Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Jan. 2010 - 2 Sa 225/09

bei uns veröffentlicht am27.01.2010

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtswidrigkeit einer Kündigung. Hierzu heißt es in dem Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 09.06.2009 - 5 Ca 1937/08 - u. a. wie folgt:

2

Die 1967 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 12.02.2007 beschäftigt. Das letzte monatliche Bruttogehalt betrug durchschnittlich 2.500,00 Euro. Nach dem Arbeitsvertrag (Blatt 9 der Akte) wurde die Klägerin als Buchhalterin eingestellt. Es findet sich unter § 1.4 die folgende Regelung:

3

"Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, die während ihrer Tätigkeit auf sie zukommenden Aufgaben gewissenhaft und nach bestem Vermögen zu erfüllen, in jeder Hinsicht die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und ihre ganze Arbeitskraft dem Arbeitgeber zu widmen. Sie verpflichtet sich weiterhin, bei Bedarf auch andere Arbeiten, die ihrer Qualifikation entsprechen, zu übernehmen, sich in andere Abteilungen des Betriebes oder andere Niederlassungen des Arbeitgebers versetzen zu lassen."

4

Unter dem 17.07.2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung.

5

Die Beklagte betreibt insgesamt 18 Hotels. In dem Büro in W., in welchem auch die Klägerin eingesetzt war, wurden für die gesamte Hotelkette Buchführungsarbeiten erledigt. Im IV. Quartal des Jahres 2007 übertrug der seinerzeitige Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten, Herr C., sämtliche GmbH-Geschäftsanteile an eine andere Gesellschaft. Die neue Geschäftsführerin der Beklagten entschied, die gesamten Buchhaltungsaufgaben an eine Drittfirma, die Firma R. & Partner in N., zu vergeben und im Anschluss daran die Betriebsstätte W. zu schließen und sämtlichen dort beschäftigten Mitarbeitern betriebsbedingt zu kündigen. Diese Entscheidung wurde im Juni/Juli 2008 getroffen. Im September 2008 übernahm die Firma R. & Partner die Buchführung sowie die sonstigen steuerrechtlichen Angelegenheiten der Beklagten. In welchem konkreten Umfang, ist zwischen den Beteiligten streitig.

6

Unter dem 28.07.2008, der Klägerin zugegangen am 01.08.2008, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2008. Mit ihr gemeinsam wurden sämtliche weitere Mitarbeiter der Betriebsstätte W. gekündigt.

7

Eingestellt wurden für eine Tätigkeit in Berlin von der Beklagten Herr N. als Chief financial officer (CFO) sowie Frau T. als persönliche Assistentin des Herrn N.. Sie erledigt allgemeine Verwaltungsaufgaben für Herrn N.. Weiter wurden neu eingestellt Frau K., welche in B. für die Postannahme, Telefonanlage und interne Administration zuständig ist sowie auch Frau W., welche in B. als Assistentin des Geschäftsführers tätig wird. Weiter ist angestellt worden ein Herr J., welcher im Verkauf tätig ist.

8

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Beklagten vom 28.07.2008 zum 31.08.2008 nicht beendet worden ist.

9

In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Kündigung sei unwirksam, weil die Klägerin gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b KSchG an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden könne. Diese gesetzliche Bestimmung sei Ausfluss des Ultima-Ratio-Prinzips. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin vor Ausspruch der Beendigungskündigung im Wege der Änderungskündigung eine Weiterbeschäftigung in B. anzubieten. In B. hätte ein derartiger Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Jedenfalls die Tätigkeiten von Frau W. und Frau K. hätten von der Klägerin übernommen werden können. Hierzu sei die Beklagte auch im Hinblick auf die Regelung des § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages und der darin aufgeführten Versetzungsmöglichkeiten in andere Niederlassungen verpflichtet gewesen. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

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Dieses Urteil ist der Beklagten am 22.07.2009 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 05.08.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Nachdem auf Grund eines fristgerecht eingegangenen Antrages die Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.10.2009 verlängert worden ist, ist die Berufungsbegründung am 22.10.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

11

Die Beklagte ist der Auffassung, im vorliegenden Fall hätte keine Änderungskündigung erfolgen müssen. Die Klägerin habe ausdrücklich vor der streitigen Beendigungskündigung eine entsprechende Änderungskündigung in Form einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz abgelehnt. Bei einem Gespräch im Februar 2009 mit Herrn R. habe die Klägerin erklärt, sie sei keinesfalls bereit, ihren Arbeitsplatz nach B. zu verlegen. Auch läge einer der sogenannten Extremfälle vor, weil die Klägerin durch widersprüchliches Verhaltens einerseits ihre Tätigkeit mit Herrn N. vergleiche und andererseits sich auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einen Arbeitsplatz in den Räumen in B. berufe. Mit Frau T. könne die Klägerin sich schon deshalb nicht vergleichen, weil Frau T. deutlich höhere Ausbildungsanforderungen habe.

