Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Juni 2016 - 6 K 1797/13

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2016:0609.6K1797.13.0A
bei uns veröffentlicht am09.06.2016

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Klägerin ist die Stadtgemeinde …, die u.a. einen Kurbetrieb unterhält.

2

Die Klägerin errichtete ab dem Jahr 2009 in der Stadtmitte auf dem Gelände eines ehemaligen Supermarktes einen als Marktplatz bezeichneten Platz, der mit einer Bühnenanlage mit Zuschauertribüne, Ruhebänken sowie  einem Geräte- und Abstellraum ausgestattet wurde. Darüber hinaus wurden zur weiteren Gestaltung des Platzes Basaltsäulen und Hinweistafeln errichtet, die auf die Bedeutung des Badeortes in Bezug auf die Lehren, Therapien und über das Leben von Sebastian Kneipp Informationen geben. Des Weiteren wurde ein Wasserlauf mit zwei Brunnen erstellt, der Platz entsprechend befestigt, gärtnerisch gestaltet und teilweise umzäunt. Im Zuge dieser Umbaumaßnahmen wurde außerdem auf dem an den Marktplatz angrenzenden Kurpark eine öffentliche Toilettenanlage errichtet.

3

Die Baumaßnahmen wurden im Frühjahr 2010 abgeschlossen und der Marktplatz im Rahmen eines Bürgerfestes eingeweiht.

4

Mit ihrer am 9. September 2011 abgegebenen Umsatzsteuererklärung 2009 beantragte die Klägerin den Abzug von Vorsteuern in Höhe von insgesamt 154.309,94 €, wobei ein Betrag von 120.541,65 € auf die Baukosten für den Marktplatz entfielen.

5

Für das Jahr 2010 wurden aus den Kosten für den Marktplatz ebenfalls Vorsteuern in Höhe von insgesamt 10.462,34 € geltend gemacht (vgl. Bericht vom 5. November 2012, USt-Akte 2010, Bl. 52 ff, 55). Die Umsatzsteuererklärung 2010 wurde am 27. Juli 2012 beim Finanzamt eingereicht.

6

Im Dezember 2011 fand für den Besteuerungszeitraum 2009 und für das Jahr 2010 im Oktober 2010 eine Umsatzsteuer Sonderprüfung statt. Nach den Feststellungen des Prüfers wurde der Platz in den Sommermonaten 2010 für die Ausrichtung eines Weinfestes, eines sog. „Public Viewing“ zur Fußballweltmeisterschaft 2010 sowie verschiedene Open-Air Konzerte mit freiem Eintritt genutzt. Der jeweils dienstags stattfindende Wochenmarkt werde nicht auf dem Marktplatz durchgeführt, sondern in der verkehrsberuhigten Zone der ...-Straße der Gemeinde (Bericht vom 19. Dezember 2011, unter Ziffer II, USt-Sonderprüfungsakte, Bl. 4 ff, 6; Bericht vom 5. November 2012, USt-Akte 2010, Bl. 52 ff).

7

Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass der Marktplatz nicht für eine steuerpflichtige, wirtschaftliche Tätigkeit, die der Erzielung von Einnahmen diene, genutzt werde und der Vorsteuerabzug deshalb zu versagen sei. Ein eindeutiger wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb gewerblicher Art (BgA) „Kurverwaltung“ liege nicht vor.

8

Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Prüfers an und ließ in den  Bescheiden  vom 3. Januar 2012 (2009) und 26. November 2012 (2010) die Vorsteuern betreffend die Kosten für den Marktplatz nicht zum Abzug zu (USt-Akte, 2009, Bl 41).

9

Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Einspruch mit der Begründung, der errichtete Platz sei kein eigentlicher Marktplatz als öffentliche Verkehrsfläche. Bei der Bezeichnung Marktplatz handele es sich vielmehr lediglich um den Namen für diesen Platz. Der Platz werde für kulturelle Veranstaltungen im Rahmen des Kurbetriebes genutzt. Außerdem habe dort der Weihnachtsmarkt stattgefunden und es sei beabsichtigt, dort auch regelmäßig den Wochenmarkt zu organisieren. Die Zeiten ohne gesonderte Veranstaltungen (sog. „Leerstand“)  könnten nicht dem hoheitlichen Bereich der Stadt zugeordnet werden, da es sich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche handele und der Platz während dieser Zeiten ebenfalls kurörtlich genutzt werden könne.

10

Da die neu geschaffene Einrichtung ausschließlich unternehmerischen Zwecken der Kurverwaltung diene, komme auch ein teilweiser Ausschluss vom Vorsteuerabzug im Sinne von § 15 Abs. 2 UStG nicht in Betracht.

11

Mit getrennten Entscheidungen, jeweils vom 5. Juni 2013,  wies das beklagte Finanzamt (FA) die Einsprüche als im Wesentlichen unbegründet zurück. Lediglich für das Jahr 2009 wurden weitere Vorsteuern in Höhe von 1.870,45 € zum Abzug zugelassen. Hierbei handele es sich um Vorsteuern für die Anschaffung und Anbringung von Wirtschaftsgütern die dem Betrieb gewerblicher Art (BgA) „Kurverwaltung“ dienen würden bzw. bei denen ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang zum Kurbetrieb bestehe (Basaltsäulen Kneippsymbole, Infotafel, Signo-Colortafel). Hinsichtlich der weiteren Aufwendungen sei ein hinreichend objektiver Zusammenhang des Marktplatzes mit dem BgA Kurverwaltung nicht dokumentiert.

12

Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin die Anerkennung der geltend gemachten weiteren Vorsteuern für die Jahre 2009 und 2010.

13

Zur Begründung führt sie aus, die Stadt habe im Mai 1967 die staatliche Anerkennung als Kneipp-Heilbad erhalten. Seitdem betreibe sie ihre kurörtlichen Einrichtungen im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art „Kurverwaltung“. Aufgrund der örtlichen Satzung erhebe die Stadt einen Kurbeitrag für die Herstellung und Unterhaltung der zur Kur-und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen.

14

Bei dem als Marktplatz bezeichneten Platz handele es sich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche. Die Bezeichnung Marktplatz sei insofern irreführend. Es handele sich nur um den Namen des Platzes, der sich in einem unmittelbaren räumlichen Anschluss an den bisherigen Kurpark befinde. Gleichzeitig sei am Rande des Kurparks eine Toiletten-Anlage errichtet worden. Dem Finanzamt seien Unterlagen vorgelegt worden, aus denen hervorgehe, dass seitens der Stadt auf dem Platz kulturelle Veranstaltungen im Rahmen des Kurbetriebes stattfinden würden. Auch der jährliche Weihnachtsmarkt finde hier statt. Seit Mai 2012 finde außerdem der Wochenmarkt gewerblicher Händler auf dem Platz statt. Zeiten des Leerstandes könnten nicht dem hoheitlichen Bereich der Stadt zugeordnet werden, da es sich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche handele und der Platz während dieser Zeit ebenfalls kurörtlich genutzt werde. Die Bestimmung der kurörtlichen Nutzung ergebe sich zum einen aus der Lage des Platzes und des Toilettengebäudes sowie aus den dort geschaffenen Einrichtungen und der inzwischen erfolgten Nutzung. Die von der Stadt beabsichtigte Nutzung des Platzes habe sich bereits aus dem Stadtratsbeschluss vom 4. Dezember 2007 ergeben. Die Vorgaben seien vom Stadtrat lediglich in bautechnischer Hinsicht formuliert worden und nicht unter Verwendung steuerrechtlicher Termini. Für den Stadtrat einer „Badestadt“ sei die Verwendung als kurörtliche Einrichtung eine Selbstverständlichkeit gewesen.

15

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2013 übersandte die Klägerin Fotos vom Marktplatz in …, auf die Bezug genommen wird (Gerichtsakte Bl. 28 ff).

16

Die Klägerin beantragt,
1.
den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 3. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2013 dahingehend zu ändern, dass weitere 118.671,20 € (120.541,65 € minus 1.870,45 €) als abzugsfähige Vorsteuern anerkannt werden;
2.
den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 26. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2013 dahingehend zu ändern, dass weitere 10.462,34 € als abzugsfähige Vorsteuern anerkannt werden.

17

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

18

Zur Begründung führt er aus, der Vorsteuerabzug sei ausgeschlossen, da der Marktplatz eine zur Nutzung durch die Allgemeinheit dienende öffentliche Verkehrsfläche sei. Derartige öffentliche Verkehrsflächen könnten zwar wesentliche Betriebsgrundlage eines BgA sein, nicht aber zum ertragssteuerlichen Betriebsvermögen und auch nicht zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen gehören. Aus der fehlenden verkehrsrechtlichen Widmung des Platzes könne nicht geschlossen werden, dass die Überlassung der Fläche zum allgemeinen Gebrauch keine hoheitliche Tätigkeit darstelle. Ein hinreichend objektiver Zusammenhang des Marktplatzes mit dem BgA „Kurverwaltung“ sei von der Klägerin nicht dokumentiert worden.

19

Entscheidungserheblich sei vor allem, dass der Platz für einen Zeitraum von ca. zwei Jahren nach der Fertigstellung nicht wirtschaftlich bzw. fast ausschließlich nicht wirtschaftlich genutzt worden sei. Die in der Niederschrift der Sitzung des Stadtrates vom 4. Dezember 2007 genannten Vorgaben zur Planung des Marktplatzes würden keine konkrete Verwendung des Platzes zur Erzielung von Einnahmen bezeichnen. Auch seien durch den BgA „Kurverwaltung“ für diverse kulturelle Veranstaltungen auf dem Platz für Besucher keine Eintrittsgelder erhoben und auch anderweitig keine Einnahmen erzielt worden, zum Beispiel durch den Verkauf von Essen und Getränken. Der Vorsteuerabzug setze aber die beabsichtigte Verwendung eines Wirtschaftsgutes oder von Leistungsbezügen für die Ausführung von Abzugsumsätzen voraus.

20

Für die Anschaffung der Wirtschaftsgüter, bei denen ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang zum Kurbetrieb bestehen könnte (Basaltsäulen, Kneipp-Symbole, Infotafel) sei der Vorsteuerabzug gewährt worden. Bei der übrigen Gestaltung des Marktplatzes handle es sich um eine gewöhnliche städtebauliche Sanierungsmaßnahme, da der Marktplatz einer multifunktionalen Verwendung unterliege und eine Zuordnung von Eingangsleistungen zum BgA Kurverwaltung mangels Zusammenhang zwischen Eingangsleistungen und den aus dem BgA erzielten steuerpflichtigen Einnahmen nicht möglich sei.

21

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2013 erwiderte die Klägerin hierzu, die Auffassung der Klägerin werde durch die Entscheidung des BFH vom 22. Oktober 2009, Az. V R 33/08, gestützt. Der laut BFH erforderliche objektive und erkennbare wirtschaftliche Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit Kurbetrieb sei durch die getroffenen Maßnahmen (Herstellung des „Marktplatzes“ mit seinen Einrichtungen, Herstellung des Toilettengebäudes) gegeben. Selbst wenn ein Bezug zur hoheitlichen Aufgabe der Stadtgemeinde teilweise gegeben sein sollte, sei keinesfalls davon auszugehen, dass die bezogenen Leistungen allein dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen wären. Der Behauptung des Beklagten, der Platz sei für einen Zeitraum von ca. zwei Jahren nicht wirtschaftlich bzw. fast nicht wirtschaftlich genutzt worden, sei zu widersprechen. Die Nutzung des Platzes und der übrigen Einrichtungen sei im Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung dieser Gegenstände für den allgemeinen Kurbetrieb zu sehen. Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug seien deshalb erfüllt.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtordnung (FGO).

23

Nach den Feststellungen des Gerichts handelt es sich bei der Nutzung des in Rede stehenden Platzes um eine sog. gemischte Nutzung, da der Platz sowohl von Kurgästen als auch – unentgeltlich - von Nicht-Kurgästen genutzt wird. Liegt eine gemischte Nutzung vor, erfordert die Zuordnung zum Unternehmen eine durch objektive Beweisanzeichen gestützte zeitnahe Zuordnungsentscheidung. Die Zuordnung erfolgte im Streitfall nicht „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

I.

24

Der Unternehmer ist nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt er bei Bezug der Leistung diese teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und teilweise für Zwecke einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, ist er im Umfang der beabsichtigten Verwendung für seine wirtschaftliche Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt.

1.

25

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

26

Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010, V R 17/10, BFH/NV 2011, 717 m.w.N.).

27

Erforderlich für das Recht auf Vorsteuerabzug ist ferner ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz. (BFH-Urteil vom 3. März 2011, V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261 mit Hinweis u.a. auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH - vom 6. April 1995 C-4/94, BLP, Slg. 1995, I-983; vom 8. Juni 2000 C-98/98, Midland Bank, Slg. 2000, I-4177 und vom 22. Februar 2001 C-408/98, Abbey National, Slg. 2001, I-1361).

28

Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer mit der Lieferung eines Gegenstandes oder der Ausführung einer Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen entsteht. Der Steuerpflichtige braucht daher die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten.

29

Ein Leistungsbezug, der sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch genutzt werden kann, ist dann als insgesamt für das Unternehmen angeschafft anzusehen, wenn der Unternehmer eine entsprechende Zuordnungsentscheidung getroffen hat.

30

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH Urteil vom 8. Mai 2003, C-269/00 - Seeling -, Slg. 2003, I-4101 Rdnr. 40) und des Bundesfinanzhofs (BFH Urteil vom 31. Januar 2003, V R 61/96, BStBl. II 2003, 815) hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht.

31

Er kann den Gegenstand bzw. den Leistungsbezug - entweder seinem Unternehmen, oder seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen oder entsprechend dem geschätzten unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen. Eine Zuordnung zum Unternehmen ist nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG lediglich dann ausgeschlossen, wenn der Gegenstand zu weniger als 10 Prozent für unternehmerische Zwecke genutzt wird.

32

Die Zuordnung zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes. Der Leistungsbezug muss in einem objektiv erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (BFH Urteil vom 31. Januar 2002, V R 61/96, BStBl. II 2003, 813; BFH-Beschluss vom 25. Februar 2014, V B 75/13, BFH/NV 2014, 914).

33

Die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen (BFH Urteil vom 31. Januar 2002, V R61/96, BStBl. II 2003, 815). Darüber hinaus kann auch die spätere tatsächliche Verwendung ein Indiz für oder gegen eine Zuordnung zum Unternehmen sein, sofern sie jedenfalls noch zeitnah nach Leistungsbezug erfolgt (BFH Urteil vom 26. Januar 2006, V R 74/03, BFH/NR 2006, 1164).

34

Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung schon bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist (u.a. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2008, XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798; vom 18. April 2012 XI R 14/10, BFH/NV 2012, 1828).
Die vom Unternehmer getroffene Entscheidung muss zudem "zeitnah" nach außen dokumentiert werden. Hierzu hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die beim Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung im Rahmen der Jahressteuererklärung bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist von Steuererklärungen (31. Mai des Folgejahres) zu dokumentieren ist. Das gilt auch für den in zeitlicher Hinsicht "gestreckten" Vorgang der Herstellung eines Gebäudes oder sonstiger baulichen Anlage (für Gebäude: BFH-Urteile vom 7. Juli 2011, V R 21/10, BFH/NV 2012, 143; vom 11. Juli 2012, XI R 17/09, BFH/NV 2013, 266).

