Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 10. Nov. 2015 - 2 Ta 132/15

bei uns veröffentlicht am10.11.2015

Gründe

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG

2 Ta 132/15

Beschluss

Datum: 10.11.2015

4 BV 9/14 (Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg -)

Rechtsvorschriften:

Leitsatz:

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg vom 13.08.2015, Aktenzeichen 4 BV 9/14 wird zurückgewiesen.

2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.666,00 € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren darüber, ob der Rechtsstreit über die Berechtigung einer gegenüber der zu 3 beteiligten Vertrauensperson der Schwerbehinderten (im Folgenden: Vertrauensperson) durch die Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Arbeitgeberin) ausgesprochenen Abmahnung im Beschlussverfahren oder im Urteilsverfahren auszutragen ist.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1. ist die Schwerbehindertenvertretung (im Folgenden: Schwerbehindertenvertretung) bei der Arbeitgeberin in deren Betrieb in C. Die Vertrauensperson ist Arbeitnehmerin der Arbeitgeberin und gleichzeitig Mitglied des in C. bestehenden Betriebsrates.

Mit Schreiben vom 25.07.2014 erhielt die Vertrauensperson eine „Abmahnung“, in der es auszugsweise heißt:

„Am Donnerstag, den 03.07.2014, wurden Sie von Herrn D. zu einem Fehlzeitengespräch …betreffend die Mitarbeiterin … eingeladen.

… Sie sagten den Termin mit der Begründung ab, dass sie nicht richtig informiert worden wären.

Kurz bevor das Fehlzeitengespräch am 09.07.2014 stattfinden sollte, meldeten Sie sich telefonisch bei Herrn D. und drohten ihm, die Polizei zu rufen, da er sie in Ihrem Amt als Schwerbehindertenvertretung behindern würde.

Gegen 14:03 Uhr betraten Sie mit der Mitarbeiterin … das Besprechungszimmer und gingen Herrn D… lautstark schreiend in aggressivem Ton an. Sie schrien, dass Sie das Fehlzeitengespräch abgesagt hätten und das Gespräch nicht hätte stattfinden dürfen.

Sie haben dadurch folgende Pflichtverletzungen begangen:

- Sie haben Herrn D. falsch beschuldigt, Ihr Amt als Schwerbehindertenvertretung zu behindern.

- Sie haben durch Ihr Schreien mutwillig den Betriebsfrieden gestört.

- Sie haben Herrn D. widerrechtlich mit dem Einsatz der Polizei zur Klärung arbeitsrechtlicher Angelegenheiten gedroht.

Zudem verstoßen Sie mit ihrem Verhalten gegen den … Verhaltenskodex. …

Wir teilen Ihnen auf diesem Weg mit, dass wir mit einem solchen Verhalten keineswegs einverstanden sind. Ihr vorbeschriebenes Verhalten stellt einen Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Deshalb sprechen wird Ihnen eine Abmahnung aus und …

Darüber hinaus weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass wir im Wiederholungsfall oder bei vergleichbaren Pflichtverletzungen weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses einleiten werden. …“

Wegen des genauen Inhalts des Abmahnungsschreibens wird auf Blatt 20 f. der Akten Bezug genommen.

Mit ihrer Antragsschrift vom 06.10.2014 hat die Schwerbehindertenvertretung das vorliegende Verfahren als Beschlussverfahren mit folgenden Anträgen eingeleitet:

1. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die gegenüber der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung, Frau J… unter dem Datum 25.07.2014 ausgehändigte Abmahnung zurückzunehmen und aus sämtlichen betrieblichen Unterlagen zu entfernen.

2. Es wird festgestellt, dass die der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung, Frau J. unter dem Datum 25.07.2014 ausgehändigte Abmahnung ohne Berechtigung erfolgt ist.

Zur Begründung ihrer Anträge hat sich die Schwerbehindertenvertretung darauf berufen, dass die ausgesprochene Abmahnung eine Behinderung der Schwerbehindertenvertretungstätigkeit darstelle, da hierdurch eine Schlechterstellung der Vertrauensperson gegenüber sonstigen Arbeitnehmern herbeigeführt worden sei und die Vertrauensperson hierdurch in ihrem Schutz im Hinblick auf das Behinderungs- und Benachteiligungsverbot gemäß § 96 Abs. 2 SGB IX i. V. m. § 78 Satz 2 BetrVG verletzt sei.

Die Arbeitgeberin hat mit Schriftsatz vom 05.02.2015 zur Antragsschrift Stellung genommen und u. a. gerügt, dass das Beschlussverfahren nicht die zulässige Verfahrensart sei. Es läge vielmehr eine individualrechtliche Streitigkeit vor, die im Urteilsverfahren durchzuführen sei. Die Schwerbehindertenvertretung und die Vertrauensperson sind dem entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 13.08.2015 hat das Arbeitsgericht das eingeleitete Beschlussverfahren als zulässige Verfahrensart festgestellt und sich hierbei insbesondere auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12 zur Abmahnung eines Betriebsratsmitgliedes bezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.08.2015 Bezug genommen (Bl. 141-146 d. A.).

Gegen diesen der Arbeitgeberin am 17.08.2015 zugestellten Beschluss hat diese mit Schriftsatz vom 27.08.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht Bamberg, Kammer Coburg am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt.

Die vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des BAG vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12 - beziehe sich auf das Betriebsratsamt und nicht auf die Schwerbehindertenvertretung. Das Beschlussverfahren sei auch nicht über § 2 a Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG eröffnet, da dort ausdrücklich nur Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 des SGB IX genannt seien, die Schwerbehindertenvertretung und die Vertrauensperson sich jedoch auf eine etwaige Verletzung des § 96 Abs. 2 SGB IX beriefen. Es handele sich um eine individualrechtliche Streitigkeit zwischen der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin. § 78 BetrVG sei daher nicht über § 96 Abs. 2 SGB IX einschlägig.

Die Arbeitgeberin beantragt daher:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 13. August 2015 - 4 BV 9/14 - wird abgeändert.

Das Urteilsverfahren ist die zulässige Verfahrensart.

Die Schwerbehindertenvertretung und die Vertrauensperson beantragen

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Schwerbehindertenvertretung habe gemäß § 96 Abs. 3 S. 1 SGB IX gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche Rechtsstellung wie der Betriebsrat. Daher sei das Beschlussverfahren die richtige Verfahrensart. Außerdem sei für sämtliche organschaftliche Streitigkeiten der Schwerbehindertenvertretung das Beschlussverfahren die richtige Verfahrensart.

Im von der Vertrauensperson persönlich abgefassten Schriftsatz vom 14.09.2015 sind folgende weiteren Anträge enthalten:

Die Beteiligte zu 2) hat künftig alle Behinderungen der Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 3) zu unterlassen, bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld auferlegt bekommt, dessen Höhe das Gericht festsetzen möge.

Die Beteiligte zu 2) hat künftig bei Personalgesprächen und Abmahnungen, von denen Schwerbehinderte betroffen sind, die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten, indem sie ihr alle zum Thema gehörenden Informationen und Unterlagen rechtzeitig zukommen lässt, vor einer Entscheidung anzuhören und ihr die Entscheidung unverzüglich mitzuteilen, ansonsten bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld auferlegt bekommt, dessen Höhe das Gericht festsetzen möge.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 29.09.2015 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten zur Frage der richtigen Verfahrensart wird auf die Schriftsätze der Arbeitgeberin vom 23.07.2015 (Bl. 135, 136 d. A.), vom 27.08.2015 (Bl. 158-161 d. A.) und vom 23.10.2015 (Bl. 205, 206 d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Schwerbehindertenvertretung und der Vertrauensperson vom 07.07.2015 (Bl. 131, 132 d. A.), vom 23.07.2015 (Bl. 138 d. A.) vom 14.09.2015 (Bl. 174, 175 d. A.) vom 14.09.2015 (Bl. 186-188 d. A.) vom 29.10.2015 (Bl. 211-213 d. A.) und vom 06.11.2015 (Bl. 210 d. A.) verwiesen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Richtige Verfahrensart für die zur Entscheidung gestellten Anträge ist entsprechend § 2 a Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach §§ 80 Abs. 3, 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 3 GVG statthaft und form- und fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts eingereicht worden (§§ 80 Abs. 3, 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 3 GVG, 78 Abs. 1 ArbGG, 567, 569 ZPO).

