Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Dez. 2011 - 3 Sa 26/11
Gericht
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 17.11.2010 abgeändert.
a) Es wird festgestellt, dass der beklagte Verein verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.12.2009 ein monatliches Gehalt auf der Grundlage von 83 Prozent des individuell zustehenden Nettogehaltes zu zahlen.
b) Der beklagte Verein trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Verpflichtung des beklagten Vereins, dem Kläger auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eine monatliche Vergütung von 83 Prozent des individuell zustehenden Nettogehaltes zu zahlen.
- 2
Der Kläger ist seit dem 01.04.1992 bei dem beklagten Verein beschäftigt. Die Parteien unterliegen keiner Tarifbindung. Mit Änderungsvertrag vom 30.04.2009 (Blatt 22, 23 d. A.) vereinbarten die Parteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2009 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell.
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In dem benannten Änderungsvertrag heißt es – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:
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„…
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wird zum Dienstvertrag vom 01.04.1992 auf der Grundlage
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a) des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078),
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b) des Tarifvertrages BAT-O zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998
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in der jeweils geltenden Fassung folgender
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Änderungsvertrag
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geschlossen.
- 11
…
- 12
§ 3 Arbeitsentgelt/Altersteilzeitleistungen
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1. Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnissen Entgelt nach Maßgabe der gemäß § 2 reduzierten Arbeitszeit. Das Arbeitsentgelt wird unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend monatlich gezahlt.
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2. Der Arbeitnehmer erhält Altersteilzeitleistungen nach § 5 des TV ATZ in der jeweils geltenden Fassung.
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3. Die erforderlichen Lohnsteuern und Beiträge werden vom Arbeitgeber einbehalten und an die zuständigen Stellen abgeführt.
- 16
…
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§ 9 Vertragsauslegung/Vertragsanpassung
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1. Für die Auslegung dieses Vertrages gilt das Altersteilzeitgesetz und der TV ATZ in seiner jeweils geltenden Fassung.
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2. Im Übrigen bleiben die Bestimmungen des Dienstvertrages vom 01. April 1992 unberührt, soweit sie nicht im Widerspruch zum Altersteilzeitgesetz stehen.
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3. Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein oder sollte eine Bestimmung dazu führen, dass von der Bundesagentur für Arbeit – bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen – Leistungen gemäß § 4 des Altersteilzeitgesetzes nicht erbracht werden können, sind die Vertragsparteien verpflichtet, den Vertrag so zu ändern, dass die Voraussetzungen für die Leistungen erfüllt werden.
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§ 10 Weitere Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Vereinbarung
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1. Dieser Vertrag kann vom Arbeitgeber einseitig beendet werden, wenn von der Bundesanstalt für Arbeit die gesetzlichen Erstattungsansprüche nach § 4 Altersteilzeitgesetz nicht erbracht werden.
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2. Die Beendigung kann mit Wirkung zum Monatsende nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Nichterstattung erfolgen.
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3. Bei Beendigung des Vertrages lebt das in § 1 benannte ursprüngliche Arbeitsverhältnis wieder auf.
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§ 11 Änderung des Vertrages
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Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.“
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Im Vorfeld des Änderungsvertrages führte der Kläger sowohl im Juli 2008 als auch im August 2008 Gespräche mit der Vorstandsvorsitzenden des beklagten Vereins, Frau C., jeweils in Gegenwart der damaligen Buchhalterin des beklagten Vereins, Frau D., zu den Einzelheiten eines möglichen Abschlusses eines Altersteilzeitvertrages. Da jedenfalls zu diesem Zeitpunkt alle Altersteilzeitarbeitsverhältnisse bei dem beklagten Verein jeweils auf der Grundlage von 83 Prozent des zuletzt individuell bezogenen Nettoentgelts vollzogen wurden, erhielt auch der Kläger – u. a. an Hand einer Beispielsberechnung – in den benannten Gesprächen von den genannten Personen auf der Arbeitgeberseite entsprechende Informationen. Der Kläger bat sich eine Bedenkzeit aus. Vor Unterzeichnung des Alterteilzeitvertrages im April 2009 fanden zwischen den Parteien keine weiteren Gespräche mehr statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages wird auf den ausführlichen Tatbestand in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
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Der Kläger hat beantragt:
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1. Der Beklagte wird verurteilt, mit Wirkung zum 01.08.2010 dem Kläger monatliche Vergütung in Höhe von 2.084,76 Euro netto zu leisten.
