Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 27. Jan. 2010 - 3 TaBV 31/09

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2010:0127.3TABV31.09.0A
27.01.2010

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.07.2009 – 1 BV 26 c/09 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren nur noch um die Verpflichtung des Antragsgegners, dem Betriebsrat einen PC nebst Peripheriegeräten und Software zur Verfügung zu stellen.

2

Der Arbeitgeber (Antragsgegner und Beteiligter zu 2) betreibt als Einzelhandelsunternehmer bundesweit in ca. 10.000 Verkaufsstellen Drogeriemärkte. Die einzelnen Verkaufsstellen sind jeweils einzelnen Bezirken zugeordnet. Ihnen steht immer ein Bezirksleiter vor. Die einzelnen Bezirke wiederum unterstehen bundesweit organisatorisch den insgesamt vier Vertriebsbüros, die mit ihren Verkaufsleitern für durchschnittlich jeweils 100 Bezirke bzw. für 2500 Verkaufsstellen zuständig sind. Hierarchisch sind die Verkaufsleiter der Geschäftsführung unterstellt. Im Vertriebsbüro D... ist der Geschäftsführer K... letztendlich für die Bezirke des antragstellenden Betriebsrates zuständig.

3

Der antragstellende Betriebsrat besteht aus neun Mitgliedern. Er ist gewählt für den Bezirk K... und R... (Bezirk 227/414). In diesem Bereich sind ca. 319 Arbeitnehmer/innen in derzeit 69 Filialen beschäftigt, die in einem Radius von durchschnittlich 150 km angesiedelt sind. Alle Betriebsratsmitglieder sind in unterschiedlichen Verkaufsstellen tätig (Bl. 127 – 135).

4

Bereits seit Jahren streiten die Arbeitgeberin und verschiedene in den jeweiligen Bezirken gewählte Betriebsräte um die Ausstattung der jeweiligen Betriebsratsbüros mit einem handelsüblichen PC. Zu dieser Problematik haben die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens zahlreiche Beschlüsse von Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten zu den Gerichtsakten gereicht. Auf diese Beschlüsse wird Bezug genommen.

5

Ansprechpartner jedes Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten ist zunächst und regelmäßig der für ihn zuständige Bezirksleiter, der die in seinem Bezirk befindlichen Verkaufsstellen betreut. Auf Bezirksleiterebene werden keine PCs verwandt. Schreib- und Verwaltungsangelegenheiten erledigen sie regelmäßig handschriftlich. Auf Bezirksleiterebene werden die tatsächliche Arbeitseinteilung vor Ort und der weitere organisatorische Ablauf der Verkaufsstellen, wie Urlaubsplanung und Pausenplanung bestimmt.

6

Die dem Bezirksleiter übergeordneten Verkaufsleiter/innen sind mit einem Laptop und einem Dienstwagen ausgestattet. Auf Geschäftsführungsebene existiert ein Sekretariat. Die vier Vertriebsbüros und die Geschäftsführung der Arbeitgeberin sind jeweils mit PC mit Internetzugang ausgestattet.

7

Der antragstellende Betriebsrat hat vorliegend aufgrund seines Zuständigkeitsbereiches mit drei Bezirksleitern zu kommunizieren. Er führt außerdem mit der für ihn zuständigen Verkaufsleiterin (Frau P...) unstreitig regelmäßig Gespräche. Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte, u.a. das Aushandeln von Betriebsvereinbarungen, erfolgt aber über D.... Die Geschäftsführungsebene hat z. B. an der zwischen den Beteiligten eingerichteten letzten Einigungsstelle teilgenommen und die dabei zustande gekommene Betriebsvereinbarung unterzeichnet. Kündigungen werden durch das Sekretariat in D... geschrieben, komplexe Betriebsratsanhörungen auch (Bl. 33 d.A.).