12

Die Beklagte beantragt,

13

das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin - 5 Ca 1937/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

16

Die Klägerin tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

17

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben.

19

Zu den Angriffen der Berufung gilt Folgendes:

20

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im Februar 2008 in einem Gespräch mit Herrn R. eine Verlegung ihres Arbeitsplatzes nach B. abgelehnt habe. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht Schwerin darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer grundsätzlich eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen anbieten muss. Eine Änderungskündigung darf nur in Extremfällen unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebotes durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter gehabt hätte. Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht (BAG vom 21.09.2006, 2 AZR 607/05).

21

Allein der Umstand, dass die Klägerin erklärt habe, sie sei bereit nach H., nicht aber nach B. zu gehen, rechtfertigt nicht die Annahme einer "Extremsituation". Es ist nämlich durchaus möglich, dass die Klägerin bei Erhalt einer Änderungskündigung ihren Entschluss noch einmal überdacht hätte und das Angebot, nach B. zu gehen - jedenfalls unter dem Vorbehalt der Überprüfung gemäß § 2 KSchG - angenommen hätte.

22

Das Angebot eines neuen Arbeitsplatzes in B. hätte auch keinen beleidigenden Charakter gehabt. Unwidersprochen hat die Klägerin vor dem Wechsel des Gesellschafters und Geschäftsführers C. bei der Beklagten über eine herausgehobene Stellung verfügt. So ist die Beklagte auch nicht der Behauptung der Klägerin entgegengetreten, ihr sei im April 2007 neben der Leitung der gesamten Buchhaltung auch die Leitung der gesamten Verwaltung übertragen worden (Blatt 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 01.04.2009). Ferner sei sie auch für das gesamte Rechnungswesen, das Controlling und den Zahlungsverkehr zuständig gewesen.

23

Die Entscheidung, die gesamte Buchführung und alle damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben an ein anderes Unternehmen zu vergeben, soll im Juni/Juli 2008 getroffen worden sein. Somit stand zu diesem Zeitpunkt fest, dass zumindest ein Teil der Aufgaben der Klägerin wegfallen würden. Warum dann zu diesem Zeitpunkt Herr N. von der Beklagten eingestellt wurde und ihm gleichzeitig eine Assistentin Frau T. zur Seite gestellt worden ist, ohne die Klägerin mit Aufgaben zu betrauen, die von diesen beiden Personen wahrgenommen werden sollten, ist nicht ersichtlich.

24

Die Beklagte trägt vor, dass Herr N. ein sogenannter "Chief financial officer" (CFO) bei der Beklagten ist. Eine Änderung des Zuschnitts der Beklagten ist von dieser nicht vorgetragen worden. Allein der Titel "CFO" und die Angabe, dass die Tätigkeit ein abgeschlossenes fachbezogenes Hochschulstudium voraussetzt (wobei unklar bleibt, ob Herr N. über ein solches verfügt), reicht noch nicht aus, um darzulegen, dass die Klägerin mit derartigen Aufgaben nicht hätte betraut werden können.

25

Die Beklagte hat weder vorgetragen, dass vor dem Gesellschafterwechsel bei der Beklagten Personen tätig gewesen seien, die der Klägerin übergeordnet gewesen waren und die für die Finanzangelegenheiten zuständig gewesen wären. Auch hat sie nicht vorgetragen, dass die Klägerin ihre Aufgaben nicht zufriedenstellend erfüllt hat.

26

Entsprechendes gilt hinsichtlich des Arbeitsplatzes von Frau T., die Herrn N. als Assistentin zur Seite gestellt worden sei. Auch wenn diese mit allgemeinen Verwaltungsaufgaben betraut worden ist, sind solche unbestritten auch von der Klägerin wahrgenommen worden.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

28

Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.

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Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Jan. 2010 - 2 Sa 225/09 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

Referenzen

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.