Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 14. Jan. 2016 - 5 TaBV 19/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0114.5TABV19.15.0A
14.01.2016

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Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 4. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11. Februar 2015, Az. 4 BV 14/14, teilweise abgeändert:

Die am 11. März 2014 durchgeführte Betriebsratswahl wird für unwirksam erklärt.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

2

Die vier Antragsteller (Beteiligte zu 1. bis 4.) sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 6.), die in ihrem Werk in Trier ca. 1.300 Arbeitnehmer beschäftigt. Beteiligter zu 5. ist der neu gewählte 15-köpfige Betriebsrat. Der für die Betriebsratswahl gebildete Wahlvorstand leitete die Wahl mit einem Wahlausschreiben vom 21.01.2014 ein. Darin wurde die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlagslisten auf den 04.02.2014, 16:00 Uhr, festgesetzt. Die Zahl der erforderlichen Stützunterschriften iSd. § 14 Abs. 4 BetrVG wurde mit 50 angegeben. Innerhalb der Frist gingen zwei Vorschlagslisten ein.

3

Am 04.02.2014, um 15:40 Uhr, reichte Gewerkschaftssekretär S als Beauftragter der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) eine Vorschlagsliste mit dem Kennwort "Persönlichkeitswahl" ein. Die Vorschlagsliste war von S und Gewerkschaftssekretär F unterzeichnet worden. Bereits mit Datum vom 15.01.2014 hatte der Hauptvorstand den beiden Gewerkschaftssekretären S und F aus der Region Trier schriftlich Vollmacht erteilt, im Namen der Gewerkschaft alle im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchführung der Betriebsratswahl bei der Beteiligten zu 6. notwendigen Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben. Diese Vollmacht umfasste insbesondere die Einreichung von Wahlvorschlägen. Am 21.01.2014 erteilte Gewerkschaftssekretär F Gewerkschaftssekretär S die schriftliche Vollmacht, ihn bei Änderungen und Entscheidungen bezüglich der Wahlvorschlagsliste der NGG sowie bezüglich Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand zu vertreten und in seinem Namen zu handeln.

4

Auf der Vorschlagsliste der Gewerkschaft kandidierten insgesamt 29 Bewerber. Unter den fortlaufenden Nummern 1 bis 24 waren die Familien- und Vornamen von Arbeitnehmern maschinenschriftlich in die entsprechenden Spalten (vor)eingetragen worden. Die Eintragungen in die weiteren Spalten (Geschlecht, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung im Betrieb und Zustimmung zur Bewerbung) waren handschriftlich zu ergänzen bzw. von den Bewerbern persönlich zu unterschreiben. Die unter den laufenden Nummern 17 bis 20 bereits eingetragenen vier Arbeitnehmer wollten nicht auf dieser Vorschlagsliste kandidieren. Nachdem die Gewerkschaftssekretäre S und F ihre Unterschriften bereits geleistet hatten, strich S die unter den Nummern 17 bis 20 eingetragenen Namen ohne Rücksprache mit F durch, zog die darauf folgenden Listenplätze entsprechend vor und reichte die Liste beim Wahlvorstand ein.

5

Ebenfalls am 04.02.2014, um 14:30 Uhr, reichte der Beteiligte zu 1) als Listenvertreter einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort: "Alpha-Liste" ein. Es kandidierten neun Arbeitnehmer. Für die "Alpha-Liste" wurden insgesamt 136 Stützunterschriften gesammelt.

6

In seiner Sitzung vom 05.02.2014 prüfte der Wahlvorstand beide Listen. Die Vorschlagsliste "Persönlichkeitswahl" erachtete er für gültig. Bei der Prüfung der "Alpha-Liste" fiel dem Wahlvorstand auf, dass die beiden Arbeitnehmer M und G ihre Stützunterschriften (erst) unter den fortlaufenden Nummern 62 und 69 geleistet haben, während sie als Bewerber auf der Vorschlagsliste unter den laufenden Nummern 8 und 9 eingetragen sind. Der Wahlvorstand stellte nach Befragung der Bewerber M und G fest, dass Stützunterschriften für zunächst nur sieben Bewerber gesammelt und die Vorschlagsliste nach 61 geleisteten Stützunterschriften zum ersten Mal und nach 68 geleisteten Unterschriften zum zweiten Mal erweitert worden ist. Der Wahlvorstand fasste am 06.02.2014 den Beschluss, die "Alpha-Liste" als ungültig anzusehen. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter am 06.02.2014 unter Angabe von Gründen schriftlich mit.

7

In einem von den Antragstellern eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Trier (Az. 1 BVGa 1/14) blieben die Anträge, die "Alpha-Liste" zur Wahl zuzulassen, hilfsweise die Wahl abzubrechen bzw. zu verschieben, erfolglos. Allerdings hat das Arbeitsgericht den Wahlvorstand im Beschluss vom 05.03.2014 verpflichtet, die Bekanntgabe der Liste "Persönlichkeitswahl" zu unterlassen. Dagegen hat der Wahlvorstand Beschwerde eingelegt (Az. 3 TaBVGa 1/14) und die von ihm für gültig befundene Liste "Persönlichkeitswahl" zugelassen. Das LAG hat das einstweilige Verfügungsverfahren am 11.04.2014 wegen allseitiger Erklärung der Erledigung der Hauptsache eingestellt. Die Betriebsratswahl wurde am 11.03.2014 ohne die "Alpha-Liste" nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt; das Wahlergebnis wurde am 14.03.2014 bekanntgegeben.

8

Mit am 25.03.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenem Antrag machen die vier Antragsteller die Nichtigkeit, hilfsweise die Unwirksamkeit der Wahl geltend. Das Arbeitsgericht Trier hat mit Beschluss vom 11.02.2015 die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Wahlvorstand habe die "Alpha-Liste" nach der Rechtsprechung des BAG (18.07.2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 40) zu Recht zurückgewiesen. Die Zulassung der Liste "Persönlichkeitswahl" sei nicht zu beanstanden, denn sie sei gem. § 14 Abs. 5 BetrVG iVm. § 27 Abs. 2 WO von zwei Beauftragten der Gewerkschaft - den Gewerkschaftssekretären S und F - unterzeichnet worden. Es sei unschädlich, dass der von F umfassend bevollmächtigte S nach der Unterzeichnung die Bewerber auf den Listenplätzen 17 bis 20 allein durchgestrichen, die darauf folgenden Listenplätze vorgezogen und die Liste sodann beim Wahlvorstand eingereicht habe. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsbegründung des Arbeitsgerichts wird auf den begründeten Teil des Beschlusses vom 11.02.2015 Bezug genommen.