8

Der Betriebsrat verfügt über ein ca. 15 Quadratmeter großes Betriebsratsbüro, in dem auch ein Kopiergerät steht. Er kommuniziert mit dem Arbeitgeber zurzeit über Telefon und Fax. Zur Erledigung von Büroarbeiten steht dem Betriebsrat eine elektrische Schreibmaschine mit Korrekturband der Marke Olympia, Typ „Gabriele“ zur Verfügung. Vieles schreibt er auch mit der Hand, z.B. wenn er auf formularmäßige Einstellungs-/Versetzungsanhörungen reagieren muss. Die elektrische Schreibmaschine ist ca. 22 Jahre alt. Die Umschalttaste der Schreibmaschine von Groß- auf Kleinschreibung ist defekt. Sie hakt. Die Betriebsratsvorsitzende, die das 10-Finger-System nicht beherrscht, schreibt überwiegend mit Großbuchstaben, um das Problem zu umgehen. Führt eine andere Betriebsratskollegin, die mit dem 10-Finger-System schreibt, Schreibarbeiten für den Betriebsrat durch, hakt die Schreibmaschine dauernd, weil sie intuitiv die Groß- und Kleinschreibfunktion benutzt.

9

Will der antragstellende Betriebsrat die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitszeitlisten der 319 Arbeitnehmer überprüfen, schiebt er die beiden Tische im Betriebsratsbüro zusammen, um die Unterlagen auswerten zu können und genügend Fläche zu haben. Dann beginnt er auszuwerten und zu rechnen.

10

Den in R... und S... neu gewählten Betriebsräten wurde im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Betriebsratsbüros ein PC zur Verfügung gestellt, weil eine vergleichbare Schreibmaschine nicht mehr käuflich ist.

11

Nach vorangegangener Beschlussfassung auf der Betriebsratssitzung vom 25.11.2008 (Anlage Ast. 3 – Ast. 5, Bl. 127-137 d.A.) verlangte der Betriebsrat mit Schreiben vom gleichen Tage, gerichtet an die Verkaufsleiterin, ihm einen Personalcomputer nebst Peripheriegeräten, notwendiger Software und Internetanschluss zur Verfügung zu stellen. (Anl. Ast. 1, Bl. 9 d.A.). Der Arbeitgeber lehnte dieses Begehren zuletzt mit Schreiben vom 14.04.2009 durch die Verkaufsleiterin ab (Anl. Ast. 2, Bl. 10 d.A.). Mit Schriftsatz vom 07.05.2009 hat der Betriebsrat dann nach vorangegangener Beschlussfassung (Anlagenkonvolut Ast. 6 – bis Ast. 8, Bl. 138 – 149 d.A.) das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.

12

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass er gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Informations- und Kommunikationstechnik nebst Internetzugang habe. Dies beinhalte einen PC nebst entsprechender Peripheriegeräte und Software. Internet und PC zählten heute zu den gängigen Informationsmedien. Der Schriftverkehr per Hand oder alter elektrischer Schreibmaschine sei inneffektiv und unzumutbar.

13

Der Betriebsrat hat beantragt,

14

die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, dem Betriebsrat nachstehend aufgeführte sachliche Mittel zur Verfügung zu stellen:

15

1. Bereitstellung eines handelsüblichen PC mittlerer Art und Güte, versehen mit Betriebssystem Microsoft Vista oder höher sowie versehen mit Wechseldatenspeichermöglichkeit (CD/DVD/Brenner-Laufwerk) nach dem aktuellen Stand der Technik;

16

2. Bereitstellung notwendiger Peripheriegeräte, namentlich TFT-Monitoren (17 Zoll) nebst Tastatur, Maus, Laserdrucker (schwarz-weiß), mittlerer Art und Güte sowie Druckerkabel nach dem aktuellen Stand der Technik;
3. betriebssystemkonforme Software für den unter Ziff. 1 genannten PC, namentlich Microsoft Word und Microsoft Excel in der aktuell gängigen Version;
4. Bereitstellung eines Internetanschlusses nach dem Digital Subscriber Line Standard (DSL), soweit technisch möglich;
hilfsweise,
Bereitstellung eines Internetanschlusses nach dem Integrated Services Digital Network-Standard (ISDN).

