Finanzgericht Nürnberg Urteil, 28. Nov. 2017 - 2 K 1009/15

bei uns veröffentlicht am28.11.2017

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger bietet auf eigenen und angepachteten Flächen das Einstellen von Pferden an. Daneben erzielt er unstreitige Umsätze aus einer Dreherei.

Für das Streitjahr hat der Kläger zunächst keine Umsatzsteuererklärung eingereicht. Nach einer Fahndungsprüfung für die Jahre 2005 bis 2007 reichte er am 25.09.2012 Steuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2010 ein. Für 2008 erklärte er Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 38.868 € und führte in einer Anlage aus, dass Umsätze aus der „Weideüberlassung“ nicht erfasst seien, da sie der Pauschalierung gemäß § 24 UStG unterfielen. Hingegen seien Umsätze und Vorsteuern „aus der kurzfristigen Unterbringung von Ponys“ als unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 1b UStG) erfasst (3.000 €). Er errechnete eine resultierende Umsatzsteuer in Höhe von ./. 1.854,21 €. In der Anlage 7 des Teils II des Fahndungsberichts vom 04.01.2010 wurden die Einnahmen aus „Pferdepension“ im Streitjahr mit 32.620 € brutto festgestellt. Die Steuerfahndung hatte alle bekannten Einsteller vernommen.

Mit Schreiben vom 17.10.2012 erklärte der Kläger die Einnahmen „aus Weideüberlassung“ seien gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG steuerfrei. Mit Schreiben vom 12.11.2012 teilte der Kläger mit, dass seine Einnahmen aus „Weideüberlassung“ für die Jahre 2008 bis 2010 insgesamt 63.800 € betragen hätten (bei 319 „Weidemonaten“ insgesamt); für das Streitjahr gab er 135,5 „Weidemonate“ an.

Das Finanzamt stimmte der Erklärung nicht zu und setzte mit Umsatzsteuerbescheid vom 05.12.2012 eine verbleibende Umsatzsteuer in Höhe von 1.541,28 €, bei zum Regelsteuersatz steuerpflichtigen Umsätzen in Höhe von 56.739 € fest (im Übrigen ohne Abweichung gegenüber der Erklärung).

Der fristgerechte Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 11.06.2015 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer auf 2.853,88 € herauf. Es ging dabei – anders als noch im Umsatzsteuerbescheid vom 05.12.2012 – von den von der Steuerfahndung ermittelten „Pensions“-Umsätzen (32.620 €) aus.

Mit seiner fristgerechten Klage beantragt der Kläger, den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 05.12.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.06.2015 auf eine festgesetzte Umsatzsteuer i.H.v. -1.854,21 € zu ändern.

Hilfsweise beantragt er, die Umsätze, die das Finanzamt für die Weideüberlassung angesetzt hat, aufzuteilen in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung (90%) und steuerpflichtige sonstige Leistungen i.H.v. 10%.

Hilfsweise beantragt er weiter, die Revision zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob im Fall einer reinen Weidehaltung eine steuerfreie Grundstücksvermietung anzunehmen ist.

Er begründet seine Klage (zuletzt) im Wesentlichen damit, dass er eine sogenannte „Robusthaltung“ anbiete und seine Leistung weit hinter dem Leistungsumfang einer herkömmlichen Pferdepension zurückbleibe. Seine Leistungen seien daher als reine Grundstücksüberlassung von der Umsatzsteuer befreit.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und begründet dies im Wesentlichen – unter Verweis auf seine Einspruchsentscheidung – damit, dass der Kläger über eine bloße Weideüberlassung hinaus ein „Gesamtkonzept“ zum Einstellen und Betreuen von Pferden anbiete, welches neben der Weideüberlassung auch die Reinigung und Instandhaltung der Weiden, das Bereitstellen von zusätzlichem Heu, Hafer und Trinkwasser sowie Unterständen für die Pferde und Bauwägen und eines Reitplatzes für die Reiter, die Entnahme von Kotproben und das Angebot von begleiteten Ausritten umfasse.

Der Kläger hat sich in der mündlichen Sitzung ausführlich zu den von ihm erbrachten Leistungen geäußert. Diese Angaben wurden vom Finanzamt nicht bestritten. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

Der Kläger hat außerdem in der mündlichen Sitzung einen Ordner mit einer „Fotodokumentation“ übergeben, in dem er Bilder „typischer Haltung“ und im Gegensatz dazu „eigener Haltung“ gesammelt hat. Zudem hat er eine tabellarische Gegenüberstellung von „typischer Pensionspferdehaltung“ und „Weideüberlassung zur ganzjährigen Freilandhaltung“ übergeben.

Gründe

Die Klage ist abzuweisen, da die in ihrer Höhe unstreitigen Umsätze aus dem Bereich Pferde dem Regelsteuersatz unterliegen.

1. Der Kläger hat die Umsatzermittlung des Finanzamts im Bericht der Steuerfahndung vom 04.01.2010 nicht mehr angegriffen und sogar bei der Antragstellung zugrunde gelegt (vgl. 1. Hilfsantrag). Zweifel an der Höhe der angesetzten Umsätze ergeben sich aus den Akten nicht.

2. Die streitigen Umsätze sind steuerbar gemäß § 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Sie sind auch in voller Höhe steuerpflichtig, da für sie keine Steuerbefreiung greift.

a. Leistungen im Zusammenhang mit der Haltung von Pferden ohne konkreten Bezug zur Landwirtschaft unterfallen weder § 24 UStG noch dem ermäßigten Steuersatz (vgl. BFH-Urteil vom 10.09.2014 XI R 33/13, BFHE 247, 360, BStBl II 2015); der Kläger hat den diesbezüglichen Vortrag auch ausdrücklich fallen gelassen.

b. Die Leistungen des Klägers sind auch nicht gemäß § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG von der Mehrwertsteuer befreit.

aa. Der Kläger vermietet keine Grundstücksfläche im Sinne von § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG an die Pferdehalter, da er den Mietern keine abgrenzbaren Flächen überlässt, die diese unter Ausschluss anderer nach ihrem Gutdünken nutzen könnten.

§ 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG setzt die gemäß Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vorgesehene Befreiung der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken um. Entsprechend der danach gebotenen richtlinienkonformen Auslegung gilt als wesentliches Merkmal des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs der „Vermietung“, dass dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, einen Gegenstand so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – EuGH – vom 12.06.2003 Rs. C-275/01, Sinclair Collis Ltd., Slg. 2003, I-5965, BFH/NV Beilage 2003, 216 Rz 22, 25; vom 03.03.2005 Rs. C-428/02, Fonden Marselisborg Lystbadehavn, Slg. 2005, I-1527, BFH/NV Beilage 2005, 175 Rz 27, 30; Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24.01.2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, Rn. 20).

Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dieser Definition entspricht, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen diese erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (EuGH-Urteile MacDonalds Ressort vom 16.12.2010 C-270/09, ECLI:EU:C:2010:780; Varenne, ECLI:EU:C:2015:29; BFH-Urteil vom 21.02.2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635). Entscheidend ist, ob eine Leistung vorliegt, bei der das Vermietungselement prägend ist (z.B. BFH-Urteil vom 13.02.2014 V R 5/13, BFHE 245, 92, BStBl II 2017, 846). Nicht als Vermietung angesehen werden kann eine Überlassung, bei der nicht räumlich abgrenzbare, individualisierte Parzellen zur Nutzung unter Ausschluss Dritter überlassen werden (BFH, Urteil vom 21.06.2017 V R 4/17, BFH/NV 2018, 156, Rn. 19).

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es bei der von ihm angebotenen „Robusthaltung“ gerade keine separaten Boxen oder Bereiche für einzelne Pferde gäbe. Vielmehr stelle er die Pferde zusammen mit anderen auf große, weitgehend naturbelassene Weiden, auf denen sich die Pferde selbst Schlaf Platz, Futter und Trinken suchten. Den Pferdehaltern gesteht er aber nicht das Recht zu, mit den „angemieteten“ Flächen wie ein Eigentümer zu verfahren; so dürften diese beispielsweise weder Bäume dort pflanzen, noch einen Kindergeburtstag auf (Teilen) der Weide feiern. Die grundstücksbezogene Leistung des Klägers entspricht damit eher einer Eintrittsberechtigung auf das Gelände des Klägers (vergleichbar: Abenteuerspiel Platz, Kletterpark, Freizeitpark), als einer Vermietung im Sinne des Mehrwertsteuerrechts.

bb. Die Leistung des Klägers beschränkt sich auch nicht auf das bloße Überlassen einer Grundstücksfläche, vielmehr geben die Pferdehalter beim Kläger Pferde in Obhut. Die korrelierenden Obhutspflichten bilden das prägende Element der einheitlichen Leistung (naturnahe Inobhutnahme von Pferden) durch den Kläger.

Die Leistungen des Klägers gehen eindeutig über das bloße Zurverfügungstellen eines Stücks Land hinaus, da er auch für die Weidehygiene, die Kontrolle des Weidezaunes und zumindest teilweise das Futter zuständig ist. Inwieweit er auch den Zustand der Pferde kontrolliert, blieb im Einzelnen unklar. Allerdings führte er aus, dass er bei sichtbaren Problemen die Halter informieren würde. In seiner in der mündlichen Verhandlung übergebenen Aufstellung führt er eine tägliche Inaugenscheinnahme im Rahmen der regelmäßigen Zaunkontrolle auf und betont, dass keine „Einzeltieruntersuchung“ stattfände. Das Angebot des Klägers kann damit als eine weitgehend naturnahe und in den Augen des Klägers besonders gesunde Unterbringung von Pferden beschrieben werden.