9

Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 08.06.2015 zugestellt worden ist, haben die Antragsteller am 24.06.2015 beim Landesarbeitsgericht Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der bis 07.09.2015 verlängerten Begründungsfrist am 02.09.2015 begründet.

10

Sie machen geltend, die Vorschlagsliste "Persönlichkeitswahl" hätte nicht zur Wahl zugelassen werden dürfen, denn der Listenvertreter S hätte die Änderung der Vorschlagsliste unmittelbar vor dem Einreichen beim Wahlvorstand nicht allein vornehmen dürfen. Hieran ändere auch die erteilte Vollmacht des zweiten Gewerkschaftsvertreters F nichts. Eine ohne Einverständnis aller Unterstützer vorgenommene inhaltliche Änderung des Wahlvorschlags mache ihn grundsätzlich ungültig. Zwar habe Gewerkschaftsvertreter F dem Listenvertreter S eine Vollmacht für eine Änderung des Wahlvorschlags erteilt. Das Gesetz verlange in § 14 Abs. 5 BetrVG und in § 27 Abs. 2 WO jedoch, dass eine von der Gewerkschaft vorgeschlagene Liste von zwei Beauftragten zu unterzeichnen sei. Dieses doppelte Unterschriftserfordernis verlöre jeden Sinn, wenn die Gewerkschaft quasi eine doppelte Blankounterschrift vornehmen könne und danach einer der Unterzeichner oder gar eine dritte Person aufgrund Bevollmächtigung nach Belieben mit dem Vorschlag umgehen dürfe. Die "Alpha-Liste" hätte zur Wahl zugelassen werden müssen. Durch die hinzugefügten Bewerber M und G nach Leistung von über 50 Stützunterschriften sei nicht die gesamte Liste ungültig geworden. Vielmehr genügten die rein zahlenmäßig noch ausreichenden über 50 Unterstützer nach Ergänzung der beiden Bewerber. Dem obiter dictum des BAG im Beschluss vom 18.07.2012 (7 ABR 21/11 - Rn. 40) könne nicht uneingeschränkt gefolgt werden.

11

Die Antragsteller beantragen zweitinstanzlich,

12

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 11.02.2015, Az. 4 BV 14/14, abzuändern und

13

1. festzustellen, dass die im Werk der Beteiligten zu 6. in Trier am 11.03.2014 durchgeführte Betriebsratswahl nichtig ist,

14

2. hilfsweise die im Hauptantrag genannte Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat beantragt,

16

die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Er ist der Ansicht, die Liste "Persönlichkeitswahl" sei gültig, denn der Wahlvorschlag der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft NGG sei von zwei Beauftragten unterzeichnet worden. Auch die Änderung des ursprünglichen Vorschlags habe nicht ein Bevollmächtigter allein vorgenommen, sondern in Vollmacht des zweiten Bevollmächtigten. Bei der Einreichung von Wahlvorschlägen der Gewerkschaft handele es sich um keine Wahl. Deswegen sei auch vom Grundsatz auszugehen, dass - wie bei jedem Rechtsgeschäft - Vollmacht und Vertretung zulässig sei. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung in § 14 Abs. 5 BetrVG iVm. § 27 Abs. 2 WO verböten die nachträgliche Änderung durch einen Beauftragten mit Vollmacht des anderen. Die Gewerkschaft habe einen Wahlvorschlag eingereicht, der auch nach der Änderung von zwei Bevollmächtigten unterzeichnet gewesen sei. Die Änderung habe S in eigener Person und in Vollmacht des F vorgenommen. Da die Einreichung der Vorschlagsliste nicht höchstpersönlich, sondern durch die Gewerkschaft im Namen ihrer Beauftragten erfolgt sei, sei Vollmachterteilung - wie im Regelfall bei jedem Rechtsgeschäft - möglich. Für die Auffassung, dies sei bei Einreichung einer Vorschlagsliste nicht möglich, gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte im Gesetz. Da es sich um den Wahlvorschlag der Gewerkschaft handele und nicht um den Wahlvorschlag von höchstpersönlichen Unterstützern sei auch keine Verfälschung eines innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses dadurch zu befürchten, dass ein Beauftragter der Gewerkschaft in Vollmacht für den andern Beauftragten eine Änderung am Wahlvorschlag vornehme.

18

Im Übrigen wird ergänzend auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

B.

19

Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet. Die von den Antragstellern frist- und formgerecht angefochtene Betriebsratswahl vom 11.03.2014 ist wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 5 BetrVG iVm. § 27 Abs. 2 WO unwirksam. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist deshalb teilweise abzuändern.

20

I. Der Hauptantrag ist nicht begründet. Der Sachverhalt bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die umstrittene Betriebsratswahl vom 11.03.2014 nichtig sein könnte.

21

1. Im Unterschied zur Wahlanfechtung kann die Nichtigkeit der Wahl auch außerhalb der in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmten Anfechtungsfrist jederzeit von jedermann geltend gemacht werden, der daran ein berechtigtes Interesse hat. Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mangel offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“ (st. Rspr., vgl. BAG 23.07.2014 - 7 ABR 23/12 - Rn. 41 mwN).

22

2. Hiernach ist die Betriebsratswahl nicht nichtig. Zwar hat der Wahlvorstand verkannt, dass der Wahlvorschlag der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft NGG ungültig war (s. hierzu noch unten). Dieser Fehler ist jedoch nicht so schwerwiegend, als dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr bestünde. Vielmehr hat der Wahlvorstand lediglich in einer schwierigen Auslegungsfrage eine fehlerhafte Beurteilung vorgenommen.

23

II. Der Hilfsantrag ist begründet. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar.

24

1. Die formalen Voraussetzungen des § 19 BetrVG für die Wahlanfechtung sind gewahrt. Die vier Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Wahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Sie haben die am 11.03.2014 durchgeführte Betriebsratswahl mit ihrem am 25.03.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Antrag innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist rechtzeitig angefochten; das Wahlergebnis ist am 14.03.2014 bekanntgegeben worden (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG).

25

2. Die Anfechtung der Betriebsratswahl ist begründet.

26

a) Es kann offenbleiben, ob ein Verstoß gegen die Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die "Alpha-Liste" zurückgewiesen hat.

