Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 08. Mai 2009 - 5 Sa 266/08

bei uns veröffentlicht am08.05.2009

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage in einem zum 31. August 2007 beendeten Arbeitsverhältnis um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die im Jahre 1944 geborene Klägerin, die den Abschluss eines "Agraringenieurs für den Bereich Finanzen" erworben hat, war bei dem beklagten Landkreis und dessen Rechtsvorgänger seit dem 11. März 1991 beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

3

Seit 1992 leitete die Klägerin bis zu ihrem Ausscheiden das Behindertenzentrum Z. "Am kleinen Oderhaff", das der beklagte Landkreis als Eigenbetrieb führt. Sie wurde seit dem 1. Januar 1995 nach VergGr. III BAT-O vergütet. Zum 1. Oktober 2005 erfolgte die Überleitung in die Entgeltgr. 11 TVöD.

4

Gegenstand des von der Klägerin geleiteten Behindertenzentrums ist nach § 1 der Satzung dieses Eigenbetriebes "die ganzheitliche Betreuung, Versorgung und Pflege, insbesondere behinderter Menschen entsprechend aktueller Erkenntnisse und Standards mit dem Ziel der Erhaltung, Förderung und Wiedergewinnung individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Aufrechterhaltung eines weitgehend selbständigen und sinnerfüllten Lebens in einem anregenden und unterstützenden Umfeld". In der Satzung sind auch die Aufgaben und die Zuständigkeit der Betriebsleitung geregelt. Danach hatte die Klägerin unter anderem den Stand der Kostendeckung durch Pflegevergütung, Entgelt für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionsförderung laufend zu überwachen und erforderlichenfalls den Abschluss neuer Vergütungsvereinbarungen von den Kostenträgern zu verlangen. Die Klägerin war für die wirtschaftliche Führung des Eigenbetriebes verantwortlich. In den letzten zehn Jahren führte die Klägerin die Pflegesatzverhandlungen selbständig und ohne Unterstützung der Kreisverwaltung.

5

Die Betriebsleitung trifft nach der Satzung auch die Entscheidungen über die Personalangelegenheiten der Beschäftigten mit Ausnahme der Beschäftigten ab der VergGr. Vb, KR VII und Lohngr. 6, für die nach der Satzung der Landrat im Einvernehmen mit der Betriebsleitung zuständig ist. Tatsächlich hatte die Klägerin die volle Personalverantwortung für das gesamte Personal, ausgenommen die Stelle der Pflegedienstleiterin und die Stelle ihres Stellvertreters. Die Klägerin hatte rein tatsächlich das gesamte Personal selbständig eingestellt. Für die Klägerin als Heimleiterin ist unter dem 1. September 2004 eine Stellenbeschreibung erstellt worden, die der von der Klägerin im Jahre 1992 entworfenen Arbeitsplatzbeschreibung hinsichtlich der auszuübenden Tätigkeiten nahezu vollständig entspricht.

6

Das Behindertenzentrum besteht aus den Bereichen Pflegeheim, Wohnheim und Begegnungsstätte sowie aus der Verwaltung und den gewerblichen Diensten (Küche, Wäscherei, Technik). In dem Bereich Pflegeheim, in dem etwa 2/3 der Heimbewohner untergebracht sind, gibt es sechs Wohnbereiche, die jeweils durch eine Krankenschwester geleitet werden. Die Pflegedienstleiterin ist in die Entgeltgruppe 9d eingruppiert, eine Wohnbereichsleiterin ist eingruppiert in die Entgeltgruppe 7b, die übrigen in die Entgeltgruppe 8a. Der Bereich Wohnheim, der nicht weiter aufgeteilt ist, wird ebenfalls von einer Krankenschwester geleitet, die in die Entgeltgruppe 9c eingruppiert ist. In dem Pflegeheim und Wohnheim sind im übrigen Krankenschwestern, Krankenpfleger, Krankenpflegehelfer, Pflegehelfer und Reinigungskräfte beschäftigt. Die Begegnungsstätte mit zuletzt neun Mitarbeitern, wird durch den Stellvertreter der Klägerin geleitet, der als Sozialarbeiter in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert ist. In der Begegnungsstätte sind im Übrigen eine Erzieherin mit der Entgeltgruppe 9 beschäftigt, sowie Heilerziehungspfleger (E8 und E4) und Ergotherapeuten (E6 / E7) sowie Betreuungshelfer und Reinigungskräfte.

7

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 9. März 2005 von der Beklagten vergeblich Vergütung nach VergGr. II BAT-O ab 1. April 2005 verlangt. Mit ihrer Klage verfolgt sie dieses Begehren, das sie zuletzt wegen ihres Ausscheidens in einen Zahlungsantrag für die Zeit vom 1. April 2005 bis zum 31. August 2007 gefasst hat, weiter.

8

Das Arbeitsgericht hat die Mitte November 2005 eingegangene Klage mit Urteil vom 24. April 2006 abgewiesen, da das Hervorhebungsmerkmal "das Maß der damit verbundenen Verantwortung" nicht nachgewiesen sei. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 30. Januar 2007 zum damaligen Aktenzeichen 5 Sa 180/06 das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert, die begehrte Feststellung getroffen und die Revision zugelassen. Auf die Revision des Landkreises hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 7. Mai 2008 (4 AZR 303/07 - ZTR 2008, 668 = EzTöD 400 Eingruppierung BAT Allg Verwaltungsdienst VergGr III Nr. 1) die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach hier zurückverweisen.

9

Die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, die Tätigkeit als Heimleiterin mit mehr als 80 Beschäftigten und 152 Heimbewohnern hebe sich auf Grund des in der Satzung beschriebenen Aufgaben- und Tätigkeitsfeldes durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung aus der VergGr. IVa Fallgr. 1b heraus. Die Anzahl der Mitarbeiter und Heimbewohner sei in den vergangenen Jahren ständig gestiegen.

10

Die Klägerin meint, sie habe auch einen "großen Arbeitsbereich" im Sinne des BAG-Urteils (aaO RNr. 25) zu leiten gehabt. Dabei müsse beachtet werden, dass die von ihr geleitete Einrichtung eigentlich aus zwei Heimen, nämlich dem Pflegeheim und dem Wohnheim bestanden habe.

11

Die herausgehobene Verantwortung ergebe sich aber auch schon allein daraus, dass sie ab 1996 Pflegesatzverhandlungen selbständig durchgeführt und den Wirtschaftsplan in eigener Verantwortung aufgestellt habe. Die Pflegesatzverhandlungen seien für das Behindertenzentrum von existentieller Bedeutung, denn durch sie würde über die Absicherung der jährlichen finanziellen Ausstattung des Behindertenzentrums entschieden.

