Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 19. Aug. 2016 - 4 Ta 177/16
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 12.05.2014 wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2I. Personelle Einzelmaßnahmen nach §§ 99, 100, 101 BetrVG sind streitwertmäßig als nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten zu behandeln (vgl. Streitwertkatalog in der Fassung vom 5. April 2016, II. 13.1). Als Anhaltspunkt für die Bewertung der Mitbestimmung bei der Einstellung werden alternativ der Hilfswert gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG oder die Regelung des § 42 Abs. 2 S. 1 GKG, wobei eine Orientierung am zweifachen Monatsverdienst vorgenommen wird, aufgeführt (Streitwertkatalog 13.2.1 und 13.2.2).
3In der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln wurde stets vom Hilfswert gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ausgegangen (vgl. z. B. Beschlüsse vom 15.05.2008 – 7 Ta 114/08 – juris; 03.01.2007 - 8 (10) Ta 429/06 – juris; 27.02.2014 – 11 Ta 360/13 – juris).
4Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten hat, es handele sich „um zwei unterschiedliche personelle Maßnahmen“, deren Zustimmung zur Ersetzung beantragt worden sei (Schriftsatz vom 08.12.2014), so ist darauf hinzuweisen, dass in den Anträgen es teilweise nur heißt „Einstellung“ und zu einem anderen Teil „Einstellung und Schulung“. Tatsächlich ging es aber um eine einheitliche Maßnahme nach § 99 TV-PV. Dass in den Anträgen es mal nur heißt „Einstellung“ und ein anderes Mal „Einstellung und Schulung“ liegt ersichtlich daran, dass – wie es in der Antragsschrift heißt – dringend zusätzliche Kapitäne eingestellt und geschult werden mussten, weil ab der 2. Jahreshälfte 2013 weitere Flugzeuge durch G Personal zu fliegen gewesen seien und Piloten aufgrund der durchzuführenden Schulungsmaßnahmen frühestens nach 5 bis 6 Monaten produktiv einsetzbar gewesen seien, so dass die benannten Einstellungen dringend notwendig gewesen seien, um den Personalbedarf sicherzustellen. Die „Einstellung“ diente mithin dem Beginn der Schulung. Es handelte sich um eine einheitliche Maßnahme. Dementsprechend wurde auch in dem Termin zur mündlichen Anhörung der Antrag zu 3. ausdrücklich ohne den Teil „und Schulung“ gestellt (Protokoll vom 18.02.2014, Bl. 132 d. A.).
5II. Beantragt der Arbeitgeber festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Arbeitnehmers mangels eines ordnungsgemäßen Widerspruchs als erteilt gilt, und hilfsweise, für den Fall eines doch ordnungsgemäßen Widerspruchs, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung zu ersetzen, so ist der Streitwert einheitlich für beide Anträge, mit denen im Wesentlichen das gleiche Interesse verfolgt wird, nach dem Hilfswert festzusetzen (vgl. LAG Köln, 16.02.2008 – 9 Ta 537/08 – juris).
6Dementsprechend war für den ersten Arbeitnehmer, der von den Anträgen zu 1. und 2. der Antragsschrift erfasst wird, für diese beiden Anträge zusammen ein Betrag von 5.000,- € gemäß § 23 Abs. 3 RVG anzusetzen.
7III. Für den Antrag zu 3. (Antrag gemäß § 100 Abs. 2 TV-PV) ist gemäß II. 13.5 des Streitwertkatalogs ein weiterer halber Hilfswert, also weitere 2.500,- € anzusetzen.
8IV. Kein eigener Streitwert ist hingegen dem Antrag zu 2. der Antragsgegnerin beizumessen. Dieser stellt nur die Negation des Antrags zu 3. der Antragstellerin dar und betrifft damit rechtlich und wirtschaftlich denselben Gegenstand.
9V. Demgegenüber war der Antrag nach § 101 TV PV (Antrag zu 3. der Anttragsgegnerin) wiederum mit der Hälfte des Hilfswertes zu bewerten, da er in einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 und § 100 TV PV gestellt wurde (vgl. wiederum II. 13.6 des Streitwertkataloges).
10VI. Für die weiteren 5 von den Anträgen beider Beteiligter erfassten Arbeitnehmer war wegen des wesentlich gleichen Sachverhaltes entsprechend dem Streitwertkatalog (II.13.7) 25 % des für den 1. Arbeitnehmer ermittelten Ausgangswertes anzusetzen (vgl. dazu auch die Entscheidung der erkennenden Kammer vom 16.02.2016 – 4 Ta 11/16 - juris).
11Insgesamt ergab sich damit ein Streitwert von 22.500,- €, so dass die erstinstanzliche Festsetzung im Ergebnis zutreffend ist und die Beschwerde keinen Erfolg haben konnte.
12Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.
(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.
Führt der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 ohne Zustimmung des Betriebsrats durch oder hält er eine vorläufige personelle Maßnahme entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 aufrecht, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Hebt der Arbeitgeber entgegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die personelle Maßnahme nicht auf, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Aufhebung der Maßnahme durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.
(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.
(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.
(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
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