27

Nach der bereits vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des BAG (vgl. 18.07.2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 40) spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die "Alpha-Liste" zu Recht zurückgewiesen hat, weil er bei der Prüfung dieser Liste festgestellt hat, dass die beiden Arbeitnehmer M und G ihre Stützunterschriften (erst) unter den fortlaufenden Nummern 62 und 69 geleistet haben, während sie als Bewerber auf der Vorschlagsliste unter den laufenden Nummern 8 und 9 eingetragen sind. Die Befragung der Bewerber M und G hat ergeben, dass Stützunterschriften für zunächst nur 7 Bewerber gesammelt und die Vorschlagsliste nach 61 geleisteten Stützunterschriften zum ersten Mal und nach 68 geleisteten Unterschriften zum zweiten Mal erweitert worden ist.

28

Wird ein Wahlvorschlag geändert, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht worden sind, führt dies nach der Rechtsprechung des BAG dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21.01.2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23; AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum - wie hier von 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern (§ 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG) - erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt (so ausdrücklich BAG 18.07.2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 40).

29

b) Die Wahl ist anfechtbar, weil der Wahlvorschlag der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft NGG ungültig war.

30

aa) Nach § 14 Abs. 3 BetrVG können zur Wahl des Betriebsrats sowohl die wahlberechtigten Arbeitnehmer als auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Das BetrVG unterscheidet damit ausdrücklich zwischen Wahlvorschlägen der Arbeitnehmer und gewerkschaftlichen Wahlvorschlägen. Das zeigt sich auch an den unterschiedlichen Voraussetzungen, die das Gesetz in § 14 Abs. 4 und Abs. 5 BetrVG hinsichtlich der Anzahl und Eigenschaft der Unterzeichner vorsieht. Während nach § 14 Abs. 4 BetrVG die Unterzeichnung durch eine bestimmte Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer erforderlich ist, muss nach § 14 Abs. 5 BetrVG der Wahlvorschlag einer Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein. Das Gesetz legt damit fest, wann ein gewerkschaftlicher Wahlvorschlag vorliegt.

31

Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss bei Einreichung von zwei Beauftragten unterzeichnet sein, andernfalls ist er ungültig; § 14 Abs. 5 BetrVG, § 27 Abs. 2 WO. Der Wahlvorschlag einer Gewerkschaft bedarf also zu seiner Gültigkeit nicht der Unterzeichnung durch eine bestimmte Zahl von Wahlberechtigten (BT-Drucks. 11/2503, S. 31). Die Gewerkschaft entscheidet selbst, wer ihre Beauftragten sind. Die Beauftragten brauchen nicht dem Betrieb anzugehören, es können betriebsfremde (ehrenamtliche) Funktionäre oder hauptamtliche Angestellte der Gewerkschaft sein. Notwendig ist, dass sie Vertretungsmacht haben, namens der Gewerkschaft einen Wahlvorschlag zu machen (so Thüsing in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 14 Rn. 48; Kreutz/Jacobs GK-BetrVG 10. Aufl. § 14 Rn. 93; Fitting 27. Aufl. § 14 Rn. 68; ErfK/Koch 16. Aufl. § 14 BetrVG Rn. 8).

32

bb) Vorliegend hat der Hauptvorstand der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft NGG mit Datum vom 15.01.2014 den beiden Gewerkschaftssekretären S und F aus der Region Trier schriftlich die Vollmacht erteilt, im Namen der Gewerkschaft alle im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchführung der Betriebsratswahl im Werk der Beteiligten zu 6. notwendigen Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben. Diese Vollmacht umfasste insbesondere die Einreichung von Wahlvorschlägen. Aufgrund dieser Vollmacht haben die beiden Gewerkschaftssekretäre S und F das Formular mit dem ursprünglich beabsichtigten Wahlvorschlag der Gewerkschaft persönlich unterzeichnet.

33

cc) Die inhaltliche Änderung dieses Vorschlags - durch Streichung der zunächst eingetragenen Bewerber auf den Listenplätzen 17 bis 20 und das Vorziehen der folgenden Listenplätze - vor Einreichung beim Wahlvorstand durch Gewerkschaftssekretär S allein, war nicht zulässig. § 14 Abs. 5 BetrVG und § 27 Abs. 2 BetrVG schreiben die Unterzeichnung durch zwei Beauftragte einer Gewerkschaft vor. Diese gesetzlichen Vorschriften sind nicht dahin auszulegen, dass ein Beauftragter den anderen Beauftragten - wie hier geschehen - bevollmächtigen könnte, ihn bei Änderungen des von ihm bereits unterzeichneten Wahlvorschlags zu vertreten. Einer solchen Auslegung stehen der Wortlaut und die Systematik der Vorschrift entgegen. Zwar ist - wie der Betriebsrat richtig aufzeigt - Stellvertretung im bürgerlichen Recht grundsätzlich zulässig (§ 164 Abs. 1 BGB). Entgegen seiner Ansicht sind die Grundsätze des Bürgerlichen Rechts über die Vollmachtserteilung - gewillkürte Stellvertretung - nicht auf Wahlvorschriften anwendbar. Es ist gerechtfertigt, an die Abgabe von Erklärungen bei Wahlen besonders strenge formelle Anforderungen zu stellen. So verlangt die Regelung in § 14 Abs. 4 BetrVG ausdrücklich, dass die Wahlvorschläge von einer bestimmten Anzahl von Wahlberechtigten unterzeichnet sein müssen. Eine Stellvertretung scheidet nach einhelliger Ansicht im Schrifttum aus (so Thüsing in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 14 Rn. 60; Kreutz/Jacobs GK-BetrVG 10. Aufl. § 14 Rn. 67; Fitting 27. Aufl. § 14 Rn. 52; ErfK/Koch 16. Aufl. § 14 BetrVG Rn. 7). Die Regelung in § 14 Abs. 5 BetrVG verlangt die Unterzeichnung von zwei Gewerkschaftsbeauftragten. Die zwei Beauftragten müssen ihre Entscheidungen selbständig treffen und ausführen. Die gesetzliche Regelung, dass zwei Beauftragte den gewerkschaftlichen Vorschlag zu unterzeichnen haben, verlöre jeden Sinn, wenn ein Gewerkschaftsbeauftragter den zweiten rechtsgeschäftlich bevollmächtigen könnte, ihn bei Änderungen der Wahlvorschlagsliste zu vertreten. Die gewillkürte Stellvertretung ist daher nicht zulässig.

C.

34

Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG).

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Tenor Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiese

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(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, so bildet er einen Betriebsausschuss. Der Betriebsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dessen Stellvertreter und bei Betriebsräten mit

9 bis 15Mitgliedern
aus 3 weiteren Ausschussmitgliedern,
17 bis 23Mitgliedern
aus 5 weiteren Ausschussmitgliedern,
25 bis 35Mitgliedern
aus 7 weiteren Ausschussmitgliedern,
37 oder mehrMitgliedern
aus 9 weiteren Ausschussmitgliedern.