12

Die Klägerin beantragt,

13

der Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von insgesamt 9.387,84 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

14

einem Betrag in Höhe von 363,38 EUR brutto seit dem 15. April 2005,

einem Betrag in Höhe von 363,38 EUR brutto seit dem 15. Mai 2005,

einem Betrag in Höhe von 363,38 EUR brutto seit dem 15. Juni 2005,

einem Betrag in Höhe von 369,28 EUR brutto seit dem 15. Juli 2005,

einem Betrag in Höhe von 369,28 EUR brutto seit dem 15. August 2005,

einem Betrag in Höhe von 369,28 EUR brutto seit dem 15. September 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Oktober 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 30. November 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Dezember 2005,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Januar 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 28. Februar 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. März 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 30. April 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 31. Mai 2006,

einem Betrag in Höhe von 309,18 EUR brutto seit dem 30. Juni 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Juli 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. August 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. September 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Oktober 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. November 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Dezember 2006,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Januar 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 28. Februar 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. März 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. April 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 31. Mai 2007,

einem Betrag in Höhe von 314,10 EUR brutto seit dem 30. Juni 2007,

einem Betrag in Höhe von 319,02 EUR brutto seit dem 31. Juli 2007,

einem Betrag in Höhe von 319,02 EUR brutto seit dem 31. August 2007

15

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

16

Er hat geltend gemacht, die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit entspreche nicht den Voraussetzungen der VergGr. II Fallgr. 1e. Die Führung der Pflegesatzverhandlungen, die Aufstellung der Wirtschaftspläne und die Erstellung der Jahresabschlüsse erfüllten lediglich die Tatbestandsmerkmale der besonderen Schwierigkeit und - herausgehobenen - Bedeutung der VergGr. IVa Fallgr. 1b. Die Personalverantwortung für die ihr unterstellten Beschäftigten und Heimbewohner könnten das herausgehobene Maß der Verantwortung nicht begründen, weil sie bereits bei dem Merkmal der VergGr. IVb Fallgr. 1a "besonders verantwortungsvolle Tätigkeit" berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei die Klägerin an die Beschlüsse des Kreistages, seiner Ausschüsse und der Entscheidungen der Landrätin gebunden und könne deshalb nicht weitgehend selbständig entscheiden.

17

Der Rechtsstreit ist im Einvernehmen der Parteien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 128 Absatz 2 ZPO in das schriftliche Verfahren überführt worden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die klägerische Berufung ist nicht begründet. Nach der Auslegung der tariflichen Eingruppierungsmerkmale durch das BAG in der Revisionsentscheidung zu diesem Rechtsstreit sieht das Landesarbeitsgericht keine Möglichkeit mehr, die Tätigkeit der Klägerin der von ihr begehrten Vergütungsgruppe zuzuordnen.

I.

20

Auf das Arbeitsverhältnis fand auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme bis zum Inkrafttreten des TVöD der BAT-O Anwendung. Deshalb richtet sich die Eingruppierung der Klägerin nach § 22 BAT-O. Die danach für die Eingruppierung der Klägerin maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1a zum BAT-O/VKA (Allgemeine Vergütungsordnung) lauten:

21

"Vergütungsgruppe II

22

1. e) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b heraushebt, nach fünfjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1a.

23

Vergütungsgruppe III

24

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b heraushebt.

25

Vergütungsgruppe IVa

26

1. b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

27

Vergütungsgruppe IVb

28

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.

29

Vergütungsgruppe Vb

30

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert."

II.

31

Die Tätigkeit der Klägerin als Leiterin des Behindertenzentrums stellte einen einheitlichen Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne dar. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Tätigkeiten des Leiters einer Einrichtung idR einen einzigen Arbeitsvorgang darstellen (vgl. zB BAG 26. August 1987 - 4 AZR 146/87 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 138; 11. Februar 2004 - 4 AZR 42/03 - BAGE 109, 308 sowie das BAG in der Revisionsentscheidung zu diesem Rechtsstreit). Das trifft auch für die Tätigkeiten der Klägerin zu, weil alle von ihr auszuübenden Aufgaben ihrer Funktion als Leiterin des Behindertenzentrums zugeordnet werden können.

32

Die VergGr. III Fallgr. 1a, von der ausgehend die Klägerin den Bewährungsaufstieg nach VergGr. II Fallgr. 1e geltend macht, baut auf den VergGr. IVa Fallgr. 1b, IVb Fallgr. 1a und Vb Fallgr. 1a auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei Aufbaufallgruppen zunächst zu prüfen, ob die Klägerin die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe und anschließend, ob sie diejenigen der qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppen erfüllt. Dabei ist eine pauschale Prüfung ausreichend, wenn die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt erachtet (BAG 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301).

33

Die Klägerin erfüllt nicht alle zuvor wiedergegebenen Anforderungen an die ihr übertragene Tätigkeit.

34

1. Der Dienstposten der Klägerin setzt "gründliche und umfassende Fachkenntnisse" und "selbstständige Leistungen" im Sinne der Vergütungsgruppe V b zum BAT-O voraus.

35

Die Besoldungsgruppe, die der Vergütungsgruppe V b entspricht, ist die Eingangsbesoldungsgruppe für den gehobenen Dienst. Der Eintritt in den gehobenen Verwaltungsdienst setzt im Regelfall den erfolgreichen Abschluss eines Fachhochschulstudiums voraus. Das trifft im Regelfall auch für Angestellte zu. Mit gründlichen und umfassenden Fachkenntnissen sind daher die Kenntnisse und Fähigkeiten gemeint, die ein Beschäftigter nach Abschluss eines Fachhochschulstudiums als Berufsanfänger vorweisen kann. Da der beklagte Landkreis selbst davon ausgeht, dass die Heimleiterstelle im Regelfall ein Fachhochschulabschluss als Diplombetriebswirt (FH) voraussetzt (vgl. Klageerwiderung vom 5. Januar 2006, Seite 3, Blatt 52 d. A.), geht also auch der beklagte Landkreis davon aus, dass der Dienstposten gründliche und umfassende Fachkenntnisse im tariflichen Sinne erfordert.

36

Dass die Klägerin auch selbstständig arbeitet, liegt bei ihrer leitenden Stellung auf der Hand.

37

2. Die Tätigkeit auf dem Dienstposten der Klägerin ist auch "besonders verantwortungsvoll" im Sinne der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe IV b.

38

Unter Verantwortung versteht man die Pflicht, dafür einstehen zu müssen, dass die dem Dienstbereich obliegenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. nur BAG 20. September 1995 - 4 AZR 413/94 - AP Nr. 205 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = ZTR 1996, 171). Da auch der Angestellte nach der Vergütungsgruppe V b Verantwortung zu tragen hat, muss die für die Vergütungsgruppe IV b übertragene Verantwortung wesentlich größer sein als für die Eingangsvergütungsgruppe gefordert (vgl. BAG 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - BAGE 51, 282 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

39

Dieses gesteigerte Maß der Verantwortung liegt hier vor. Wenn man davon ausgeht, dass die Vergütungsgruppe V b die Vergütungsgruppe für Berufsanfänger ist, so entspricht dem eine entsprechend dichte Kontrolle und Anleitung in der Arbeitsausführung. Übernimmt dann der Angestellte auf Grund fortschreitender Berufserfahrung und Bewährung im Dienst schwierigere Aufgaben ohne eine enge Anleitung steigt auch das Maß der mit der Arbeit verbundenen Verantwortung. Besonders verantwortungsvoll im tariflichen Sinne ist seine Arbeit vor allem dann, wenn er einen Dienstposten mit Führungsaufgaben für Untergebene wahrnimmt und damit für das Funktionieren einer ganzen Einheit zuständig ist.