2. Das Arbeitsgericht hat zutreffend hinsichtlich der von der Schwerbehindertenvertretung gestellten Anträge das Beschlussverfahren als richtige Verfahrensart bestimmt. Das Beschwerdegericht verweist insofern auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.08.2015 und macht sich dessen Ausführungen zu Eigen. Im Hinblick auf die Schriftsätze der Beteiligten im Beschwerdeverfahren sind lediglich noch folgende Ausführungen veranlasst:

a) Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dafür, in welcher Verfahrensart Streitigkeiten zwischen der Schwerbehindertenvertretung und dem Arbeitgeber über eine dem Mitglied der Schwerbehindertenvertretung erteilte Abmahnung zu entscheiden ist, ist nicht vorhanden. Die durch das Arbeitsrechtsbeschleunigungsgesetz vom 30.03.2000 (BGBl. I 2000, 333) eingeführte Regelung hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen im Beschlussverfahren nur auf die §§ 94, 95 SGB IX geregelten Tatbestände bezogen, nicht aber auf Regelungssachverhalte, die in § 96 SGB IX festgehalten sind, wie etwa das Benachteiligungsverbot für Vertrauenspersonen in § 96 Abs. 2 SGB IX.

b) Darüber hinaus ist jedoch anerkannt, dass auch solche Rechtsstreitigkeiten zwischen Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu verfolgen sind, die die Aufgaben und Befugnisse der Schwerbehindertenvertretung als solche zum Gegenstand haben, auch insoweit als sie die persönlichen Befugnisse und Pflichten der Vertrauenspersonen betrifft, wenn sie ihre Grundlage auch im Amt als Vertrauensperson der Schwerbehinderten haben (Schwab/Weth/Walker, ArbGG, 4. Aufl., § 2a ArbGG, Rn. 99). Deshalb sind Streitigkeiten um die Freistellung eines Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung nach § 96 Abs. 4 SGB IX ebenso im Beschlussverfahren zu entscheiden (LAG Nürnbergvom 22.10.2007 - 6 Ta 155/07; LAG Sachsen vom 13.04.2010 - 2 TaBV 23/09) wie um die Kostentragung der Schwerbehindertenvertretung nach § 96 Abs. 8 SGB IX (BAG vom 30.03.2010 - 7 AZR 32/09).

c) Im vorliegenden Falle beruft sich die Schwerbehindertenvertretung darauf, dass durch die Abmahnung gegenüber der Vertrauensperson die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung behindert wurde. Sie beruft sich damit auf ihre Rechte als Schwerbehindertenvertretung gegenüber dem Arbeitgeber. Es geht ihr um die Feststellung der Rechtsbeziehungen zwischen der Schwerbehindertenvertretung und dem Arbeitgeber und um hieraus resultierende Ansprüche. Eine schwerbehindertenvertretungsrechtliche Streitigkeit entfällt nicht schon deshalb, weil es in diesem Zusammenhang um einer Vertrauensperson der Schwerbehinderten als Arbeitnehmer erteilte Abmahnung geht. Ein Urteilsverfahren könnte die Schwerbehindertenvertretung mangels Parteifähigkeit auch gar nicht betreiben. Nur im Beschlussverfahren ist die Schwerbehindertenvertretung nach § 10 S. 1 Abs. 2 ArbGG beteiligtenfähig. Deshalb kann die Schwerbehindertenvertretung - ebenso wie der Betriebsrat - seine (behaupteten) Rechte gerichtlich nur im Beschlussverfahren durchsetzen. Ob die Schwerbehindertenvertretung hierfür die entsprechende Antragsbefugnis hat und ob der Antrag auch im Übrigen zulässig und begründet ist, sind von der zutreffenden Verfahrensart zu trennende Fragen. Dasselbe gilt für die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Kosten des eingeleiteten Beschlussverfahrens nach § 96 Abs. 8 S. 1 SGB IX zu tragen.

3. Ob die Vertrauensperson aus eigenem Recht als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung die Entfernung der ihr erteilten Abmahnung bzw. die Feststellung der Unwirksamkeit der Abmahnung im Beschlussverfahren durchsetzen könnte oder in das Urteilsverfahren verwiesen werden müsste, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn die Vertrauensperson hat solche Anträge nicht gestellt, sondern inhaltlich lediglich die Anträge aus dem Schriftsatz vom 14.09.2015, S. 3 (Blatt 188 der Akten). Soweit man annimmt, dass diese Anträge überhaupt Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, so ist auch insoweit das Beschlussverfahren die richtige Verfahrensart. Denn sie beziehen sich eindeutig auf behauptete kollektive Rechte der Schwerbehindertenvertretung. Davon unabhängig wird das Arbeitsgericht aber die Fragen der Antragsbefugnis und der Zulässigkeit im Übrigen zu prüfen haben.

4. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen (§§ 80 Abs. 3, 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 3 GVG, 78 Abs. 2 ArbGG).

5. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 48 ArbGG, 17a Abs. 4 Satz 5 GVG war nicht veranlasst. Die Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung von ihr in Anspruch genommene Rechte über den Wortlaut des § 2 a Abs. 1 Nr. 3 ArbGG hinaus im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend machen kann, erscheint durch den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 30.03.2010 - 7 AZB 32/09 in Verbindung mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12 hinreichend geklärt. Die höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage, ob die Vertrauensperson im Beschlussverfahren gegen die Abmahnung vorgehen kann, stellt sich mangels eines entsprechenden Antrages der Vertrauensperson im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht.

6. Als Wert der Streitigkeit über die richtige Verfahrensart erscheint 1/3 des Hauptsachewertes - hier ausgehend vom Regelwert von 5.000,00 € - als angemessen.

Rechtsmittelbelehrung

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

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Tenor

Das Beschlussverfahren ist die zulässige Verfahrensart.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Entfernung einer gegenüber der Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Frau E. (Beteiligte zu 3; im Folgenden: Vertrauensperson), durch die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Arbeitgeberin) ausgesprochenen Abmahnung vom 25.07.2014 aus sämtlichen betrieblichen Unterlagen.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1 ist die Schwerbehindertenvertretung (im Folgenden: Schwerbehindertenvertretung) bei der Arbeitgeberin in deren Betrieb in A-Stadt. Die Vertrauensperson ist Arbeitnehmerin der Arbeitgeberin und gleichzeitig Mitglied des in A-Stadt bestehenden Betriebsrates.

Mit Schreiben vom 25.07.2014 erhielt die Vertrauensperson eine „Abmahnung“, in der es auszugsweise heißt:

„am Donnerstag, den 03.07.2014, wurden Sie von Herrn D. zu einem Fehlzeitengespräch … betreffend die Mitarbeiterin … eingeladen.

… Sie sagten den Termin mit der Begründung ab, dass sie nicht richtig informiert worden wären.

Kurz bevor das Fehlzeitengespräch am 09.07.2014 stattfinden sollte, meldeten Sie sich telefonisch bei Herrn D. und drohten ihm, die Polizei zu rufen, da er sie in Ihrem Amt als Schwerbehindertenvertretung behindern würde.

Gegen 14:03 Uhr betraten Sie mit der Mitarbeiterin … das Besprechungszimmer und gingen Herrn D. lautstark schreiend in aggressivem Ton an. Sie schrien, dass Sie das Fehlzeitengespräch abgesagt hätten und das Gespräch nicht hätte stattfinden dürfen.

Sie haben dadurch folgende Pflichtverletzungen begangen:

– Sie haben Herrn D.t falsch beschuldigt, Ihr Amt als Schwerbehindertenvertretung zu behindern.

– Sie haben durch Ihr Schreien mutwillig den Betriebsfrieden gestört.

– Sie haben Herrn D. widerrechtlich mit dem Einsatz der Polizei zur Klärung arbeitsrechtlicher Angelegenheiten gedroht.

Zudem verstoßen Sie mit diesem Verhalten gegen den B.-Verhaltenskodex. … Wir teilen Ihnen auf diesem Weg mit, dass wir mit einem solchen Verhalten keineswegs einverstanden sind. Ihr vorbeschriebenes Verhalten stellt einen Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Deshalb sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus und … Darüber hinaus weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass wir im Wiederholungsfall oder bei vergleichbaren Pflichtverletzungen weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses einleiten werden. …“

Wegen des genauen Inhalts des Abmahnungsschreibens wird Bezug genommen auf die Anlage 1 zur Antragsschrift vom 06.10.2014 = Bl. 20 f. d.A.

Mit ihrer Antragsschrift vom 06.10.2014 hat die Schwerbehindertenvertretung das vorliegende Verfahren als Beschlussverfahren mit folgenden Anträgen eingeleitet:

1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die gegenüber der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung Frau E. unter dem Datum 25.07.2014 ausgehändigte Abmahnung zurückzunehmen und aus sämtlichen betrieblichen Unterlagen zu entfernen.

2. Es wird festgestellt, dass die der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung, Frau E. unter dem Datum 25.07.2014 ausgehändigte Abmahnung ohne Berechtigung erfolgt ist.

Zur Begründung ihrer Anträge hat sich die Schwerbehindertenvertretung darauf berufen, dass die ausgesprochene Abmahnung eine Behinderung der Schwerbehindertenvertretungstätigkeit darstelle, da hierdurch eine Schlechterstellung der Vertrauensperson gegenüber sonstigen Arbeitnehmern herbeigeführt worden sei und die Vertrauensperson hierdurch in ihrem Schutz im Hinblick auf das Behinderungs- und Benachteiligungsverbot gemäß § 96 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG verletzt sei (vgl. Antragsschrift vom 06.10.2014 Seite 3 unten).

Die Arbeitgeberin hat mit Schriftsatz vom 05.02.2015 zur Antragsschrift Stellung genommen und gerügt, dass das Beschlussverfahren nicht die zulässige Verfahrensart sei. Es läge vielmehr eine individualrechtliche Streitigkeit vor, die im Urteilsverfahren geltend zu machen sei.

Im Anhörungstermin vor der Kammer am 11.06.2015 hat das Gericht bezüglich der Begründetheit der Rüge auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12 hingewiesen. Die Arbeitgeberin hat an der Rüge festgehalten.

II.

Auf die Rüge der zutreffenden Verfahrensart durch die Arbeitgeberin war über diese Frage vorab zu entscheiden, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17a Abs. 3 Satz 2 GVG.