17

Der Arbeitgeber hat beantragt,

18

den Antrag zurückzuweisen.

19

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Ausstattung des Betriebsratsbüros mit einem PC sei nicht erforderlich, da eine elektrische Schreibmaschine zur Verfügung stehe. Der Betriebsrat könne den Schriftverkehr ohne weiteres handschriftlich oder mit dieser Schreibmaschine erledigen. Einen PC müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat erst dann zur Verfügung stellen, wenn ohne seinen Einsatz andere Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müssten. Das sei vom Betriebsrat nicht dargelegt worden.

20

Durch Beschluss vom 16.07.2009 hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrats auf Zurverfügungstellung eines PC nebst Peripheriegeräten und Software stattgeben, nicht jedoch dem Antrag, ihm einen Internetzugang zu gewähren. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, ausgehend von den konkreten Arbeitsabläufen und Arbeitsbedingungen sowie den regelmäßigen Kontakten zur ebenfalls mit EDV ausgestatteten Verkaufsleiterebene und zur Geschäftsführung habe der Betriebsrat mit seinem Begehren seinen Ermessensspielraum bei seiner Beschlussfassung nicht überschritten. Einen Internetzugang sei ihm aber unter anderem schon mangels entsprechender Beschlussfassung nicht zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.07.2009 – Az. 1 BV 26 c/09 – verwiesen.

21

Gegen diesen dem Arbeitgeber am 29.07.2009 zugestellten Beschluss hat er am 05.08.2008 Beschwerde eingelegt, die am 29.9.2009 begründet wurde. Der Betriebsrat seinerseits hat kein Rechtsmittel eingelegt.

22

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, der Betriebsrat sei mit der elektrischen Schreibmaschine unter Berücksichtigung der betrieblichen Gepflogenheiten ausreichend ausgestattet. Das sei dem Grunde nach auch schon in einer Vielzahl ihren Betrieb betreffender gerichtlicher Entscheidungen ausgeurteilt worden. Für die Durchführung einer Personalplanung bedürfe es ebenso wenig eines PC, wie für die Überprüfung der Einhaltung der Mitbestimmungsrechte bzgl. der Arbeitszeiten etc.. Der Betriebsrat bekomme die Arbeitszeitlisten und sonstige Formulare und könne sie handschriftlich auswerten / handschriftlich rechnerisch überprüfen. Das sei nicht unzumutbar. Einladungsschreiben und monatliche Informationsblätter könnten ebenfalls mit der Hand oder auf der elektrischen Schreibmaschine mit Korrekturband geschrieben werden.

23

Der Arbeitgeber beantragt,

24

1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.07.2009, Az. 1 BV 26 c/09 wird abgeändert.
2. Die Anträge werden insgesamt zurückgewiesen.

25

Der Betriebsrat beantragt,

26

die Beschwerde zurückzuweisen.

27

Er hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Die Arbeit mit der noch nicht einmal voll funktionierenden elektrischen Schreibmaschine oder per Hand sei ineffektiv und unzumutbar. Wenn der Betriebsratsausschuss diese Überprüfungen vornehme, „gehe im Betriebsratsbüro auf Grund der Papiermassen und der zusammengeschobenen Tische praktisch gar nichts mehr“. Allein schon für die Auswertung der Arbeitszeitkonten und Pausenzeiten der 319 Arbeitnehmer/innen benötige er dringend Programme wie Excel, die auch fortgeschrieben werden könnten und Rechenarbeiten zuverlässig verrichten. Der Arbeitgeber arbeite in wesentlichen Dingen schließlich auf der Ebene der Verkaufsleiter und der Geschäftsführung auch mit einem PC. Außerdem müsse er den Betriebsräten, die einen PC hätten, gleichgestellt werden.

28

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie die Protokolle Bezug genommen.

II.

29

A. Die Beschwerde ist zulässig.

30

1. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist auch begründet worden.