40

Das ist bei der Klägerin der Fall. Für diese Feststellung reicht der Hinweis aus, dass sie in ihrem Leitungsbereich untergebene Sachbearbeiterinnen hat, die sie anzuleiten hat. Dadurch ist die besondere Verantwortung aus der Fallgruppe 1a der Vergütungsgruppe IVb erfüllt.

41

3. Die Tätigkeit der Klägerin hat auch die für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1b erforderliche "besondere Schwierigkeit" und die erforderliche "Bedeutung".

42

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a und b BAT/VKA wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA in gewichtiger Weise, d. h. beträchtlich übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfalle aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa besonderen Spezialkenntnissen. Dabei ist zu beachten, dass die Tarifvertragsparteien die Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit gegenständlich nicht beschränkt haben. Sie fordern lediglich, dass die Tätigkeit des Angestellten selbst die entsprechende Qualifikation verlangt. Demgemäß muss sich die Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit ergeben, so dass eine Tätigkeit nicht etwa deswegen als besonders schwierig im tariflichen Sinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden oder in sonstiger Weise unangenehmen Bedingungen geleistet werden muss (BAG 17. August 1994 - 4 AZR 644/93 - AP Nr. 183 zu § 22, 23 BAT 1975).

43

Zu Recht geht der beklagte Landkreis davon aus, dass der Dienstposten der Klägerin diese besondere Schwierigkeit im tariflichen Sinne aufweist, denn von der Klägerin als Leiterin werden nicht nur kaufmännische Kenntnisse im Haushalts- und Finanzwesen abgefordert. Zusätzlich muss sie zur Bewältigung ihrer Aufgabe als Leiterin des Eigenbetriebes Kenntnisse in der Arbeits- und Verwaltungsorganisation sowie in der Personalführung besitzen. Damit heben sich die von ihr abgeforderten Kenntnisse in gewichtiger Weise von den Kenntnissen ab, die von Betriebswirten, die lediglich einen kleineren Bereich leiten, erwartet werden kann.

44

b) Die klägerische Tätigkeit hat auch die Bedeutung im tariflichen Sinne. Die Tarifvertragsparteien knüpfen mit dem Merkmal der "Bedeutung" des Aufgabengebietes an die Auswirkungen der Tätigkeit an, so dass es bei der Anwendung der Merkmale der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a und b BAT/ VKA lediglich darauf ankommt, ob gemessen an den Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA die Auswirkungen bzw. die Tragweite der Tätigkeit, aus welchem Grunde auch immer, deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sind (BAG 17. August 1994 aaO; BAG 20. März 1991 - 4 AZR 471/90 - AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = Streit 1992, 27).

45

Das ist hier der Fall. Die Klägerin leitet den Bereich der Betriebsführung und die technischen Dienste (Wäscherei, Küche, Technik) unmittelbar und direkt. Zusätzlich ist sie die Vorgesetzte der leitenden Mitarbeiter aus den Bereichen Pflegeheim und Wohnheim. Damit ist ihr Dienstposten deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller als ein typischer Dienstposten der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1 a BAT/VKA, der schon bei Führungsverantwortung für eine kleine Gruppe von Mitarbeitern gegeben ist.

46

4. Allerdings hebt sich die Tätigkeit auf dem Dienstposten der Klägerin nicht durch "das Maß der damit verbundenen Verantwortung" erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b im Sinne der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe III hervor.

47

a) Die Erfüllung der VergGr. III Fallgr. 1a setzt eine nochmals erhebliche Heraushebung aus der VergGr. IVa Fallgr. 1b durch das Maß der mit der Tätigkeit verbundenen Verantwortung voraus. Dafür ist eine besonders weitreichende, hohe Verantwortung zu fordern. Dieses Maß der Verantwortung kann nur in einer Spitzenposition des gehobenen Angestelltendienstes erreicht werden, zB durch Angestellte, die große Arbeitsbereiche bei Verantwortung für mehrere Arbeitsgruppen mit qualifizierten Gruppenleitern leiten, oder durch Angestellte, die besonders schwierige Grundsatzfragen mit richtungweisender Bedeutung für nachgeordnete Bereiche oder die Allgemeinheit bearbeiten (so das BAG in der Revisionsentscheidung unter Verweis auf BAG 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59; vgl. auch BAG 9. Juli 1997 - 4 AZR 780/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 39).

48

b) Entgegen der Feststellungen in dem vorangegangenen landesarbeitsgerichtlichen Urteil kann unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts nicht festgestellt werden, dass die Klägerin eine "großen Arbeitsbereich" im aufgezeigten Tarifsinne geleitet hatte. Mit den Parteien kann man zwar davon ausgehen, dass man aus der Anzahl der über 80 untergebenen Beschäftigten darauf schließen kann, dass der Arbeitsbereich, den die Klägerin geleitet hat, groß war. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der große Arbeitsbereich in mehrere Arbeitsgruppen aufgeteilt war, die ihrerseits von qualifizierten Gruppenleitern geleitet wurden.

49

Die besondere herausgehobene Verantwortung muss sich aus der Anzahl und der Wertigkeit der unterstellten Arbeitsbereiche ergeben. Diese Feststellung kann vorliegend nicht getroffen werden.

50

Von der Bedeutung der untergebenen Arbeitsbereiche kann sich die Betrachtung auf den Bereich des Pflegeheims und den Bereich des Wohnheims sowie die Begegnungsstätte beschränken, da die weiteren Bereiche (Verwaltung, Technik, Küche, Wäscherei) von ihrer Wertigkeit her keine besondere Hervorhebung rechtfertigen können.

51

Die drei angesprochenen Bereiche werden durch Mitarbeiter geführt, die man dem gehobenen Dienst zuzuordnen hat, denn der Stellvertreter der Klägerin, der die Begegnungsstätte leitet, ist in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert, die Pflegedienstleiterin in die Entgeltgruppe 9d und die Wohnheimsleiterin in die Entgeltgruppe 9c. Außerdem ist in der Begegnungsstätte auch die Erzieherin der Entgeltgruppe 9 zugeordnet. Damit kann festgestellt werden, dass der Klägerin qualifizierte Beschäftigte im Sinne der Rechtsprechung des BAG zum "großen Arbeitsbereich" unterstehen.