2.

35

Diese Zuordnungsregeln gelten nicht nur für die unternehmerische und nicht unternehmerische Betätigung von natürlichen Personen, sondern auch für die der juristischen Person des öffentlichen Rechts (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009, V R 33/08, BFH/NV 2010, 957).

36

Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind gemäß § 2 Abs. 3 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und ihrer Land und forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig. Mit Betrieben, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe, § 4 Abs. 5 KStG), sind sie demgegenüber grundsätzlich nicht unternehmerisch tätig.

37

Gemeinschaftsrechtlich gelten nach Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

38

Ob eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen der "öffentlichen Gewalt" - und damit nichtunternehmerisch - tätig wird, richtet sich danach, ob sie im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen tätig wird oder ob sie die Tätigkeiten unter den gleichen rechtlichen Bedingungen ausübt wie private Wirtschaftsteilnehmer (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009, V R 33/08, BFH/NV 2010, 957 mit Hinweis u.a. auf EuGH-Urteile vom 14. Dezember 2000 C-446/98, Camara Minicipal do Porto, Slg. 2000, I-11435, Rdnr. 18 und vom 17. Oktober 1989 C-231/87 und 129/88, Carpaneto Piacentino/Piacenza, Slg. 1989, 3233, 3277).

39

Eine Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann mithin im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art als Unternehmer tätig sein und kann insoweit Leistungen für ihr Unternehmen beziehen. Zu diesen Betrieben gewerblicher Art kann auch ein sogenannter Kurbetrieb, vorliegend als  Kurverwaltung bezeichnet, gehören. Der unternehmerische Bereich beinhaltet in diesen Fällen das „Bereitstellen von Einrichtungen des Fremdenverkehrs“ gegen Entrichtung von Kurbeiträgen (BFH-Urteil vom 26.04.1990, V R  166/84, BStBl. II 1990, 799).

II.

40

Die Anwendung der oben dargestellten Rechtsprechung auf den Streitfall ergibt, dass der Vorsteueranspruch zu Recht versagt worden ist.

1.

41

Die Klägerin wurde entgegen der von ihr vertretenen Auffassung bei der Herstellung des Marktplatzes nicht ausschließlich unternehmerisch tätig.

42

Wird die Gemeinde nicht im Rahmen ihres Kurbetriebes tätig, sondern hoheitlich im Rahmen der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben als Straßenbaulastträger (Errichtung von Straßen und Plätzen zur allgemeinen Nutzung) vollzieht sich dieses Tätigwerden innerhalb des nichtunternehmerischen Bereichs. Da der als Marktplatz bezeichnete Platz nicht nur im Rahmen von Veranstaltungen des Kurbetriebes durch Kurgäste, sondern auch als allgemeine und kostenfrei nutzbare städtische Einrichtung von „jedermann“ nutzbar ist, liegt keine ausschließliche Nutzung des Platzes im Rahmen des Kurbetriebes vor.

43

Eine ausschließliche unternehmerische Nutzung im Rahmen des Betriebs „Kurverwaltung“ würde eine hundertprozentige Nutzung des Platzes durch Kurgäste, die für die Inanspruchnahme ihren Kurbeitrag entrichten, voraussetzen. Dies ist indes zweifelsfrei nicht der Fall. Der Platz ist vielmehr öffentlich zugänglich und wird außer von Kurgästen auch von den einheimischen Bewohnern sowie sonstigen Besuchern der Gemeinde (Tagestouristen, die keinen Kurbeitrag entrichten) genutzt. Damit liegt zweifelsfrei eine gemischte Nutzung des „Marktplatzes“ vor.

2.

44

Aufgrund des Vorliegens einer gemischten Nutzung hätte die Gemeinde rechtzeitig, d.h. bereits bei Bezug der Eingangsleistungen eine Zuordnungsentscheidung treffen und diese zeitnah, mithin spätestens in den am 31. Mai 2010 bzw. am 31. Mai 2011  abzugebenden Umsatzsteuererklärungen dokumentieren müssen. Die Steuererklärungen wurden jedoch erst im September 2011 (2009) bzw. Juli 2012 (2010) beim Finanzamt eingereicht.

45

Damit scheidet – unabhängig von der Frage, ob die Zuordnungsentscheidung rechtzeitig getroffen wurde – bereits mangels rechtzeitiger Dokumentation der Zuordnungsentscheidung ein Vorsteuerabzug aus.

III.

46

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine vollständige Anerkennung der Vorsteuern auch bei rechtzeitiger Dokumentation nicht in Betracht gekommen wäre. Da außer den Kurbeiträgen keine Einnahmen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nutzung des Marktplatzes stehen, erzielt worden sind, wäre allenfalls eine teilweise Anerkennung im Rahmen einer – groben – Schätzung der Nutzung des Platzes durch die Kurgäste im Verhältnis zur Nutzung durch Dritte (Nicht-Kurgäste) in Betracht gekommen.

IV.

47

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14 Ausstellung von Rechnungen


(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 4 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts


(1) 1Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerha

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016  6 K 1797/13 aufgehoben.

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(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Steuerberaterpraxisgemeinschaft mit 18 Arbeitnehmern, veranstaltete in den Streitjahren 2003 und 2004 jeweils einen Betriebsausflug. Die Bruttokosten hierfür beliefen sich auf 3.694,22 € (2003) und auf 4.610,85 € (2004). Die Klägerin unterwarf diese Aufwendungen einer pauschalierten Lohnversteuerung von 25 %. In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre erfasste sie die Betriebsausflüge nicht.

2

Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Freigrenze von 110 € pro Arbeitnehmer überschritten worden sei und die Betriebsausflüge daher gemäß Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 6 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 (UStR) als steuerpflichtige Umsätze zu berücksichtigen seien. Das FA erließ am 23. Februar 2006 entsprechende Umsatzsteueränderungsbescheide, die gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung standen. Am 27. Februar 2006 beantragte die Klägerin, die Bescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO hinsichtlich der Besteuerung der Betriebsausflüge zu ändern. Das FA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. Januar 2007 ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) bestätigte mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1827 veröffentlichten Urteil das FA dahingehend, dass die Leistungen für die Betriebsausflüge nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 2. Alternative des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) der Umsatzsteuer unterlägen. Die Steuerbarkeit nach dieser Vorschrift entfalle nur, wenn die Befriedigung des privaten Bedarfs der Arbeitnehmer durch die mit der Maßnahme verfolgten betrieblichen Zwecke überlagert werde. Insoweit sei die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen heranzuziehen. Steuerpflichtiger Arbeitslohn liege nicht vor, wenn die Zuwendung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolge. Es sei aus Gründen der Praktikabilität erforderlich, die Frage des eigenbetrieblichen Interesses bei Betriebsveranstaltungen für Zwecke der Umsatzsteuer unabhängig vom Einzelfall typisierend nach einer betragsmäßigen Grenze zu beurteilen.

4

Die Leistungen bei den Betriebsausflügen dienten typischerweise der Freizeitgestaltung und Verpflegung und damit dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer. Die privaten Zwecke würden auch nicht durch betriebliche Zwecke der Klägerin überlagert. Gehe man zugunsten der Klägerin davon aus, dass jeweils alle 18 Arbeitnehmer an den Betriebsausflügen teilgenommen hätten, hätten die Aufwendungen pro Teilnehmer und Veranstaltung ca. 200 € bis 250 € betragen. Der vom Bundesfinanzhof (BFH) lohnsteuerrechtlich aufgestellte Höchstbetrag sei damit überschritten. Darüber hinaus lägen keine besonderen Umstände vor, die die Zuwendung der Betriebsveranstaltungen als geboten erscheinen ließen. Dass Betriebsausflüge zur Verbesserung des Arbeitsklimas und damit möglicherweise auch der Steigerung der Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer dienten, führe nicht zu einer Überlagerung privater Belange der Arbeitnehmer durch betriebliche Interessen der Klägerin. Bei der Veranstaltung der Betriebsausflüge handele es sich auch nicht um Aufmerksamkeiten. Aufmerksamkeiten seien nur Zuwendungen des Arbeitgebers, die ihrer Art nach und ihrem Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht würden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führten.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Es sei nicht ersichtlich und entspreche auch nicht der Lebenserfahrung, dass ein Betriebsausflug private Bedürfnisse des Arbeitnehmers erfüllen solle. Die Betriebsausflüge seien im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt, da die Arbeitnehmer für die Dauer des Betriebsausflugs von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt gewesen seien, keine Angehörigen der Arbeitnehmer teilgenommen hätten und der Arbeitgeber die Aufwendungen vollständig getragen habe. Weiter sei die Bedeutung derartiger Veranstaltungen für das Betriebsklima, die Arbeitnehmerzufriedenheit und die sich hieraus ergebende Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Aufwendungen zumindest überwiegend im betrieblichen Interesse erfolgt seien. Im Übrigen handele es sich auch ertragsteuerrechtlich um Betriebsausgaben.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 12. Januar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 21. August 2007 zu verpflichten, die Umsatzsteuerbescheide für 2003 und 2004 vom 23. Februar 2006 dahingehend zu ändern, dass die Steuer für 2003 auf 131.515,70 € und für 2004 auf 147.838,53 € herabgesetzt wird.

7

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Wie das FG zutreffend entschieden habe, liege eine unentgeltliche Zuwendung an das Personal der Klägerin vor.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat keine Feststellungen zum vorrangig zu prüfenden Vorsteuerabzug getroffen, die eine abschließende Beurteilung durch den Senat erlauben.

10

1. Der Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt er bereits bei Empfang der Leistung, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er hiermit mittelbar Ziele verfolgt, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen.

11

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

12

b) Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 13. März 2008 C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 1; BFH-Urteil vom 6. Mai 2010 V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.1.). Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei wie folgt zu differenzieren:

13

aa) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, die steuerpflichtig sind (gleichgestellt: Umsätze i.S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG), kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen seiner zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze (EuGH-Urteil vom 29. Oktober 2009 C-29/08, SKF, Slg. 2009, I-10413 Rdnr. 57; BFH-Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.2.a aa (1), jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

14

bb) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder --ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG)-- steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug (EuGH-Urteile Securenta in Slg. 2008, I-1597 Rdnr. 30; SKF in Slg. 2009, I-10413 Rdnr. 59, und BFH-Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.2.a aa (2), jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

15

Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da "der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist" (EuGH-Urteile vom 6. April 1995 C-4/94, BLP, Slg. 1995, I-983 Rdnr. 19; vom 8. Juni 2000 C-98/98, Midland Bank, Slg. 2000, I-4177 Rdnr. 20, und vom 22. Februar 2001 C-408/98, Abbey National, Slg. 2001, I-1361 Rdnr. 25). Hieran ist auch nach Ergehen des EuGH-Urteils SKF in Slg. 2009, I-10413, das auf diese Entscheidungen --wenn auch in anderem Zusammenhang-- ausdrücklich Bezug nimmt, festzuhalten.

16

cc) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und --als solche-- Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen dann direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen (EuGH-Urteil SKF in Slg. 2009, I-10413 Rdnr. 58; BFH-Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.2.a bb, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung). Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist dann aber, dass die wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu Umsätzen führt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (EuGH-Urteil Midland Bank in Slg. 2000, I-4177 Rdnr. 31 zu Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG, § 15 Abs. 4 UStG; BFH-Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.2.a bb). Geht der Unternehmer z.B. zugleich wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nach, ist der Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig, als die Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zuzurechnen sind (EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 1; BFH-Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.2.a cc).

17

c) Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Senat hält an seinen hiervon abweichenden BFH-Urteilen vom 4. Juli 1985 V R 82/77 (BFHE 144, 81, BStBl II 1985, 538, unter 5.) und vom 18. Dezember 1986 V R 176/75 (BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350, unter B.I.2.b --zu einem Angelteich und einem Schwimmbad--) nicht fest (Änderung der Rechtsprechung).

18

aa) § 3 Abs. 9a UStG stellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat (Nr. 1), und die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung (Nr. 2) durch Unternehmer einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleich, wenn diese Leistungen für Zwecke erfolgen, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern es sich nicht um Aufmerksamkeiten handelt.

19

Die Besteuerung dieser Verwendungs- oder Leistungsentnahme beruht auf Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, der die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat (Buchst. a) und die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen (Buchst. b) einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichstellt, wenn sie für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke erfolgen.

20

bb) Aus der Gleichstellung der unentgeltlichen Verwendungs- oder Leistungsentnahme mit entgeltlichen Leistungen nach § 3 Abs. 9a UStG folgt nicht, dass der Unternehmer auch zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er bereits bei Bezug der Leistung beabsichtigt, diese ausschließlich für eine Verwendungs- oder Leistungsentnahme zu nutzen. Die von § 3 Abs. 9a UStG vorausgesetzte Leistungserbringung "für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten Bedarf", und der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderliche Leistungsbezug "für sein Unternehmen" schließen sich bereits nach dem Wortlaut dieser Vorschriften aus. Darüber hinaus umfassen die Unternehmensdefinitionen dieser Vorschriften entsprechend § 2 Abs. 1 UStG jeweils die wirtschaftliche Tätigkeit durch Erbringen entgeltlicher Leistungen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.1. zu § 15 Abs. 1 UStG). Eine Leistung kann dabei nicht für das Unternehmen (für wirtschaftliche Tätigkeiten) bestimmt sein und zugleich Zwecken außerhalb des Unternehmens oder privaten Zwecken (nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten) dienen.

21

Bestätigt wird dies durch den Normzweck der Entnahmebesteuerung. So bezweckt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, den Steuerpflichtigen, der für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals einen Gegenstand entnimmt oder eine Dienstleistung erbringt, und den Endverbraucher, der einen Gegenstand oder eine Dienstleistung gleicher Art erwirbt, gleich zu behandeln. Um diesen Zweck zu erreichen, lässt es Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG nicht zu, dass ein Steuerpflichtiger, der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstands die Mehrwertsteuer abziehen konnte, der Zahlung der Mehrwertsteuer entgeht, wenn er diesen Gegenstand dem Vermögen seines Unternehmens für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals entnimmt, und daher gegenüber dem Endverbraucher, der den Gegenstand unter Zahlung von Mehrwertsteuer erwirbt, ungerechtfertigte Vorteile genießt. Ebenso wenig lässt es Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG zu, dass ein Steuerpflichtiger oder Angehörige seines Personals Dienstleistungen des Steuerpflichtigen, für die eine Privatperson Mehrwertsteuer hätte zahlen müssen, steuerfrei erhalten (EuGH-Urteil vom 20. Januar 2005 C-412/03, Hotel Scandic Gåsabäck, Slg. 2005, I-743 Rdnr. 23; ebenso zuvor EuGH-Urteil vom 16. Oktober 1997 C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-5577 Rdnr. 25).

22

Dies ist auch bei der Auslegung des nationalen Rechts zu beachten. Dient die Besteuerung der Verwendungs- oder Leistungsentnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 und 2 UStG dazu, Unternehmer und Endverbraucher gleich zu behandeln, ist der Unternehmer aus Leistungen, die er ausschließlich und unmittelbar für Entnahmezwecke bezieht, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Errichtet daher ein Unternehmer z.B. ein ausschließlich für private Wohnzwecke zu nutzendes Einfamilienhaus, steht ihm kein Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten zu (BFH-Urteil vom 23. September 2009 XI R 18/08, BFHE 227, 226, BStBl II 2010, 313, Leitsatz).

