Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Feststellungsantrages und eines Beschäftigungsbegehrens um die Frage, ob der Kläger im Jahre 2014 noch wirksam dem Betriebsübergang widersprechen konnte, durch den das ursprüngliche Arbeitsverhältnis der Parteien zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 faktisch zum Erliegen gekommen war.

2

Die Beklagte ist ein ehemaliges Staatsunternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, das Postdienste erbringt. Der 1962 geborene Kläger ist seit Oktober 1983 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger als Arbeitnehmer tätig gewesen. Er war zuletzt in der Service Niederlassung Verbundinstandhaltung im Bereich Management und Instandhaltungsleistungen (Technischer Service und Immobilienservice) im technischen Service der Beklagten in A-Stadt eingesetzt. Der Kläger ist nicht tarifgebunden und war dies auch in der Vergangenheit nicht. Die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten ist allerdings einzelvertraglich vereinbart. Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt der Entgeltgruppe 3 zugeordnet.

3

Zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 hat die Beklagte den Bereich des Technischen Service im Konzern neu geordnet; seinerzeit hatte man unnötige Doppelstrukturen ausgemacht, die man abbauen wollte. Der technische Service sollte bei einer neu zu gründenden mittelbaren Konzerntochter konzentriert werden. Zu diesem Zwecke wurde die TS GmbH mit Sitz in C-Stadt gegründet (im Folgenden – trotz späterer Namensveränderungen – nur mit TS bezeichnet). Die TS sollte einerseits die Servicebereiche aus dem Immobilien-Management der Beklagten im Konzern übernehmen, die bisher unter Regie einer eigenen GmbH, die im Folgenden mit Immobilienservice GmbH bezeichnet wird, betrieben wurden. Außerdem sollten in der TS die postbetriebsnahen ("zustellaffinen") Servicebereiche und der Immobilienservice, der bisher noch nicht durch die Immobilien GmbH betrieben wurde, konzentriert werden. Die Einheit, der der Kläger in A-Stadt angehörte, war schon vor dem streitigen Betriebsübergang sowohl für postbetriebsnahe Dienstleistungen als auch für immobiliennahe Dienstleistungen zuständig. Der Kläger war in beiden Bereichen eingesetzt, sein Schwerpunkt hatte er im Bereich der immobiliennahen Dienstleistungen, überwiegend hat er vor und nach dem Betriebsübergang handwerkliche Leistungen an den Immobilienobjekten – insbesondere an den Betriebsgebäuden – der Beklagten und anderer Konzerngesellschaften erbracht.

4

Die Umstrukturierung, die beide Parteien als Betriebsübergang begreifen, fand zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 statt. Deutschlandweit waren davon rund 1.000 Arbeitnehmer und etwas über 150 zugeordnete Beamte betroffen. Der Betriebsteilübergang wurde durch eine umfängliche Kommunikation seitens der Beklagten begleitet. Schriftlich wurde der Kläger unter dem 14. November 2005 und unter dem 5. Dezember 2005 über die anstehenden Veränderungen unterrichtet.

5

Mit Schreiben vom 14. November 2005 informierte die Beklagte den Kläger über einen Betriebsteilübergang seines Arbeitsverhältnisses auf TS mit Wirkung ab 1. Januar 2006 (Anlage K 5, hier Blatt 23 ff). Das Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

6

"Sehr geehrte(r) Herr [es folgt der Name des Klägers],

7

der Bereich Management- und Instandhaltungsleistungen (technischer Service und Immobilienservice), der zur Zeit in der … der [Beklagten] und in der [Immobilienservice GmbH] wahrgenommen wird, soll zum 01.01.2006 reorganisiert und zukünftig von zwei Tochtergesellschaften, der … (umfirmierte [Immobilienservice GmbH]) und der [TS] (neu gegründete Gesellschaft), wahrgenommen werden.

8

Die [TS] wird ab 01.01.2006 im Konzern … der zentrale Dienstleister für operative technische Dienstleistungen sein. Vor diesem Hintergrund werden sämtliche Leistungen im Bereich des operativen technischen Service aus der Service Niederlassung Verbundinstandhaltung und der [Immobilienservice GmbH] zur [TS] verlagert, um Synergieeffekte durch die Zusammenlegung der operativen Aufgaben in einer Organisationseinheit zu nutzen. …

9

Zum 01.01.2006 sollen daher die regionalen Abteilungen "Verbund-Instandhaltung", die Aufgaben Stab Controlling, Technisches Instandhaltungsmanagement (Sachgebiet 161), Konzernarchiv (Sachgebiet 166) und Soft- und Hardware Support (Sachgebiet 164) der Service Niederlassung Verbundinstandhaltung der [Beklagten] in die [TS] im Wege der Einzelrechtsnachfolge überführt werden.

10

Die entsprechenden Tätigkeitsfelder werden somit ab dem 01.01.2006 bei der Service Niederlassung Verbundinstandhaltung nicht mehr vorhanden sein.

11

Die regionalen Abteilungen "Verbundinstandhaltung" der Service Niederlassung Verbundinstandhaltung der [Beklagten] sollen in der [TS] mit den regionalen Abteilungen "Technischer Service" der [Immobilienservice GmbH], die zeitgleich in die [TS] übergeleitet werden sollen, zusammengeführt werden.

12

Die Technischen Stellen (operativer Overhead) werden sukzessive zusammengeführt und reduziert. Die Standorte (politische Gemeinden) der ehemaligen Technischen Stellen bleiben als Service-Stützpunkte bestehen.

13

Da Ihr Arbeitsverhältnis von diesem Betriebsübergang betroffen sein wird, möchten wir Sie über die daraus resultierenden Folgen unterrichten:

14

Infolge des Betriebsübergangs wird Ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.01.2006 gemäß § 613a Abs. 1 BGB auf die [TS] als Ihre neue Arbeitgeberin übergehen. Diese tritt dann in alle zum Überleitungszeitpunkt bestehenden Rechte und Pflichten aus Ihrem Arbeitsverhältnis ein.

15

Damit haftet die [TS] auch für bestehende Verbindlichkeiten Ihrer bisherigen Arbeitgeberin. Gleichzeitig haftet die [Beklagte] für Ansprüche, die bereits zum Überleitungszeitpunkt entstanden und fällig sind oder binnen eines Jahres fällig werden.

16

In tarifvertraglicher Hinsicht hat der Betriebsübergang im Wesentlichen folgende Bedeutung für Sie:

17

Bei der [TS] gelten ein eigenständiger Mantel- und ein Entgelttarifvertrag, die mit ver. di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft vereinbart wurden. Außerdem wurde ein Tarifvertrag zur Teilnahme am Pensionsfonds abgeschlossen.

18

Zusätzlich zu diesen wurden mit ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft tarifvertragliche Regelungen für Arbeitnehmer vereinbart, die am 31.12.2005 bei der [Beklagten] in einem tariflichen Arbeitsverhältnis stehen und am 01.01.2006 gem. § 613a BGB zur [TS] übergeleitet werden, für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses. Hierzu zählen:

19
Die manteltarifvertraglichen Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie zum Besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer werden im Wesentlichen übertragen.
20
Es wurden umfassende Besitz- und Rechtsstandregelungen zur Entgeltsicherung vereinbart.
21
Auch Ihre Betriebliche Altersversorgung wird weitergeführt.
22
Die tarifvertraglichen Regelungen zum Rationalisierungsschutz und zur Altersteilzeit sowie der bis zum 31.03.2008 gültige Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen wurden inhaltlich ebenfalls übertragen.
23

Die bislang auf Ihr Arbeitsverhältnis anwendbaren Betriebsvereinbarungen gelten – soweit es sich um den Inhalt Ihres Arbeitsverhältnisses gestaltende Regelungen handelt – individualvertraglich im Rahmen des § 613a Abs. 1 BGB weiter und können nicht vor Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs zu Ihrem Nachteil verändert werden. Dies gilt nicht, sofern sie durch kollektivrechtliche Regelungen (Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen) der [TS] abgelöst werden, soweit diese für Sie gelten und den gleichen Regelungsgegenstand betreffen.

