Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 02. Apr. 2014 - 4 K 4752/12 VBr
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin stellt homöopathische Arzneimittel und Arzneiträger her und veräußert diese.
3Das Hauptzollamt erteilte der Klägerin zuletzt unter dem 13. August 1993 die Erlaubnis, nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Branntweinmonopolgesetz - BranntwMonG) in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I Seite 2150) (a.F.) Branntwein unvergällt zu beziehen und zur Herstellung von Arzneimitteln / Heilmitteln im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2445) zu verwenden. Über eine Erlaubnis als Steuerlagerinhaberin verfügte sie nicht. Erst seit dem Jahr 2011 ist sie Inhaberin einer solchen Erlaubnis.
4Die Klägerin bezog unversteuerten und unvergällten Branntwein für ihr Unternehmen. In der Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. November 2010 verwendete sie davon 932,8 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) als Arzneiträger und gab diese zur Weiterverarbeitung zu homöopathischen Arzneimitteln an die A GmbH & Co. KG (im Folgenden: A KG) ab. Weiterhin verwendete die Klägerin 8.234,2 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) und gab diese an den Einzelunternehmer B (im Folgenden: Einzelunternehmer B), ab, welcher das Produkt als Desinfektionsmittel vertrieb. Diese Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) war als Arzneimittel zugelassen, und zwar auch für Zwecke der Kühlung. Schließlich verwendete die Klägerin 950,1 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) und spülte damit die Konfektionierungsanlage. Diese Spülung erfolgte jeweils erst, nachdem die Anlage zuvor mit Tensiden und Wasser gereinigt worden war. Die weitere Spülung mit der Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) diente der Vorbereitung der nächsten Charge. Hierdurch sollte verhindert werden, dass in der Anlage verbliebene Wasserreste die herzustellenden Produkte verfälschten. Die Anlage war nach der Spülung mit der Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) und anschließender Verdunstung des Alkohols sauber und trocken. Die Mischung wurde nach der jeweiligen Spülung vernichtet.
5Dieser Sachverhalt wurde im Rahmen einer branntweinsteuerrechtlichen Außenprüfung des Hauptzollamts festgestellt. Unter dem 14. Dezember 2010 leitete der Beklagte ein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts u.a. der leichtfertigen Steuerverkürzung ein. Nach dem Bericht über die Außenprüfung vom 21. Februar 2011 beanstandete das Hauptzollamt , dass die Abgabe an die A KG nicht von der Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung erfasst gewesen sei, auch wenn es sich bei der Empfängerin um einen Erlaubnisinhaber zur steuerfreien Verwendung von unvergälltem Branntwein gehandelt habe. Es hätte vielmehr bei einer solchen Abgabe im Ausnahmefall der vorherigen Erlaubnis bedurft, eine solche sei aber nicht beantragt worden. Der Branntwein sei deshalb zweckwidrig verwendet worden. Auch hinsichtlich des an den Einzelunternehmer B abgegebenen Branntweins liege eine zweckwidrige Verwendung vor. Weiterhin sei hinsichtlich der zu Reinigungszwecken verwendeten Alkohol-Wasser-Mischung Branntweinsteuer entstanden, da die Möglichkeit der steuerfreien Verwendung nur für vergällten Branntwein in Anspruch genommen werden könne.
6Der Beklagte setzte unter Bezugnahme auf die Feststellungen im Rahmen der Außenprüfung mit Bescheid vom 29. Februar 2012 gegenüber der Klägerin 131.825,81 € Branntweinsteuer fest.
7Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein und führte, insbesondere bereits im Rahmen der Anhörung vor Bescheiderlass und des Bußgeldverfahrens, aus: Die Herstellung und Abgabe der Erzeugnisse an die A KG sei steuerfrei möglich gewesen. Bei der Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) handele es sich zwar nicht um ein Arzneimittel, sondern nur um einen Arzneimittelhilfsstoff. Die Herstellung durch sie, die Klägerin, sei aber eine Stufe im gesamten Herstellungsprozess, die Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) also ein Zwischenprodukt. Ein solcher Herstellungsprozess mit verschiedenen Stufen und unter Beteiligung von verschiedenen Unternehmen sei sowohl arzneimittelrechtlich als auch branntweinsteuerrechtlich anerkannt. Die Zustimmung des Hauptzollamtes stelle nur eine formale Voraussetzung dar. Hinsichtlich der für den Einzelunternehmer B hergestellten Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) handele es sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Allerdings sei zum einen dem Erlaubnisschein nicht zu entnehmen, dass keine Herstellung von Arzneimitteln in Form von Alkohol-Wasser-Mischungen erfolgen dürfe. Darüber hinaus sei die im BranntwMonG enthaltene Ausnahme für Alkohol-Wasser-Mischungen nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Denn Ausnahmen von der Steuerbefreiung bei Verwendung von Erzeugnissen zur Herstellung von Arzneimitteln seien nach der Richtlinie 92/83/EWG (RL 92/83/EWG) des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. EG Nr. L 316/21) weder zulässig noch diene die Steuerbefreiung im vorliegenden Fall der Vereinfachung oder der Vermeidung von Steuerhinterziehung und Missbrauch. Schließlich seien die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol) und die Verwendung zur Reinigung der Konfektionierungsanlage als Elemente des Herstellungsprozesses anzusehen. Wegen der Besonderheiten des homöopathischen Herstellungsprozesses handele es sich hierbei um das einzig einsetzbare Reinigungsmittel. Der Einsatz von vergälltem Branntwein sei nicht möglich. Insbesondere sei dieses Reinigungsmittel auch nicht anders verwendbar, es werde separat hergestellt, aufbewahrt und vernichtet.
8Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 23. November 2012 als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Herstellung und Abgabe der Erzeugnisse an die A KG sei Branntweinsteuer entstanden. Alkohol-Wasser-Mischungen seien ausdrücklich und unionsrechtskonform von der Steuerbefreiung ausgenommen. Auch eine Befreiung von Vorprodukten bei mehrstufigen Herstellungsprozessen sei nicht in Betracht gekommen. Denn zum einen hätte vorher ein Antrag gestellt werden müssen. Hierbei handele es sich nicht nur um eine Formvorschrift. Zum anderen sei auch kein Vorprodukt anzunehmen, da hierfür eine Verarbeitung und nicht nur ein Herabsetzen des Alkoholgehalts erforderlich sei. Schließlich sei im Fall von regelmäßigen Lieferungen ein Branntweinlager zu beantragen. Auch hinsichtlich der für den Einzelunternehmer B hergestellten und an diesen abgegebenen Produkte sei die Branntweinsteuer entstanden. Zwar handele es sich hierbei um Arzneimittel, allerdings seien diese Alkohol-Wasser-Mischungen von der Steuerbefreiung ausgenommen, da diesbezüglich die Gefahr bestehe, dass sie als Trinkbranntwein verwendet würden. Schließlich komme auch hinsichtlich des zu Reinigungszwecken hergestellten und verwendeten Branntweins eine Steuerbefreiung nicht in Betracht, was sich schon aus dem klaren Wortlaut der Vorschriften des BranntwMonG ergebe und im Übrigen auch dem Zweck des Branntweinsteuerrechts entspreche.
9Mit ihrer Klage trägt die Klägerin ergänzend vor, dass eine Besteuerung hinsichtlich der für die A KG hergestellten und an diese abgegebenen Produkte unbillig sei. Zum einen habe der Gesetzgeber die Steuerfreiheit gewollt. Zum anderen habe der Beklagte über die formalen Voraussetzungen nicht aufgeklärt und darüber hinaus sowohl die Abgabe des Zwischenprodukts bei ihr selbst als auch den Eingang bei der A KG geprüft und beides nicht beanstandet. Hinsichtlich der für den Einzelunternehmer B hergestellten und an diesen abgegebenen Produkte sei erst ab dem Jahr 2010 im Rahmen des Erlaubnisverfahrens auf die Einschränkung in Bezug auf Alkohol-Wasser-Mischungen hingewiesen worden. Außerdem habe der Beklagte bei der Prüfung der Chargen- und Verwendungsbücher niemals etwas beanstandet, vielmehr die Richtigkeit bestätigt. Weiterhin sei auch im konkreten Fall keine Missbrauchsgefahr anzunehmen, da der Unternehmer B zu ungefähr 98 % Großhändler beliefere. Schließlich seien auch die Produkte, die zu Reinigungszwecken hergestellt und verwendet worden seien, in den Chargenbüchern festgehalten und durch die Mitarbeiter des Beklagten regelmäßig geprüft und als richtig beurteilt worden.