Das Beschlussverfahren ist die zulässige Verfahrensart. Bei den beiden erhobenen Ansprüchen der Schwerbehindertenvertretung handelt es sich um „Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch“ i.S.d. § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG, bei denen nach §§ 2a Abs. 2, 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet. Die Schwerbehindertenvertretung beruft sich auf ihre Rechte als Interessenvertreter der Gruppe der schwerbehinderten Menschen. Es geht ihr um die Rechtsbeziehung zwischen ihr, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin, denn zur Begründung der erhobenen Ansprüche führt die Antragstellerin aus, dass die ausgesprochene Abmahnung eine Behinderung der Schwerbehindertenvertretungstätigkeit darstelle, da hierdurch die Vertrauensperson nach § 96 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG benachteiligt werde. Eine kollektivrechtliche Streitigkeit nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG scheidet nicht schon deshalb aus, weil es in diesem Zusammenhang um eine der Vertrauensperson als Arbeitnehmerin erteilte Abmahnung geht. Entscheidend ist, ob sich das Verfahren auf das Verhältnis zwischen der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin aus § 95 SGB XI bezieht (vgl. zum Fall eines Betriebsrates BAG vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12, juris). Das ist aufgrund der dargestellten Antragsbegründung zu bejahen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Vertrauensperson nach § 96 SGB IX die gleiche Rechtsstellung wie ein Betriebsrats- oder Personalratsmitglied besitzt. Dies legt es nahe, auch für Streitigkeiten bezüglich der Rechte und Rechtsstellung der Vertrauensperson der Schwerbehinderten das Beschlussverfahren als die richtige Verfahrensart anzusehen (vgl. hierzu Matthes/Schlewing in: GMP, 8. Aufl. 2013, § 2a Rn. 26). Ein Urteilsverfahren könnte die Schwerbehindertenvertretung mangels Parteifähigkeit gar nicht betreiben; sie ist nur im Beschlussverfahren nach § 10 Satz 1 2. HS ArbGG beteiligtenfähig (vgl. hierzu BAG vom 21.09.1989 - 1 AZR 465/88, juris).

Die Beantwortung der Frage der zulässigen Verfahrensart im soeben dargestellten Sinn hat keine Auswirkung auf die Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung materiell die Entfernung der Abmahnung, gestützt auf eine Behinderung ihrer Tätigkeit bzw. eine Benachteiligung der Vertrauensperson bzw. eine andere Rechtsgrundlage, beanspruchen kann, sowie auf die Frage, ob es sich um eine Abmahnung wegen Verletzung individualrechtlicher Pflichten oder wegen der Verletzung von Pflichten als Schwerbehindertenvertretung bzw. Vertrauensperson handelt. Dies kann hier dahinstehen.

Die Entscheidung konnte durch die Kammer ohne mündliche Verhandlung ergehen, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17a Abs. 4 Satz 1 GVG.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.

(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.

(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.

(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.

(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere

1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente,
2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen,
3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2,
4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und
5.
die Auswirkungen des Beitrags.
Die Erkenntnisse sollen zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zusammengeführt werden.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Zum Vermögen im Sinne dieses Teils gehört das gesamte verwertbare Vermögen. Die Leistungen nach diesem Teil dürfen nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung des Vermögens im Sinne des § 90 Absatz 2 Nummer 1 bis 8 des Zwölften Buches und eines Barvermögens oder sonstiger Geldwerte bis zu einem Betrag von 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches. Die Eingliederungshilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

Tenor

Das Beschlussverfahren ist die zulässige Verfahrensart.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Entfernung einer gegenüber der Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Frau E. (Beteiligte zu 3; im Folgenden: Vertrauensperson), durch die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Arbeitgeberin) ausgesprochenen Abmahnung vom 25.07.2014 aus sämtlichen betrieblichen Unterlagen.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1 ist die Schwerbehindertenvertretung (im Folgenden: Schwerbehindertenvertretung) bei der Arbeitgeberin in deren Betrieb in A-Stadt. Die Vertrauensperson ist Arbeitnehmerin der Arbeitgeberin und gleichzeitig Mitglied des in A-Stadt bestehenden Betriebsrates.

Mit Schreiben vom 25.07.2014 erhielt die Vertrauensperson eine „Abmahnung“, in der es auszugsweise heißt:

„am Donnerstag, den 03.07.2014, wurden Sie von Herrn D. zu einem Fehlzeitengespräch … betreffend die Mitarbeiterin … eingeladen.

… Sie sagten den Termin mit der Begründung ab, dass sie nicht richtig informiert worden wären.

Kurz bevor das Fehlzeitengespräch am 09.07.2014 stattfinden sollte, meldeten Sie sich telefonisch bei Herrn D. und drohten ihm, die Polizei zu rufen, da er sie in Ihrem Amt als Schwerbehindertenvertretung behindern würde.

Gegen 14:03 Uhr betraten Sie mit der Mitarbeiterin … das Besprechungszimmer und gingen Herrn D. lautstark schreiend in aggressivem Ton an. Sie schrien, dass Sie das Fehlzeitengespräch abgesagt hätten und das Gespräch nicht hätte stattfinden dürfen.

Sie haben dadurch folgende Pflichtverletzungen begangen:

– Sie haben Herrn D.t falsch beschuldigt, Ihr Amt als Schwerbehindertenvertretung zu behindern.

– Sie haben durch Ihr Schreien mutwillig den Betriebsfrieden gestört.

– Sie haben Herrn D. widerrechtlich mit dem Einsatz der Polizei zur Klärung arbeitsrechtlicher Angelegenheiten gedroht.

Zudem verstoßen Sie mit diesem Verhalten gegen den B.-Verhaltenskodex. … Wir teilen Ihnen auf diesem Weg mit, dass wir mit einem solchen Verhalten keineswegs einverstanden sind. Ihr vorbeschriebenes Verhalten stellt einen Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Deshalb sprechen wir Ihnen eine Abmahnung aus und … Darüber hinaus weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass wir im Wiederholungsfall oder bei vergleichbaren Pflichtverletzungen weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses einleiten werden. …“

Wegen des genauen Inhalts des Abmahnungsschreibens wird Bezug genommen auf die Anlage 1 zur Antragsschrift vom 06.10.2014 = Bl. 20 f. d.A.

Mit ihrer Antragsschrift vom 06.10.2014 hat die Schwerbehindertenvertretung das vorliegende Verfahren als Beschlussverfahren mit folgenden Anträgen eingeleitet:

1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die gegenüber der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung Frau E. unter dem Datum 25.07.2014 ausgehändigte Abmahnung zurückzunehmen und aus sämtlichen betrieblichen Unterlagen zu entfernen.

2. Es wird festgestellt, dass die der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung, Frau E. unter dem Datum 25.07.2014 ausgehändigte Abmahnung ohne Berechtigung erfolgt ist.

Zur Begründung ihrer Anträge hat sich die Schwerbehindertenvertretung darauf berufen, dass die ausgesprochene Abmahnung eine Behinderung der Schwerbehindertenvertretungstätigkeit darstelle, da hierdurch eine Schlechterstellung der Vertrauensperson gegenüber sonstigen Arbeitnehmern herbeigeführt worden sei und die Vertrauensperson hierdurch in ihrem Schutz im Hinblick auf das Behinderungs- und Benachteiligungsverbot gemäß § 96 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG verletzt sei (vgl. Antragsschrift vom 06.10.2014 Seite 3 unten).

Die Arbeitgeberin hat mit Schriftsatz vom 05.02.2015 zur Antragsschrift Stellung genommen und gerügt, dass das Beschlussverfahren nicht die zulässige Verfahrensart sei. Es läge vielmehr eine individualrechtliche Streitigkeit vor, die im Urteilsverfahren geltend zu machen sei.

Im Anhörungstermin vor der Kammer am 11.06.2015 hat das Gericht bezüglich der Begründetheit der Rüge auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12 hingewiesen. Die Arbeitgeberin hat an der Rüge festgehalten.

II.

Auf die Rüge der zutreffenden Verfahrensart durch die Arbeitgeberin war über diese Frage vorab zu entscheiden, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17a Abs. 3 Satz 2 GVG.

Das Beschlussverfahren ist die zulässige Verfahrensart. Bei den beiden erhobenen Ansprüchen der Schwerbehindertenvertretung handelt es sich um „Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch“ i.S.d. § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG, bei denen nach §§ 2a Abs. 2, 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet. Die Schwerbehindertenvertretung beruft sich auf ihre Rechte als Interessenvertreter der Gruppe der schwerbehinderten Menschen. Es geht ihr um die Rechtsbeziehung zwischen ihr, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin, denn zur Begründung der erhobenen Ansprüche führt die Antragstellerin aus, dass die ausgesprochene Abmahnung eine Behinderung der Schwerbehindertenvertretungstätigkeit darstelle, da hierdurch die Vertrauensperson nach § 96 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG benachteiligt werde. Eine kollektivrechtliche Streitigkeit nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG scheidet nicht schon deshalb aus, weil es in diesem Zusammenhang um eine der Vertrauensperson als Arbeitnehmerin erteilte Abmahnung geht. Entscheidend ist, ob sich das Verfahren auf das Verhältnis zwischen der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin aus § 95 SGB XI bezieht (vgl. zum Fall eines Betriebsrates BAG vom 04.12.2013 - 7 ABR 7/12, juris). Das ist aufgrund der dargestellten Antragsbegründung zu bejahen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Vertrauensperson nach § 96 SGB IX die gleiche Rechtsstellung wie ein Betriebsrats- oder Personalratsmitglied besitzt. Dies legt es nahe, auch für Streitigkeiten bezüglich der Rechte und Rechtsstellung der Vertrauensperson der Schwerbehinderten das Beschlussverfahren als die richtige Verfahrensart anzusehen (vgl. hierzu Matthes/Schlewing in: GMP, 8. Aufl. 2013, § 2a Rn. 26). Ein Urteilsverfahren könnte die Schwerbehindertenvertretung mangels Parteifähigkeit gar nicht betreiben; sie ist nur im Beschlussverfahren nach § 10 Satz 1 2. HS ArbGG beteiligtenfähig (vgl. hierzu BAG vom 21.09.1989 - 1 AZR 465/88, juris).