24

Im Rahmen eines Interessenausgleichs wurde mit dem Konzernbetriebsrat u. a. vereinbart, dass:

25
die Beschäftigten der Service Niederlassung Verbundinstandhaltung und deren Hinterbliebene auf Grundlage der bisher geltenden Bestimmungen des § 11 des Sozialtarifvertrages Nr. 53 der [Beklagten] wohnungsberechtigt bleiben,
26
die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung zur Integration schwerbehinderter Menschen bei der Deutsche Post Immobilien- und Servicemanagement GmbH in der [TS] entsprechend Anwendung findet, bis sie durch eine neue Vereinbarung mit dem zuständigen Sozialpartner ersetzt wird.
27
für die in die [TS] wechselnden Beschäftigten die Aufgaben im Bereich technischer Service, insbesondere der Instandhaltung, Inspektion und Wartung betriebstechnischer und immobilientechnischer Einrichtungen und Anlagen des Konzerns … bis zum 31.12.2006 zugesichert werden,
28
die Standorte (politische Gemeinden) der [TS] grundsätzlich bis zum 31.03.2008 erhalten bleiben sollen, jedoch ab dem 01.01.2007 Standortverlagerungen nach Gesprächen mit dem Sozialpartner möglich sind.
29

… Ungeachtet dieser attraktiven Regelungen, haben Sie das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Sollten Sie gleichwohl mit der Überleitung nicht einverstanden sein, müssen Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zur [TS] innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Schreibens schriftlich widersprechen. …

30

Ein Widerspruch hätte zur Folge, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht auf die [TS] übergeht, sondern Sie weiterhin Arbeitnehmer(in) der [Beklagten] bleiben. Bei Ihrer Entscheidung bitten wir zu berücksichtigen, dass Ihr bisheriger Arbeitsplatz nach dem Betriebsübergang bei der [Beklagten] … nicht mehr vorhanden sein wird. …"

31

Zu dem anstehenden Betriebsübergang fand am 17. November 2005 eine Betriebsversammlung statt. Im Nachgang zu dieser Betriebsversammlung erhielt der Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 weitere Informationen (Anlage K 6, hier Blatt 25) und – wie dort angekündigt – die Texte diverser Tarifverträge. Der Inhalt dieses Schreibens lautet auszugsweise wie folgt:

32

"Sehr geehrte/r Herr [es folgt der Name des Klägers],

33

wir hatten Sie im Rahmen der Betriebsversammlung am 17. November 2005 in E. über die Gründung der [TS] informiert und versprochen, Ihnen die Tarifverträge zuzusenden. Diese finden Sie in der Anlage zusammen mit einer Beispielrechnung zur Überleitung in das neue Entgeltsystem und der Konzernbetriebsvereinbarung.

34

Arbeitgeber und Sozialpartner haben eine für alle Seiten faire und tragfähige Lösung gestaltet. Die Sozialverträglichkeit der Maßnahme ist durch Absicherung der Arbeitnehmerrechte und Besitzstände umfänglich gewährleistet.

35

Eine Frage, die wir als Rückmeldung zur Betriebsversammlung aufgenommen haben, möchten wir hier offen zur Sprache bringen. Dabei handelt es sich um die mögliche Garantie bei einem theoretischen Verkauf der Gesellschaft.

36

Die [TS] wird der Konzerndienstleister für technische Instandhaltung an Immobilien und betriebstechnischen Einrichtungen. Klar ist, dass sich der Konzern wirtschaftlich schlechter stellt, wenn er die [TS] verkauft. Dieses gilt auch für die Zukunft. Eine Garantie dafür wird Ihnen aber kein Unternehmen geben. Dieses gilt auch für die [Beklagte].

37

Ihr Wunsch an eine angemessene Absicherung Ihrer Situation ist verständlich und berechtigt. Die getroffenen Regelungen gewähren dazu eine umfassende Absicherung. Detailliert nachlesbar ist das in den für Sie geltenden speziellen Regelungen des beiliegenden Tarifvertrages Nr. 4. Die für Sie wichtigsten möchten wir deshalb noch einmal erwähnen: …"

38

Ab dem 1. Januar 2006 nahm der Kläger seine Tätigkeit bei TS mit unveränderter Arbeitsaufgabe und unverändertem Arbeitsort wahr und widersprach dem Betriebsteilübergang zunächst nicht. Im Gegensatz zum Kläger hatten seinerzeit deutschlandweit rund 80 Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprochen. Die Beklagte gibt an, man sei von der hohen Anzahl der Widersprecher überrascht gewesen und hätte daher entgegen den ursprünglichen Plänen sich kurzfristig dazu entschlossen, alle Widersprecher im Wege der Konzernleihe der TS zur Arbeitsleistung zu überlassen. Die Beamten wurden – so bereits die ursprüngliche Planung – ebenfalls der TS zur Dienstleistung überlassen.

39

Der Kläger hatte nach Aufnahme der Tätigkeit bei der TS durch Verwendung der bei dieser Gesellschaft vorgeschriebenen Briefbögen zur Kenntnis nehmen können, wo die TS ihren Sitz hatte, bei welchem Registergericht das Unternehmen mit welcher Registernummer eingetragen ist, wie die Geschäftsadresse lautete und wer die vertretungsberechtigten verantwortlichen Geschäftsführer waren. Die Briefbögen nutzte der Kläger in seiner Eigenschaft als Servicekraft selbst. Bereits mit Schreiben der TS vom 21. Februar 2006 erhielt er außerdem Informationen über seine neue Eingruppierung in die Entgeltgruppe 2 Gruppenstufe 5 ab Januar 2006. Auch in diesem Schreiben sind in der Fußzeile die Namen der Geschäftsführer und der Sitz der Gesellschaft, das Handelsregister und die Handelsregisternummer aufgeführt.

40

Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der TS hat sich störungsfrei entwickelt. Der Kläger hat die ihm gebotenen Möglichkeiten zur Beeinflussung seiner dortigen Arbeitsbedingungen genutzt. Er hat Lehrgänge besucht und entsprechende Zertifikate erworben. Er ist zum Sachkundigen ernannt worden und erhält seit dem deshalb einen Zuschlag zum Entgelt. Seit Januar 2007 ist auf sein Betreiben hin eine Umwandlung eines Teils seines Gehaltes in eine Beitragszahlung zum Postbank Pensionsfond erfolgt. Auch hat er im Jahre 2009 und 2014 Verbesserungsvorschläge eingebracht, für die er jeweils prämiert worden ist.

41

Zum 30. Juni 2011 wurde die zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 vollzogene Umstrukturierung innerhalb des Konzerns der Beklagten teilweise wieder rückgängig gemacht ("Insourcing"). Die postdienstnahen Dienstleistungen ("zustellaffine Dienste") sind aus der TS wieder ausgegliedert worden und werden nunmehr wieder von der Beklagten selbst durch die Niederlassungen BRIEF betrieben. Die Beklagte hat hierfür vorrangig die Beamten zurückgeholt sowie die rund 80 Arbeitnehmer, die bereits 2005 dem Betriebsübergang auf die TS widersprochen hatten. Der Kläger war davon nicht betroffen.