Die weiteren Ausschussmitglieder werden vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Sind die weiteren Ausschussmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt, so erfolgt die Abberufung durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung gefasst wird und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats bedarf.

(2) Der Betriebsausschuss führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann dem Betriebsausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen; dies gilt nicht für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung von Aufgaben.

(3) Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, so bildet er einen Betriebsausschuss. Der Betriebsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dessen Stellvertreter und bei Betriebsräten mit

9 bis 15Mitgliedern
aus 3 weiteren Ausschussmitgliedern,
17 bis 23Mitgliedern
aus 5 weiteren Ausschussmitgliedern,
25 bis 35Mitgliedern
aus 7 weiteren Ausschussmitgliedern,
37 oder mehrMitgliedern
aus 9 weiteren Ausschussmitgliedern.

Die weiteren Ausschussmitglieder werden vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Sind die weiteren Ausschussmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt, so erfolgt die Abberufung durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung gefasst wird und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats bedarf.

(2) Der Betriebsausschuss führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann dem Betriebsausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen; dies gilt nicht für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung von Aufgaben.

(3) Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, so bildet er einen Betriebsausschuss. Der Betriebsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dessen Stellvertreter und bei Betriebsräten mit

9 bis 15Mitgliedern
aus 3 weiteren Ausschussmitgliedern,
17 bis 23Mitgliedern
aus 5 weiteren Ausschussmitgliedern,
25 bis 35Mitgliedern
aus 7 weiteren Ausschussmitgliedern,
37 oder mehrMitgliedern
aus 9 weiteren Ausschussmitgliedern.

Die weiteren Ausschussmitglieder werden vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Sind die weiteren Ausschussmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt, so erfolgt die Abberufung durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung gefasst wird und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats bedarf.

(2) Der Betriebsausschuss führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann dem Betriebsausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen; dies gilt nicht für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung von Aufgaben.

(3) Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. Januar 2012 - 3 TaBV 7/11 - aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2011 - 22 BV 411/10 - abgeändert:

Der Antrag der Beteiligten zu 1. bis 3. wird abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerde über die Wirksamkeit der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung.

2

Antragsteller zu 1. bis 3. sind in der Zentrale der Arbeitgeberin in S beschäftigte, als schwerbehinderte Menschen anerkannte Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 3. befindet sich seit dem 1. Oktober 2011 in der Freistellungsphase seiner Altersteilzeit.

3

Am 11. Oktober 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

„...

4. Zu wählen ist die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie drei stellvertretende Mitglieder. Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die drei stellvertretenden Mitglieder werden in getrennten Wahlgängen gewählt.

5. Die wahlberechtigten Schwerbehinderten und die gleichgestellten behinderten Menschen werden aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens, spätestens bis zum 25. Oktober 2010, 18:30 Uhr, getrennte Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder schriftlich beim Wahlvorstand einzureichen. Nach diesem Termin eingehende Wahlvorschläge können nicht berücksichtigt werden.

Zur Wahl stehen nur die Bewerberinnen und Bewerber, die in einem gültigen Wahlvorschlag vorgeschlagen worden sind.

Aus den Wahlvorschlägen muss sich eindeutig ergeben, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird; für beide Ämter kann dieselbe Person vorgeschlagen werden. Jede Bewerberin/jeder Bewerber kann nur in einem Wahlvorschlag benannt werden, es sei denn, dass sie/er in einem als Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen und im anderen als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird. Jede/jeder Wahlberechtigte kann nur einen Wahlvorschlag für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und einen Wahlvorschlag für die stellvertretenden Mitglieder unterzeichnen. ... Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung der Bewerberin/des Bewerbers beizufügen.

6. ...“

4

Am 13. Oktober 2010 reichte der Beteiligte zu 3. einen Wahlvorschlag für die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung ein, in dem neben ihm selbst die Arbeitnehmer J und K zur Wahl vorgeschlagen wurden. Dem Wahlvorschlag waren unter anderem schriftliche Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beigefügt. Herr K hatte seine Zustimmung zur Kandidatur jedoch bereits vor Einreichung des Wahlvorschlags am 12. Oktober 2010 gegenüber dem Wahlvorstand per E-Mail zurückgezogen und dem Beteiligten zu 3. eine Kopie zugeleitet. Mit Schreiben vom 2. November 2010 teilte der Wahlvorstand dem Beteiligten zu 3. mit, dass er den Rücktritt von Herrn K akzeptiere; dessen Kandidatur werde nicht bekannt gemacht und erscheine nicht auf den Stimmzetteln. Die weiteren Kandidaturen blieben gültig.

5

Die Wahl fand am 22. November 2010 statt. Der Wahlvorstand gab das Wahlergebnis am 30. November 2010 bekannt. Danach wurde Frau K als Vertrauensperson, Frau B als erste Stellvertreterin, Frau L als zweite Stellvertreterin und der Beteiligte zu 3. als dritter Stellvertreter der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt.

6

Am 13. Dezember 2010 haben die Beteiligten zu 1. bis 3. beim Arbeitsgericht beantragt, die Wahl „der Schwerbehindertenvertretung“ vom 25. November 2010 für unwirksam zu erklären. Sie haben in der Antragsschrift die Schwerbehindertenvertretung als Beteiligte zu 4. und die Arbeitgeberin als Beteiligte zu 5. bezeichnet. In der Begründung heißt es, der Antrag richte sich gegen die Schwerbehindertenvertretung 2010 sowie gegen das Unternehmen.