23

cc) Unterbleibt die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG im Hinblick auf sog. Aufmerksamkeiten, fehlt es an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem konkreten Ausgangsumsatz (Entnahme), so dass über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden ist (s. oben II.1.b cc).

24

d) Beabsichtigt der Unternehmer eine bezogene Leistung nicht ausschließlich für Entnahmezwecke, sondern gemischt sowohl für seine wirtschaftliche Tätigkeit (s. oben II.1.b) als auch für eine Entnahme zu verwenden, kann er nur bei einer beabsichtigten Entnahme für Privatzwecke in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein.

25

aa) Bezieht der Unternehmer eine Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist der Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig, als die Aufwendungen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind (EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 1). Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht daher insoweit nicht, als der Unternehmer bei Leistungsbezug eine Verwendung für Entnahmen nach § 3 Abs. 9a UStG und damit für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit beabsichtigt (vgl. EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009 C-515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-839 Rdnrn. 34 ff., 38 f. zu Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG).

26

bb) Handelt es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um den Sonderfall einer Entnahme für private Zwecke i.S. von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, und bezieht der Unternehmer eine Leistung zugleich für seine wirtschaftliche Tätigkeit und für private Zwecke, kann der Unternehmer die bezogene Leistung insgesamt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuordnen (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 2005 C-434/03, Charles und Charles-Tijmens, Slg. 2005, I-7037 Rdnr. 23). Er kann dann aufgrund dieser Unternehmenszuordnung --die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit vorausgesetzt-- berechtigt sein, den Vorsteuerabzug auch für die Privatverwendung in Anspruch zu nehmen, muss dann aber insoweit eine Entnahme versteuern (EuGH-Urteile Charles und Charles-Tijmens in Slg. 2005, I-7037 Rdnrn. 23 ff.; VNLTO in Slg. 2009, I-839 Rdnrn. 32 und 39).

27

2. Eine Leistungsentnahme i.S. von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG) liegt vor, wenn die Leistung des Unternehmers dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dient und nicht durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist.

28

Im Streitfall hat die Klägerin Leistungen für einen Betriebsausflug bezogen. Soweit es sich dabei um Beförderungsleistungen und die Abgabe von Mahlzeiten handelt, sind die Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung hierzu zu berücksichtigen.

29

a) Nach dem EuGH-Urteil Fillibeck in Slg. 1997, I-5577 Rdnr. 19 unterliegen Leistungen eines Arbeitgebers für die Beförderung des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, da sie aus der Sicht des Arbeitnehmers dessen privaten Zwecken dienen. Gleichwohl kann die Übernahme der Beförderung auf dieser Strecke durch den Arbeitgeber unter besonderen Umständen durch die Erfordernisse der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sein, so dass hierin keine Leistung des Arbeitgebers zu unternehmensfremden Zwecken zu sehen ist und der durch den Arbeitnehmer erlangte persönliche Vorteil gegenüber dem Bedarf des Unternehmens als nebensächlich erscheint (EuGH-Urteil Fillibeck in Slg. 1997, I-5577 Rdnrn. 26 ff.).

30

b) Zur Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer hat der EuGH im Urteil vom 11. Dezember 2008 C-371/07, Danfoss und AstraZeneca (Slg. 2008, I-9549, BFH/NV 2009, 336 Rdnrn. 55 bis 62) entschieden, es sei Sache des Arbeitnehmers, für seine Mahlzeiten zu sorgen, so dass Dienstleistungen, die in der unentgeltlichen Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer bestehen, unter normalen Umständen dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer i.S. von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dienen. Anders sei es, so der EuGH, wenn es die Erfordernisse der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens unter besonderen Umständen gebieten, dass der Arbeitgeber die Bewirtung im Rahmen von Sitzungen mit aus verschiedenen Staaten angereisten Arbeitnehmern übernehme, sich das Interesse des Unternehmens an der Bereitstellung von Speisen und Getränken für seine Arbeitnehmer im speziellen Rahmen von unternehmensinternen Sitzungen darin zeige, dass er hierdurch in die Lage versetzt werde, diese Mahlzeiten rationell und effizient zu organisieren und zu kontrollieren, und dem Arbeitgeber hierdurch ermöglicht werde, Gründe für eine Unterbrechung der Sitzungen zu begrenzen, so dass die Bewirtung letztlich dem Arbeitgeber ermögliche, die Kontinuität und den ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzungen zu gewährleisten. Dabei könne zu berücksichtigen sein, dass Mahlzeiten nur aus Sandwichs und kalten Gerichten beständen, die im Sitzungsraum serviert würden. Unter derartigen Umständen erfolge die Gewährung von Mahlzeiten an Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber nicht zur Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer, sondern zu Zwecken, die nicht unternehmensfremd seien, wobei der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus zögen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheine. Dem folgt auch die Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. auch BFH-Beschluss vom 31. März 2010 V B 112/09, BFH/NV 2010, 1313).

31

c) Daraus ergibt sich allgemein, dass Leistungen an Arbeitnehmer, die aus der Sicht des Arbeitnehmers dessen privaten Zwecken dienen, wie z.B. die Beförderung von der Wohnung zum Arbeitsplatz und die Abgabe von Mahlzeiten, nur dann nicht als Entnahme zu berücksichtigen sind, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheint. Soweit der erkennende Senat in den Urteilen in BFHE 144, 81, BStBl II 1985, 538, unter 2. und 3., und in BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350, unter B.I.2.b für Leistungen an Betriebsangehörige für deren Freizeitnutzung eine Verwendungsentnahme verneint hat, hält er daran nicht fest, da dies mit der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH nicht zu vereinbaren ist.

32

3. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG --seinem Rechtsstandpunkt entsprechend-- keine Feststellungen zu dem von der Klägerin in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug getroffen hat.

33

a) Über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu entscheiden ("Sofortentscheidung"). Denn nach Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Nach Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie ist dies der Fall, sobald die Lieferung oder die Dienstleistung bewirkt ist (EuGH-Urteile vom 8. Juni 2000 C-400/98, Breitsohl, Slg. 2000, I-4321 Rdnr. 36; vom 8. Juni 2000 C-396/98, Schloßstraße, Slg. 2000, I-4279 Rdnr. 38, und vom 29. April 2004 C-152/02, Terra Baubedarf, Slg. 2004, I-5583 Rdnr. 31; BFH-Urteile vom 16. Mai 2002 V R 56/00, BFHE 199, 37, BStBl II 2006, 725, unter II.2.a; vom 6. Juni 2002 V R 27/00, BFH/NV 2002, 1621, unter II.2.b; vom 28. November 2002 V R 51/01, BFH/NV 2003, 515, unter II.1.; vom 2. März 2006 V R 49/05, BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729, unter II.2.a; zum Zeitpunkt bei Anzahlungen: BFH-Urteil vom 17. Mai 2001 V R 38/00, BFHE 195, 437, BStBl II 2003, 434, Leitsatz 2). Daher bestimmt die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen den Umfang des Vorsteuerabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG befugt ist (EuGH-Urteile Breitsohl in Slg. 2000, I-4321 Rdnr. 35, und Schloßstraße in Slg. 2000, I-4279 Rdnr. 37). Demgegenüber ist das Recht auf Vorsteuerabzug nicht bereits für den Voranmeldungszeitraum des Leistungsbezugs auszuüben, sondern erst für den Erklärungszeitraum, in dem neben dem Leistungsbezug dem Unternehmer auch die hierüber ausgestellte Rechnung vorliegt (EuGH-Urteil Terra Baubedarf in Slg. 2004, I-5583, Leitsatz; BFH-Urteil vom 1. Juli 2004 V R 33/01, BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861, Leitsatz).

34

b) Die Klägerin hat die Leistungen zur unentgeltlichen Weitergabe an ihre Arbeitnehmer bezogen. Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte für einen tauschähnlichen Umsatz i.S. von § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG vor, bei dem die Arbeitsleistung des Dienstverpflichteten durch Lohnzahlung und zusätzlich durch Sachzuwendung vergütet wird (BFH-Urteil vom 31. Juli 2008 V R 74/05, BFH/NV 2009, 226, unter II.2.). Bei einseitigen Sachzuwendungen, die --wie im Streitfall-- ohne Bezug zum Umfang der durch den Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung und unabhängig von dem hierfür bezogenen Lohn erfolgen, ist die Sachzuwendung kein Entgelt für die Arbeitsleistung (vgl. EuGH-Urteil Fillibeck in Slg. 1997, I-5577 Rdnrn. 16 ff.).

35

c) Ob die Klägerin trotz der unentgeltlichen Leistungen an ihre Arbeitnehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann der Senat nicht entscheiden. Hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen, wobei im zweiten Rechtsgang Folgendes zu berücksichtigen ist:

36

aa) Vorrangig ist zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang die von der Klägerin für die "Betriebsausflüge" bezogenen Leistungen ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens im Sinne der EuGH-Urteile Fillibeck in Slg. 1997, I-5577 und Danfoss und AstraZeneca in Slg. 2008, I-9549, BFH/NV 2009, 336 bedingt waren. Letzteres kann z.B. bei Leistungsbezügen anzunehmen sein, die wie z.B. die Anmietung von Tagungsräumen und Übernachtungsmöglichkeiten bei einer an einem Wochenende durchgeführten Schulung direkt und unmittelbar der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens dienen. Bei derartigen "Betriebsveranstaltungen" kann auch die Gewährung von Übernachtungsmöglichkeiten und Verpflegung ähnlich wie bei dienstlich veranlassten Auswärtstätigkeiten durch besondere Umstände dieser wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sein (ebenso z.B. Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 8 und Abs. 13 UStR).

37

bb) Dient eine "Betriebsveranstaltung" oder ein "Betriebsausflug" lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt demgegenüber ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (s. oben II.1.c).

38

Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Unternehmer --wie ggf. im Streitfall-- die Teilnahme am Betriebsausflug dadurch zu veranlassen sucht, dass am Ausflug nicht teilnehmende Arbeitnehmer am Ausflugstag ihre normale Arbeitsleistung zu erbringen oder Urlaub zu nehmen haben. Lediglich mittelbar verfolgte Zwecke, wie z.B. die Verbesserung des Betriebsklimas, können einen Vorsteuerabzug im Hinblick auf die wirtschaftliche Gesamttätigkeit des Unternehmers im Regelfall nicht rechtfertigen, da "der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist" (s. oben II.1.b bb, und EuGH-Urteile BLP in Slg. 1995, I-983 Rdnr. 19; Midland Bank in Slg. 2000, I-4177 Rdnr. 20, und Abbey National in Slg. 2001, I-1361 Rdnr. 25).

39

cc) Sollte es sich danach um einen zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsausflug handeln, ist der Unternehmer nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine "Aufmerksamkeit" i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt. Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden (s. oben II.1.c cc).

40

dd) Hinsichtlich der Aufmerksamkeiten i.S. von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ist zu beachten, dass das nationale Recht insoweit zugunsten des Unternehmers, der ansonsten eine Entnahme zu versteuern hätte, von Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG abweicht. Entsprechend der Rechtsprechung des BFH zum Lohnsteuerrecht kann daher die dort aus Gründen der Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung festgelegte Freigrenze, bei deren Unterschreiten Zuwendungen an Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen nicht als Arbeitslohn anzusehen sind (BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 151/00, BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442, unter II.2.) auch für die Auslegung des Begriffs der Aufmerksamkeit berücksichtigt werden (vgl. auch Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 6 UStR). Der Senat kann dabei offenlassen, ob er sich der in Abschn. 12 Abs. 4 UStR zugrunde liegenden Auffassung anschließt, nach der bei Einhaltung der betragsmäßigen Freigrenze das betriebliche Interesse die Befriedigung des privaten Bedarfs des Arbeitnehmers überlagert. Unabhängig hiervon besteht aber entgegen der Auffassung der Klägerin kein Anspruch auf Erhöhung der in Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 6 UStR genannten Freigrenze. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BFH zur entsprechenden Beurteilung im Lohnsteuerrecht an (BFH-Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442, unter II.2.b).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Stadt, betrieb und organisierte im Streitjahr 1999 auf ihrem Marktplatz Wochenmärkte und andere Marktveranstaltungen. Sie hatte den Platz in ihr Verzeichnis für öffentliche Gemeindestraßen aufgenommen. Unter Bezugnahme auf § 18 des Straßengesetzes des Freistaates Sachsen hatte sie 1993 eine Sondernutzungssatzung für die Benutzung der Gemeindestraßen erlassen. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. f der Satzung konnten Märkte im Sinne der städtischen Marktordnung und regelmäßig wiederkehrende Volksfeste ohne straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis durchgeführt werden. Nach § 9 der Marktordnung vom 19. Oktober 1995 erfolgte die Überlassung von Standplätzen auf den Märkten aufgrund einer "Zuweisung"/"Erlaubnis" durch das Ordnungsamt.

2

Die Klägerin ging davon aus, dass sie mit ihrem Marktbetrieb und der damit verbundenen entgeltlichen Überlassung von Marktstandplätzen an Händler, mit der Lieferung von Energie für die Marktstände und mit der Reinigung der Standplätze unternehmerisch tätig geworden sei. Sie erteilte den Händlern Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer und vereinnahmte Entgelte in Höhe von ... DM. In ihrer am 26. Februar 2001 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte sie darüber hinaus den Vorsteuerabzug für Sanierungsarbeiten am Marktplatz (Neugestaltung des Platzes unter Herstellung des historischen Erscheinungsbildes, historische Beleuchtung, Pflasterung) geltend.

3

Im Anschluss an eine Außenprüfung versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass die Klägerin mit der Überlassung der Standplätze zwar unternehmerisch i.S. von § 2 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) tätig geworden sei. Sie sei jedoch gleichwohl nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sie die Sanierungsleistungen hoheitlich als Straßenbaulastträger bezogen habe.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie sei in vollem Umfang aus den Sanierungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt, da es sich um gemischte Leistungsbezüge für ihr Unternehmen "Marktbetrieb" gehandelt habe. Auf die öffentlich-rechtliche Widmung als Verkehrsweg komme es nicht an.

6

Sie beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 21. Februar 2006 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von ... DM anerkannt werden.

7

Das FA beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

8

Die Gestattung der Sondernutzung sei durch Hoheitsakt erfolgt. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht durch die Satzung habe nicht dazu geführt, dass keine Sondernutzung vorliege. Die mögliche Konkurrenz zu privaten Marktbetreibern ändere nichts daran, dass die Klägerin hoheitlich tätig geworden sei. Mit der Sanierung des Marktplatzes habe sie eine hoheitliche Aufgabe als Straßenbaulastträger erfüllt. Für den Marktplatz habe eine öffentlich-rechtliche Widmung vorgelegen. Damit könne kein Betriebsvermögen vorliegen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Klägerin ist entgegen dem FG-Urteil zum teilweisen Vorsteuerabzug aus den Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes berechtigt. Die Sache ist aber im Hinblick auf die danach erforderliche Vorsteueraufteilung nicht spruchreif.

