Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 Ta 144/17

bei uns veröffentlicht am05.10.2017

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 10.05.2017 - 1 Ca 1836/16 - aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 1.000,00 €.

Gründe

I.

Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 01.02.2017 verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen und zu übersenden, das sich auf die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt.

Auf Antrag der Klägerin vom 06.04.2017 und nach fruchtloser Anhörung der Beklagten verhängte das Arbeitsgericht gegen die Beklagte mit Beschluss vom 10.05.2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- €, ersatzweise fünf Tage Zwangshaft (Blatt 40 ff der Akten). Der Beschluss wurde am 13.05.2017 zugestellt.

Mit Schreiben vom 19.05.2017, beim Arbeitsgericht am 22.05.2017 eingegangen, teilte die Beklagte mit, der Klägerin unter dem Datum vom 19.04.2017, bei der Post eingeliefert am 25.04.2017, ein Zeugnis erteilt zu haben (Blatt 45 ff der Akten).

Mit Schriftsatz vom 24.05.2017 wies die Klägerin auf Mängel des Zeugnisses vom 19.04.2017 hin, weswegen der Anspruch auf Zeugniserteilung nicht erfüllt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 09.06.2017 teilte der mittlerweile beauftragte Beklagtenvertreter mit, dass das Schreiben vom 19.05.2017 als sofortige Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss zu werten sei und legte gleichzeitig ein Arbeitszeugnis vor (Blatt 57 der Akten). Das Original wurde an die Klägerin versandt.

Mit Schriftsatz vom 14.07.2017 teilte die Klägerinvertreterin mit, dass die Beklagte nunmehr die streitgegenständliche Forderung erfüllt habe (Blatt 58 der Akten).

Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 04.08.2017 nicht ab, da der Zwangsgeldbeschluss zu Recht erfolgt sei, und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor (Blatt 64 ff der Akten).

Das Landesarbeitsgericht gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf die Schriftsätze der Parteien vom 25.09.2017 (Blatt 74 der Akten) und vom 04.10.2017 (Blatt 76 f. der Akten) wird verwiesen.

Bezüglich näherer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO, sowie form- und fristgerecht eingereicht worden, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO.

2. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des ergangenen Zwangsgeldbeschlusses vom 10.05.2017.

Eine Zwangsmittelfestsetzung kann nur bei fortbestehendem Rechtsschutzbedürfnis erfolgen. Die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung ist im Rahmen des § 888 ZPO ebenso wie bei § 887 ZPO Tatbestandsvoraussetzung (Schuschke/Walker, 5. Auflage, § 888 ZPO Rdn. 20 m.w.N.). Der Erfüllungseinwand ist im Beschwerdeverfahren zu beachten (BGH 06.06.2013 - I ZB 56/12 – Rdn. 12 m.w.N.). Die Festsetzung eines Zwangsgeldes im Verfahren nach § 888 ZPO dient der Erzwingung einer unvertretbaren Handlung; es handelt sich hierbei um keine Sanktion für eine Handlungsweise in der Vergangenheit. Hieraus folgt, dass bei Erfüllung der vorzunehmenden Handlung im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens - einschließlich des Beschwerdeverfahrens - ein Zwangsgeld nicht mehr zu verhängen ist bzw. ein bereits ergangener Zwangsgeldbeschluss wieder aufzuheben ist (LAG Nürnberg 14.01.2015 -2 Ta 169/14; 23.05.2012 – 2 Ta 65/12; LAG Köln 02.12.2013 – 1 Ta 292/13; LAG Hamm 10.01.2017 - 12 Ta 567/16). Die Aufhebung dient insbesondere auch der Klarstellung, dass eine Vollstreckung des Zwangsgeldbeschlusses nicht erfolgen darf.

Die Parteien haben übereinstimmend mitgeteilt, dass der zu vollstreckende Anspruch noch im laufenden Beschwerdeverfahren vor Erlass der Nichtabhilfeentscheidung erfüllt wurde. Die Aufrechterhaltung der Festsetzung eines Zwangsmittels ist vor diesem Hintergrund nicht mehr geboten. Das Arbeitsgericht hätte der Beschwerde abhelfen müssen ungeachtet dessen, dass der ursprüngliche Zwangsgeldbeschluss zu Recht ergangen ist.

3. Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens fallen dennoch der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO zur Last. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Erteilung des Zeugnisses vom 19.04.2017 wegen der darin enthaltenen offensichtlichen Fehler nicht als Erfüllung des im Vergleich titulierten Zeugnisanspruchs angesehen.

4. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, § 78 Satz 3 ArbGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 Ta 144/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 Ta 144/17

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 Ta 144/17 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 78 Beschwerdeverfahren


Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 888 Nicht vertretbare Handlungen


(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

Zivilprozessordnung - ZPO | § 887 Vertretbare Handlungen


(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 62 Zwangsvollstreckung


(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf se

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 Ta 144/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 05. Okt. 2017 - 2 Ta 144/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - I ZB 56/12

bei uns veröffentlicht am 06.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 56/12 vom 6. Juni 2013 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 888 Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist grundsätzlich auch im Verfahren der Zwangsvol

Amtsgericht Würzburg Beschluss, 10. Mai 2017 - 1 Ca 1836/16

bei uns veröffentlicht am 10.05.2017

Tenor 1. Gegen die beklagte Partei wird zur Erzwingung der ihr gemäß gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 01.02.2017 obliegenden Verpflichtung, der Klagepartei ein Arbeitszeugnis zu erteilen, das sich auf Leistung und Verhalten i

Referenzen

Tenor

1. Gegen die beklagte Partei wird zur Erzwingung der ihr gemäß gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 01.02.2017 obliegenden Verpflichtung, der Klagepartei ein Arbeitszeugnis zu erteilen, das sich auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt, ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,– und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft von fünf Tagen festgesetzt.

2. Die beklagte Partei trägt die Kosten der Zwangsvollstreckung.

Gründe

Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 01.02.2017 verpflichtete sich die beklagte Partei, der Klagepartei ein Arbeitszeugnis zu erteilen und zu übersenden, das sich auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt. Da die beklagte Partei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat die Klagepartei mit Schriftsatz vom 06.04.2017 gemäß § 888 Abs. 1 ZPO beantragt, gegen die beklagte Partei ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, festzusetzen.

Der Antrag der Klagepartei wurde der beklagten Partei am 10.04.2017 mit der Aufforderung zur Stellungnahme bis zum 27.04.2017 übersandt.

Die beklagte Partei hat sich zu dem Antrag der Klagepartei und zur schriftlichen Aufforderung des Gerichts nicht geäußert.

Der Antrag wurde bei dem als Prozessgericht erster Instanz ausschließlich zuständigen Arbeitsgericht A ordnungsgemäß gestellt, vgl. § 3 62 Abs. 2 ArbGG, 802, 888 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung konnte gemäß der §§ 53 Abs. 1 ArbGG, 891 Satz 1, 128 Abs. 4 ZPO durch den Vorsitzenden alleine ergehen.

Dem Antrag war stattzugeben, da die Voraussetzungen der §§ 888 Abs. 1, 794, Abs. 1 Nr. 1, 795, 750 ZPO, vorliegen.

Da sich die beklagte Partei innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert hat, ist davon auszugehen, dass sie ihren Verpflichtungen aus dem Vergleich noch nicht nachgekommen ist.

Das Gericht hielt es im Rahme des durch § 888 ZPO eingeräumten freien Ermessens für angemessen, gegen die beklagte Partei ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,– und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft von fünf Tagen, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der beklagten Partei, festzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 62 Abs. ArbGG, 891 Satz 3, 91 ZPO.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 56/12
vom
6. Juni 2013
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist grundsätzlich auch im Verfahren
der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO zur Durchsetzung eines für vollstreckbar
erklärten Schiedsspruchs zu berücksichtigen.
BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 - I ZB 56/12 - OLG München
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juni 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Oberlandesgerichts München - 34. Zivilsenat - vom 18. Juni 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 10.000 €.

Gründe:


