Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers sowie des Nebenintervenienten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 17.09.2013 – 2 Ca 494/12 – abgeändert und der Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis des Klägers vom E., vertreten durch den Vorstand, E-Straße, E-Stadt ab dem 01.11.2012 auf die Beklagte übergegangen ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.778,80 € Brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz der EZB auf 2.889,40 € Brutto ab dem 01.12.2012 sowie weitere 2.889,40 € Brutto ab dem 01.01.2013 abzüglich 2.113,80 € Netto zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Januar 2013 in Höhe von 2.889,40 € Brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2013 abzüglich 1.056,90 € Netto zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.345,49 € Brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2012 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Februar 2013 in Höhe von 2.889,40 € Brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.03.2013 abzüglich 986,44 € Netto zu zahlen.

6. Die Beklagte trägt zu 90 % und der Kläger zu 10 % die Kosten des Rechtsstreits. Zudem trägt die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten im Berufungsverfahren.

II. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit dem Nebenintervenienten auf die Beklagte im Wege eines Betriebsüberganges mit Wirkung zum 01.11.2012 sowie über daraus resultierende Zahlungsansprüche.

2

Der Kläger war seit dem 01.11.2009 – zunächst befristet und ab dem 01.11.2011 unbefristet – bei dem E., dem der Rechtsstreit verkündet wurde und diesem auf Seiten des Klägers als Nebenintervenient beigetreten ist, als "Leiter-Sozialbetreuer für das Flüchtlingswohnheim C-Stadt" bei einer monatlichen Vergütung von zuletzt 2.975,00 € Brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Der Nebenintervenient betrieb bis zum 31.10.2012 die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, C-Stadt. Mit Wirkung zum 01.11.2012 hat die Beklagte im Anschluss an eine öffentliche Ausschreibung/Vergabe den Zuschlag für die Weiterbetreibung des benannten Flüchtlingswohnheimes erhalten und ausschließlich mit eigenem Personal auch durchgeführt, ohne auf die dort von dem Nebenintervenienten zuvor eingesetzten vier Arbeitnehmer/innen zurückzugreifen.

3

Die "Betreibung der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber" durch die Beklagte erfolgt in Vollziehung des mit dem Landkreis abgestimmten Betreibervertrages (Blatt 334-348 Bd. II d. A.). Zwar liegt diesbezüglich ein unterzeichnetes Vertragsexemplar nicht vor. Jedoch ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Vollziehung der Vereinbarung zwischen dem Landkreis und der Beklagten auf der vorbenannten vertraglichen Grundlage erfolgt. Die dort in den §§ 1 bis 13 nebst Präambel ausgeführten Regelungen (Blatt 339 bis 348 Bd. II d. A.) sind Bestandteil dieser tatbestandlichen Feststellungen.

4

Mit der am 14.11.2012 bei dem Arbeitsgericht Stralsund eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte. Mit der am 08.01.2013 erstinstanzlich eingegangenen Klageerweiterung verfolgt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Vergütung für die Monate November und Dezember 2012 zur unstreitigen Höhe von 5.778,80 € Brutto sowie mit der am 04.02.2013 eingegangenen Klageerweiterung die Zahlung der Vergütung für den Monat Januar 2013 zur unstreitigen Höhe von 2.889,40 € Brutto und der Jahreszuwendung 2012 zur unstreitigen Höhe von 1.345,89 € Brutto sowie mit der am 12.03.2013 eingegangenen Klageerweiterung die Zahlung der Vergütung für den Monat Februar 2013 zur ebenfalls unstreitigen Höhe von 2.889,40 € Brutto. Eine Berücksichtigung des unstreitig erhaltenen Arbeitslosengeldes hinsichtlich der geltend gemachten Gehaltsansprüche für die Monate November 2012 bis Februar 2013 erfolgte erstinstanzlich durch den Kläger nicht.

5

Der Nebenintervenient hat mit erstinstanzlich am 27.11.2012 eingegangenem Schriftsatz ebenfalls die Feststellung des Überganges des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte mit Wirkung zum 01.11.2012 beantragt.

6

Mit Urteil vom 17.09.2013 hat das Arbeitsgericht Stralsund die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Betreibung eines Asylbewerberheimes sei dem Bereich der Dienstleistungsbetriebe zuzuordnen. Kern der Wertschöpfung sei nicht die Bewirtschaftung des Gebäudes, in dem die Asylbewerber untergebracht seien. Dieses stelle lediglich eine Hilfsfunktion dar, denn der Kern der Wertschöpfung bestehe in der Gewährleistung der Betreuung der Asylbewerber entsprechend des Betreuungsvertrages. Den materiellen Betriebsmitteln sei nur eine untergeordnete Rolle zuzubilligen. Dem für die Betreuung der Asylbewerber einzusetzenden Personal komme eine besondere Bedeutung zu. Es müsse sachkundiges und qualifiziertes Personal eingesetzt werden, um den Besonderheiten der Betreuung von Asylbewerbern gerecht werden zu können. Es seien hohe Voraussetzungen an die Qualifikation - wie sozialpädagogische Ausbildung sowie Sprachkenntnisse - zu stellen. Es komme mithin im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft, jedoch nicht auf die Bewirtschaftung des Gebäudes an.

7

Gegen diese am 07.11.2013 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 28.11.2013 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung des Klägers nebst am 07.01.2014 eingegangener Berufungsbegründung bzw. die am 05.12.2013 nebst Begründung eingegangene Berufung des Nebenintervenienten.

8

Sowohl der Kläger als auch der Nebenintervenient sind der Auffassung das erstinstanzlich die aktuelle und einschlägige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines Betriebsüberganges nicht hinreichend gewürdigt bzw. angewendet worden sei. Auch bei Dienstleistungsunternehmen bzw. bei Tätigkeiten, bei denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankomme, sei das Vorliegen eines Betriebsübergangs nicht zwingend davon abhängig, dass ein wesentlicher Teil des Personals übernommen werde. Im Gegenteil sei die "Übernahme von Personal" gerade die Rechtsfolge eines Betriebsüberganges und nicht dessen tatbestandliche Voraussetzung. Aus den vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber dem Landkreis im Zusammenhang mit der Betreibung des Asylbewerberheimes in C-Stadt werde deutlich, dass die Betreibung des Wohnheims nicht nur die Betreuung der Asylbewerber unter Nutzung der Räumlichkeiten beinhalte, sondern die Beklagte darüber hinaus auch diverse andere Tätigkeiten auszuführen habe, welche allesamt im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Wohnheimes als solches stünden. Mithin folge aus der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung, dass das Wohnheim unverzichtbares Betriebsmittel der Tätigkeit der Beklagten sei. Wenn auch dienstleistender Art, so sei die Tätigkeit der Beklagten im Wesentlichen durch dieses Betriebsmittel geprägt. Das Wohnheim selbst mache den Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges aus und sei für den Betrieb identitätsstiftend. Zudem habe die Beklagte mit den im Wohnheim lebenden Asylbewerbern auch die bestehenden "Kundenbeziehungen" übernommen. Auch die Art des Betriebes sei dieselbe geblieben. Zudem seien die erbrachten Tätigkeiten mit denjenigen, die zuvor der Nebenintervenient erbracht habe, vollkommen identisch. Auch sei der Übergang in zeitlicher Hinsicht nahtlos und ohne jede Unterbrechung erfolgt. Deshalb falle bei der Gesamtschau nicht mehr ins Gewicht, dass die Beklagte das bei dem Nebenintervenienten tätige Personal nicht übernommen habe. Dies stehe der Annahme eines Betriebsüberganges nicht entgegen. Die Fortführung der Betreibung des Wohnheimes stelle sich angesichts dessen nicht lediglich als bloße Funktionsnachfolge, sondern als Fortführung eines (Teil-) Betriebes im Sinne des § 613 a BGB dar.