10

1. Der Unternehmer ist nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt er bei Bezug der Leistung diese teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und teilweise für Zwecke einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, ist er nur im Umfang der beabsichtigten Verwendung für seine wirtschaftliche Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine weiter gehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht bei "gemischter" Verwendung nur, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um eine Verwendung für Privatentnahmen handelt.

11

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

12

b) Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wie folgt zu differenzieren (BFH-Urteile vom 9. Dezember 2010 V R 17/10, BFH/NV 2011, 717, unter II.1.b; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFH/NV 2011, 721, unter II.1.b, und vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFH/NV 2011, 727, unter II.2.b, m.w.N. zu den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 6. April 1995 C-4/94, BLP, Slg. 1995, I-983; vom 8. Juni 2000 C-98/98, Midland Bank, Slg. 2000, I-4177; vom 22. Februar 2001 C-408/98, Abbey National, Slg. 2001, I-1361; vom 13. März 2008 C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597, und vom 29. Oktober 2009 C-29/08, SKF, Slg. 2009, I-10413).

13

aa) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist (gleichgestellt: Umsatz i.S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG), kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.

14

bb) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder --ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.

15

cc) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und --als solche-- Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug.

16

c) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 717, unter II.1.d; in BFH/NV 2011, 721, unter II.1., m.w.N. zu den EuGH-Urteilen Securenta in Slg. 2008, I-1597, und vom 12. Februar 2009 C-515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-839).

17

Anders ist es nur, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um den Sonderfall einer Privatentnahme i.S. von Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG handelt. Der Unternehmer kann bei einer gemischt wirtschaftlichen und privaten Verwendung den Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, hat dann aber eine Entnahme nach den vorstehenden Bestimmungen zu versteuern (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 717, unter II.1.d; in BFH/NV 2011, 721, unter II.1., m.w.N.). Privatentnahmen in diesem Sinn sind daher nur Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürlicher Person und --unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens-- für den privaten Bedarf seines Personals, nicht dagegen eine Verwendung für z.B. ideelle Zwecke eines Vereins oder den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.

18

2. Entgegen dem FG-Urteil ist die Klägerin zum anteiligen Vorsteuerabzug aus den für die Sanierung des Marktplatzes bezogenen Leistungen berechtigt. Das Urteil des FG war daher aufzuheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht aber keine vollumfängliche Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

19

a) Die Klägerin war mit der Überlassung von Standflächen hinsichtlich ihres Marktbetriebs als Unternehmer tätig.

20

aa) Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht hierzu. Diese Vorschriften sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen. Danach gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

21

Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (BFH-Urteil vom 15. April 2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.2. bis 5., m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

22

bb) Im Streitfall war die Klägerin mit der Standplatzüberlassung beim Marktbetrieb als Unternehmer tätig.

23

(1) Eine Gemeinde kann eine öffentliche Straße als Unternehmer nutzen. Auch wenn die Gemeinde als Straßenbaulastträger im Rahmen ihrer Hoheitstätigkeit den Gemeingebrauch zu gewährleisten hat, verwendet sie eine öffentlich-rechtlich gewidmete Straße für eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit zur Entgelterzielung, wenn eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung vorliegt und sich die Tätigkeit der Gemeinde nicht darauf beschränkt, lediglich anderen eine Sondernutzung öffentlich-rechtlich zu gestatten, sondern sie selbst z.B. durch die Vermietung von Standflächen bei der Veranstaltung von Märkten im Rahmen einer Sondernutzung eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit ausübt (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 V R 33/08, BFH/NV 2010, 957, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 368, unter II.2.c cc und dd).

24

(2) Im Streitfall hat die Klägerin mit der Überlassung von Standflächen eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig und gegen Entgelt ausgeübt, die sich aufgrund der Höhe der dabei vereinnahmten Entgelte aus ihrer Gesamtbetätigung heraushob.

25

Zwar hat das FG keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, ob die Klägerin die Standflächen an die Händler privat- oder öffentlich-rechtlich überlassen hat. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) kann dies aber offenbleiben. Denn vermietete die Klägerin die Marktstandplätze auf privatrechtlicher Grundlage, ist sie als Unternehmer tätig, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen wie z.B. ein Wettbewerbsverhältnis zu anderen Unternehmen ankommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.4.). Hat die Klägerin die Standplätze auf öffentlich-rechtlicher Grundlage überlassen, ist sie gleichfalls als Unternehmer tätig geworden, da das FG ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Konkurrenten bejaht hat (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, unter II.B.5.b und c).

26

(3) Sollte die Nutzungsüberlassung durch die Klägerin auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgt sein, steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses im Übrigen nicht entgegen, dass die Leistungen privater Wettbewerber nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei sind (BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.), so dass sich eine Steuerpflicht der durch private Wettbewerber erbrachten Leistungen erst aufgrund eines Verzichts gemäß § 9 UStG ergibt. Denn nach dem EuGH-Urteil vom 4. Juni 2009 C-102/08, Salix (Slg. 2009, I-4629, Leitsatz 2) ist Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass die Einrichtungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, als Steuerpflichtige gelten, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige aufgrund des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 oder 4 dieser Richtlinie zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zulasten ihrer privaten Wettbewerber oder zu ihren eigenen Lasten führen würde. Dass sich die Steuerpflicht der Leistung des Privaten erst aus einem Verzicht nach § 9 UStG ergibt, ist unerheblich.

27

b) Aufgrund der gemischten Nutzung des sanierten Marktplatzes für Hoheitszwecke und für Zwecke einer steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit ist die Klägerin insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als sie den Marktplatz unmittelbar für Zwecke dieser wirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden beabsichtigte.

28

Im Streitfall hat die Klägerin den Marktplatz nicht nur als Straßenbaulastträger im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit unterhalten, sondern auch als Unternehmer für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt. Die Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes dienten somit sowohl der nichtwirtschaftlichen wie auch der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin. Da es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin um eine Verwendung für Hoheitszwecke, nicht aber um eine Verwendung für eine Privatentnahme i.S. von § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG (Art. 5 Abs. 6 und Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) handelt, ist die Klägerin nur zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt (s. oben II.1.c). Gegenteiliges ist auch nicht aus den allgemein gehaltenen Hinweisen im Rahmen der Zurückverweisung im Senatsurteil in BFH/NV 2010, 957, UR 2010, 368, unter II.2.a zu entnehmen.

29

Die vom FG angenommene vollständige Versagung des Vorsteuerabzugs entspricht nicht diesen Grundsätzen. Das Urteil war daher aufzuheben.

30

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Ist die Klägerin nicht zum vollen, aber zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt, sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zur Vorsteueraufteilung zu treffen.

31

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass nach dem EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597, Leitsatz 2 die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Ermessen der Mitgliedstaaten steht, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jedem dieser beiden Tätigkeitsbereiche tatsächlich zuzurechnen ist. Art. 17 bis 19 der Richtlinie 77/388/EWG und damit auch § 15 Abs. 4 UStG enthalten hierzu keine unmittelbaren Regelungen (vgl. EuGH-Urteil Securenta in Slg. 2008, I-1597 Rdnr. 33), so dass insoweit eine Regelungslücke besteht. Diese ist mangels gesetzlicher Regelung in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG zu schließen, so dass der Unternehmer den abzugsfähigen Vorsteueranteil im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln hat. Dies könnte im Streitfall z.B. nach der Anzahl der Nutzungstage des Marktplatzes für den Marktbetrieb im Kalenderjahr erfolgen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Gründe

1

Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet.

2

1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen zuzulassen,

a) ob "einzelne Wohnungen eines Mehrfamilienhauses als separate Zuordnungsobjekte im Sinne des UStG im Rahmen der Zuordnung zum Unternehmensvermögen zu verstehen" sind,

b) ob "bei einem Mehrfamilienhaus die zumindest teilweise unternehmerische Nutzung entsprechend A 15.2 Abs. 21 des UStAE (sog. Zuordnungsfiktion der Verwaltung) unter dem Aspekt der Neutralität der Umsatzsteuer unterstellt werden" kann und

c) ob die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 42/09, BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76) aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung nicht anzuwenden ist,

denn diese Rechtsfragen sind geklärt.

3

2. Ist ein Gegenstand --wie im Streitfall nach den den Senat bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ein ehemaliges Einfamilienhaus, das im Streitjahr 2008 zu einem Haus mit mehreren, teilweise selbstgenutzten, teilweise zur Vermietung bestimmten Appartements umgebaut wurde-- sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 8. März 2001 C-415/98, Bakcsi, Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52, Leitsatz 1, sowie Rdnr. 25). Insoweit hat der Unternehmer nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem --geschätzten-- unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (vgl. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90, Lennartz, Slg. 1991, I-3795; vom 4. Oktober 1995 C-291/92, Armbrecht, Slg. 1995, I-2775; Bakcsi in Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52; BFH-Urteile vom 11. Juli 2012 XI R 17/09, BFH/NV 2013, 266; vom 12. Januar 2011 XI R 9/08, BFHE 232, 254, BStBl II 2012, 58; vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798; vom 11. April 2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741). Zuordnungsgegenstand sind nicht die einzelnen Appartements, sondern das gesamte, gemischt genutzte Gebäude. Nach der Würdigung des FG können die Appartements innerhalb eines einheitlichen Wohngebäudes auch nicht mit einem Anbau verglichen werden, der zu dem übrigen Gebäude abgrenzbar ist und mit dem kein einheitlicher Funktions- und Nutzungszusammenhang besteht (BFH-Urteil vom 23. September 2009 XI R 18/08, BFHE 227, 226, BStBl II 2010, 313).

4

Geklärt ist zudem, dass auch dann, wenn ein Wohnungsteil nicht privat genutzt werden kann, es dem Unternehmer gleichwohl freisteht, diesen unternehmerischen Teil als Privatvermögen zu behandeln, sodass eine Zuordnungsentscheidung nicht entbehrlich ist.

5

3. Weiterhin ist bereits geklärt (BFH-Urteil in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76), dass eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht entsprechend der früheren Verwaltungsanweisung in Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 bei unternehmerischer Nutzung unterstellt werden kann. Für eine derartige Zuordnungsfiktion fehlt nicht nur eine gesetzliche Grundlage, sie widerspricht auch der ständigen BFH-Rechtsprechung, wonach bei fehlenden Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen diese Zuordnung nicht unterstellt werden kann (EuGH-Urteil Bakcsi in Slg. 2001, I-1831; BFH-Urteile in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741; vom 28. Februar 2002 V R 25/96, BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815, unter II.2.). Der BFH hat auch bereits entschieden, dass diese --im Übrigen bereits mit Erlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30. März 2004 (BStBl I 2004, 451) und damit vor dem Streitjahr 2008 längst aufgehobene-- Regelung als norminterpretierende Verwaltungsregelung von den Gerichten bei der Steuerfestsetzung nicht wegen des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung zu beachten ist (BFH-Urteile vom 5. September 2013 XI R 4/10, BStBl II 2014, 95; vom 21. Februar 2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635).

6

4. Dasselbe gilt auch für den Zeitpunkt der "zeitnah" zu treffenden Zuordnungsentscheidung, den der BFH durch Bezugnahme auf den Ablauf des 31. Mai des Folgejahres konkretisiert hat (BFH-Urteile in BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76, und in BFH/NV 2013, 266). Zwar enthält der Umsatzsteuer-Anwendungseralss (UStAE) i.d.F. des BMF-Schreibens vom 2. Januar 2014 (BStBl I 2014, 119, Abschn. IV., Anwendungsregelung), in der die Verwaltung die BFH-Rechtsprechung zum Zuordnungszeitpunkt "31. Mai des Folgejahres" übernommen hat, eine Übergangsregelung für Leistungen bis zum 31. Dezember 2013, während Abschn. 15.2, Abschn. 21b UStAE von 2010 bis 2013 noch eine Zuordnungsentscheidung im Rahmen der Abgabe der Jahreserklärung ohne zeitliche Grenze genügen ließ. Es ist jedoch geklärt, dass Verwaltungserlasse die Gerichte im Festsetzungsverfahren nicht binden (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 21/10, BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81).

7

5. Da die Rechtsfragen geklärt sind, bedarf es auch keiner Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um den Abzug von Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt-genutzten Gebäudes.

2

Der als Schausteller unternehmerisch tätige Kläger und Revisionskläger (Kläger) begann im Sommer 2007 mit der Errichtung eines Einfamilienhauses, das er mit seiner Familie nach Fertigstellung im Januar 2008 bezog. In den quartalsmäßig abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen III/2007 vom 17. Oktober 2007, IV/2007 vom 5. Februar 2008 und I/2008 vom 13. Mai 2008 machte er Vorsteuern aus seiner unternehmerischen Tätigkeit in Höhe von 3.040,29 € (III/2007), 2.588,61 € (IV/2007) und 678,37 € (I/2008), nicht aber für die Errichtung des Gebäudes geltend.

3

Am 5. Juni 2008 reichte er berichtigte Voranmeldungen ein, in denen er die Vorsteuern aus der Herstellung des Einfamilienhauses in Höhe von 9.609,83 € (III/2007), 23.395,05 € (IV/2007) und 3.536,89 € (I/2008) erklärte.

4

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) fest, dass 39,78 qm des Einfamilienhauses (18,17 %) unternehmerisch genutzt wurden. Die Vorsteuern aus den Herstellungskosten erkannte es jedoch in den Vorauszahlungsbescheiden III/2007, IV/2007 und I/2008 vom 12. März 2009 nicht an, da deren Geltendmachung nicht bereits in den jeweils ersten Voranmeldungen erfolgt sei. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. April 2009 als unbegründet zurück.

5

Im Laufe des Klageverfahrens erließ das FA am 6. August 2009 einen von der am 17. Juli 2009 eingereichten Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2007 abweichenden Jahressteuerbescheid, der zum Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 87 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab, weil die Zuordnungsentscheidung nicht zeitnah dokumentiert worden sei. Da der Kläger zur Abgabe vierteljährlicher Voranmeldungen verpflichtet gewesen sei, habe er die Zuordnungsentscheidung bereits in den ersten Voranmeldungen treffen müssen, in deren Besteuerungszeiträumen er die Leistungen für die Arbeiten am Gebäude bezogen habe. Dies habe er jedoch unterlassen und somit die ihm mögliche Zuordnung des gemischt-genutzten Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht vorgenommen.

6

Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, die eine gegenteilige Zuordnungsentscheidung im Zeitpunkt des Leistungsbezugs ergeben und lediglich die "Bekanntgabe" der insoweit rechtzeitig getroffenen Zuordnungsentscheidung durch Geltendmachung des Vorsteuerabzugs auf einen späteren Zeitpunkt verschieben würden. Die erst im Juni 2008 --rund zehn Monate nach Eingang der ersten Baurechnungen und fünf Monate nach Einzug-- eingereichten berichtigten Voranmeldungen stellten kein taugliches Indiz für eine nach objektiven Anhaltspunkten im Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffene Zuordnungsentscheidung dar. Vielmehr wiesen diese auf eine Korrektur der ursprünglich unterlassenen bzw. gegen die Zuordnung zum Unternehmen getroffenen Entscheidung hin. Es handele sich daher um eine nachträgliche Zuordnungsentscheidung, mit der die ursprünglich getroffene Entscheidung korrigiert worden sei.