52

Die bewertende Gesamtbetrachtung führt dennoch zur Verneinung der besonderen Verantwortung. Das ergibt sich aus mehreren Gesichtspunkten. Zum einen ist hervorzuheben, dass außer den genannten Mitarbeitern alle weiteren Mitarbeiter in niedrigere Entgeltgruppen eingruppiert sind. Die qualifizierten Untergebenen der Klägerin bilden also nur die Führungsstruktur des Eigenbetriebes ab. Die Sachaufgaben des Eigenbetriebes werden dagegen durchweg - bis auf die eine Erzieherin in der Begegnungsstätte - von Mitarbeitern des mittleren Dienste und mit Unterstützung durch Mitarbeiter des einfachen Dienstes erledigt. Zum anderen ist hervorzuheben, dass in der Einrichtung kein Beschäftigter tätig ist, der wie die Klägerin in die Entgeltgruppe 11 eingruppiert ist und kein Beschäftigter tätig ist, der in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert ist. Zum Dritten muss beachtet werden, dass die Klägerin zwar die Vorgesetzte der drei Bereichsleiter ist, sie aber aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation nicht die Fähigkeiten besitzt, diese Untergebenen auch fachlich anzuleiten.

53

c) Die nochmals erhebliche Heraushebung aus der VergGr. IVa Fallgr. 1b durch das Maß der mit der Tätigkeit verbundenen Verantwortung setzt zwar nicht zwingend das Vorliegen eines großen Arbeitsbereiches mit qualifizierten Untergebenen voraus; der große Arbeitsbereich ist vielmehr auch in der Revisionsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der vorliegenden Angelegenheit nur als ein Beispiel genannt, das geeignet ist, das Hervorhebungsmerkmal zu erfüllen.

54

Es sind aber auch keine sonstigen tragfähigen Gesichtspunkte erkennbar, die die notwendigen Feststellungen zulassen.

55

aa) Die Besonderheiten in der Führung der Klägerin durch den beklagten Landkreis lassen nicht mit der notwendigen Sicherheit auf eine nochmals gesteigerte Verantwortung schließen.

56

Ohne Widerspruch des beklagten Landkreises hat die Klägerin zwar geschildert, dass sie die Personalverantwortung völlig selbstständig ausübt, das heißt, sie stellt das Personal ein, sie führt das Personal und sie hat die Befugnis, im Bedarfsfall Personal zu entlassen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass es in dem Heim auch nur ganz wenige Stellen mit einer Wertigkeit gibt, für die nach der Satzung sich der Landkreis die Personalentscheidung vorbehalten hat. Die von der Klägerin geschilderte Praxis betrifft also Beschäftigte, die man dem einfachen und mittleren Dienst zuzuordnen hat. Wegen der begrenzten Auswirkungen dieser Personalentscheidungen kann damit noch nicht die notwendige nochmals gesteigerte Verantwortung begründet werden.

57

bb) Entsprechendes gilt für die praktische Handhabung der Finanzverantwortung im Zusammenspiel zwischen der Klägerin und dem Landkreis.

58

Nach dem unwidersprochenen klägerischen Vortrag war sie zwar nicht nur für eine ordnungsgemäße Verwendung der Mittel aus dem Wirtschaftsplan zuständig, sondern sie war auch verpflichtet, im Sinne einer Finanzplanung Deckunglücken vorauszusehen und entsprechende Mittelaufstockungen durch Eintritt in Pflegesatzverhandlungen durchzusetzen. Gleichwohl muss festgehalten werden, dass die Klägerin trotz ihrer weitgehenden Tätigkeiten auf diesem Gebiet hier nicht die volle Verantwortung getragen hat. Denn die Verantwortung für die ausreichende finanzielle Ausstattung des Eigenbetriebes liegt rechtlich beim Landkreis. Die Besonderheit liegt vorliegend nur darin, dass sich der Landkreis im Vertrauen auf die Fähigkeiten der Klägerin in der Ausübung der der Verantwortung entsprechenden Kontrollaufgabe sehr zurückhaltend verhalten hat.

59

cc) Das besondere Maß der Verantwortung kann schließlich auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Klägerin neben ihrer Verantwortung aus § 11 HeimG für die ihr anvertrauten Personen nach der beim beklagten Landkreis gehandhabten Organisation auch noch umfassende Personal- und Finanzverantwortung für das Heim getragen hat.

60

Für Leiter kommunaler Eigenbetriebe ist es typisch, dass sie sowohl die Fachverantwortung wie auch die Verwaltungsverantwortung für ihren Betrieb tragen. Eine Doppelbesetzung der Spitze kommt nur ausnahmsweise in extrem komplexen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Universitäten vor, die eine eigene Spitzenposition mit Fachverantwortung und eine weitere Spitzenposition für die Verwaltung der Einrichtung haben. Eine solche komplexe Einrichtung stellt das Behindertenzentrum nicht dar. Auch wenn die Einschätzung der Klägerin zutreffen sollte, dass es unüblich ist, ein Pflegeheim und ein Wohnheim in einer Einrichtung zu bündeln, bleibt es doch eine Einrichtung mit einem überschaubaren Aufgaben- und Verantwortungsbereich.

61

5. Da die Tätigkeit der Klägerin schon nicht der der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe III zugeordnet werden kann, kann die Klägerin auch nicht im Wege der Bewährung eine Fallgruppe der Vergütungsgruppe II zum BAT/BAT-O erreicht haben. Die Klage ist daher ohne Erfolg.

III.

62

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Klägerin, da ihre Klage ohne Erfolg geblieben ist. Das schließt die Kosten der Revision ein, da die Klägerin auch vor dem Bundesarbeitsgericht nicht obsiegen konnte.

63

Zur abermaligen Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Jan. 2007 - 5 Sa 180/06

bei uns veröffentlicht am 30.01.2007

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 24.04.2006 (6 Ca 456/05) abgeändert. 2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.04.2005 in die Vergütungsgruppe II BAT-O, Fallgruppe 1 e, eing

Referenzen

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 24.04.2006 (6 Ca 456/05) abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.04.2005 in die Vergütungsgruppe II BAT-O, Fallgruppe 1 e, eingruppiert ist.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der beklagte Landkreis.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung in den BAT (VkA).

2

Die 1944 geborene Klägerin hat an der Agraringenieurschule Eldena den Abschluss eines Agraringenieurs für den Bereich Finanzen erworben. Sie ist beim beklagten Landkreis bzw. bei dem untergegangenen Landkreis Anklam seit 1991 angestellt und sie ist seit 1992 als Heimleiterin tätig.

3

Die Klägerin leitet das Behindertenzentrum Zirchow "Am kleinen Oderhaff" auf Usedom, das der beklagte Landkreis als Eigenbetrieb führt. In der Satzung des Eigenbetriebes heißt es zu den Aufgaben der Einrichtung in § 1 Abs. 1:

4
"Gegenstand des Eigenbetriebes ist die ganzheitliche Betreuung, Versorgung und Pflege, insbesondere behinderter Menschen entsprechend aktueller Erkenntnisse und Standards mit dem Ziel der Erhaltung, Förderung und Wiedergewinnung individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Aufrechterhaltung eines weitgehend selbstständigen und sinnerfüllten Lebens in einem anregenden und unterstützenden Umfeld.

