Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 27. Mai 2016 - 10 TaBV 28/16
Gericht
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 15.03.2016 – 1 BV 15/16 – wird abgeändert.
2. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit den Regelungsgegenständen „Information des Wirtschaftsausschusses über
- die künftige Geschäftstätigkeit der S G und der S a G nach Übernahme durch die I A durch Vorlage des Businessplans der I A in Bezug auf die S G und die S a G und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
- den beabsichtigten Umzug des Ambulanten Rehazentrums in den Gebäudeteil R durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
- geplante bauliche Veränderungen im Haus E durch Vorlage von Umbauplänen und Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
- die beabsichtigte Fokussierung des Geschäfts auf internationale Patienten durch Vorlage der Aufwands- und Ertragsrechnung bezogen auf diese Patienten
- den Geschäftsverlauf der S G und der S a G im 4. Quartal 2015 durch Vorlage dieses Quartalsberichts
- den Umbau der Sportaula durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie die Information über die geplante zukünftige Nutzung der Sportaula nach deren Umbau
- die konkretisierten Neubaupläne für den Betrieb an der B “wird der V L K , G , bestellt.
3. Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.
4. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
1
G r ü n d e
2I. Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle wegen eines Auskunftsverlangens des vom Beteiligten zu 1. gebildeten Wirtschaftsausschuss.
3Die Beteiligte zu 2. betreibt am Standort A eine stationäre Reha-Einrichtung; die Beteiligte zu 3. ein ambulantes Reha-Zentrum. Beide Beteiligte besitzen eine personenidentische Geschäftsführung und bilden einen Gemeinschaftsbetrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, in dem insgesamt aktuell 234 Mitarbeiter tätig sind. Der Beteiligte zu 1. ist der für den Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat.
4Im Herbst 2015 wurde der Gemeinschaftsbetrieb durch die Firma I A im Wege des Anteilskaufs übernommen.
5Der Beteiligte zu 1. bildete einen Wirtschaftsausschuss, der mit Schreiben vom 11.09., 05.10., 26.11.2015 und 18.01.2016 gegenüber den Beteiligten zu 2. und 3. die Unterrichtung über verschiedene wirtschaftliche Angelegenheiten beider Gesellschaften forderte. Die Beteiligten zu 2. und 3. lehnten ausweislich der entsprechenden Mitteilung der Geschäftsführung an den Beteiligten zu 1. vom 05.02.2016 wegen des Vorliegens eines Tendenzbetriebs vor dem Hintergrund des § 118 BetrVG das Unterrichtungsbegehren ab, da ein Wirtschaftsausschuss nicht wirksam gebildet sei.
6Daraufhin beschloss der Beteiligte zu 1. unter dem 17.02.2016 die Anrufung einer Einigungsstelle. Dieses Begehren verfolgt der Beteiligte zu 1. mit seiner Antragsschrift vom 29.02.2016, die am 01.03.2016 beim Arbeitsgericht in Aachen eingegangen ist, weiter.
7Der Beteiligte zu 1. hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 2. und 3. stelle keinen Tendenzbetrieb im Sinne des § 118 Abs. 1 BetrVG dar. In der Vergangenheit sei die wirksame Bildung des Wirtschaftsausschusses, der seit 1987 existiere, nie in Frage gestellt worden. Dies gelte auch nach Änderung des Gesellschaftsvertrages im Jahr 2014 weiter. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Gemeinschaftsbetrieb zum 01.10.2015 im Wege des Anteilskaufs durch die rein gewerblich tätige I A erworben worden sei. Hilfsweise hat der Beteiligte zu 1. sein Begehren auf die Unterrichtung durch die Beteiligte zu 3. begrenzt.