31

2. Der Antrag des Betriebsrats ist auch nicht wegen etwaiger Mängel in der Beschlussfassung des Betriebsrates hinsichtlich der Zurverfügungstellung des PCs oder der Einleitung und Durchführung des Beschlussverfahrens als unzulässig zurückzuweisen. Der Betriebsrat hat durch Vorlage entsprechender Schreiben und Protokolle detailliert nachgewiesen, dass alle notwendigen Formalien eingehalten wurden.

32

B. Die Beschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Er ist verpflichtet, dem Betriebsrat einen PC nebst Peripheriegeräten und entsprechender Software zur Verfügung zu stellen. Das hat das Arbeitsgericht Kiel in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt. Dem folgt das Beschwerdegericht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

33

1. Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. In § 40 Abs. 2 BetrVG in der ab 28.07.2001 geltenden Fassung ist ausdrücklich bestimmt, dass hierzu auch Informations- und Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang gehört. Die Prüfung, ob das verlangte Sachmittel für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt dem Betriebsrat. Er darf diese Entscheidung aber nicht allein an seinem subjektiven Bedürfnis ausrichten. Vielmehr wird von ihm verlangt, dass er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung seiner Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (ständige Rspr. des BAG, s. z. B. BAG, Beschluss vom 03.09.2003 – 7 ABR 8/03 – AP 79 zu § 40 BetrVG 1972 = NZA 2004, 280; BAG, Beschluss vom 23.08.2006 – 7 ABR 55/05 – n. v.). Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dabei steht dem Betriebsrat im Rahmen der Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Das Gericht kann die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen (ständige Rspr. des BAG, s. z. B. BAG, Beschluss vom 03.09.2003 – 7 ABR 8/03 – AP 79 zu § 40 BetrVG 1972 = NZA 2004, 280; BAG, Beschluss vom 23.08.2006 – 7 ABR 55/05 – n. v.).

34

2. In Anwendung dieser Grundsätze hat der Betriebsrat Anspruch darauf, dass ihm der Beteiligte zu 2 einen PC nebst Peripheriegeräten und entsprechender Software zur Verfügung stellt. Unter Berücksichtigung dieses Beurteilungsspielraumes des antragstellenden Betriebsrates kann die Erforderlichkeit eines PC nebst Zubehör im vorliegenden Fall nicht verneint werden.

35

a) Allerdings ergibt sich die Erforderlichkeit der Anschaffung und Nutzung eines PC nicht allein daraus, dass ein PC heutzutage zur Grund- bzw. Normalausstattung gehört. § 40 Abs. 2 BetrVG beschränkt den Anspruch des Betriebsrates auf Sachmittel in erforderlichem Umfang. Die Vorschrift gewährt keine nicht näher definierte "Normalausstattung" (BAG, 11.03.1998 - 7 ABR 59/96 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 57; BAG, 12.05.1999- 7 ABR 36/97 - AP BetrVG 19972 § 40 Nr. 65; BAG, 16.05.2007 - 7 ABR 45/06 -AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 90, Rn. 25; LAG Hamm vom 21.08.2009, 10 TaBV 33/08 – zitiert nach JURIS, Rz. 85). Erforderlichkeit im Sinne des § 40 Abs. 2 BetrVG verlangt mehr als bloße Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit (BAG, 11.11.1998 - 7 ABR 57/97 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64; LAG Hamm, 15.07.2005 - NZA-RR 2005,638 m.w.N.). Die fortschreitende technische Entwicklung und der Verbreitungsgrad erlangen nur dann Bedeutung, wenn sie sich in den konkreten betrieblichen Verhältnissen niederschlagen (BAG vom 03.09.2003 - 7 ABR 8/03, zitiert nach JURIS)

36

b) Der Betriebsrat durfte aber im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse und der sich ihm stellenden Aufgaben einen PC nebst Peripheriegeräten und entsprechender Software für erforderlich halten, um bestimmte betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben überhaupt sachgerecht wahrnehmen zu können.