Die zeitweise Unterbringung von überwiegend behinderten Menschen in unserer Einrichtung soll zur Erholung und Regenerierung beitragen."
5

Die Einrichtung geht zurück auf die Psychiatrie in Heringsdorf. In das Behindertenzentrum Zirchow sind von dort die Bewohner verlegt worden, die nicht ständig unter ärztlicher Kontrolle leben müssen.

6

In dem Heim waren bei seiner Gründung im Jahre 1992 rund 80 Bewohner untergebracht, die von 60 Beschäftigten betreut wurden. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht waren in dem Heim regelmäßig 150 Bewohner untergebracht, davon etwa 2/3 im Pflegeheim und das übrige Drittel im Wohnheim. Diese Bewohner werden durch rund 90 Beschäftigte betreut. Im Bereich Pflegeheim gibt es sechs Wohnbereiche, die jeweils durch eine Krankenschwester als Wohnbereichsleiterin geleitet werden. Jedem Wohnbereich sind etwa acht weitere Mitarbeiter (Krankenpfleger und -pflegehelfer sowie gewerbliche Reinigungskräfte) zugeordnet.

7

Der Bereich Wohnheim ist nicht mehr weiter untergliedert. Auch er wird durch eine Krankenschwester geleitet, der allerdings zwischen 15 und 20 Mitarbeiter untergeordnet sind. Neben Pflegern und Helfern sind hier auch Heilerzieher und eine Ergotherapeutin tätig.

8

Zusätzlich gibt es in dem Heim eine Begegnungsstätte mit zuletzt neun Mitarbeitern, in der neben Pflegern und Helfern ebenfalls Physiotherapeuten und Ergotherapeuten tätig sind.

9

Letztlich gibt es noch den Bereich der Hausverwaltung und die gewerblichen Dienste mit der Wäscherei, der Küche und der Technik.

10

Das Haus wird von der Klägerin geführt, der zwei Sachbearbeiterinnen zugeordnet sind. Ihr Stellvertreter ist der einzige Sozialarbeiter der Einrichtung. Die Wohnbereiche im Bereich Pflegeheim und das Wohnheim werden durch die Pflegedienstleistung geführt, die der Klägerin untersteht. Die Begegnungsstätte wird durch den Stellvertreter der Klägerin geführt und der Küchenleiter und der Leiter Technik unterstehen der Klägerin direkt.

11

Nach der Satzung des Eigenbetriebes nimmt die Klägerin Einstellungen und Entlassungen selbstständig vor, ab der Vergütungsgruppe V b bzw. KR VII BAT/BAT-O oder LG 6 TV MitarbeiterO allerdings im Einvernehmen mit dem Landrat. Damit hat die Klägerin nach der Satzung die volle Personalverantwortung für das gesamte Personal, ausgenommen der Pflegedienstleiterin und ihres Stellvertreters. Zusätzlich hat die Klägerin ohne Widerspruch durch den beklagten Landkreis behauptet, rein tatsächlich hätte sie das gesamte Personal selbstständig eingestellt.

12

Der Klägerin als Heimleiterin obliegt die vollständige Finanzverantwortung für das Heim. Sie ist nicht nur zuständig für die zweckentsprechende Verwendung der Mittel aus dem Wirtschaftsplan. Sie hat vielmehr auch die Aufgabe, die Kostenstruktur im Auge zu behalten und die Kosteninteressen in den Pflegesatzverhandlungen zu vertreten. Es ist unstreitig, dass die Klägerin die Pflegesatzverhandlungen seit rund zehn Jahren völlig selbstständig und ohne Unterstützung aus der Kreisverwaltung führt.

13

Die Klägerin war seit 1992 zunächst in der Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert und ist dann 1993 einvernehmlich in die Vergütungsgruppe IV a zum BAT/BAT-O herabgruppiert worden. Seit dem 01.01.1995 wird sie wieder nach der Vergütungsgruppe III BAT-O vergütet. Diese Eingruppierung hat sie bis heute beibehalten. Derzeit wird sie aus der Entgeltgruppe E 11 zum TVöD vergütet.

14

Nach der Eigenbetriebssatzung und auch nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.07.1991 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den "ergänzenden, ändernden und ersetzenden" Tarifverträgen.

15

Die Klägerin hatte erstinstanzlich die Feststellung einer Eingruppierung begehrt, die eine Vergütung aus der Entgeltgruppe E 13 TVöD vermittelt. Im Berufungsrechtszug begehrt sie lediglich noch die Feststellung, dass sie seit April 2005 die Fallgruppe 1 e der Vergütungsgruppe II der Anlage 1 a zum BAT/BAT-O (VkA) eingruppiert sei, was zu einer Vergütung aus der Entgeltgruppe E 12 TVöD führen würde.

16

Die Klägerin hat ihre Ansprüche außergerichtlich im März 2005 schriftlich geltend gemacht.

17

Das Arbeitsgericht hat die Mitte November 2005 eingegangene Klage mit Urteil vom 24.04.2006 abgewiesen, da das Hervorhebungsmerkmal "das Maß der damit verbundenen Verantwortung" nicht nachgewiesen sei. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

18

Das Urteil ist der Klägerin am 22.05.2006 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 16.06.2006 ist hier am selben Tag per Fax eingegangen. Sie ist mit Schriftsatz vom 21.07.2006, Gerichtseingang am selben Tag per Fax, begründet worden.

19

Die Klägerin beantragt,

20

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes festzustellen, dass die Klägerin ab dem 01.04.2005 in die Vergütungsgruppe II, Fallgruppe 1 e BAT-O eingruppiert ist.

21

Der Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die klägerische Berufung, die keinen Zulässigkeitsbedenken unterliegt, ist begründet.

I.

25

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine für den öffentlichen Dienst typische Feststellungsklage bezüglich der für die Vergütung und andere Umstände maßgeblichen Eingruppierung der Arbeitnehmerin.

26

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes hat der Arbeitnehmer zwar im Regelfall keinen Anspruch auf die Feststellung einer bestimmten Fallgruppe innerhalb einer Vergütungsgruppe, da der Wechsel einer Fallgruppe innerhalb der Vergütungsgruppe noch nicht zu einem anderen eingruppierungsrechtlichen Status des Arbeitnehmers führen würde (vgl. nur BAG 22.01.2003 - 4 AZR 700/01 - AP Nr. 24 zu § 24 BAT = ZTR 2003, 453). Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht damit begründet, dass es nicht die Aufgabe des Gerichtes sein könne, durch die Feststellung einer bestimmten Fallgruppe einzelne Elemente eines zukünftigen Anspruchs auf höhere Eingruppierung nach Ablauf der Bewährungsfrist vor dem Ablauf dieser Frist festzustellen. Insoweit bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis und der Arbeitnehmer müsse zuwarten, bis alle Voraussetzungen für eine höhere Eingruppierung auf Grund der Bewährung vorliegen und müsse dann gegebenenfalls klageweise die höhere Eingruppierung geltend machen.