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2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 811,50 Euro netto Lohndifferenz für den Zeitraum 01/2010 bis 10/2010 zu zahlen.
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Der beklagte Verein hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht Stralsund hat die Klage mit Urteil vom 17.11.2010 abgewiesen und ausgeführt, der Änderungsvertrag vom 30.04.2009 scheide als Anspruchsgrundlage aus, da dort eine Entgeltleistung nach den Vorgaben des TV ATZ vereinbart worden sei. Der TV ATZ beinhalte jedoch eine pauschalierte Berechnungsgrundlage und eben keine Entgeltleistung auf der Grundlage des individuell zustehenden Nettogehalts. Zudem verfüge der Kläger über keinen Anspruch auf der Grundlage einer individuellen Zusage. Zwar sei es möglich, Aufstockungsbeträge über die gesetzliche Mindestsumme hinaus einzelvertraglich zu vereinbaren. Derartige Absprachen habe der Kläger jedoch nicht substantiiert dargelegt.
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Gegen diese am 30.12.2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 28.01.2011 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg eingegangene Berufung des Klägers. Die Berufungsbegründung ist bei dem LAG M-V – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – am 28.03.2011 eingegangen.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg vom 14.12.2011 haben die Parteien erstmals unstreitig gestellt, dass sich für den Kläger keine monatlichen Fixdifferenzbeträge ergeben, sondern dass sich auf Grund von individuell unterschiedlich gezahlten Zulagen jeweils unterschiedliche Bruttolöhne sowie Nettolöhne ergeben. Danach ist der Kläger aus den erteilten Lohnabrechnungen nicht in der Lage, konkrete Differenzbeträge zu ermitteln. Eine vergangenheitsbezogene Nachberechnung ist danach nur direkt über die Lohnbuchhaltung des beklagten Vereins möglich.
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Im Übrigen bleibt der Kläger in der Berufungsinstanz bei seinem Vortrag, er habe sich mit der Vorstandsvorsitzenden für die Durchführung seines Altersteilzeitarbeitsvertrages auf die Zahlung von 83 Prozent des ihm individuell zustehenden Nettoarbeitsentgelts verständigt. Davon seien die Parteien auch im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Änderungsvertrages vom 30.04.2009 ausgegangen. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, mit dem schriftlichen Änderungsvertrag Abweichungen von den zuvor getroffenen mündlichen Vereinbarungen vorzunehmen. Die Inhalte des in Bezug genommenen TV ATZ seien den Parteien auch gar nicht bekannt gewesen. Die in § 3 des Vertrages vom 30.04.2009 vorgenommene Bezugnahme auf den TV ATZ zur Entgeltberechnung sei nur vorgenommen worden, um den Erhalt von Förderleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit zu sichern. Ausschließlich zu diesem Zweck sei die Bezugnahme vorgenommen worden. Die Abgabe einer Willenserklärung im Sinne einer selbstständigen Regelung der Entgeltberechnungsgrundlage nach dem TV ATZ sei damit von beiden Parteien nicht bezweckt worden.
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Der Kläger beantragt nunmehr:
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Es wird festgestellt, dass der beklagte Verein verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.12.2009 ein monatliches Gehalt auf der Grundlage von 83 Prozent des individuell zustehenden Nettogehaltes zu zahlen.