8Der Beteiligte zu 1. hat erstinstanzlich beantragt,
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1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit den Regelungsgegenständen „Information des Wirtschaftsaus-schusses über
- die künftige Geschäftstätigkeit der S G und der S a G nach Übernahme durch die I A durch Vorlage des Businessplans der I A in Bezug auf die S G und die S a G und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
12- den beabsichtigten Umfang des Ambulanten Rehazentrums in dem Gebäudeteil R durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
13- geplante bauliche Veränderungen im Haus E durch Vorlage von Umbauplänen und Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
14- die beabsichtigte Fokussierung des Geschäfts auf internationale Patienten durch Vorlage der Aufwands- und Ertragsrechnung bezogen auf diese Patienten
15- den Geschäftsverlauf der S G und der S a G im 4. Quartal 2015 durch Vorlage dieses Quartalsberichts
16- den Umbau der Sportaula durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie die Information über die geplante zukünftige Nutzung der Sportaula nach deren Umbau
17- die konkretisierten Neubaupläne für den Betrieb an der Benediktinerstraße“ wird der V des L K , . G bestellt,
18hilfsweise:
19Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit den Regelungsgegenständen „Information des Wirtschaftsaus-schusses über
20- die künftige Geschäftstätigkeit der S a G nach Übernahme durch die I A durch Vorlage des Businessplans der I A in Bezug auf die S a G und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
21- den beabsichtigten Umfang des Ambulanten Rehazentrums in dem Gebäudeteil R durch Vorlage des Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
22- geplante bauliche Veränderungen im Haus E durch Vorlage von Umbauplänen und Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
23- die beabsichtigte Fokussierung des Geschäfts auf internationale Patienten durch Vorlage der Aufwands- und Ertragsrechnung bezogen auf diese Patienten
24- den Geschäftsverlauf der S a G im 4. Quartal 2015 durch Vorlage dieses Quartalsberichts
25- den Umbau der Sportaula durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie die Information über die geplante zukünftige Nutzung der Sportaula nach deren Umbau
26- die konkretisierten Neubaupläne für den Betrieb an der B “ wird der V des L K , . G bestellt.
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2. Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.
Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,
30die Anträge sowohl in Gestalt des Haupt- als auch des Hilfsantrages zurückzuweisen.
31Die Beteiligten zu 2. und 3. haben erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die vom Beteiligten zu 1. begehrte Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Der Streit über die rechtmäßige Bildung des Wirtschaftsausschusses sei nicht im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung der Einigungsstelle, sondern in einem gesonderten Beschlussverfahren durchzuführen. Die Beteiligten stritten nicht darum, ob über eine bestimmte wirtschaftliche Angelegenheit Auskunft zu erteilen sei, sondern grundsätzlich darüber, ob der Wirtschaftsausschuss rechtswirksam existiere. Kern des Streits sei nämlich, ob die Bildung des Wirtschaftsausschusses im Hinblick auf § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unzulässig sei. Ohnehin liege der Anwendungsbereich des § 118 BetrVG tatsächlich vor, da es sich bei dem Betrieb der Beteiligten zu 2. und 3. um eine gemeinnützige Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift handele. Der Zeitraum vor 2014 sei bezüglich des Bestands des Wirtschaftsausschusses irrelevant. Eine gebotene ganzheitliche Betrachtung des Gemeinschaftsbetriebes führe vorliegend dazu, dass für den Gesamtbetrieb die Tendenzqualität eines Teils – hier jedenfalls der Beteiligten zu 2. – maßgeblich sei.
32Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Beschluss vom 15.03.2016 – 1 BV 15/16 – den Antrag sowohl bezüglich des Haupt- als auch des Hilfsbegehrens zurückgewiesen, da die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei für den Streit der Beteiligten um die rechtmäßige Bildung des Wirtschaftsausschusses.
33Der Beteiligte zu 1. hat gegen den ihm am 22.03.2016 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts am 04.04.2016 Beschwerde eingelegt und diese zugleich beim Landesarbeitsgericht begründet.
34Der Beteiligte zu 1. verweist hinsichtlich der Begründung seiner Beschwerde darauf, dass bei einem Streit über die wirksame Bildung des Wirtschaftsausschusses keine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle anzunehmen sei, da grundsätzlich eine eigene Zuständigkeitsprüfung durch die Einigungsstelle stattfinde. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts seien vorliegend auch konkrete Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses gemäß den streitgegenständlichen Anträgen zwischen den Parteien streitig; daher reduziere sich die Auseinandersetzung nicht lediglich auf die Frage der rechtswirksamen Bildung des Wirtschaftsausschusses vor dem Hintergrund einer etwaigen Tendenzbetriebseigenschaft bei den Beteiligten zu 2. und 3.