27

Diese Rechtsprechung ist im Hinblick auf die derzeitige Übergangszeit vom BAT/BAT-O zum TVöD nicht mehr ohne Einschränkungen anzuwenden. Im TVöD selbst sind noch keine Eingruppierungsvorschriften vorgesehen, die Eingruppierung richtet sich vielmehr für eine Übergangszeit nach wie vor noch nach den Regeln des BAT/BAT-O. Da die Arbeitnehmer allerdings bereits aus den neuen Entgeltgruppen vergütet werden und es für das Erreichen der hier streitigen Entgeltgruppe E 12 maßgebend ist, in welche Fallgruppe der Vergütungsgruppe II die Klägerin eingruppiert ist, hat sie hier ausnahmsweise ein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Klärung nicht nur ihrer Vergütungsgruppe, sondern auch an der Klärung der damit einhergehenden Fallgruppe. Die Angabe der Fallgruppe ist sogar zur präzisen Bezeichnung des klägerischen Rechtsschutzziels zwingend geboten.

II.

28

Die Berufung ist auch begründet. Unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils ist festzustellen, dass die Klägerin eingruppiert ist in die Fallgruppe 1 e der Vergütungsgruppe II der Anlage 1 a zum BAT/BAT-O (VkA).

29

1. Die Klägerin ist als allgemeine Verwaltungsangestellte einzugruppieren, da es für ihre Tätigkeit keine besonderen tariflichen Tätigkeitsmerkmale gibt.

30

Die Klägerin kann nicht als "Leiterin eines Erziehungsheimes" im Sinne des Tarifvertrages "Sozial- und Erziehungsdienst" eingruppiert werden, denn das Heim, dem die Klägerin vorsteht, ist kein "Erziehungsheim" im tariflichen Sinne. Nach der Protokollerklärung 11 zu dem Tarifvertrag Sozial- und Erziehungsdienst sind Erziehungsheime Heime, in denen überwiegend behinderte Kinder und Jugendliche oder Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten untergebracht sind. Das Behindertenzentrum Zirchow, dem die Klägerin vorsteht, nimmt behinderte Menschen aller Altersgruppen auf und fällt schon deshalb nicht unter dem Heimbegriff des Tarifvertrages Sozial- und Erziehungsdienst. Im Übrigen hat das Heim der Klägerin auch keinen Erziehungsauftrag. Vielmehr besteht die Aufgabe ausweislich der Zweckbestimmung in der Eigenbetriebssatzung darin, den Bewohnern Unterkunft zu bieten und sie zu betreuen und zu versorgen.

31

2. Die Klägerin ist in der Fallgruppe 1 e zur Vergütungsgruppe II zur Anlage 1 a des BAT/BAT-O (VkA) eingruppiert, da ihre gesamte nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit dieser Fallgruppe entspricht (§ 22 Abs. 2 BAT-O).

32

Für diese Feststellung bedarf es keiner weiteren Aufgliederung der Tätigkeiten der Klägerin, denn die Führungsaufgabe der Klägerin als Heimleiterin ist insgesamt als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten. Denn alle einzelnen Tätigkeiten der Klägerin dienen dem einheitlichen Arbeitsergebnis, das ihr anvertraute Heim ordnungsgemäß zu leiten. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu Führungsaufgaben in Leitungsfunktionen in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes (vgl. z. B. für den Leiter einer Stadtbibliothek BAG 11.02.2004 - 4 AZR 42/03 - AP Nr. 296 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = NZA-RR 2004, 438 mit weiteren Nachweisen).

33

3. Die von der Klägerin begehrte Eingruppierung ist die höchste Eingruppierung innerhalb der Vergütungsgruppen, deren beamtenrechtliche Entsprechung die Laufbahnämter des gehobenen Dienstes umfasst. Die Basis bildet die Vergütungsgruppe V b, die "gründliche und umfassende Fachkenntnisse" und selbstständige Leistungen erfordert (dort Fallgruppe 1 a). In der ersten Steigerungsstufe wird zusätzlich verlangt, dass die Tätigkeit "besonders verantwortungsvoll" ist (Vergütungs IV b Fallgruppe 1 a). Die Steigerungsstufe zur Vergütungsgruppe IV a (Fallgruppe 1 a oder 1 b) kann nur erreichen, wessen Tätigkeit sich "durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung" aus der Vergütungsgruppe IV b, Fallgruppe 1 a hervorhebt. Die abermalige Steigerung und damit die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1 a ist nur möglich für Angestellte, "deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b heraushebt". Inhaber dieser Vergütungsgruppe werden nach fünfjähriger Bewährung in die Vergütungsgruppe II Fallgruppe 1 e - das ist das Klageziel der Klägerin - eingruppiert.

34

4. Die Klägerin erfüllt alle zuvor wiedergegebenen Anforderungen an die ihr übertragene Tätigkeit.

35

a) Der Dienstposten der Klägerin setzt "gründliche und umfassende Fachkenntnisse" und "selbstständige Leistungen" im Sinne der Vergütungsgruppe V b zum BAT-O voraus.

36

Die Besoldungsgruppe, die der Vergütungsgruppe V b entspricht, ist die Eingangsbesoldungsgruppe für den gehobenen Dienst. Der Eintritt in den gehobenen Verwaltungsdienst setzt im Regelfall den erfolgreichen Abschluss eines Fachhochschulstudiums voraus. Das trifft im Regelfall auch für Angestellte zu. Mit gründlichen und umfassenden Fachkenntnissen sind daher die Kenntnisse und Fähigkeiten gemeint, die ein Beschäftigter nach Abschluss eines Fachhochschulstudiums als Berufsanfänger vorweisen kann. Da der beklagte Landkreis selbst davon ausgeht, dass die Heimleiterstelle im Regelfall ein Fachhochschulabschluss als Diplombetriebswirt (FH) voraussetzt (vgl. Klageerwiderung vom 05.01.2006, Seite 3, Blatt 52 d. A.), geht also auch der beklagte Landkreis davon aus, dass der Dienstposten gründliche und umfassende Fachkenntnisse im tariflichen Sinne erfordert.

37

Dass die Klägerin auch selbstständig arbeitet, liegt bei ihrer leitenden Stellung auf der Hand.

38

b) Die Tätigkeit auf dem Dienstposten der Klägerin ist auch "besonders verantwortungsvoll" im Sinne der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe IV b.