10Die Klägerin beantragt,
11- 12
1. den Steuerbescheid des Beklagten vom 29. Februar 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. November 2012 aufzuheben,
- 14
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung verweist er auf sein Vorbringen im außergerichtlichen Verfahren.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage hat keinen Erfolg.
20Der Steuerbescheid des Beklagten vom 29. Februar 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. November 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, 1. HS der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
21Hinsichtlich der 932,8 Liter Alkohol, die die Klägerin für die Herstellung der Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) für die A KG verwendet hat, ist die Branntweinsteuer gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 BranntwMonG a.F. bzw. gemäß § 153 Abs. 3 Satz 1 BranntwMonG in der Fassung des Gesetzes vom 15. Juli 2009 (BGBl. I Seite 1870) (n.F.) entstanden.
22Hiernach entsteht die Steuer, wenn die Erzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis vorgesehenen Zweckbestimmung verwendet werden. Die Klägerin verfügte über die Erlaubnis, nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F. Branntwein unvergällt zur Herstellung von Arzneimitteln zu verwenden. Sie hat den von ihr unvergällt bezogenen Branntwein hinsichtlich der bei der Herstellung des Produkts für die A KG verwendeten Erzeugnisse aber nicht zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet. Denn bei der hergestellten Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) handelt es sich - und das ist zwischen den Beteiligten unstreitig - um kein Arzneimittel im Sinne der §§ 2 oder 4 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG). Vielmehr ist die Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) - entsprechend der Darlegung der Klägerin - als Arzneimittelhilfsstoff im Sinne des § 2 Nr. 2 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung - AMWHV - ) einzuordnen, der erst im Zusammenwirken mit anderen Stoffen und dem Wirkstoff im Endprodukt arzneilichen Zwecken dient. Erst die A KG hat aus der von der Klägerin abgegebenen Alkohol-Wasser-Mischung (15 % m/m) und weiteren Stoffen Arzneimittel im Sinne des AMG hergestellt.
23Die Klägerin verfügte für die Abgabe der Erzeugnisse an die A KG zur dortigen Herstellung von Arzneimitteln auch nicht über eine Gestattung des Beklagten. Nach § 29 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Branntweinmonopolgesetzes (Branntweinsteuerverordnung – BrStV) in der Fassung vom 21. Januar 1994 (BGBl. I Seite 104) (a.F.) bzw. § 49 Abs. 1 Satz 1 BrStV in der Fassung der Verordnung vom 5. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3262) (n.F.) kann das (zuständige) Hauptzollamt dem Erlaubnisinhaber / Verwender (auf Antrag) gestatten, in bestimmten Fällen / in Ausnahmefällen Branntwein / Erzeugnisse (im Rahmen seiner Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung) an Steuerlager oder andere Erlaubnisinhaber / Verwender abzugeben.
24Anders als die Klägerin meint, handelt es sich bei der Gestattung nicht nur um ein formales Kriterium. Vielmehr erweitert die Gestattung die bereits bestehende Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung auf die Abgabe an Steuerlager oder andere Verwender in Ausnahmefällen. Sie führt also dazu, dass eine nach der bereits bestehenden Erlaubnis eigentlich zweckwidrige Verwendung im von der Behörde entschiedenen Einzelfall doch erlaubt ist. Hierauf deutet schon die amtliche Überschrift der „abweichende(n) / zweckwidrige(n) Verwendung“ hin. Darüber hinaus ist in § 49 Abs. 2 BrStV n.F. die Abgabe einer Steueranmeldung nach § 153 Abs. 3 Satz 5 BranntwMonG n.F. geregelt. Weiterhin handelt es sich bei einer Gestattung begrifflich um eine Erlaubnis (Wolff u.a., Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, § 43 Rn. 60). Das Fehlen einer erforderlichen Erlaubnis hat nach der Systematik des Branntweinsteuerrechts aber stets die Steuerentstehung zur Folge, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder Steueraussetzung tatsächlich vorliegen (für einen solchen Fall im Ergebnis ebenso Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, 2. Auflage, Rn. G 149; zum Mineralölsteuerrecht außerdem Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 8. März 2004 VII B 150/03, BFH/NV 2004, 981; Beschluss vom 13. November 2007 VII B 112/07, BFH/NV 2008, 409).