7

Der Kläger könne sich nicht auf Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Buchst. a Sätze 3 bis 5 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 (UStR) berufen. Diese wiesen dem Unternehmer zwar die Entscheidungsbefugnis für die Zuordnung eines Gegenstands zu, sie eröffneten jedoch keine zeitlich unbegrenzte Entscheidungsmöglichkeit zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs. Im Übrigen seien diese Vorschriften für die Gerichte im Festsetzungsverfahren nicht bindend.

8

In seiner --vom FG zugelassenen-- Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

9

Er habe anhand objektiver Anhaltspunkte dargetan, dass das Gebäude bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs seinem Unternehmensvermögen zugeordnet worden sei: Die bauliche Planung sei unter Berücksichtigung betrieblich genutzter Räume erstellt und der Vorsteuerabzug in den korrigierten Voranmeldungen sowie der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2007 geltend gemacht worden.

10

Nach Randnr. 29 des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8. März 2001 C-415/98 --Bakcsi-- (Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52) müssten auch die Art des betreffenden Gegenstands und der zwischen dem Erwerb des Gegenstands und seiner Verwendung liegende Zeitraum berücksichtigt werden. Daher sei als objektives Beweisanzeichen zu berücksichtigen, dass die Vorsteuerbeträge im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes und damit verbunden der erstmaligen Verwendungsmöglichkeit im I. Quartal 2008 geltend gemacht worden seien.

11

Es sei irrelevant, dass die Voranmeldung I/2008 vom 13. Mai 2008 am 5. Juni 2008 korrigiert worden sei, da es sich nur um wenige Tage handele und ein Zuordnungsfehler des Buchhaltungsbüros vorliege, nicht aber die Zuordnungsentscheidung des Steuerpflichtigen geändert worden sei.

12

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06 (BFH/NV 2009, 798) sei die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu treffende Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug falle, nach außen hin zu dokumentieren. Auch nach Lange (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 23) und Wagner (in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 252) sei die Bekanntgabe der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers gegenüber dem FA in seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr des Leistungsbezugs ausreichend. Dieses Erfordernis sei im Streitfall unstrittig erfüllt.

13

Das Urteil des FG sei nicht mit der EuGH- und BFH-Rechtsprechung zu vereinbaren, da es als Beweisanzeichen für die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen den Vorsteuerabzug in der erstmöglichen Steuererklärung fordere. Dem EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003 C-269/00 --Seeling-- (Slg. 2003, I-4101) könne nicht entnommen werden, dass bereits die erstmalige Steuererklärung für die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen maßgeblich sei. Andernfalls bliebe unberücksichtigt, dass der Gegenstand erst nach Fertigstellung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt werden könne.

14

Schließlich sei die Zuordnungsentscheidung auch durch die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung in seiner Bilanz 2007 indiziert worden.

15

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 7. Mai 2010, die Einspruchsentscheidung vom 27. April 2009 sowie den Jahressteuerbescheid 2007 vom 6. August 2009 aufzuheben und die Umsatzsteuer 2007 entsprechend der eingereichten Umsatzsteuer-Jahreserklärung auf ./. 28.247,79 € und die Umsatzsteuer-Vorauszahlung I/2008 auf ./. 4.018,72 € festzusetzen.

16

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

17

Der Vorsteuerabzug sei zu Recht versagt worden, da keine objektiven Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass der Kläger bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs eine Zuordnungsentscheidung des Gebäudes zu seinem Unternehmen getroffen habe. Die Zuordnungsentscheidung müsse in der erstmöglichen Steuererklärung eindeutig dokumentiert werden. Ein späterer Ansatz könne die Möglichkeit einer unterbliebenen oder ursprünglich gegenteiligen Zuordnungsentscheidung nicht ausschließen und sei mit dem Grundsatz des Sofortabzugs nicht vereinbar.

18

Die vom Kläger während des Revisionsverfahrens (8. Juli 2010) abgegebene Jahressteuererklärung 2008, in der die strittigen Vorsteuern aus der Gebäudeerrichtung in voller Höhe (3.536,89 €) enthalten sind, führte zu einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§§ 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 der Abgabenordnung --AO--). Der Kläger ist insoweit der Ansicht, wegen der Änderbarkeit der Vorbehaltsfestsetzung müsse von einem unveränderten Streitstoff ausgegangen werden.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Für das Streitjahr 2008 gilt dies gemäß § 126 Abs. 4 FGO mit der Maßgabe, dass die Revision unzulässig geworden ist.

20

1. Das FG hat den Abzug der vom Kläger im Streitjahr 2007 geltend gemachten Vorsteuern im Ergebnis zu Recht versagt. Der Kläger hat die Zuordnung des gemischt-genutzten Gebäudes zu seinem Unternehmensvermögen nicht rechtzeitig dokumentiert.

21

a) Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach ist der Steuerpflichtige, soweit er Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Bei richtlinienkonformer Auslegung wird für das Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Leistung daher nur bezogen, wenn sie zur (beabsichtigten) Verwendung für Zwecke einer nachhaltigen und gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit bezogen wird, die im Übrigen steuerpflichtig sein muss, damit der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteile vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BFH/NV 2011, 727, unter II.2.b; vom 6. Mai 2010 V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.1.).

22

b) Ist ein Gegenstand --wie im Streitfall das Einfamilienhaus-- sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet (vgl. EuGH-Urteil --Bakcsi-- in Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52, Leitsatz 1, sowie Randnr. 25). Insoweit hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem --geschätzten-- unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (vgl. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 --Lennartz--, Slg 1991, I-3795; vom 4. Oktober 1995 C-291/92 --Armbrecht--, Slg. 1995, I-2775; --Bakcsi-- in Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52; BFH-Urteile vom 12. Januar 2011 XI R 9/08, BFHE 232, 254, BFH/NV 2011, 941; vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798; vom 11. April 2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741; zur gemischten Nutzung bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts vgl. BFH-Urteil vom 3. März 2011 V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261).

23

c) Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands. Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen (vgl. zuletzt BFH-Beschluss vom 26. Juni 2009 V B 34/08, BFH/NV 2009, 2011; BFH-Urteile in BFH/NV 2009, 798, und vom 8. Oktober 2008 XI R 58/07, BFHE 223, 487, BStBl II 2009, 394; in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741; vom 27. Juli 1995 V R 44/94, BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853; vom 31. Januar 2002 V R 61/96, BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, und vom 28. Februar 2002 V R 25/96, BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815). Auch die bilanzielle und ertragsteuerrechtliche Behandlung kann ggf. ein Indiz für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung sein (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 798; vom 25. März 1988 V R 101/83, BFHE 153, 171, BStBl II 1988, 649, und vom 11. November 1993 V R 52/91, BFHE 173, 239, BStBl II 1994, 335). Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (BFH-Urteile in BFH/NV 2009, 798; in BFHE 221, 456; BStBl II 2009, 741; in BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815).

24

d) Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung schon bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist. Gleichwohl kann die Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung noch in einer "zeitnah" erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen dokumentiert werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 798; BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 2011).

25

aa) Für die Maßgeblichkeit der Jahressteuererklärung anstelle der Umsatzsteuer-Voranmeldungen spricht, dass nach § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG grundsätzlich das Kalenderjahr der maßgebliche Besteuerungszeitraum für die endgültige Beurteilung der darin erfassten Eingangs- und Ausgangsumsätze ist (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 15 Rz 252). Auch im Rahmen einer Vorsteuerberichtigung stellt der Gesetzgeber auf das Kalenderjahr (§ 15a Abs. 1 und 5) oder auf den Besteuerungszeitraum (§ 15a Abs. 2 Satz 2) ab (vgl. Lange, UR 2008, 23 ff., 27).

26

Dies wird nicht dadurch entkräftet, dass das Umsatzsteuergesetz keinen Tatbestand zur Entstehung der Jahressteuer enthält (BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 62/94, BFHE 181, 188, BStBl II 1996, 662) und die Jahressteuer daher aus der Summe der in den einzelnen Zeiträumen entstandenen Umsatzsteuerbeträge berechnet wird. Denn im Verhältnis zur Jahressteuerfestsetzung haben die Umsatzsteuer-Voranmeldungen nur vorläufigen Charakter und führen daher sowohl in verfahrens- als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in aller Regel nur vorläufige Rechtsfolgen herbei.

27

(1) So nimmt die Jahressteuerfestsetzung materiell-rechtlich den Inhalt der Steuerfestsetzungen für die Voranmeldungszeiträume in sich auf und die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide verlieren ihre Wirksamkeit (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2009 V B 23/08, BFH/NV 2010, 1866). Das materielle Ergebnis der im Kalenderjahr positiv oder negativ entstandenen Umsatzsteuer wird für die Zukunft ausschließlich mit dem Jahresumsatzsteuerbescheid festgestellt (BFH-Beschluss vom 22. August 1995 VII B 107/95, BFHE 178, 532, BStBl II 1995, 916, 917; BFH-Urteil vom 21. Februar 1991 V R 130/86, BFHE 163, 408, BStBl II 1991, 465, 466). Die Vorläufigkeit der Umsatzsteuer-Voranmeldungen zeigt sich auch daran, dass diese keiner materiellen Bestandskraft in dem Sinne fähig sind, dass --mit gegenüber dem Jahressteuerbescheid durchsetzbarer Verbindlichkeit-- über das Bestehen einer Umsatzsteuerschuld entschieden wird (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl II 2000, 46 ff., 51, unter 2.b ddd, mit Hinweis auf die Senatsurteile vom 29. November 1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370, sowie vom 1. Oktober 1992 V R 81/89, BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120). Das endgültige materiell-rechtliche Schicksal der Vorauszahlungsschuld hängt daher grundsätzlich von der Festsetzung der Jahresumsatzsteuer ab (BFH-Urteil in BFHE 189, 14, BStBl II 2000, 46 ff., 51, unter 2.b ddd).

28

(2) In verfahrensrechtlicher Hinsicht bewirkt die Festsetzung der Jahresumsatzsteuer, dass sich die Steuerfestsetzungen für Voranmeldungszeiträume aufgrund von Voranmeldungen oder Vorauszahlungsbescheiden nach § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise erledigen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486, 489; in BFHE 178, 532, BStBl II 1995, 916, 917; in BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370, 371).

29

bb) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass gesetzliche Wahlrechte nicht mit der Abgabe der Voranmeldung ausgeübt werden müssen, sondern, wie sich aus § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG, § 23 Abs. 3 Satz 1 UStG und § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG ergibt, auch noch im Rahmen der Jahressteuerfestsetzung ausgeübt werden können. Dies spricht dafür, an die Jahreserklärung als letzte Möglichkeit einer noch zeitnahen Dokumentation der --grundsätzlich bei Leistungsbezug zu treffenden-- Zuordnungsentscheidung anzuknüpfen, wenn frühere Anhaltspunkte für eine ganze oder teilweise Zuordnung der bezogenen Leistung zum Unternehmen fehlen. Im Übrigen würde die Anknüpfung an die Voranmeldungen zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen führen, die monatliche Voranmeldungen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 UStG, sowie § 18 Abs. 2a UStG) oder vierteljährliche Voranmeldungen (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG) abzugeben haben, sowie Steuerpflichtigen, die von der Abgabe von Voranmeldungen befreit und daher lediglich verpflichtet sind, eine Jahressteuererklärung abzugeben (§ 18 Abs. 2 Satz 3 UStG).

30

cc) Die Maßgeblichkeit der Jahressteuererklärung als noch "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung steht im Einklang mit dem Unionsrecht.

31

(1) Art. 22 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG sieht vor, dass jeder Steuerpflichtige innerhalb eines von den einzelnen Mitgliedstaaten festzulegenden Zeitraums eine Steuererklärung abzugeben hat. Dieser Zeitraum darf zwei Monate nach Ende jedes einzelnen Steuerzeitraums nicht überschreiten. Der Steuerzeitraum kann von Mitgliedstaaten auf einen, zwei oder drei Monate festgelegt werden. Allerdings können die Mitgliedstaaten andere Zeiträume festlegen, sofern diese ein Jahr nicht überschreiten. Zusätzlich können die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 6 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG von dem Steuerpflichtigen verlangen, dass er eine Erklärung über sämtliche Umsätze des vorangegangenen Jahres mit allen Angaben nach Abs. 4 abgibt. Von dieser Ermächtigung hat der nationale Gesetzgeber Gebrauch gemacht, indem er neben der Abgabe von Voranmeldungen für einen Monat oder ein Quartal (§ 18 Abs. 1, 2 und 2a UStG) die Abgabe einer Jahressteuererklärung (§ 18 Abs. 4 UStG) vorschreibt.

32

(2) Zum Inhalt dieser Erklärung regelt Art. 22 Abs. 6 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, dass darin auch alle Angaben enthalten sein müssen, "die für etwaige Berichtigungen von Bedeutung sind". Unter "Berichtigung" ist in diesem Zusammenhang die Richtigstellung von unzutreffenden oder unvollständigen Besteuerungsgrundlagen (Umsätze, Vorsteuern) zu verstehen. Darunter fällt auch die Dokumentation der bei Anschaffung oder Herstellung getroffenen Zuordnungsentscheidung, da diese Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist und die Erklärung "alle Angaben" enthalten muss, die hierfür erforderlich sind.

33

e) Eine "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung liegt allerdings nur dann vor, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dem FA gegenüber abgegeben wurde (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 798, unter II.3.d).

34

aa) Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung stellt keine Steuererklärung i.S. von § 149 Abs. 1 AO dar und müsste daher an sich unverzüglich nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgen. Aus Gründen der Praktikabilität hält es der Senat aber für zulässig, insoweit auf die allgemeine Abgabefrist für Jahressteuererklärungen zurückzugreifen. Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens fünf Monate danach abzugeben (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Will der Unternehmer gemischt-genutzte Gegenstände seinem Unternehmensvermögen zuordnen, hat er dies somit bis spätestens 31. Mai des Folgejahres gegenüber der Finanzbehörde zu dokumentieren.

35

bb) Eine erst nach diesem Zeitpunkt erfolgte Dokumentation der Zuordnungsentscheidung bleibt demnach unberücksichtigt.

36

(1) Für die Abgabe von Steuererklärungen gewährte Fristverlängerungen haben nicht zur Folge, dass auch die Frist zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung verlängert wird. Die insbesondere für Steuerberater geltenden Fristverlängerungen betreffen lediglich Steuererklärungen und sind nach allgemeiner Ansicht nicht für die Ausübung von Wahlrechten einschlägig (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 109 AO Rz 26; Kuczynski in Beermann/Gosch, AO § 109 Rz 1 mit Hinweis auf BTDrucks 7/4292, S. 26). Da die Zuordnungsentscheidung materiell-rechtliche Auswirkungen hat, kann es auf Fristverlängerungen für die Abgabe von Steuererklärungen in Einzelfällen oder für bestimmte Berufsgruppen aus Gründen der Besteuerungsgleichheit nicht ankommen.