9

Der Kläger beantragt bei Klagerücknahme im Übrigen unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 17.09.2013:

10

1. festzustellen, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis des Klägers vom E., vertreten durch den Vorstand, E-Straße, E-Stadt ab dem 01.11.2012 auf die Beklagte übergangen ist,

11

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Klägerin EUR 5.778,80 brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz der EZB auf EUR 2.889,40 brutto ab dem 01.12.2012 sowie auf weitere EUR 2.889,40 brutto ab dem 01.01.2013 abzüglich EUR 2.113,80 netto zu zahlen.

12

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Januar 2013 in Höhe von EUR 2.889.40 brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2013 zu zahlen abzüglich EUR 1.056,90 netto zu zahlen,

13

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 1.345,49 brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2012 zu zahlen,

14

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Februar 2013 in Höhe von EUR 2.889,40 brutto zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.03.2013 abzüglich EUR 986,44 netto zu zahlen.

15

Der Nebenintervenient beantragt ebenfalls festzustellen,

16

dass das unbefristete Arbeitsverhältnis des Klägers vom E., vertreten durch den Vorstand, E-Straße, E-Stadt ab dem 01.11.2012 auf die Beklagte übergegangen ist.

17

Die Beklagte beantragt unter Zustimmung zur teilweisen Klagerücknahme des Klägers,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Die Beklagte ist der Auffassung, erstinstanzlich seien die durch den Europäischen Gerichtshof sowie durch das Bundesarbeitsgericht aufgestellten Rechtssätze zu den Voraussetzungen eines Betriebsüberganges nach § 613 a BGB richtig gewürdigt und in der Subsumtion des tatsachlichen Sachverhaltes auch umgesetzt worden. Der Argumentation des Arbeitsgerichts Stralsund in der streitigen Entscheidung vom 17.09.2013 sei uneingeschränkt zu folgen. Die Auffassung des Klägers sowie des Nebenintervenienten, dass vorliegend allein die Übernahme des Gebäudes des Asylbewerberheimes C-Stadt für die Annahme eines Betriebsüberganges ausreiche, sei rechtlich nicht haltbar. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung komme es auf die Art des Unternehmens an, insbesondere darauf, ob das Unternehmen durch materielle oder immaterielle Betriebsmittel geprägt sei. Entgegen der Ansicht der Gegenseite handele es sich bei dem Betrieb der Beklagten gerade nicht um ein betriebsmittelgeprägtes Unternehmen. Das Asylbewerberheim C-Stadt als solches sei gerade nicht als "wesentliches Betriebsmittel" anzusehen, so dass es sich bei der "Betreibung des Asylbewerberheimes" auch nicht um eine betriebsmittelgeprägte Tätigkeit handele. Die Hauptaufgabe der Beklagten bestehe in der intensiven sozialen Betreuung der Asylbewerber. Die Arbeit der Sozialbetreuer umfasse im Wesentlichen die Alltagsgestaltung der Bewohner. Die Begleitung zu Behörden, Ärzten und Krankenhäusern seien fester Bestandteil der täglichen Arbeit sowie auch die Koordination der verschiedenen ehrenamtlichen Organisationen. Es würden hausinterne Veranstaltungen, Deutschkurse, Brauchtumsveranstaltungen, psychosoziale Betreuung sowie Bewohnerabende angeboten, organisiert und durchgeführt.

20

In der vom Nebenintervenienten als Anlage NI 5 (Blatt 64 bis 69 Bd. I d. A.) vorgelegten Dienstanweisung für die Betreibung der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber seien unter II. die einzelnen Betreueraufgaben festgehalten. Aus der Aufgabenstellung werde deutlich, dass die individuelle und konkrete Betreuung der einzelnen Asylbewerber durch hochqualifiziertes Personal im Vordergrund stehe. Es sei nicht zu bestreiten, dass die Beklagte neben ihrer Hauptpflicht der sozialen Betreuung nebenher am Rande auch zur Bewirtschaftung der Einrichtung einschließlich der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten und für die laufende Unterhaltung und Instandsetzung des Gebäudes inklusive Reparaturen an den Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen sowie technischen Geräte und deren Ersatzbeschaffung verpflichtet sei. Diese Tätigkeiten, die in der vom Nebenintervenienten als Anlage NI 5 bereits vorgelegten Dienstanweisung lediglich als nach- geordnete Punkte unter V. und VII. geregelt seien und ihrer Bedeutung und ihrem Umfang nach deutlich hinter den unter I. bis IV. geregelten Aufgaben der sozialen Beratung und Betreuung der Asylbewerber zurück blieben, seien jedoch als vollkommen untergeordnete und nicht identitätsprägende Tätigkeiten der Beklagten zu qualifizieren. Außerdem müsse die Beklagte – entgegen der Darstellung des Nebenintervenienten – die Betreuungstätigkeiten vertraglich nicht zwingend im Asylbewerberheim in C-Stadt durchführen. Die vertragliche Vereinbarung in § 1 Ziffer 1 des Mustervertrages bedeute nicht, dass die Beklagte ihre Betreuungsaufgaben zwingend in diesem Asylbewerberheim erfüllen müsse. Vielmehr bestünde die Möglichkeit, diese Aufgaben in jedem der Beklagten vom Landkreis zur Verfügung gestellten Asylbewerberheimen auszuführen. Ein Gebäude, das lediglich zur Beherbergung von Personen geeignet sein müsse, sei austauschbar. Der Landkreis und damit auch die Beklagte seien insoweit nicht gebunden. Vielmehr könne der Landkreis diese Räumlichkeiten beispielsweise jederzeit umwidmen, andere Räumlichkeiten zur Verfügung stellen oder den Auftraggeber bitten, selber Räumlichkeiten zu suchen und bereitzustellen. Mithin bestehe im vorliegenden Fall gerade keine zwingende vertragliche Bindung an die fraglichen Räumlichkeiten. Die Bewirtschaftung der Einrichtung einschließlich der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten und der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung des Gebäudes seien reine Nebenpflichten, die gegenüber der Hauptpflicht der sozialen Betreuung der Asylbewerber eine völlig untergeordnete, nicht identitätsprägende Rolle spiele. Nach alledem müsse die vorzunehmende Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis führen, dass lediglich eine Funktionsnachfolge und gerade kein Betriebsübergang nach § 613 a BGB gegeben sei.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung ist zulässig und in dem in der Berufungsinstanz zuletzt noch rechtshängigen Umfang begründet.

23

Bei dem durch den Nebenintervenienten bis zum 31.10.2012 betriebenen Asylbewerberheim handelt es sich um einen betriebsübergangsfähigen Teilbetrieb im Sinne des § 613 a BGB. Dieser Betriebsteil ist nach Auffassung der Kammer gemäß § 613 a BGB mit Wirkung zum 01.11.2012 auf die Beklagte übergegangen. Somit sind die im Übrigen dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte begründet. Jedoch hat der Kläger bezüglich der teilweisen Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2014 in Höhe des erhaltenen Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 01.11.2012 bis zum 28.02.2013 die Kosten des Rechtsstreits mit 10 % anteilig zu tragen. Die Beklagte trägt dagegen die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten im Berufungsverfahren allein.

I.

24

Das bis zum 31.10.2012 von dem Nebenintervenienten in C-Stadt bewirtschaftete Asylbewerberheim ist gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB mit Wirkung zum 01.11.2012 im Wege eines Betriebsteilüberganges auf die Beklagte übergegangen.

