Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 03. Mai 2016 - 1 TaBV 51/15

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2016:0503.1TABV51.15.0A
bei uns veröffentlicht am03.05.2016

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 21.08.2015 und den Ergänzungsbeschluss vom 01.10.2015 - 2 BV 6 c/15 - werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Tatbestand

A.

1

Die Beteiligten streiten im Kern um die Auslegung einer Betriebsvereinbarung.

2

Der Antragsteller (Betriebsrat) ist der gemeinsame Betriebsrat der beiden Antragsgegnerinnen (Arbeitgeberinnen). Diese betreiben in zahlreichen Filialen in Norddeutschland Einzelhandelsgeschäfte im Wesentlichen für Textilien.

3

Zum 01.01.2004 schlossen die Betriebspartner eine Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” sowie etwas später eine Zusatzvereinbarung. Diese regeln auszugsweise:

4

㤠2 Regelungen

5

1. Höhe und Umfang der Rabattgewährung

6

1.1 Der Personalrabatt auf alle weiß ausgezeichneten Artikel beträgt für alle Beschäftigten :
50 %

7

1.2 Der Personalrabatt auf alle rot ausgezeichneten Artikel beträgt für alle Beschäftigten:
30 %

8

1.3 Der Personalrabatt auf alle Artikel beträgt für alle mit den Beschäftigten in einem Haushalt lebenden Partner/Ehepartner sowie deren unterhaltsberechtigten Kinder, sowie für Geschenke:
30 %

9

§ 3Inkrafttreten und Laufzeit

10

Diese Betriebsvereinbarung tritt ab dem 01.01.2004 in Kraft und ersetzt die bisherige Betriebsvereinbarung. Sie kann beiderseits mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines jeden Kalenderquartals gekündigt werden. Nach einer Kündigung wirkt diese Betriebsvereinbarung solange nach, bis eine neue Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird.

11

Zusatzvereinbarung

12

Der Mitarbeiterrabatt für Sonder- bzw. Zusatzartikel beträgt mindestens 20 %.

13

Diese Zusatzvereinbarung tritt mit Unterschrift in Kraft und wird Bestandteil o. a. Betriebsvereinbarung. Die gesetzliche Nachwirkung der Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” wird durch diese Zusatzvereinbarung nicht berührt.”

14

Bei Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung und bis zum heutigen Tag gibt es in den Filialen der Arbeitgeberinnen nur weiß oder rot ausgezeichnete Artikel, sodass für sämtliche Artikel des Sortiments der Arbeitgeberinnen Rabatte nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung gewährt wurden, mit folgenden Ausnahmen: Mit Schreiben vom 07.03.2008 (Anlage AST 3, Bl. 6 d. A.), vom 16.08.2013 und 23.08.2013 teilten die Arbeitgeberinnen mit, bestimmte Artikel mit näher genannten Artikelnummern seien vom Personalkauf ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 28.08.2013 erinnerte darauf der Betriebsrat die Arbeitgeberinnen an die Einhaltung der Betriebsvereinbarung. Mit Schreiben vom 08.09.2014 (Anlage AST 4, Bl. 7 d. A.) teilten die Arbeitgeberinnen erneut mit, bestimmte wiederum im Schreiben im Einzelnen genannte Artikel würden vom Personalkauf ausgeschlossen. Dieses mahnte der Betriebsrat mit Schreiben vom 11.09.2014 (Anlage AST 5, Bl. 8 d. A.) ab und erinnerte erneut an die Einhaltung der Betriebsvereinbarung. Schließlich schlossen die Arbeitgeberinnen mit Schreiben vom 15.01.2015 (Anlage AST 6, Bl. 9 d. A.) wiederum bestimmte genannte Artikel vom Personalkauf aus. Darauf hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren angestrengt.

15

Er vertritt erst- und zweitinstanzlich die Auffassung, nach der Betriebsvereinbarung müssten die Arbeitgeberinnen für sämtliche Artikel Personalrabatt gewähren. Dies entspreche dem Sinn und Zweck der Betriebsvereinbarung und so sei in der Vergangenheit auch tatsächlich verfahren worden. Die Androhung von Ordnungsgeld beruhe auf § 23 Abs. 3 BetrVG. Der Hilfsantrag sei für den Fall gestellt, dass das Arbeitsgericht meine, die BV gelte nicht für alle Artikel.