42

Im Jahre 2013 wurde die TS innerhalb des Konzerns, dem die Beklagte angehört, neu zugeordnet. Sie ist nunmehr eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Immobilienservice GmbH, an der die Beklagte seit 2013 nur noch 51 Prozent der Gesellschaftsanteile hält, während die weiteren 49 Prozent von der B. F. Services GmbH (im Folgenden als B GmbH bezeichnet) gehalten werden. Diese Gesellschaft hat auch eine Kaufoption auf die restlichen Geschäftsanteile. In diesem Zuge hat die TS ihren Namen geändert, im Folgenden wird sie jedoch weiter als TS bezeichnet.

43

Getragen von der Sorge um den zukünftigen Verbleib der TS im Konzern der Beklagten hat der Kläger schließlich mit Schreiben vom 7. Mai 2014 gegenüber der Beklagten dem bereits Anfang 2006 faktisch vollzogenen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die TS widersprochen (Anlage K 7, hier Blatt 26, es wird Bezug genommen). Dem Widerspruch ist die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Juni 2014 (Anlage K 8, hier Blatt 27) entgegengetreten. Sie hat dabei die Auffassung vertreten, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe. Nach Angaben der Beklagten ist der Widerspruch des Klägers kein Einzelfall. Deutschlandweit hätten nach dem Einstieg der B GmbH als Mitgesellschafter etwa 50 Arbeitnehmer nachträglich dem Betriebsübergang widersprochen, von denen nahezu alle inzwischen mit gerichtlicher Hilfe versuchen, ihre Ansprüche durchzusetzen.

44

Mit der am 10. Juli 2014 beim Arbeitsgericht Stralsund eingegangenen Klage begehrt der Kläger die gerichtliche Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch über den 31. Dezember 2005 hinaus fortbesteht sowie die Verurteilung der Beklagten zur tatsächlichen vertragsgemäßen Beschäftigung des Klägers auf Basis dieses Arbeitsverhältnisses.

45

Das Arbeitsgericht Stralsund hat der Klage mit Urteil vom 28. April 2015 (11 Ca 625/14) entsprochen und in der Hauptsache wie folgt tenoriert:

46

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu unveränderten Bedingungen über den 31. Dezember 2005 hinaus fortbesteht.

47

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger entsprechend den bei ihr geltenden tariflichen Vorschriften unter Berücksichtigung einer Betriebszugehörigkeit des Klägers ab 10. Oktober 1983 und einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrages der Deutschen Post AG in Vollzeit zu beschäftigen.

48

Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits in erster Instanz Bezug genommen.

49

Mit der rechtzeitig eingelegten und fristgemäß begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel weiter, die Klage abweisen zu lassen.

50

Die Beklagte wehrt sich gegen den Vorwurf, ihre Unterrichtung über den Betriebsübergang Ende 2005 habe fehlerhafte Informationen enthalten. Die Unterrichtung sei auch bezüglich der seinerzeit geplanten Maßnahmen für den Fall des Widerspruchs korrekt gewesen. Zum Zeitpunkt der Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang sei die Beklagte davon ausgegangen, dass dem Betriebsübergang wenige Arbeitnehmer ("eine Hand voll") widersprechen würden. Diese hätte man innerhalb der Betriebe der Beklagten zum Zwecke der weiteren Verwendung versetzen wollen. Da ein solches Vorgehen für die 80 Widersprecher nicht umsetzbar gewesen wäre, hätte man sich erst im Nachhinein entschlossen, diese im Block der TS GmbH zur Arbeitsleistung zu überlassen.

51

Die Beklagte kritisiert im Übrigen den vom Arbeitsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkt. Die Unterrichtung über den Betriebsübergang habe den Anforderungen des § 613a BGB entsprochen, daher habe die Frist zur Ausübung des Widerspruchsrechts bereits zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 zu laufen begonnen und sei daher Jahre vor Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger bereits abgelaufen gewesen. Zudem überspanne das Bundesarbeitsgericht die Anforderungen an den Inhalt der Unterricht nach § 613a BGB insbesondere bezüglich der Forderung, der Altarbeitgeber müsse über den Firmensitz und die Vertretungsverhältnisse innerhalb des neuen Arbeitgebers unterrichten. Selbst wenn man diese Forderung als noch durch § 613a BGB gefordert ansehen wolle, müsse es – entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausreichen – wenn der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis übergegangen sei, vom Firmensitz und den Vertretungsverhältnissen später auf andere Weise Kenntnis erlange.

52

Nach Auffassung der Beklagten hat der Kläger jedenfalls sein Widerspruchsrecht im Jahre 2014 bereits im Sinne von § 242 BGB verwirkt gehabt. Es sei nicht legitim, wenn der Kläger nach achteinhalb Jahren seinen Widerspruch damit rechtfertigen wolle, dass ihm die heutige Geschäftspolitik der TS nicht mehr gefalle.

53

In diesem Zusammenhang müsse von einem „extrem schwerwiegend verwirklichten Zeitmoment" ausgegangen werden. An das Umstandsmoment dürften daher nur äußerst geringe Anforderungen gestellt werden. Daher müsse es zur Erfüllung des Umstandsmoments ausreichen festzustellen, dass sich der Kläger innerhalb der TS bestens integriert habe und sich durch eigene aktive Handlungen zu diesem Arbeitgeber bekannt habe (Urlaubsanträge, Verbesserungsvorschläge, Entgeltumwandlung, Fortbildungen).

54

Die Beklagte beantragt,

55

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund – Kammern Neubrandenburg – vom 28. April 2015 – 11 Ca 625/14 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

56

Der Kläger beantragt,

57

die Berufung zurückzuweisen.

58

Der Kläger hält die Einlassungen der Beklagten zu den 2005 zunächst geplanten Maßnahmen bezüglich der Widersprecher für unwahrscheinlich. Er hält daher die Unterrichtung bezüglich der insoweit ins Auge gefassten Maßnahmen für fehlerhaft.

59

Im Übrigen verteidigt der Kläger das arbeitsgerichtliche Urteil mit Rechtsargumenten.

60

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

61

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

I.

62

Zutreffend hat das Arbeitsgericht den auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsantrag entsprochen.

1.

63

Der Antrag ist nach § 256 ZPO zulässig, da die Beklagte das Bestehen des Arbeitsverhältnisses in Abrede stellt. Der Antrag ist als allgemeiner Feststellungsantrag auszulegen mit der Folge, dass die begehrte gerichtliche Feststellung sich auf den Zeitpunkt der Schließung der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht bezieht. Dem vom Arbeitsgericht in den Tenor mit übernommenen Zusatz "über den 31. Dezember 2005 hinaus" kommt keine eigene prozessuale Bedeutung zu. Vielmehr handelt es sich lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf die Ursache des Streits der Parteien.

2.

64

Das Arbeitsverhältnis der Parteien, das letztlich im Jahre 1983 begründet wurde, besteht auch heute noch fort. Das ist zwischen den Parteien für die Zeit bis zum 31. Dezember 2005 unstreitig. Es ist aber auch durch die Weiterarbeit des Klägers bei der TS ab Januar 2006 nicht beendet worden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist zwar im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs nach § 613a BGB zunächst auf die TS übergegangen. Tatsächlich hat es jedoch rechtlich betrachtet weiterbestanden, da der Kläger diesem Betriebsübergang zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 wirksam im Jahre 2014 widersprochen hat.