25

Ein Betriebs (-Teil) Übergang setzt nach § 613 a Abs. 1 BGB voraus, dass ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Dabei bezieht sich der Begriff der wirtschaftlichen Einheit auf eine auf Dauer angelegte organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Anhand der konkreten Einzelfallumstände ist zu prüfen, ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisatorischen Gesamtheit "Betrieb" bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor- und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und ggf. die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Zudem kann sich die Identität der Einheit auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG vom 23.05.2013 - 8 AZR 207/12 – Juris, Rd.-Nr. 22). In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass in Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen kann. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hat. Lediglich die bloße Fortführung der Tätigkeit (sogenannte Funktionsnachfolge) stellt demgegenüber keinen Betriebsübergang nach § 613 a Abs. 1 BGB dar. Denn eine betriebliche Einheit im vorgenannten Sinne darf nicht lediglich als bloße Tätigkeit verstanden werden (BAG vom 23.05.2013, a. a. O., Rd.-Nr. 23). Die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen muss bereits beim Veräußerer eine abgrenzbare wirtschaftliche Einheit darstellen und damit die Qualität eines Betriebes oder Betriebsteils gehabt haben, um die Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 BGB erfüllen zu können (BAG vom 23.05.2013, a. a. O., Rd.-Nr. 25).

26

Um von einem Betriebsteil im Sinne des § 613 a Abs. 1 BGB ausgehen zu können, muss es sich um eine organisatorische Untergliederung des Gesamtbetriebes handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, wobei es ausreicht, wenn es um eine untergeordnete Hilfsfunktion geht. Stets muss diese Teilorganisation jedoch die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit im oben genannten Sinn erfüllen (BAG vom 22.10.1998 – 8 AZR 458/97 – Juris, Rd.-Nr. 40).

27

Gemessen an den genannten Voraussetzungen ist die Kammer entgegen der erstinstanzlich vertretenen Auffassung nach Vornahme der Gesamtwürdigung der hier streitentscheidenden Einzelfallumstände zu dem Ergebnis gelangt, dass von einem Betriebsübergang des Asylbewerberheimes in C-Stadt von dem Nebenintervenienten auf die Beklagte auszugehen ist.

28

Das von dem Nebenintervenienten ehemals betriebene Asylbewerberheim erfüllt zunächst dem Grunde nach die Voraussetzungen für einen nach § 613 a Abs. 1 BGB übergangsfähigen Betriebsteil, denn der Nebenintervenient hatte sich – zwischen den Parteien unstreitig – vertraglich nicht lediglich zur Leitung des Wohnheimes, sondern vielmehr zur umfassenden Bewirtschaftung des Gebäudes nebst der Organisation einer adäquaten und angemessenen Unterbringung der Asylbewerber (§ 1 Abs. 1; § 3 Abs. 1; § 3 Abs. 4; § 4 Satz 1 Ziffer 1 i. V. m. § 4 Satz 2 I, V, VI. und VII.; § 6 des mit dem Landkreis abgeschlossenen Bewirtschaftungsvertrages/künftig: BV) bei Übernahme der Aufgaben aus der Verordnung über Mindestanforderungen an Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünfte vom 06.07.2001 (künftig: GUVO MV) sowie aus der Richtlinie für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Bewohner vom 25.09.2000 (künftig: RBG) verpflichtet (§ 4 Satz 1 BV). Damit oblag dem Nebenintervenienten nicht lediglich die vertragliche Verpflichtung zur Ausführung einer isolier zu betrachtenden Tätigkeit (z. B. ausschließlich die Funktion der Heimleitung) sondern vielmehr die "Gesamtversorgung" der Bewohner sowohl hinsichtlich der sozialen Betreuung, als auch bezüglich der Sicherstellung einer angemessenen Unterbringung der Heimbewohner.

29

Das Asylbewerberheim in C-Stadt erfüllt als ehemalige Teileinheit des Nebenintervenienten nach Auffassung des erkennenden Gerichts außerdem auch die Voraussetzungen einer "wirtschaftlichen Einheit" im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

30

Nach Vornahme der gebotenen Gesamtbetrachtung der hier von den Parteien vorgetragenen Umstände ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass mit der Neuvergabe des Auftrages durch den Landkreis an die Beklagte zur Bewirtschaftung des Asylbewerberheimes in C-Stadt ein Übergang einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 613 a Abs. 1 BGB stattgefunden hat. Der bei dem Streithelfer vorhandene Betriebsteil, der den Bewirtschaftungsauftrag für das Asylbewerberheim in C-Stadt durchgeführt hat, war – auch – durch die zum Einsatz gekommenen Betriebsmittel geprägt.

31

Maßgeblich ist insbesondere, ob der Einsatz der sächlichen Betriebsmittel bei wertender Betrachtungsweise den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht. Diesbezüglich wiederum ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 23.05.2013, a. a. O., Rd.-Nr. 31) entscheidend, ob die Betriebsmittel unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind, auf dem freien Markt nicht erhältlich sind oder ihr Gebrauch vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben ist.

32

Hinsichtlich der durch den Nebenintervenienten vertraglich übernommenen Aufgabe der sozialen Betreuung des Asylbewerberheimes war durch den Landkreis gemäß § 1 BV die Nutzung des Gebäudes in C-Stadt in der S. W., zwingend vorgegeben worden. Bezüglich der übernommenen Aufgabe der angemessenen Unterbringung auf der Grundlage der GUVO MV war für den Nebenintervenienten die Nutzung dafür geeigneter Räumlichkeiten unverzichtbarer Bestandteil der Aufgabenerfüllung. Der Nebenintervenient war gemäß § 4 Satz 1 BV u. a. verpflichtet, die sich aus der benannten Verordnung vorgegebenen Voraussetzungen bei der Bewirtschaftung des Wohnheimes, d. h. konkret auch bei der Unterbringung der Asylbewerber in eigener Zuständigkeit, zu berücksichtigen und die Organisation der Unterbringung entsprechend zu gestalten. Dabei wird insbesondere nach den Vorgaben der §§ 2 bis 8 GUVO MV aus Sicht der Kammer unzweifelhaft deutlich, dass Art und Weise sowie Zusammensetzung und Organisation der jeweiligen Unterbringungen neben der sozialen Betreuung der Asylbewerber ebenfalls Aufgabe des Nebenintervenienten bei der Bewirtschaftung des Asylbewerberheimes war und vom Nebenintervenienten entsprechend auch umgesetzt wurde.

33

Der Ansicht der Beklagten, die Aufgabenstellung der sozialen Betreuung der Heimbewohner habe derart signifikant im Vordergrund gestanden, dass die menschliche Arbeitskraft der gut ausgebildeten und hoch qualifizierten Mitarbeiter den – allein – ausschlaggebenden Gesichtspunkt darstelle und deshalb lediglich von einer Tätigkeits-(Funktions)Nachfolge ausgegangen werden könne, vermag sich das erkennende Gericht vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht anzuschließen. Es mag sein, dass die zu gewährleistende soziale Betreuung der Heimbewohner durch gut ausgebildete Mitarbeiter einen beachtlichen Teil des eigentlichen Kerns der Wertschöpfung bei dem Nebenintervenienten ausmachte. Jedoch verbietet sich vorliegend eine isolierte Betrachtung der sozialen Betreuung der Heimbewohner als vertragliche Teilaufgabe des Nebenintervenienten. Denn aus der Bewirtschaftung des Gebäudes und hier insbesondere aus der Organisation der notwendigen Maßnahmen und Schritte zur Gewährleistung einer angemessenen Unterbringung der Heimbewohner auf der Grundlage der GUVO MV nach § 4 Satz 1 BV bei Nutzung und Instandhaltung des dafür vorhandenen bzw. des zu stellenden Inventars ergab sich für den Nebenintervenienten ebenfalls eine zentrale und in Eigenverantwortung durchzuführende Aufgabenstellung.