16

Der Betriebsrat hat beantragt,

17

1. den Antragsgegnerinnen aufzugeben, es zu unterlassen, bestimmte Artikel von der Gewährung von Mitarbeiterrabatten auszunehmen,

18

2. den Antragsgegnerinnen wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1. beantragte Verpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,-- € brutto anzudrohen,

19

hilfsweise,

20

den Antragsgegnerinnen aufzugeben, es zu unterlassen, weiß oder rot ausgezeichnete Artikel von der Gewährung von Mitarbeiterrabatten auszunehmen.

21

Die Arbeitgeberinnen haben beantragt,

22

die Anträge zurückzuweisen.

23

Sie sind der Meinung, sie dürften einzelne Warengruppen oder Artikel vom Personalkauf ausnehmen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Festlegung des zu rabattierenden Sortiments gebe es nicht. Sie habe auch die Möglichkeit, die Preise andersfarbig auszuzeichnen. Auch sei der Antrag zu unbestimmt.

24

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 21.08.2015 auf den Hauptantrag die Arbeitgeberinnen zur Unterlassung verurteilt. Mit Beschluss vom 01.10.2015 hat es den Tenor um die mit dem Antrag zu 2. begehrte Ordnungsgeldandrohung ergänzt. Wegen der Begründung der Beschlüsse wird auf die angefochtenen Entscheidungen Bezug genommen.

25

Gegen den am 04.09.2015 zugestellten Beschluss vom 21.08.2015 haben die Arbeitgeberinnen am Montag, dem 15.10.2015 und gegen den am 13.10.2015 zugestellten Ergänzungsbeschluss am 20.10.2015 Beschwerde eingelegt. Die Verfahren sind beim Landesarbeitsgericht unter den Az. 1 TaBV 51/15 und 1 TaBV 55/15 geführt worden. Im Verfahren 1 TaBV 51/15 ist die Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 14.12.2015 verlängert worden. Am 14.12.2015 ist beim Landesarbeitsgericht die Beschwerdebegründung unter dem Az. 1 TaBV 51/15 eingegangen.

26

Mit Schreiben vom 08.12.2015 kündigten die Arbeitgeberinnen die Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” einschließlich der Zusatzvereinbarung fristgerecht zum 31.03.2016 (Anlage AG 1, Bl. 109 d. A.).

27

Die Arbeitgeberinnen tragen zur Begründung der Beschwerde vor:

28

Mit Kündigung der Betriebsvereinbarung entfalle ab dem 01.04.2016 die Anwendung der streitgegenständlichen BV. Die Festlegung des Warensortiments, für das Mitarbeiterrabatt gewährt werde, sei mitbestimmungsfrei. Die entsprechenden Regelungen der Betriebsvereinbarung wirkten daher nicht nach. Jedenfalls dann, wenn sie erklärten, dass der Dotierungsrahmen für Mitarbeiter-Rabatte bis zum Abschluss einer neuen BV auf „0” festgelegt werde, entfalle jeglicher Mitarbeiter-Rabatt.

29

Die Anträge seien aber im Übrigen von Anfang an unzulässig und unbegründet gewesen. Der Antrag zu 1. sei zu unbestimmt und damit unzulässig. Der Betriebsrat müsse im Einzelnen benennen, welche Artikel nicht vom Mitarbeiter-Rabatt ausgenommen werden dürften.

30

Der Antrag zu 1. sei auch unbegründet. Die dem Mitarbeiter-Rabatt unterfallenden Artikel seien diejenigen, die sie entweder weiß oder rot ausgezeichnet habe. Sie könne aber auch die Artikel andersfarbig auszeichnen. Diese unterlägen dann nicht dem Mitarbeiter-Rabatt. So sei auch Ziffer 1.3 der Betriebsvereinbarung auszulegen.

31

Die Arbeitgeberinnen beantragen,

32

den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 21.08.2015 - Az. 2 BV 6 c/15 - einschließlich des Ergänzungsbeschlusses vom 01.10.2015 abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

33

Der Betriebsrat beantragt,

34

die Beschwerde zurückzuweisen.

35

Er trägt vor: Im Verfahren 1 TaBV 55/15 sei die Beschwerde nicht begründet worden und damit unzulässig.

36

Sein Anspruch folge aus § 23 Abs. 3 BetrVG wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe. Rechtsgrundlage des Ordnungsgeldantrags sei § 890 ZPO. Im Folgenden verteidigt der Betriebsrat die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur Auslegung der Betriebsvereinbarung. Trotz der Kündigung wirke die Betriebsvereinbarung gemäß ihres § 3 nach und sei von den Arbeitgeberinnen nach wie vor zu beachten.

