Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 02. Aug. 2018 - 5 TaBVGa 3/18

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0802.5TaBVGa3.18.00
bei uns veröffentlicht am02.08.2018

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 5. Juli 2018, Az. 2 BVGa 2/18, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über ein von der Arbeitgeberin einseitig angeordnetes Rauchverbot innerhalb von Gebäuden.

2

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) betreibt im Bundesgebiet mehrere Werke, ua. ein Magnesiumdruckgusswerk in der Eifel, in dem der antragstellende örtliche Betriebsrat (Beteiligter zu 1) gewählt ist. In diesem Werk 4 werden ca. 700 Arbeitnehmer beschäftigt.

3

In einer Gesamtbetriebsvereinbarung (Nr. 2/2009) vom 05.03.2009 zwischen dem Vorstand und dem Gesamtbetriebsrat zum Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz für alle Beschäftigten in den Werken 1 bis 7 ist ua. geregelt:

4

"3. Umsetzung des Nichtraucherschutzes

5

In allen Gebäuden darf grundsätzlich nicht geraucht werden. Dem Gesundheitsschutz nichtrauchender Beschäftigter ist Vorrang zu gewähren.
...

6

4. Raucherzonen

7

Im Freien und in speziell eingerichteten Raucherräumen und Raucherzonen ist das Rauchen erlaubt. Diese können während der Arbeit aufgesucht werden. ...
...

8

Raucherräume werden mit einer angemessenen Lüftung ausgestattet. Raucherzonen im Freien werden vorrangig an einem windgeschützten und überdachten Unterstand eingerichtet. Die Ausstattung dieser Räume bzw. Unterstände wird mit dem jeweiligen Betriebsrat einvernehmlich abgestimmt.

9

Die Raucherzonen sind von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängig und werden gekennzeichnet.

10

Art und Lage der Raucherzonen sind in der Anlage aufgelistet. Eine Änderung bzw. Erweiterung wird mit dem jeweiligen Betriebsrat rechtzeitig und einvernehmlich abgestimmt.
...

11

7. Sonstige Bestimmungen

12

Etwaige Konfliktfälle, die sich aus der Umsetzung dieser Gesamtbetriebsvereinbarung ergeben, werden mit dem dafür zuständigen Betriebsrat, Personalbereich und Sicherheitswesen besprochen und eine einvernehmliche Regelung abgestimmt.

..."

13

In der Anlage zur Gesamtbetriebsvereinbarung sind auf einem Geländeplan des Werks 4 insgesamt zehn Raucherplätze gekennzeichnet. Am 24.11.2010 veröffentlichten die Geschäftsleitung und der örtliche Betriebsrat durch Aushang am Schwarzen Brett folgendes:

14

"Umsetzung Nichtraucherschutz in Werk 4

15

Zum Schutze des Nichtrauchers aber auch für Raucher wurden umfangreiche Maßnahmen und Investitionen getätigt.

16

Ab dem 01. Dezember 2010 gelten in Werk 4 bezüglich des Nichtraucherschutzes neue Regelungen:

17

Rauchen ist nur noch in den dafür vorgesehenen Raucherstätten und auf dem Gelände gestattet.

18

- Raucherräume befinden sich neben den Pausenräumen der Center 1, 2, 3
- Raucherkabinen befinden sich auf dem Betriebsgelände.

19

In Hallen, Räumen, Büros, Sozialräumen, Treppen, Fluren und Eingangsbereichen ist das Rauchen untersagt.

20

- Ausnahmen sind die Gießerei- und Rückschmelzhalle (nur für dort beschäftigte Personen) sowie die Rampen Werkzeugbau, Gießerei/Instandhaltung und Formenreparatur.

..."

21

Die Arbeitgeberin wurde am 21.04.2016 von der zuständigen Kreisverwaltung aufgefordert für ihr Werk 4 eine Brandschutzordnung nach DIN 14096 aufzustellen und bis spätestens 20.05.2016 einzureichen. Mit der Erstellung der Brandschutzordnung beauftragte die Arbeitgeberin einen Sachverständigen. Dieser führte in einem Schreiben vom 16.06.2016 zum Thema "Rauchen in Gebäuden" folgendes aus:

22

"... im Rahmen der Begehungen in den Bereichen Produktion und Verwaltung habe ich festgestellt, dass es derzeit Raucherbereiche innerhalb der Gebäude sowie Hallenbereiche gibt, in denen das Rauchen erlaubt ist.