34

Ohne Nutzung des Gebäudes selbst wären die sich aus § 3 Abs. 1 bis 3 GUVO MV (Beschaffenheit der individuellen Wohnbereiche), aus § 4 GUVO MV (Beschaffenheit der Sanitäreinrichtungen), aus § 5 Abs. 1 GUVO MV (Einrichtung von Gemeinschaftsküchen), § 6 GUVO MV (Schaffung von Gemeinschaftsräumen), § 7 GUVO MV (Schaffung von Funktionsräumen) sowie von § 8 GUVO MV (Vorhaltung sicherheitstechnischer Ausstattung) geforderten Verpflichtungen nicht zu erfüllen gewesen. Ohne Nutzung, Instandhaltung und Bereitstellung des notwendigen Inventars wären zudem die sich aus § 3 Abs. 4 GUVO MV (Grundausstattung individueller Wohnbereich) sowie aus § 5 Abs. 2 und 3 GUVO MV (Ausstattung Etagenküche/Teeküche) ergebenden Aufgaben ebenfalls nicht zu bewältigen gewesen.

35

Bei wertender Betrachtungsweise machten Nutzung von Gebäude und Inventar als Betriebsmittel bei dem Nebenintervenienten im Rahmen der Bewirtschaftung des Asylbewerberheimes in C-Stadt für eben diesen Betriebsteil den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges aus.

36

Auch die nach dem Sach- und Streitstand ersichtlichen weiteren Umstände sprechen im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung für die Bejahung eines Betriebsüberganges.

37

So ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte die Bewirtschaftung des Asylbewerberheimes in dem Gebäude S. W. in C-Stadt unter wesentlicher Beibehaltung der Organisationsstrukturen sowie auf Grundlage der überwiegend – und hier streiterheblich – identischen vertraglichen Verpflichtungen ohne zeitliche Verzögerungen nahtlos fortgeführt hat.

38

Soweit die Beklagte diesbezüglich einwendet, es habe seitens des Landkreises jederzeit die Möglichkeit bestanden, ein anderes Gebäude zuzuweisen bzw. eine Umwidmung vorzunehmen oder aber der Beklagten die Nutzung eigener Räumlichkeiten zuzubilligen, so greift diese Argumentation nach Ansicht der Kammer nicht durch. Maßgeblich sind nämlich die Umstände, wie sie sich im Zeitpunkt des – möglichen – Betriebsüberganges darstellen und keineswegs spekulative Entwicklungsmöglichkeiten in der Zukunft. Nur am Rande sei diesbezüglich angemerkt, dass die Beklagte das Asylbewerberheim nach wie vor in dem Gebäude S. W. in C-Stadt betreut.

II.

39

Da die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 BGB mit Wirkung zum 01.11.2012 bis zur Eigenkündigung des Klägers zum 28.02.2013 in die Rechte und Pflichten des ehemals mit dem Nebenintervenienten bestehenden Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sind die von dem Kläger zuletzt geltend gemachten Zahlungsansprüche gemäß §§ 611, 615 BGB – als insoweit dem Grunde und der Höhe nach unstreitig – begründet.

III.

40

Die Beklagte hat als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die überwiegenden Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dies gilt lediglich gemäß § 269 Abs. 3 ZPO nicht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage, der – gemessen an dem wirtschaftlichen Wert – mit 10 % zu Lasten des Klägers in Ansatz zu bringen ist. Dagegen trägt die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten im Berufungsverfahren allein. Die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten für die 1. Instanz hat dieser gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG selbst zu tragen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Auflage/Koch, Rd.-nr. 3 zu § 12a ArbGG).

41

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

42

Diese Entscheidung befindet sich im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Divergenzen zu Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte sind ebenfalls nicht ersichtlich.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Mai 2013 - 8 AZR 207/12

bei uns veröffentlicht am 23.05.2013

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Februar 2012 - 1 Sa 24/11 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Februar 2012 - 1 Sa 24/11 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das ursprünglich zwischen der Streithelferin und dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 2011 auf die Beklagte übergegangen ist.

2

Der Kläger war seit 1987 bei der S AG beschäftigt. Er arbeitete zuletzt als Aufbau- und Wartungstechniker in der Betriebs- und Objektschutzabteilung. Die S AG firmierte später unter der Firma A S AG und danach unter A AG (im Folgenden: A).

3

Mit Wirkung zum 1. Juli 2005 schloss A einen Dienstleistungsvertrag mit der Streithelferin, einem Unternehmen des Bewachungs- und Sicherheitsgewerbes, über die Erbringung von Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen hinsichtlich der Bereiche Betriebsschutz, Betriebsfeuerwehr sowie der Sicherheitssysteme für den Betriebsschutz und die Betriebsfeuerwehr. Die Funktion „Betriebsschutz“, die zum damaligen Zeitpunkt 32 Arbeitnehmer umfasste, beinhaltete die Betreuung der Notrufzentrale, des Pforten- und Streifendienstes, des Besucherempfangs, des Schließwesens, der Parkplatzverwaltung und des zentralen Ausweiswesens. Die Funktion „Betriebsfeuerwehr“, die zum damaligen Zeitpunkt vier Arbeitnehmer umfasste, untergliederte sich in den vorbeugenden und den abwehrenden Brand- und Gefahrenschutz. Die dritte Funktion „Sicherheitssysteme für Betriebsschutz und Betriebsfeuerwehr“ diente der Einrichtung, Wartung und Instandhaltung der Sicherheitssysteme. Hierfür war der Kläger allein verantwortlich. Anlässlich einer Verlängerung des zwischen A und der Streithelferin bestehenden Dienstleistungsvertrags waren sich die Parteien einig, dass der abwehrende Brandschutz nicht mehr Teil der Aufgabenübertragung sein sollte. In den drei Funktionsbereichen „Betriebsschutz“, „Brandschutz“ sowie „Sicherheitssysteme“ waren noch 25 Arbeitnehmer tätig.

4

Zur Durchführung der Dienstleistungsaufträge setzte die Streithelferin verschiedene Geräte und DV-Systeme ein. Hierzu gehörte ua. das im Eigentum der A stehende zentrale Alarmmanagementsystem BIS (Building Integration System), welches von der Firma B erworben worden war. Das System diente zur Zustandsüberwachung und Meldungsbearbeitung von ca. 7.500 aufgeschalteten Adressen aus den Bereichen Brand, Einbruch, Notruf, Videosensoren, Zaunsensoren, Haustechnik, Gebäudeleittechnik sowie Steuerung von Türen, Toren, Schranken, Drehkreuzen und Videosprechstellen. Bei den aufgeschalteten Adressen handelte es sich zB um Türkontakte, Handmelder, automatische Rauchmelder, Bewegungsmelder und Fremdkontakte. Das Grundmodul stammt von der Firma B und ist im Handel frei erhältlich. Der Kläger passte das Grundmodul auf die Bedürfnisse des Bewachungsobjekts an, entwickelte das System weiter und erstellte eine Bedieneranleitung. Das System befand sich in einem von A zur Verfügung gestellten Raum auf dem Betriebsgelände, den die Streithelferin als Leitstelle nutzte. Diese sog. SOC-Leitstelle war stets mit mindestens zwei Mitarbeitern der Streithelferin zu besetzen.

5

Daneben setzte die Streithelferin das sog. BS-Infosystem zur zentralen Steuerung und Verwaltung von Tätigkeitsdaten (zB Wachbuch, Besucherdatenspeicherung, Aufzeichnungen von Meldungen, Tagesprotokollsystemen) ein.

6

Zur Durchführung des Dienstleistungsvertrags erließ die Streithelferin in der Folgezeit zahlreiche Arbeitsanweisungen, wie die Bewachungstätigkeiten im Einzelnen auszuführen seien.