Hierzu gehört aber auch ein nicht unerheblicher Teil der Sorge. Dem durchschnittlichen Halter ist es nicht egal, ob Erkrankungsgefahren auf der Weide bestehen (Weidehygiene), ob sein Tier entlaufen könnte (Zaunkontrolle), oder es gar Hunger leiden könnte (Futtermittelzugabe im Winter).

Die Leistungen des Klägers unterscheiden sich hierin maßgeblich von denen eines Vermieters, der – über die Gewährung der Sicherheit des Gebäudes hinaus – keinerlei Obhutspflichten für seine Mieter übernimmt. Der Kläger hingegen kann aus Sicht eines Durchschnittskunden nur als für das Wohl der bei ihm eingestellten Tiere (mit-)verantwortlich gesehen werden. Auch wenn das Angebot des Klägers gegenüber einer „gewöhnlichen“ Pferdehaltung aufgrund der Größe der Weiden und des natürlichen Wasser- und teilweise auch Futterangebots einen deutlich reduzierten Arbeitsaufwand des Klägers bedeutet, folgt daraus nicht, dass die Obhut für ein eingestelltes Pferd bei Halter verbliebe. Beinahe alle von der Steuerfahndung Befragten haben das Angebot des Klägers als „Pferdepension“ beschrieben. Es ist aus Sicht des Senats auch durch die mündliche Verhandlung bestätigt worden, dass der Kläger die bei ihm eingestellten Tiere in Obhut nimmt. Auch wenn nach Meinung des Klägers Pferde am besten weitgehend auf sich selbst gestellt gehalten werden, so ist es doch gerade der Kläger der den Ort dafür nicht nur bereitstellt, sondern auch „artgerecht“ erhält durch seine täglichen Kontrollen hinsichtlich der Bereiche, in denen den eingestellten Tieren Gefahren drohen.

cc. Die Obhutspflichten des Klägers bilden auch keine unselbständige Nebenleistung gegenüber der „Weideüberlassung“ (eigentlich: Einstellberechtigung) dar.

Grundsätzlich ist jede Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten; eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile die Nebenleistung sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. EuGH-Urteil vom 17.01.2013, BGZ Leasing, C-224/11, MwStR 2013, 81; BFH-Urteil vom 31.05.2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658).

Die Obhutspflichten des Klägers stellen für die Pferdehalter nicht nur ein Mittel zur optimalen Nutzung der Einstellmöglichkeit dar, vielmehr stellen sie neben den örtlichen Gegebenheiten der Unterbringung den maßgeblichen Teil der vom Kläger angebotenen Leistung dar. Pferdehalter bezwecken mit der Unterbringung ihrer Pferde beim Kläger nicht, über ein Stück Weide ähnlich einem Eigentümer zu verfügen, sondern ihre Pferden in eine sichere und naturnahe Obhut zu geben.

dd. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch das Urteil des EuGH in der Rechtssache Stockholm Lindöpark AB (Urteil vom 18.01.2001 Rs. C-150/99, Slg. 2001, I-0493, UR 2001, 153), nach der sogar die Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Golfspielplatzes (Aufsicht, Verwaltung, ständige Unterhaltung) nicht als umsatzsteuerfreie Grundstücksvermietung angesehen werden können. Die von Senat vertretene Auffassung deckt sich auch mit der vom BFH im Urteil vom 08.10.1991 (V R 46/88, BStBl II 1992, 368, Rdnr. 20) vertretenen Ansicht zur sachgerechten Unterscheidung zwischen Miete und Verwahrung.

3. Aus den unter 2. b. cc. genannten Gründen scheidet die hilfsweise beantragte Aufteilung der Umsätze aus.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da sich die Frage, ob eine „reine Weideüberlassung“ eine steuerfreie Grundstücksüberlassung darstelle, im Verfahren angesichts der unstreitigen weiteren Leistungselemente nicht stellt. Die Besteuerung der klägerischen Umsätze wirft keine Rechtsfragen auf, die nicht bereits höchstrichterlich geklärt wären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3 Lieferung, sonstige Leistung


(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 24 Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe


(1) Hat der Gesamtumsatz des Unternehmers (§ 19 Absatz 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600 000 Euro betragen, wird die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze vorbehaltlich der Sä

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Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Land- und Forstwirt. Er versteuerte seine landwirtschaftlichen Umsätze bis zur Verpachtung des Betriebes ab

Referenzen

(1) Hat der Gesamtumsatz des Unternehmers (§ 19 Absatz 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600 000 Euro betragen, wird die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 wie folgt festgesetzt:

1.
für die Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, ausgenommen Sägewerkserzeugnisse, auf 5,5 Prozent,
2.
für die Lieferungen der in der Anlage 2 nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, ausgenommen die Lieferungen in das Ausland und die im Ausland bewirkten Umsätze, und für sonstige Leistungen, soweit in der Anlage 2 nicht aufgeführte Getränke abgegeben werden, auf 19 Prozent,
3.
für die übrigen Umsätze im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 auf 9,0 Prozent der Bemessungsgrundlage.
Die Befreiungen nach § 4 mit Ausnahme der Nummern 1 bis 7 bleiben unberührt; § 9 findet keine Anwendung. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den in Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Umsätzen zuzurechnen sind, auf 5,5 Prozent, in den übrigen Fällen des Satzes 1 auf 9,0 Prozent der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt. Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt. § 14 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der für den Umsatz maßgebliche Durchschnittssatz in der Rechnung zusätzlich anzugeben ist.

(2) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten

1.
die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
2.
Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.
Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.

(3) Führt der Unternehmer neben den in Absatz 1 bezeichneten Umsätzen auch andere Umsätze aus, so ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb zu behandeln.

(4) Der Unternehmer kann spätestens bis zum 10. Tag eines Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt erklären, dass seine Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahres an nicht nach den Absätzen 1 bis 3, sondern nach den allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzes besteuert werden sollen. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre; im Falle der Geschäftsveräußerung ist der Erwerber an diese Frist gebunden. Sie kann mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum 10. Tag nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären. Die Frist nach Satz 4 kann verlängert werden. Ist die Frist bereits abgelaufen, so kann sie rückwirkend verlängert werden, wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen überprüft jährlich die Höhe des Durchschnittssatzes im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 und berichtet dem Deutschen Bundestag über das Ergebnis der Überprüfung. Der Durchschnittssatz wird ermittelt aus dem Verhältnis der Summe der Vorsteuern zu der Summe der Umsätze aller Unternehmer, die ihre Umsätze nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 versteuern, in einem Zeitraum von drei Jahren. Der ermittelte Durchschnittssatz wird auf eine Nachkommastelle kaufmännisch gerundet. Soweit nach der Überprüfung eine Anpassung des Durchschnittssatzes in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 erforderlich ist, legt die Bundesregierung kurzfristig einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Hat der Gesamtumsatz des Unternehmers (§ 19 Absatz 3) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600 000 Euro betragen, wird die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 wie folgt festgesetzt:

1.
für die Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, ausgenommen Sägewerkserzeugnisse, auf 5,5 Prozent,
2.
für die Lieferungen der in der Anlage 2 nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, ausgenommen die Lieferungen in das Ausland und die im Ausland bewirkten Umsätze, und für sonstige Leistungen, soweit in der Anlage 2 nicht aufgeführte Getränke abgegeben werden, auf 19 Prozent,
3.
für die übrigen Umsätze im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 auf 9,0 Prozent der Bemessungsgrundlage.
Die Befreiungen nach § 4 mit Ausnahme der Nummern 1 bis 7 bleiben unberührt; § 9 findet keine Anwendung. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den in Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Umsätzen zuzurechnen sind, auf 5,5 Prozent, in den übrigen Fällen des Satzes 1 auf 9,0 Prozent der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt. Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt. § 14 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der für den Umsatz maßgebliche Durchschnittssatz in der Rechnung zusätzlich anzugeben ist.

(2) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten

1.
die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
2.
Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.
Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.

(3) Führt der Unternehmer neben den in Absatz 1 bezeichneten Umsätzen auch andere Umsätze aus, so ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb zu behandeln.

(4) Der Unternehmer kann spätestens bis zum 10. Tag eines Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt erklären, dass seine Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahres an nicht nach den Absätzen 1 bis 3, sondern nach den allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzes besteuert werden sollen. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre; im Falle der Geschäftsveräußerung ist der Erwerber an diese Frist gebunden. Sie kann mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum 10. Tag nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären. Die Frist nach Satz 4 kann verlängert werden. Ist die Frist bereits abgelaufen, so kann sie rückwirkend verlängert werden, wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen überprüft jährlich die Höhe des Durchschnittssatzes im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 und berichtet dem Deutschen Bundestag über das Ergebnis der Überprüfung. Der Durchschnittssatz wird ermittelt aus dem Verhältnis der Summe der Vorsteuern zu der Summe der Umsätze aller Unternehmer, die ihre Umsätze nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 versteuern, in einem Zeitraum von drei Jahren. Der ermittelte Durchschnittssatz wird auf eine Nachkommastelle kaufmännisch gerundet. Soweit nach der Überprüfung eine Anpassung des Durchschnittssatzes in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 erforderlich ist, legt die Bundesregierung kurzfristig einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Umsätze aus einer Pensionspferdehaltung der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder (zumindest) dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG unterliegen, wenn es sich bei den Pferden um ausschließlich zu privaten Zwecken gehaltene Tiere (überwiegend Fohlen) handelt.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen betrieb er in den Jahren 2005 bis 2008 (Streitjahre) auch eine Pensionspferdehaltung. Eingestellt waren vorwiegend Fohlen, aber auch einige ältere Pferde zur Rekonvaleszenz und "Gnadenbrotpferde". Die Pferde wurden in Gruppen getrennt nach Alter und Geschlecht gehalten. Für 100 € bzw. 120 € pro Monat und Pferd wurden als Leistungen "Offenstallhaltung, Weidegang, Futter und Entwurmung" geboten. Kosten für Tierarzt und Schmied wurden extra berechnet.

