbstätige. Er soll pauschaliert die erhöhten Aufwendungen ausgleichen, die einem aktiv im Arbeitsleben stehenden Arbeitnehmer entstehen. Dabei geht es aber nicht um konkrete Kosten, da diese ohnehin gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII als „die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben“ geltend gemacht werden können, solange sie tatsächlich anfallen. Vielmehr geht es um nicht näher spezifizierbare und damit zu pauschalierende Aufwendungen. Das Gesetz geht davon aus, dass derartige Aufwendungen solange anfallen, wie der Prozesskostenhilfeantragsteller im Erwerbsleben steht. Nach der aufgezeigten Systematik des Krankengeldrechts muss davon solange ausgegangen werden, wie der Arbeitnehmer Krankengeld erhält, das sich nach § 47 SGB V anhand seine Einkommens berechnet (BAG, Beschl. v. 22.04.2009 - 3 AZB 90/08 - Juris, Rn 8 und 9).

17

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nach dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob er zum Zeitpunkt der Bewilligung der PKH Arbeitslosengeld bezogen hat oder nicht, sondern ob sich sein Krankengeld nach seinem bisherigen Arbeitsentgelt berechnet oder nach dem Arbeitslosengeld. Vorliegend ist das vom Kläger während der Arbeitslosigkeit bezogene Krankengeld gegenüber dem während der Zeit der Erwerbstätigkeit bezogenen in der Höhe unverändert, so dass davon auszugehen ist, dass sein Krankengeld vom Arbeitsentgelt berechnet ist. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Beschwerde also ohne weiteres begründet.

18

2. Nach Auffassung verschiedener Landesarbeitsgerichte gilt diese Rechtsprechung aber dann nicht uneingeschränkt, wenn zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife bereits feststeht, dass das Arbeitsverhältnis beendet und ein neues nicht begründet worden ist. In diesen Fällen sei der Zweck der gesetzlichen Regelung, durch eine weitere Pauschalierung die für die Berufs- bzw. Erwerbstätigkeit erforderlichen sonstigen Aufwendungen angemessen zu berücksichtigen, entfallen. Zum für die Beurteilung maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt könne der gesetzlichen Bestimmung des § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 1 b ZPO ohne das Hinzutreten sonstiger Umstände nichts dafür entnommen werden, dass auch bei Wegfall der die Pauschale rechtfertigenden üblichen Unkosten für die Erwerbstätigkeit diese allein aufgrund einer Fortzahlung des Krankengeldes als weiterhin vorhanden unterstellt werden müssten (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 29.10.2009 - 3 Ta 653/09 - Juris, Rn 12 f.; ebenso LAG Köln, Beschl. v. 20.10.2014 - 1 Ta 324/14 - Juris).

19

Auch unter Zugrundelegung dieser einschränkenden Auffassung ist im vorliegenden Fall der Erwerbstätigenfreibetrag bei der Berechnung der Ratenhöhe zu berücksichtigen.

20

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nach der Anhörung des Beklagten im Gütetermin bewilligungsreif. Mit der Beschwerdebegründung geht die Kammer davon aus, dass zu jenem Zeitpunkt eine Bewilligungsentscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag hätte ergehen können. Zu jenem Zeitpunkt stand die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht fest, sondern war zwischen den Parteien streitig. Der Vergleich war gerade noch nicht geschlossen worden.

21

Anders ist daher aus Sicht des Gerichts allenfalls in den Fällen zu entscheiden, in denen vor Abschluss eines Beendigungsvergleichs etwa mangels Vorlage der erforderlichen Unterlagen aus anderen Gründen Bewilligungsreife hinsichtlich der Prozesskostenhilfeentscheidung noch nicht eingetreten ist oder aber, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gar nicht im Streit steht.

22

3. Berücksichtigt man den Erwerbstätigenfreibetrag zugunsten des Klägers, so vermindert sich sein einzusetzendes Einkommen auf 221,82 €, so dass eine Rate von 110,-- € festzusetzen ist.

23

4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich. Das Gericht folgt mit seiner Entscheidung der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Beschluss vom 22.04.2009.



Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, Az. 11 Ca 466/17, vom 15. Januar 2018 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - dahingehend abgeändert, dass die Klägerin keinen Einmalbetrag, jedoch monatliche Raten in Höhe von 132,00 € zu leisten hat.

2. Eine Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ist nicht zu erheben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der zwischen den Parteien geführten Kündigungsrechtstreit endete am 18. Juli 2017 durch Abschluss eines Vergleichs, nach dessen Ziffer 2 sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin zum Ausgleich des Verlustes des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 11.000,00 € brutto analog §§ 9, 10 KSchG mit rechtlichem Ausscheiden der Klägerin zum 30. November 2017 zu zahlen.

2

Durch Beschluss vom 31. Juli 2017 wurde der Klägerin sodann für die erste Instanz mit Wirkung vom 23. Juni 2017 Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass sie vorerst keinen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat. Es entstanden 1,75 € Gerichts- und 2.384,76 € Rechtsanwaltskosten, also insgesamt Kosten in Höhe von 2.386,51 €.

3

Mit Wertstellung zum 6. Dezember 2017 wurde der Klägerin die Abfindung in Höhe von 8.792,78 € ausgezahlt.