37

(2) Darüber hinaus ist insoweit zu berücksichtigen, dass --anders als die allgemeine Abgabefrist für Steuererklärungen-- die Fristverlängerungen für Steuererklärungen nicht rechtssicher aus dem Gesetz ersichtlich sind, sondern auf der Grundlage des § 109 Abs. 1 AO in gleichlautenden Verwaltungsvorschriften der obersten Finanzbehörden der Länder erst zu Beginn des dem jeweiligen Veranlagungszeitraum folgenden Kalenderjahres geregelt werden.

38

f) Eine Verlängerung der Dokumentationsfrist gilt --entgegen der Ansicht des Klägers-- auch nicht für den in zeitlicher Hinsicht gestreckten Vorgang der Herstellung eines Gebäudes. Ein Gebäude kann zwar erst nach Fertigstellung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt werden, sodass aus Gründen der Praktikabilität im Schrifttum vertreten wird, dem Unternehmer müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, seine Zuordnungsentscheidung bis zum Ende des Herstellungsvorgangs hinauszuschieben (Lohse, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht, S. 319 f.; Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 401). Dem steht jedoch die Rechtsprechung des BFH entgegen, wonach über den Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug nach Maßgabe der durch objektive Anhaltspunkte belegten Verwendungsabsicht zu entscheiden ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 2004 V R 38/03, BFHE 208, 84, BStBl II 2005, 414, m.w.N.). Zudem käme es nach dieser Schrifttumsauffassung durch das Hinausschieben der Zuordnungsentscheidung --unter Umständen über Jahre hinaus-- zu einem mit der EuGH-Rechtsprechung nicht vereinbaren Schwebezustand hinsichtlich der Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

39

g) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen, als es den Vorsteuerabzug wegen unterlassener Dokumentation der Zuordnung zum Unternehmensvermögen im Rahmen der jeweiligen Umsatzsteuer-Voranmeldungen versagte. Gleichwohl erweist sich seine Entscheidung im Ergebnis als zutreffend:

40

aa) Im Streitfall hat der Kläger für das Streitjahr 2007 die Umsatzsteuer-Voranmeldung III/2007 am 17. Oktober 2007 und die Umsatzsteuer-Voranmeldung IV/2007 am 5. Februar 2008 abgegeben, ohne Vorsteuern aus der Gebäudeherstellung geltend zu machen. Dies indiziert eine Zuordnung des Gebäudes zum nichtunternehmerischen Bereich, da andere Indizien, die für eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich sprechen könnten, nicht vorliegen:

41

(1) Die vom Kläger in diesem Zusammenhang erwähnte Bauplanung "unter Berücksichtigung betrieblich genutzter Räume" weist im Dachgeschoss keine Büro-, Besprechungs- und Aufenthaltsräume aus, sondern "Party", "Abstell" und "Bad". Auch wenn es sich hierbei lediglich um vom Architekten aufgezeigte Nutzungsmöglichkeiten handeln sollte und eine unternehmerische Nutzung dadurch nicht ausgeschlossen wird, ist eine solche Bauplanung nicht geeignet, eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen zu indizieren.

42

(2) Soweit der Kläger im Revisionsverfahren geltend macht, die Zuordnung zum Unternehmensvermögen sei durch Aufnahme des Gebäudes in das Betriebsvermögen und durch Ausweis in der Bilanz 2007 vorgenommen worden, handelt es sich um einen neuen Sachvortrag, der im Hinblick auf die Bindung an die Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFH/NV 2011, 727, unter II.1.b bb(2); vom 6. Dezember 2007 V R 24/05, BFHE 219, 476, BStBl II 2009, 490, unter II.1.e dd).

43

bb) In der Jahressteuererklärung 2007 hat der Kläger zwar die Vorsteuern aus der Gebäudeerrichtung geltend gemacht. Diese Erklärung ist aber erst am 17. Juli 2009 beim FA eingegangen und damit zu einem Zeitpunkt, als die am 31. Mai des Folgejahres endende Dokumentationsfrist bereits abgelaufen war.

44

cc) Eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen wird zwar durch die am 5. Juni 2008 beim FA eingegangenen berichtigten Voranmeldungen III/2007 und IV/2007 vorgenommen, da in ihnen der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Einfamilienhauses geltend gemacht wurde. Auch wenn eine in Voranmeldungen getroffene Zuordnungsentscheidung im Hinblick auf ihren vorläufigen Charakter grundsätzlich noch korrigiert werden kann, ist insoweit jedoch die für die Jahresfestsetzung maßgebende Dokumentationsfrist zu beachten. Wird --wie im Streitfall-- eine berichtigte Voranmeldung erst nach dem 31. Mai des Folgejahres beim FA eingereicht, kann diese Zuordnungsentscheidung keine Berücksichtigung mehr finden.

45

dd) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger für seine Auffassung auf Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2b UStR 2005, wonach, wenn bei der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt durch eine schriftliche Erklärung spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des Jahres, in dem die jeweilige Leistung bezogen worden ist, zu dokumentieren hat, in welchem Umfang er das Gebäude dem Unternehmen zugeordnet hat. Abgesehen davon, dass diese Regelung nur den Fall betrifft, in dem --anders als im Streitfall-- ein Vorsteuerabzug bei der Herstellung des Gebäudes nicht möglich war, sind Verwaltungsvorschriften keine Rechtsnormen und binden daher die Gerichte jedenfalls nicht für das Festsetzungsverfahren (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 798, unter II.3.e bb).

46

2. Über den Antrag des Klägers, die Umsatzsteuer I/2008 auf ./. 4.018,72 € festzusetzen, kann der Senat in der Sache nicht entscheiden. Die Revision des Klägers ist insoweit unzulässig (geworden).

47

a) Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war zwar u.a. der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid I/2008 vom 12. März 2009 über ./. 481,83 €. An dessen Stelle ist jedoch während des Revisionsverfahrens die auf der Abgabe der Jahressteuererklärung beruhende Umsatzsteuerfestsetzung 2008 über 3.567,00 € getreten. Die Jahressteuerfestsetzung ist in entsprechender Anwendung des § 68 Satz 1 FGO automatisch Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden, sodass sich der Vorauszahlungsbescheid I/2008 vom 12. März 2009 in anderer Weise (§ 124 Abs. 2 AO) erledigt hat (BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, m.w.N.).

48

b) Eine in solchen Fällen an sich gebotene Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das FG nach § 127 FGO ist im Streitfall ausgeschlossen.

49

aa) § 127 FGO setzt die Zulässigkeit der Revision voraus (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 127 FGO Rz 4). Eine Revision ist aber unzulässig (geworden), wenn das FA mit dem Änderungsbescheid dem Klagebegehren in vollem Umfang stattgegeben hat (BFH-Beschluss vom 20. September 1993 VIII R 88/91, BFH/NV 1994, 115; Bergkemper in HHSp, § 127 FGO Rz 8; Rüsken in Beermann/Gosch, FGO § 127 Rz 10).

50

bb) So liegen die Verhältnisse im Streitfall. Nach dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 2. November 2010 ist das FA der Umsatzsteuererklärung 2008, in der die strittigen Vorsteuerbeträge (3.536,89 €) geltend gemacht wurden, in vollem Umfang gefolgt. Damit ist das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an einer revisionsrechtlichen Überprüfung des finanzgerichtlichen Urteils weggefallen. Nicht der ursprünglich angegriffene Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid I/2008 in Verbindung mit dem Urteil des FG ist Grundlage der Steuerfestsetzung für das Streitjahr, sondern die gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Umsatzsteuerfestsetzung 2008. Das finanzgerichtliche Urteil ist danach gegenstandslos geworden.

51

c) Im Falle der Erledigung eines Rechtsstreits ist zwar ein Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) möglich. Hierfür ist aber neben dem --im Streitfall nicht gestellten-- ausdrücklichen Antrag ein berechtigtes Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung erforderlich.

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionskläger (Kläger) betreibt ein Vermietungsunternehmen in M in der B-Straße und in der K-Straße. Die Umsätze aus der Vermietung wurden seit 1998 beim Beklagten, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) erklärt und entsprechend veranlagt.

2

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten zweier Einliegerwohnungen in dem in den Streitjahren 2003 bis 2006 vom Kläger neu errichteten und seit Juni 2005 selbst bewohnten Einfamilienhaus. Der Kläger stellte im Februar 2003 einen Antrag auf Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus mit Schwimmhalle und Einliegerwohnung in der W-Straße in M, die im Mai 2003 erteilt wurde. Am 1. Juli 2003 wurde mit dem Bau begonnen. Im November 2005 beantragte der Kläger eine Baugenehmigung für die Errichtung einer zweiten Einliegerwohnung im Untergeschoss des Gebäudes, welche im Januar 2006 erteilt wurde. Am 6. Februar 2006 wurde dem Bauaufsichtsamt mitgeteilt, dass das Vorhaben in zwei Wochen abschließend fertig gestellt sei.

3

Im Januar 2006 reichte der Kläger eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 2003 sowie eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für das IV. Quartal 2004 beim FA ein, in denen erstmals anteilige Vorsteuerbeträge in Höhe von 20 % aus der Errichtung des Gebäudes in der W-Straße geltend gemacht wurden. Im Februar 2006 reichte er die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2005 ein und machte darin die im Zusammenhang mit dem Objekt entstandenen Vorsteuerbeträge für das Kalenderjahr 2005 geltend. In den folgenden Voranmeldungen sind laufend Vorsteuerbeträge für das Objekt enthalten.

4

Die beiden Einliegerwohnungen wurden seit Januar bzw. Juli 2007 möbliert an Arbeitgeber vermietet, die diese wiederum ihren Mitarbeitern zeitweise zur Verfügung stellten. Eine solche Vermietung sei zwar über die Firma X schon von Baubeginn an beabsichtigt, wegen eines Wasserschadens aber zunächst nicht möglich gewesen.

5

Das Objekt in der W-Straße hat nach den Feststellungen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung eine Nutzfläche von 1 128 qm; davon entfallen auf den für eigene Wohnzwecke genutzten Teil 518 qm, auf die Einliegerwohnung im Erdgeschoss 58 qm, auf die Einliegerwohnung im Kellergeschoss 65 qm und die restliche Fläche u.a. auf Schwimmhalle, Sauna und Tiefgarage. Die Prüferin sah von Feststellungen zur Zuordnung und Aufteilung der Vorsteuerbeträge ab, weil eine Option zur Steuerpflicht im Streitfall nicht zulässig sei. Denn der jeweilige Leistungsempfänger nutze das Grundstück für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen würden. Außerdem sei die Verwendungsabsicht bezüglich der Einliegerwohnungen zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht ausreichend nachgewiesen, denn die Schreiben der Maklerfirma X vom 23. Dezember 2005 und vom 3. April 2006 würden lediglich bestätigen, dass eine Vermittlung an Firmenkunden vorgesehen sei, enthielten aber keine Hinweise auf eine geplante steuerpflichtige Endnutzung der Wohnungen.

6

Im Bescheid vom 9. Mai 2006 folgte das FA dieser Auffassung und lehnte den Antrag des Klägers auf Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2003 ab.

7

Die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das IV. Quartal 2004, für Dezember 2005 und für Januar 2006 erging mit Bescheiden vom 19. Mai 2006 ebenfalls ohne Berücksichtigung der streitigen Vorsteuerbeträge.

8

           

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. September 2007 wies das FA die vom Kläger eingelegten Einsprüche gegen

-     

die Ablehnung des Antrags auf Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2003 vom 9. Mai 2006,

-       

den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das IV. Quartal 2004 vom 19. Mai 2006 in der Fassung des zwischenzeitlich ergangenen Umsatzsteuerbescheids für 2004 vom 21. August 2006,

-       

den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Dezember 2005 vom 19. Mai 2006 in der Fassung des zwischenzeitlich ergangenen Umsatzsteuerbescheids für 2005 vom 5. Juli 2007,

-       

den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2006 vom 19. Mai 2006 und

-       

den Bescheid über die Festsetzung einer Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für 2006 vom 31. Mai 2006 als unbegründet zurück.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es führte zur Begründung u.a. aus, es habe keine Zweifel daran, dass der Kläger die beiden Einliegerwohnungen seinem Unternehmen zugeordnet habe. Unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 30. März 2006 C-184/04 --Uudenkaupungin kaupunki-- (Slg. 2006, I-3039, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 530, BFH/NV Beilage 2006, 286) könne von ihm nicht als Nachweis der Zuordnung gefordert werden, den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten sofort bei Bezug der Eingangsleistungen geltend zu machen. Anders als in dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. April 2008 V R 10/07 (BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741) stelle die Entscheidung, steuerpflichtig zu vermieten, auch keine Einlage eines Gegenstands in ein Unternehmen dar, sondern die Ausübung der vom Gesetzgeber eingeräumten Optionsmöglichkeit. Die Option sei zulässig, weil die Leistungsempfänger des Klägers mit der Überlassung der Wohnungen lediglich den zusätzlichen Wohnbedarf ihrer Arbeitnehmer auf Dienstreisen deckten und damit eigenbetriebliche Zwecke verfolgten.

10

Den Anteil der Herstellungskosten für die Einliegerwohnungen schätzte das FG ausgehend von dem Verhältnis der Nutzflächen auf 12 % der Gesamtherstellungskosten, so dass der vom Kläger beantragte Vorsteuerabzug nur in entsprechend geringerem Umfang anzuerkennen sei.

11

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1685 veröffentlicht.

12

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es macht u.a. geltend, entgegen der Auffassung des FG lasse sich weder aus dem Begriff Einliegerwohnung noch aus den Bauakten oder den Schreiben der Firma X eine konkrete Vermietungsabsicht entnehmen. Entgegen der Auffassung des FG sei dem EuGH-Urteil --Uudenkaupungin kaupunki-- (Slg. 2006, I-3039, UR 2006, 530, BFH/NV Beilage 2006, 286) nicht zu entnehmen, dass die Zuordnungsentscheidung bzgl. der Eingangsleistungen bei Optionsfällen bis zum Zeitpunkt der Optionsausübung hinausgeschoben werden könne. Vielmehr erfordere die Gewährung des Vorsteuerabzugs eine durch konkrete und objektive Nachweise belegte fiktive Option zur Steuerpflicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Die Voraussetzungen einer solchen Option seien aber nicht erfüllt. Denn bei den Mietern, denen der Kläger die Wohnungen vermietet habe, hätte deren betriebliche Veranlassung der Wohnungsüberlassung an ihre Arbeitnehmer nicht die privaten Nutzungsinteressen der Arbeitnehmer überlagert (Hinweis auf BFH-Urteil vom 21. Juli 1994 V R 21/92, BFHE 175, 169, BStBl II 1994, 881).

13

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als sie der Klage stattgegeben hat, die Klage hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 abzuweisen und hinsichtlich der Streitjahre 2005 und 2006 die Sache an das FG zurückzuverweisen.

14

Der Kläger beantragt,
die Revision des FA zurückzuweisen.

15

Mit seiner Anschlussrevision beantragt der Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 9. Mai 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2007
- den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 26. März 2004,
- den Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 21. August 2006,
- den Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 5. Juli 2007 und
- den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 22. Februar 2010
dahingehend zu ändern, dass insgesamt weitere Vorsteuern in Höhe von 39.291 € für 2003, von 31.378 € für 2004, von 39.529 € für 2005 und von 3.528 € für 2006 berücksichtigt werden.

16

Hilfsweise beantragt der Kläger, soweit die Klage abgewiesen wurde, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.