37

Durch Beschluss vom 18.02.2016 hat das Gericht die Verfahren 1 TaBV 51/15 und 55/15 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

B.

38

Die Beschwerden der Arbeitgeberinnen sind zulässig, aber nicht begründet.

39

I. Die Beschwerden sind zulässig.

40

1. Beide Beschwerden sind gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Der Ergänzungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist hinsichtlich des Rechtsmittels als selbstständiger Beschluss anzusehen, der mit dem zulässigen Rechtsmittel anfechtbar ist (vgl. zum Ergänzungsurteil: Zöller, 30. Auflage, § 321, Rn. 10 f).

41

2. Beide Beschwerden sind fristgemäß eingelegt und auch begründet worden.

42

Wegen des Beschlusses vom 21.08.2015 haben die Arbeitgeberinnen fristgemäß innerhalb der bis zum 14.12.2015 verlängerten Begründungsfrist die Beschwerdebegründung eingereicht.

43

Im Hinblick auf den Ergänzungsbeschluss vom 01.10.2015 genügt die innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist für den Ergänzungsbeschluss eingereichte Beschwerdebegründung vom 14.12.2015 den Anforderungen an eine zulässige Begründung. Dass in diesem Schriftsatz das Az. des Verfahrens, unter dem die Beschwerde gegen den Ergänzungsbeschluss zunächst geführt worden ist, nicht genannt ist, ist unschädlich. Bereits aus dem angekündigten Antrag ergibt sich, dass die Beschwerdebegründung sich auch gegen die Verurteilung aus dem Ergänzungsbeschluss wendet. Im Antrag wird ausdrücklich auch die Abänderung im Hinblick auf den Ergänzungsbeschluss beantragt. Im Übrigen genügen die Ausführungen aus der Beschwerdebegründung, um auch die Richtigkeit des Ergänzungsbeschlusses in Frage zu stellen. Ist nämlich die mit dem Antrag zu 1. begehrte Unterlassungsverpflichtung zu Unrecht ausgeurteilt, fehlt es auch an der Rechtsgrundlage für die Androhung eines Ordnungsgeldes.

44

II. Beide Beschwerden sind aber unbegründet. Die Hauptanträge des Betriebsrats sind begründet, der Hilfsantrag ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

45

1. Der Antrag zu 1. ist nach der gebotenen Auslegung zulässig und begründet.

46

a) Der Antrag ist dahin auszulegen, dass der Arbeitgeberin untersagt wird, irgendeinen Artikel ihres Sortiments von der Gewährung von Mitarbeiter-Rabatt auszunehmen. Der Begriff „bestimmte Artikel” im Antrag ist dahin zu verstehen, dass sämtliche Artikel des Sortiments der Beklagten gemeint sind. Als Globalantrag, wie ihn auch das Arbeitsgericht verstanden hat, ist dieser Antrag ohne weiteres hinreichend bestimmt. Die Arbeitgeberinnen können erkennen, dass ihnen der Ausschluss von Artikeln aus ihrem Sortiment von der Gewährung von Mitarbeiter-Rabatt untersagt ist. Gegen die entsprechende Auslegung dieses Antrags durch das Arbeitsgericht haben auch im Beschwerdeverfahren weder der Betriebsrat noch die Arbeitgeberinnen konkrete Einwendungen erhoben.

47

b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.

48

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Antrag auch im Beschlussverfahren so bestimmt sein, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Im Falle einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung muss für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf dadurch grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG, Beschluss vom 12.08.2009 - 7 ABR 15/08 - juris, Rn. 12).

49

Danach bestehen vorliegend keine Zweifel an der Bestimmtheit des Antrags. Wie bereits ausgeführt, dürfen die Arbeitgeberinnen keinen einzigen Artikel ohne Mitarbeiter-Rabatt abgeben und wissen damit, was sie zu unterlassen haben.

50

c) Der Antrag ist auch begründet.

51

aa) Anspruchsgrundlage für das Begehren des Betriebsrats ist § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Nach dieser Norm kann die Durchführung und Einhaltung einer Betriebsvereinbarung und die Unterlassung entgegenstehender Handlungen verlangt werden (allgemeine Meinung, etwa: Fitting, 27. Auflage, § 77, Rn. 227 m. w. N.). Auf das Vorliegen eines groben Verstoßes gegen die Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG, den das Arbeitsgericht angenommen hat, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an. In der Antragsschrift hat der Betriebsrat im Übrigen selbst seinen Anspruch auf § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und nicht auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestützt (S. 3 d. Antragsschrift, Bl. 3 d. A.).