7

Im April 2010 schrieb A den Dienstleistungsauftrag über die Bewachung des Betriebsgeländes neu aus. A und die Beklagte, ebenfalls ein Unternehmen des Sicherheitsgewerbes, schlossen unter dem 12./22. November 2010 einen Vertrag über Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen ab. In dem Vertrag heißt es auszugsweise (wörtliche Wiedergabe):

        

1.    

Vertragsgegenstand und Überleitungsregelung

        

1.1.   

Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer durch den vorliegenden Vertrag über Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen (nachfolgend ‚Vertrag’) mit der Erbringung von Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen im Rahmen des Betriebsschutzes, des Brandschutzes und der Sicherheitssysteme für den Betriebsschutz und Brandschutz.

        

1.2.   

Der Auftragnehmer wird den Schutz des Unternehmens, der Gebäude, der Einrichtungen und der Arbeitsergebnisse vor Zerstörung, Beschädigung, Diebstahl und sonstiger unerlaubter Handlungen zum Nachteil des Unternehmens und seiner Mitarbeiter sicherstellen. Er wird Firmenangehörige und Dritte vor Eingriffen in Leben, Gesundheit und Eigentum schützen und die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sicherstellen. …

        

…       

        
        

4.    

Verantwortlichkeiten und Organisation

        

4.1.   

Der Auftragnehmer erbringt seine Leistungen mit eigenem Personal, unter eigener Verantwortung und nach eigener Organisation. Der Auftragnehmer garantiert für die Erfüllung seiner Aufgaben nur Mitarbeiter einzusetzen, die mit dem vom Auftraggeber für jeweilige Tätigkeiten abgestimmten Anforderungsprofil für Sicherheitsmitarbeiter, Werkschutzkoordinator, Objektleiter, Stellvertreter und Mitarbeiter im Empfang etc. gerecht werden. …

        

…       

        
        

4.6.   

Der Auftragnehmer garantiert und weist nach, dass das eingesetzte Personal durch das Führungszeugnis des Bundesamtes für Justiz (einfaches Führungszeugnis) für die Leistungserbringung geeignet ist. Dies ist nur gegeben, wenn im Führungszeugnis ‚kein Eintrag’ vermerkt ist. …

        

4.7.   

Der Auftragnehmer ist darüber hinaus verpflichtet, durch geeignete Fort- und Weiterbildung die Mitarbeiter, die beim Auftraggeber eingesetzt sind, auf eigene Kosten auf die verantwortungsvolle Tätigkeit bei dem Auftraggeber vorzubereiten und auch während der Vertragslaufzeit weiter zu schulen. …“

8

Dem Vertrag waren mehrere Anlagen beigefügt, ua. nähere Beschreibungen der verschiedenen Anforderungsprofile. Auszugsweise heißt es in diesen:

        

Anlage 3.2a

        

       

        

Zu 2.: Anforderungsprofil der Funktion ‚Security Operating Center (Leitstelle/Werkschutzzentrale)‘

        

…       

        

-       

Verständnis für die bereitgestellten technischen Anlagen wie zum Beispiel Sicherheitsmanagementsystem BIS - B, Videoanlage BOVIS, Rundspruch, Sprinkler, BS-Info

        

…       

        
        

Zu 2.: Aufgabenschwerpunkte der Funktion ‚Security Operating Center (Leitstelle/Werkschutzzentrale)‘

        

-       

Bedienung der technischen Sicherheitsinfrastruktur sowie administrative und operative Bearbeitung aller eingehenden Alarme/Meldungen an folgender Anlagen BIS Managementsystem, BMA, EMA, ÜMA, GLT, Zuko, Videoeinrichtungen, Rundspruchanlage, Betriebsfunk

        

-       

Zutritts- und Zufahrtsüberwachung sowie Bedienung der technischen Zugangskontrolleinrichtungen

        

-       

Durchführung von Schließdiensten

        

-       

Aufnahme und Bearbeitung von Schadensfällen und sonstiger besonderer Vorkommnisse

        

-       

Alarmintervention

        

-       

Übernahme der Telefonvermittlung und Hotline Störungsstelle …

        

-       

Besucherempfang ab 18:00 Uhr …

        

-       

Fundsachenverwaltung

        

-       

Übernahme sonstiger Aufgaben im Rahmen des Pfortendienstes

        

-       

Mobile Aufgaben hinsichtlich der Überwachung und Kontrolle des Zaunes und der Tore/Drehkreuze auf Unversehrtheit …

        

-       

Hilfeleistungen im Rahmen von Notfällen

        

-       

Ausgabe besonderer Schlüssel

        

-       

führen des Wachbuches/Wachmeldung (BS-Infosystem) …

        

-       

Einsatzunterstützung bei besonderen Vorkommnissen wie beispielsweise:

                 

-       

Bedrohung von Personen und Objekten

                 

…       

                          
        

Zu 7.: Anforderungsprofil der Funktion ‚Streifen- und Kontrolldienst (Schließdienst)’

        

…       

        

-       

Verständnis für die bereitgestellten technischen Anlagen wie zum Beispiel Sicherheitsmanagementsystem BIS - B, Videoanlage BOVIS, Rundspruch, Sprinkler, BS-Info

        

…       

        
        

Anlage 3.2d

        

Gestellte Betriebsmittel Standort S

        

…       

        

-       

Software auf den PC´s (Standard: z. B. MS Office, Mailsystem; spezielle Software Ausweiskontrollsystem, BIS, BS-Info)

        

…“    

        
9

Die Leistungsbeschreibungen stimmten im Wesentlichen mit den Leistungsbeschreibungen überein, die zuvor zwischen der Streithelferin und A gegolten hatten. Allerdings wurde die Funktion „Betreuung der Sicherheitssysteme“ nicht mehr von der Beklagten weitergeführt. Diese Funktion wurde von der Firma B übernommen. Die Betreuung der Sprinkleranlage wurde an die Firma F fremdvergeben.

10

Zuletzt hatte die Streithelferin für den Überwachungsauftrag noch 21 Arbeitnehmer beschäftigt, die Beklagte setzte dann nur noch 14,5 Arbeitnehmer ein. Arbeitnehmer der Streithelferin übernahm die Beklagte nicht.

11

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass sein Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen sei. Die Bereiche „Betriebsschutz“, „Betriebsfeuerwehr“ sowie „Sicherheitssysteme für den Betriebsschutz und die Betriebsfeuerwehr“ hätten bei der Streithelferin eine abgrenzbare wirtschaftliche Einheit gebildet. Dass die Beklagte die technische Betreuung des Alarmmanagementsystems BIS nicht selbst fortgeführt habe, schade nicht, da die Betreuung und Entwicklung der Anlage nur eine dienende Funktion zur Ermöglichung der beiden Bereiche „Betriebsschutz“ und „Betriebsfeuerwehr“ gehabt habe.

12

Er hat ferner gemeint, dass der von der Streithelferin unterhaltene Betrieb oder Teilbetrieb als betriebsmittelgeprägt anzusehen sei. Das Alarmmanagementsystem BIS mache bei wertender Betrachtungsweise den für die Wertschöpfung wesentlichen Teil des Bewachungsauftrags aus. Ohne dieses hochkomplexe System könnte der Bewachungsauftrag, so wie vom Kunden gewünscht, nicht ausgeführt werden. Die hier zu erbringende Dienstleistung sei nicht mit einer traditionellen Tätigkeit im Bewachungsgewerbe zu vergleichen, bei der Streifengänge etc. im Vordergrund stünden. Durch den Einsatz der modernen Technik trete der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft in den Hintergrund. Das System sei, so wie es konkret eingesetzt werde, am freien Markt nicht erhältlich. Er, der Kläger, habe in die Anpassung des von B gelieferten Systems an die Bedürfnisse von A ca. 5.000 Arbeitsstunden investiert, was einem Mehrwert von 100.000,00 Euro ausmache.