65

Zu Gunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass sich der Wechsel des Klägers von der Beklagten zur TS zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 als Rechtsfolge eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB ergeben hat. Davon gehen beide Parteien aus, so dass sich das Gericht nicht veranlasst sieht, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Betriebsübergangs im Einzelnen festzustellen. Mit dem Betriebsübergang ist das Arbeitsverhältnis des Klägers zunächst auf die TS übergegangen. Endgültig wird dieser Rechtsübergang aber erst, wenn der Arbeitnehmer sein Recht zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang aus § 613a Absatz 6 BGB verliert.

66

Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger sein Recht auf Widerspruch gegen den Betriebsübergang bereits vor der tatsächlichen Ausübung des Widerspruchs mit Schreiben vom 7. Mai 2014 verloren hatte. Denn die Monatsfrist zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang beginnt nach dem Gesetz erst mit der ordnungsgemäßen Unterrichtung über die Umstände des Betriebsübergangs zu laufen (BAG 20. März 2008 — 8 AZR 1016/06 – NZA 2008, 1254; BAG 15. März 2012 — 8 AZR 700/10 – AP Nr. 29 zu § 613a BGB Widerspruch = NZA 2012, 1097). Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte durch die Unterrichtungsschreiben vom 14. November 2005 und vom 5. Dezember 2005 den Kläger ordnungsgemäß über den anstehenden Betriebsübergang unterrichtet hat. Insbesondere die Angaben zur Person der TS und zum Schicksal der Tarifverträge, die bisher im Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar waren, sind unzureichend. Es kann daher offenbleiben, ob die Unterrichtung – wie vom Arbeitsgericht angenommen – auch wegen einer unzutreffenden Unterrichtung über die geplanten Maßnahmen bei Widerspruch gegen den Betriebsübergang und der möglicherweise lückenhaften Unterrichtung über das Ausmaß der weiterbestehenden Haftung der Beklagten für Altansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unzureichend war.

a)

67

Die Beklagte hat den Kläger in den Unterrichtungsschreiben vom 14. November 2005 und vom 5. Dezember 2005 nicht ordnungsgemäß über die rechtlichen Folgen des Betriebsüberganges informiert (§ 613a Absatz 5 Nr. 3 BGB), es fehlt insbesondere an hinreichenden Angaben zur Person des Betriebsübernehmers, der TS.

68

Zu den erforderlichen Informationen bezüglich der Person des Betriebsübernehmers gehört bei juristischen Personen die Firma (der Name), Angaben zur vertretungsberechtigten Person, die Angabe des Firmensitzes sowie die Angaben zum zuständigen Registergericht und zu der Nummer, unter das Unternehmen dort eingetragen ist (BAG 23. Juli 2009 – 8 AZR 538/08 – AP Nr. 10 zu § 613a BGB Unterrichtung = NZA 2010, 89 = DB 2010, 58 – BenQ).

69

Weder das Informationsschreiben vom 14. November 2005 noch das vom 5. Dezember 2005 enthält die danach notwendigen Angaben zur Person des Betriebsübernehmers. Informationen über den Firmensitz, die Registerangaben und die Namen der vertretungsberechtigten Personen auf Seiten des Erwerbers werden nicht mitgeteilt. Darauf, dass der Kläger die fehlenden Angaben im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei der TS selber zur Kenntnis nehmen konnte, kommt es nicht an. Informationen, die gelegentlich der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Nachhinein bekannt werden, etwa durch Verwendung von Briefbögen im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung des Klägers beim Erwerber, ersetzen die gesetzlichen Unterrichtungspflicht nicht (BAG 23. Juli 2009 aaO).

70

Nach Überzeugung des Berufungsgerichts kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie seinerzeit noch nicht voraussehen konnte, dass das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2009 erstmals so strenge Anforderungen an den Umfang der Unterrichtungspflicht bezüglich der Person des Betriebserwerbers stellen würde. Denn der Beklagten hätte es freigestanden, nach Bekanntwerden der Rechtsprechung die danach noch fehlenden Elemente der Unterrichtung nachzuholen, um sich auf diese Weise vor dem Risiko weiterer Widersprüche zu schützen (BAG 23. Juli 2009 aaO).

b)

71

Nach § 613a Absatz 5 Nr. 3 BGB ist der Arbeitgeber unter anderem auch verpflichtet, über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten. Zu den rechtlichen Folgen zählt auch das Schicksal der Tarifverträge, die auf das Arbeitsverhältnis beim Altarbeitgeber Anwendung finden. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Unterrichtung über das Schicksal der kollektivrechtlichen Regelungen beim Übergang auf die TS unvollständig ist.

72

Zu Gunsten der Beklagten kann insoweit unterstellt werden, dass die Unterrichtung in Bezug auf die Tarifverträge, die bei TS gelten, ausreichend war. Es fehlt aber an einer ausreichenden Unterrichtung zum Schicksal der Tarifverträge, die bisher im Arbeitsverhältnis der Parteien gegolten hatten. Das gilt selbst dann, wenn man – wiederum zu Gunsten der Beklagten – unterstellt, dass sich aus der Mitteilung, bei TS gelten eigenständige Mantel- und Entgelttarifverträge, im Umkehrschluss ergibt, dass die entsprechenden Tarifverträge der Beklagten damit nicht mehr gelten sollten. Es fehlt jedoch jeglicher Hinweis darauf, was mit den zahlreichen Tarifverträgen ist, die bisher auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung gefunden haben.

73

Das Unterrichtungsschreiben bietet insoweit nur Bewertungen und keine Fakten ("umfassende Besitzstands- und Rechtsstandsregelungen", "die tarifvertraglichen Regelungen zum Rationalisierungsschutz … wurden inhaltlich … übertragen", "die Absicherung der Arbeitnehmerrechte … ist … auf hohem Niveau kollektivrechtlich geregelt").

c)

74

Angesichts der aufgezeigten Unterrichtungsmängel kann offenbleiben, ob die vom Arbeitsgericht getroffenen Feststellung, die Beklagte habe über die Pläne zum Einsatz der Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang widersprechen, falsch unterrichtet, ohne Eintritt in eine Beweisaufnahme im Berufungsrechtszug gehalten werden könnte.

75

Offenbleiben kann auch, ob die Feststellung des Arbeitsgerichts gerechtfertigt ist, die Beklagte habe nur unzureichend darüber unterrichtet, dass sie als Altarbeitgeberin selbstverständlich für alle Schulden geradezustehen habe, die bis Ende 2005 im Arbeitsverhältnis der Parteien entstanden waren.

d)

76

Der Kläger hatte sein Recht, noch einen Widerspruch gegen den Betriebsübergang zu erklären, auch 2014 noch nicht verwirkt gehabt.

77

Das Arbeitsgericht ist von dem zutreffenden Begriff der Verwirkung im Sinne von § 242 BGB ausgegangen, auf diese Ausführungen wird verweisen.

78

Da im vorliegenden Fall die Zeit zwischen dem faktischen Vollzug des Betriebsübergangs und der gewünschten Ausübung des Widerspruchsrechts extrem lang ist (rund 8,5 Jahre), dürfen die Anforderungen an die Umstände, aus denen das Vertrauen in die Nichtausübung des Rechts erwächst, nicht überspannt werden.