3

Der Kläger unterwarf sowohl die Umsätze aus der Landwirtschaft als auch diejenigen aus der Pensionspferdehaltung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen seien. Dementsprechend erließ das FA jeweils am 24. Februar 2011 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Die Einsprüche gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2011 als unbegründet zurück.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen eingelegte Klage ab. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 738 veröffentlicht.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er legt im Einzelnen dar, dass aus Rechtsgründen bzw. zumindest aus Billigkeitsgründen auf die streitbefangenen Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 Abs. 1 bis 3 UStG anzuwenden sei. Sofern die Umsätze der Regelbesteuerung unterlägen, seien sie (jedenfalls) dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG zu unterwerfen.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2011 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 vom 24. Februar 2011 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2005 um ... €, für 2006 um ... €, für 2007 um ... € und für 2008 um ... € herabgesetzt wird,
hilfsweise,
die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG auf die Umsätze der Pensionspferdehaltung herabzusetzen.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen; es hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die streitbefangenen Umsätze aus der Pensionspferdehaltung überwiegend von Fohlen --aber auch von Pferden in Rekonvaleszenz und sog. "Gnadenbrotpferden"-- nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen und insoweit auch nicht der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG gilt.

10

1. Das FG hat zunächst zutreffend angenommen, dass die Durchschnittssatzbesteuerung i.S. von § 24 UStG auf die vom Kläger erbrachten streitbefangenen Leistungen nicht anwendbar ist.

11

a) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der in den Streitjahren 2005 bis 2008 geltenden Fassungen wird für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten --hier einschlägigen-- "übrigen Umsätze" auf 9 % (Streitjahre 2005 und 2006) bzw. auf 10,7 % (Streitjahre 2007 und 2008) der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den "übrigen Umsätzen" zuzurechnen sind, auf 9 % (Streitjahre 2005 und 2006) bzw. auf 10,7 % (Streitjahre 2007 und 2008) der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.

12

aa) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG

13

"1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;

14

2. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören."

15

Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.

16

bb) § 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) richtlinienkonform entsprechend Art. 25 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --bzw. seit dem 1. Januar 2007 nach Art. 295 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. August 2008 XI R 8/08, BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216; vom 19. November 2009 V R 16/08, BFHE 227, 275, BStBl II 2010, 319; vom 13. Januar 2011 V R 65/09, BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; vom 13. November 2013 XI R 2/11, BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 21 bis 24, m.w.N.).

17

Nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der Richtlinie 77/388/EWG auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen bezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden.

18

Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B aufgeführten Leistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere nach dem vierten Gedankenstrich dieser Bestimmung "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh".

19

Dem entsprechen die seit dem 1. Januar 2007 geltenden unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 296 der MwStSystRL sowie in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL.

20

b) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) gilt Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL) nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) definiert sind; dagegen unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung (EuGH-Urteile vom 15. Juli 2004 C-321/02 --Harbs--, Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 31 und 36, sowie vom 26. Mai 2005 C-43/04 --Stadt Sundern--, Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 21).

21

Dabei ist die Sonderregelung nach Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 der MwStSystRL) eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist (EuGH-Urteile --Harbs-- in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 27, und --Stadt Sundern-- in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 24). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf von den Landwirten bezogene Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen (EuGH-Urteile --Harbs-- in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 29, und --Stadt Sundern-- in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 28).

22

Als "landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind daher nicht Leistungen anzusehen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen (EuGH-Urteile --Harbs-- in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 31, und --Stadt Sundern-- in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 29).

23

c) Dieser Auslegung folgt die Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile in BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216; in BFHE 227, 275, BStBl II 2010, 319; in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; in BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 24, m.w.N.). Danach unterliegen insbesondere die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von Reitpferden (sog. Pensionspferdehaltung) nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG (BFH-Urteile in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; vom 30. März 2011 XI R 9/10, BFH/NV 2011, 1405, und XI R 26/09, BFH/NV 2011, 1540).

24

d) Danach ist für die streitbefangenen Umsätze nicht die Durchschnittssatzbesteuerung i.S. von § 24 UStG anwendbar.

25

aa) Das FG hat zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Einheitlichkeit der vom Kläger bei der Pensionspferdehaltung erbrachten Leistung bejaht und diese zutreffend als sonstige Leistung angesehen; dies wird mit der Revision auch nicht beanstandet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der insoweit geltenden Rechtsgrundsätze auf das BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 V R 25/07 (BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239) Bezug genommen.

26

bb) Ausgehend von seinen tatsächlichen Feststellungen, an die der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat das FG zu Recht erkannt, dass die einheitliche sonstige Leistung des Klägers nicht in den Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung fällt.

27

(1) Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass der Streitfall sich zwar von den bisher vom BFH entschiedenen Sachverhalten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; in BFH/NV 2011, 1405, und in BFH/NV 2011, 1540) dadurch unterscheidet, dass die hier eingestellten Pferde als Fohlen noch nicht oder als rekonvaleszente Pferde im streitbefangenen Zeitraum nicht bzw. als "Gnadenbrotpferde" nicht mehr zur Ausübung des Reitsports geeignet sind und der Kläger auf seinem Hof auch keine Reithalle oder Reitbahn zur Ausübung des Reitsports anbietet.

28

(2) Zu Recht hat das FG in der Folge aber dargelegt, dass diese Abweichung im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist. Denn ausgehend von den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen der Rechtsprechung ist maßgeblich, ob es sich bei den erbrachten Dienstleistungen um solche handelt, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen (EuGH-Urteile --Harbs-- in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 31, und --Stadt Sundern-- in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 29).

29

Dies ist bei den Pensionsdienstleistungen, die der Kläger gegenüber den Einstellern von Fohlen, rekonvaleszenten Pferden und sog. "Gnadenbrotpferden" erbracht hat, nicht der Fall. Insoweit handelte es sich nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, mangels anderer Nachweise des Klägers durchgängig um Tiere, die nicht zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wurden oder werden sollten, sondern um "Freizeitpferde" (vgl. FG-Urteil, Rz 28, 29). Daher kommt die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auch nicht unter dem von dem Kläger behaupteten Gesichtspunkt des Hütens, der Zucht und des Mästens von Vieh i.S. von Art. 25 i.V.m. Anhang A II.1. bzw. Anhang B vierter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 2 i.V.m. Anhang VII Nr. 2 Buchst. a bzw. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL) in Betracht (Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 UStG Rz 86; im Ergebnis ebenso Bunjes/Leonard, UStG, 13. Aufl., § 24 Rz 46; Schuhmann in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 24 Rz 120).

30

cc) Das Vorbringen des Klägers, es sei unionsrechtlich unzulässig, die streitigen Umsätze nur dann landwirtschaftlichen Zwecken zuzuordnen, wenn der Leistungsempfänger ein Land– oder Forstwirt sei, rechtfertigt im Streitfall auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen keine andere Beurteilung.

31

(1) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, unionsrechtlich werde unterschieden zwischen Viehzucht und Tierhaltung, die in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung gestatte (Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Anhang A II.1. der Richtlinie 77/388/EWG; seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Anhang VII Nr. 2 der MwStSystRL) und anderen Dienstleistungen, wie das Hüten, die Zucht und das Mästen von Vieh (Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Anhang B vierter Gedankenstrich; seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL), bei denen im Gegensatz zur nachfolgenden Ziffer 5 kein Hinweis auf landwirtschaftliche Zwecke vorgesehen sei. Wollte man die Anwendung des Anhangs B vierter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des Anhangs VIII Nr. 4 der MwStSystRL auf Lohntierhaltung für fremde Landwirte begrenzen, würde die Steuervergünstigung leerlaufen, was unionsrechtlich unzulässig sei.

32

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die von ihm beschriebene Differenzierung bei der Pensionspferdehaltung zwischen Einstellern, die Landwirte sind, und anderen Unternehmern bzw. Privatpersonen im Streitfall jedoch nicht entscheidungserheblich, so dass auch nicht von einem "Leerlaufen" der Begünstigung für das "Hüten, Züchten und Mästen von Vieh" i.S. von Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Anhang B vierter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG --seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL-- die Rede sein kann.

33

Denn schon unabhängig von der Unterscheidung zwischen privaten Haltern und Landwirten als Halter der streitbefangenen Tiere fehlt es bei der Pensionspferdehaltung nach den tatsächlichen Feststellungen des FG bereits dem Grunde nach an der gebotenen Nutzung der Tiere zu landwirtschaftlichen Zwecken, weil die Tiere --wie bereits ausgeführt-- ausschließlich aus privaten Gründen gehalten wurden.

34

dd) Soweit der Kläger ferner vorbringt, dass für die Frage der Zurechnung einer Tierzucht oder Tierhaltung zur Landwirtschaft nach nationalem Recht einheitliche Rechtsgrundsätze des Bewertungsrechts, des Ertragsteuerrechts und des Umsatzsteuerrechts anwendbar seien, hat die Vorinstanz bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die maßgeblichen nationalen Bestimmungen des Umsatzsteuerrechts unionsrechtskonform auszulegen sind und dementsprechend die ertragsteuerrechtliche Behandlung nicht maßgeblich ist (vgl. Rz 24 des FG-Urteils; BFH-Urteile in BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216, unter II.3., und in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465, Rz 19). Die vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierte frühere Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 29. März 1990 V R 34/89, BFH/NV 1992, 845; BFH-Beschluss vom 15. Oktober 1993 V B 72/93, BFH/NV 1994, 666) ist insoweit überholt.