13

Es habe auch ein Transfer des bei der Streithelferin vorhandenen Know-hows auf die Beklagte stattgefunden. Diese habe das vom Kläger erstellte Benutzerhandbuch zum BIS-System übernommen, Gleiches gelte für die von der Streithelferin erstellten Arbeitsanweisungen. Auch habe sich der Zweck der Tätigkeit nicht geändert. Der Bewachungsauftrag sei nahezu identisch und ohne zeitliche Unterbrechung von der Beklagten fortgeführt worden. Dass die Beklagte keine Arbeitnehmer übernommen habe, schließe einen Betriebsübergang nicht aus.

14

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen der Streithelferin und dem Kläger bestandene Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 1. Januar 2011 mit der Beklagten fortbesteht.

15

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Betriebsübergang nicht vorliegen. Ein Dienstleistungsauftrag im Bewachungsgewerbe sei typischerweise durch die menschliche Arbeitskraft geprägt. Daran ändere auch das zentrale Alarmmanagementsystem BIS nichts. Bei diesem handele es sich lediglich um ein Hilfsmittel, etwa einem Rauchmelder oder einer Videokamera vergleichbar. Trotz aller Technik seien es letztendlich die Wachleute, die sich bei einem Alarm zu den entsprechenden Stellen begeben müssten, um vor Ort die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Das BIS-System sei auch am Markt frei erhältlich. Nach Angaben von B sei es bislang deutschlandweit 500 bis 1.000 mal verkauft worden. Es handele sich letztendlich um eine Tätigkeit „an“ den EDV-Anlagen, nicht „mit“ diesen. Viele der von den Wachleuten zu erbringenden Tätigkeiten, wie zB der Streifendienst oder die Betreuung des Empfangs, müssten völlig losgelöst von dem Alarmsystem durchgeführt werden. Es seien anlässlich der Neuvergabe des Dienstleistungsauftrags zum 1. Januar 2011 auch wesentliche Änderungen im Vertragsinhalt vereinbart worden. Anstelle des bislang genutzten BS-Infosystems werde nunmehr das System SOC-Tool genutzt. Die SOC-Leitstelle werde nicht mehr an jedem Tag 24 Stunden besetzt, sondern nur noch montags bis samstags von 6:00 bis 22:00 Uhr. Anstatt eines Dreischicht- gebe es ein Zweischichtmodell. Der Mitarbeiter, der im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes eingesetzt gewesen sei, werde anstatt 40 nur noch 20 Stunden wöchentlich eingesetzt.

16

Auch seien die von der Streithelferin erstellten Arbeitsanweisungen nicht weiter genutzt worden. Im Übrigen sei es im Sicherheitsgewerbe üblich, dass der Bewachungsauftrag nach den Vorgaben des Auftraggebers durchgeführt werde.

17

Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage des Klägers abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Streithelferin Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat durch Teilurteil festgestellt, dass das zwischen der Streithelferin und dem Kläger bestandene Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 1. Januar 2011 mit der Beklagten fortbesteht. Weiter gehende Anträge des Klägers bezüglich des Laufs der Widerspruchsfrist und auf Weiterbeschäftigung hat es abgewiesen. Über eingeklagte Vergütungsansprüche hat das Landesarbeitsgericht noch keine Entscheidung getroffen. Mit ihrer durch das Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist im Wege eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) auf die Beklagte übergegangen.

19

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es liege ein Betriebsteilübergang auf die Beklagte vor. Bei wertender Betrachtungsweise komme dem Einsatz der menschlichen Arbeitskraft im Streitfall nur eine untergeordnete Rolle zu. Den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs mache der Einsatz des zentralen Alarmmanagementsystems BIS aus. Zwar sei das System grundsätzlich frei verkäuflich. Entscheidend sei hier aber, in welchem Umfang dieses DV-System auf die individuellen Bedürfnisse des Verwenders zugeschnitten und damit erst nutzbar gemacht worden sei. Nur durch den Einsatz des BIS-Systems könne gewährleistet werden, dass die übertragene Dienstleistung effizient und kostengünstig und so wie vom Kunden gewollt durchgeführt werde. Die streitgegenständliche Sicherheitsdienstleistung sei nicht dadurch gekennzeichnet, dass die Bindung an bestimmte Personen und das in diese gesetzte Vertrauen eine prägende Rolle spielten. Bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung komme es nicht auf quantitative Aspekte an. Entscheidend sei, dass bei einer wertenden Betrachtung die Dienstleistungen ohne die technischen Einrichtungen insgesamt nicht in dieser Form hätten erbracht werden können. Es sei auch davon auszugehen, dass die Beklagte die Arbeitsanweisungen der Streithelferin weiter genutzt habe. So sei es zu einem Know-how-Transfer gekommen. Die „Kundschaft“ sei gleich geblieben, weil der Dienstleistungsvertrag mit demselben Auftraggeber zustande gekommen sei. Auch der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Auftragsneuvergabe verrichteten Tätigkeiten sei beträchtlich. Schließlich sei davon auszugehen, dass die Funktionen „Betriebsschutz“, „vorbeugender Brandschutz“ und „Sicherheitssysteme“ bei der Streithelferin bereits einen eigenständigen Betriebsteil gebildet hätten. Diesem Betriebsteil sei der Kläger auch zugeordnet gewesen. Die Funktion „Sicherheitssysteme“ sei von der Beklagten zwar nicht weitergeführt worden, dabei handele es sich allerdings nicht selbst um einen Betriebsteil, sondern um eine Teilaufgabe innerhalb des Betriebsteils.

20

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

21

Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht von einem Betriebsübergang von der Streithelferin auf die Beklagte ausgegangen.

22

I. Ein Betriebsübergang iSv. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine auf Dauer angelegte organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr., vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39, AP BGB § 613a Nr. 423 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 130).

23

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Falle anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 40, AP BGB § 613a Nr. 423 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 130). Eine Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden (EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 8 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 6).

24

Wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur oder im Konzept der betrieblichen Tätigkeit können einer Identitätswahrung entgegenstehen (BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 26, AP BGB § 613a Nr. 426 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 135; vgl. auch 22. Januar 2009 - 8 AZR 158/07 - Rn. 24, AP BGB § 613a Nr. 367 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 107; 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - Rn. 34, BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51). Ein Betriebsübergang scheidet auch aus, wenn die funktionelle Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den Produktionsfaktoren beim anderen Unternehmer verloren geht. Bei einer Eingliederung der übertragenen Einheit in die Struktur des Erwerbers fällt der Zusammenhang dieser funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den für einen Betriebsübergang maßgeblichen Faktoren nicht zwangsläufig weg. Die Beibehaltung der „organisatorischen Selbständigkeit“ ist nicht erforderlich, wohl aber die Beibehaltung des Funktions- und Zweckzusammenhangs zwischen den verschiedenen übertragenen Faktoren, der es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren, auch wenn sie in eine neue, andere Organisationsstruktur eingegliedert werden, zur Verfolgung derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 48, Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2).

25

Die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen muss bereits beim Veräußerer eine abgrenzbare wirtschaftliche Einheit dargestellt und damit die Qualität eines Betriebs oder Betriebsteils gehabt haben, um die Voraussetzung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 37, BAGE 139, 309 = AP BGB § 613a Nr. 415 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 129; 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Rn. 16, AP BGB § 613a Nr. 406 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 124).

26

Im Rahmen des § 613a BGB gelten die allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast. Nimmt der Arbeitnehmer den vermeintlichen Betriebsübernehmer in Anspruch, muss er die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs sowie ggf. seiner organisatorischen Zuordnung zum übergegangenen Betriebsteil darlegen und beweisen (BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 28, AP BGB § 613a Nr. 426 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 135).