35Der Beteiligte zu 1. beantragt,
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1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 15.03.2016, Az. 1 BV 15/16 – wird abgeändert.
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2. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit den Regelungsgegenständen „Information des Wirtschaftsausschusses über
- die künftige Geschäftstätigkeit der S G und der S a G nach Übernahme durch die I A durch Vorlage des Businessplans der I A in Bezug auf die S G und die S a G und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
41- den beabsichtigten Umzug des Ambulanten Rehazentrums in den Gebäudeteil R durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
42- geplante bauliche Veränderungen im Haus E durch Vorlage von Umbauplänen und Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
43- die beabsichtigte Fokussierung des Geschäfts auf internationale Patienten durch Vorlage der Aufwands- und Ertragsrechnung bezogen auf diese Patienten
44- den Geschäftsverlauf der S G und der S a G im 4. Quartal 2015 durch Vorlage dieses Quartalsberichts
45- den Umbau der Sportaula durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie die Information über die geplante zukünftige Nutzung der Sportaula nach deren Umbau
46- die konkretisierten Neubaupläne für den Betrieb an der B “
47wird der Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts Köln, . G , bestellt.
48hilfsweise zu 2.:
49Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit den Regelungsgegenständen „Information des Wirtschaftsausschusses über
50- die künftige Geschäftstätigkeit der S G nach Übernahme durch die I A durch Vorlage des Businessplans der I A in Bezug auf die S a G nach Übernahme und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
51- den beabsichtigten Umzug des Ambulanten Rehazentrums in den Gebäudeteil R durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
52- geplante bauliche Veränderungen im Haus E durch Vorlage von Umbauplänen und Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten
53- die beabsichtigte Fokussierung des Geschäfts auf internationale Patienten durch Vorlage der Aufwands- und Ertragsrechnung bezogen auf diese Patienten
54- den Geschäftsverlauf der S G a G im 4. Quartal 2015 durch Vorlage dieses Quartalsberichts
55- den Umbau der Sportaula durch Vorlage der Umbaupläne und die Angabe der mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie die Information über die geplante zukünftige Nutzung der Sportaula nach deren Umbau
56- die konkretisierten Neubaupläne für den Betrieb an der B “
57wird der Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts Köln, . G , bestellt.
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3. Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgesetzt.
Die Beteiligten zu 2. und 3. stellen den Antrag,
61die Anträge aus der Beschwerdeschrift vom 04.04.2016 zurückzuweisen.
62Sie verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres Sachvortrags. Sie verbleiben bei der Auffassung, dass die Einrichtung einer Einigungsstelle, die die wirksame Bildung des Wirtschaftsausschusses nicht prüfen dürfen, sinnlos sei, da sie sich sofort für unzuständig erklären müsste.
63Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den zu den Akten gereichten Anlagen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend verwiesen.
64II. Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist auch begründet. Gemäß dem Hauptantrag aus der Beschwerdeschrift war dem Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses hinsichtlich beider Beteiligten zu 2. und 3. stattzugeben.
651. Die eingelegte Beschwerde ist nach § 100 Abs. 2 S. 1 vor dem Landesarbeitsgericht statthaft. Sie ist auch zulässig, denn sie ist innerhalb der gesetzlichen 2-Wochen-Frist gemäß § 100 Abs. 2 S. 2 ArbGG eingelegt und begründet worden.
66Die gestellten Anträge genügen dem Bestimmtheitsgebot aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Auskunftsverlangen des Beteiligten zu 1., über die in der Einigungsstelle verhandelt werden soll, im Hauptantrag zu 1. konkret aufgelistet worden sind.
67Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Antragstellung des Beteiligten zu 1. ist ebenfalls zu bejahen, da die Beteiligten zu 2. und 3. vorgerichtlich die entsprechenden Auskunftsbegehren abgelehnt haben.