39

Unter Verantwortung versteht man die Pflicht, dafür einstehen zu müssen, dass die dem Dienstbereich obliegenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. nur BAG 20.09.1995 - 4 AZR 413/94 - AP Nr. 205 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = ZTR 1996, 171). Da auch der Angestellte nach der Vergütungsgruppe V b Verantwortung zu tragen hat, muss die für die Vergütungsgruppe IV b übertragene Verantwortung wesentlich größer sein als für die Eingangsvergütungsgruppe gefordert (vgl. BAG 19.03.1986 - 4 AZR 642/84 - BAGE 51, 282 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

40

Dieses gesteigerte Maß der Verantwortung liegt hier vor. Wenn man davon ausgeht, dass die Vergütungsgruppe V b die Vergütungsgruppe für Berufsanfänger ist, so entspricht dem eine entsprechend dichte Kontrolle und Anleitung. Übernimmt dann der Angestellte auf Grund fortschreitender Berufserfahrung und Bewährung im Dienst schwierigere Aufgaben oder übernimmt er Personalverantwortung für Untergebene, liegt die besondere Verantwortung in der Tätigkeit vor. Ist jemand wie die Klägerin gar Leiterin eines ganzen Heimes, hat sie dieses Merkmal der besonderen Verantwortung nicht nur erfüllt, sondern bei weitem übertroffen.

41

c) Die Tätigkeit der Klägerin hat auch die für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b erforderliche "besondere Schwierigkeit" und die erforderliche "Bedeutung".

42

Mit besonderer Schwierigkeit werden besondere Anforderungen an die fachliche Qualifikation des Dienstposteninhabers bezeichnet. Es muss sich um Aufgaben handeln, die nur Spitzenkräfte dieser Angestelltengruppe erfüllen können. Die Anforderungen können sich aus einer besonderen Spezialisierung ergeben oder aber im Gegenteil auch aus der Fähigkeit ein besonders breites Leistungsspektrum ausfüllen zu können.

43

Zu Recht geht auch der beklagte Landkreis davon aus, dass der Dienstposten der Klägerin diese besondere Schwierigkeit im tariflichen Sinne aufweist, denn von der Klägerin als Leiterin werden nicht nur fachliche Kenntnisse im Haushalts- und Finanzwesen abgefordert, sondern darüber hinaus auch Kenntnisse in der Personalführung, in der Verwaltungsorganisation und die speziellen fachbezogenen Kenntnisse, die für das Betreiben eines Heimes für behinderte Menschen erforderlich sind.

44

Diese Tätigkeit hat auch die Bedeutung im tariflichen Sinne. Der Begriff der Bedeutung zielt auf die Auswirkungen der Tätigkeit. Zu Recht hat der beklagte Landkreis die tarifliche Bedeutung der Tätigkeit bejaht. Sie ergibt sich im Hinblick auf die Anzahl der Bewohner und die Anzahl der der Klägerin unterstellten Mitarbeiter fast schon von selbst. Ergänzend kann auf die Größe des Aufgabengebietes und die finanzielle Verantwortung der Heimleitung hingewiesen werden.

45

d) Letztlich hebt sich die Tätigkeit auf dem Dienstposten der Klägerin auch durch "das Maß der damit verbundenen Verantwortung" erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b im Sinne der Fallgruppe 1 a zur Vergütungsgruppe III hervor.

46

Diese Fallgruppe ist den Spitzenpositionen des gehobenen Angestelltendienstes vorbehalten. Die nochmals gesteigerte besondere Verantwortung in diesem Sinne kann sich - soweit hier von Bedeutung - insbesondere auch aus der Größe des Arbeitsbereiches ergeben (vgl. nur Sonntag/Bauer/Bockholt, Eingruppierung im öffentlichen Dienst 9. Auflage 2007 Rn. 244).

47

Nach Überzeugung der Kammer muss das besondere Maß der Verantwortung hier auf Grund der Größe des Aufgabenbereiches und der Verantwortlichkeit des Heimleiters auf den verschiedensten Gebieten bejaht werden.

48

aa) Den tarifrechtlichen Kern der Verantwortung sieht das Gericht in der Verantwortung der Klägerin für die inzwischen über 150 Bewohner des Heimes.

49

Dass die Tarifvertragsparteien das Ausmaß der Verantwortung in Relation zu der Anzahl der der Einrichtung anvertrauten Personen bestimmen, ergibt ein Blick in andere tarifierte Angestelltenberufsbilder. So hängt etwa die Eingruppierung der Leiter von Erziehungsheimen direkt von der Durchschnittsbelegung der eingerichteten Plätze im Erziehungsheim ab. Die höchste danach mögliche Vergütungsgruppe, die Vergütungsgruppe III, erreichen Leiter von Erziehungsheimen mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 90 Plätzen.

50

Auch die Leiter von Kindertagesstätten und von Kindertagesstätten für Behinderte werden in direkter Abhängigkeit von der Anzahl der durchschnittlich belegten Plätze bemessen, wobei der Leiter einer Kindertagesstätte mit einer Durchschnittsbelegung von 180 Plätzen die in diesem Rahmen höchste mögliche Vergütungsgruppe IV a erreicht. Als Leiter einer Kindertagesstätte für Behinderte wird diese Vergütungsgruppe bereits bei einer Durchschnittsbelegung von 90 Plätzen erreicht.

51

Dieser Seitenblick auf die unterschiedlichen Vergütungen in Abhängigkeit von der Anzahl der Plätze zeigt auch, dass einen "Verbrauch" eines tatsächlichen Umstandes, wenn er erst einmal für die Begründung eines Tätigkeitsmerkmals herangezogen wurde, nicht gibt. Die Verantwortung der Klägerin als Heimleiterin für die ihr anvertrauten Personen prägt ihre gesamte Tätigkeit und spielt daher selbstverständlich bei der Subsumtion unter jedes der Hervorhebungsmerkmale aller Vergütungsstufen entweder direkt oder indirekt eine Rolle. Es ist daher möglich und zulässig, die in § 11 HeimG gesetzlich umrissene Verantwortlichkeit der Heimleiterin bei der tariflichen Bewertung auf allen hier aufgezeigten Vergütungsstufen wiederholt zu berücksichtigen.

52

Will man die Größe der der Klägerin anvertrauten Einrichtung im Hinblick auf das Maß der damit verbundenen Verantwortung bewerten, hilft ebenfalls wieder der Seitenblick zu den Leitern der Kindertagesstätte einerseits und den Leitern eines Erziehungsheimes andererseits, denn das der Klägerin anvertraute Heim nimmt in Hinblick auf die damit verbundene Verantwortung eine Zwischenstellung ein, die das Gericht jedoch eher in der Nähe eines Erziehungsheimes als in der Nähe einer Kindertagesstätte sieht.