23

Außerdem ist das Rauchen im Freien und in ausgewiesenen außenliegenden Raucherbereichen (Häuschen) gestattet.

24

In die neue Brandschutzordnung habe ich ein komplettes Rauchverbot innerhalb der Gebäude aufgenommen.

25

Begründung:

26

- Aus brandschutztechnischer Sicht stellt das Rauchen innerhalb der Gebäude ein Risiko dar, welches nicht durch Brandfrüherkennung oder eine Löschanlage abgesichert ist und auch teilweise nicht abgesichert werden kann.

27

- Während der Begehungen ist mir aufgefallen, dass immer wieder Zigarettenkippen in Bereichen aufgefunden wurden, in denen keine sein sollten. Das lässt darauf schließen, dass die Mitarbeiter mit der derzeitigen Regelung schwammig umgehen.

28

- In den Raucherbereichen ist eine konsequente Trennung der Abfälle nicht sicherzustellen (Faktor Mensch) und so kommen teilweise Zigarettenreste und Kaffeebecher, etc. zusammen.

29

- Beides zeigt, dass das Risiko im Sinne der Gefährdungsbeurteilung nicht zu kalkulieren ist.

30

Erforderliche Maßnahmen nach Beurteilung des Sachverständigen:

31

- Komplettes Rauchverbot innerhalb der Gebäude.

32

- Das Rauchen im Freien kann weiterhin gestattet werden.

33

- Zur Vermeidung von Rauchen an verbotenen Orten sind für die Raucher ausreichend Möglichkeiten in überdachten, außen liegenden Raucherzonen zu schaffen.
..."

34

In der Folgezeit verhandelten die Beteiligten über die Umsetzung der Brandschutzordnung und der damit einhergehenden Verschlechterungen für die Raucher. Sie konnten sich nicht auf ein komplettes Rauchverbot innerhalb der Gebäude einigen. Die Brandschutzordnung ist - nach dem bestrittenen Vortrag der Arbeitgeberin - in der letzten Version am 01.08.2017 in Kraft getreten. Sie sieht zum Thema "Rauchen" folgendes vor:

35

"Rauchen

36

Für das gesamte Betriebsgelände gilt für alle ein generelles Rauchverbot.

37

Das Rauchen ist nur im Außenbereich und in ausgewiesenen Raucherzonen gestattet.

38

Besucher und Lieferanten werden von den Koordinatoren oder den Begleitern mündlich angehalten nur in den dazu vorgesehenen Raucherzonen zu rauchen.

39

Zigaretten- bzw. Tabakreste dürfen nicht in Papierkörbe, Mülleimer, Müllsäcke und Abfalleimer geworfen werden. Sie sind in metallenen Abfallbehältern zu entsorgen."

40

Mit E-Mail vom 14.05.2018 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, dass sie nunmehr die Brandschutzordnung schnellstmöglich umsetzen wolle, um das Brandrisiko zu reduzieren. Das Rauchen solle weiterhin im Außenbereich gestattet, jedoch in den Gebäuden - insbesondere auch in der Gießerei- und Rückschmelzhalle - generell verboten werden. Obwohl der Betriebsrat erklärte, dass er einem kompletten Rauchverbot innerhalb der Gebäude nicht zustimme, setzte die Arbeitgeberin das Verbot zum 01.07.2018 einseitig um. Mit Antragschrift vom 29.06.2018 beantragte der Betriebsrat den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

41

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

42

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, das Rauchen in den Räumlichkeiten in ihrem Betrieb in A-Stadt zu untersagen,

43

2. gegen die Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagung gemäß Antrag ein Zwangs- bzw. Ordnungsgeld in einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Höhe festzusetzen.

44

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

45

die Anträge zurückzuweisen.