37

aa) Die Arbeit mit der elektrischen Schreibmaschine, Typ „Gabriele“ ist dem Betriebsrat nicht zumutbar. Dieses ca. 22 Jahre alte Modell ist nach dem Ergebnis der Erörterungen im Anhörungstermin noch nicht einmal voll funktionsfähig. Die Schreibmaschine hakt ständig beim Wechsel zwischen Groß- und Kleinschreibung. Von der Richtigkeit dieser Angaben hat sich die Beschwerdekammer durch Einsichtnahme in die zum Nachweis der ordnungsgemäßen Beschlussfassung zur Akte gereichten Unterlagen überzeugt. Allein schon deshalb durfte der Betriebsrat die Ausstattung eines PC nebst Zubehör und Software für erforderlich halten.

38

bb) Die handschriftliche Abfassung des Schriftverkehrs des Betriebsrats ist jedenfalls heutzutage einem Betriebsrat unzumutbar, - auch wenn dieses im Anhörungstermin von der Vertreterin der Arbeitgeberseite teilweise anders gesehen wurde. Derartiges gehört zur Steinzeit der Bürokommunikation. Das gilt auch im Umgang mit Betriebsräten der Antragsgegnerin. Niemand schreibt heutzutage mehr - längere - Texte per Hand oder gar mit Federkiel.

39

cc) Die Benutzung eines PC durch den Betriebsrat ist vorliegend nicht nur nützlich und dient auch nicht nur einer nicht notwendigen Arbeitserleichterung. Sie ist vielmehr hier für einen vernünftigen und angemessenen Einsatz menschlicher Arbeitskraft unabdingbar. Der Betriebsrat hält einmal wöchentlich Betriebsratssitzungen ab. Hierzu sind schriftliche Einladungen an die einzelnen Betriebsratsmitglieder nebst Mitteilung der jeweiligen Tagesordnung, die Anfertigung von schriftlichen Sitzungsprotokollen und der gefassten Betriebsratsbeschlüsse erforderlich. Die Beschwerdekammer hat sich durch Einsichtnahme in die zum Nachweis der ordnungsgemäßen Einleitung dieses Beschlussverfahrens zur Akte gereichten Unterlagen davon überzeugt, dass die sachgerechte Aufgabenerfüllung durch den Betriebsrat eine Anschaffung und Nutzung eines PC erforderlich macht. Es ist unzumutbar, dass allein schon für Einladungen neunmal das gleiche Schreiben, versehen mit unterschiedlichen Anschriften und unterschiedlicher Anrede aufgesetzt werden muss. Der Einwand fehlender Effizienz ist dem Antragsgegner hier bereits insoweit verwehrt, als er dem Betriebsrat in Bezug auf sein Begehren die Möglichkeit der Berufung auf bessere Effizienz ebenfalls abspricht. Ungeachtet dessen hat die Betriebsratsvorsitzende in der Verhandlung dargetan, dass auch oftmals noch individuelle Zusätze für die weit verstreuten, oft schlecht erreichbaren Betriebsratsmitglieder hinzugefügt werden müssen.

40

Die Erstellung eines handschriftlichen Sitzungsprotokolls in gut lesbarer Schrift stellt ebenso wie die Übertragung eines handschriftlichen Protokolls mit einer elektrischen Schreibmaschine eine unvertretbare, degradierende Verschwendung der Arbeitskraft der Betriebsratsvorsitzenden eines neunköpfigen Betriebsrates oder der Schriftführerin dar. Sie bringt erhebliche Verzögerungen mit sich und bindet in einem Umfang menschliche Arbeitskraft, für die der Arbeitgeber vorliegend keinerlei konkrete Rechtfertigung vorgebracht hat. Den neunköpfigen Betriebsrat gleichwohl hierauf zu verweisen, ist entwürdigend. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Erledigung dieses Schreibwerkes inklusive Vervielfältigung und Versandvorbereitung ohne Zuhilfenahme eines PC mit Zubehör um ein vielfaches mehr Zeit in Anspruch nimmt, als wenn der Betriebsrat mit einem dem heute üblichen Bürostandard entsprechenden PC ausgestattet wäre (so auch LAG Köln, 09.01.2008- 7 TaBV 25/07 - Rn. 46; LAG Hamm 21.08.2009 - 10 TaBV 33/08 zitiert nach JURIS, Rz. 92).