52

bb) Die Voraussetzungen für das Unterlassungsbegehren liegen vor. Mit der Herausnahme einzelner Artikel oder Warengruppen aus der Rabattgewährung in der Vergangenheit haben die Arbeitgeberinnen gegen die Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” verstoßen.

53

(1) Hinsichtlich der Auslegung der Betriebsvereinbarung folgt die Beschwerdekammer in vollem Umfang den Ausführungen des Arbeitsgerichts. Dieses hat zutreffend ausgeführt, dass bereits der Wortlaut der Betriebsvereinbarung für eine umfassende Erstreckung auf alle Warengruppen spricht. Personal-Rabatte gab und gibt es bei den Arbeitgeberinnen nur für Waren mit weißer und roter Auszeichnung. Andersfarbige Auszeichnungen existieren nicht.

54

(2) Hierfür sprechen auch die vom Arbeitsgericht angeführten systematischen Gründe. Die Rabattmöglichkeiten für Angehörige sollen typischerweise nicht über diejenigen der Mitarbeiter hinausgehen. Das stellen auch die Arbeitgeberinnen in ihrer Beschwerdebegründung nicht in Abrede. Damit ist der Begriff „alle Artikel” in § 2.1.3 jedenfalls nicht weitergehend, sondern genau so weit zu verstehen wie die Rabattregelungen für Mitarbeiter. Da sämtliche Artikel weiß oder rot ausgezeichnet sind, umfassen §§ 2.1.1 und 1.2 ohne Ausnahme alle Artikel. Die nachträgliche Ausnahme von bestimmten Artikeln nach der Zusatzvereinbarung ergibt auch nur dann einen Sinn, wenn eine Herausnahme nicht ohnehin für die Arbeitgeberinnen jederzeit möglich wäre. Des Abschlusses der Zusatzvereinbarung hätte es also gar nicht bedurft, wenn die Betriebsvereinbarung im Sinne der Arbeitgeberinnen zu verstehen wäre.

55

(3) Besondere Bedeutung kommt im vorliegenden Fall der praktischen Handhabung hinsichtlich der Durchführung der Betriebsvereinbarung zu. Seit Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung ist diese stets so gehandhabt worden, dass sämtliche Artikel einem Personal-Rabatt zugänglich gewesen sind. Andersfarbige Auszeichnungen hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Insbesondere haben die Arbeitgeberinnen in der Vergangenheit nicht Artikel andersfarbig ausgezeichnet und auf diese Weise vom Mitarbeiter-Rabatt ausgenommen. Vielmehr haben die Arbeitgeberinnen in der Vergangenheit - in den Jahren 2008, 2013, 2014 und 2015 - gegen die Betriebsvereinbarung verstoßen, indem sie weiß bzw. rot gekennzeichnete Artikel trotz der Betriebsvereinbarung per Weisung nicht rabattiert haben. Wenn die Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” so zu verstehen wäre, wie von den Arbeitgeberinnen in diesem Verfahren vertreten, hätte es nahe gelegen, in der Vergangenheit bereits andersfarbige Artikelauszeichnungen zu verwenden und nicht eine Zusatzvereinbarung zur Betriebsvereinbarung zu treffen.

56

(4) Allein der Umstand, dass der Regelungsgegenstand der Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” nicht der zwingenden Mitbestimmung unterliegt (vgl. hierzu: BAG v. 08.11.2011 - 1 ABR 37/10 - juris, „Crew-Kantine”), besagt nicht, dass die Arbeitgeberinnen von der einmal getroffenen vertraglichen Regelung mit dem Betriebsrat abweichen dürfen. Auch freiwillige Betriebsvereinbarungen sind für den Arbeitgeber verpflichtend.

57

cc) Die für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus den in der Vergangenheit mehrfach von den Arbeitgeberinnen begangenen Verstößen gegen die Betriebsvereinbarung in den Jahren 2008, 2013, 2014 und 2015 sowie aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberinnen ihre Rechtsauffassung zur Auslegung der Betriebsvereinbarung auch im Beschwerdeverfahren weiter vertreten.

58

dd) Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrats ist auch nicht mit Kündigung der Betriebsvereinbarung und Ablauf der Kündigungsfrist am 31.03.2016 entfallen. Vielmehr wirkt die Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” nach. Dies folgt aus § 3 Satz 3 der Vereinbarung, wonach diese Betriebsvereinbarung so lange nachwirkt, bis eine neue Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird.