79

Vorliegend lassen sich dennoch keine Umstände feststellen, aus denen die Beklagte das Vertrauen schöpfen durfte, der Kläger werde auf sein formal noch bestehendes Widerspruchsrecht wegen des Betriebsübergangs nicht mehr zurückkommen.

aa)

80

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann sich ein solcher Vertrauensschutz insbesondere daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer über sein Arbeitsverhältnis disponiert hat, etwa in dem er es beendet hat oder indem er nach einer Arbeitgeberkündigung einen Kündigungsschutzprozess gegen den Neuarbeitgeber führt und nicht – was ja denkbar wäre – versucht, den Konflikt zu Lasten der Fortbeschäftigung beim Altarbeitgeber zu lösen. In diesem Zusammenhang hat es das Bundesarbeitsgericht sogar auch ausreichen lassen, dass ein sich anbahnender Konflikt über die richtige Vergütung außergerichtlich mit dem Betriebserwerber geführt wurde (BAG 15. März 2012 aaO).

81

Auf dieser Basis kann vorliegend kein Vertrauensschutz entstanden sein, denn das Arbeitsverhältnis des Klägers zur TS hat sich konfliktfrei entwickelt, so dass eine eventuelle klägerische Reaktion im Konfliktfall als Anknüpfungspunkt für den Vertrauensschutz schlicht nicht vorhanden ist.

bb)

82

Sonstige Umstände, auf denen man den Vertrauensschutz aufbauen könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Erforderlich sind Umstände, die den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer bekenne sich zu dem Arbeitsverhältnis zum Betriebserwerber und nehme Abstand vom Arbeitsverhältnis zum Altarbeitgeber, selbst wenn er rechtlich betrachtet noch Chancen hätte, auf dieses frühere Arbeitsverhältnis zurückkommen zu können.

83

Die Beantragung und Inanspruchnahme von Urlaub, die Teilnahme an Lehrgängen mit der Entgegennahme von Zertifikaten, die Ernennung zum Sachkundigen, die Umwandlung eines Teils seines Gehalts in eine Beitragszahlung zum Postbank-Pensionsfond, die Einreichung von Verbesserungsvorschlägen und deren Prämierung sind als Anknüpfungspunkt für das Entstehen des Vertrauensschutzes ungeeignet. Vereinbarungen und Verhaltensweisen des Arbeitnehmers, die den üblichen Anpassungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in deren Zeitablauf entsprechen, ohne dass der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses verändert wird, haben keine Aussagekraft für die hier entscheidende Frage, ob der Arbeitnehmer sich damit endgültig von seinem alten Arbeitsverhältnis verabschiedet hat. Die durch das gelebte Arbeitsverhältnis zur TS geschaffene Akzeptanz des neuen Arbeitsverhältnisses ist nichts Anderes als der Hinweis auf das Zeitmoment, das allerdings für sich allein noch nicht zur Verwirkung des Rechts führt.

cc)

84

Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist auch nicht aus sonstigen Gründen treuwidrig im Sinne von § 242 BGB. Insbesondere kann man dem Kläger nicht vorwerfen, er nütze nunmehr einige formale Fehler bei der Unterrichtung im Jahre 2005 aus, um sich aus ganz anderen Gründen, nämlich aus Anlass des Einstiegs der B GmbH als Mitgesellschafter der Mutter GmbH der TS, von dem Arbeitsverhältnis zur TS zu lösen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 20. März 2008 aaO) ist eine Kausalität zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und dem späten Widerspruch gerade nicht erforderlich. Damit kann es dahinstehen, welche Motive den Kläger bei der Wahrnehmung seines Widerspruchsrechts letztlich angetrieben haben.

II.

85

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zutreffend auch zur weiteren Beschäftigung des Klägers verurteilt.

86

Da zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, hat der Kläger auch einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung entsprechend den arbeitsvertraglichen Regelungen. Diesen Anspruch kann der Kläger auch im Rahmen seiner Bestandsschutzklage mit geltend machen. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits für den Fall eines Kündigungsschutzprozesses so entschieden (BAG Großer Senat 27. Februar 1985 – GS 1/84 – AP Nr. 14 zu § 611 Beschäftigungspflicht = NJW 1985, 2968 = DB 1985, 2197). Diese Rechtsprechung kann auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen werden.

87

Die Verurteilung der Beklagten scheitert nicht an der fehlenden Bestimmtheit des klägerischen Begehrens. Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, wie die Arbeitsbedingungen im Arbeitsverhältnis waren zu dem Zeitpunkt, bevor der Kläger ab Januar 2006 zunächst für die TS tätig war. Zu diesen Bedingungen muss der Kläger weiter beschäftigt werden.

88

Soweit die Beklagte geltend macht, der seinerzeitige Arbeitsplatz des Klägers bei der Beklagten sei nicht mehr vorhanden, steht das der Verurteilung zur Weiterbeschäftigung nicht entgegen. Die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung könnte allenfalls dann entfallen, wenn die Beklagte hätte nachweisen können, dass sie den Kläger am Standort A-Stadt unter keinen denkbaren Umständen mehr vertragsgemäß einsetzen könnte. Das ist erkennbar nicht der Fall. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat sich herausgestellt, dass die Fähigkeiten des Klägers vor Ort noch benötigt werden. Gegebenenfalls hätte die Beklagte sogar die Möglichkeit, den Kläger vorübergehend an die TS auszuleihen, damit er dort weiterhin so eingesetzt werden könnte, wie in den letzten Jahren der Zusammenarbeit.

III.

89

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 97 ZPO).

90

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Jan. 2016 - 2 Sa 173/15

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Jan. 2016 - 2 Sa 173/15 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Jan. 2016 - 2 Sa 173/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 22. Jan. 2016 - 2 Sa 173/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 15. März 2012 - 8 AZR 700/10

bei uns veröffentlicht am 15.03.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Oktober 2010 - 10 Sa 449/10 - wird zurückgewiesen.

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(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Oktober 2010 - 10 Sa 449/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs.

2

Der Kläger ist Mitglied der IG-Metall und am 13. November 1989 bei der Beklagten, die ihrerseits Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V. ist, als Kundendiensttechniker eingetreten. Im Arbeitsvertrag ist ua. geregelt:

        

„§ 13 Tarifverträge

        

Auf das Anstellungsverhältnis kommen im übrigen die einschlägigen tariflichen Bestimmungen der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens zur Anwendung.“

3

Seit dem 1. September 1998 ist der Kläger Kundendienstmeister und wurde von der Beklagten in die Tarifgruppe T 5 eingruppiert, ab Mai 2009 verdiente er monatlich brutto 5.395,50 Euro. Nach seiner Wahl in den Betriebsrat im März 2002 wurde der Kläger zunächst stellvertretender Betriebsratsvorsitzender.

4

Unter dem 17. Juni 2002 wurde der Kläger von der Beklagten über einen Betriebsteilübergang informiert, der auch sein Arbeitsverhältnis betreffen sollte. In dem Informationsschreiben heißt es ua.:

        

„Zum 01.07.2002 wird die A GmbH + Co. KG, die sich zur Zeit in Gründung befindet, ihre Geschäfte aufnehmen mit der Übernahme der verschiedenen A-Aktivitäten.

        

Auch Ihr Arbeitsverhältnis ist hiervon betroffen und wird zum 01.07.2002 durch Teilbetriebsübergang nach § 613a BGB auf die A GmbH + Co. KG übergehen.