25Unerheblich ist auch, dass es nach Ansicht der Klägerin in mit dem Streitfall vergleichbaren Fällen stets zu einer Doppelbelastung des Lieferanten mit Branntweinsteuer kommen soll, denn die drohende Belastung kann jedenfalls durch die Bewilligung eines Steuerlagers für Hersteller von Vorprodukten und Halberzeugnissen (dazu Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, 2. Auflage, Rn. G 149) vermieden werden. Über eine solche Erlaubnis verfügt die Klägerin nunmehr auch seit dem Jahr 2011.
26Die von der Klägerin darüber hinaus aufgeworfenen Billigkeitserwägungen im Hinblick auf eine ggf. fehlende Aufklärung durch den Beklagten oder die durch ihn erfolgte Überprüfung können jedenfalls im Festsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Sie sind vielmehr dem etwaigen Erhebungsverfahren vorbehalten. Auf die Aussage von Betriebsprüfern des Beklagten zu dieser Frage kommt es also vorliegend nicht an, so dass schon aus diesem Grund dem Beweisantrag der Klägerin nicht nachgegangen werden musste. Denn zu erforschen ist nur der entscheidungserhebliche Sachverhalt (dazu m.w.N. der Rspr. Stapperfend in Gräber, FGO, 7. Auflage 2010, § 76 Rn. 12 und 14). Darüber hinaus ist der Beweisantrag nicht hinreichend substantiiert. Ein Beweisantrag muss im Hinblick auf einzelne bestimmte Tatsachen hinreichend konkretisiert sein, also angeben, welche konkrete Tatsache nachgewiesen werden soll (BFH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736). Daran fehlt es vorliegend, denn die Klägerin hat lediglich beantragt, die Prüfer des beklagten Hauptzollamts zu ihren Feststellungen zu vernehmen.
27Hinsichtlich der von der Klägerin für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) verwendeten 8.234,2 Liter Alkohol und der Abgabe der Produkte an den Einzelunternehmer B ist ebenfalls Branntweinsteuer gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 BranntwMonG a.F. bzw. gemäß § 153 Abs. 3 Satz 1 BranntwMonG n.F. entstanden. Denn die Klägerin verfügte nur über die Erlaubnis, nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F. Branntwein unvergällt zur Herstellung von Arzneimitteln zu verwenden. Diese Vorschriften nehmen ausdrücklich Arzneimittel, bei denen es sich um reine Alkohol-Wasser-Mischungen handelt, von der Steuerbefreiung aus. Vorliegend handelt es sich bei der Alkohol-Wasser-Mischung (70 % V/V) schon im Hinblick auf deren Zulassung zwar um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 AMG. Dieses ist aber ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Dabei ist es unerheblich, dass die Erlaubnis der Klägerin vom 13. August 1993 diese Ausnahme nicht ausdrücklich erwähnt. Denn in der Erlaubnis wird auf den Gesetzestext des § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. verwiesen. Es besteht mithin ein Gleichlauf des Inhalts der Erlaubnis mit dem Inhalt des Gesetzes in Bezug auf die Ausnahme von der Steuerbefreiung für Alkohol-Wasser-Mischungen.
28Es bestehen auch keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität des § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F.
29Art. 27 Abs. 1 RL 92/83/EWG ermöglicht den Mitgliedstaaten, die Steuerbefreiung nach Maßgabe von Bedingungen zur Sicherstellung einer korrekten und einfachen Anwendung solcher Steuerbefreiungen sowie zur Vermeidung von Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch festzulegen. Auch im 22. Erwägungsgrund der RL 92/83/EWG ist festgehalten, dass den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit genommen werden darf, Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch im Zusammenhang mit Steuerbefreiungen gegebenenfalls zu bekämpfen. Anders als die Klägerin meint, eröffnet die Formulierung in Art. 27 Abs. 1 RL 92/83/EWG den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Ausnahmen von dem Grundsatz der Steuerbefreiung zu regeln. Das ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu entnehmen, welcher - nicht nur in den Fällen des Art. 27 Abs. 1 Buchst. a und b RL 92/83/EWG - ein solches Regel-Ausnahme-Verhältnis annimmt (EuGH, Urteile vom 7. Dezember 2000 C-482/98, Slg. 2000 I-10861 (Italien/Kommission) Rn. 50; vom 19. April 2007 C-63/06, Slg. 2007 I-3239 (UAB Profisa) Rn. 18; vom 9. Dezember 2010 C-163/09, Slg. 2010 I-12717 (Repertoire Culinaire Ltd) Rn. 51).