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Der beklagte Verein beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der beklagte Verein trägt vor, eine verbindliche Zusage an den Kläger zur Berechnung seines Gehalts während der Dauer des Altersteilzeitvertrages auf der Grundlage von 83 Prozent des individuell zustehenden Nettobetrages habe es nie gegeben. Vielmehr sei es dem beklagten Verein gerade darauf angekommen, das Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des TV ATZ zu vollziehen. Deshalb seien die entsprechenden Regelungen des TV ATZ auch zum Regelungsgegenstand der vertraglichen Vereinbarung vom 30.04.2009 gemacht worden. Diesen Umstand habe man auch in den Gesprächen mit dem Kläger deutlich zum Ausdruck gebracht.
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In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeuginnen Frau D., Frau E. sowie Frau F.. Hinsichtlich des Beweisthemas sowie bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten im Berufungsrechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Inhalt des von ihm zuletzt gestellten Antrages auch begründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der beklagte Verein verpflichtet, das Alterteilzeitarbeitsverhältnis mit dem Kläger ab dem 01.12.2009 monatlich auf der Grundlage von 83 Prozent des ihm individuell zustehenden Nettogehaltes zu berechnen und die sich monatlich ergebenden Beträge zu zahlen.
I.
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Die Klage ist als Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO zulässig. Notwendiges Feststellungsinteresse zu Gunsten ist zu bejahen. Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht dem vorliegend nicht entgegen.
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Es ist anerkannt, dass auch eine Vergütungs-, Feststellungsklage dann trotz des grundsätzlichen Vorranges der Leistungsklage jedenfalls dann zulässig ist, wenn eine Bezifferung des Klageantrages erst im Laufe des Verfahrens möglich wird (BAG vom 18.03.1997 – 9 AZR 84/96 -; juris).
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Dies gilt ebenso, wenn die klagende Partei nicht in der Lage ist, die konkrete Berechnung der Klageforderung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorzunehmen. So liegen die Dinge hier. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2011 unstreitig gestellt, dass sich für den Kläger keine monatlichen Fixdifferenzbeträge ergeben, sondern dass sich auf Grund von individuell unterschiedlich gezahlten Zulagen jeweils unterschiedliche Bruttolöhne sowie Nettolöhne ergeben. Ebenfalls unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Kläger nicht in der Lage ist, allein aus den erteilten Lohnabrechnungen, sondern dies nur mit einer Berechnung direkt über die Lohnbuchhaltung des beklagten Vereins erfolgen kann.
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In dieser besonderen Konstellation ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger den von ihm geltend gemachten Anspruch im Wege der Feststellungsklage nach § 256 ZPO verfolgt.
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Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der beklagte Verein mit den diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2011 abgegebenen Erklärungen deutlich gemacht hat, dass man im Falle des Unterliegens der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung Folge leisten wird.
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Das notwendige Feststellungsinteresse zu Gunsten des Klägers ist zweifelsohne zu bejahen. Denn er hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der beklagte Verein zur Berechnung seines Entgelts auf der Grundlage von 83 Prozent des individuellen Nettogehalts verpflichtet ist. Eben dieser Umstand ist zwischen den Parteien streitig.
II.
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Der Kläger verfügt gegenüber dem beklagten Verein über einen arbeitsvertraglichen Anspruch gemäß § 611 BGB in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 30.04.2009 auf monatliche Entgeltzahlung auf der Grundlage von 83 Prozent des individuellen Nettogehaltes.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Vorstandsvorsitzende des beklagten Vereins dem Kläger in den Gesprächen im Juli und August 2008 den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages auf der Basis einer individuellen Nettolohnberechnungsgrundlage im Sinne des § 145 BGB angeboten und bis zur Unterzeichnung am 30.04.2011 aufrechterhalten. Der Kläger hat das entsprechende Vertragsangebot durch Unterzeichnung des Änderungsvertrages vom 30.04.2009 angenommen.
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Der diesem Ergebnis zu Grunde liegende Vortrag des Klägers wird durch das Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt. Die entgegenstehenden Ausführungen des beklagten Vereins, wonach ein entsprechendes Angebot dem Kläger nicht unterbreitet, sondern auf die Inhalte des Tarifvertrages hingewiesen worden ist, sind durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt.