41

dd) Für die Erstellung derartiger Dokumente bei Einladungen zu Betriebsratssitzungen mit der jeweiligen Tagesordnung, bei der Anfertigung von Betriebsratsprotokollen und der Abfassung von Betriebsratsbeschlüssen ist gerade vorliegend besondere Sorgfalt geboten. Es ist gerichtsbekannt, dass der Arbeitgeber das ordnungsgemäße Zustandekommen von Betriebsratsbeschlüssen zu bestreiten pflegt. Das zeigt allein eine Durchsicht der Vielzahl der zur Akte gereichten und auch der in JURIS dokumentierten Entscheidungen, die den Beteiligten zu 2 betreffen. Das macht eine lückenlose Dokumentation des Schriftverkehrs erforderlich. Auch im vorliegenden Verfahren ist die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrates zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens bestritten worden. Dies macht deutlich, dass der Betriebsrat einen erheblichen Aufwand betreiben muss, um in einem Beschlussverfahren das ordnungsgemäße Zustandekommen eines Betriebsratsbeschlusses dokumentieren zu können. Ein Abspeichern der Dokumente auf der Festplatte eines PC ist danach nicht nur nützlich, sondern erforderlich, will der Betriebsrat nicht in Papier und Leitzordnern versinken. Auch insoweit durfte der Betriebsrat die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software zur Erledigung der sich ihm stellenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben für erforderlich halten (vgl. LAG Hessen, 07.02.2008 - 9 TaBV 247/07 - Rn. 25; LAG Hamm vom 21.08.2009 - 10 TaBV 33/08 zitiert nach JURIS, Rz. 92).

42

ee) Darüber hinaus hat der Betriebsrat nachvollziehbar dargelegt, dass er auch zur Überprüfung der Arbeits- und Pausenzeiten der Mitarbeiter einen PC benötigt, der ihm die Möglichkeit zur Schaffung von Tabellenkalkulationen mit entsprechender Datenauswertung und Erstellen von Statistiken gibt. Allein schon bei der Größenordnung seines Zuständigkeitsbereiches ist es dem Antragsteller unzumutbar, von 319 Mitarbeiter/innen Arbeitszeit- und Pausenpläne sowie Zeiterfassungsnachweise nebeneinander zu legen und sodann stets neu, handschriftlich und mit Taschenrechner und mit hoher möglicher Fehlerquote, die Einhaltung der Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 BetrVG zu kontrollieren. In Anbetracht der sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG ergebenden Mitbestimmungsrechte stellt der Wille des Betriebsrates, entsprechende Arbeitszeit- und Überstundenübersichten mit Excel aufzustellen und fortzuschreiben, ein legitimes Interesse im Rahmen des dem Betriebsrat gesetzlich übertragenen Aufgabenspektrums dar. Er muss sich bei diesem Umfang anfallender Informationen nicht auf ein sich ständig wiederholendes Wühlen in Papierbergen und manuelles Ausrechnen verweisen lassen. Eine computerunterstützte Überprüfung und Bearbeitung von Zeiterfassungsbögen zur Kontrolle der Arbeitszeiten mittels entsprechender Tabellen führt nicht nur zur starken Erleichterung der Erledigung dieser Aufgaben im Vergleich zu handgefertigten Übersichten. Sie erscheint der Kammer angesichts des Papierwustes geradezu notwendig.