        

Wir möchten besonders darauf hinweisen, dass mit diesem Übergang die Konditionen Ihres Arbeitsverhältnisses nicht verändert werden, d. h. insbesondere auch, dass Ihre Zusage zur betrieblichen Altersversorgung unverändert weiter geführt wird und dass durch Ihre einzelvertragliche Vereinbarung für Sie weiterhin die Regelungen des Tarifvertrages der Metallindustrie NRW gelten, obwohl die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden ist. Ausserdem gilt die Dienstzeit bei der D GmbH + Co. KG z.B. im Hinblick auf Kündigungsfristen, Dienstjubiläen und Zeiten für die betriebliche Altersversorgung als voll anerkannt. Ihr Arbeitsvertrag, den Sie heute mit der D GmbH + Co. KG haben, gilt ab dem 01.07.2002 mit allen Rechten und Pflichten bei der A GmbH Co. KG weiter.

        

Da die Verhandlungen zu einem Interessenausgleich mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen sind, haben wir vereinbart, daß der Betriebsrat der D GmbH + Co. KG Sie weiterhin in allen Belangen vertreten kann. Diese Regelung gilt bis zum Abschluß des Interessenausgleichs.

        

Für Verpflichtungen Ihnen gegenüber, die sich aus Ihrem Arbeitsverhältnis ergeben, haften vom Zeitpunkt des Übergangs bis zum Ablauf eines Jahres nach diesem Datum beide Unternehmen gemäß § 613a Abs. 2 BGB gesamtschuldnerisch.

        

...     

        

Wir möchten Sie darüber informieren, daß die neue Gesellschaft keine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung für Ihre Mitarbeiter anbieten wird. Die Versorgungswerke der D-Gesellschaften wurden bundesweit zum 01.07.2002 für neue Mitarbeiter geschlossen.

        

Ihre bestehende Versorgungszusage bleibt davon allerdings unberührt und wird weiter geführt. Die neue Gesellschaft wird Ihnen zusätzlich die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung auf dem Durchführungswege der Pensionskasse anbieten. Hierzu werden Sie noch genauer informiert, sobald die entsprechenden Rahmenverträge abgeschlossen sind.“

5

Ohne gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses einen Widerspruch zu erklären, wechselte der Kläger wie 156 weitere Arbeitnehmer zum 1. Juli 2002 zur A GmbH + Co. KG (A). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bildete diese in E („W“) einen Gemeinschaftsbetrieb mit der Beklagten, in dem der Kläger sein Amt als Betriebsratsmitglied auch nach dem 1. Juli 2002 behielt.

6

Am 15. April 2004 schloss die IG Metall, Bezirksleitung NRW, mit der A einen Haustarifvertrag, der ua. bestimmt:

        

„sind im Wege des Betriebsübergangs Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern ..., für die infolge deren Verbandsmitgliedschaft Tarifbindung bestand, auf die A ... übergegangen. Aufgrund des Betriebsübergangs sind die Einzelarbeitsvertragsverhältnisse mit der entsprechenden Tarifbindung auf die A übergegangen. ... Für diese Arbeitnehmer ... wird nunmehr hinsichtlich der tarifvertraglichen Regelung folgender abändernder Tarifvertrag vereinbart:

        

...     

        

2.1. Ansprüche ... aus dem Tarifabschluss 2004 ... bestehen bis auf weiteres nicht.“

7

Um die Übernahme der jährlichen Tariflohnerhöhungen durch die A kam es auch in den Folgejahren zu Konflikten. So machte der Kläger unter dem 15. Oktober 2005 gegenüber der A mit einem ausgefüllten Formblatt die zweiprozentige Gehaltserhöhung 2005 ohne Erfolg geltend. Entsprechendes wiederholte sich am 21. August 2006, 16. Juli 2007 und am 3. September 2008 für die Tariflohnerhöhungen der Jahre 2006 bis 2008, ebenfalls erfolglos. Ein Änderungsangebot zum Arbeitsvertrag vom Dezember 2005, wonach gegen eine vorübergehende Erhöhung der Wochenarbeitszeit eine Lohnerhöhung zum 1. Januar 2009 um 2 % erfolgen sollte, lehnte der Kläger ab. Der Betriebsrat leitete 2007 ein Beschlussverfahren ein, um die Frage zu klären, ob die Bestimmungen der Tarifverträge der Metallindustrie dynamisch oder statisch fortgelten. Der Antrag des Betriebsrats blieb erfolglos (Arbeitsgericht Hagen 13. Dezember 2007 - 4 BV 46/07 -). Auch individualrechtliche Klagen zur Durchsetzung von Tariflohnerhöhungen scheiterten in beiden Instanzen (LAG Hamm Urteile vom 13. Mai 2009 - 2 Sa 1394/08 - und - 2 Sa 1412/08 -).

8

Neben diesem Konflikt um die Tariflohnerhöhungen geschah im Arbeitsverhältnis des Klägers mit der A Folgendes:

9

Datiert auf den 7. November 2005/14. Dezember 2005 vereinbarten der Kläger und die A einen Nachtrag zur Versorgungszusage. Mit ihm sollte die bestehende Versorgungsregelung den Vorstellungen der Finanzverwaltung „redaktionell angepasst werden“, um trotz der bestehenden Abfindungsmöglichkeiten von Betriebsrentenansprüchen weiterhin Pensionsrückstellungen bilden zu können.

10

2006 wurde erstmals für den Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten und der A eine Betriebsratswahl durchgeführt. Bei dieser kandidierte der Kläger als Mitarbeiter der A. Er wurde gewählt und danach freigestellter Betriebsratsvorsitzender.

11

Ab Jahresbeginn 2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Im April 2008 ließ er bei der A einen Wiedereingliederungsplan für die Zeit vom 28. April 2008 bis zum 22. Juni 2008 einreichen. Sodann teilte er sowohl der A als auch der Beklagten unter dem 10. Juni 2008 mit, dass er am 23. Juni 2008 wieder seine Tätigkeit bei der A aufnehmen werde. Zuvor hatte der Betriebsrat gegenüber der Beklagten für den Kläger mit Schreiben vom 27. Mai 2008 einen Anpassungsanspruch nach § 37 Abs. 4 BetrVG geltend gemacht.

12

Außerdem bestellte der Kläger unter dem 17. September 2008 auf einem zuvor ausgefüllten Formular, in dem er als Angehöriger der A bezeichnet wurde, einen neuen Dienstwagen.

13

Für Oktober 2008 rechnete die A das Gehalt des Klägers letztmalig auf der Basis eines Tarifgehaltes und einer festen ERA-Leistungszulage sowie weiterer Vergütungsbestandteile mit 4.434,61 Euro brutto ab. Für November 2008 wurde die Vergütung des Klägers auf der Basis eines „Grundentgeltes“ und einer „Leistungszulage“ mit brutto 4.361,74 Euro abgerechnet. Mit einem teilweise handschriftlich ausgefüllten Vordruckschreiben widersprach der Kläger am 15. Dezember 2008 gegenüber der Beklagten und der Betriebserwerberin dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A infolge des Betriebsübergangs vom 1. Juli 2002.

14

Nach Zurückweisung seines Widerspruchs seitens der Beklagten erhob der Kläger am 20. Mai 2009 die vorliegende Klage.

15

Zur Begründung hat er im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Unterrichtung zum Betriebsübergang sei fehlerhaft gewesen. Über den Wegfall der dynamischen Tarifbindung bei der A sei nicht, über das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB nur unvollständig informiert worden. Daher sei die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht ausgelöst worden. Sein Widerspruchsrecht habe er nicht verwirkt, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehle. Dispositionen über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses habe er nicht getroffen. Der Nachtrag zur Versorgungszusage sei zwar mit der A abgeschlossen worden, nehme aber ausdrücklich auf die Fortgeltung der Versorgungsordnung der Beklagten Bezug, die im Gemeinschaftsbetrieb Anwendung finde. Abgesehen von der Wahrnehmung seines Betriebsratsamtes habe er für die Betriebsübernehmerin lediglich widerspruchslos weitergearbeitet, was für die Annahme eines Umstandsmoments nicht genüge.