27

II. Nach diesen Grundsätzen hat ein Betriebsübergang von der Streithelferin auf die Beklagte stattgefunden.

28

1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Streithelferin zur Durchführung des Bewachungsauftrags bei A eine abgrenzbare wirtschaftliche Einheit im Sinne eines Betriebsteils nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unterhalten hat. Um den Bewachungsauftrag zu erfüllen, war es erforderlich, dass vor Ort Arbeitnehmer und Betriebsmittel eingesetzt wurden. Sie dienten dazu, die geschuldeten Aufgaben „Betriebsschutz“, „vorbeugender Brandschutz“ sowie „Sicherheitssysteme“ zu erledigen. Ein Personalaustausch fand nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur in Ausnahmefällen statt. Das Objekt stand zudem unter der Leitung eines bestimmten Objektleiters.

29

2. Die erforderliche Gesamtbetrachtung aller Umstände ergibt, dass mit der Neuvergabe des Auftrags auch ein Übergang einer wirtschaftlichen Einheit iSv. § 613a BGB einhergegangen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat in einigen Fällen angenommen, dass die Tätigkeit eines Bewachungsdienstleisters durch die menschliche Arbeitskraft geprägt war und deshalb die Neuvergabe eines Bewachungsauftrags dann nicht zu einem Betriebs(teil)übergang führt, wenn nicht ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil der Belegschaft übernommen wird (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 51 ff., AP BGB § 613a Nr. 423 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 130; 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 49 ff., AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98). Im Streitfall ist jedoch eine andere Betrachtung angezeigt.

30

a) Der bei der Streithelferin vorhandene Betriebsteil, der den Bewachungsauftrag durchgeführt hat, war durch die zum Einsatz kommenden Betriebsmittel geprägt.

31

Entscheidendes Kriterium ist, ob der Einsatz der sächlichen Betriebsmittel bei wertender Betrachtungsweise den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht. Zur näheren Konkretisierung, wann dies anzunehmen ist, hat das Bundesarbeitsgericht Kriterien entwickelt. Maßgebend kann es sein, dass die Betriebsmittel unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind, auf dem freien Markt nicht erhältlich sind oder ihr Gebrauch vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben ist (BAG 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 25, AP BGB § 613a Nr. 426 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 135; 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 21, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64; 13. Juni 2006 - 8 AZR 271/05 - Rn. 24, AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53).

32

b) Bei dem im Streit stehenden Alarmmanagementsystem BIS handelt es sich um ein Betriebsmittel, welches zur Durchführung des Bewachungsauftrags durch die Streithelferin eingesetzt wurde. Es ist davon auszugehen, dass auch die Beklagte den Bewachungsauftrag „mit“ dem Alarmmanagementsystem BIS ausführt und nicht nur „an“ diesem arbeitet (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 158/07 - Rn. 25, AP BGB § 613a Nr. 367 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 107). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte das BIS-System eigenwirtschaftlich nutzt (vgl. EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 42, Slg. 2005, I-11237 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 41).

33

c) Der Einsatz des Alarmmanagementsystems BIS durch die Beklagte war auch von A verlangt worden. Nach Ziff. 1.1. des zwischen A und der Beklagten abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags vom 12./22. November 2010 war Gegenstand des Vertrags die Erbringung von Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen im Rahmen des Betriebsschutzes, des Brandschutzes und der Sicherheitssysteme für den Betriebsschutz und Brandschutz. Nach Ziff. 1.2. sollte der Auftragnehmer den Schutz des Unternehmens, der Gebäude, der Einrichtungen und der Arbeitsergebnisse vor Zerstörung, Beschädigung, Diebstahl und sonstigen unerlaubten Handlungen zum Nachteil des Unternehmens oder seiner Mitarbeiter sicherstellen. Unmittelbarer Vertragsgegenstand war auch die Bedienung des Alarmmanagementsystems BIS. Dies ergibt sich aus den Anlagen zum Vertrag über Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen vom 12./22. November 2010 zwischen A und der Beklagten. Nach Ziff. 12.1. dieses Vertrags sind die Vertragsanlagen Vertragsbestandteile.

34

So wird in der Anlage 3.2a zu 2. (Anforderungsprofil für die Funktion „Security Operating Center [Leitstelle/Werkschutzzentrale]“) „Verständnis für die bereitgestellten technischen Anlagen wie zum Beispiel Sicherheitsmanagementsystem BIS-B“, verlangt. In der Anlage 3.2a zu 2. (Aufgabenschwerpunkte der Funktion „Security Operating Center [Leitstelle/Werkschutzzentrale]“) heißt es:

        

„Bedienung der technischen Sicherheitsinfrastruktur sowie administrative und operative Bearbeitung aller eingehenden Alarme/Meldungen an folgenden Anlagen BIS Managementsystem, ...“

35

Auch die Anlage 3.2a zu 7. (Anforderungsprofil der Funktion „Streifen- und Kontrolldienst [Schließdienst]“) verlangt „Verständnis für die bereitgestellten technischen Anlagen wie zum Beispiel Sicherheitsmanagementsystem BIS-B“. In der Anlage 3.2d (Gestellte Betriebsmittel Standort S) wird unter „Software auf den PC´s“ BIS ausdrücklich erwähnt.

36

Damit war vereinbart, dass das Alarmmanagementsystem BIS, welches A angeschafft hatte und das auf seine Bedürfnisse angepasst worden war, auch von dem neuen Sicherheitsdienstleister genutzt werden sollte.

37

Dass das BIS-System vom Auftraggeber obligatorisch zur Verfügung gestellt wurde, spricht für eine entscheidende Bedeutung dieses Betriebsmittels für die durchgeführten Sicherungstätigkeiten. Das System diente zur Zustandsüberwachung und Meldungsbearbeitung von ca. 7.500 aufgeschalteten Adressen aus den Bereichen Brand, Einbruch, Notruf, Videosensoren, Zaunsensoren, Haustechnik, Gebäudeleittechnik sowie Steuerung von Türen, Toren, Schranken, Drehkreuzen und Videosprechstellen. Bei den aufgeschalteten Adressen handelt es sich zB um Türkontakte, Handmelder, automatische Rauchmelder, Bewegungsmelder und Fremdkontakte. Das DV-System diente damit der technikunterstützten Überwachung des Gebäudes und des Geländes von der Leitstelle aus. Damit war es ein wichtiges Hilfsmittel, um die geschuldete Dienstleistung der Gewährung von Schutz und Sicherheit zu erbringen. Unerheblich ist, ob der Bewachungsauftrag theoretisch auch ohne das BIS-System hätte durchgeführt werden können. Denn es kommt stets darauf an, auf welche Weise und mit welchen Mitteln die Tätigkeit im Betrieb tatsächlich durchgeführt worden ist (vgl. BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 22, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64)bzw. wie sich der Auftraggeber die Durchführung des Auftrags konkret vorstellt. Erwartet der Auftraggeber die Erbringung von technischen Überwachungsleistungen, darf der Auftragnehmer die Bewachung nicht etwa durch Streifendienste ersetzen. Der Umstand, dass A erwartete, dass die Beklagte das bisher eingesetzte Alarmmanagementsystem BIS weiterhin nutzt, spricht für die Bedeutung dieses Betriebsmittels. Hätte A nur den Raum für die Leitstelle oder einfache PCs bzw. Videokameras zur Verfügung gestellt und deren Einsatz (zwingend) vorgegeben, so würde allein daraus allerdings noch nicht zu folgern sein, es handele sich um eine betriebsmittelgeprägte Tätigkeit (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 49 ff., AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98 zum Bewachungsauftrag bei einem Truppenübungsplatz). Die geforderte Weiterverwendung und Zurverfügungstellung des Alarmmanagementsystems BIS ist damit aber nicht vergleichbar. Dieses ist zwar auf dem freien Markt von der Firma B erhältlich. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass dieses System auf die individuellen Bedürfnisse der A angepasst worden war, um einen sinnvollen Einsatz sowohl durch die Streithelferin als auch die Beklagte zu ermöglichen.