35

Vor diesem Hintergrund sind auch die vom Kläger im Einzelnen angeführten Bestimmungen der §§ 51, 51a des Bewertungsgesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung im Zusammenhang mit § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG nur anwendbar, soweit es sich um Tierzucht und Tierhaltung handelt, die landwirtschaftlichen Zwecken dient, was bei den vom Kläger erbrachten Pensionsdienstleistungen von vornherein nicht gegeben ist.

36

ee) Der Kläger führt auch ohne Erfolg an, die Unterscheidung zwischen eigenen Zuchttieren des Landwirts und fremden Zuchttieren hätte erhebliche Komplikationen bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs --etwa beim gemeinschaftlichen Bezug von Futtermitteln etc.-- zur Folge, da ein Vorsteuerabzug bei der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf die dem Landwirt gehörenden Zuchttiere ausgeschlossen sei.

37

Denn hierbei handelt es sich um ein gängiges Aufteilungsproblem (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543), das sich im Übrigen auch bei der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG im Rahmen der Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG stellt.

38

2. Auch die vom Kläger hilfsweise begehrte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihm erbrachten Leistungen der Pensionspferdehaltung kommt nicht in Betracht.

39

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG unterliegt "die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere" dem ermäßigten Steuersatz.

40

b) Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, bei richtlinienkonformer Auslegung nicht unter den Begriff "Halten von Vieh" fällt und daher nicht entsprechend begünstigt ist (BFH-Urteile vom 19. Februar 2004 V R 39/02, BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672; V R 38/02, BFH/NV 2004, 1298; vom 22. Januar 2004 V R 41/02, BFHE 204, 371, BStBl II 2004, 757; BFH-Beschluss vom 23. Februar 2010 V B 93/09, BFH/NV 2010, 963, Rz 5; BFH-Urteile in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465, und in BFH/NV 2011, 1540).

41

Denn nach den entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Anhang H Kategorie 10 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 11 der MwStSystRL) ist der ermäßigte Steuersatz nur vorgesehen für "Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind". Der BFH hat auch erkannt, dass die Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG in Betracht kommen könnte, falls es um Dienstleistungen bei der Unterstellung von Zuchtpferden eines Gestüts oder von land- oder forstwirtschaftlichen Nutzpferden gehe (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 963, Rz 5). Beide Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

42

3. Das FG hat auch zutreffend entschieden, dass das FA nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes am Erlass der streitbefangenen Umsatzsteuerjahresbescheide vom 24. Februar 2011 gehindert war.

43

a) Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Ist die bisherige Rechtsprechung in einer Steuererklärung oder Steueranmeldung berücksichtigt worden, ohne dass das für die Finanzbehörde erkennbar war, so gilt § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nur, wenn anzunehmen ist, dass die Finanzbehörde bei Kenntnis der Umstände die bisherige Rechtsprechung angewandt hätte (§ 176 Abs. 1 Satz 2 AO).

44

Nach § 176 Abs. 2 AO darf ferner bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.

45

b) Soweit der Kläger vorträgt, er habe auf die Anwendung der von ihm erklärten Durchschnittssatzbesteuerung auf die streitbefangenen Umsätze in den Streitjahren vertrauen können, trifft dies nicht zu.

46

Das FG hat zu Recht ausgeführt, dass es schon zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2008 (am 18. Dezember 2006, am 27. Dezember 2007, am 16. Dezember 2008 und am 28. Juni 2010) keine Rechtsprechung gab, auf die sich der Kläger zu seinen Gunsten hätte berufen können.

47

Denn entgegen seinem Vorbringen gab es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen keine höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend, dass auf die streitbefangenen Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung hätte angewandt werden dürfen. Soweit sich der Kläger auf die allgemeine Rechtsprechung des BFH in BFH/NV 1992, 845 und in BFH/NV 1994, 666 zur Lohntierhaltung beruft, konnte er darauf insoweit nicht mehr vertrauen, als die Finanzverwaltung bereits mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 9. August 2004 IV B 7-S 7233-29/04 (BStBl I 2004, 851) klargestellt hatte, dass Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz unterliegen und diesbezüglich auch die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG nicht in Anspruch genommen werden durfte. Zwar handelt es sich bei den streitbefangenen Tieren im Unterschied zu den im BMF-Schreiben genannten Pferden nicht um Reitpferde, sondern um Fohlen, rekonvaleszente Pferde und "Gnadenbrotpferde". Gleichwohl hätte der Kläger aus dem genannten BMF-Schreiben erkennen müssen, dass die von ihm erbrachten Dienstleistungen auch die Pensionspferdehaltung betrafen. Die von ihm beschriebene Erlasslage konnte daher keinen Vertrauensschutz zugunsten des Klägers vermitteln.

48

c) Auch hinsichtlich der hilfsweise begehrten Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt kein Vertrauensschutz in Betracht.

49

Zum einen hat der Kläger in seinen Steuererklärungen hinsichtlich der streitbefangenen Umsätze nicht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes begehrt, und schon kein entsprechendes Vertrauen ausgeübt. Zum anderen hatte der BFH bereits mit Urteil vom 22. Januar 2004 in BFHE 204, 371, BStBl II 2004, 757 entschieden, dass Umsätze betreffend die Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz unterliegen. Diese Entscheidung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen bereits bekannt, so dass auch insoweit kein Vertrauensschutz in Betracht kommt.

50

Das Vorbringen des Klägers dahingehend, er habe insoweit auf den Fortbestand der Verwaltungsanweisung in dem seinerzeit geltenden Abschn. 264 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien vertraut, erfüllt nicht die Voraussetzungen von § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, zumal die Finanzverwaltung bereits mit BMF-Schreiben vom 9. August 2004 (BStBl I 2004, 851) klargestellt hatte, dass Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz unterliegen.

51

Angesichts dieser auch aus Sicht des Klägers erkennbaren allgemeinen Verwaltungsanweisung zur Pensionspferdehaltung kann auch die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 2 AO nicht greifen.

52

4. Die vom Kläger höchst hilfsweise begehrte abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO kommt vorliegend nicht in Betracht.

53

Zwar kann nach § 163 Satz 3 AO die Entscheidung über die Festsetzung mit einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen verbunden werden. Im Streitfall ist aber weder festgestellt noch ersichtlich, dass entsprechende Anträge gestellt worden wären, über die das FA bereits befunden hätte. Insbesondere enthält auch die Einspruchsentscheidung des FA keine entsprechenden Hinweise, so dass es schon an einem entsprechenden Vorverfahren nach § 44 FGO fehlt. Daher kann --ebenso wie im erstinstanzlichen finanzgerichtlichen Verfahren-- auch im Revisionsverfahren insoweit keine Entscheidung getroffen werden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Land- und Forstwirt. Er versteuerte seine landwirtschaftlichen Umsätze bis zur Verpachtung des Betriebes ab 1. Juli 2003 pauschal gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG). Mit Vertrag vom 24. Oktober 2002 verkaufte er an die Gesellschaft X (X) zwei Teilflächen des Grundstücks Flurstück 13/5 mit ca. 104 202 qm für 1.865.215,80 €. Zugleich enthielt der Vertrag unter Punkt II. "Grünausgleichsflächen" folgende Regelungen:

2

"1. Der Eigentümer räumt hiermit der Gemeinde A. das Recht ein, die ... Teile des Flurstücks 13/5 zur Größe von 29.012 qm auf Dauer nach Maßgabe der Festlegungen des Umweltberichtes der Planungsgruppe Landwirtschaft vom September 2002 zu nutzen. ...

3

2. Zur dinglichen Absicherung dieses Rechts bestellt der Eigentümer für die Gemeinde A. eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit des Inhalts, dass der mit dem Recht belastete Teil des Flurstücks 13/4 [gemeint ist offensichtlich 13/5] auf Dauer nur für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege bzw. der Forstwirtschaft genutzt werden darf. ...

4

3. Als Gegenleistung für die Einräumung des Rechtes zahlt die X an den Eigentümer einen Betrag von 2,56 €/qm, mithin voraussichtlich 74.270,72 €, wobei sich der endgültige Betrag nach Vorliegen des Vermessungsergebnisses bestimmt.

5

4. Die Er- und Unterhaltung der Grünausgleichsflächen, deren erstmalige Herstellung durch die X erfolgt, ist Sache des jeweiligen Eigentümers der Flächen. ..."

6

Im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Bruttobetrag in Höhe von 74.393,76 € der Regelbesteuerung und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 mit Bescheid vom 23. September 2009 entsprechend. Dabei ging das FA davon aus, dass es sich hierbei um ein steuerpflichtiges Entgelt gehandelt habe, das die X an den Kläger dafür gezahlt habe, dass dieser der Gemeinde A. das Recht einräumte, Flächen als Grünausgleichsflächen nach Maßgabe des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NdsNSchG) nutzen zu dürfen.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) legte der Kläger einen "Städtebaulichen Vertrag" vom 26. Februar 2001 zwischen der X und der Gemeinde A. vor, in dem u.a. die Flächen des Klägers benannt sind, die einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden sollten. Die Vorbereitung und Durchführung der hierzu erforderlichen städtebaulichen Maßnahmen i.S. der §§ 11 und 124 des Baugesetzbuches war der X von der Gemeinde übertragen worden. Hierzu gehörte ausweislich der Präambel auch die Planung und Durchführung der ökologischen Ausgleichsmaßnahmen nach dem Naturschutzrecht.