30Im Rahmen der Ausübung dieser Befugnis obliegt es allerdings dem betreffenden Mitgliedstaat, die konkreten, objektiven und nachprüfbaren Anhaltspunkte anzuführen, die für das Vorliegen einer ernst zu nehmenden Gefahr von Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch sprechen. Außerdem dürfen die Bedingungen, die dieser Mitgliedstaat aufgrund der ihm so zuerkannten Befugnis festlegt, nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgehen (zum Ganzen EuGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 C-163/09, Slg. 2010 I-12717 (Repertoire Culinaire Ltd) Rn. 51).
31Vorliegend besteht - wie auch der Beklagte vorträgt - die Gefahr eines solchen Missbrauchs als Trinkbranntwein gerade in den Fällen der reinen Alkohol-Wasser-Mischungen. Denn diese Alkohol-Wasser-Mischungen sind mangels Vergällung ohne weiteres trinkbar und können bei einem entsprechend hohen Alkoholgehalt auch unproblematisch mit Wasser oder anderen Zusätzen verdünnt getrunken werden. Die Missbrauchsgefahr ist in diesen Fällen offenkundig, so dass es keiner näheren Erläuterung in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/3432, S. 79) bedurfte. Die Ausnahme von der Steuerbefreiung für reine Alkohol-Wasser-Mischungen geht dabei auch nicht über das zur Missbrauchsvermeidung Erforderliche hinaus. Denn bei der Regelung einer Ausnahme handelte es sich im Vergleich zu nur verfahrensrechtlichen Maßnahmen um das effektivste Mittel zur Zielerreichung. Dabei ist auch von Bedeutung, dass die Gefahr des Missbrauchs im Fall von Alkohol-Wasser-Mischungen als erheblich einzustufen ist. Darüber hinaus ist für den vorliegenden Fall von keiner Bedeutung, ob eine Ausnahme auch in anderen Fällen sinnvoll gewesen wäre oder das Verfahren der Steuerentlastung anzuwenden gewesen wäre. Denn dem Gesetzgeber ist, auch im Hinblick auf die insofern weite Formulierung der Richtline, ein Gestaltungsspielraum einzuräumen, welche Maßnahmen er zur jeweiligen Zielerreichung ergreift (zum Gestaltungsspielraum siehe EuGH, Urteil vom 17. Juli 2008 C-226/07, Slg. 2008 I-5999 (Flughafen Köln-Bonn) Rn. 31). Insbesondere kann ihm im Hinblick auf den von der Richtlinie vorgegebenen Grundsatz der Steuerbefreiung nicht vorgeworfen werden, die Ausnahmen auf das aus seiner Sicht geringste Maß beschränkt zu haben.
32Schließlich ist nach dem Wortlaut des Gesetzes im vorliegenden Festsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen, ob bei der Verwendung durch die Klägerin die Gefahr des Missbrauchs als Trinkbranntwein tatsächlich bestand.
33Der weitere Vortrag der Klägerin, dass es durch den Beklagten nie zu Beanstandungen gekommen sei, kann entsprechend der obigen Ausführungen - auch zur Frage der Beweiserhebung - im Festsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden.
34Hinsichtlich der von der Klägerin verwendeten 950,1 Liter Alkohol für die Herstellung einer Alkohol-Wasser-Mischung (70 % vol), mit welcher sie die Konfektionierungsanlage spülte, ist ebenfalls Branntweinsteuer gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 BranntwMonG a.F. bzw. gemäß § 153 Abs. 3 Satz 1 BranntwMonG n.F. entstanden.