17

Er tritt dem Vorbringen des FA entgegen. Die Zuordnungsentscheidung zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs, die das FG tatsächlich festgestellt habe, sei zu unterscheiden von der Vorsteuerabzugsberechtigung, die von der Ausübung des Optionsrechts abhänge und die hier in den Umsatzsteuererklärungen vorgenommen worden sei.

18

Hinsichtlich der Zuordnungsentscheidung trägt er ergänzend vor, eine solche könne auch rückwirkend geltend gemacht werden. Es gebe keine gesetzliche Regelung, die das Recht auf Vorsteuerabzug davon abhängig mache, dass eine solche neben der Vermietungsabsicht zusätzlich zeitnah getroffen werde. Eine Zuordnungsentscheidung könne daher bei Beachtung des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) auch nicht im Falle eines gemischtgenutzten Gebäudes gefordert werden. Letzteres gelte auch hinsichtlich der jüngeren Rechtsprechung, die erst nach den Streitjahren ergangen sei. Wenn nach dem Gemeinschaftsrecht eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich sei, könne nicht am Erfordernis einer zeitnahen, zukunftsorientierten Zuordnungsentscheidung festgehalten werden.

19

Der EuGH habe in seiner Entscheidung vom 22. März 2012 C-153/11 --Klub-- (UR 2012, 606, Höchstrichterliche Rechtsprechung --HFR-- 2012, 559) bekräftigt, dass der Steuerpflichtige entscheiden könne, ob und inwieweit er einen Gegenstand für unternehmerische oder private Zwecke verwenden wolle. Dabei habe der EuGH erneut nicht gefordert, es müsse eine zeitnahe Zuordnungsentscheidung für die Zukunft getroffen worden sein. Er habe dies dadurch verdeutlicht, dass der Steuerpflichtige sich auch dann für eine steuerpflichtige Vermietung entscheiden könne, wenn er den Gegenstand nicht sofort für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwende. Das EuGH-Urteil vom 12. Juli 2012 C-284/11 --EMS-- (UR 2012, 642) gehe in die gleiche Richtung.

20

Wenn der BFH an dem Postulat einer zeitnahen Zuordnung festhalten wolle, sei dem EuGH die Frage vorzulegen, ob dies mit der Rechtsprechung des EuGH konform gehe.

21

Das FG habe zutreffend entschieden, dass nach dem EuGH-Urteil --Uudenkaupungin kaupunki-- (Slg. 2006, I-3039, UR 2006, 530, BFH/NV Beilage 2006, 286) für den Vorsteuerabzug weder die sofortige Verwendung des Gutes für besteuerte Umsätze erforderlich sei, noch der Vorsteuerabzug für Investitionen, die vor Ausübung der Option getätigt wurden, ausgeschlossen werden dürfe.

22

Dass er (der Kläger) bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs beabsichtigt habe, die Wohnungen (steuerpflichtig) zu vermieten, habe das FG bindend festgestellt. Ebenso habe es zutreffend entschieden, dass seine Mieter die Wohnungen zu eigenbetrieblichen Zwecken ihren Arbeitnehmern überlassen hätten. Ein Nachweis objektiver Anhaltspunkte dafür, dass er (der Kläger) bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Absicht gehabt habe, eine zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen zu wollen sei weder im Umsatzsteuergesetz (UStG) noch in der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) vorgesehen und könne daher unter Beachtung von Art. 20 Abs. 3 GG nicht gefordert werden.

23

Das FG habe aber zu Unrecht den Vorsteuerabzug nur in Höhe von 12 % statt 20 % der Gesamtherstellungskosten des Gebäudes angesetzt. Nach dem Gesetz sei es Sache des Steuerpflichtigen, eine sachgerechte Schätzung vorzulegen. FA und FG hätten nur eine Überprüfungsfunktion. Das FG dürfe nur dann eine eigene Schätzung vornehmen, wenn es begründe, dass die Schätzung des Klägers nicht sachgerecht sei. Darlegungen dazu enthalte das FG-Urteil nicht.

24

Das FA beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

25

Während des Revisionsverfahrens hat das FA am 22. Februar 2010 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für 2006 erlassen.

Entscheidungsgründe

26

II. Die Revision des FA ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Hinsichtlich der Streitjahre 2005 und 2006 führt sie zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Anschlussrevision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

27

A. Die Vorentscheidung ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen insoweit aufzuheben, als das FG über die Festsetzung der Umsatzsteuer für das I. Quartal 2006 entschieden hat.

28

Denn das FA hat den Umsatzsteuerbescheid für 2006 während des Revisionsverfahrens mit Bescheid vom 22. Februar 2010 geändert. Damit liegt dem FG-Urteil ein in seiner Wirkung suspendierter Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil insoweit keinen Bestand mehr haben kann; der Senat kann jedoch auf der Grundlage der gleichwohl fortgeltenden finanzgerichtlichen Feststellungen entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. September 2007 VIII R 38/04, BFH/NV 2008, 37, m.w.N.).

29

Daran ändert es auch nichts, dass der Kläger vorträgt, er habe gegen den Jahresumsatzsteuerbescheid für 2006 vom 22. Februar 2010 Einspruch eingelegt. Denn nach § 68 Satz 2 FGO ist ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt insoweit ausgeschlossen. Die in § 68 Satz 1 FGO getroffene Anordnung steht mithin nicht zur Disposition des Klägers (vgl. z.B. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 68 FGO Rz 85 ff.).

30

B. Die Revision des FA ist zulässig und begründet.

31

I. Die Revisionsbegründung des FA erfüllt entgegen der Ansicht des Klägers die Anforderungen des § 120 Abs. 3 FGO. Sie enthält einen --klaren-- Revisionsantrag (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO) und bezeichnet --eindeutig-- die Umstände, aus denen sich die geltend gemachte Rechtsverletzung (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO) ergibt (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO).

32

1. Das FA hat sich in der Revisionsbegründung --unter Angabe der Normen, die es für verletzt hält (§ 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 2, § 15 Abs. 4 UStG)-- mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinandergesetzt und dargelegt, weshalb es diese für unrichtig hält (vgl. zu diesen Anforderungen z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. Oktober 2003 VIII R 59/00, BFH/NV 2004, 501; vom 27. November 2003 VII R 49/03, BFH/NV 2004, 521; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 58 ff., m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 120 FGO Rz 85 ff.; Lange in HHSp, § 120 FGO Rz 176 ff., m.w.N.).

33

2. Dass das FA dabei seinen erstinstanzlichen Standpunkt nicht aufgegeben und wiederholt hat, ist entgegen der Ansicht des Klägers unschädlich. Eine bloße Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen ohne Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Urteils (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 521) liegt nicht vor.

34

II. 1. a) Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG. Danach ist der Steuerpflichtige, soweit er Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Bei richtlinienkonformer Auslegung wird für das Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Leistung daher nur bezogen, wenn sie zur (beabsichtigten) Verwendung für Zwecke einer nachhaltigen und gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit bezogen wird, die im Übrigen steuerpflichtig sein muss, damit der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 2011 V R 48/10, BFH/NV 2012, 808; vom 7. Juli 2011 V R 42/09, BFHE 234, 519, BFH/NV 2011, 1980; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68, unter II.2.b; vom 6. Mai 2010 V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, unter II.1.; vom 18. April 2012 XI R 14/10, unter II.1.).

35

b) Ist ein Gegenstand --wie das nach den Feststellungen des FG und dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten im Streitfall hergestellte Einfamilienhaus-- sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen privaten Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet (vgl. EuGH-Urteil vom 8. März 2001 C-415/98 --Bakcsi--, Slg. 2001, I-1831, UR 2001, 149, BFH/NV Beilage 2001, 52, Leitsatz 1 sowie Rz 25). Insoweit hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem --geschätzten-- unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 --Lennartz--, Slg. 1991, I-3795; vom 4. Oktober 1995 C-291/92 --Armbrecht--, Slg. 1995, I-2775; in Slg. 2001, I-1831, UR 2001, 149, BFH/NV Beilage 2001, 52; BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 21/10, BFHE 234, 531, BFH/NV 2012, 143; vom 19. Juli 2011 XI R 29/09, BFHE 234, 556, BStBl II 2012, 430, unter II.1.c, m.w.N.; vom 18. April 2012 XI R 14/10, unter II.2.).

36

c) Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, die zeitnah zu dokumentieren ist.

37

aa) Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung eines möglichen Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Auch die bilanzielle und ertragsteuerrechtliche Behandlung kann ggf. ein Indiz für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung sein. Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 808, unter II.3.a, m.w.N.).

38

bb) Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung schon bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 31. Januar 2002 V R 61/96, BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, unter II.2.b; in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.3.c, m.w.N.; vom 8. Oktober 2008 XI R 58/07, BFHE 223, 487, BStBl II 2009, 394, unter II.1.b; vom 18. April 2012 XI R 14/10, unter II.3.b).

39

Entgegen der Ansicht des Klägers vermag der Senat in dieser Voraussetzung des Vorsteuerabzugs keinen Verstoß gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bindung der Gerichte an das Gesetz zu erkennen.

40

cc) Der V. Senat des BFH hat in mehreren Entscheidungen jüngst geklärt, dass die Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer "zeitnah" erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen dokumentiert werden kann, wobei insoweit der 31. Mai des Folgejahres als letztmöglicher Zeitpunkt in Betracht kommt (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 234, 531, BFH/NV 2012, 143; in BFHE 234, 519, BFH/NV 2011, 1980; in BFH/NV 2012, 808, unter 3.b).

41

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an (vgl. bereits Urteil vom 18. April 2012 XI R 14/10, unter II.3.b) und verweist hinsichtlich der dafür maßgebenden Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des V. Senats des BFH in BFHE 234, 519, BFH/NV 2011, 1980 (unter II.3.) sowie in BFHE 234, 531, BFH/NV 2012, 143 (unter II.1. a bis f, jeweils m.w.N.).

42

d) Soweit sich der Kläger darauf beruft, aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich, dass eine zeitnahe Zuordnung zusätzlich zur Vermietungsabsicht keine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug sei, ist dem nicht zu folgen.

43

aa) Der EuGH hat bereits in seinem Urteil vom 14. Februar 1985  C-268/83 --Rompelmann-- (Slg. 1985, 655, Rz 24) zu der Frage, ob Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG so auszulegen ist, dass die Erklärung der Absicht, einen zukünftigen Gegenstand vermieten zu wollen, ausreicht, um die Bestimmung des erworbenen Gegenstands zur Verwendung für einen steuerbaren Umsatz zu bejahen und aus diesem Grund den Investierenden als Steuerpflichtigen anzusehen, festgestellt, dass derjenige, der einen Vorsteuerabzug vornimmt, nachzuweisen hat, dass die Voraussetzungen hierfür gegeben sindund insbesondere dass er Steuerpflichtiger ist. Nach dem EuGH-Urteil --Lennartz-- (Slg. 1991, I-3795, Rz 8 f. und 15) hängt das Bestehen eines Rechts auf Vorsteuerabzug davon ab, in welcher Eigenschaft eine Person zu diesem Zeitpunkt handelt.

44

Danach ist für den Vorsteuerabzug Voraussetzung, dass der Kläger die Vorleistungen für die Einliegerwohnungen bereits als Steuerpflichtiger bezogen hat, was voraussetzt, dass sie seinem Unternehmen zugeordnet wurden und dies der Finanzbehörde nachgewiesen wird. Eine, wie der Kläger meint, Statthaftigkeit einer rückwirkenden Zuordnung ist damit nicht vereinbar. Der Sachverhalt ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht mit dem einer Rechnungsberichtigung vergleichbar.

45

bb) Aus den vom Kläger angeführten neuen EuGH-Urteilen ergibt sich nichts anderes.

46

In dem Urteil --Klub-- (UR 2012, 606, HFR 2012, 559, Rz 39) führt der EuGH unter Hinweis auf die Rechtssache Lennartz aus, dass "die Anwendung des Mehrwertsteuersystems und damit des Abzugsmechanismus vom Erwerb des Gegenstands durch einen als solchen handelnden Steuerpflichtigen" abhänge. Er präzisiert dies in Rz 36 dahingehend, dass es insoweit darauf ankomme, dass "er zum Zeitpunkt des Erwerbs eines Gegenstands als solcher" handele.

47

Das Urteil --EMS-- (UR 2012, 642), auf das sich der Kläger ferner bezieht, betrifft einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Es ging nicht um ein gemischtgenutztes Wirtschaftsgut, sodass sich die Frage einer Zuordnung im Sinne der dargelegten EuGH-Rechtsprechung gar nicht stellte. Im Übrigen hat der EuGH in diesem Urteil u.a. ausgeführt, dass "die Mitgliedstaaten nach Art. 167 und Art. 179 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vom Steuerpflichtigen verlangen können, dass er sein Recht auf Vorsteuerabzug während des Zeitraums ausübt, in dem es entstanden ist (UR 2012, 642, Rz 53).

48

2. Hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 entspricht das FG-Urteil diesen Grundsätzen nicht.

49

a) Es hat verkannt, dass der Vorsteuerabzug im Falle der Herstellung eines gemischtgenutzten Wirtschaftsguts u.a. voraussetzt, dass der Steuerpflichtige bereits beim Bezug der Leistungen für die Herstellung nicht nur beabsichtigt, die Einliegerwohnungen nach Fertigstellung steuerpflichtig zu vermieten, sondern dass er die für die Herstellung der Einliegerwohnungen bezogenen Leistungen auch zeitnah seinem Unternehmen zuordnet. Eine derartige Zuordnung liegt nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt nicht vor.

50

aa) Das FG hat zwar ausgeführt, es habe "keine Zweifel daran, dass der Kläger die beiden mit der Herstellung des Gebäudes errichteten Einliegerwohnungen seinem Unternehmen zugeordnet hat." Es hat dies folgendermaßen begründet:

51

"Bereits mit Schreiben vom 23. Dezember 2002 an die … hat der Kläger seine Absicht kundgetan, dass er bei der Bebauung des Grundstücks W-Straße beabsichtige, zwei Einliegerwohnungen von ca. 50qm bis 60qm Fläche zu errichten (Blatt 111 der Prozessakte). Aus der Beschreibung des Wohnhauses geht in keiner Weise hervor, dass diese Einliegerwohnungen vom Kläger selbst genutzt werden sollten. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch werden Einliegerwohnungen vielmehr getrennt von den eigenen Räumen genutzt, so dass auch hier zu vermuten ist, dass mit der Bezeichnung als Einliegerwohnung impliziert ist, dass diese vermietet werden sollen. Zudem war der Kläger bereits vor Errichtung des Gebäudes W-Straße als Vermieter tätig. Die Firma X hat mit Schreiben vom 3. April 2006 dem Kläger auch bestätigt, dass bereits im Frühjahr 2003 Gespräche über die Vermietung der beiden Einliegerwohnungen stattgefunden haben (Blatt 48 der Prozessakte). Auch aus dem bei der Stadt … am 14. Februar 2003 eingereichten ursprünglichen Bauantrag geht hervor, dass die Errichtung einer Einliegerwohnung beabsichtigt war. ... Es ist jedoch für das Gericht nachvollziehbar, dass der Kläger auf Grund der Gesamtnutzfläche des Bauvorhabens die Vermietung von zwei Einliegerwohnungen von vorneherein beabsichtigt hat und das Gericht sieht diese Absicht mit den vorgenannten beiden Schreiben bestätigt. Die vorneherein beabsichtigte Vermietung wird auch dadurch bestätigt, dass diese später tatsächlich so erfolgt ist."