Die Beantwortung der Frage der zulässigen Verfahrensart im soeben dargestellten Sinn hat keine Auswirkung auf die Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung materiell die Entfernung der Abmahnung, gestützt auf eine Behinderung ihrer Tätigkeit bzw. eine Benachteiligung der Vertrauensperson bzw. eine andere Rechtsgrundlage, beanspruchen kann, sowie auf die Frage, ob es sich um eine Abmahnung wegen Verletzung individualrechtlicher Pflichten oder wegen der Verletzung von Pflichten als Schwerbehindertenvertretung bzw. Vertrauensperson handelt. Dies kann hier dahinstehen.

Die Entscheidung konnte durch die Kammer ohne mündliche Verhandlung ergehen, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17a Abs. 4 Satz 1 GVG.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung.

(2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes ergibt. Der Vorsitzende kann ein Güteverfahren ansetzen; die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren gelten entsprechend.

(3) § 48 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.

(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.

(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.

(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.

(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere

1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente,
2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen,
3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2,
4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und
5.
die Auswirkungen des Beitrags.
Die Erkenntnisse sollen zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zusammengeführt werden.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind auch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände; in den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 1 bis 3f sind auch die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, dem § 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 51 des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie die nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung beteiligten Personen und Stellen Beteiligte. Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind in den Fällen des § 2a Abs. 1 Nr. 4 auch die beteiligten Vereinigungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder derjenigen Länder, auf deren Bereich sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt. Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind in den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 auch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes oder die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, soweit ihr nach § 5 Absatz 6 des Tarifvertragsgesetzes Rechte übertragen sind.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung.

(2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes ergibt. Der Vorsitzende kann ein Güteverfahren ansetzen; die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren gelten entsprechend.

(3) § 48 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Juli 2009 - 15 Ta 400/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Vorabentscheidungsverfahren darüber, ob der vorliegende Rechtsstreit im Urteilsverfahren oder im Beschlussverfahren zu entscheiden ist.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten im Depot B beschäftigt. Sie war Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Streitkräfteunterstützungskommando in K. Mit Wirkung vom 4. Oktober 2005 wurde sie für die Dauer ihrer Amtszeit freigestellt und nach K abgeordnet. Während dieser Zeit behielt sie ihre Wohnung in L bei. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung unternahm sie eine Vielzahl von Reisen, deren Kosten von der Beklagten nur teilweise erstattet wurden. Mit der am 5. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin Reisekosten und Trennungsgeld in Höhe von insgesamt 876,64 Euro geltend gemacht.

3

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 20. Mai 2009 vorab erkannt, dass es nicht im Urteilsverfahren entscheide, und den Rechtsstreit in das Beschlussverfahren verwiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte, das Urteilsverfahren für zulässig zu erklären. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

4

II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Rechtsstreit zu Recht nach § 48 Abs. 1 ArbGG, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG in das Beschlussverfahren verwiesen. Rechtsstreitigkeiten über die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX, der nach § 97 Abs. 7 SGB IX für die Bezirksschwerbehindertenvertretung entsprechend gilt, sind im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG, aber aus der gebotenen entsprechenden Anwendung der Vorschrift.

5

1. Der Rechtsstreit wird von § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG nicht unmittelbar erfasst. Nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 SGB IX. In Streitigkeiten nach diesen Vorschriften findet nach § 2a Abs. 2 ArbGG das Beschlussverfahren statt. Um eine solche Streitigkeit handelt es sich vorliegend nicht. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Trennungsgeld und Reisekosten, die ihr anlässlich der Wahrnehmung ihres Amtes als Mitglied der Bezirksschwerbehindertenvertretung entstanden sind. Dies sind Kosten der Tätigkeit der Bezirksschwerbehindertenvertretung iSv. § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX. Für Angelegenheiten nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX trifft § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG keine Regelung.

6

2. Das Gesetz bestimmt auch an anderer Stelle nicht, bei welchem Gericht und in welcher Verfahrensart Angelegenheiten nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX zu entscheiden sind. Ansprüche der Mitglieder der Schwerbehindertenvertretungen, die auf der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX beruhen, sind keine individualrechtlichen Ansprüche, die entsprechend dem Status des Mitglieds als Arbeitnehmer oder Beamter im Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht oder dem Verwaltungsgericht geltend zu machen wären (aA VG Köln 17. August 2009 - 33 K 4297/09 PVB -). Diese Ansprüche haben ihre Grundlage nicht im Arbeits- oder Beamtenverhältnis des Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung, sondern in dem von ihm wahrgenommenen Amt. Für die Geltendmachung derartiger Ansprüche bestimmt weder § 2 ArbGG noch eine sonstige gesetzliche Vorschrift den Rechtsweg und die Verfahrensart. Das Gesetz enthält daher eine planwidrige Regelungslücke.

7

3. Die planwidrige Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG zu schließen (ebenso LAG Nürnberg 22. Oktober 2007 - 6 Ta 155/07 - ZTR 2008, 116; LAG Niedersachsen 7. August 2008 - 7 TaBV 148/07 -; Sächsisches LAG 2. Oktober 2009 - 2 TaBV Ga 4/09 -; VG Ansbach 29. Juli 2008 - AN 8 P 08.00604 -). Dies entspricht der Gesetzessystematik, der Gesetzesgeschichte sowie dem Zweck der Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG.

8

a) Für die entsprechende Anwendung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG sprechen zum einen Gründe der Systematik.

9

aa) § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG eröffnet die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen im Beschlussverfahren für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95 und 139 SGB IX. Dies betrifft Streitigkeiten über die Wahl und die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretungen (§ 94 SGB IX), die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung (§ 95 SGB IX) und die Mitwirkung durch Werkstatträte (§ 139 SGB IX). Hierbei handelt es sich um Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen, die in der Organstellung des Gremiums ihre Grundlage haben. Diese kollektivrechtlichen Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen hat der Gesetzgeber durch die Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG hinsichtlich des Rechtswegs und der Verfahrensart betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten gleichgestellt und für Streitigkeiten hierüber die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren angeordnet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb der Privatwirtschaft oder in einer Dienststelle, für die Personalvertretungsrecht gilt, gebildet wurde (BAG 11. November 2003 - 7 AZB 40/03 - zu II 1 b der Gründe, AP SGB IX § 94 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 2a Nr. 5).

10

bb) § 96 SGB IX trifft nach seiner Überschrift Bestimmungen über die persönlichen Rechte und Pflichten der Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen und regelt zu einem erheblichen Teil deren individualrechtlichen Rechte und Pflichten, zB das Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot (Abs. 2), den Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz (Abs. 3) sowie Entgeltfortzahlungsansprüche für die Dauer der Wahrnehmung von Amtstätigkeiten und der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen (Abs. 4). Streitigkeiten hierüber sind - je nach dem Status des Mitglieds als Arbeitnehmer oder Beamter - im Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht oder dem Verwaltungsgericht zu entscheiden. Dementsprechend ist eine Erstreckung der Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG auf diese Angelegenheiten konsequenterweise unterblieben. Eine Eröffnung des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens für derartige individualrechtliche Streitigkeiten wäre systemwidrig.

11

cc) Andererseits enthält § 96 SGB IX aber auch Regelungen von kollektivem Charakter. Dazu gehört die in § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX geregelte Pflicht des Arbeitgebers, die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen. Die zur Durchsetzung dieser Verpflichtung geführten Rechtsstreitigkeiten sind wegen ihres kollektiven Charakters nach der Systematik des Arbeitsgerichtsgesetzes § 2a ArbGG zuzuordnen. Diese Bestimmung sieht für kollektivrechtliche Angelegenheiten das Beschlussverfahren vor, während für individualrechtliche Angelegenheiten nach § 2 ArbGG das Urteilsverfahren eröffnet ist. Deshalb erscheint eine entsprechende Anwendung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG auf Angelegenheiten nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX geboten.

12

b) Für die entsprechende Anwendung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG auf Angelegenheiten nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX spricht auch die Gesetzesgeschichte.

13

aa) Bis zum 31. Juli 1996 war gesetzlich nicht geregelt, von welchem Gericht und in welcher Verfahrensart Rechtsstreitigkeiten über Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretungen gegenüber dem Arbeitgeber zu entscheiden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurden derartige Streitigkeiten wie solche aus dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Personalvertretungsrecht behandelt und waren im Beschlussverfahren vom Arbeitsgericht oder dem Verwaltungsgericht zu entscheiden. Der Rechtsweg hing davon ab, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb der Privatwirtschaft oder in einer Dienststelle, für die Personalvertretungsrecht galt, gebildet war (vgl. etwa BAG 21. September 1989 - 1 AZR 465/88 - BAGE 62, 382). Mit Wirkung vom 1. August 1996 wurde § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG eingeführt, wonach Angelegenheiten des neu geschaffenen Werkstattrats nach § 54c SchwbG (jetzt: § 139 SGB IX) der ausschließlichen Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zugewiesen wurden. Damit war gleichzeitig festgelegt, dass diese Angelegenheiten im Beschlussverfahren zu entscheiden sind (§ 2a Abs. 2 ArbGG). Zum 1. Mai 2000 wurde die Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG um die Angelegenheiten nach §§ 24, 25 SchwbG (jetzt: §§ 94, 95 SGB IX) ergänzt. Nach der Gesetzesbegründung war es im Rahmen der zum 1. August 1996 erfolgten Gesetzesänderung vom 23. Juli 1996 versäumt worden „klarzustellen, dass nicht nur die Angelegenheiten der Werkstatträte der Behinderten gemäß § 54c SchwbG, sondern auch die Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretung (§§ 24, 25 SchwbG) im Beschlussverfahren zu entscheiden sind“ (BT-Drucks. 14/626 S. 8). Anlässlich der Übernahme der Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes in das SGB IX zum 1. Juli 2001 erfolgte eine redaktionelle Angleichung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG an die Vorschriften des SGB IX.