7

Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben die Wahl der Schwerbehindertenvertretung ursprünglich aus mehreren Gründen angefochten. Sie haben einen angeblichen Verstoß des Wahlvorstandes gegen § 3 Abs. 2 SchwbVWO gerügt, der die Reichweite des Einsichtsrechts der Arbeitnehmer in die Wählerliste verkannt habe. Daneben wurde der Anfechtungsantrag auf eine Verletzung des § 6 Abs. 2 SchwbVWO gestützt, weil ein Wahlvorschlag wegen Nichterreichens der Mindestanzahl an Stützunterschriften zurückgewiesen wurde, ohne dass den Einreichern mitgeteilt worden sei, um welche Stützunterschriften es sich dabei gehandelt habe. Im Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten zu 1. bis 3. den Antrag, soweit sich dieser auf die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson bezogen hat, mit Zustimmung der Beteiligten zu 4. und 5. „zurückgenommen“. Sie haben stattdessen „nur noch“ die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung mit der Begründung angefochten, die Streichung des Kandidaten K vom Wahlvorschlag der Stellvertreter verstoße gegen wesentliche Wahlvorschriften. Da Herr K seine Zustimmung zur Kandidatur wirksam erteilt habe und der Wahlvorschlag mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften eingereicht worden sei, habe er vom Wahlvorstand auf die Liste der Wahlvorschläge gesetzt werden müssen. Ein Rücktritt von der Kandidatur nach schriftlich erteilter Zustimmung sei rechtlich nicht möglich. Außerdem sei der Wahlvorstand nach der Wahlordnung nicht berechtigt gewesen, nur einen Kandidaten von der Liste zu streichen und die übrigen Kandidaten zuzulassen. Entweder habe der Wahlvorschlag insgesamt zugelassen oder insgesamt gestrichen werden müssen. Eine Beeinflussung des Wahlergebnisses habe in beiden Fällen nicht ausgeschlossen werden können.

8

Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben beantragt,

die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der D AG, Zentrale S, vom 22. November 2010 für unwirksam zu erklären.

9

Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeberin haben die Auffassung vertreten, das Rechtsschutzbedürfnis für den Anfechtungsantrag sei nachträglich entfallen, nachdem der Beteiligte zu 3. am 1. Oktober 2011 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eingetreten und damit nicht mehr im Betrieb beschäftigt sei. Damit werde der Anfechtungsantrag nicht mehr von den erforderlichen drei Wahlberechtigten getragen. Die Anfechtung sei jedenfalls unbegründet. Herr K sei analog § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO von der Liste der Wahlvorschläge zu streichen gewesen, da dieser seine Kandidatur bereits zurückgezogen habe, bevor der Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht worden sei. Aber selbst wenn der Widerruf der Zustimmung durch den Arbeitnehmer K unwirksam und der Wahlvorstand nicht befugt gewesen wäre, den Vorschlag K zu streichen, habe das Wahlergebnis für die gewählten Stellvertreter jedenfalls nicht schlechter ausfallen können. Eine Wahl aller Personen einschließlich des Arbeitnehmers K hätte sich andererseits nicht ausgewirkt, weil Herr K auf das Amt verzichtet hätte.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Schwerbehindertenvertretung und die Arbeitgeberin ihre Abweisungsanträge weiter. Neben Sachrügen zur Anwendung des Wahlrechts machen sie als absoluten Revisionsgrund eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Landesarbeitsgerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) geltend. Der Vorsitz der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg war nach dem im Internet veröffentlichten Geschäftsverteilungsplan 2012 der Richterin am Arbeitsgericht W übertragen. Auf die im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgte Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Schwerbehindertenvertretung teilte der Präsident des Landesarbeitsgerichts mit E-Mail vom 5. Juni 2012 mit, die Richterin am Arbeitsgericht W sei zum Zwecke der Erprobung für die Dauer von neun Monaten abgeordnet worden. Ebenfalls im Rechtsbeschwerdeverfahren wurden durch Beschluss vom 23. Januar 2014 die weiteren gewählten Stellvertreter B und L als Beteiligte zu 6. und 7. gehört. Die Beteiligte zu 6. hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, sie sei ebenfalls Rechtsbeschwerdeführerin und hat sich dem Rechtsbeschwerdeantrag der Beteiligten zu 4. und 5. angeschlossen. Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Die Beteiligte zu 7. hat während des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Schreiben vom 17. März 2014 mitgeteilt, sie lege ihr Amt mit Wirkung vom 1. April 2014 nieder, und ist zum Anhörungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Die übrigen Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend hinsichtlich der Wahl der Beteiligten zu 7. für erledigt erklärt. Der Vorsitzende hat das Verfahren insoweit gemäß § 95 Satz 4, § 83a Abs. 2 ArbGG eingestellt.

11

B. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals in ihrer Funktion als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung Beteiligte zu 6. hat entgegen ihrer eigenen, in der Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung keine Rechtsbeschwerde eingelegt. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. ist begründet. Zwar liegt der absolute Rechtsbeschwerdegrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Landesarbeitsgerichts nicht vor. Die Rechtsbeschwerden haben jedoch Erfolg, weil die Antragsteller entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fristgemäß nur die Wahl der Vertrauensperson und nicht auch die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung angefochten haben. Bei der Wahl der Stellvertreter handelt es sich um eine gegenüber der Wahl der Vertrauensperson eigenständige Wahl. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 BetrVG konnten die Beteiligten zu 1. bis 3. ihren Antrag deshalb nicht mehr zulässig auf die Anfechtung der Stellvertreterwahl umstellen.

12

I. Am Verfahren sind neben den Antragstellern, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin alle gewählten Stellvertreter beteiligt, die ihr Amt im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch innehaben.

13

1. § 83 Abs. 3 ArbGG regelt nicht selbst, wer Beteiligter des jeweiligen Verfahrens ist. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten Personen und Stellen zu hören sind. Maßgeblich ist, welche Personen oder Stellen durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 ABR 62/06 - Rn. 9 ; 9. Juli 2013 -  1 ABR 17/12  - Rn. 11 ). Die Beteiligtenbefugnis ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz - von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen. Die zu Unrecht unterbliebene Beteiligung eines Verfahrensbeteiligten kann auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz dadurch behoben werden, dass die betreffende Person künftig am Verfahren beteiligt wird. Die rechtsfehlerhafte Nichtbeteiligung von Beteiligten ist als Verfahrensfehler ohne eine darauf gerichtete Rüge für die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses nicht von Bedeutung (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 114, 228).

14

2. Danach sind neben den Antragstellern, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin die am 22. November 2010 gewählten stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung an dem Verfahren beteiligt.

15

a) Die Beteiligung aller Stellvertreter ergibt sich daraus, dass nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in Betrieben, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt werden und die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson angefochten werden kann. Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX finden die Vorschriften über die Wahlanfechtung des Betriebsrats nach § 19 BetrVG sinngemäß Anwendung.

16

aa) Das Wahlanfechtungsrecht sieht zwar eine teilweise Anfechtung der Wahl in der Regel nicht vor. Insbesondere lässt sich die Wahl einzelner Mitglieder oder von Ersatzmitgliedern nicht anfechten. § 19 BetrVG dient der Korrektur eines unter Verletzung von Wahlvorschriften zustande gekommenen Wahlergebnisses. Es zielt darauf ab, die Unwirksamkeit einer Wahl festzustellen, um auf diese Weise eine erneute, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Wahl zu ermöglichen. Wirkt sich der Wahlverstoß auf die Wahl sämtlicher Betriebsratsmitglieder aus, kann ein gesetzmäßiger Zustand nur durch eine Neuwahl aller Betriebsratsmitglieder erreicht werden. Ansonsten blieben die von der Wahlanfechtung ausgenommenen, aber gleichwohl verfahrensfehlerhaft gewählten Betriebsratsmitglieder im Amt oder würden an die Stelle der mit Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Wahl aus dem Betriebsrat ausscheidenden Betriebsratsmitglieder treten (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 14).