43

ff) Dem kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Bezirksleiter seien ebenfalls nicht mit einem Personalcomputer ausgestattet. Zum einen bestimmt sich der erforderliche Umfang eines Sachmittels nicht ausschließlich nach dem Ausstattungsniveau des Arbeitgebers (LAG Niedersachsen vom 09.03.2007, 3 TaBV 47/06 – Rz. 23; LAG Schleswig-Holstein vom 22.07.2009 – 6 TaBV 15/09, Rz. 32).

44

Zum anderen kann dahingestellt sein, wie viel Schreibarbeit den Bezirksleitern konkret durch die mit PC arbeitende Verkaufsleiterin und/oder durch die Geschäftsleitung im Büro in D... abgenommen wird. Jedenfalls beträgt der diesbezügliche Arbeits- und Auswertungsumfang des antragstellenden Betriebsrats vorliegend das Dreifache des Pensums, das „seine“ Bezirksleiter im Umgang mit der Arbeitseinteilung, Pausenfestlegung und Überstundenanordnung zu bewältigen haben. Dem Tätigkeitsbereich dieses Betriebsrats sind drei Bezirksleiter zugeordnet.

45

Vor allem aber fällt ins Gewicht, dass Ansprechpartner des Betriebsrats in anderen wichtigen Angelegenheiten, etwa beim Ausspruch von Kündigungen, insbesondere aber beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, der Geltendmachung von Ausstattungsmaterial, der Führung von rechtlichen Auseinandersetzungen, die Verkaufsleiterin, das übergeordnete Vertriebsbüro, ggf. sogar die Geschäftsführerebene ist. Diese sind aber unstreitig u.a. mit einem PC nebst Zubehör und Software ausgestattet. Unstreitig und unzweifelhaft werden dort Kündigungen, Betriebsvereinbarungen, außergerichtliche Korrespondenz zu Fragen nach §§ 37 Abs. 6 und Abs. 7, 40 BetrVG oder gar erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Schriftsätze nicht mit der Hand oder mittels einer elektronischen Schreibmaschine geschrieben. Das zeigt allein auch schon ein Blick der Beschwerdekammer in die aus dem Hause des Beklagten stammenden erstinstanzlichen Schriftsätze und die sonstigen zur Akte gereichten Unterlagen. Der Arbeitgeber war erst im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten.

46

gg) Auch Kostenargumente stehen der Entscheidung des Betriebsrates, eine Ausstattung mit PC für erforderlich zu halten, nicht entgegen. Angesichts der heutigen Preise von PC-Massenware sind unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keine Umstände ersichtlich, die vom Kostenaufwand der begehrten Ausstattung entgegenstehen. Der Beschwerdekammer erschließt sich allerdings ein Kostenargument vorliegend angesichts der Vielzahl der nun schon seit einem Jahrzehnt bundesweit mindestens durch zwei Instanzen immer wieder durchgeführten gleichgelagerten Beschlussverfahren mittlerweile per se nicht – mehr.

47

gg) Eine Unternehmensphilosophie der Arbeit mit altertümlichem Handwerkszeug ist ebenfalls nicht erkennbar. Der Arbeitgeber verfügt in eigenen Belangen über ein modernes Rechenzentrum und ein onlinevernetztes Kassensystem, vertreibt sogar PCs nebst Zubehör. Neu gewählte Betriebsräte – wie z.B. die für R... und S... – sind ebenfalls mit PCs ausgestattet.

48

3. Der Beschwerde war daher der Erfolg versagt. Der Betriebsrat des Bezirks 227/414 hat einen Anspruch darauf, dass ihm der Arbeitgeber einen Personalcomputer nebst Peripherie und Software zur Verfügung stellt.

49

Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

50

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Es handelt sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.


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Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 13. Sept. 2010 - PL 11 K 4215/09

bei uns veröffentlicht am 13.09.2010

Tenor Es wird festgestellt, dass der weitere Beteiligte verpflichtet ist, dem Antragsteller einen Laptop mit Anschlussmöglichkeit an das IT-Netz der Dienststelle zur Verfügung zu stellen. Gründe   I. 1 Die Beteiligte

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(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.