Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 16. Juli 2015 - 7 Sa 735/14
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.05.2014 in Sachen19 Ca 7520/13 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch um die Bezahlung sogenannter Break-Stunden aus der Zeit von Mai bis Dezember 2013.
3Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, derentwegen die 19. Kammer des Arbeitsgerichts Köln der Klage auf Zahlung der sogenannten Break-Stunden überwiegend stattgegeben hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 23.05.2014 Bezug genommen.
4Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 09.07.2014 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 06.08.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.10.2014 am 07.10.2014 begründet.
5Die Beklagte hat unter anderem eingewandt und dies mit rechtlichen Überlegungen näher begründet, dass das Arbeitsgericht zu Gunsten des Klägers zu Unrecht die Voraussetzungen eines Annahmeverzuges bejaht habe. Darüber hinaus treffe es auch nicht zu, dass die angeordneten Ruhepausen ohne Zustimmung des Betriebsrates und/oder unter Verletzung von § 9 der Betriebsvereinbarung 2011 festgelegt worden seien. Jedenfalls aber hätte eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nicht zur Folge haben können, dass die angeordneten Ruhepausen unwirksam seien und der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeiten dieser Ruhepausen habe.
6Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,
7das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.05.2014 zum Aktenzeichen 19 Ca 7520/13 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
8Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
9die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
10Der Kläger und Berufungsbeklagte hält daran fest, dass die an den streitgegenständlichen Tagen von der Beklagten angeordneten Arbeitszeitunterbrechungen keine gesetzlichen Pausen gewesen seien, sondern vergütungspflichtige Arbeitszeit. Insbesondere habe die Beklagte bei der Anordnung der Arbeitsunterbrechungen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt und auch kein billiges Ermessen im Sinne der §§ 106 GewO, 315 BGB walten lassen. Auf den vollständigen Inhalt der Berufungserwiderungsschrift des Klägers wird Bezug genommen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.05.2014 in Sachen 19 Ca 7520/13 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.
13II. Die Berufung der Beklagten musste auch Erfolg haben. Die 19. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat dem Kläger für die von der Beklagten angeordneten streitigen Arbeitszeitunterbrechungen zu Unrecht Vergütungsansprüche zugebilligt. Dies ergibt sich aus der den beiderseitigen Prozessbevollmächtigten bekannten Rechtsprechung sowohl des 1. Senats wie auch des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts in den zahlreichen Entscheidungen zu diesem Streitgegenstand vom 25.02.2015(z. B. 1 AZR 642/13; 5 AZR 886/12).
14Die Berufungskammer nimmt auf diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die in wichtigen Teilen der Begründung ohnehin ihrer eigenen bisherigen Rechtsprechung, z.B. 7 Sa 261/12 vom 21.03.2013, 7 Sa 589/13 vom 6.2.2014, nahekommt, Bezug und folgt ihr.
15Konzentriert zusammengefasst konnte der Kläger schon deshalb keine Vergütungszahlung für die streitigen sogenannten Break-Stunden verlangen, weil schon die Voraussetzungen eines Annahmeverzuges nicht gegeben waren. Die klagende Partei hat ihre Arbeitsleistung für die ihrer Auffassung nach unwirksamen Pausenanordnungen weder tatsächlich noch wörtlich angeboten. Dafür reichen das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme als solche nicht aus; denn daraus wird für den Arbeitgeber nicht deutlich, dass der Arbeitnehmer auch dann arbeiten möchte, wenn er tatsächlich nicht arbeitet, sondern die angeordnete Pause nimmt. Die klagende Partei hätte gegen die angeordneten Arbeitsunterbrechungen zumindest protestieren und dabei deutlich machen müssen, dass sie an dem betreffenden Arbeitstag die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause zu einem anderen als dem von der Beklagten bestimmten Zeitpunkt einlegen möchte. In diesem Zusammenhang ist aus der Sicht der Berufungskammer noch zu ergänzen, dass bei einer Schichtdauer von mehr als sechs Stunden nicht nur der Arbeitgeber nach § 4 Abs. 1 ArbZG verpflichtet ist, eine gesetzliche Pause zu gewähren, sondern auch der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine solche in Anspruch zu nehmen.
16Ferner stellt das Bundesarbeitsgericht in den vorgenannten Entscheidungen zutreffend fest, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Ausgestaltung der Pausenregelung in der Betriebsvereinbarung 2011 wirksam ausgeübt worden ist, und dass selbst dann, wenn die Beklagte im Einzelfall nicht alle sich aus § 9 der BV 2011 ergebenden Vorgaben bei der Anordnung der Pausen beachtet haben sollte, daraus noch kein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entstehen kann.
17Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vollständigen Entscheidungsgründe der o. a. BAG-Entscheidungen Bezug genommen.
18III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.
19Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht mehr gegeben, da die einschlägigen Rechtsfragen durch die Entscheidungen des BAG vom 25.02.2015 geklärt sind.
20RECHTSMITTELBELEHRUNG
21Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
22Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG vorsorglich verwiesen.
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Referenzen - Gesetze
Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers
Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht
Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72a Nichtzulassungsbeschwerde
Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung

Referenzen - Urteile
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