17

bb) Die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung kann jedoch unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson angefochten werden. Die in Bezug genommenen betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen sind nicht in strikter und ausschließlicher Befolgung ihres Wortlauts anzuwenden, sondern nach § 94 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 SGB IX unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks. Unsachgemäße Gleichsetzungen sind zu vermeiden. Von der Sache her gebotene Differenzierungen dürfen nicht ausgeschlossen werden (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 16). Aus der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen der Vertrauensperson und ihrem stellvertretenden Mitglied sowie der von der Betriebsratswahl abweichenden Ausgestaltung des Wahlverfahrens der Schwerbehindertenvertretung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX folgt, dass es sich nicht um eine einheitliche, sondern um zwei getrennt durchgeführte Wahlen handelt(vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 17 ff.). Das Wahlrecht wird getrennt für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung und des stellvertretenden Mitglieds ausgeübt. Sie werden nicht in einem, sondern in zwei getrennten Wahlgängen gewählt ( § 9 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 1 Nr. 7 SchwbVWO ). Es sind unterschiedliche Vorschlagslisten für die beiden Wahlen einzureichen ( § 6 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 8 SchwbVWO ), wobei die Wahlbewerber sowohl für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung als auch für die Wahl des Stellvertreters vorgeschlagen werden können ( § 6 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO ). Schließlich kann eine gesonderte Nachwahl des stellvertretenden Mitglieds unter den in §§ 17, 21 SchwbVWO bestimmten Voraussetzungen erfolgen. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich alle gewählten Stellvertreter an dem Anfechtungsverfahren zu beteiligen sind (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 20).

18

b) Neben dem Beteiligten zu 3., einem der Antragsteller des Verfahrens, waren danach im Verfahren auch die erste Stellvertreterin Frau B als Beteiligte zu 6. sowie - bis zur teilweisen Einstellung des Verfahrens - die weitere Stellvertreterin Frau L als Beteiligte zu 7. zu hören.

19

3. Werden die stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren am Verfahren beteiligt, liegt darin ein Rechtsfehler, der auf entsprechende Rüge grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgerichts führt, weil alle Stellvertreter vor einer Sachentscheidung über den Wahlanfechtungsantrag anzuhören sind und sie Gelegenheit zu tatsächlichem Vorbringen erhalten müssen (vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 22). Dieser Verfahrensfehler wurde vorliegend im Rechtsbeschwerdeverfahren von der Beteiligten zu 6. auch gerügt. Dennoch war vorliegend eine Zurückverweisung entsprechend § 563 Abs. 3 ZPO ausnahmsweise entbehrlich. Die Rechte der Beteiligten zu 6. werden dadurch nicht verkürzt. Die Beteiligte zu 6. hat, wie bereits zuvor schriftsätzlich angekündigt, die Abweisung des Antrags der Antragsteller begehrt und dies in der mündlichen Anhörung näher begründet. Die Antragsteller hatten Gelegenheit, hierauf zu erwidern. Der Senat hat dem Begehr der Beteiligten zu 6. in der Sache entsprochen. Durch eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht konnte sich die Rechtsposition der Beteiligten zu 6. nicht verbessern. Weiterer Tatsachenvortrag, der zur Zurückverweisung hätte Anlass geben können, wurde von den Beteiligten nicht gehalten. Die Sache war daher zur Endentscheidung reif.

20

II. Die statthafte Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung des Anfechtungsantrags.

21

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht bereits aufgrund der Rüge begründet, das Landesarbeitsgericht sei durch die Richterin am Arbeitsgericht W nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Ein absoluter Rechtsbeschwerdegrund nach § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor.

22

a) Das Bundesarbeitsgericht hat ausschließlich auf eine zulässige, insbesondere hinreichend begründete Rüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO hin zu prüfen, ob ein absoluter Revisionsgrund iSv. § 547 Nr. 1 bis Nr. 6 ZPO vorliegt(GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 40 mwN). Wird ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 bis Nr. 5 ZPO geltend gemacht, hat die Revision die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen. Die bloße Benennung des Zulassungsgrundes genügt nicht (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7; 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 10).

23

Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts gemäß § 547 Nr. 1 ZPO liegt vor, wenn über die Rechtsstreitigkeit andere Richter entscheiden als die gesetzlich dazu berufenen. Die darauf gestützte Rechtsbeschwerde muss daher aufzeigen, aus welchen konkreten Gründen der herangezogene Richter nicht zur Entscheidung berufen war. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Auch Maßnahmen und Entscheidungen eines Gerichts können gegen dieses Gebot verstoßen. Ziel der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte. Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. nur BVerfG 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09  - Rn. 7, BVerfGK 15, 111).

24

b) Hier hat die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg gerügt, die Richterin am Arbeitsgericht W, unter deren Vorsitz die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts am 12. Januar 2012 den angefochtenen Beschluss gefasst hat, habe an der Entscheidung nicht mitwirken dürfen, weil sie nicht iSd. § 35 Abs. 1 Satz 1, § 36 ArbGG auf Lebenszeit zur Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht ernannt gewesen sei.

25

aa) Für die Landesarbeitsgerichte schreibt § 35 Abs. 1 ArbGG vor, dass es aus dem Präsidenten und ua. „der erforderlichen Zahl von weiteren Vorsitzenden” besteht. Darunter ist die Schaffung von Planstellen durch die jeweiligen Landesjustizbehörden zu verstehen. § 35 Abs. 1 ArbGG geht davon aus, dass Richter, die die Funktion eines Kammervorsitzenden am Landesarbeitsgericht ausüben, an diesem Gericht planmäßig angestellt und als „Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht” ernannt sind. Nur solchen garantiert Art. 97 Abs. 2 GG die persönliche Unabhängigkeit durch Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit( BGH 13. Juli 1995 - V ZB 6/94  - BGHZ 130, 304, 308 ).