35Denn die Klägerin verfügte nur über die Erlaubnis, nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F. Branntwein unvergällt zur Herstellung von Arzneimitteln zu verwenden. Hiervon ist die Verwendung unvergällten Branntweins zu Reinigungszwecken nicht erfasst. Das ergibt sich schon aus der Gegenüberstellung der Steuerbefreiungstatbestände des § 132 Abs. 1 Nr. 1 und 5 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BranntwMonG n.F. Nach der jeweiligen Nr. 5 bzw. Nr. 4 der vorgenannten Vorschriften dienen die dort genannten Zwecke, und zwar auch die Reinigungszwecke, nicht der Herstellung von Waren. Hierbei handelt es sich um eine steuerspezifische Begriffsbestimmung mit der Folge, dass bei der Auslegung ein Rückgriff auf außersteuerliche (arzneimittelrechtliche) Begriffsbestimmungen ausgeschlossen ist (zum Ganzen BFH, Beschluss vom 13. Januar 1999 VII B 93/98, BFH/NV 1999, 750 m.w.N.). Insofern muss die Argumentation der Klägerin außer Betracht bleiben, im Rahmen eines homöopathischen Herstellungsprozesses sei nur der Einsatz von unvergälltem Branntwein zu Reinigungszwecken möglich. Vielmehr ist sie, so auch allgemein der BFH (in BFH/NV 1999, 750), auf die Verwendung versteuerten Branntweins zu verweisen.
36Das ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nunmehr zwischen einer Reinigung mit einer Mischung aus Tensiden und Wasser in einem ersten Schritt und einem Spülen mit einer Alkohol-Wasser-Mischung zur Konditionierung der Anlage in einem zweiten Schritt unterschieden hat. Denn auch das Spülen mit einer Alkohol-Wasser-Mischung zur Konditionierung ist keine Herstellung im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F. Der Begriff der Herstellung erfasst gerade keine Verwendungen, bei denen das steuerbare Erzeugnis, abgesehen ggf. von Restmengen, nicht in dem Endprodukt aufgeht (BFH, Beschluss vom 25. Februar 1997 VII B 225/96, BFH/NV 1997, 464; BFH, Beschluss vom 13. Januar 1999 VII B 93/98, BFH/NV 1999, 750). Dafür spricht der Sinn und Zweck des Gesetzes (Finanzgericht - FG - Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 1998, 11 K 150/96, ZfZ 1998, 349) jedenfalls in den Fällen der Verwendung unvergällten Branntweins (so im Ergebnis wohl auch das Hessische FG, Urteil vom 3. Mai 2011, 7 K 2036/08, juris). Denn die abstrakte Gefahr des Missbrauchs besteht gerade dann, wenn eine nur zum Spülen verwendete Alkohol-Wasser-Mischung danach weiterhin unvergällt zur Verfügung steht. Damit ist der vorliegende Sachverhalt auch von dem zu unterscheiden, welcher der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zitierten Entscheidung des Hessischen FG (Urteil vom 3. Mai 2011, 7 K 2036/08, juris) zugrunde lag. Zwar hat das Hessische FG entschieden, dass die Herstellung nicht die Inkorporierung des verwendeten Branntweins im Endprodukt voraussetze. Allerdings verwendete die Klägerin in diesem Fall ausschließlich vergällten Branntwein zur Konditionierung, weswegen das Hessische FG - in Abgrenzung zu dem vorliegenden Fall der Arzneimittelherstellung - davon ausging, dass gerade „aufgrund des Zusatzes von Vergällungsstoffen zur Ungenießbarmachung bereits hinreichender Schutz vor einer missbräuchlichen Verwendung“ bestehe.
37Die Behauptung der Klägerin, in ihrem Fall sei auch die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung ausgeschlossen gewesen, kann entsprechend den obigen Ausführungen nach den branntweinsteuerrechtlichen Vorschriften im Festsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Das gilt ebenfalls hinsichtlich der ggf. fehlenden Beanstandungen durch den Beklagten. Diesbezüglich war nach den obigen Ausführungen auch keine Beweisaufnahme durchzuführen.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
39Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, insbesondere im Hinblick auf die Frage der Unionsrechtskonformität der Ausnahme von der Steuerbefreiung bei Alkohol-Wasser-Mischungen in § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F. sowie die Auslegung des branntweinsteuerlichen Begriffs der
40Herstellung in § 132 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG a.F. bzw. § 152 Abs. 1 Nr. 1 BranntwMonG n.F.
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(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.
(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.
(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.
(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.
(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).
(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.
(10) (weggefallen)
(11) (weggefallen)
(12) (weggefallen)
(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.
(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.
(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.
(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.
(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.
(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.
(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.
(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.
(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.
(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.
(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.
(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.