38

Bei einer wertenden Betrachtungsweise hat zwar bei einem Bewachungsauftrag die Erbringung von Tätigkeiten, die durch die menschliche Arbeitskraft geprägt sind, eine nicht unerhebliche Bedeutung. Das Alarmmanagementsystem BIS ist allerdings für die in der Leitstelle arbeitenden Wachbediensteten bei ihrer Kontrolltätigkeit von entscheidender Bedeutung. Sie analysieren die Situation, wenn das System eine Alarm- oder Fehlermeldung anzeigt, und treffen aufgrund dieser Meldungen dann die notwendigen Entscheidungen. Der Einsatz dieser technischen Überwachungsvorrichtung macht mithin den eigentlichen Kern der Wertschöpfung für den Bewachungsbetrieb aus. Die von A geforderte Sicherheit gewährleistet das Wachpersonal mittels des Alarmmanagementsystems BIS.

39

Auch dass mit dem Alarmmanagementsystem BIS unmittelbar stets nur diejenigen Wachbediensteten arbeiten, die in der Leitstelle anwesend sind, ändert an dieser Beurteilung nichts. Dies waren nach Angaben der Beklagten sowohl bei der Streithelferin als auch bei ihr deutlich weniger als die Hälfte der Beschäftigten. Die anderen Arbeitnehmer arbeiteten in den Bereichen des vorbeugenden Brandschutzes, im Streifen- oder Schlüsseldienst, in der Ausweisbetreuung, Parkplatzverwaltung oder Rezeption. Aber auch diese Tätigkeiten waren zumindest teilweise durch das BIS-System geprägt, weil sie aufgrund von Meldungen desselben „gesteuert“ wurden.

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Im Streitfall war das Alarmmanagementsystem BIS nicht nur für die unmittelbar mit diesem System in der Leitstelle arbeitenden Beschäftigten von tätigkeitsprägender Bedeutung. Ein entscheidender Teil der Tätigkeit des übrigen Personals erfolgte aufgrund der durch das Alarmsicherungssystem gewonnenen Erkenntnisse. Wenn das Alarmsystem Störungen oder Probleme gemeldet hatte, wurde der Einsatz des übrigen Wachpersonals zu deren Beseitigung oder Aufklärungen erforderlich. Da gerade diese Tätigkeiten zu den betriebsprägenden Aufgaben eines Sicherheits- und Überwachungsunternehmens zählen, hatte das Alarmmanagementsystem BIS, welches 7.500 „Adressen“ überwachte, betriebsprägenden Charakter. Im Rahmen der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung ist zu beachten, dass es Konstellationen geben kann, bei denen eine betriebliche Tätigkeit durch den Einsatz eines bestimmten Betriebsmittels geprägt wird, obwohl nicht alle Arbeitnehmer direkt an diesem Betriebsmittel zum Einsatz kommen. Damit war der Betriebsteil, den die Streithelferin betrieben hatte, betriebsmittelgeprägt.

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d) Dieses Betriebsmittel (Alarmmanagementsystem BIS), welches in der Gesamtschau die entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Wertschöpfung des Betriebs der Streithelferin gespielt hat, ist von der Beklagten entsprechend der mit A getroffenen vertraglichen Vereinbarung vom 12./22. November 2010 zur weiteren Verwendung übernommen worden.

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e) Damit setzt der Senat seine Rechtsprechung in früheren Entscheidungen fort. In dem „Flughafenfall“ hatte der Senat einen Betriebsübergang bejaht, nachdem der neue Dienstleister die von der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung gestellten, auf dem freien Markt nicht erhältlichen Geräte, wie Torbogen, Gepäckbänder mit automatischer Röntgensichtung etc. übernommen hatte (BAG 13. Juni 2006 - 8 AZR 271/05 - Rn. 24, AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53). Der Streitfall ist auch mit dem der „Schlachthofentscheidung“ zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar (vgl. BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 22, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dort konnte die angestrebte Massentierschlachtung ohne die sich in den Räumlichkeiten befindlichen Einrichtungen wie Förderbänder, Hebeeinrichtungen, Fellabzugsmaschine etc. allein durch die menschliche Arbeitskraft nicht realisiert werden. Die dort genutzten „Produktionsmittel“ waren für den gewünschten Betriebserfolg ebenso identitätsstiftend wie das im Streitfall durch das BIS-System der Fall ist.

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f) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, dass weitere Gesichtspunkte im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung für das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs sprechen. Die Art des Unternehmens und der verfolgte Betriebszweck sind weitgehend gleich geblieben. Auch die Beklagte betreibt ebenso wie die Streithelferin ein Bewachungs- und Sicherheitsgewerbe. Der „Kunde“, nämlich der Auftraggeber A, ist ebenfalls derselbe geblieben. Es kam auch zu keiner zeitlichen Unterbrechung, sondern der neue Dienstleistungsauftrag wurde von der Beklagten ab dem 1. Januar 2011 nahtlos übernommen.

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Auch das Know-how wurde zum Teil auf die Beklagte übertragen. Diese hat das Handbuch für die Benutzung des BIS-Systems übernommen. Eine Einarbeitung durch Mitarbeiter der Streithelferin hat zwar nicht stattgefunden, das Landesarbeitsgericht hat jedoch festgestellt, dass die Beklagte auch die existierenden Arbeitsanweisungen weiter genutzt hat.

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g) Handelt es sich demnach bei der Erbringung der Sicherheitsdienstleistungen um einen Betriebsteil, bei dem die menschliche Arbeitskraft nicht im Vordergrund steht, so fällt bei der Gesamtschau nicht ins Gewicht, dass die Beklagte keine Arbeitnehmer der Streithelferin übernommen hat. Die Neuvergabe des Dienstleistungsauftrags stellt sich vor diesem Hintergrund somit nicht lediglich als bloße Tätigkeits- und Funktionsnachfolge dar.

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h) Es stellt keine wesentliche Organisationsänderung dar, welche einen Betriebsübergang ausschließen könnte, dass die Beklagte die Betreuung des Alarmmanagementsystems BIS nicht mehr selbst erbringt, sondern diese Tätigkeit auf die Firma B übertragen hat. Im Verhältnis zur Auftraggeberin schuldete sie zwar noch die Betreuung des Systems, erbringt diese aber nicht mehr mit eigens dafür qualifizierten Mitarbeitern. Dass die Betreuung und Pflege des Alarmmanagementsystems BIS, das den Kern der Wertschöpfung bei dem übernommenen Bewachungsauftrag ausmacht, künftig nicht mehr mit eigenem Personal, sondern mittels „Fremdvergabe“ erfolgt, ist keine wesentliche Änderung der Betriebsorganisation. Eine solche läge nur vor, wenn es zu einer wesentlichen Änderung der Tätigkeit aufgrund von Änderungen des Konzepts und der Strukturen gekommen wäre (vgl. BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 28, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

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III. Somit ist der Teilbetrieb „Überwachungs- und Sicherheitsdienst“ durch die Beklagte im Wege eines Betriebsteilübergangs von der Streithelferin ab dem 1. Januar 2011 übernommen worden. Da der Kläger in diesen Betriebsteil eingegliedert war, ist sein Arbeitsverhältnis ab diesem Zeitpunkt gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen.

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C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Zu diesen Kosten zählen auch die der Nebenintervention, § 101 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Gothe    

        

    Dr. Ronny Schimmer    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.