16

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 13. November 1989 ununterbrochen ein Arbeitsverhältnis besteht.

17

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ihr Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang habe keine Fehler enthalten. Jedenfalls habe der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt. Bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach dem Betriebsübergang wie auch bei der Wahrnehmung seines betriebsverfassungsrechtlichen Mandats sei der Kläger stets als Arbeitnehmer der A aufgetreten. Bei der Nachtragsvereinbarung zur Versorgungszusage habe er hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses rechtlich disponiert und sich bei den Auseinandersetzungen um die dynamische Fortgeltung der Metall-Tarifverträge stets an die A gewandt. Deshalb habe sie darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger ein etwa noch bestehendes Recht zum Widerspruch nicht mehr ausüben werde.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB verwirkt hatte.

20

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

21

Ob die Unterrichtung der Beklagten vom 17. Juni 2002 zum Betriebsübergang ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB erfolgt sei, könne dahinstehen, da der Kläger sein Recht zum Widerspruch am 15. Dezember 2008 verwirkt habe. Knapp sechseinhalb Jahre nach der erfolgten Unterrichtung sei das Zeitmoment für die Verwirkung zu bejahen. In der widerspruchslosen Weiterarbeit für die A sei zwar kein Umstandsmoment für die Verwirkung zu sehen, ebenso habe der Kläger gegenüber der Betriebserwerberin nicht über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert. Jedoch sei das Zeitmoment aufgrund seiner Dauer so schwerwiegend, dass auch sonstige Änderungen des Arbeitsvertrags, die nicht unmittelbar den Kern oder Bestand des Arbeitsverhältnisses berührten, zur Erfüllung des Umstandsmoments führten. So habe der Kläger Ende 2005 zu einem Zeitpunkt, als die Auseinandersetzungen über die Fortgeltung der Tarifbestimmungen in der Metallindustrie bereits begonnen hatten, mit der Betriebserwerberin eine Änderungsvereinbarung zu seiner Versorgungszusage abgeschlossen und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er die A als neue Arbeitgeberin akzeptiere. Dass die Versorgungsordnung schon lange in Kraft und im gesamten Gemeinschaftsbetrieb angewendet worden sei, spiele keine Rolle, da bei der Beurteilung des Umstandsmoments eine objektive Beurteilung maßgeblich sei. Der Nachtrag zur Versorgungszusage sei ausdrücklich mit der A vereinbart worden. Ebenso habe sich der Kläger mit seinen Ansprüchen auf Tariflohnerhöhung, einer Dienstwagengestellung oder der Anzeige seiner wiederhergestellten Arbeitsfähigkeit immer an die A gehalten. Zwar stellten diese Umstände weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar, sie fielen aber gerade wegen der besonderen Länge des Zeitraums zwischen dem Betriebsteilübergang und dem Widerspruch des Klägers besonders ins Gewicht. Zudem habe die Beklagte mit der Streichung der Stelle des Klägers in ihrem Betrieb nach dem Betriebsteilübergang Dispositionen getroffen. Nach den Gesamtumständen habe sie im Dezember 2008 darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger nicht mehr widersprechen werde.

22

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

23

I. Die Unterrichtung zum Betriebsübergang durch das Informationsschreiben der Beklagten vom 17. Juni 2002 enthielt Fehler und erfolgte daher nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB.

24

1. Die Beklagte hat zwar darauf hingewiesen, dass sich die „Betriebsübernehmerin“ A erst in Gründung befinde und hat als Geschäftsführer der neuen Gesellschaft die Herren Ec und F angegeben. Nähere Angaben zum Sitz der Gesellschaft, zum zuständigen Registergericht zu den wirtschaftlichen Folgen und hinsichtlich der für die Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen fehlen oder sind unvollständig. Vor allem aber fehlt ein Hinweis darauf, dass am Standort „W“, also am Firmensitz in E, die Beklagte und die A einen gemeinsamen Betrieb unterhalten werden, zu dem der Arbeitsplatz des Klägers weiterhin gehören wird.

25

2. Rechtlich unzutreffend ist die Information zur gesamtschuldnerischen Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB. Nach dieser in Bezug genommenen Gesetzesvorschrift haftete die Beklagte nicht gesamtschuldnerisch für die Verpflichtungen gegenüber dem Kläger aus seinem Arbeitsverhältnis, sondern nur für seine Ansprüche, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig wurden.

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3. Auch die Information zur Weitergeltung tariflicher Regelungen erfolgte widersprüchlich und fehlerhaft. Bereits der einleitende Hinweis, „dass mit diesem Übergang die Konditionen Ihres Arbeitsverhältnisses nicht verändert werden“, war unzutreffend. Denn die Beklagte führte im Weiteren selbst aus, dass die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden sein werde. Damit entfiel die unmittelbare und zwingende Wirkung der Tarifnormen zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Diese gravierende Veränderung der Bedingungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers sollte in der Folgezeit zu den Auseinandersetzungen um die Übernahme der Tariflohnerhöhungen in der Metallindustrie führen. Es erwies sich dabei als unzutreffend, dass durch die einzelvertragliche Vereinbarung für den Kläger und die übrigen vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer „weiterhin die Regelungen des Tarifvertrages der Metallindustrie NRW gelten“ sollten. Insofern galt 2002 für die einzelvertragliche Inbezugnahme eines Tarifvertrags die Auslegungsregel der „Gleichstellungsabrede“ (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32), dh. nach einem Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber wirkte die einzelvertraglich vereinbarte Tarifgeltung - entgegen ihrem Wortlaut - nur noch statisch. Zwar ist diese Auslegungsregel später für Arbeitsverträge, die nach der Schuldrechtsreform abgeschlossen wurden, aufgegeben worden, aus Gründen des Vertrauensschutzes ist an ihr aber für Arbeitsverträge, die bis zum 31. Dezember 2001 abgeschlossen wurden, festgehalten worden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - BAGE 122, 74 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35). Der Kläger wurde also im Unklaren darüber gelassen, dass sein 1989 abgeschlossener Arbeitsvertrag bei der nicht mehr tarifgebundenen Betriebserwerberin gerade nicht mehr notwendig eine dynamische Verweisung auf die Tarifverträge der Metallindustrie NRW beinhalten würde.

27

Infolge der nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung des Klägers zum „Betriebsteilübergang“ wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt(st. Rspr. des Senats, BAG 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 14). Zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 15. Dezember 2008 war das Widerspruchsrecht daher nicht nach § 613a Abs. 6 BGB verfristet.

28

II. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter angenommen, dass der Kläger am 15. Dezember 2008 sein Recht zum Widerspruch verwirkt hatte, weil er sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

29

1. Das Widerspruchsrecht kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 28, DB 2011, 2385; 12. November 2009 - 8 AZR 751/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 12). Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 steht dem nicht entgegen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, jedoch vom EuGH als sich nach nationalem Recht bestimmend anerkannt (vgl. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 36 mwN, Slg. 2002, I-969 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 32 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 77/187 Nr. 1). Auch zur Sanktionierung des Verstoßes gegen die Unterrichtungspflichten der Richtlinie 2001/23/EG ist ein Widerspruchsrecht ad infinitum nicht erforderlich (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1647). So erkennt der EuGH bspw. bei Ausschlussfristen das Interesse an Rechtssicherheit an, da mit solchen Fristen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Das Widerspruchsrecht muss den Arbeitnehmern nicht unbegrenzt, sondern nur so lange erhalten bleiben, wie es für eine effektive und verhältnismäßige Sanktionierung des Unterrichtungsfehlers geboten ist (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1648).