14

bb) Aus dieser Gesetzesgeschichte ergibt sich, dass der Gesetzgeber durch die zum 1. Mai 2000 vorgenommene Änderung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG die bislang versäumte gesetzliche Festlegung der Verfahrensart für die Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen nachholen wollte. Dabei blieb jedoch unberücksichtigt, dass auch § 26 SchwbG (seit 1. Juli 2001: § 96 SGB IX) entgegen der Überschrift der Vorschrift nicht nur individualrechtliche Rechte und Pflichten der Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung, sondern ua. in Abs. 8 Satz 1 Angelegenheiten regelt, die auf der Organstellung der Schwerbehindertenvertretung beruhen. Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass die hinsichtlich dieser Angelegenheiten bestehende Regelungslücke wie vor der Ergänzung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG um die §§ 24, 25 SchwbG (jetzt: §§ 94, 95 SGB IX) dahingehend zu schließen wäre, dass Streitigkeiten hierüber in analoger Anwendung von § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 83 BPersVG und der entsprechenden Vorschriften der Personalvertretungsgesetze der Länder ebenso wie Streitigkeiten betriebsverfassungs- oder personalvertretungsrechtlicher Art im Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht oder dem Verwaltungsgericht zu entscheiden wären, je nach dem, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb der Privatwirtschaft oder in einer Dienststelle des öffentlichen Dienstes betroffen ist (so aber zB GK-ArbGG/Dörner Stand Dezember 2009 § 2a Rn. 72; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen-Pahlen SGB IX 11. Aufl. § 96 Rn. 25). Die Erstreckung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG auf Angelegenheiten nach §§ 24, 25 SchwbG (jetzt: §§ 94, 95 SGB IX) lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen der ausschließlichen Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren zuzuweisen. Dies rechtfertigt eine entsprechende Anwendung von § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG auf Angelegenheiten aus § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX.

15

c) Diese Auslegung hat allerdings zur Folge, dass die Gerichte für Arbeitssachen auch dann über die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX zu entscheiden haben, wenn Beamten in Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung Kosten entstanden sind. Das steht der Auslegung aber nicht entgegen, sondern entspricht dem Zweck der Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 ArbGG. Dieser geht dahin, die kollektivrechtlichen Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen insgesamt der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren zu übertragen unabhängig davon, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb der Privatwirtschaft oder in einer Dienststelle, in der Personalvertretungsrecht gilt, gebildet ist. Das dient der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Rechtssicherheit. Diesem Zweck entspricht es, Streitigkeiten über die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX auch dann im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden, wenn die Kosten einem Beamten anlässlich der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung entstanden sind.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Schmidt    

        

        

        

        

        

        

        

        

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30. November 2011 - 16 TaBV 75/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30. November 2011 - 16 TaBV 75/10 - teilweise aufgehoben.

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 gegenüber dem Beteiligten zu 3. aus dessen Personalakte zu entfernen.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Berechtigung einer dem Betriebsratsvorsitzenden erteilten Abmahnung sowie in diesem Zusammenhang über Feststellungs- und Unterlassungsansprüche.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein psychiatrisches und psychosomatisches Fachkrankenhaus. In diesem ist der zu 1. beteiligte 15-köpfige Betriebsrat gebildet, dessen freigestellter Vorsitzender der Beteiligte zu 3. ist.

3

Am 4. Dezember 2009 informierte die bei der Arbeitgeberin beschäftigte Arbeitnehmerin L die Geschäftsleitung anhand eines Formblatts „Meldung über ein besonderes Vorkommnis“ darüber, dass sie gesehen habe, wie der Hausmeister Herr B am 2. Dezember 2009 einen Heimbewohner beschimpft und den rechten Arm zu einem Schlag erhoben habe, der Heimbewohner aber - da er sich geduckt habe - nicht getroffen worden sei. Wegen dieser Meldung wandte sich Herr B an den Betriebsrat. Am 9. Dezember 2009 führte der Betriebsratsvorsitzende gemeinsam mit einem weiteren Betriebsratsmitglied - dem vormals Beteiligten zu 4., dessen Arbeitsverhältnis mittlerweile beendet und das Verfahren insoweit eingestellt ist - ein Gespräch mit Frau L. Mit Schreiben vom selben Tag teilte Frau L der Geschäftsleitung mit:

„…

ich möchte Sie über den Besuch der Betriebsratsmitglieder Herr V und Herr F berichten und mich gleichzeitig über die Art und Weise des Umgangs mit mir bei Ihnen beschweren.

Um ca. 10.00 Uhr kamen Herr V und Herr F auf Wohnbereich 1, um mit mir ein Gespräch zu führen. Herr V schickte die beiden diensthabenden Pfleger … und … aus dem Dienstzimmer, wodurch alles für mich einen verhörartigen Charakter bekam. Ich das auch sofort gesagt und beschrieben, dass es mir nicht gut geht. Herr V spielte es herunter. Mir wurde ein schlechtes Gewissen eingeredet, ich sollte die Satzstellung und Formulierungen überdenken oder sollte eine Zeichnung mit Datum und Unterschrift anfertigen.

Herr F zeichnete auch etwas vor, das ich unterzeichnen sollte, wenn ich es für richtig hielt. Habe mich geweigert, hatte nach dem Gespräch so ein schuldiges, schlechtes Gefühl.

Herr V versuchte sein Anliegen runterzuspielen Zitat: ‚… A, kann ich mich darauf verlassen, dass es beim Abwehren bleibt, was Du gesehen hast. Ich muss nämlich noch ein Schreiben für … aufsetzen:‘ Das waren seine Worte.

Überlege, es bedarf doch nur der Formulierung. Ich habe auf mein Schreiben vom 4.12.09 verwiesen… Beide sind dann gegangen.

…“

4

Zu dieser Beschwerde äußerten sich der Betriebsratsvorsitzende und das Betriebsratsmitglied mit einem Schreiben an die Geschäftsleitung vom 16. Dezember 2009. Das Schreiben lautet auszugsweise:

„…

die Beschwerde von Frau L vom 09.12.09 hat uns sehr überrascht. Unsere Erinnerung an den Ablauf des Gespräches vom 09.12.09 unterscheidet sich erheblich von der Schilderung der Kollegin L.

Unsere Absicht war es, uns von Frau L den zugrunde liegenden Sachverhalt bezüglich des Vorfalls vom 02.12.09 zwischen Herrn B und dem Bewohner, Herrn …, aus Ihrer Sicht erläutern zu lassen, nachdem Herr B uns seine Sichtweise geschildert hatte.

Das unsere Bemühungen um Sachaufklärung evtl. missverstanden wurden, macht uns betroffen.

…“

5

Mit Schreiben vom 13. Januar 2010 erteilte die Arbeitgeberin dem Betriebsratsvorsitzenden (ebenso wie mit einem weiteren Schreiben dem vormals zu 4. beteiligten Betriebsratsmitglied) eine „Abmahnung“ mit folgendem Wortlaut:

„…

Von unserem Angebot, ein gemeinsames Gespräch zu führen, haben Sie keinen Gebrauch gemacht. Wie bereits angekündigt, mahnen wir Sie hiermit wegen des Vorfalls vom 09.12.2009 - Frau L - ausdrücklich ab.

Nach den glaubhaften Bekundungen von Frau L, denen Sie im Wesentlichen nicht widersprochen haben, haben Sie in unzulässiger Weise versucht, Frau L zu veranlassen, ihre Beobachtungen zu dem Vorfall am 02.12.2009 - B/… - zugunsten des Herrn B zu korrigieren. Auch als BR-Vorsitzender und freigestelltes BR-Mitglied sind Sie an Gesetz und Recht gebunden, darüberhinaus besteht auch die Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen anderer Arbeitnehmer weiter. Nach dem von Frau L bekannt gemachten Gesprächsverlauf besteht für uns der dringende Verdacht, dass Sie auch aus strafrechtlicher Sicht in unzulässiger Weise versucht haben, Druck auf Frau L auszuüben, um diese zu veranlassen, ihre tatsächlichen Wahrnehmungen anders darzustellen, als wie sie sie wahrgenommen hat. Dies ist eine schwerwiegende Verletzung auch Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Sie haben damit auch gegen das Rücksichtnahme- und Übermaßverbot verstoßen.

Wir mahnen Sie deshalb ab und weisen daraufhin, dass wir uns für den Fall einer Wiederholung vorbehalten, das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auch außerordentlich zu kündigen.