59

(1) Die Vereinbarung der Nachwirkung einer freiwilligen Betriebsvereinbarung bis zum Zeitpunkt des Abschlusses einer neuen Betriebsvereinbarung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (vgl. zu einer gleich lautenden Formulierung den Beschluss des BAG vom 20.04.1998 - 1 ABR 43/97 - juris, Rn. 39 - 49). Allerdings kann die Nachwirkung nicht für alle Zeiten vereinbart werden. Vielmehr ist die Regelung in § 3 Satz 3 der Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte”, wie die gleich lautende Vereinbarung in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts dahingehend auszulegen, dass die Einigungsstelle bei Scheitern der Verhandlung über eine Neuregelung einseitig angerufen werden und verbindlich entscheiden kann (BAG, a. a. O., Rn. 46).

60

(2) Mit der Regelung in § 3 Satz 3 der Betriebsvereinbarung haben die Betriebspartner auch die Nachwirkung unabhängig vom Bestehen eines gesetzlichen Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats vereinbart. Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen im Beschwerdetermin auch nicht daraus, dass ausweislich der Zusatzvereinbarung die gesetzliche Nachwirkung der Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” durch die Zusatzvereinbarung nicht berührt wird. Daraus folgt nicht, dass die Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” nur im Umfang der gesetzlichen Vorschriften, also nach § 77 Abs. 6 BetrVG nachwirken sollte. Über die vertraglich vereinbarte Nachwirkung der Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” besagt die Zusatzvereinbarung nichts. Es gibt keine Anhaltspunkte für den von den Arbeitgeberinnen gezogenen Schluss, durch den letzten Satz der Zusatzvereinbarung habe die freiwillig vereinbarte Nachwirkung aus § 3 der Betriebsvereinbarung „Mitarbeiter-Rabatte” geändert werden sollen.

61

2. Der Antrag zu 2. ist ebenfalls zulässig und begründet.

62

Gemäß § 890 Abs. 2 ZPO, der auch für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren gilt, kann das Gericht im Falle der Verurteilung zu einer Unterlassung eine Androhung des Ordnungsgeldes bereits in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil erlassen.

63

Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen des § 890 Abs. 1 ZPO liegen vor. Die Arbeitgeberinnen sind zur Unterlassung einer Handlung verurteilt worden. Sie dürfen keine Artikel von der Gewährung von Mitarbeiter-Rabatten ausnehmen.

64

Bei der Höhe der Androhung muss sich der Betriebsrat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an die von § 23 Abs. 5 BetrVG vorgegebene Grenze von 10.000,00 € pro Verstoß halten (BAG, Beschluss vom 24.04.2007 - 1 ABR 47/06 - juris, Rn. 24). Das hat der Betriebsrat in seinem Antrag berücksichtigt.

65

3. Kosten werden im Beschlussverfahren nicht erhoben. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gibt es keinen begründeten Anlass.


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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 08. Nov. 2011 - 1 ABR 37/10

bei uns veröffentlicht am 08.11.2011

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22. April 2010 - 1 TaBV 28d/09 - aufgehoben.

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(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 22. April 2010 - 1 TaBV 28d/09 - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24. April 2009 - See 3 BV 21c/09 - abgeändert. Die Anträge des Betriebsrats werden abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung eines Personalverkaufs.

2

Die tarifgebundene Arbeitgeberin bereedert ua. auf der Linie T zwei Fährschiffe, auf denen sie an die Besatzungsmitglieder Kantinenwaren veräußert. § 16 Abs. 4 Anlage II MTV-See lautet:

        

„(4)   

Werden an Bord Kantinenwaren abgegeben, sind die Verkaufspreise so zu kalkulieren, dass nach Deckung der Kosten keine Überschüsse entstehen. Der Reeder sichert den Verkauf von Kantinenwaren an Bord zu. Der Betriebsrat hat nach § 87 des Betriebsverfassungsgesetzes ein Mitbestimmungsrecht insbesondere bei Festlegung der Preise und Öffnungszeiten.“

3

Die für den Personalverkauf bestimmten Waren werden gemeinsam mit anderen, für den Passagierverkauf bestimmten Artikeln von der Arbeitgeberin bestellt und bezahlt. Ihre Abgabe an das Personal erfolgt an zwei Tagen in der Woche in einem gesonderten Raum durch Mitarbeiter der Arbeitgeberin. Die Öffnungszeiten betragen jeweils zwischen 20 Minuten und einer Stunde. Die Einnahmen aus dem Personalverkauf fließen mit den Einnahmen aus den übrigen Cateringbereichen in das allgemeine Vermögen der Arbeitgeberin ein.