30

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

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3. Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine bestimmte Monatsfrist abzustellen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, dh. beide Elemente sind bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 30, DB 2011, 2385). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 347). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 - Rn. 29; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO).

32

4. Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 185/09 - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 24, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 119; abweichend zur Prozessverwirkung: BAG 20. Mai 1988 - 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1).

33

5. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Kläger das Zeitmoment verwirklicht hat und dass diesem nach einer Zeitspanne von sechseinhalb Jahren zwischen Unterrichtung und Widerspruch besonderes Gewicht zukommt. Dies ergibt sich bereits aus dem bloßen Zeitablauf. Nach der Rechtsprechung des Senats genügen Zeiträume von 15 Monaten (BAG 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106), von neun Monaten (BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 699/09 -) oder auch siebeneinhalb Monaten (BAG 2. April 2009 - 8 AZR 220/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 6) zur Verwirklichung des Zeitmoments. Vergehen zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und der Erklärung des Widerspruchs wie im vorliegenden Fall sechseinhalb Jahre, so ist von einem besonders schwerwiegend verwirklichtem Zeitmoment auszugehen.

34

6. Im Ergebnis hat das Landesarbeitsgericht auch zu Recht bejaht, dass der Kläger zum Zeitpunkt seines Widerspruchs am 15. Dezember 2008 auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

35

a) Die Fortführung des Betriebsratsamtes durch den Kläger als stellvertretender Vorsitzender und, nach der Neuwahl 2006, als Betriebsratsvorsitzender, hat keine Bedeutung im Sinne eines Umstandsmoments. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte und die A einen gemeinsamen Betrieb unterhalten haben. Für diesen ist ein Betriebsrat zu wählen, § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Bei einem gemeinsamen Betrieb werden üblicherweise die Arbeitnehmer einem der beteiligten Unternehmen zugeordnet. Daher kann aus der Kandidatur des Klägers als Arbeitnehmer der A ein rechtlicher Schluss nicht gezogen werden. Kein Arbeitnehmer darf in der Ausübung des aktiven (§ 7 Satz 1 BetrVG)oder passiven (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG)Wahlrechts beschränkt werden, § 20 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.

36

b) Der Annahme des Landesarbeitsgerichts, mit der Nachtragsvereinbarung zur Versorgungszusage vom 7. November/14. Dezember 2005 habe der Kläger die A als Arbeitgeberin anerkannt und dergestalt geringfügig über sein Arbeitsverhältnis disponiert, folgt der Senat nicht. Die A hat den Nachtrag vorformuliert und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich (nur) um eine „redaktionelle Anpassung“ handele. Diese betraf zudem nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die Versorgung nach dem Arbeitsverhältnis, die außerdem nach einer Versorgungsordnung der Beklagten selbst zu leisten war. Einer solchen Vereinbarung kommt nicht mehr rechtliches Gewicht zu als anderen üblichen Vereinbarungen zum Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin, die eine Anpassung an die Zeitläufte darstellen, ohne dass der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses verändert wird. Die aus solchen Anpassungen herzuleitende „Akzeptanz“ der Betriebserwerberin ist nicht höher als die, die aus der widerspruchslosen Weiterarbeit abgeleitet werden kann. Ein Erklärungswert im Sinne eines Umstandsmoments ist solchen üblichen Anpassungen der Vertragsregelungen nicht beizumessen. Auch dass der Kläger nach längerer Arbeitsunfähigkeit seine Wiederherstellung gegenüber der Betriebsübernehmerin angezeigt hat, dass er bei ihr einen neuen Dienstwagen beantragt oder dass sein Arzt bei der A eine Wiedereingliederungsmaßnahme beantragt hat, sind nur übliche Vorgänge im Rahmen der Weiterarbeit für die Betriebserwerberin. Diesen kommt auch bei einem gravierenden Zeitmoment nicht die Bedeutung eines Umstandsmoments zu, da andernfalls im Ergebnis auf die bloße widerspruchslose Weiterarbeit für die Betriebserwerberin abgestellt würde.

37

c) Der Kläger hat aber das Umstandsmoment dadurch verwirklicht, dass er sich beim Streit um die Weitergeltung der Tarifdynamik ausschließlich an die Geschäftsführung der A wendet und dabei weder dieser noch der Beklagten gegenüber auch nur angedeutet hat, dass im Wege des noch möglichen Widerspruchs die Beklagte Gegnerin seiner Ansprüche auf Tariflohnerhöhungen werden könnte.

38

Bereits mit dem Haustarifvertrag vom 15. April 2004 zwischen der A und der IG Metall wurde deutlich, dass entgegen dem mit der Unterrichtung durch die Beklagte erweckten Eindruck bei der A eine sog. Tarifdynamik, also eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen der Branche, rechtlich nicht mehr geltend gemacht werden konnte. Gleichwohl hat der Kläger viermal von Oktober 2005 bis September 2008 und zwar jeweils ohne Erfolg gegenüber der Geschäftsführung der A jährliche Erhöhungen geltend gemacht. Die dafür benutzten, teilweise handschriftlich ausgefüllten Formblätter weisen ebenso auf ein gemeinschaftliches, abgestimmtes Vorgehen des Klägers mit anderen Belegschaftsmitgliedern hin, wie die Tatsache, dass dieser Konfliktpunkt bereits mehrfach gerichtsnotorisch wurde. Es handelte sich also nicht um eine individualrechtliche Streitigkeit, sondern um einen kollektiven, die gesamte Belegschaft betreffenden Konflikt, der seine Ursache in der nach dem Betriebsteilübergang veränderten Rechtslage hatte. Gleichwohl hat der Kläger über Jahre hinweg zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, durch Ausübung seines noch bestehenden Widerspruchsrechts das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten wieder aufleben lassen und damit die beiderseitige Tarifbindung wiederherstellen zu können. Auch der seit Juli 2002 mehrfach erfolgte Eintritt der Verjährung möglicher Ansprüche auf Lohnerhöhung hat den Kläger nicht veranlasst, ein Abrücken von der A als Arbeitgeberin auch nur in Aussicht zu stellen, obwohl sich diese in dem Konflikt als unzugänglich erwies und auf einer anderen Rechtslage beharrte, als in dem Unterrichtungsschreiben der Beklagten dargestellt worden war. Den Weg einer Konfliktbereinigung durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses hat der Kläger geradezu ausgespart, obwohl das üblicherweise nach Widerspruch entstehende Risiko einer betriebsbedingten Kündigung seitens der Betriebsveräußerin als vergleichsweise gering einzuschätzen war, unterhielten doch Betriebsveräußerin und A einen gemeinsamen Betrieb, zu dem auch der Arbeitsplatz des Klägers gehörte. Nach diesen Gesamtumständen musste die Beklagte im Dezember 2008 nicht mehr damit rechnen, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht ausüben würde. Vielmehr durfte sie darauf vertrauen, dass der Kläger den Verlust der beiderseitigen Tarifbindung bei der Betriebserwerberin und damit den Verlust der früher geltenden Tarifdynamik akzeptiert und dergestalt die Veränderung des rechtlichen Bestandes seines Arbeitsvertrags angenommen hatte. In der Zusammenschau mit dem Vorliegen eines besonders gewichtigen Zeitmoments erweist sich dieses Umstandsmoment als ausreichend, um im Dezember 2008 die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch zu bejahen.

39

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schulz    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)