…“

6

Der Betriebsrat hat mit dem beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung - die Feststellung begehrt, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 unwirksam sei und eine Behinderung und Störung der Arbeit des Betriebsrats sowie des Betriebsratsvorsitzenden darstelle. Nachdem das Landesarbeitsgericht den Betriebsratsvorsitzenden (ebenso wie das weitere Mitglied des Betriebsrats) am Verfahren beteiligt hat, hat dieser im Beschwerdeverfahren gleichlautende Feststellungen begehrt und darüber hinaus - ebenso wie der Betriebsrat hilfsweise - von der Arbeitgeberin die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte sowie die Verpflichtung verlangt, es künftig zu unterlassen, gegenüber Betriebsratsmitgliedern Abmahnungen für Handlungen zu erteilen, die als Mandatsausübung anzusehen seien. Der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende haben die Auffassung vertreten, ihre Ansprüche seien im Beschlussverfahren zu verfolgen. Die Abmahnung vom 13. Januar 2010 sei betriebsverfassungswidrig. Sie ziele auf eine Störung und Behinderung der Arbeit des Betriebsrats und des Beteiligten zu 3. in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender.

7

Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben - soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse - beantragt

festzustellen, dass

1. die Abmahnung des Beteiligten zu 3. vom 13. Januar 2010 unwirksam ist und

2. sowohl eine Behinderung und Störung der Arbeit des Betriebsrats als auch der Arbeit des Beteiligten zu 3. ist,

sowie beim Landesarbeitsgericht außerdem - der Betriebsrat hilfsweise und der Beteiligte zu 3. unbedingt -,

3. die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 gegenüber dem Beteiligten zu 3. zurückzunehmen und aus dessen Personalakte zu entfernen,

4. die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats individualrechtliche Abmahnungen für Handlungen zu erteilen, die als Betätigung des Betriebsratsmandats anzusehen sind.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen; der Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz hat sie widersprochen. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, es fehle dem Betriebsrat an der Antragsbefugnis. In der berechtigten Abmahnung des Betriebsratsvorsitzenden wegen der Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten liege keine Störung oder Behinderung der Arbeit des Betriebsrats oder seiner Mitglieder.

9

Das Arbeitsgericht hat die - bei ihm allein anhängigen Anträge zu 1. und zu 2. - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Betriebsrat verfolge diese Anträge in der nicht zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden - auch hinsichtlich der Anträge zu 3. und zu 4. - zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende ihre Anträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde und führt in ihrer Rechtsbeschwerdeerwiderung ua. aus: „… ganz unabhängig von der offenen Frage, ob der Antragserweiterung ein entsprechender Beschluss des“ Betriebsrats „überhaupt zu Grunde liegt“.

10

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsratsvorsitzenden hat hinsichtlich des Antrags zu 3. Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

11

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen den seine Hauptanträge zu 1. und zu 2. abweisenden arbeitsgerichtlichen Beschluss im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Anträge sind bereits unzulässig. Auch die Hilfsanträge zu 3. und zu 4. hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der mit einer zulässigen Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz angebrachte Hilfsantrag zu 3. ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Hilfsantrag zu 4. ist unzulässig.

12

1. Der Betriebsrat verfolgt sämtliche Anträge in der zutreffenden Verfahrensart des Beschlussverfahrens. Anders als das Arbeitsgericht - hinsichtlich der Anträge zu 1. und zu 2. - hat das Landesarbeitsgericht die Frage der Verfahrensart nicht problematisiert. Zu Recht hat es im Beschlussverfahren entschieden. Bei den vier erhobenen Ansprüchen des Betriebsrats handelt es sich um „Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz“ iSv. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, bei denen nach § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet. Der Betriebsrat beruft sich auf seine Rechte als Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Es geht ihm um Feststellungen der Rechtsbeziehungen zwischen den Betriebsparteien und um betriebsverfassungsrechtliche (Leistungs-)Ansprüche. Eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit entfällt nicht schon deshalb, weil es in diesem Zusammenhang um eine dem Betriebsratsvorsitzenden als Arbeitnehmer erteilte Abmahnung geht. Entscheidend ist, ob sich das Verfahren auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der Betriebspartner bezieht. Das ist hier der Fall. Ein Urteilsverfahren könnte der Betriebsrat mangels Parteifähigkeit gar nicht betreiben. Nur im Beschlussverfahren ist er nach § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG beteiligtenfähig.

13

2. Die (Haupt-)Anträge zu 1. und zu 2. sind unzulässig.

14

a) Allerdings fehlt es dem Betriebsrat für diese Anträge nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG.

15

aa) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG, wenn er eigene Rechte geltend macht. Ebenso wie die Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren dient die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (vgl. BAG 5. März 2013 - 1 ABR 75/11 - Rn. 17; 21. August 2012 - 3 ABR 20/10 - Rn. 26 mwN; 17. Juni 2009 - 7 ABR 96/07 - Rn. 9).

16

bb) Danach ist der Betriebsrat für die Hauptanträge antragsbefugt. Er stützt beide Feststellungsbegehren auf eine (behauptete) Störung und Behinderung seiner Arbeit. Nach seinem Vorbringen in der Antragsbegründung nimmt er Bezug auf die Schutzbestimmung des § 78 Satz 1 BetrVG, der er - jedenfalls auch - eine gremienschutzbezogene Intention beimisst. Damit macht er ein eigenes Recht geltend. Es erscheint nicht „auf der Hand liegend“ ausgeschlossen, die begehrten Feststellungen auf § 78 Satz 1 BetrVG zu stützen.

17

b) Der Feststellungsantrag zu 1. ist aber unzulässig, weil er nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO erfüllt.

18

aa) Nach dem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat(vgl. zB BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121). Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 35 mwN, BAGE 140, 277). So ist etwa die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 21 mwN, BAGE 131, 176).

19

bb) Die begehrte Feststellung, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 unwirksam ist, betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Antrag ist auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Erklärung gerichtet. Der Sache nach erstrebt der Betriebsrat mit ihm die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

20

c) Der Feststellungsantrag zu 2. ist unzulässig, weil er bereits nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist. Zudem liegt auch ihm kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde.

21

aa) Nach der im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 14 mwN).

22

bb) Diesem Erfordernis wird der Antrag zu 2. nicht gerecht. Würde ihm stattgegeben, bliebe unklar, worin genau die „Behinderung“ und „Störung“ der Arbeit des Betriebsrats und seines Vorsitzenden durch die Abmahnung vom 13. Januar 2010 liegt.

23

cc) Außerdem betrifft der Antrag zu 2. kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Er zielt auf die Feststellung, dass eine bestimmte Maßnahme der Arbeitgeberin eine Behinderung und Störung der Arbeit des Betriebsrats und seines Vorsitzenden ist. Damit umfasst er die Dokumentation einer Tatsache und deren rechtliche Bewertung, die allenfalls mögliche Vorfragen oder Elemente von Leistungs- und Unterlassungsansprüchen sein können. Es ist aber nicht Aufgabe der Feststellungsklage oder des Feststellungsantrags, Vorfragen etwa für eine künftige Leistungs- oder Unterlassungsklage zu klären (vgl. dazu zB BAG 5. Oktober 2000 - 1 ABR 52/99 - zu B II 2 der Gründe mwN).

24

3. Der damit zur Entscheidung anfallende Hilfsantrag zu 3. ist zulässig, aber unbegründet.

25

a) Der Betriebsrat hat diesen - echten - Eventualantrag erstmals in der Beschwerdeinstanz angebracht. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt darin keine unzulässige Antragserweiterung.

26

aa) Nach § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG kann ein Antrag im Beschlussverfahren(auch) noch in der Beschwerdeinstanz geändert werden. In der Erweiterung des Streit- oder Verfahrensgegenstands eines anhängigen Verfahrens liegt grundsätzlich eine Antragsänderung. Gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 ArbGG ist eine Änderung des Antrags zulässig, wenn die übrigen Beteiligten zustimmen, die Zustimmung wegen rügeloser Einlassung der Beteiligten als erteilt gilt oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Nach § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG ist die Entscheidung, dass eine Änderung des Antrags nicht vorliegt oder zugelassen wird, unanfechtbar. An eine Nichtzulassung der Antragsänderung durch das Beschwerdegericht wegen einer von diesem nicht angenommenen Sachdienlichkeit ist das Rechtsbeschwerdegericht dagegen nicht gebunden. Im Übrigen ist für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Antragsänderung § 264 ZPO auch im Beschlussverfahren entsprechend anwendbar, selbst wenn dies in § 81 Abs. 3 ArbGG nicht ausdrücklich ausgesprochen ist(so bereits BAG 14. Januar 1983 - 6 ABR 39/82 - zu II 2 der Gründe, BAGE 41, 275; vgl. auch BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 24, BAGE 130, 1; 26. Juli 2005 - 1 ABR 16/04 - zu B II 1 b der Gründe; 29. Juni 2004 - 1 ABR 32/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 111, 191). § 264 Nr. 2 ZPO bestimmt, dass ua. dann keine Klageänderung vorliegt, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird.