(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist
- a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit, - b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.
(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.
(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.
(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.
(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.
(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.
(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.
(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.
(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.
(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.
(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.
(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.
(35) (weggefallen)
(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.
(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.
(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.
(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.
(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über
- 1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile, - 2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder - 3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.
(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.
(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.
Im Sinne dieser Verordnung
- 1.
sind Produkte menschlicher Herkunft für die Arzneimittelherstellung bestimmte Wirkstoffe im Sinne von § 4 Abs. 19 des Arzneimittelgesetzes, die menschlicher Herkunft sind, oder Stoffe im Sinne von § 3 Nr. 3 des Arzneimittelgesetzes, die menschlicher Herkunft sind, in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, ausgenommen Blutprodukte im Sinne von § 2 Nr. 3 des Transfusionsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 2007 (BGBl. I S. 2169) und andere Blutbestandteile, - 2.
ist Hilfsstoff jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs oder des Verpackungsmaterials, - 3.
ist der EU-GMP-Leitfaden (BAnz. S. 6887) der Leitfaden für die Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel und Prüfpräparate einschließlich seiner Anhänge, mit dem die Europäische Kommission die ausführlichen Leitlinien nach Artikel 47 der Richtlinie 2001/83/EG und nach Artikel 51 der Richtlinie 2001/82/EG veröffentlicht hat und der zur Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis gemäß Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/94/EG der Kommission vom 8. Oktober 2003 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate (ABl. EU Nr. L 262 S. 22) und gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/412/EWG der Kommission vom 23. Juli 1991 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Tierarzneimittel (ABl. EG Nr. L 228 S. 70) dient; das Bundesministerium für Gesundheit macht die jeweils aktuelle Fassung des Leitfadens in deutscher Sprache im Bundesanzeiger bekannt, - 4.
ist Qualitätsmanagementsystem (QM-System) ein System, das die Qualitätssicherung, die Gute Herstellungspraxis oder die Gute fachliche Praxis einschließlich der Qualitätskontrolle und der periodischen Produktqualitätsüberprüfungen beinhaltet, - 5.
sind Spezifikationen Festlegungen und Anforderungen, denen Ausgangsstoffe oder Zwischenprodukte für die Arzneimittel- oder Wirkstoffherstellung, Wirkstoffe, Arzneimittel oder Gewebe entsprechen müssen; sie dienen als Grundlage der Qualitätsbewertung, - 6.
sind Inprozesskontrollen während der Herstellung vorgenommene Überprüfungen zur Überwachung und erforderlichenfalls Anpassung des Prozesses und zur Sicherstellung, dass das Produkt seiner Spezifikation entspricht, - 7.
sind Prüfpräparate Arzneimittel im Sinne von § 3 Abs. 3 der GCP-Verordnung vom 9. August 2004 (BGBl. I S. 2081), die durch Artikel 13 Absatz 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3048) aufgehoben worden ist, in der am Tag vor ihrem Außerkrafttreten geltenden Fassung, - 8.
ist Leitung der Herstellung oder Leitung der Qualitätskontrolle der Leiter oder die Leiterin der Herstellung oder der Qualitätskontrolle im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 des Arzneimittelgesetzes, - 9.
ist Blutspendeeinrichtung eine Einrichtung im Sinne von § 2 Nr. 2 des Transfusionsgesetzes, die Blut oder Blutbestandteile entnimmt, testet, verarbeitet, kennzeichnet, verpackt, freigibt, lagert, im Sinne von § 4 Abs. 17 des Arzneimittelgesetzes in den Verkehr bringt, einführt, ausführt oder in den oder aus dem Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbringt, - 10.
ist Gewebeeinrichtung eine Einrichtung, die die in § 20c Absatz 1, § 72b Absatz 1 oder § 72c Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes aufgeführten Tätigkeiten ausübt oder die Gewebe oder Gewebezubereitungen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den oder aus dem Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbringt oder ausführt; sofern die Gewebeeinrichtung auch Gewebe gewinnt, ist sie auch eine Entnahmeeinrichtung im Sinne von Nummer 11; sofern die Gewebeeinrichtung auch die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen durchführt, ist sie auch ein Gewebespenderlabor im Sinne von Nummer 13, - 11.