8

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

9

Das FG begründete sein in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 1100 veröffentlichtes Urteil im Wesentlichen wie folgt:

10

Hauptleistung des Klägers aus dem notariellen Vertrag vom 24. Oktober 2002 sei die Verpflichtung zur Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde des Inhalts, dass ein bestimmter Teil des Flurstücks 13/5 zur Größe von ca. 29 012 qm auf Dauer nur für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege bzw. der Forstwirtschaft (Grünausgleichsflächen) genutzt werden dürfe. Die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an dem Flurstück 13/5 zugunsten der Gemeinde für Zwecke des Naturschutzes (Grünausgleichsflächen) sei eine steuerfreie Leistung i.S. des § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG.

11

Das der Gemeinde eingeräumte Recht, einen bestimmten Teil des Flurstücks 13/5 auf Dauer nur nach Maßgabe der Festlegungen des Umweltberichts der Planungsgruppe Landschaft vom September 2002 zu nutzen, sei ebenso wie die Verpflichtung des Klägers zu Er- und Unterhaltung der Grünausgleichsflächen nur Nebenleistung zur Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit.

12

Dem der Gemeinde vom Kläger eingeräumten Nutzungsrecht komme kein eigener Zweck zu. Vielmehr werde die schuldrechtliche Verpflichtung des Klägers, die Nutzung seiner Flächen als Ausgleichsflächen hinzunehmen (Duldung der Nutzungsbeschränkung), umfasst von der von ihm als Eigentümer abgegebenen Verpflichtung zur Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit gleichen Inhalts. Der Gemeinde sei es darauf angekommen, die Flächen des Klägers dauerhaft als Grünflächen nutzen zu können, um so den raumordnungsrechtlichen Auflagen und Vorgaben des NdsNSchG nachkommen zu können. Zu diesem Zweck sei es erforderlich gewesen, dass der Kläger sein Grundstück mit einer entsprechenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belaste. Nur so sei sichergestellt gewesen, dass die Nutzungsbeschränkung tatsächlich und rechtlich dauerhaft gegenüber dem Kläger und nachfolgenden Eigentümer wirke.

13

Die vom Kläger eingegangene Verpflichtung zur Er- und Unterhaltung der Grünausgleichsflächen sei gegenüber der Verpflichtung zur Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit ebenfalls derart nebensächlich, dass ein Durchschnittsverbraucher sie lediglich als Abrundung der Hauptleistung ansehen würde.

14

Aus dem "Städtebaulichen Vertrag" vom 26. Februar 2002 ergebe sich, dass die X berechtigt sei, die Gemeinde bei der Durchführung städtebaulicher Maßnahmen, insbesondere bei der "Planung und Durchführung der ökologischen Ausgleichsmaßnahmen nach dem Naturschutzrecht", zu vertreten.

15

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung materiellen Rechts sowie auf Verfahrensfehler stützt. Schon aus Wortlaut und Aufbau des Vertrages zwischen dem Kläger und der X vom 24. Oktober 2002 ergebe sich, dass das Nutzungsrecht im Vordergrund gestanden habe. Da die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit lediglich der rechtlichen und tatsächlichen Sicherung der Duldungsleistung gedient und der Kläger dafür keine Gegenleistung erhalten habe, komme ihr keine eigene umsatzsteuerliche Bedeutung zu. Die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit habe keinen eigenen Zweck, sondern stelle nur das Mittel dar, die Duldungsleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Sie sei daher Nebenleistung.

16

Die Duldungsleistung (Hauptleistung) sei steuerpflichtig; sie werde nicht von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umfasst, weil der Kläger durch die Nutzungsbeschränkung dauerhaft das Recht verliere, das Grundstück wie ein Eigentümer zu nutzen bzw. Dritten eine solche Nutzungsmöglichkeit einräumen zu können. Der Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht über das Grundstück aber sei mit dem Wesen der Vermietung und Verpachtung als zeitlich beschränkter Gebrauchsüberlassung nicht vereinbar. Die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit teile als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung und sei folglich steuerpflichtig.

17

Außerdem leide das Urteil des FG unter einem Verfahrensmangel, weil das FG aus dem in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vorgelegten unvollständigen Anlagenkonvolut keine Schlüsse habe ziehen dürfen; insbesondere habe es nicht folgern dürfen, dass die X berechtigt gewesen sei, die Gemeinde A. zu vertreten.

18

Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG vom 26. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Zur Begründung seines Antrags trägt er im Wesentlichen vor, die hier streitige grundstücksbezogene naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme sei in einem Grundstückskaufvertrag vereinbart worden, d.h. Teil dieses Vertrages. Er, der Kläger, habe landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, die bis dahin auch im Flächennutzungsplan für diese Nutzung vorgesehen gewesen seien, zu einem Kaufpreis von ca. 1.865.000 € an einen Erwerber veräußert, der die Grundstücke im Auftrage der für die Bauleitplanung zuständigen Kommune einer gewerblichen Nutzung habe zuführen sollen. Auch der Kaufpreis sei nur vor dem Hintergrund der geplanten gewerblichen Nutzung verständlich. Die Überlassung der Grünausgleichsfläche, die Voraussetzung für die gewerbliche Nutzung gewesen sei, stelle sich deshalb als Nebenleistung zur Grundstückslieferung dar. Das folge schon aus dem Verhältnis des Kaufpreises von ca. 1.865.000 € zur Entschädigung für die Ausgleichsmaßnahme von ca. 74.000 €. Die Überlassung der Grünausgleichsfläche werde deshalb von der Steuerbefreiung der Grundstücksveräußerung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umfasst.

21

Selbst wenn die Ausgleichsmaßnahme umsatzsteuerrechtlich als eigenständige Leistung zu beurteilen sei, stelle sie sich aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht als Übergang der Verwertungsbefugnis gemäß § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) dar, weil im Ergebnis auch der Substanzwert des Grundstücks auf die nutzungsberechtigte Gemeinde A. übergegangen sei. Deshalb sei der Vorgang auch unter diesem Gesichtspunkt gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

23

Entgegen der Auffassung des FG wird die Grundstücksüberlassung an die Gemeinde A. nicht von der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG umfasst.

24

1. Gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG ist u.a. die Bestellung von dinglichen Nutzungsrechten, zu denen auch die entgeltliche Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gehört, steuerfrei. Aus der Entstehungsgeschichte des durch Art. 17 Nr. 3 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 (BGBl I 1984, 1493, BStBl I 1984, 659) in das Gesetz aufgenommenen § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG ergibt sich, dass hierdurch "eine gleiche Behandlung aller Grundstücksüberlassungen zur Nutzung erreicht" werden sollte (so die Gesetzesbegründung in BRDrucks 140/84 zu Art. 19 Nr. 2 des Gesetzentwurfs); die Befreiung sonstiger bislang steuerpflichtiger Umsätze war nicht beabsichtigt.

25

Die Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), nach der die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei ist. Aus der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung folgt, dass nur die Bestellung solcher dinglicher Nutzungsrechte unter § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG fällt, die auch von dem Begriff "Vermietung und Verpachtung" in Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG umfasst werden. Mit der Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sollte aber vorliegend das Recht zur Durchführung einer Ausgleichsmaßnahme gesichert werden, das nicht das Merkmal "Vermietung und Verpachtung" erfüllt.

26

2. Ob eine Vermietung oder Verpachtung vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BFHE 234, 513, Rdnr. 19). Das grundlegende Merkmal des Begriffs der "Vermietung von Grundstücken" i.S. von Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG (seit 1. Januar 2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG) besteht darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. in diesem Sinne u.a. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 16. Dezember 2010 C-270/09, MacDonald Resorts Ltd., Slg. 2010, I-13179 Rdnr. 46; vom 6. Dezember 2007 C-451/06, Walderdorff, Slg. 2007, I-10637 Rdnr. 17; vom 12. Juni 2003 C-275/01, Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965 Rdnr. 25; vom 4. Oktober 2001 C-326/99, Goed Wonen, Slg. 2001, I-6831 Rdnr. 55; vom 9. Oktober 2001 C-108/99, Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001, I-7257 Rdnr. 21; vom 9. Oktober 2001 C-409/98, Mirror Group, Slg. 2001, I-7175 Rdnr. 31; Senatsurteile vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.1.; vom 12. Mai 2011 V R 50/10, BFH/NV 2011, 1407). Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dieser Definition entspricht, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen er erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (EuGH-Urteil MacDonalds Ressort Ltd. in Slg. 2010, I-13179 Rdnr. 46).

27

a) Danach liegt keine Vermietung vor. Zwar hat der Kläger der Gemeinde das Recht zur Inbesitznahme eingeräumt, um die Ausgleichsmaßnahme auf dem Grundstück vornehmen zu können. Dabei ist es den Vertragsparteien aber nicht um eine Inbesitznahme der Grundstücke durch die Gemeinde gegangen, um ihr die Möglichkeit zu verschaffen, Dritte wie ein Eigentümer von der Nutzung ausschließen zu können. Entscheidend war für die Gemeinde, die Grundstücke durch Umgestaltung in einen bestimmten Zustand zu versetzen, um damit ihren naturschutzrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.

