Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 24. Juni 2011 - 9 Ta 97/11

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2011:0624.9TA97.11.0A
published on 24/06/2011 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 24. Juni 2011 - 9 Ta 97/11
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Gericht

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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz –Auswärtige Kammern Bad Kreuznach- vom 10.03.2011, Az. 11 Ca 506/10, abgeändert:

Der Klägerin wird für die Wahrnehmung ihrer Rechte erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin K. mit Wirkung ab dem 08.06.2010 bewilligt. Die Bewilligung erfolgt zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk zugelassenen Anwalts und mit der Maßgabe, dass die Klägerin vorerst keine Beiträge aus Einkommen oder Vermögen zu leisten hat.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit ihrer am 04.06.2010 beim Arbeitsgericht per Fax am 05.06.2010, im Original am 08.06.2010 eingegangenen Klage richtete sich die Klägerin gegen eine Versetzungsanordnung der Beklagten. Die Klägerin obsiegt erstinstanzlich mit Urteil des Arbeitsgerichts vom 11.11.2010.

2

In der Klageschrift findet sich kein Hinweis auf die Beantragung von Prozesskostenhilfe. Nach Darstellung der Klägerin hat ihre Prozessbevollmächtigte PKH mit gesondertem Schriftsatz vom 04.06.2010, der zeitgleich im selben Umschlag zur Post gegeben worden sein soll, wie die Klageschrift, beantragt. In den Akten findet sich kein derartiger Schriftsatz. Eine erstinstanzlich durchgeführte gerichtliche Nachfrage bei der Beklagten und deren Prozessbevollmächtigten, ob (versehentlich) der Antrag dorthin zugeleitet wurde, ergab, dass dies nicht der Fall ist.

3

Mit Schriftsatz vom 14.01.2011, also nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, ließ die Klägerin an die Entscheidung ihres Prozesskostenhilfeantrags erinnern.

4

Mit Beschluss vom 10.03.2011 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, dass vor Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens kein Prozesskostenhilfeantrag bei Gericht eingegangen sei und eine Bewilligung aufgrund erst eines nach Abschluss der Instanz gestellten Antrags nicht in Betracht komme. Die Klägerin treffe die Feststellungslast dafür, dass überhaupt ein Antrag bei Gericht eingegangen sei. Der vorsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheitere schon daran, dass es nicht um die Versäumung einer Notfrist gehe. Auch liege keine unverschuldete Versäumung einer Frist vor, da die Klägerin bzw. deren Bevollmächtigter spätestens im zweiten Kammertermin den gestellten Prozesskostenhilfeantrag und dessen Bescheidung hätte ansprechen können.

5

Gegen diesen ihr über ihre Prozessbevollmächtigten am 21.03.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21.04.2011 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin.

6

Sie macht geltend, ausweislich des Postausgangsbuchs sei der Prozesskostenhilfeantrag am gleichen Tag und im selben Umschlag wie das bei Gericht unstreitig eingegangene Original der Klageschrift zur Post gegeben worden. Dies sei ebenso wie der Vermerk im Postausgangsbuch durch Frau Rechtsanwältin K. persönlich erfolgt. Es müsse insoweit davon ausgegangen werden, dass der Antrag im Bereich des Arbeitsgerichts nicht ordnungsgemäß zur Akte gelangt sei.

7

Mit Beschluss vom 26.04.2011 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

8

Die Beschwerdekammer hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, ihre Prozessbevollmächtigte habe am 04.06.2010 einen Prozesskostenhilfeantrag nebst Anlagen zur Post gegeben durch schriftliche Vernehmung der Rechtsanwältin K.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachstandes wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

10

Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 78ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO und somit insgesamt zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

11

1. Die Beschwerdekammer teilt zunächst die im Übrigen ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgericht entsprechende Auffassung, dass eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgrund eines erst nach Abschluss der Instanz gestellten Antrags grundsätzlich ausscheidet (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.12.2010 -7 Ta 242/10-, juris). Eine Bewilligung kommt hingegen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (Bedürftigkeit, hinreichende Erfolgsaussichten) dann auch nach Abschluss der Instanz in Betracht, wenn rechtzeitig ein prüffähiger Antrag bei Gericht einging.

12

Grundsätzlich trägt die antragstellende Partei auch die Beweis- bzw. Feststellungslast dafür, dass überhaupt rechtzeitig ein prüffähiger Antrag bei Gericht einging (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26.07.1995 -15 W 39/95-, OLGR Celle 1996, 105). Unerheblich ist demgegenüber, ob der Antrag auch zur Kenntnis des/der zur Entscheidung hierüber jeweils berufenen Kammervorsitzenden gelangt. Geschieht dies aufgrund eines Versehens im Bereich des Gerichts nicht, ändert dies nichts am rechtzeitigen Eingang beim Gericht.

13

2. Nach dem Ergebnis der im zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur ausreichenden Überzeugung fest, dass der Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin zusammen mit der Klageschrift beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Die Beschwerdekammer stützt sich insoweit neben der entsprechenden Eintragung im Postausgangsbuch auf die schriftliche Aussage der insoweit vernommenen Zeugin. Diese hat bekundet, selbst, d.h. nicht durch Kanzleipersonal ausgeführt, die Klageschrift (die unzweifelhaft bei Gericht einging) und den Prozesskostenhilfeantrag mit Anlagen am gleichen Tag und im gleichen Briefumschlag an das Arbeitsgericht per Post gesendet zu haben. Unter Berücksichtigung der besonderen Verpflichtung zu wahrheitsgemäßer Aussage als Rechtsanwältin stützt die Beschwerdekammer ihre ausreichende Überzeugung auf diese Aussage. Ausweislich der von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach Hinweis des Arbeitsgerichts, dass ein Antragseingang nicht feststellbar sei, vorgelegten Antragskopie nebst Kopien der erforderlichen Anlagen, geht die Beschwerdekammer davon aus, dass auch ein prüffähiger Antrag bei Gericht einging.

14

3. Ist aber erwiesen, dass beim Arbeitsgericht der Antrag einging, kommt es auf die Frage, ob die Klägerin Veranlassung gehabt hätte, anlässlich eines der Verhandlungstermine vor dem Arbeitsgericht die noch ausstehende Bescheidung des Antrags anzusprechen, nicht an.

15

4. Die beantragte Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen. Die Klägerin ist ausgehend von den im Beschwerdeverfahren maßgeblichen derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen, so wie sich aus der im Rahmen der Beantragung von Prozesskostenhilfe für die Verteidigung im Berufungsverfahren vorgelegten und damit gerichtsbekannten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen ergeben, nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung sind im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin ergangene erst- und nunmehr auch zweitinstanzliche Entscheidung ebenfalls gegeben.

III.

16

Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.

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published on 17/12/2010 00:00

Tenor Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.10.2010, Az.: 8 Ca 1710/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe I. 1 Die Pa
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