52

Aus diesen Ausführungen ergibt sich aber nur, dass die Wohnungen nach Überzeugung des FG entgeltlich vermietet und damit unternehmerisch genutzt werden sollten.

53

bb) Eine solche Vermietungsabsicht ist zwar eine für den Vorsteuerabzug notwendige Voraussetzung, weil andernfalls bereits eine unternehmerische Nutzungsabsicht fehlen würde, sie ist aber im Falle eines gemischtgenutzten Wirtschaftsguts noch keine für den Abzug hinreichende Voraussetzung. Denn bei einem gemischtgenutzten Gebäude steht es dem Steuerpflichtigen nach der Rechtsprechung frei, das Gebäude in vollem Umfang --d.h. auch hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Anteils-- seinem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen und damit dem Mehrwertsteuersystem zu entziehen; in diesem Fall scheidet ein Vorsteuerabzug aus (vgl. z.B. EuGH-Urteile in Slg. 2001, I-1831, UR 2001, 149, BFH/NV Beilage 2001, 52, Rz 27; vom 23. April 2009 C-460/07 --Puffer--, Slg. 2009, I-3251, UR 2009, 410, BFH/NV 2009, 1056, Leitsatz 1).

54

Da das FG zu Unrecht die Vermietungsabsicht der davon zu unterscheidenden Zuordnung des Gebäudes gleichgesetzt hat, stellt sich die rechtliche Schlussfolgerung des FG als unzutreffend dar; sie vermag daher entgegen der Ansicht des Klägers keine Bindungswirkung i.S. des § 118 Abs. 2 FGO zu entfalten.

55

b) Zu Unrecht geht das FG ferner davon aus, das Recht auf Vorsteuerabzug ergebe sich daraus, dass der Kläger die Mieteinnahmen der beiden Wohnungen im Jahre 2007 der Umsatzsteuer unterworfen habe.

56

aa) Zwar setzt eine wirksame Ausübung der Option zur Umsatzsteuerpflicht voraus, dass der Gegenstand dem Unternehmen zuvor zugeordnet und damit Gegenstand des Mehrwertsteuersystems geworden ist. Aus der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung im Jahre 2007 ergibt sich aber nicht, dass die Vorleistungen bereits bei ihrem Bezug im Jahre 2003 und 2004 dem Unternehmen zugeordnet worden sind. Vielmehr ist es möglich, dass der Kläger die Wohnungen bspw. erst anlässlich der Vermietung im Jahre 2007 in sein Unternehmen eingelegt hat; in diesem Falle wäre ein Abzug der auf den Einliegerwohnungen aus den Leistungsbezügen der Jahre 2003 und 2004 lastenden Vorsteuer nicht zulässig (vgl. z.B. EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795, Rz 8 f.; BFH-Urteile in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.4.; vom 1. Dezember 2010 XI R 28/08, BFHE 233, 53, BStBl II 2011, 994, unter II.2.b).

57

bb) Soweit sich das FG hierzu auf das EuGH-Urteil --Uudenkaupungin kaupunki-- (Slg. 2006, I-3039, UR 2006, 530, BFH/NV Beilage 2006, 286) bezieht, verkennt es, dass es sich dort um kein gemischtgenutztes, sondern um ein ausschließlich unternehmerisch genutztes Wirtschaftsgut gehandelt hat und das Abzugsrecht deshalb bereits beim Bezug entstanden war, soweit die bezogenen Gegenstände für Zwecke besteuerter Umsätze verwendet werden sollten (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 2009 XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243, unter II.1.c).

58

Zudem betrifft dieses Urteil --anders als der Streitfall-- die Berichtigung von Vorsteuerabzügen nach § 15a UStG bzw. Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Diese Vorschriften beschränken sich darauf, das Verfahren für die Berechnung der Berichtigung des Vorsteuerabzugs festzulegen und setzen voraus, dass ein Recht auf Vorsteuerabzug bereits entstanden ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795, Rz 8 f.; BFH-Urteile in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.4.; in BFHE 233, 53, BStBl II 2011, 994, unter II.2.b).

59

c) Aus den Feststellungen des FG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Einliegerwohnungen in den Streitjahren seinem Unternehmen zugeordnet hätte und auch nichts für eine Dokumentation dieser Zuordnung gegenüber dem FA bis zum 31. Mai des jeweiligen Folgejahres.

60

Nachdem die wegen der gemischten Nutzung des Gebäudes notwendige Zuordnung der Einliegerwohnungen zum --unstreitig bereits in der B- und der K-Straße bestehenden-- Vermietungsunternehmen des Klägers für die Streitjahre 2003 und 2004 nicht unterstellt werden kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 28. Februar 2002 V R 25/96, BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815; in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.3.c; vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798, unter II.3.c aa), ist vorliegend von einer Zuordnung der in den Jahren 2003 und 2004 für die Herstellung der Einliegerwohnungen bezogenen Leistungen zu seinem nichtunternehmerischen Bereich auszugehen, mit der Folge, dass insoweit ein Vorsteuerabzug ausscheidet. Die Vorentscheidung war daher hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

61

3. Hinsichtlich der Streitjahre 2005 und 2006 liegen zwar nach den tatsächlichen Feststellungen des FG Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum Unternehmen bereits beim Bezug der jeweiligen Leistungen für die beiden Einliegerwohnungen vor. Denn der Kläger hat den streitigen Vorsteuerabzug betreffend 2005 bereits im Februar 2006 und den Vorsteuerabzug betreffend 2006 in den laufenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen in 2006 geltend gemacht. Aus der Zuordnung allein folgt aber noch nicht zwingend, dass der Kläger zum Sofortabzug der jeweiligen Vorsteuern berechtigt war.

62

a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist vom Vorsteuerabzug u.a. ausgeschlossen die Steuer für die Lieferung von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

63

aa) Zu diesen vorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen gehört auch die gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Nach § 9 Abs. 1 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung kann der Unternehmer zwar einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Die Regelung beruht auf Art. 13 Teil C der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen, für eine Besteuerung der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu optieren; sie können den Umfang des Optionsrechts einschränken und bestimmen die Modalitäten seiner Ausübung.

64

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) aber gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Diese Voraussetzungen hat der Unternehmer nachzuweisen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 UStG).

65

bb) Der Verzicht auf eine Steuerbefreiung geschieht regelmäßig dadurch, dass der Steuerpflichtige den in § 9 Abs. 1 UStG genannten Umsatz dem Leistungsempfänger unter besonderem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung stellt. Der Verzicht kann aber auch in anderer Weise durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, soweit aus den Erklärungen und sonstigen Verlautbarungen, in die das gesamte Verhalten einzubeziehen ist, der Wille zum Verzicht eindeutig hervorgeht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 1997 XI R 94/96, BFHE 183, 301, BStBl II 1997, 670).

66

Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH (vgl. etwa Urteile vom 8. Juni 2000 C-400/98 --Breitsohl--, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, UR 2000, 329, und C-396/98 --Schlossstrasse--, Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, UR 2000, 336) ist § 15 Abs. 1 UStG richtlinienkonform so zu verstehen, dass ein Leistungsempfänger bereits bei Leistungsbezug das Recht auf Vorsteuerabzug als Unternehmer hat, wenn er die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche --und steuerpflichtige-- Tätigkeit (d.h. Umsätze gegen Entgelt) mit diesen Leistungsbezügen auszuüben und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430; vom 25. April 2002 V R 58/00, BFHE 200, 434, BStBl II 2003, 435; vom 28. November 2002 V R 51/01, BFH/NV 2003, 515).

67

Es bedarf im Streitfall daher der Prüfung, ob die Erklärung, eine zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird (vgl. insbes. Rz 41 des EuGH-Urteils in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, UR 2000, 336, und Rz 40 des EuGH-Urteils in Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, UR 2000, 329). Dabei ist jeweils der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich, zu dem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht (BFH-Urteil in BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430).

68

cc) Auch insoweit folgt der Senat nicht der Auffassung des Klägers, diese Anforderung verstoße gegen Art. 20 Abs. 3 GG.

69

b) Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, ob der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs in gutem Glauben erklärt hat, eine zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen zu wollen, und ob diese Absicht durch objektive Anhaltspunkte belegt wird (vgl. insbes. Rz 41 des EuGH-Urteils in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, UR 2000, 336, und Rz 40 des EuGH-Urteils in Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, UR 2000, 329; BFH-Urteil vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426).

70

Soweit der Kläger die Wohnungen im Jahr 2007 an Unternehmen vermietet hat, die diese --nach der vom FA mit der Revision (ebenfalls) angegriffenen Ansicht des FG, die allerdings auf einem unzureichend aufgeklärten Sachverhalt beruht-- wiederum aus eigenbetrieblichen Zwecken Mitarbeitern zur vorübergehenden Nutzung zur Verfügung stellen wollten und auch tatsächlich gestellt haben, und die betreffenden Mieteinnahmen der Umsatzsteuer unterworfen hat, folgt daraus noch nicht mit der notwendigen Gewissheit, dass er entsprechende Absichten bereits in den Streitjahren 2005 und 2006 hatte und diese nach außen dokumentiert hat.

71

c) Die Vorentscheidung war daher hinsichtlich der Streitjahre 2005 und 2006 aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie geht insoweit zurück, damit das FG die fehlenden Feststellungen nachholen kann, insbesondere dazu, ob der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, mit den Einliegerwohnungen Umsätze zu erzielen, für die der Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.

72

C. Die Anschlussrevision des Klägers ist gemäß § 155 FGO i.V.m. § 554 der Zivilprozessordnung zulässig, aber nicht begründet.

73

I. Der Kläger wendet sich mit seiner Anschlussrevision dagegen, dass das FG bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nur 12 % --statt der geltend gemachten 20 %-- der insgesamt angefallenen Vorsteuerbeträge als abziehbar anerkannt hat.

74

II. Die Einwendungen des Klägers sind unbegründet.

75

1. Im Ergebnis ohne Erfolg macht der Kläger unter Hinweis auf den Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG geltend, dass die danach vorgesehene Schätzungsbefugnis dem Unternehmer zugewiesen sei.

76

Denn bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist es zwar grundsätzlich Sache des Unternehmers, zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt; das FA --und damit auch das FG-- können aber nach ständiger Rechtsprechung des BFH nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Mai 2005 V B 200/04, BFH/NV 2005, 1641; vom 27. November 2008 XI B 60/08, BFH/NV 2009, 431; BFH-Urteil vom 15. Oktober 2009 XI R 82/07, BFHE 227, 238, BStBl II 2010, 247, unter II.1.a).

77

Das FG hat ausgeführt, die vom Kläger auf Aufforderung durch das Gericht vorgetragene Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung des Gebäudes im Verhältnis von 20 % für die Einliegerwohnung zu 80 % für die selbstgenutzte Wohnung sei nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar. Das FA habe beispielhaft anhand der Rechnungsbeträge für Fenster/Türen nachvollziehbar dargelegt, dass diese Vorsteuer-Aufteilung nicht den tatsächlichen für die Errichtung der Einliegerwohnung aufgewendeten Herstellungskosten entsprechen könne und dass Positionen für Heizung/Sanitär und Elektro in nicht unerheblichem Umfang auch Kosten für die Schwimmbadtechnik enthielten. Allein aus dem Flächenverhältnis von Gesamtnutzfläche des Gebäudes zu den Flächen der Einliegerwohnung habe das FA einen Anteil von 11,8 % errechnet.

78

2. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich dem FG-Urteil danach nicht entnehmen, dass es "unter Negierung des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG" die Schätzungsbefugnis dem FA zugewiesen hat. Vielmehr hat es sich sowohl beispielhaft mit einzelnen Positionen der der klägerischen Aufteilung zugrunde liegenden Schätzung befasst, als auch mit deren Plausibilität insgesamt. Es ist zu der begründeten Auffassung gelangt, die Schätzung des Klägers sei nicht sachgerecht und könne deshalb der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden.

79

Das FG hat damit hinreichend begründet, warum es den vom Kläger gewählten Aufteilungsschlüssel als unangemessen verworfen und unter den gegebenen Voraussetzungen nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO eine eigene Schätzungsbefugnis hat.

80

Die Rüge des Klägers, das FG habe "unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG im Urteil unerwähnt gelassen und damit nicht verarbeitet", wie er zu der von ihm im Schriftsatz vom 21. Januar 2009 beschriebenen prozentualen Aufteilung gelangt sei und was er dazu ausgeführt habe, ist unbegründet. Auf die Herleitung der Aufteilung und die Ausführungen des Klägers dazu musste das FG in seinem Urteil nicht näher eingehen. Es genügte, dass es begründet hat, warum die vom Kläger vorgenommene Vorsteueraufteilung "nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar" ist (Urteil, S. 12).

81

Ein Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vortrag in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausdrücklich zu befassen; grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2007 XI R 25/07, BFH/NV 2008, 339; BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2010 XI B 46/10, BFH/NV 2011, 448, m.w.N.).

82

3. Das FG hat die von ihm im Wege der Schätzung vorgenommene Aufteilung der Vorsteuerbeträge auch im Einzelnen begründet. Ausgehend von dem BFH-Urteil vom 22. November 2007 V R 35/06 (BFH/NV 2008, 628), dem zufolge die Aufteilung im Verhältnis der Nutzflächen vorzunehmen ist, hat es zunächst den Anteil der Herstellungskosten für die Einliegerwohnungen auf 12 % der Gesamtherstellungskosten geschätzt. Sodann hat es zur Ermittlung der Vorsteuerbeträge eine Rückrechnung vorgenommen, der es die beantragten Vorsteuerbeträge einerseits und die Ermittlungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung andererseits zugrunde gelegt hat.

83

Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Der Senat teilt nicht die Auffassung des Klägers, die vom FG anerkannten Vorsteuerbeträge seien rechnerisch nicht herzuleiten.

84

Nach den vom FG festgestellten Nutzflächen beläuft sich der Anteil der Einliegerwohnungen (58 qm + 65 qm) an der Gesamtnutzfläche (1 128 qm) auf 11 %; dass die vom FG angenommenen 12 % hiervon abweichen, ist insoweit unbeachtlich, als sich dies zugunsten des Klägers auswirkt.

85

D. Der Senat sieht angesichts der bereits vorliegenden und vorstehend dargelegten Rechtsprechung des EuGH --entgegen der Ansicht des Klägers-- die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht als gegeben an.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1)1Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.

(2) Ein Betrieb gewerblicher Art ist auch unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er selbst eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.

(3) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen.

(4) Als Betrieb gewerblicher Art gilt die Verpachtung eines solchen Betriebs.

(5)1Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe).2Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus.

(6)1Ein Betrieb gewerblicher Art kann mit einem oder mehreren anderen Betrieben gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn

1.
sie gleichartig sind,
2.
zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder
3.
Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Absatzes 3 vorliegen.
2Ein Betrieb gewerblicher Art kann nicht mit einem Hoheitsbetrieb zusammengefasst werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.