28

b) Eine Vermietung scheidet darüber hinaus auch deshalb aus, weil der Kläger der Gemeinde das Nutzungsrecht nicht für eine bestimmte Zeit überlassen hat. Das würde einen in irgendeiner Form, entweder durch konkrete Bezeichnung oder durch ein Kündigungsrecht, begrenzten Zeitraum voraussetzen. Der Kläger hat der Gemeinde das Nutzungsrecht aber "auf Dauer" eingeräumt und sich damit einverstanden erklärt, dass das Grundstück "auf Dauer nur für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege bzw. der Forstwirtschaft genutzt werden darf".

29

Das Urteil des Senats vom 11. November 2004 V R 30/04 (BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802) steht dem nicht entgegen. Der Senat hat darin entschieden, dass die Einräumung der Berechtigung zur Überspannung eines Grundstücks jedenfalls dann eine als Vermietung und Verpachtung zu beurteilende Nutzungsüberlassung auf Zeit ist, wenn damit nicht der endgültige und vollständige Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht verbunden ist. Bei Grundstücken führe weder die Überlassung einer verhältnismäßig geringfügigen Grundfläche für die Aufstellung von Strommasten noch die Überspannung zu einem endgültigen und vollständigen Verlust der Herrschaftsmacht. Im vorliegenden Fall kommt es aber durch die unwiderrufliche und dauerhafte Überlassung des Nutzungsrechts, die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen und den umfassenden Entzug der Nutzung als Ackerland zu einem endgültigen und dauerhaften Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht des Klägers über das Grundstück.

30

3. Da die Grundstücksüberlassung keine Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist, kommt auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG nicht in Betracht.

31

4. Die Grundstücksüberlassung ist auch nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Danach sind die Umsätze, die unter das GrEStG fallen, steuerfrei.

32

a) Das sind gemäß § 1 Abs. 1 des GrEStG u.a. "die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

33

1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
2. die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
3. der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. ..."

34

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Merkmale des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 GrEStG liegen nicht vor, weil weder ein den Anspruch der Gemeinde auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft noch eine Auflassung oder der Übergang des Eigentums an die Gemeinde vorliegen.

35

b) Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen darüber hinaus der Grunderwerbsteuer "auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten".

36

Die Verwertungsbefugnis kann sich dabei --ebenso wie beim Eigentümer-- aus zwei Möglichkeiten der Verwertung ergeben, nämlich aus dem Recht zur Nutzung und aus dem Recht, das Grundstück wie ein Zwischenerwerber auf eigene Rechnung zu veräußern (BFH-Urteile vom 29. Juli 2009 II R 2/08, BFH/NV 2009, 1833; vom 17. Oktober 1990 II R 55/88, BFH/NV 1991, 556, 557, sowie vom 10. März 1999 II R 35/97, BFHE 188, 444, BStBl II 1999, 491). Da die Verwertung auf eigene Rechnung zu erfolgen hat, verlangen beide Möglichkeiten der Verwertung eine Beteiligung an der Substanz des Grundstücks. Bei der vorwiegend rechtlichen Verwertungsmöglichkeit durch Veräußerung erfolgt die Beteiligung an der Substanz des Grundstücks durch Teilhabe am Erlös (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 1975 II R 86/67, BFHE 117, 89, BStBl II 1976, 27), bei wirtschaftlicher Verwertungsbefugnis durch Nutzung --wie im Streitfall-- muss die Substanzbeteiligung durch Wertbeteiligung in anderer Weise erfolgen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2009, 1833; vom 27. August 1975 II R 52/70, BFHE 117, 96, BStBl II 1976, 30). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht schon deshalb erfüllt, weil eine anderweitige als die vereinbarte Nutzung "für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege bzw. der Forstwirtschaft" durch den Kläger nicht mehr möglich ist.

37

5. Die Einräumung des Nutzungsrechts für die Gemeinde A. und die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die Gemeinde ist auch keine Nebenleistung zu dem gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Verkauf der Grundstücke an die X und werden von der Steuerbefreiung dieses Grundstücksumsatzes daher nicht umfasst.

38

a) Bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt, ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, in der Regel davon auszugehen, dass jede Leistung als eine selbständige Leistung anzusehen ist. Eine einheitliche Leistung liegt dagegen vor, wenn zwei oder mehr Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, sowie wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung bilden, andere Teile dagegen als eine oder mehrere Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Dabei ist der dominierende Bestandteil auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen (zuletzt EuGH-Urteil vom 21. Februar 2013 C-18/12, Stadt Zamberk/Senftenberg, Deutsches Steuerrecht 2013, 407). Diese Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461, m.w.N.). Das FG hat vorliegend aber --nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig-- den Sachverhalt nicht im Hinblick auf die Frage gewürdigt, ob die Einräumung eines Nutzungsrechts und die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit für die Gemeinde A. nur Nebenleistungen zu der Grundstückslieferung an die X waren. Da das FG aber die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen hat, kann der Senat diese Würdigung selbst vornehmen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351).

39

b) Dies führt im Streitfall zur Annahme selbständiger Leistungen. Die Nutzungsüberlassung und die Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit verfolgten einen gegenüber der Grundstückslieferung eigenständigen Zweck. Während der Grundstückserwerb durch die X der Errichtung eines Gewerbegebietes diente, wollte die Gemeinde A. durch den Bezug des Nutzungsrechts und den Erwerb der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit die ihr nach dem NdsNSchG obliegenden raumordnungsrechtlichen Auflagen und Vorgaben erfüllen. Die einzige Verknüpfung zwischen dem Grundstückserwerb durch die X und der Nutzungsüberlassung und Einräumung einer Dienstbarkeit an bzw. für die Gemeinde besteht in einer übergeordneten wirtschaftlichen Gesamtzielsetzung mit dem Inhalt, Grundstücke zur Errichtung eines Gewerbeparks zu erwerben bzw. erwerben zu lassen und die damit erforderlich werdenden naturschutzrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Das reicht für die Annahme einer einheitlichen Leistung nicht aus.

40

6. Da die Revision aus den zu II.1. bis 4. genannten Gründen Erfolg hat, kommt es auf das Vorliegen des vom FA ebenfalls gerügten Verfahrensverstoßes nicht an.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Stadt, erbrachte in den Streitjahren 2003 und 2004 sowie 2006 bis 2008 Leistungen an andere Unternehmer durch die Überlassung von Standflächen bei Wochenmärkten und Kirmessen. Die Nutzungsüberlassung erfolgte durch einen Mustervertrag ("Vertrag über die Zusage eines Standplatzes für die ... Kirmessen").

2

In der nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2003 vom 10. März 2004 sowie der Umsatzsteuerjahreserklärung 2004 vom 18. April 2005, der der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) am 3. Mai 2005 zustimmte, erfasste die Klägerin keine Umsätze im Zusammenhang mit der Überlassung von Standflächen bei Wochenmärkten und Kirmesveranstaltungen. Am 12. April 2007 erließ das FA für beide Jahre nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen es die steuerpflichtigen Leistungen um Umsätze aus der Standflächenüberlassung bei Wochenmärkten und Kirmesveranstaltungen um 14.926 € (2003) und um 21.841 € (2004) erhöhte sowie zusätzliche Vorsteuerbeträge von 1.950 € (2003) und von 1.419,60 € (2004) berücksichtigte. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

In der nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2006 vom 24. Mai 2007 erklärte die Klägerin nach § 4 Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Umsätze in Höhe von 41.322 € (26.477 € aus Markt- und 14.845 € aus Kirmesveranstaltungen). Das FA sah die Umsätze aus den Standgeldern bei Kirmesveranstaltungen in voller Höhe als umsatzsteuerpflichtig sowie die Umsätze aus den Standgeldern bei Märkten zu 25 % als umsatzsteuerpflichtig an und erließ am 14. Februar 2008 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2006, gegen den die Klägerin gleichfalls erfolglos Einspruch einlegte.

4

In der nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 vom 14. April 2008 erklärte die Klägerin nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von 40.304 € (30.332 € aus Markt- und 9.972 € aus Kirmesveranstaltungen). Das FA behandelte auch die Umsätze aus der Standplatzüberlassung auf Kirmesveranstaltungen in voller Höhe sowie die Umsätze aus der Standplatzüberlassung bei Marktveranstaltungen in Höhe von 25 % als umsatzsteuerpflichtig und erließ am 21. Mai 2008 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, gegen den die Klägerin ohne Erfolg Einspruch einlegte.

5

In der ebenfalls nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2008 erfasste die Klägerin nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von 39.748 € (26.904 € aus Markt- und 12.844 € aus Kirmesveranstaltungen). Das FA sah für dieses Jahr lediglich die Umsätze aus der Standplatzüberlassung auf Kirmesveranstaltungen in voller Höhe als umsatzsteuerpflichtig an und erließ am 10. Juli 2009 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2008. Auch insoweit legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

6

In ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen machte die Klägerin keine Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen aus Marktveranstaltungen und Kirmessen geltend.

7

Am 3. September 2009 erließ das FA für die Streitjahre 2003, 2004, 2006 und 2007 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide, in denen es die Umsätze aus den Wochenmärkten nunmehr als steuerfreie Umsätze erfasste. Für die Jahre 2003 und 2004 kürzte das FA entsprechend die abziehbaren Vorsteuerbeträge.