26

Die Heranziehung von nicht planmäßig angestellten Richtern (Richtern auf Probe, abgeordneten Richtern) darf nur in den Grenzen erfolgen, die sich nach verständigem Ermessen aus der Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden, oder aus anderen zwingenden Gründen ergeben (so schon BVerfG 9. November 1955 - 1 BvL 13/52 ua. - BVerfGE 4, 331, 345 ). Eine Abordnung muss dabei die Ausnahme sein und darf nicht zur Regel werden. Eine vorübergehende Abordnung eines Richters am Arbeitsgericht an ein Landesarbeitsgericht kann zulässigerweise mit einer nicht vorhersehbaren Überlastung des Landesarbeitsgerichts oder mit dem Zweck seiner Erprobung begründet werden, um bei der Bewerbung um ein Richteramt mit höherem Endgrundgehalt berücksichtigt werden zu können. Auch für den zur Erprobung abgeordneten Richter besteht die zu den sachlichen Voraussetzungen der Unabhängigkeit gehörende Weisungsfreiheit uneingeschränkt (ausführlich BGH Dienstgericht des Bundes 16. März 2005 - RiZ (R) 2/04 - BGHZ 162, 333).

27

Eine Abordnung darf von der Justizverwaltung nicht dazu genutzt werden, Einsparungen vorzunehmen. Deshalb führen auch Erprobung, Krankheitsvertretung und Entlastungsabordnung zu einer verfassungswidrigen Gerichtsbesetzung, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen. Dementsprechend muss sich die Abordnung in zeitlichen und sachlichen Grenzen halten. Die sich aus § 27 BBG und § 17 BRRG aF ergebende Wertung einer Abordnung von zwei Jahren und mehr als noch „vorübergehend” ist auf eine Richterabordnung nicht ohne weiteres übertragbar. Hier sind verfassungsrechtlich strengere Maßstäbe anzulegen. Eine feste Grenze gibt es jedoch nicht. Sie ist vielmehr im Einzelfall anhand der jeweils konkreten Gegebenheiten unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertungen zu bestimmen (vgl. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 123, 46 ua. unter Hinweis auf BVerfG 3. Juli 1962 - 2 BvR 628/60 ua. - BVerfGE 14, 156, 164 f.).

28

bb) Danach war die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts im Zeitpunkt der Entscheidung am 12. Januar 2012 ordnungsgemäß besetzt. Aus der E-Mail des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts vom 5. Juni 2012, deren Inhalt und Autor von der Rechtsbeschwerde nicht bestritten sind, ergibt sich, dass die Richterin am Arbeitsgericht W für einen Zeitraum von neun Monaten zum Zwecke der Erprobung abgeordnet wurde. Angesichts des Abordnungszeitraums von nicht einmal einem Jahr, der sich für eine Erprobung als angemessen erweist, sind sachfremde Erwägungen bei der Abordnungsentscheidung der Landesjustizverwaltung nicht erkennbar. Der Vortrag der Rechtsbeschwerde, dass die Nichtbesetzung der Stellen auf anderen - möglicherweise fiskalischen - Erwägungen beruhte, erschöpft sich in der Vermutung, die Richterin am Arbeitsgerichts W sei möglicherweise bereits vormals beim Landesarbeitsgericht erprobt worden. Hierzu hat die Rechtsbeschwerde aber nicht einmal dargetan, den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts um entsprechende Auskunft ersucht zu haben.

29

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nicht fristgerecht angefochten wurde.

30

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die angefochtene Entscheidung nicht schon deshalb aufzuheben, weil das Rechtsschutzbedürfnis für den Wahlanfechtungsantrag im Laufe des Verfahrens entfallen wäre.

31

aa) Die Wahlberechtigung des die Wahl anfechtenden Arbeitnehmers muss grundsätzlich nur zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein (ständige Rechtsprechung seit BAG 4. Dezember 1986 - 6 ABR 48/85 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 53, 385). Ein Wegfall der Wahlberechtigung durch Ausscheiden aus dem Betrieb nimmt dem Arbeitnehmer die Anfechtungsbefugnis nicht. Nur wenn sämtliche die Wahl anfechtenden Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden, führt dies zur Unzulässigkeit des Antrags, da für die Fortführung des Wahlanfechtungsverfahrens in diesem Fall kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht (BAG 16. November 2005 - 7 ABR 9/05 - Rn. 16 mwN, BAGE 116, 205; DKKW-Homburg 14. Aufl. § 19 Rn. 25; Fitting 27. Aufl. § 19 Rn. 29; HWGNRH-Nicolai 9. Aufl. § 19 Rn. 22; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 19 Rn. 38).

32

(1) Die Rechtsbeschwerde vertritt den Standpunkt, für den Anfechtungsantrag bestehe schon dann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, wenn die vom Gesetz in § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vorausgesetzte Mindestzahl der Anfechtenden unterschritten werde. Sinn und Zweck dieses Quorums bestehe darin zu verhindern, dass nicht ein einzelner Arbeitnehmer - ein unterlegener Bewerber oder „Querulant“ - ein aufwendiges und schwieriges Verfahren in Gang setzen und betreiben könne. Die Anfechtung müsse bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz von mindestens drei Anfechtenden getragen sein. Es widerspreche Sinn und Zweck des aus individueller Rechtsposition betriebenen Anfechtungsverfahrens, wenn derjenige, dessen Betriebszugehörigkeit entfalle, jenes weiterführen könne, obwohl er durch die Entscheidung nicht mehr betroffen sei (vgl. Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 66, 69 und Rn. 58 mwN, der die Anfechtungsberechtigung nicht als Voraussetzung der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit ansieht).

33

(2) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest. Dem Gesetzeszweck wird durch das bei Stellung eines Anfechtungsantrags erforderliche Quorum von drei Wahlberechtigten ausreichend Rechnung getragen. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 27. April 1983 - 6 P 17.81 -BVerwGE 67, 145) den objektiven Charakter von Wahlanfechtungsverfahren hervorgehoben. Entgegen der Rechtsbeschwerde ist es gerade nicht die individuelle Rechtsposition, die das Anfechtungsrecht entscheidend kennzeichnet. Das gilt insbesondere für das Wahlanfechtungsverfahren, das nicht dem Einzelinteresse, sondern dem Allgemeininteresse dient. Das Anfechtungsrecht der Gewerkschaften zeigt, dass das Rechtsschutzinteresse nicht eine persönliche Beschwer voraussetzt. Im Vordergrund steht vielmehr das Allgemeininteresse an der Ordnungsmäßigkeit der Wahl (vgl. für den Personalrat BVerwG 27. April 1983 - 6 P 17.81 - aaO). Diese Erwägungen gelten auch für die Wahlen der Schwerbehindertenvertretung und deren Stellvertreter.