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Denn insbesondere die von beiden Parteien angebotene Zeugin Frau D. hat die Hintergründe des zwischen den Parteien vereinbarten Altersteilzeitvertrages detailliert wiedergegeben. Sie hat den Vortrag des Klägers bestätigt, wonach im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss beide Parteien stets von der Zahlung von 83 Prozent des individuellen Nettogehaltes während der Altersteilzeitphase ausgegangen sind. Zudem hat sie ausgesagt, dass die Vertragspartner im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung den Inhalt des TV ATZ und mithin auch die dort vorgesehene pauschalierte Berechnungsgrundlage nicht gekannt haben. Für die Kammer überzeugend und glaubwürdig hat sie diesbezüglich geschildert, dass die Bezugnahme auf den TV ATZ nur vorgenommen worden ist, um die Förderfähigkeit des „6-Jahres-Modells“ zu gewährleisten. Weiter hat sie ausgeführt, dass beide Parteien im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung durch die vorerwähnte Bezugnahme auf die tarifvertragliche Regelung keine Abweichung von der mündlich bereits erzielten Einigung auf eine individuelle Berechnungsgrundlage bezweckt haben.
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An der Glaubwürdigkeit der Zeugin selbst sowie an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage bestehen nach Auffassung der Kammer keinerlei Zweifel.
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Die Zeugin hat die Einzelheiten der Gespräche im Juli und August 2008 sowie die generelle Vorgehensweise des beklagten Vereins im Zusammenhang mit der vertraglichen Gestaltung der Altersteilzeitverträge auf individueller Berechnungsgrundlage im streiterheblichen Zeitraum in sich schlüssig und widerspruchsfrei ausgeführt. Zu keinem Zeitpunkt der Zeugenvernehmung ist der Eindruck entstanden, die Angaben seien ohne tatsächlich eigene Wahrnehmungen einstudiert. Im Gegenteil hat die Zeugin die eigenen Wahrnehmungen teilweise unter Verwendung eigener schriftlicher Unterlagen (Blatt 161 d. A.) lebhaft und überzeugend in eigener Sprache geschildert.
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Vor diesem Hintergrund stellt der Umstand, dass die Zeugin als altersteilzeitbeschäftigte Mitarbeiterin bei dem beklagten Verein selbst der Problematik der streitigen Berechnungsgrundlage unterfällt und damit objektiv ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens besteht, für die Kammer keinen Grund da, die Glaubwürdigkeit der Zeugin anzuzweifeln. Dies gilt auch deshalb, weil die ebenfalls vernommene Zeugin Frau E. bestätigt hat, dass im Zusammenhang mit den Altersteilzeitverträgen stets über eine individuelle Berechnungsgrundlage gesprochen worden ist. Die von dem beklagten Verein angebotene Zeugin Frau F. hat ausgesagt, sie könne sich an eine Gesprächsteilnahme im August 2008 nicht erinnern und steht mithin der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin D. auch nicht entgegen.
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Die zusätzliche Vernehmung der von dem beklagten Verein angebotenen Zeugin Frau K. hat die Kammer als entbehrlich angesehen. Frau K. ist unstreitig erst seit Anfang 2009 bei dem beklagten Verein tätig. Sie verfügt unstreitig über keine eigenen Wahrnehmungen zu den Gesprächsinhalten zwischen den Parteien im Juli und August 2008. Von beiden Parteien wird in diesem Zusammenhang auch nicht vorgetragen, dass es im Jahr 2009 noch einmal Gespräche zu den konkreten Vertragsmodalitäten gegeben hätte.
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Nach dem geschilderten Ergebnis der Beweisaufnahme haben sich die Parteien im Juli/August 2008 auf eine individuelle Berechnungsgrundlage verständigt und bis zur Vertragsunterzeichnung im April 2009 keine Abweichungen vereinbart.
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Mit der Inbezugnahme des TV ATZ sollten keine Veränderungen verbunden sein, und zwar bereits in Ermangelung entsprechender Kenntnis von der dort geregelten pauschalierten Berechnungsgrundlage.