4

Im Sortiment für den Warenverkauf standen ursprünglich Artikel ua. aus den Bereichen Alkoholika, Tabakwaren, Süßigkeiten und Körperpflege. Nachdem der Zoll ein Besatzungsmitglied mit 27 Stangen Zigaretten und fünf Flaschen Starkalkohol aufgriffen hatte, wurden solche alkoholischen Getränke nicht mehr angeboten und die Abgabemenge für Zigaretten auf 400 Stück im Monat reduziert.

5

Daraufhin kam es zwischen den Beteiligten zum Streit über ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung des Warensortiments für den Personalverkauf. Am 25. Februar 2009 entschied die Einigungsstelle gegen die Stimmen der vom Betriebsrat benannten Beisitzer lediglich über das Verfahren zur Festlegung der Öffnungszeiten und der Preise für die Kantinenwaren. Der vom Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnete Spruch ist dem Betriebsrat am 5. März 2009 zugeleitet worden.

6

Mit seinem am 19. März 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die von der Einigungsstelle getroffene Entscheidung sei unvollständig, weil diese keine Festlegung zum Warensortiment und den zulässigen Abgabemengen getroffen habe. Hierüber habe er nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG mitzubestimmen.

7

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle „Crewkantine“ vom 25. Februar 2009 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass dem Betriebsrat bei der Festlegung des Sortiments der Crewkantine auf den Schiffen „R“ und „N“ ein Mitbestimmungsrecht zusteht.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

9

Die Vorinstanzen haben den Anträgen entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Zurückweisungsantrag weiter.

10

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.

11

I. Die Anträge sind zulässig.

12

1. Dies gilt zunächst für den zu 1 gestellten Feststellungsantrag. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs, ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses und nicht dessen Aufhebung zu beantragen (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 41).

13

2. Zulässig ist auch der Antrag zu 2. Die Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Feststellung ist auf das Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses gerichtet. Das erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist gegeben. Zwischen den Beteiligten besteht Streit über den Umfang des Mitbestimmungsrechts bei der Festlegung des Warensortiments und der Abgabemengen in Bezug auf die im Personalverkauf angebotenen Artikel. Der Streit kann sich auch zukünftig jederzeit wiederholen. Er wird durch eine Entscheidung über den Antrag zu 1 nicht notwendig beigelegt. Es ist nicht auszuschließen, dass auf die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs aus Gründen zu erkennen ist, die für das Bestehen des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts ohne Bedeutung sind. Dann bliebe dessen Umfang ungeklärt. Das begründet ein entsprechendes Feststellungsinteresse.

14

II. Der Antrag zu 1 ist unbegründet. Der Einigungsstellenspruch vom 25. Februar 2009 ist wirksam. Die Einigungsstelle ist ihrem Regelungsauftrag bei der Festlegung des Kantinenverkaufs in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nachgekommen. Ein weitergehendes Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Festlegung des Warensortiments und den Umfang der Abgabemengen nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG besteht nicht. Dies führt auch zur Abweisung des zu 2 gestellten Feststellungsantrags.

15

1. Der Betriebsrat hat bei der Abgabe von Kantinenwaren nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG mitzubestimmen. Der Warenverkauf an die Besatzungsmitglieder wird nicht von einer Sozialeinrichtung der Arbeitgeberin durchgeführt.

16

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist. Die Vorschrift will die Arbeitnehmer davor schützen, dass der Arbeitgeber die Verfügung über die für einen sozialen Zweck bereitstehenden Mittel durch deren organisatorische Verselbständigung einer Einflussnahme des Betriebsrats entzieht. Zu diesem Zweck unterwirft sie auch die Leistungsgewährung durch eine Sozialeinrichtung unter den in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG bestimmten Voraussetzungen der betrieblichen Mitbestimmung.

17

b) Eine Sozialeinrichtung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG erfordert ein zweckgebundenes Sondervermögen(BAG 10. Februar 2009 - 1 ABR 94/07 - Rn. 30, BAGE 129, 313).