27

bb) Danach ist der Hilfsantrag zu 3. selbst dann zulässig, wenn er keine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Antragserweiterung darstellen sollte. Es spricht bereits manches dafür, dass der Betriebsrat aufgrund desselben Tatsachenkomplexes lediglich eine andere Rechtsfolge begehrt (Entfernung der Abmahnung und nicht Feststellung ihrer Unwirksamkeit) und demnach seinen Antrag lediglich iSv. § 264 Nr. 2 ZPO erweitert. Jedenfalls wäre die Antragsänderung sachdienlich iSv. § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Sachdienlichkeit der von ihm angenommenen Antragsänderung mit der Erwägung verneint, in der Abmahnung vom 13. Januar 2010 liege keine Beeinträchtigung iSd. § 78 BetrVG und ohnehin sei der Betriebsrat für einen individualrechtlichen Beseitigungsanspruch nicht antragsbefugt. Damit hat es die Sachdienlichkeit zu Unrecht danach beurteilt, ob der geänderte Antrag Aussicht auf Erfolg hat. Jedenfalls die Frage der Antragsbefugnis und die Begründetheit des mit der Antragserweiterung angebrachten Begehrens sind für dessen Sachdienlichkeit nicht maßgeblich. Vorliegend dient der Antrag zu 3. - so man in ihm eine Antragsänderung iSv. § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG sieht - dazu, den Streitstoff der Beteiligten im Rahmen des anhängigen Verfahrens vollständig auszuräumen und insbesondere zu klären, welche Ansprüche dem Betriebsrat im Zusammenhang mit Abmahnungen zustehen, die Betriebsratsmitgliedern erteilt wurden. Ohne Zulassung der Antragserweiterung würde ein neues Verfahren der Beteiligten herausgefordert. Auch ist mit dem Antrag zu 3. kein völlig neuer Streitstoff zur Beurteilung und Entscheidung gestellt. Vielmehr geht es - wie bereits bei den Hauptanträgen - um die Rechtmäßigkeit der Abmahnung vom 13. Januar 2010 sowie um Fragen der Antragsbefugnis des Betriebsrats.

28

b) Der Zulässigkeit der Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin in ihrer Rechtsbeschwerdeerwiderung eine entsprechende Beschlussfassung des Betriebsrats in Frage gestellt hat. Zur Einlegung eines Rechtsmittels - auch einer Beschwerde, mit der ggf. eine Antragserweiterung und -änderung verfolgt wird - gegen eine den Betriebsrat beschwerende Entscheidung durch einen Verfahrensbevollmächtigten bedarf es prinzipiell keiner gesonderten Beschlussfassung des Betriebsrats. Nach den auch im Beschlussverfahren geltenden Vorschriften des § 81 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG ermächtigt die einmal erteilte Prozessvollmacht im Außenverhältnis in den zeitlichen Grenzen des § 87 ZPO zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln(vgl. BAG 6. Dezember 2006 - 7 ABR 62/05 - Rn. 12 mwN; 16. November 2005 - 7 ABR 12/05 - Rn. 17 mwN, BAGE 116, 192; 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 1 c der Gründe, BAGE 109, 61; 11. September 2001 - 1 ABR 2/01 - zu B I der Gründe). § 81 ZPO ermächtigt damit grundsätzlich ebenso zu einer - nicht selten auf einen rechtlichen Hinweis des Gerichts ohnehin angezeigten - Modifikation oder Änderung der Antragstellung, selbst wenn sie wie vorliegend erst in der Beschwerdeinstanz erfolgt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - mit einer Antragsabwandlung und -erweiterung sachdienliche Anträge gestellt und keine gänzlich anderen, mit dem eingeleiteten Verfahren nicht mehr im Zusammenhang stehende Verfahrensgegenstände eingebracht werden.

29

c) Der Antrag ist zulässig.

30

aa) Er bedarf allerdings der Auslegung. Nach dem Wortlaut des Antrags verlangt der Betriebsrat neben der Entfernung der Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus der Personalakte des Beteiligten zu 3. auch deren „Rücknahme“. Das soll aber ersichtlich lediglich das Entfernungsverlangen unterstreichen und kein eigenständiges Begehren darstellen. Bei einem individualrechtlich erstrebten Abmahnungsentfernungsanspruch wird die mit dem Klageantrag verlangte „Rücknahme und Entfernung“ der Abmahnung regelmäßig als einheitlicher Anspruch auf Beseitigung der durch die Abmahnung erfolgten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts verstanden. Nur wenn der Klagebegründung entnommen werden kann, der Kläger begehre neben einer Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beispielsweise den Widerruf darin enthaltener Äußerungen, kann ein Antrag auf Rücknahme der Abmahnung in diesem Sinne auszulegen sein (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 15 mwN, BAGE 142, 331). Dies gilt auch für den hier im Beschlussverfahren verfolgten Abmahnungs„rücknahme“antrag. Im vorliegenden Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsrat neben der Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte seines Vorsitzenden einen weitergehenden Anspruch auf Widerruf von Äußerungen verfolgt.

31

bb) Der Betriebsrat ist antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Er macht den Abmahnungsentfernungsanspruch als - nach seiner Auffassung aus § 78 BetrVG folgendes - eigenes Recht geltend. Es erscheint nicht von vornherein als aussichtslos, den streitbefangenen Anspruch auf diese kollektivrechtliche Schutzbestimmung zu stützen. Ob das vom Betriebsrat verfolgte Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit.

32

d) Der Antrag ist unbegründet. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats kann der geltend gemachte Anspruch nicht auf § 78 Satz 1 BetrVG gestützt werden.

33

aa) Zu Gunsten des Betriebsrats kann unterstellt werden, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 seinem Vorsitzenden zu Unrecht erteilt worden ist und der Betriebsrat - und sein Vorsitzender - damit in der Ausübung ihrer Tätigkeit entgegen § 78 Satz 1 BetrVG gestört oder behindert worden sind. Jedenfalls trägt § 78 Satz 1 BetrVG die vom Betriebsrat erstrebte Rechtsfolge nicht.

34

(1) Allerdings ist der Betriebsrat vom Schutz des § 78 Satz 1 BetrVG erfasst. Zwar dürfen nach dem Wortlaut von § 78 Satz 1 BetrVG die „Mitglieder“ ua. des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. § 78 Satz 1 BetrVG schützt aber(auch) den Betriebsrat als Gremium (vgl. BAG 12. November 1997 - 7 ABR 14/97 - zu B 1 der Gründe). Die Norm bezweckt einen Schutz der Tätigkeit der Betriebsverfassungsorgane und ihrer Mitglieder. Dies folgt deutlich aus der Gesetzesbegründung, wonach der Schutzbereich des § 78 BetrVG gegenüber dem der Vorgängerregelung des § 53 BetrVG 1952 - in der der Betriebsrat genannt war - erweitert und nicht beschränkt werden sollte. In der Gesetzesbegründung heißt es (BT-Drucks. VI/1786 S. 47):

„Die Schutzbestimmung des § 78 entspricht im wesentlichen § 53 des geltenden Rechts. Sie dehnt jedoch ihren Geltungsbereich auf die Mitglieder aller nach dem Betriebsverfassungsgesetz möglichen Institutionen aus, da insoweit eine gleiche Schutzbedürftigkeit besteht.“

35

Dass der Betriebsrat als Gremium geschützt wird, zeigt außerdem ein systematischer Vergleich mit § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, nach dem die Behinderung und Störung der Tätigkeit ua. „des Betriebsrats“ strafbewehrt ist.

36

(2) Auch ist der Begriff der Behinderung in § 78 Satz 1 BetrVG umfassend zu verstehen. Er erfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit. Ein Verschulden oder eine Behinderungsabsicht des Störers ist nicht erforderlich (vgl. BAG 20. Oktober 1999 - 7 ABR 37/98 - zu B I 2 b bb der Gründe mwN).

37

bb) Es muss aber letztlich nicht entschieden werden, ob eine Behinderung der Betriebsratsarbeit in dem Umstand liegen kann, dass der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied unzulässig abmahnt. Jedenfalls folgt aus § 78 Satz 1 BetrVG kein Anspruch des Betriebsrats auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines seiner Mitglieder.

38

(1) Eine Rechtsfolge ist in § 78 Satz 1 BetrVG nicht ausdrücklich geregelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Betriebsrat bei einer Störung oder Behinderung seiner Arbeit durch den Arbeitgeber ein Unterlassungsanspruch zu. Ein solcher Anspruch folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben zu sichern (vgl. BAG 12. November 1997 - 7 ABR 14/97 - zu B 2 der Gründe mwN). Auch kann im Einzelfall etwa eine Zutrittsverweigerung durch die Arbeitgeberin eine unzulässige Behinderung der Amtstätigkeit des Betriebsrats darstellen und einen Anspruch des Betriebsrats nach § 78 Satz 1 BetrVG auf Duldung des Zutritts begründen(vgl. BAG 20. Oktober 1999 - 7 ABR 37/98 - zu B I 2 b bb der Gründe mwN). Im Schrifttum wird ebenso ganz überwiegend angenommen, dass aus § 78 BetrVG Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungsansprüche des Betriebsrats und seiner Mitglieder folgen können(vgl. DKKW-Buschmann 13. Aufl. § 78 Rn. 22 und 39; ErfK/Kania 14. Aufl. § 78 BetrVG Rn. 5; Fitting 26. Aufl. § 78 Rn. 13 und 25; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 78 Rn. 38 f.; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 78 Rn. 16; Schaub/Koch ArbR-HdB 15. Aufl. § 230 Rn. 26; aA Heinze DB 1983 Beilage Nr. 9, 15).