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Mithin ist der Altersteilzeitvertrag der Parteien nach §§ 145, 611 BGB in Verbindung mit der schriftlichen Vereinbarung vom 30.04.2009 auf der Grundlage der zwischen den Parteien vereinbarten individuellen Berechnungsgrundlage zu vollziehen.
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Gemäß §§ 145, 146 BGB ist derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrages anbietet, an den Antrag gebunden, wenn dieser von der anderen Vertragspartei rechtzeitig angenommen wird.
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Die diesbezüglich notwendigen Willenserklärungen sind gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, wobei der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist.
- 65
In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien auch dann rechtlich maßgeblich ist und bleibt, wenn er im objektiven Inhalt der Erklärung keinen oder einen nur unzureichenden Ausdruck gefunden hat (Palandt/Ellenberger, 71. Auflage, Rn. 8 zu § 133 BGB, m. w. N. zur Rechtsprechung des BGH; BAG vom 10.01.1975 – 3 AZR 70/74 – DB 1975, Seite 1368). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die vom wirklichen Willen abweichende Erklärungsbedeutung versehentlich bzw. in Unkenntnis der dem zu Grunde liegenden Umstände durch die Parteien herbeigeführt worden ist (Palandt, Ellenberger a. a. O.).
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So liegen die Dinge hier.
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Zwar ist dem beklagten Verein zuzugeben, dass auf Grund der Bezugnahme auf den TV ATZ in der schriftlichen Vereinbarung vom 30.04.2009 die objektive Erklärungsbedeutung auf eine Einigung auf eine – im TV ATZ vorgesehene – pauschalierte Berechnungsgrundlage hindeutet.
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Jedoch steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer eine Einigung der Parteien im Sinne einer individuellen Berechnungsgrundlage im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung am 30.04.2009 ebenso fest, wie die Unkenntnis der Parteien über die pauschalierte Berechnungsgrundlage nach dem TV ATZ.
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Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass § 155 BGB den obigen Erörterungen nicht entgegensteht. Denn danach kann hinsichtlich der Berechnungsgrundlage der monatlichen Gehaltszahlungen während der Dauer des Altersteilzeitvertrages nicht von einem Dissenz ausgegangen werden. § 155 BGB findet keine Anwendung, wenn – wie hier – der innere Wille der Parteien übereinstimmt und lediglich der objektive Inhalt einer Vereinbarung davon abweicht.
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§ 313 Abs. 1, Abs. 2 BGB kommt vorliegend ebenfalls nicht zur Anwendung, da sich weder Umstände nach Vertragsabschluss verändert haben, noch sich wesentliche Vorstellungen einer oder beider Parteien als falsch herausgestellt haben.
III.
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Der beklagte Verein hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).
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Revisionszulassungsgründe (§ 72 Abs. 2 ArbGG) sind nicht ersichtlich.
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Annotations
(1) Die Bundesagentur erstattet dem Arbeitgeber für längstens sechs Jahre
- 1.
den Aufstockungsbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a in Höhe von 20 vom Hundert des für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Regelarbeitsentgelts und - 2.
den Betrag, der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b in Höhe des Beitrags geleistet worden ist, der auf den Betrag entfällt, der sich aus 80 vom Hundert des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit ergibt, jedoch höchstens des auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 vom Hundert der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem Regelarbeitsentgelt entfallenden Beitrags.
(2) Bei Arbeitnehmern, die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 231 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch von der Versicherungspflicht befreit sind, werden Leistungen nach Absatz 1 auch erbracht, wenn die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b nicht erfüllt ist. Dem Betrag nach Absatz 1 Nr. 2 stehen in diesem Fall vergleichbare Aufwendungen des Arbeitgebers bis zur Höhe des Beitrags gleich, den die Bundesagentur nach Absatz 1 Nr. 2 zu tragen hätte, wenn der Arbeitnehmer nicht von der Versicherungspflicht befreit wäre.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Haben sich die Parteien bei einem Vertrag, den sie als geschlossen ansehen, über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.