46

Das Arbeitsgericht Trier hat die Anträge des Betriebsrats mit Beschluss vom 05.07.2018 zurückgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, dem Betriebsrat stehe bei der Einführung eines Rauchverbots zwar ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 7 BetrVG zu. Weil die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht durch einseitige Anordnung eines Rauchverbot verletzt habe, bestehe ein Verfügungsanspruch. Es fehle jedoch an einem Verfügungsgrund. Bei Abwägung der Interessen beider Beteiligten überwögen die der Arbeitgeberin. Allein die Verletzung des Mitbestimmungsrechts begründe noch keine Eilbedürftigkeit. Die Fortgeltung des einseitig angeordneten Rauchverbots in Gebäuden führe zu keinen Risiken. Umgekehrt drohten Gefahren, weil das Rauchen die Gesundheit der Raucher als auch der beim Rauchen anwesenden Nichtraucher gefährde. Zudem könne das Rauchen in geschlossenen Räumen zu einem Brand führen, der Leib und Leben der Arbeitnehmer sowie erhebliche Sachwerte gefährde. Der Erlass der einstweiligen Verfügung sei deshalb nicht zum Schutz der Arbeitnehmer geboten. Durch den Fortbestand des Rauchverbots würden auch keine vollendeten Tatsachen geschaffen, weil das Verbot - je nach Ausgang des Hauptsacheverfahrens - wieder aufgehoben werden könne.

47

Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 11.07.2018 zugestellten Beschluss mit einem am 16.07.2018 eingegangenen Schriftsatz beim Landesarbeitsgericht Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

48

Er macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht habe einen Verfügungsgrund zu Unrecht verneint. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb die Durchsetzung eines umfassenden Rauchverbots für die Arbeitgeberin von erheblicher Wichtigkeit sei. Die Arbeitgeberin begründe das "allumfassende" Rauchverbot allein mit der Durchsetzung der Brandschutzordnung. Bei der Interessenabwägung sei jedoch zu beachten, dass das Rauchverbot nach dem Wortlaut der Brandschutzordnung nicht erforderlich sei, dass es gegen die abgeschlossene und ungekündigte Betriebsvereinbarung verstoße und dass seine Mitbestimmungsrechte überhaupt nicht gewahrt würden. Es sei weder vorgetragen noch tatsächlich vor Ort der Fall, dass Nichtraucher beim Rauchen anwesend seien. In den ausgewiesenen Raucherzonen bestehe keine erhöhte Brandgefahr durch das Rauchen. Die Brandgefahr sei jedenfalls im Bereich der Gießerei durch Aschenbecher auszuräumen. Schließlich könne es auch im Außenbereich zu Bränden kommen. Die Arbeitgeberin habe trotz Kenntnis seines Mitbestimmungsrechts einseitig ein umfassendes Rauchverbot angeordnet. Dieser eindeutige und zweifelsfreie Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht sei für ihn nicht hinnehmbar. Weil die Arbeitgeberin auch durch Erteilung von Abmahnungen aufgrund von etwaigen Verstößen gegen das Rauchverbot immer wieder gegen sein Mitbestimmungsrecht verstoße, sei er auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung dringend angewiesen. Hieraus ergebe sich auch die besondere Eilbedürftigkeit.

49

Der Betriebsrat beantragt zweitinstanzlich,

50

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 05.07.2018, Az. 2 BVGa 2/18, abzuändern und

51

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, das im Betrieb einseitig verhängte Rauchverbot bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, hilfsweise bis zur Entscheidung der Einigungsstelle, aufzuheben und insoweit der Vereinbarung vom 24.11.2010 zur Umsetzung des Nichtraucherschutzes in Werk 4 wieder zur Geltung zu verhelfen,

52

2. der Arbeitgeberin bezogen auf jeden Fall und für jeden Tag der Zuwiderhandlung aus dem Antrag zu 1) ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft für den gesetzlichen Vertreter, anzudrohen.

53

Die Arbeitgeberin beantragt,

54

die Beschwerde zurückzuweisen.