39

(2) Der Betriebsrat hat jedoch keinen aus § 78 Satz 1 BetrVG folgenden Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines Betriebsratsmitglieds. Hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht des betroffenen Betriebsratsmitglieds. Personalakten - auch von Betriebsratsmitgliedern - sind eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 331). Entsprechend kann der Betriebsrat - wie sich mittelbar aus § 83 BetrVG ergibt - nicht die Vorlage der gesamten Personalakte verlangen(vgl. BAG 20. Dezember 1988 - 1 ABR 63/87 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 60, 311). Würde man dem Betriebsrat ein eigenständiges Recht auf „Bereinigung“ der Personalakte zuerkennen, tangierte dies das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Betriebsratsmitglieds. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht dient in erster Linie dem Schutz ideeller Interessen, insbesondere dem Schutz des Wert- und Achtungsanspruchs der Persönlichkeit (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 143, 214). Insoweit stehen dem Träger des Persönlichkeitsrechts Ansprüche zu und nicht einem dritten Gremium. Dem Betriebsrat kommt kein - im Wege der Rechtsfortbildung anzunehmendes - kollektivrechtlich begründetes Recht zu, hinter dem die Individualrechte der Betriebsratsmitglieder zurückzutreten hätten. Es besteht schließlich kein unabweisbares Bedürfnis für eine richterliche Rechtsfortbildung zur Begründung eines Abmahnungsentfernungsanspruchs des Betriebsrats. Der Betriebsrat ist im Fall einer Störung oder Behinderung seiner Tätigkeit verfahrensrechtlich nicht rechtlos gestellt. Er kann dem mit Unterlassungsbegehren - ggf. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - begegnen.

40

4. Der Hilfsantrag zu 4., mit dem der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin zu einem näher bezeichneten Unterlassen begehrt, ist unzulässig. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die von ihm hierin gesehene Antragserweiterung und -änderung als sachdienlich und damit zulässig erachtet (§ 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG). Auch ist diese Entscheidung nach § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG unanfechtbar. Die Zulässigkeit des Antrags scheitert ferner nicht am Fehlen der Antragsbefugnis des Betriebsrats iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Der Betriebsrat stützt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf die Schutzbestimmung des § 78 BetrVG. Damit macht er eine eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition geltend. Hingegen ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

41

a) Ein Unterlassungsantrag muss - bereits aus rechtsstaatlichen Gründen - eindeutig erkennen lassen, was vom Schuldner verlangt wird. Nur wenn die danach gebotenen Verhaltensweisen hinreichend erkennbar sind, kann eine der materiellen Rechtskraft zugängliche Sachentscheidung ergehen. Eine Entscheidung, die eine Unterlassungspflicht ausspricht, muss grundsätzlich zur Zwangsvollstreckung geeignet sein. Die Prüfung, welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dem entsprechenden gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. Genügt ein Antrag - ggf. nach einer vom Gericht vorzunehmenden Auslegung - diesen Anforderungen nicht, ist er als unzulässig abzuweisen (vgl. BAG 14. September 2010 - 1 ABR 32/09 - Rn. 14 mwN; 17. März 2010 - 7 ABR 95/08 - Rn. 13 mwN, BAGE 133, 342).

42

b) Danach ist der Hilfsantrag zu 4. nicht hinreichend bestimmt. Er ließe für die Arbeitgeberin als in Anspruch genommene Beteiligte bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung nicht eindeutig erkennen, was von ihr verlangt wird. Die Formulierung „Handlungen …, die als Betätigung des Betriebsratsmandats anzusehen sind“ ist vage und interpretationsbedürftig. Sie lässt mangels näherer Beschreibung nicht annähernd erkennen, um welche Sachverhalte es dem Betriebsrat geht. Auch unter Hinzuziehung der Antragsbegründung ergibt sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit, was Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner zu unterlassen hat, darf aber grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden.

43

II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsratsvorsitzenden ist teilweise unbegründet. Hinsichtlich der Anträge zu 1., 2. und 4. hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Bezogen auf den Antrag zu 3. ist die Rechtsbeschwerde begründet. Der Betriebsratsvorsitzende hat einen - im Beschlussverfahren zu prüfenden - Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte.

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1. Der Betriebsratsvorsitzende verfolgt seine Anträge in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens.

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a) Die Anträge zu 1., 2. und 4. beziehen sich auf das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis der Betriebspartner und betreffen damit eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit iSd. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, in der nach § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG das Beschlussverfahren stattfindet.

46

b) Das gilt ebenso für den Antrag zu 3. Bei diesem Antrag scheidet seine Verfolgung im Beschlussverfahren auch nicht deshalb aus, weil neben der kollektivrechtlichen Rechtsposition des Antragstellers als Betriebsratsvorsitzender seine individualrechtliche Rechtsposition als Arbeitnehmer betroffen ist.

47

aa) Nach § 48 Abs. 1 ArbGG gelten ua. für die Zulässigkeit der Verfahrensart die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes(GVG) - mit bestimmten Maßgaben - entsprechend. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In entsprechender Geltung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG kommt damit den Gerichten für Arbeitssachen ggf. eine verfahrensüberschreitende Sachentscheidungskompetenz zu. Diese setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist. Liegt hingegen eine Mehrheit prozessualer Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die Verfahrensart gesondert zu prüfen (vgl. - zur Rechtswegzuständigkeit - BGH 27. November 2013 - III ZB 59/13 - Rn. 14 mwN).

48

bb) Bei der kollektivrechtlichen und der individualrechtlichen Rechtsposition des mit dem Antrag zu 3. verfolgten Verlangens handelt es sich nicht um zwei Streit- oder Verfahrensgegenstände. Nach dem für den Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess einschließlich des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens geltenden sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt (vgl. zB BAG 8. Dezember 2010 - 7 ABR 69/09 - Rn. 16 mwN). Vorliegend verlangt der Betriebsratsvorsitzende von der Arbeitgeberin, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte zu entfernen. Ausgehend von seinem Tatsachenvortrag kommen als Anspruchsgrundlagen kollektiv- oder individualrechtliche Regelungen in Frage. Es liegt damit eine Anspruchskonkurrenz - und keine objektive Anspruchshäufung - vor.

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2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht den Anträgen zu 1., 2. und 4. nicht stattgegeben. Ungeachtet von Fragen der Antragsbefugnis nach § 81 Abs. 1 ArbGG und der(subjektiven) Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz nach § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG sind die Anträge - wie bereits ausgeführt - unzulässig. Dem Feststellungsantrag zu 1. liegt kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde. Das gilt ebenso für den - ohnehin nicht hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmten - Feststellungsantrag zu 2. Der Unterlassungsantrag zu 4. entspricht nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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3. Hingegen ist der zulässige Antrag zu 3. begründet. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

51

a) Der Antrag ist zulässig.

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aa) Er bedarf aber der Auslegung. Ebenso wie beim antragstellenden Betriebsrat umfasst er (nur) das Verlangen einer Abmahnungsentfernung. Auch beim antragstellenden Betriebsratsvorsitzenden bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er neben der Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte einen weitergehenden Anspruch auf Widerruf von Äußerungen verfolgt. In diesem Verständnis ist der Antrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

53

bb) Der Betriebsratsvorsitzende ist antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Er berühmt sich in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied eines eigenen Rechts, dessen Bestehen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.

54

cc) Die in dem Antrag liegende - subjektive - Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz ist als Antragsänderung sachdienlich und damit trotz Widerspruchs der Arbeitgeberin zulässig, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 iVm. § 81 Abs. 3 ArbGG.

55

(1) Beteiligte an einem Beschlussverfahren können - auch erst im Laufe des Verfahrens - grundsätzlich einen eigenen Sachantrag stellen, sofern sie antragsbefugt sind. Die Stellung eines (neuen) Sachantrags ist unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ArbGG als Antragsänderung auch erstmals in der Beschwerdeinstanz zulässig(vgl. BAG 31. Januar 1989 - 1 ABR 60/87 - zu B II 2 b der Gründe).

56

(2) Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ArbGG liegen vor. Die Antragsänderung war sachdienlich. Der Streit der Beteiligten kann mit ihr - endgültig - beigelegt und ein weiteres Verfahren vermieden werden, ohne dass ein völlig neuer Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden ist.

57

b) Der Antrag ist begründet. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Betriebsratsvorsitzende nach § 78 Satz 1 und Satz 2 BetrVG von der Arbeitgeberin verlangen kann, die Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte zu entfernen. Der streitbefangene Anspruch folgt jedenfalls aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Prüfung dieses - individualrechtlichen - Anspruchs kann (auch) im vorliegenden Beschlussverfahren erfolgen. Nach § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ist die Sache in der zulässigen Verfahrensart des Beschlussverfahrens unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

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aa) Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 142, 331).

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bb) Danach kann der Betriebsratsvorsitzende als Arbeitnehmer verlangen, dass die Abmahnung vom 13. Januar 2010 aus seiner Personalakte entfernt wird. Die Abmahnung ist bereits inhaltlich unbestimmt. Sie erschöpft sich in - von der Arbeitgeberin getroffenen - rechtlichen Wertungen des Verhaltens des Betriebsratsvorsitzenden während des Gesprächs mit der Arbeitnehmerin L am 9. Dezember 2009. Im Text der Abmahnung sind keine konkreten Tatsachen - zum konkreten Gesprächsverlauf oder zu getätigten Äußerungen - angegeben. Für den abgemahnten Betriebsratsvorsitzenden ist damit nicht ersichtlich, auf welche Tatsachen und welchen Sachverhalt die Arbeitgeberin ihre formulierten Vorwürfe stützt, er habe „in unzulässiger Weise versucht, Frau L zu veranlassen, ihre Beobachtungen zu dem Vorfall am 02.12.2009 - B/… - zugunsten des Herrn B zu korrigieren“ und es bestehe „der dringende Verdacht“, er habe „aus strafrechtlicher Sicht in unzulässiger Weise versucht …, Druck auf Frau L auszuüben, um diese zu veranlassen, ihre tatsächlichen Wahrnehmungen anders darzustellen, als wie sie sie wahrgenommen hat“. Bei einer derartigen „Abmahnung“ ist es dem Abgemahnten gar nicht möglich, sein Verhalten einzurichten und zu erkennen, bei welchen Handlungen er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Strippelmann