1
I. Die Parteien sind Rechtsanwälte einer Rechtsanwaltssozietät. Sie haben im Sozietätsvertrag folgende Schiedsvereinbarung getroffen: Streitigkeiten aus dem Sozietätsvertrag, aus Gewinnverteilungsverträgen oder aus Anteilsübernahmeverträgen werden unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch einen Schiedsrichter entschieden. Zu diesen Streitigkeiten gehören auch alle Auseinandersetzungen um das Zustandekommen vorerwähnter Verträge.
2
Der Gläubiger hat gegen den Schuldner in einem schiedsrichterlichen Verfahren einen Teil-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut vom 27. Juni 2011 erwirkt. Danach hat der Schuldner dem Gläubiger - näher bezeichnete - Auskünfte über den Bestand sämtlicher Bankkonten und Buchhaltungskonten der Rechtsanwaltssozietät zu erteilen. Das Oberlandesgericht hat diesen TeilSchiedsspruch durch Beschluss vom 17. Oktober 2011 für vollstreckbar erklärt.
3
Der Gläubiger hat beantragt, gegen den Schuldner wegen Nichterteilung der Auskünfte nach § 888 ZPO Zwangsmittel festzusetzen.
4
Der Schuldner ist dem entgegengetreten und hat Erfüllung der Auskunftspflicht eingewandt.
5
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln zurückgewiesen, soweit der Schuldner die verlangten Auskünfte nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien erteilt hat. Dagegen hat es dem Antrag stattgegeben, soweit die Erfüllung der Auskunftspflicht zwischen den Parteien streitig ist. Dazu hat es ausgeführt, bei Schiedssachen sei der Erfüllungseinwand im Verfahren der Zwangsvollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO nicht zu berücksichtigen; die - weit auszulegende - Schiedsvereinbarung umfasse den Erfüllungseinwand.
6
Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die vollständige Zurückweisung des Zwangsmittelantrags.
7
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und gemäß § 575 ZPO auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Mit der vom Oberlandesgericht gegebenen Begründung kann der Erfüllungseinwand des Schuldners nicht zurückgewiesen und dem Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln daher nicht stattgegeben werden.
8
1. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist grundsätzlich auch im Verfahren der Zwangsvollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO aus einem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch zu berücksichtigen.
9
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Schuldner nicht nur im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO, sondern auch im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO mit seinem Einwand zu hören, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt (BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - IXa ZB 32/04, BGHZ 161, 67, 71 ff.; Beschluss vom 22. September 2005 - I ZB 4/05, juris Rn. 7; Beschluss vom 17. September 2009 - I ZB 67/09, JurBüro 2009, 662 Rn. 7; Beschluss vom 20. Januar 2011 - I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 Rn. 11). Das gilt gleichermaßen für das - hier in Rede stehende - Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO (OLG Hamm, Beschluss vom 7. Juni 2010 - 7 W 13/10, juris Rn. 18 mwN; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. Dezember 2010 - 13 Sch 1/10, juris Rn. 7; Zöller/ Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 888 Rn. 11; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 888 Rn. 8).
10
Für die Prüfung des Erfüllungseinwands in Verfahren nach §§ 887, 888 ZPO statt erst bei der Vollstreckungsgegenklage kann - unter anderem - die Prozessökonomie sprechen. Eine Beweiserhebung über die Einwendungen des Schuldners ist - soweit nötig - in beiden Verfahren möglich und liegt stets in den Händen des Prozessgerichts. Dieses ist im Verfahren nach §§ 887, 888 ZPO ohnehin grundsätzlich verpflichtet, Beweis zu erheben. Das Vollstreckungsverfahren würde durch die Verweisung des Schuldners auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage auch nicht beschleunigt. Bei Erhebung der Vollstreckungsgegenklage müsste dem Schuldner unter Umständen Vollstreckungsaufschub nach § 769 ZPO gewährt werden und würde das Verfahren angesichts der einzuhaltenden Fristen letztlich verzögert. Die Frage, ob die vom Schuldner unstreitig vorgenommenen Handlungen dem entsprechen, was der Titel ihm gebietet , kann das Prozessgericht als Vollstreckungsgericht aufgrund seiner Kenntnis vom Inhalt des Rechtsstreits zudem am ehesten entscheiden (vgl. BGHZ 161, 67, 72 f.).
11
b) Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus einem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch betreibt.
12
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind sachlichrechtliche Einwendungen gegen den im Schiedsspruch zuerkannten Anspruch innerhalb des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (vgl. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO) zulässig, soweit auf sie eine Vollstreckungsgegenklage gestützt werden könnte (BGH, Beschluss vom 8. November 2007 - III ZB 95/06, NJW-RR 2008, 659 Rn. 31; Beschluss vom 30. September 2010 - III ZB 57/10, NJW-RR 2011, 213 Rn. 8 f. mwN).
13
Es wäre nicht sinnvoll, wenn der Schuldner in solchen Fällen die Vollstreckbarerklärung hinnehmen und wegen seiner Einwendungen einen neuen Rechtsstreit nach § 767 ZPO anhängig machen müsste; vielmehr ist es im Interesse der Verfahrenskonzentration geboten, im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung Einwendungen zuzulassen, die an sich zum Anwendungsbereich der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO gehören (BGH, NJW-RR 2008, 659 Rn. 31 mwN).