18

aa) Die vom Arbeitgeber für die Zuwendung aus sozialen Gründen vorgesehenen Mittel müssen von den laufenden, anderen Zwecken dienenden Betriebsmitteln abgrenzbar sein und einer gesonderten Bewirtschaftung unterliegen (BAG 16. Juni 1998 - 1 ABR 67/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 89, 128). Dies erfordert regelmäßig eine äußerlich erkennbare, auf Dauer gerichtete Organisation (vgl. BAG 15. September 1987 - 1 ABR 31/86 - zu B II 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 9 = EzA BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 15).

19

bb) Dazu müssen die einer Sozialeinrichtung zur Verfügung stehenden Mittel einer organisatorisch verselbständigten Verwaltung unterliegen. Dies kann durch eine eigenständige gesellschaftsrechtliche Stellung der Sozialeinrichtung als Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit erfolgen. Sofern die Vermögensgegenstände dem Unternehmen des Arbeitgebers allerdings rechtlich zugeordnet bleiben, müssen sie von den für den laufenden Geschäftsbetrieb eingesetzten Mitteln hinreichend deutlich getrennt werden. Nur auf diese Weise lässt sich ermitteln, ob diese tatsächlich einer Sozialeinrichtung im Rahmen einer besonderen Zweckbindung zur Verfügung stehen (vgl. BAG 9. Juli 1985 - 1 AZR 631/80 - zu II 2 a der Gründe, AP BPersVG § 75 Nr. 16).

20

c) Die Abgabe der Kantinenwaren erfolgt nicht durch eine Sozialeinrichtung.

21

Die Arbeitgeberin hat für den auf den Fährschiffen durchgeführten Personalverkauf kein zweckgebundenes Sondervermögen gebildet, aus dessen Mitteln die Abgabe der Kantinenwaren bestritten wird. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts lässt deren Verkauf in einem von dem übrigen Cateringbereich abgetrennten Raum nicht auf das Vorliegen eines der Mitbestimmung unterfallenden Sondervermögens schließen. Vielmehr bedarf es hierzu der organisatorischen Verselbständigung der dafür eingesetzten Betriebsmittel ( Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 679 ff. ), an der es vorliegend fehlt. Die für den Wareneinkauf benötigten Finanzmittel sind weder summenmäßig begrenzt noch werden sie im Rechnungswesen der Arbeitgeberin gesondert ausgewiesen. Die aus dem Personalverkauf erzielten Einnahmen gehen ebenso wie die Erlöse aus den übrigen Warenverkäufen in die allgemeine Gesamtkassenabrechnung ein. Die Abgabe von Kantinenwaren bestreitet die Arbeitgeberin daher aus den für ihren laufenden Geschäftsbetrieb bestimmten Betriebsmitteln. Der auf den Fährschiffen für den Personalverkauf benutzte Raum dient ebenso wie das darin befindliche Mobiliar lediglich der Abwicklung ihrer Leistung.

22

2. Der Einigungsstellenspruch ist auch nicht deshalb unwirksam, weil er nur eine unvollständige Regelung in Bezug auf das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG enthält. Die Abgabe von Kantinenwaren iSv. § 16 Abs. 4 Satz 2 Anlage II MTV-See ist zwar Teil der betrieblichen Lohngestaltung. Der Betriebsrat hat aber bei der Festlegung des Warensortiments und der Abgabemengen nicht mitzubestimmen.

23

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten. Es umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung § 87 Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht ist nicht beschränkt auf die im Synallagma stehenden Entgeltbestandteile, sondern betrifft alle Formen der Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Es erfasst auch solche geldwerten Leistungen, bei denen die Bemessung nach bestimmten Grundsätzen oder nach einem System erfolgt. Auch bei diesen soll das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit sicherstellen (BAG 10. Juni 1986 - 1 ABR 65/84 - zu B 2 a der Gründe, BAGE 52, 171).

24

b) Die Abgabe von Kantinenwaren auf den Fährschiffen betrifft die betriebliche Lohngestaltung iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 Anlage II MTV-See hat die Arbeitgeberin die Verkaufspreise so zu kalkulieren, dass nach Deckung der Kosten keine Überschüsse entstehen. Daher erhalten die von der tariflichen Regelung begünstigten Arbeitnehmer bei einem Wareneinkauf an Bord einen Vermögensvorteil in Höhe der Differenz zwischen dem Abgabepreis und dem Warenpreis bei einem Bezug außerhalb der Fährschiffe oder den für Passagiere geltenden Konditionen. Ohne Bedeutung ist, dass der Warenverkauf auch an ein Bedürfnis der Arbeitnehmer bei der Gestaltung ihrer privaten Lebensbedingungen anknüpft. Betriebliche Sozialleistungen behalten ihren Vergütungscharakter, selbst wenn ihre Gewährung von besonderen persönlichen Voraussetzungen abhängig ist (BAG 10. Juni 1986 - 1 ABR 65/84 - zu B 2 b der Gründe, BAGE 52, 171).