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 729 veröffentlichten Urteil statt. Danach seien die Leistungen der Klägerin bei der Standplatzüberlassung auf Kirmessen nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei, wie sich aus einer unionsrechtlichen Auslegung unter Berücksichtigung der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) sowie der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe. Wesentliches Merkmal der Grundstücksvermietung wie auch der Grundstücksverpachtung sei es, dass dem Mieter (Pächter) vom Vermieter (Verpächter) eines Grundstücks auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt werde, dieses Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Die Überlassung der Standplätze durch die Klägerin an die sog. Beschicker der jeweiligen Kirmes entspreche dem. Es handele sich insoweit um eine gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung, die nicht in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Leistungsteil aufzuteilen sei. Die Überlassung der Standplätze sei das wesentliche Element der Leistung an die sog. Platzbewerber gewesen. Die Standgelder seien nach § 1 und § 3 des Mustervertrages nach der jeweils in Anspruch genommenen Platzgröße (2 €/qm bzw. 1,50 €/qm) berechnet worden. Die darüber hinaus erbrachten Leistungen wie die Festsetzung des Termins und die Organisation der jeweiligen Kirmes, ggf. Werbung, sowie die Be- und Entwässerung stellten nur Nebenleistungen zur Vermietung dar. Nach der maßgeblichen Perspektive der Platzbewerber als Durchschnittsverbraucher hätten die Organisationsleistungen sowie die Zurverfügungstellung von Be- und Entwässerung keinen eigenen Zweck, sondern stellen lediglich das Mittel dar, um die Überlassung der Standplätze als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen nutzen zu können. Dem jeweiligen Platzbewerber sei es gerade darauf angekommen, unter Ausschluss anderer, für die Dauer der Kirmes eine Standfläche zu erhalten, auf der er sein jeweiliges Geschäft (Fahrgeschäft, Vertrieb von Waren, Imbiss- bzw. Getränkestand) betreiben konnte. Insoweit bestehe kein Unterschied zur Überlassung von Standplätzen auf Wochenmärkten durch die Klägerin, die später auch vom FA als insgesamt steuerfreie Vermietung angesehen worden sei. Die Klägerin habe bei der Überlassung von Standplätzen auf Wochenmärkten auf der gleichen Rechtsgrundlage gehandelt. Nach ihrem unwidersprochenen Vortrag habe sie bei den Wochenmärkten sogar noch weitere Leistungen erbracht, wie die Zurverfügungstellung von Strom, für den der jeweilige Platzbewerber bei den Kirmesveranstaltungen selbst habe sorgen müssen. Dass eine Kirmes eine straffere Organisation und einen höheren Aufwand erfordere, sei unerheblich.

9

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Das FG habe seinem Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, da Teile des Akteninhalts nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Es komme den Platzbewerbern nicht entscheidend auf die Überlassung eines Grundstücksteils zum Gebrauch für gewerbliche Zwecke, sondern darauf an, die Veranstaltungsbedingungen für ihre jeweilige gewerbliche Betätigung zu nutzen. Die Ausführungen des FA seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Auch die vertraglich vorgesehene Möglichkeit, Standplatzinhaber von der Kirmes auszuschließen, zeige, dass kein Entgelt für eine Grundstücksvermietung vorliege. Hierfür sprächen auch die besonderen Regelungen für das Schaustellergewerbe. Die Kirmesveranstaltungen hätten zudem auf Straßen, nicht aber auf Marktplätzen stattgefunden. Gegenstand der von der Klägerin erbrachten Leistung sei die Zulassung zur Teilnahme an einer Kirmesveranstaltung gewesen. Zu berücksichtigen sei der Vergnügungs- und Eventcharakter einer Kirmes.

10

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Das FA wende sich nur gegen die Tatsachenwürdigung des FG. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen der Klägerin bei der Überlassung von Standplätzen bei Kirmessen insgesamt steuerfrei sind.

14

1. Die Klägerin war bei der Standplatzüberlassung als Unternehmerin tätig.

15

a) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Gestattet z.B. eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sporthalle und Freizeithalle, ist sie gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder --im Wettbewerb zu Privaten-- auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt (vgl. z.B. zuletzt Senatsurteile vom 10. November 2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, und vom 1. Dezember 2011 V R 1/11, BFHE 236, 235). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest (vgl. zur bislang unterbliebenen Veröffentlichung der BFH-Rechtsprechung zu § 2 Abs. 3 UStG im BStBl z.B. Lohse/Zanzinger, Deutsches Steuerrecht 2013, 1105 ff., 1109).

16

b) Im Streitfall war die Klägerin bei der Leistungserbringung als Unternehmerin tätig, da sie die Standplätze nach dem vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen Mustervertrag "über die Zusage eines Standplatzes" auf zivilrechtlicher Rechtsgrundlage, nicht aber öffentlich-rechtlich überließ. Im Hinblick auf die Höhe der von der Klägerin vereinnahmten Entgelte ist auch von einem Herausheben aus der wirtschaftlichen Gesamtbetätigung der Klägerin auszugehen.

17

2. Wie das FG zutreffend entschieden hat, erbrachte die Klägerin bei der Standplatzüberlassung ausschließlich steuerfreie Leistungen.

18

a) Steuerfrei ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

19

aa) Ob eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts (BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BFHE 234, 513, BStBl II 2014, 73, unter II.2.b, und vom 8. November 2012 V R 15/12, BFHE 239, 509, BStBl II 2013, 455, unter II.1.a). Das grundlegende Merkmal des umsatzsteuerrechtlichen Begriffs der "Vermietung von Grundstücken" i.S. von Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG --seit 1. Januar 2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL-- besteht vielmehr darin, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. EuGH-Urteile vom 16. Dezember 2010 C-270/09, MacDonald Resorts Ltd., Slg. 2010, I-13179 Rdnr. 46; vom 6. Dezember 2007 C-451/06, Walderdorff, Slg. 2007, I-10637 Rdnr. 17; vom 12. Juni 2003 C-275/01, Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965 Rdnr. 25; vom 4. Oktober 2001 C-326/99, Goed Wonen, Slg. 2001, I-6831 Rdnr. 55; vom 9. Oktober 2001 C-108/99, Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001, I-7257 Rdnr. 21; vom 9. Oktober 2001 C-409/98, Mirror Group, Slg. 2001, I-7175 Rdnr. 31).

20

bb) Entgegen der früheren BFH-Rechtsprechung kann nach dem Senatsurteil vom 24. Januar 2008 V R 12/05 (BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60) die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an Markthändler nach den vorstehenden Grundsätzen als einheitliche Vermietungsleistung anzusehen sein. Entscheidend ist hierfür, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, bei der das Vermietungselement prägend ist.

21

Dies stimmt mit der EuGH-Rechtsprechung überein. So hat der EuGH mit Urteil vom 27. September 2012 C-392/11, Field Fischer Waterhouse (Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 964) entschieden, dass eine Vermietung von Grundstücken und die mit dieser Vermietung zusammenhängenden Dienstleistungen eine einheitliche Leistung darstellen können, wobei z.B. der Umstand, dass Dienstleistungen grundsätzlich von einem Dritten erbracht werden könnten, nicht den Schluss zulässt, dass diese keine einheitliche Leistung darstellen.

22

cc) Die Rechtsprechungsänderung durch das BFH-Urteil in BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60 wirkt sich auch auf die Standplatzüberlassung bei Kirmesveranstaltungen aus. Wie das FG zutreffend entschieden hat, ist eine derartige Standplatzüberlassung in vollem Umfang steuerfrei und nicht in eine steuerpflichtige und eine steuerfreie Leistung aufzuteilen. Der Senat hält daher auch insoweit an seiner dem entgegenstehenden Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 7. April 1960 V 142/58 U, BFHE 71, 41, BStBl III 1960, 261, und vom 25. April 1968 V 120/64, BFHE 93, 393, BStBl II 1969, 94) nicht mehr fest.

23

Das Vorliegen einer insgesamt steuerfreien Leistung ergibt sich im Streitfall nach dem Urteil des FG, das seiner Beurteilung die Rechtsprechung des erkennenden Senats zugrunde gelegt hat, daraus, dass die Überlassung der Standplätze das wesentliche Leistungselement war. Die darüber hinaus erbrachten Leistungen hat das FG zutreffend lediglich als Nebenleistungen angesehen, da es dem jeweiligen Händler gerade darauf ankommt, unter Ausschluss anderer Händler für die Dauer der Kirmes eine Standfläche zu erhalten, von der aus er sein Warensortiment vertreiben kann. Die Organisationsleistung der Klägerin sowie die Bereitstellung von Strom und die Reinigung sind danach für die Händler nur im Hinblick auf die Verkaufsmöglichkeit im Rahmen ihres Standplatzes von Interesse. Die besondere Bedeutung der Standplätze für die Händler sowie die Abhängigkeit der "Serviceleistungen" von der Überlassung der Standplätze rechtfertigen es, diese auch dann als Nebenleistung zu einer dann einheitlichen steuerfreien Leistung anzusehen, wenn die Attraktivität einzelner Wochenmärkte durch vereinzelte "Sonderveranstaltungen" gesteigert wird.

24

b) Das FG hat bei seiner Entscheidung auch nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens unberücksichtigt gelassen und damit nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 14. November 2001 II B 29/00, BFH/NV 2002, 512). Die Rüge eines derartigen Verfahrensverstoßes setzt die Darlegung voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen des Beteiligten nicht entspreche oder eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen habe (BFH-Beschluss vom 9. Juli 2012 III B 66/11, BFH/NV 2012, 1631). Hieran fehlt es im Streitfall, in dem sich das FA letztlich nur gegen eine aus seiner Sicht fehlerhafte Vertragsauslegung wendet (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2012 X B 209/11, BFH/NV 2013, 722).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 21. November 2016  4 K 58/15 aufgehoben.

Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit und Steuerpflicht der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer eines Waldgebiets in der Gemeinde A (Gemeinde). Er vermietete mit Vertrag vom 1. Mai 2006 der R-GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Kläger ist, bis zum 31. Dezember 2015 ein Nutzungsrecht an den Bäumen, die durch die R-GmbH an Interessenten in Form von Urnenplätzen oder sog. Familienbäumen weitervermietet werden sollten. Der Kläger sollte nach dem Vertrag die Ruhehainbäume auswählen, einmessen, einen Lageplan erstellen und den Wald nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten pflegen.

3

Am 10. Oktober 2006 erließ die Gemeinde eine Gebührensatzung und eine Satzung über die "Benutzung des Ruhehains Gemeinde A" (Satzung). Danach obliegt der Gemeinde als Betreiberin die Verwaltung des Ruhehains. Das Nutzungsrecht wird für einen Zeitraum bis zu 99 Jahren verliehen; die Ruhezeit beträgt vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen 25 Jahre.

4

Mit Verträgen jeweils vom 20. November 2006 zwischen dem Kläger und der Gemeinde sowie zwischen der R-GmbH und der Gemeinde wurde vereinbart, dass der Kläger der R-GmbH die in der Satzung bezeichneten Waldflächen zur Errichtung des Ruhehains zur Verfügung stellt, die Verwaltung des Ruhehains von der Gemeinde besorgt wird und die R-GmbH die Nutzungsverträge mit den Interessenten abschließt und die Nutzungsentgelte festlegt.

5

Der Nutzungsberechtigte erhielt bei Erwerb eines Nutzungsrechts für einen Ruhehainbaum eine von der R-GmbH ausgestellte Baumurkunde über den Erwerb des Rechts, im Wurzelbereich eines Ruhehainbaums eine biologisch abbaubare Urne beizusetzen. Zudem erteilte die R-GmbH eine Rechnung, in der sie u.a. über die Nutzung einer Urnenstätte, die Eintragung des Baums und des Nutzungsrechts in das Baumregister der Gemeinde, die Ausstellung der Baumurkunde und die Überlassung eines Lageplans abrechnete.

6

Mit den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre (2007 bis 2010) behandelte der Kläger die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten als nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Umsätze.

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stimmte den Steueranmeldungen zu. Im Anschluss an beim Kläger und bei der R-GmbH durchgeführte Außenprüfungen behandelte das FA die Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten als einheitliche steuerpflichtige Leistung. Das FA rechnete die Umsätze dem Kläger im Wege einer umsatzsteuerlichen Organschaft zu und änderte die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre entsprechend.

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 512 veröffentlichten Urteil hinsichtlich der im Revisionsverfahren nur noch streitigen Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten statt.

9

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) geltend macht.

10

Das FG habe den wirtschaftlichen Gehalt der Vergabe von Nutzungsrechten an einer Baumgrabstätte unzutreffend beurteilt. Das wesentliche Merkmal einer Grundstücksvermietung bestehe in der Nutzungsüberlassung einer bestimmbaren Grundstücksfläche. Das sei zwar bei einem konventionellen Grab zu bejahen. Baumgrabstätten seien demgegenüber naturbelassen und nicht durch Grabsteine oder Bepflanzungen gekennzeichnet. Bei einer Baumgrabstätte gehe es nicht darum, ein bestimmtes Areal zu nutzen, sondern die Asche verstorbener Personen in den Wurzelbereich des Baums einzubringen, damit sie dort Teil des Waldbodens werde.

11

Das FA weist zur Begründung seiner Revision ferner auf Erlasse der Finanzministerien der Länder Schleswig-Holstein vom 4. April 2011 (VI 358-S 7168-110) und Sachsen-Anhalt vom 8. Oktober 2015 (42-S 7168-37) sowie der Oberfinanzdirektionen Niedersachsen vom 30. Juli 2012 (S 7168-113-St 173) und Frankfurt/Main vom 21. Januar 2013 (S 7168 A-48-St 112) hin.

12

Das FA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben, soweit die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten als steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG beurteilt wurden.

13

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Nach der Nutzungsvereinbarung werde dem Nutzungsberechtigten ein Nutzungsrecht für die Beisetzung einer Urne eingeräumt, dessen Umfang in einer sog. Baumurkunde dokumentiert werde.

15

Der Nutzungsberechtigte sichere sich gegen ein Entgelt das Recht, einen eindeutig definierten Grundstücksteil für seine Zwecke, nämlich für die Beisetzung einer Urne, zu nutzen und die Begräbnisstätte so in Besitz zu nehmen, als ob er deren Eigentümer wäre und jede andere Person von der Nutzung ausschließen zu können. Das entspreche dem unionsrechtlichen Vermietungsbegriff.

Entscheidungsgründe

II.

16

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG verletzt § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG; denn seine Feststellungen zum Inhalt der übertragenen Nutzungsrechte sind widersprüchlich und ermöglichen es dem Senat nicht, über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG zu entscheiden.

17

1. Steuerfrei ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

18

a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine steuerfreie Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG vor, wenn dem Vertragspartner gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück in Besitz zu nehmen und andere von ihm auszuschließen (EuGH-Urteile Varenne vom 22. Januar 2015 C-55/14, EU:C:2015:29, Rz 22; Medicom und Maison Patrice Alard vom 18. Juli 2013 C-210/11, C-211/11, EU:C:2013:479, Rz 26; BFH-Beschluss vom 7. Februar 2017 V B 48/16, BFH/NV 2017, 629; BFH-Urteile vom 24. September 2015 V R 30/14, BFHE 251, 456, BStBl II 2017, 132; vom 13. Februar 2014 V R 5/13, BFHE 245, 92 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

19

Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dieser Definition entspricht, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen diese erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (EuGH-Urteile MacDonalds Ressort vom 16. Dezember 2010 C-270/09, EU:C:2010:780; Varenne, EU:C:2015:29; BFH-Urteil vom 21. Februar 2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635). Entscheidend ist, ob eine Leistung vorliegt, bei der das Vermietungselement prägend ist (z.B. BFH-Urteil in BFHE 245, 92).

20

b) Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze kann die Nutzungsüberlassung an geographisch eingemessenen, räumlich abgrenzbaren und individualisierten Parzellen zur Einbringung von Urnen eine steuerfreie Vermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG sein (BFH-Urteil vom 21. Juni 2017 V R 3/17).

21

aa) Das FG hat den Sachverhalt zwar dahingehend gewürdigt, dass der prägende Charakter der von der R-GmbH ausgeführten Leistungen eine derartige Nutzungsüberlassung sei. Es ist auch eine im Wesentlichen vom FG als Tatsacheninstanz zu entscheidende Frage, ob nach dem objektiven Inhalt der Vereinbarungen dem Vertragspartner gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück in Besitz zu nehmen und andere von ihm auszuschließen.

22

bb) Es stellt aber einen zum Fortfall der Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 FGO führenden materiell-rechtlichen Fehler dar, wenn die Sachverhaltsdarstellungen im angefochtenen Urteil unzureichend oder widersprüchlich sind (BFH-Urteile vom 17. November 2015 VIII R 67/13, BFHE 252, 207, BStBl II 2016, 569; vom 25. Juni 2003 X R 72/98, BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403) oder die Tatsacheninstanz die maßgeblichen Umstände nicht vollständig oder ihrer Bedeutung entsprechend in ihre Überzeugungsbildung einbezieht (BFH-Urteile vom 18. Juni 2015 VI R 77/12, BFHE 250, 132, BStBl II 2015, 903; vom 28. März 2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800; vom 20. Mai 2010 VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069).

23

cc) Der Inhalt der Nutzungsvereinbarungen, der Baumurkunden und der Friedhofssatzung gehört zu den festgestellten Tatsachen, weil das FG auf diese Urkunden Bezug genommen hat (vgl. hierzu allgemein BFH-Urteil vom 19. März 1985 VII R 83/82, BFH/NV 1985, 59). Ausweislich der Nutzungsvereinbarung wird den Kunden ein Nutzungsrecht gemäß der Baumurkunde im Rahmen der geltenden Friedhofssatzung der Gemeinde eingeräumt. In § 2 Abs. 2 Buchst. a bis c der Friedhofssatzung wird zwischen Familienbäumen, Freundschaftsbäumen und gemeinsamen Bäumen unterschieden. Dabei erfolgt die Beisetzung der Urne im Wurzelbereich der als Ruhehainbäume registrierten Bäume. Ausweislich der Baumurkunde wird bei Gemeinschaftsbäumen das Recht übertragen, im Wurzelbereich eine biologisch abbaubare Urne beizusetzen und die Ruhestätte als Gedenkstätte im Rahmen der Friedhofssatzung zu nutzen.

24

dd) Diese Sachverhaltsfeststellungen lassen nicht erkennen, wie das FG zu der Würdigung gelangt ist, nach dem objektiven Inhalt der Nutzungsvereinbarungen werde den Kunden das Recht eingeräumt, eine "konkret vermessene Baumgrabstätte" für eine vertraglich festgelegte Zeit in Besitz zu nehmen und damit wie ein Eigentümer zu verfahren. Im Hinblick auf die Gemeinschaftsbäume steht diese Würdigung sogar in klarem Widerspruch zum festgestellten Sachverhalt. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundsätze entsprechende weitere Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage erneut zu würdigen haben, ob den Kunden räumlich abgegrenzte Teile der Erdoberfläche (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 8. Oktober 1991 V R 46/88, BFHE 167, 200, BStBl II 1992, 368) zur Nutzung überlassen worden sind oder ob sie lediglich das Recht zur Beisetzung einer Urne im Wurzelbereich eines bestimmten Baums erlangt haben.

25

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.