55

Sie macht geltend, es bestehe bereits kein Verfügungsanspruch. Mit der neuen Brandschutzordnung sei das Rauchen innerhalb von Gebäuden, insbesondere auch in der Gießerei- und Rückschmelzhalle, untersagt worden. Sie sei aufgrund öffentlich-rechtlicher Brandschutzvorschriften dazu gezwungen, das Rauchen innerhalb der Gebäude zu verbieten. Deshalb bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats für entsprechende Rauchgelegenheiten. In ihrer Magnesiumdruckgießerei, dem Kernfertigungsprozess in ihrem Werk 4, entstehe prozessbedingt in der Umgebung Mg-Flitter, der eine erhöhte Brandlast darstelle. Mg-Flitter sei leicht entzündlich. Die Brandlast könne sie zwar durch Reinigungszyklen minimieren, jedoch nicht komplett vermeiden. Das Rauchen innerhalb von Gebäuden, in denen sich Magnesium befinde, führe zu einer nicht steuerbaren erhöhten Brandgefahr. Sei ein solcher Brand einmal entfacht, könne er nicht leicht gelöscht werden.

56

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten in beiden Instanzen nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II.

57

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht zurückgewiesen.

58

1. Es bestehen bereits Bedenken, ob dem Betriebsrat ein Verfügungsanspruch für eine alle Gebäude umfassende Regelung zum Rauchverbot im Werk 4 zur Seite steht. Wenn die Arbeitgeberin aus brandschutz- oder unfallversicherungsschutzrechtlichen Gründen das Rauchen innerhalb der Gebäude, insbesondere in der Gießerei- und der Rückschmelzhalle, nicht (mehr) gestatten darf, ihr also aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften keine Handlungsspielräume mehr verbleiben sollten, fehlte es an einem umfassenden Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Einrichtung von Raucherzonen innerhalb aller Gebäude. Die Frage, ob das streitige Mitbestimmungsrecht - ggf. mit welchen Einschränkungen - besteht, ist im Hauptsacheverfahren oder durch die Einigungsstelle zu klären. Im Rahmen der im einstweiligen Verfügungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung sprechen jedenfalls gewichtige Gründe dafür, dass die Arbeitgeberin in der Gießerei- und der Rückschmelzhalle - worum es dem Betriebsrat wohl vordringlich geht - das Rauchen aufgrund gesetzlicher Vorschriften zum Brandschutz verbieten muss.

59

Im Eilverfahren mit nur summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist darüber hinaus eine Klärung nicht möglich und damit ergebnisoffen, ob der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat für eine ggf. zu verhandelnde Vereinbarung über Raucherzonen innerhalb von Gebäuden im Werk 4 zuständig ist. Vorliegend hat der Gesamtbetriebsrat mit der Arbeitgeberin die Gesamtbetriebsvereinbarung (Nr. 2/2009) vom 05.03.2009 zum Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz für alle Beschäftigten in den Werken 1 bis 7 geschlossen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gilt der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung, wonach sich die originären Zuständigkeiten von Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat wechselseitig ausschließen. Ob es sich bei dem Aushang am Schwarzen Brett vom 24.11.2010 um eine Betriebsvereinbarung mit dem Antragsteller handelt, der nach der zweitinstanzlichen Formulierung des Antrags des Betriebsrats "Geltung verschafft werden soll", ist zweifelhaft. Die materielle Rechtmäßigkeit des von der Arbeitgeberin ab 01.07.2018 einseitig verhängten Rauchverbots innerhalb der Gebäude, insbesondere der Gießerei- und Rückschmelzhalle, ist nach dem jetzigen Erkenntnisstand offen.

60

2. Jedenfalls fehlt es am erforderlichen Verfügungsgrund iSd. § 85 Abs. 2 ArbGG iVm. § 940 ZPO für den geltend gemachten Anspruch. Danach sind einstweilige Verfügungen auch im Beschlussverfahren nur zur Abwendung wesentlicher Nachteile zulässig. Es ist nicht Sinn einer einstweiligen Verfügung, eine möglichst schnelle Erfüllung des Verfügungsanspruchs zu ermöglichen (vgl. GMP/Spinner ArbGG 9. Aufl. § 85 Rn. 35 ff).