53

Mit einer Kindertagesstätte hat das Heim der Klägerin nur wenig Gemeinsamkeiten. Eine Gemeinsamkeit liegt in dem fehlenden Erziehungsauftrag. Die anvertrauten Personen sollen in erster Linie behütet und betreut werden, was selbstverständlich aktivierende Angebote nicht ausschließt. Diese Gemeinsamkeit zwischen einer Kindertagesstätte und dem Heim der Klägerin führt dazu, die Verantwortung der Klägerin in Abhängigkeit von der Anzahl der anvertrauten Personen niedriger anzusetzen als beispielsweise in einem Erziehungsheim. Das Behüten und Betreuen hilfsbedürftiger Personen kann und wird im Regelfall Personen mit Ausbildungsberufen übertragen, während die in Erziehungsheimen auch eingesetzten Sozialarbeiter und Sozialpädagogen für die Tätigkeit ein Hochschulstudium absolviert haben müssen.

54

Abgesehen von dem fehlenden Erziehungsauftrag ergeben sich jedoch viele Gemeinsamkeiten zwischen einem Erziehungsheim und dem von der Klägerin geleiteten Heim für behinderte Menschen. Das beginnt bei der ungeteilten Verantwortung für die anvertrauten Personen, die sich aus dem Umstand, dass diese in dem Heim wohnen, ergibt. Wie im Erziehungsheim sind die Bewohner des hier in Rede stehenden Heimes nicht in der Lage, für sich selber zu sorgen.

55

Da die Klägerin ein Heim mit einer Durchschnittsbelegung von über 150 Plätzen führt, bei Erziehungsheimen aber bereits 90 Plätze für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III ausreichen, meint das Gericht, dass hier das besondere Maß der Verantwortung gerade mit Blick auf die doch erheblichen Gemeinsamkeiten zwischen dem Behindertenzentrum, dem die Klägerin vorsteht, und Erziehungsheim bejaht werden kann und muss.

56

bb) Das besondere Maß der Verantwortung leitet das Gericht ergänzend auch noch aus dem Umstand ab, dass die Klägerin neben ihrer Verantwortung aus § 11 HeimG für die ihr anvertrauten Personen nach der beim beklagten Landkreis gehandhabten Organisation auch noch umfassende Personal- und Finanzverantwortung für das Heim trägt.

57

Ohne Widerspruch des beklagten Landkreises hat die Klägerin geschildert, dass sie die Personalverantwortung völlig selbstständig ausübt, das heißt, sie stellt das Personal ein, sie führt das Personal und sie hat die Befugnis, im Bedarfsfall Personal zu entlassen.

58

Genauso umfassend ist ihre Verantwortung auf Grund der Arbeitsteilung zwischen dem Heim und der Kreisverwaltung im Finanzbereich. Hier hat die Klägerin nicht nur dafür zu sorgen, dass die tatsächlichen Ausgaben sich im Rahmen der geplanten Ausgaben bewegen. Sie muss vielmehr zusätzlich Entwicklungstendenzen in der Ausgabenstruktur erkennen und den sich daraus ergebenden zukünftigen Finanzbedarf in den Pflegesatzverhandlungen einwerben.

59

e) Letztlich bleibt festzuhalten, dass die Klägerin auch die für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II, Fallgruppe 1 e, erforderliche Bewährungszeit erfolgreich absolviert hat. Dass die Klägerin in den letzten fünf Jahren vor April 2005 sich in ihre Tätigkeit im tariflichen Sinne bewährt hat, hat der beklagte Landkreis nie in Frage gestellt.

60

Es ist auch davon auszugehen, dass das hier festgestellte besondere Maß der Verantwortung in der Tätigkeit der Klägerin auch schon im Jahre 2000 vorhanden war. Ob es bereits in der Zeit vor April 2000 vorhanden war, kann angesichts der von der Klägerin begehrten Eingruppierung ab April 2005 unentschieden bleiben.

61

Der Gerichtsakte lassen sich zwar keine zuverlässigen Daten dazu entnehmen, wie viele Plätze regelmäßig im Heim im Jahre 2000 belegt waren. Aus der Entwicklungstendenz des Heimes schließt das Gericht jedoch, dass bereits im Jahre 2000 um die 120 Plätze vorhanden und belegt gewesen sein müssen. Auch für diese Anzahl von Plätzen bleibt das Gericht bei seiner Bewertung, dass damit bereits das besondere Maß der Verantwortung in der Tätigkeit der Klägerin erfüllt war.

III.

62

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der beklagte Landkreis als die unterlegene Partei (§ 91 ZPO).

63

Das Gericht hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Tarifvertrages zugelassen.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ein Heim darf nur betrieben werden, wenn der Träger und die Leitung

1.
die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner vor Beeinträchtigungen schützen,
2.
die Selbständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner wahren und fördern, insbesondere bei behinderten Menschen die sozialpädagogische Betreuung und heilpädagogische Förderung sowie bei Pflegebedürftigen eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde gewährleisten,
3.
eine angemessene Qualität der Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner, auch soweit sie pflegebedürftig sind, in dem Heim selbst oder in angemessener anderer Weise einschließlich der Pflege nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse sowie die ärztliche und gesundheitliche Betreuung sichern,
4.
die Eingliederung behinderter Menschen fördern,
5.
den Bewohnerinnen und Bewohnern eine nach Art und Umfang ihrer Betreuungsbedürftigkeit angemessene Lebensgestaltung ermöglichen und die erforderlichen Hilfen gewähren,
6.
die hauswirtschaftliche Versorgung sowie eine angemessene Qualität des Wohnens erbringen,
7.
sicherstellen, dass für pflegebedürftige Bewohnerinnen und Bewohner Pflegeplanungen aufgestellt und deren Umsetzung aufgezeichnet werden,
8.
gewährleisten, dass in Einrichtungen der Behindertenhilfe für die Bewohnerinnen und Bewohner Förder- und Hilfepläne aufgestellt und deren Umsetzung aufgezeichnet werden,
9.
einen ausreichenden Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen gewährleisten und sicherstellen, dass von den Beschäftigten die für ihren Aufgabenbereich einschlägigen Anforderungen der Hygiene eingehalten werden, und
10.
sicherstellen, dass die Arzneimittel bewohnerbezogen und ordnungsgemäß aufbewahrt und die in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten werden.

(2) Ein Heim darf nur betrieben werden, wenn der Träger

1.
die notwendige Zuverlässigkeit, insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Betrieb des Heims, besitzt,
2.
sicherstellt, dass die Zahl der Beschäftigten und ihre persönliche und fachliche Eignung für die von ihnen zu leistende Tätigkeit ausreicht,
3.
angemessene Entgelte verlangt und
4.
ein Qualitätsmanagement betreibt.

(3) Ein Heim darf nur betrieben werden, wenn

1.
die Einhaltung der in den Rechtsverordnungen nach § 3 enthaltenen Regelungen gewährleistet ist,
2.
die vertraglichen Leistungen erbracht werden und
3.
die Einhaltung der nach § 14 Abs. 7 erlassenen Vorschriften gewährleistet ist.

(4) Bestehen Zweifel daran, dass die Anforderungen an den Betrieb eines Heims erfüllt sind, ist die zuständige Behörde berechtigt und verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zur Aufklärung zu ergreifen.