34

bb) Der Ausnahmefall, dass alle Anfechtenden im Verlaufe des Verfahrens aus dem Betrieb ausgeschieden sind und der Anfechtungsantrag deshalb mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden ist, liegt hier nicht vor. Nach der Anfechtung der Wahl ist lediglich die Wahlberechtigung des Antragstellers zu 3. mit dessen Eintritt in die Freistellungsphase am 1. Oktober 2011 entfallen, während die Antragsteller zu 1. und 2. nach wie vor dem Betrieb angehören. Das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl besteht damit für alle Antragsteller fort.

35

b) Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, weil die am 22. November 2010 durchgeführte Wahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung nicht innerhalb der entsprechend anzuwendenden zweiwöchigen Anfechtungsfrist des § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten wurde und die Wahl auch nicht nichtig ist.

36

aa) Die Stellvertreterwahl ist nicht wirksam angefochten worden.

37

(1) § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX erklärt die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats für die Wahl der Vertrauensperson und des stellvertretenden Mitglieds für sinngemäß anwendbar. Für die Betriebsratswahl bestimmt § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, dass die Anfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig ist. Mit dem Ablauf der Anfechtungsfrist erlischt das Anfechtungsrecht des einzelnen Anfechtungsberechtigten. Die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmte Frist für die Anfechtung der Wahl dient der Rechtssicherheit. Dadurch soll gewährleistet werden, dass möglichst rasch nach Abschluss der Wahl Klarheit darüber geschaffen wird, ob die Wahl angefochten wird oder nicht (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 2 a der Gründe, BAGE 114, 228). Bei den getrennt anzufechtenden Wahlen der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung muss den Beteiligten durch den fristgemäßen Anfechtungsantrag unzweifelhaft die Feststellung möglich sein, ob ihre Wahl angefochten werden soll.

38

(2) Die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung wurde hier nicht rechtzeitig innerhalb der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzuhaltenden Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe des am 30. November 2010 durch Aushang bekannt gemachten Wahlergebnisses angefochten. Die Antragsschrift zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens ging zwar am 13. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht ein. Der Antrag, die Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 25. November 2010 für unwirksam zu erklären, richtete sich aber ausschließlich gegen die Wahl der Vertrauensperson und nicht auch gegen die Wahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung. Dies wird daran deutlich, dass im Rubrum der Antragsschrift ausdrücklich nur die „Schwerbehindertenvertretung“ bezeichnet ist. Dass hiermit die gewählte Vertrauensperson gemeint war und nicht - zumindest auch - die selbständig gewählten Stellvertreter, ergibt sich daraus, dass die als Beteiligte bezeichnete Schwerbehindertenvertretung durch die „Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen Frau K“ vertreten wird. Auf die Wahl der Stellvertreter bezieht sich demgegenüber weder der Anfechtungsantrag noch sind die Stellvertreter als Beteiligte im Rubrum der Antragsschrift bezeichnet. Deshalb lässt sich der auf „die Schwerbehindertenvertretung“ bezogene Antrag nicht dahin auslegen, dass neben der Wahl der Vertrauensperson auch die Stellvertreterwahl angefochten werden sollte.

39

Auch konnte es für die Antragsteller keinem Zweifel unterliegen, dass zwei getrennte Wahlen durchgeführt wurden, die ggf. getrennt anzufechten sind. Nach Punkt 4 Satz 2 des mit der Antragsschrift vorgelegten Wahlausschreibens werden „die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die drei stellvertretenden Mitglieder in getrennten Wahlgängen gewählt“. Mit Punkt 5 des Wahlausschreibens wurden die wahlberechtigten Schwerbehinderten und die gleichgestellten behinderten Menschen nicht nur aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens getrennte Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder schriftlich beim Wahlvorstand einzureichen. Das Wahlausschreiben enthielt dort zusätzlich den Hinweis, dass sich aus den Wahlvorschlägen eindeutig ergeben müsse, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen werde. Aus Gründen der Rechtssicherheit, die besonders im Wahlanfechtungsrecht hervorgehobene Bedeutung beansprucht, ist die Anfechtung der Wahl der Stellvertreter unter diesen Umständen nicht allein dadurch hinreichend deutlich erfolgt, dass die Antragsteller ihre Anfechtung inhaltlich auch auf einen Grund gestützt haben, der nur die Wirksamkeit der Stellvertreterwahl betrifft.

40

bb) Die Wahl vom 22. November 2010 ist nicht nichtig.

41

(1) Im Unterschied zur Wahlanfechtung kann die Nichtigkeit der Wahl auch außerhalb der in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmten Anfechtungsfrist jederzeit von jedermann geltend gemacht werden, der daran ein berechtigtes Interesse hat. Ebenso wie die Betriebsratswahl ist die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mangel offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“ (st. Rspr., vgl. BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 114, 228; 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 139, 197).

42

(2) Unter derart gravierenden Mängeln leidet die Stellvertreterwahl vom 22. November 2010 nicht deshalb, weil der Wahlvorstand den Kandidaten K vom Wahlvorschlag der Stellvertreter gestrichen hat, nachdem dieser seine Zustimmung zur Kandidatur vor der Veröffentlichung des Wahlvorschlags widerrufen hat. Selbst wenn ein Rücktritt von der Kandidatur nach schriftlich erteilter Zustimmung rechtlich nicht möglich oder es dem Wahlvorstand nicht gestattet sein sollte, in einer solchen Situation analog § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO nur einen Kandidaten von der Liste zu streichen und die übrigen Kandidaten zuzulassen, wäre die Wahl aufgrund eines solchen Fehlers nur anfechtbar. Sie wäre aber nicht nichtig.

        

    Linsenmaier    

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

        

        

    Busch    

        

    Kley    

                 

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, so bildet er einen Betriebsausschuss. Der Betriebsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dessen Stellvertreter und bei Betriebsräten mit

9 bis 15Mitgliedern
aus 3 weiteren Ausschussmitgliedern,
17 bis 23Mitgliedern
aus 5 weiteren Ausschussmitgliedern,
25 bis 35Mitgliedern
aus 7 weiteren Ausschussmitgliedern,
37 oder mehrMitgliedern
aus 9 weiteren Ausschussmitgliedern.

Die weiteren Ausschussmitglieder werden vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Sind die weiteren Ausschussmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt, so erfolgt die Abberufung durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung gefasst wird und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats bedarf.

(2) Der Betriebsausschuss führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann dem Betriebsausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen; dies gilt nicht für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung von Aufgaben.

(3) Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.