14
bb) Sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den Schiedsspruch können aber auch im Verfahren zur Durchsetzung des für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs vorgebracht werden.
15
Dafür kann allerdings nicht angeführt werden, die Frage, ob die vom Schuldner unstreitig vorgenommenen Handlungen dem entsprechen, was der Titel ihm gebiete, könne am ehesten vom Oberlandesgericht als Vollstreckungsgericht aufgrund seiner Kenntnis vom Inhalt des Rechtsstreits entschieden werden (vgl. oben Rn. 10 aE). Das Oberlandesgericht ist im Erkenntnisverfahren nicht mit dem Rechtsstreit befasst gewesen und hat von daher auch kei- ne Kenntnis vom Inhalt des Rechtsstreits. Für eine Zulassung sachlich-rechtlicher Einwendungen im Verfahren zur Durchsetzung des Schiedsspruchs sprechen jedoch die anderen Gründe, die der Bundesgerichtshof bereits in seinen früheren Entscheidungen als maßgeblich angesehen hat (vgl. BGHZ 161, 67, 71 ff.; BGH, NJW-RR 2008, 659, 662 Rn. 31).
16
So hängt die Vollstreckung gemäß § 887 ZPO schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift davon ab, dass der Schuldner seine Verpflichtung zur Vornahme einer (vertretbaren) Handlung nicht erfüllt. Der Wortlaut des § 888 ZPO knüpft an den des § 887 ZPO an. Die Vollstreckung nach § 888 ZPO setzt daher gleichfalls voraus, dass der Schuldner seine - auf die Vornahme einer (nicht vertretbaren) Handlung gerichtete - Verpflichtung nicht erfüllt.
17
Dass der Erfüllungseinwand in Verfahren nach §§ 887, 888 ZPO als erheblich anzusehen sein soll, ergibt sich ferner aus der Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung der Kostenvorschrift des § 891 Satz 3 ZPO durch die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle vom 17. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3039). Danach soll diese Neufassung der Möglichkeit Rechnung tragen, dass Vollstreckungsanträge des Gläubigers etwa nur deshalb teilweise erfolgreich sind, weil der Schuldner nachweist, dass er die vertretbare oder unvertretbare Handlung teilweise erfüllt hat (vgl. BT-Drucks. 13/341, S. 41).
18
Schließlich ist es auch im Interesse der Verfahrenskonzentration geboten , sachlich-rechtliche Einwendungen, auf die eine Vollstreckungsgegenklage gestützt werden könnte, bereits im Verfahren zur Durchsetzung des für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs zuzulassen und den Schuldner nicht auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage zu verweisen. Eine Beweiserhebung über die Einwendungen des Schuldners ist, soweit nötig, in beiden Verfahren möglich. Das Vollstreckungsverfahren würde auch nicht beschleunigt, sondern könnte eher verzögert werden, wenn der Schuldner auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage verwiesen würde (vgl. BGHZ 161, 67, 72 f.).
19
cc) Abweichendes gilt im Schiedsverfahren allerdings, wenn der geltend gemachte Einwand seinerseits der Schiedsabrede unterliegt. In diesem Fall ist nicht das Oberlandesgericht, sondern das Schiedsgericht zur Entscheidung berufen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 - IV ZR 80/85, BGHZ 99, 143, 146 ff.; Beschluss vom 19. Dezember 1995 - III ZR 194/94, NJW-RR 1996, 508; BGH, NJW-RR 2008, 659 Rn. 19; NJW-RR 2011, 213 Rn. 10; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. Dezember 2010 - 13 Sch 1/10, juris Rn. 8).
20
2. Nach diesen Maßstäben kann der Erfüllungseinwand desSchuldners nicht mit der vom Oberlandesgericht gegebenen Begründung zurückgewiesen werden. Der Erfüllungseinwand ist grundsätzlich auch im hier in Rede stehenden Verfahren zur Durchsetzung eines für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs zu berücksichtigen. Abweichendes gilt zwar, wenn der Erfüllungseinwand der Schiedsabrede unterliegt. Die Annahme des Oberlandesgerichts, die - weit auszulegende - Schiedsvereinbarung umfasse den Erfüllungseinwand, entbehrt aber einer tragfähigen Grundlage.
21
Die Auslegung eines Schiedsvertrags durch den Tatrichter kann vom Rechtsbeschwerdegericht zwar nur beschränkt überprüft werden (BGHZ 99, 143, 150). Das Oberlandesgericht hat seine Auffassung, die Schiedsvereinbarung umfasse den Erfüllungseinwand, jedoch nicht begründet. Seine Beurteilung entbehrt daher einer tragfähigen Grundlage und kann schon deshalb keinen Bestand haben. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Schiedsvereinbarung (lediglich ) - dem Erkenntnisverfahren zuzuordnende - Streitigkeiten aus dem Sozietätsvertrag , aus Gewinnverteilungsverträgen oder aus Anteilsübernahmeverträgen einschließlich aller Auseinandersetzungen um das Zustandekommen dieser Verträge. Dass die Schiedsvereinbarung sich auch auf das Zwangsvollstreckungsverfahren und Streitigkeiten über den Erfüllungseinwand erstreckt, erschließt sich aus dem Wortlaut nicht und kann auch im Übrigen nicht ohne Weiteres angenommen werden.
22
IV. Danach ist auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr zu prüfen haben, ob sich aus den bei der Auslegung der Schiedsvereinbarung gemäß §§ 133, 157 BGB zu berücksichtigenden Umständen ergibt, dass diese sich auf im Rahmen der Zwangsvollstreckung auftretende Streitigkeiten über die Frage der Erfüllung erstreckt.
Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 18.06.2012 - 34 Sch 32/11 -

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.