682. Der Hauptantrag ist auch begründet.
69Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der vom Beteiligten zu 1. geforderten Einigungsstelle gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nicht auszugehen.
70a. Der Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 S. 2, 3 BetrVG bzw. § 109 BetrVG kann nach § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG nur zurückgewiesen werden, wenn diese offensichtlich unzuständig ist. Eine solche Unzuständigkeit liegt vor, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass das vom Betriebsrat in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Dies resultiert aus den Besonderheiten des Einigungsstellenbildungsverfahrens, dass darauf gerichtet ist, den Betriebspartnern, die keine ständige Einigungsstelle eingerichtet haben, im Bedarfsfalle beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten möglichst zeitnah eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen. Diese Zielsetzung erfordert ein unkompliziertes Bestellungsverfahren ohne zeitraubende Prüfung schwieriger Rechtsfragen. Dem entspricht das vereinfachte gerichtliche Verfahren ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter unter Ausschluss der Rechtsbeschwerde. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab korrespondiert damit, dass die Einigungsstelle die Vorfrage ihrer Zuständigkeit selbst prüft und sich, wenn sie diese nicht für gegeben hält, für unzuständig erklären kann (vgl. BAG, Beschluss vom 30.01.1990 – 1 ABR 2/89 - ). Die Sachverhaltsaufklärung ist auf Tatsachen zur offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle beschränkt, da die endgültige Klärung der Zuständigkeit der Einigungsstelle einem gesonderten Beschlussverfahren vor der vollbesetzten Kammer vorbehalten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.1986 – 1 BVR 1481/83 - ).
71b. Nach § 109 S. 1 BetrVG obliegt es der Einigungsstelle und nicht den sie bestellenden Arbeitsgerichten im Verfahren nach § 100 ArbGG darüber zu befinden, ob ein Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinne von § 106 BetrVG berechtigt ist, ob es gegebenenfalls ausreichend erfüllt wurde und ob und inwieweit der Arbeitgeber zu dessen Erfüllung verpflichtet ist. Die Einigungsstelle hat dabei zunächst ihre eigene sowie die Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses und alsdann die Berechtigung des Auskunftsverlangens und dessen Erfüllung durch den Arbeitgeber zu prüfen. Erst der Spruch der Einigungsstelle unterliegt der vollen Rechtskontrolle der Arbeitsgerichte. Für die Bestellung der Einigungsstelle genügt es daher, dass der Wirtschaftsausschuss eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten verlangt hat und das zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber eine Meinungsverschiedenheit über deren Berechtigung und/oder Erfüllung besteht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.07.2015 – 26 TaBV 857/15 - ).
72c. Die Existenz bzw. die wirksame Bildung des Wirtschaftsausschusses ist dabei von der Einigungsstelle im Rahmen ihrer Zuständigkeitsprüfung mitzubehandeln. Lediglich in dem Fall, in dem überhaupt kein Auskunftsverlangen durch den Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberseite vorliegt, ist von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der begehrten Einigungsstelle auszugehen. In diesem Fall nämlich, also wenn ein konkretes Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses überhaupt nicht vorliegt, ist die Einigungsstelle nicht befugt, über die wirksame Bildung des Wirtschaftsausschusses zu befinden, da eine solch isolierte Prüfung in § 100 BetrVG nicht vorgesehen ist.
73Dementsprechend ist auch hinsichtlich der Entscheidung des hessischen Landesarbeitsgerichts vom 0108.2006 (4 TaBV 111/06) zu berücksichtigen, dass in den dortigen Entscheidungsgründen das Vorliegen eines konkreten Auskunftsverlangens für die Zuständigkeit der Einigungsstelle vorausgesetzt wird und dass es nicht ausreicht, wenn die Beteiligten nicht um mehr als um die Wirksamkeit der Bestellung des Wirtschaftsausschusses streiten. Aus dieser Entscheidung ist daher entgegen der Rechtsauffassung der Beteiligten zu 2. und 3. nicht zu schließen, dass von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle bereits dann auszugehen ist, wenn – auch – die wirksame Bildung des Wirtschaftsausschusses zwischen den Beteiligten streitig ist. Maßgeblich ist, ob der Wirtschaftsausschuss ein konkretes Auskunftsverlangen gegenüber der Arbeitgeberseite gestellt hat.