61

Bei der Feststellung, ob eine einstweilige Verfügung "zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint" (§ 940 ZPO), hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die gebotene Interessenabwägung im Streitfall zu einem Überwiegen der Interessen der Arbeitgeberin führt. Auch aus Sicht der Beschwerdekammer ist dem Betriebsrat zumutbar, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren bzw. der Einigungsstelle abzuwarten. Dabei fällt für die Beschwerdekammer entscheidend ins Gewicht, dass die Arbeitgeberin - entgegen der Behauptung des Betriebsrats - kein "allumfassendes" Rauchverbot auf ihrem Werksgelände verhängt hat. Vielmehr können die Raucher - wie bisher - im Freien auf dem Werksgelände rauchen. Es ist unstreitig, dass die Arbeitgeberin im Außenbereich Aschenbecher angebracht sowie Raucherzonen und -unterstände eingerichtet hat, die von den Rauchern während der Arbeit aufgesucht werden können. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es den Rauchern bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren bzw. der Einigungsstelle vorübergehend nicht zumutbar sein soll, in speziell eingerichteten Raucherzonen im Freien zu rauchen. Soweit der Betriebsrat anführt, dass die Raucher bei Verstößen gegen das einseitig angeordnete Rauchverbot von der Arbeitgeberin abgemahnt werden, begründet dies kein dringendes Bedürfnis für eine Eilmaßnahme. Der Ausspruch von Abmahnungen unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin in der mündlichen Anhörung vor der Beschwerdekammer erklärt, noch keine Abmahnung wegen Verstößen gegen das Rauchverbot erteilt zu haben.

62

Für die Arbeitgeberin sprechen gewichtige Belange des Brandschutzes. In der Brandschutzordnung ist das Rauchen nur im Außenbereich und dort nur in ausgewiesenen Raucherzonen gestattet. Dies ergibt die Auslegung der Brandschutzordnung. Der von der Arbeitgeberin beauftragte Sachverständige für Brandschutz hat in seinem Schreiben vom 16.06.2016 das komplette Rauchverbot innerhalb der Gebäude mit beachtlichen Argumenten begründet. Ausweislich dieses Schreibens ist nach fachkundiger Beurteilung des Sachverständigen ein komplettes Rauchverbot in Gebäuden erforderlich. Das Rauchen im Freien kann gestattet werden, wobei zur Vermeidung des Rauchens an verbotenen Orten außenliegende Raucherzonen zu schaffen sind. Die Arbeitgeberin hat Tatsachen vorgetragen und durch Vorlage von Unterlagen (BG-Regeln BGR 204 zum Umgang mit Magnesium, DGUV Information 209-090 für Tätigkeiten mit Magnesium) untermauert, aus denen hervorgeht, dass beim Umgang mit Magnesium erhöhte Anforderungen an den Brandschutz gelten. Diese Anforderungen an den Brandschutz haben Vorrang vor den Interessen der Raucher, insbesondere der Raucher, die in der Gießerei- und in der Rückschmelzhalle arbeiten, innerhalb der Gebäude weiterhin rauchen zu dürfen. Der Einwand des Betriebsrats, dass im Werk 4 das Rauchen innerhalb von Gebäuden - insbesondere auch in der Gießerei- und Rückschmelzhalle - seit Jahrzehnten erlaubt war, ohne dass die Raucher einen Brand verursacht hätten, ist für die Gefährdungsbeurteilung nicht ausschlaggebend. Die Beschwerdekammer kann bei einer summarischen Prüfung im Eilverfahren die Risikobeurteilung des Sachverständigen für Brandschutz nicht mit dem Argument ignorieren, bisher sei nichts passiert.

III.

63

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.

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(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.

(2) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(1) Soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, findet aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte oder gerichtlichen Vergleichen, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt. Beschlüsse der Arbeitsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind vorläufig vollstreckbar; § 62 Abs. 1 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Für die Zwangsvollstreckung gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß der nach dem Beschluß Verpflichtete als Schuldner, derjenige, der die Erfüllung der Verpflichtung auf Grund des Beschlusses verlangen kann, als Gläubiger gilt und in den Fällen des § 23 Abs. 3, des § 98 Abs. 5 sowie der §§ 101 und 104 des Betriebsverfassungsgesetzes eine Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft nicht erfolgt.

(2) Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung über die einstweilige Verfügung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Entscheidungen durch Beschluß der Kammer ergehen, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 der Zivilprozeßordnung in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes nicht besteht. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.