ist Entnahmeeinrichtung eine Einrichtung, die zur Verwendung bei Menschen bestimmte Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes gewinnt, einschließlich aller Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, das Gewebe in einem be- oder verarbeitungsfähigen Zustand zu erhalten, eindeutig zu identifizieren und zu transportieren, - 12.
ist spendende Person eine Person, der eine Spende im Sinne von § 2 Nr. 1 des Transfusionsgesetzes oder der eine Gewebespende entnommen wird - 13.
ist Gewebespenderlabor ein Labor, das die für die Gewebegewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen durchführt, - 14.
sind Arbeitsplatzbeschreibungen schriftliche oder elektronische Festlegungen über die spezifischen Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, die den einzelnen Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen eines Betriebs oder einer Einrichtung von ihren jeweiligen Leitungen zugewiesen wurden, - 15.
ist Standardarbeitsanweisung (SOP) eine schriftliche oder elektronische Anweisung zur Beschreibung der einzelnen Schritte wiederkehrender Arbeitsgänge (Standardarbeitsverfahren), einschließlich der zu verwendenden Materialien und Methoden, - 16.
ist Validierung das Erbringen eines dokumentierten Nachweises, der mit hoher Sicherheit belegt, dass durch einen spezifischen Prozess oder ein Standardarbeitsverfahren ein Produkt hergestellt wird, das den vorher festgelegten Spezifikationen und Qualitätsmerkmalen entspricht, - 17.
ist Qualifizierung das Erbringen eines dokumentierten Nachweises, der mit hoher Sicherheit belegt, dass ein spezifischer Ausrüstungsgegenstand oder eine spezifische Umgebungsbedingung für die Herstellung eines Produktes, das den vorher festgelegten Spezifikationen und Qualitätsmerkmalen entspricht, geeignet ist, - 18.
sind kritische Herstellungs- oder Prüfverfahren Verfahren, die einen signifikanten Einfluss auf die Qualität oder Sicherheit der Produkte haben können, und kritische Zusatzstoffe Materialien, die einen solchen Einfluss haben können, - 19.
sind kritische Ausrüstungsgegenstände oder Geräte solche, die mit den Produkten in Berührung kommen oder einen anderen Einfluss auf die Qualität oder Sicherheit der Produkte haben können. - 20.
ist Spendenkennungssequenz der erste Teil des Einheitlichen Europäischen Codes, bestehend aus dem EU-Gewebeeinrichtungs-Code und der eindeutigen Spendennummer, - 21.
ist eindeutige Spendennummer die eindeutige Nummer gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist, die einer bestimmten Gewebespende nach dem von der Entnahme- oder Gewebeeinrichtung festzulegenden Zuteilungssystem zugewiesen wird, - 22.
ist Produktkennungssequenz der zweite Teil des Einheitlichen Europäischen Codes, bestehend aus dem Produktcode, der Splitnummer und dem Verfallsdatum, - 23.
ist Produktcode die Kennung der spezifischen Art der Gewebe oder Gewebezubereitung im EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte gemäß § 4 Absatz 30d des Arzneimittelgesetzes; der Produktcode besteht aus - a)
der Kennung des Systems für die Produktkodierung, das die Einrichtung verwendet („E“ für EUTC, „A“ für ISBT128, „B“ für Eurocode), und - b)
der Produktnummer für Gewebe oder Gewebezubereitungen im betreffenden Produktkodierungssystem für das Gewebe oder die Gewebezubereitungsart,
- 24.
ist Splitnummer die Nummer gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG, die der Unterscheidung und eindeutigen Kennzeichnung von Geweben oder Gewebezubereitungen dient, die mit derselben eindeutigen Spendennummer und demselben Produktcode gekennzeichnet sind und aus derselben Einrichtung stammen, - 25.
ist Verfallsdatum das Datum gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG, bis zu dem die Gewebe oder Gewebezubereitungen verwendet werden können, - 26.
ist EUTC das von der Europäischen Union entwickelte Produktkodierungssystem für Gewebe und Gewebezubereitungen, das aus einem Register aller in der Europäischen Union im Verkehr befindlichen Gewebe, Gewebezubereitungen und Gewebezubereitungsarten mit den jeweiligen Produktcodes besteht.
(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
- 1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder - 2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder - a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder - b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.
(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
- 1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes, - 2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, - 3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist, - 4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes, - 5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist, - 6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, - 7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, - 8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.
(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.