74Nicht zu folgen ist der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aus dem Beschluss vom 19.02.2013 (1 TaBV 155/12), wonach die Einigungsstelle nach § 109 BetrVG nur dann angerufen werden kann, wenn die wirksame Errichtung des Wirtschaftsausschusses rechtskräftig festgestellt ist. Der dortige Hinweis darauf, dass eine abschließende Entscheidung von Rechtsfragen in der Einigungsstelle nicht zulässig sei, berücksichtigt nicht, dass es die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle durch die Arbeitsgerichte gibt. Außerdem steht diese Auffassung in Widerspruch zum grundsätzlichen Maßstab für die Klärung der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle, wozu auch die Klärung maßgeblicher Rechtsfragen gehört.
75d. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ist auch nicht aus der Beantwortung der zwischen den Beteiligten streitigen Eigenschaft der Beteiligten zu 2. und 3. als Tendenzbetrieb zu beantworten. Die Klärung, ob sich mit Rücksicht auf eine caritative Tätigkeit der Beteiligten zu 2. und 3. insbesondere dem Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht hinreichend auf den Tendenzbetriebscharakter der Beteiligten zu 2. und 3 . schließen lässt, unterfällt nicht dem Prüfungsmaßstab des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Im vorliegenden Fall ist dabei besonders die Bildung des Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2. und 3. zu berücksichtigen und der dabei vom Beteiligten zu 1. vorgetragene wechselseitige Personaleinsatz.
76e. Die Anzahl der Beisitzer war wie beantragt auf jeweils zwei Beisitzer pro Seite festzusetzen. Diese Besetzung ist im Regelfall angemessen, um einerseits die Präsenz betriebsextern juristischen Sachverstands zu gewährleisten und andererseits eine praktikable Handhabung der Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse in der Einigungsstelle wie die Verhältnismäßigkeit der Kosten bewirken.
77Hinsichtlich des Vorsitzenden war dem Antrag des Beteiligten zu 1. zu folgen, da die Beteiligten zu 2. und 3. hiergegen keine Einwände erhoben haben.
78III. Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel gemäß § 100 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben.
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(1) Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend
- 1.
politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder - 2.
Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes Anwendung findet,
(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
Wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinn des § 106 entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Einigungsstelle kann, wenn dies für ihre Entscheidung erforderlich ist, Sachverständige anhören; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend. Hat der Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat eine anderweitige Wahrnehmung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses beschlossen, so gilt Satz 1 entsprechend.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
Wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinn des § 106 entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Einigungsstelle kann, wenn dies für ihre Entscheidung erforderlich ist, Sachverständige anhören; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend. Hat der Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat eine anderweitige Wahrnehmung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses beschlossen, so gilt Satz 1 entsprechend.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.
(1) In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.
(2) Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört in den Fällen des Absatzes 3 Nr. 9a insbesondere die Angabe über den potentiellen Erwerber und dessen Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer; Gleiches gilt, wenn im Vorfeld der Übernahme des Unternehmens ein Bieterverfahren durchgeführt wird.
(3) Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift gehören insbesondere
- 1.
die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens; - 2.
die Produktions- und Absatzlage; - 3.
das Produktions- und Investitionsprogramm; - 4.
Rationalisierungsvorhaben; - 5.
Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden; - 5a.
Fragen des betrieblichen Umweltschutzes; - 5b.
Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz; - 6.
die Einschränkung oder Stillegung von Betrieben oder von Betriebsteilen; - 7.
die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen; - 8.
der Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben; - 9.
die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks; - 9a.
die Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist, sowie - 10.
sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können.
(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.
(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.
Wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinn des § 106 entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Einigungsstelle kann, wenn dies für ihre Entscheidung erforderlich ist, Sachverständige anhören; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend. Hat der Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat eine anderweitige Wahrnehmung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses beschlossen, so gilt Satz 1 entsprechend.
(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.
(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.