25

c) Allerdings unterliegt die von der Arbeitgeberin nach § 16 Abs. 4 Satz 2 Anlage II MTV-See durchgeführte Abgabe von Kantinenwaren weder hinsichtlich der Festlegung des Warensortiments noch der Abgabenmengen dem Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Insoweit fehlt es an einem der Verteilung zugänglichen Dotierungsrahmen sowie einer verteilenden Entscheidung der Arbeitgeberin, an der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats seinem Zweck nach anknüpft.

26

aa) Mit der Festlegung des Warensortiments gibt die Arbeitgeberin keinen verteilungsfähigen Dotierungsrahmen vor. Sie ist zwar nach § 16 Abs. 4 Satz 1 und 2 Anlage II MTV-See zur Abgabe der Kantinenwaren an die Besatzungsmitglieder verpflichtet. Die Tarifnorm soll verhindern, dass mit der Abgabe von Kantinenwaren an die Schiffsbesatzung Gewinne erzielt werden (Lindemann/Bemm Seemannsgesetz und Manteltarifvertrag für die deutsche Seeschifffahrt 6. Aufl. § 39 Rn. 19). Eine darauf bezogene weitere Differenzierung, wie zB nach Art der Tätigkeit oder dem Einkommen der Besatzungsmitglieder ist der Arbeitgeberin aber tariflich verwehrt. Vom Begriff der Kantinenwaren erfasst werden im Wesentlichen Getränke, Tabakwaren sowie Körperpflegemittel (Lindemann/Bemm aaO). Weder mit der Festlegung der jeweiligen Warengruppe noch mit der einer jeweils zuzuordnenden Marke geht eine Entscheidung der Arbeitgeberin einher, die zur Herstellung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit oder Transparenz der Beteiligung des Betriebsrats bedürfte. Letztlich bestimmt sich das Warensortiment der Kantinenwaren, die zum Verzehr und zum Verbrauch an Bord bestimmt sind, nach der an persönlichen Bedürfnissen und individuellen Vorlieben der Besatzungsmitglieder orientierten Nachfrage, die nicht Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist. Deshalb kann die Arbeitgeberin innerhalb des tariflich bestimmten Rahmens das Sortiment der von ihr angebotenen Kantinenwaren festlegen. Dabei hat sie ihren tarifvertraglichen Verpflichtungen zu genügen und ein Warensortiment anzubieten, in dem Kantinenwaren in nennenswertem Umfang enthalten sind. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 16 Abs. 4 Satz 3 Anlage II MTV-See. Diese Vorschrift regelt nur die Beteiligung des Betriebsrats bei der Preisgestaltung für die von der Arbeitgeberin angebotenen Waren sowie den Öffnungszeiten der Verkaufsstellen auf den Fährschiffen. Ein weitergehendes Mitbestimmungsrecht an der Festlegung des Warensortiments begründet sie indes nicht.

27

bb) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats unterliegt auch die Festlegung der Abgabemengen für Zigaretten oder andere Warengruppen nicht seinem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dies folgt aus dessen Normzweck. § 87 Abs. 1 BetrVG beschränkt wegen der sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf den Teilhabegedanken die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei der Vertragsgestaltung und der Ausübung seines Direktionsrechts (Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 56). Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung soll die Mitbestimmung des Betriebsrats die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, BAGE 133, 373; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21, BAGE 131, 1). Anders als bei der Zahlung von Arbeitsentgelt wird der Vermögensvorteil bei einem verbilligten und nicht zum Weiterverkauf bestimmten Warenbezug jedoch nicht durch die verteilende Entscheidung des Arbeitgebers in einem Leistungsplan bewirkt. Vielmehr entscheiden bei einem Personalverkauf ausschließlich die Arbeitnehmer, ob und ggf. in welchem Umfang sie von dem Angebot Gebrauch machen und den vermögenswerten Vorteil in Anspruch nehmen. Unter dem Gesichtspunkt der angemessenen Teilhabe an betrieblichen Leistungen besteht danach kein Bedürfnis für die Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn der Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer in gleicher Weise die Möglichkeit zu einem verbilligten Warenbezug einräumt. Eine solche Regelung ist einer weitergehenden Ausgestaltung unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit entzogen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Federlin    

        

    Hayen    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.