4

Daraufhin änderte das Arbeitsgericht nach Anhörung der Klägerin durch Beschluss vom 15. Januar 2018 die im Beschluss vom 31. Juli 2017 getroffene Zahlungsbestimmung dahingehend ab, dass die Klägerin am 1. Februar 2018 einen Einmalbetrag in Höhe von 2.386,51 € zu zahlen hat. Gegen diesen ihr zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 18. Januar 2018 zugestellten Änderungsbeschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 7. Februar 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie hat zur Begründung ausgeführt, lediglich die tatsächlich gezahlte Nettoabfindung sei zu berücksichtigen. Hiervon sei das ihr für sich und etwaige unterhaltsberechtigte Personen zustehende Schonvermögen sowie ein weiterer Schonbetrag in Höhe des für Ledige geltenden Betrages als Pauschale für die durch den Arbeitsplatzverlust typischerweise entstehenden Kosten abzusetzen. Zum Zeitpunkt der Zahlung fällige Schulden seien mit der gezahlten Abfindung zu saldieren. Sie habe mit der Abfindungszahlung ein Darlehen abgelöst, das im Übrigen als Finanzierung von einem Fahrzeug und für angefallene Reparaturen am und am vorherigen Fahrzeug aufgenommen worden sei. Das Fahrzeug habe sie benötigt, um der Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie sei aktuell immer noch arbeitslos, ihr Ehemann verfüge lediglich über eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von monatlich 572,63 €.

5

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 9. März 2018 nicht abgeholfen.

II.

1.

6

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 RPflG in Verbindung mit §§ 78 S. 1 ArbGG, 127, 567 ff. ZPO zulässig.

2.

7

Sie ist insoweit begründet, als der Klägerin keine Einmalzahlung in Höhe von 2.386,51 € aufzuerlegen war. Sie hat aber monatliche Raten in Höhe von 132,00 € an die Staatskasse zu zahlen.

a)

8

Nach § 120a Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung etwas erlangt hat, § 120a Abs. 3 S. 1 ZPO. Das Gericht soll nach der Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung Erlangte geboten ist (§ 120a Abs. 3 S. 2 ZPO).

b)

9

Einzusetzendes Vermögen im Sinn des § 115 Abs. 3 ZPO stand und steht der Klägerin aber auch nach Erhalt der Abfindung nicht zur Verfügung.

10

Zwar hat die Klägerin von ihrem früheren Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 8.792,78 € erhalten. Diese Abfindung erreicht jedoch zusammen mit Bankguthaben und sonstigen Vermögenswerten nicht den ihr gemäß § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 S. 1 Nr. 1 BarbetrV zustehenden Freibetrag.

11

Nach § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII sind kleine Barbeträge oder sonstige Geldwerte nicht zur Begleichung der Prozesskosten einzusetzen. Die Einzelheiten hierzu sind in der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (sog. BarbetrV) geregelt. § 1 BarbetrV räumt jeder volljährigen Person der Einsatzgemeinschaft einen Freibetrag in Höhe von 5.000,00 € ein.

12

Eine Abfindung analog §§ 9, 10 KSchG ist grundsätzlich als Bestandteil des nach § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO einzusetzenden Vermögens anzusehen, wenn diese dem Prozesskostenhilfeantragsteller tatsächlich zugeflossen ist (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 - NZA 2006, 751, 752 Rz. 10 f. m. w. N.). Da dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, etwa für Bewerbungen, Fahrten, unter Umständen auch Schulungen und ein Umzug, erscheint im Regelfall der Einsatz der gesamten Abfindung unzumutbar im Sinn des § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO. Die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten hängt von zahlreichen Faktoren ab (so seiner beruflichen Qualifikation, seinem Alter und den Gegebenheiten des jeweiligen Arbeitsmarktes). Zudem ist bei Zufluss der Abfindung und im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach § 120a ZPO häufig noch nicht absehbar, ob und gegebenenfalls welche - weiteren - Kosten dem Arbeitnehmer in Zukunft infolge des Verlustes des Arbeitsplatzes noch entstehen werden. Aus Gründen der Praktikabilität erweist sich eine Typisierung als erforderlich (BAG, Beschluss vom 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 - NZA 2006, 751, 752 Rz. 13). Auch nach Neufassung der BarbetrV mit Geltung ab dem 1. April 2017 kann als Anhaltspunkt für die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten die Höhe des Schonbetrages für eine volljährige Person nach § 1 S. 1 Nr. 1 BarbetrV, nunmehr in Höhe von 5.000,00 € dienen (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 26.Januar 2018 - 5 Ta 561/17 - BeckRS 2018, 1390).

13

Ein solcher Regelfall ist vorliegend gegeben. Die Klägerin ist nach wie vor arbeitslos und auf Beschäftigungssuche.

14

Der der Klägerin zustehende Freibetrag zuzüglich eines weiteren Freibetrages für Ledige in Höhe von weiteren 5.000,00 € übersteigt das Vermögen der Klägerin auch unter Berücksichtigung der an sie ausgezahlten Abfindung.

c)

15

Infolge der Tilgung des Darlehens und des daraus resultierenden Wegfalls der Ratenzahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der X-Bank Z-Stadt eG waren aber nunmehr monatliche Raten festzusetzen. Nach der von der Klägerin vorgelegten Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 6. Dezember 2017 nebst Anlagen ergibt sich folgende Berechnung:

16

Nettoeinkommen

1.045,20 €

abzüglich

        

Freibetrag der Partei nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO

  481,00 €

(für den Ehegatten ist wegen seines eigenen Einkommens kein weiterer Freibetrag zu berücksichtigen)

        
                 

hälftige Mietkosten

  300,00 €

17

Hieraus ergibt sich ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 264,00 € und eine monatliche Prozesskostenhilferate in Höhe von 132,00 €.

18

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

3.

19

Da die Beschwerde nur teilweise zurückgewiesen wurde, wird bestimmt, dass die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nicht zu erheben ist.

20

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einem gesetzlich begründeten Anlass, §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.