Europäischer Gerichtshof Schlussantrag des Generalanwalts, 05. Dez. 2017 - C-478/16 P

ECLI:ECLI:EU:C:2017:939
bei uns veröffentlicht am05.12.2017

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 5. Dezember 2017 ( 1 )

Rechtssache C‑478/16 P

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)

gegen

Group OOD

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts – Prüfung durch die Beschwerdekammer – Neue oder ergänzende Beweismittel – Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 und Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009“

1.

Dieses Rechtsmittel wird es dem Gerichtshof ermöglichen, seine Rechtsprechung zur Behandlung des nationalen Rechts in Verfahren vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) weiterzuentwickeln. Um darüber entscheiden zu können, muss er prüfen, ob das Gericht rechtsfehlerfrei entscheiden konnte, dass eine Beschwerdekammer des EUIPO bestimmte Beweismittel in Bezug auf das nationale Recht von Amts wegen prüfen muss.

2.

Der nun im Rechtsmittelverfahren anhängige Rechtsstreit, begann, als ein Unternehmen (die Group OOD) der Anmeldung einer Unionsmarke widersprach und sich gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ( 2 ) darauf berief, Inhaber einer anderen, entsprechenden Marke von lediglich nationaler Bedeutung zu sein, die nicht eingetragen sei und Priorität genieße.

3.

Die Spruchkörper des EUIPO (also die Widerspruchsabteilung und die Beschwerdekammer) wiesen das Begehren der Group OOD zurück, da dieses Unternehmen ihres Erachtens keine ausreichenden Nachweise des für seine nicht eingetragene Marke geltenden nationalen Rechts vorgelegt bzw. dies verspätet getan habe.

4.

Das Gericht hob jedoch die Entscheidung der Beschwerdekammer auf ( 3 ), weil diese ihr Ermessen im Hinblick auf die Prüfung von Inhalt und Umfang des geltend gemachten nationalen Rechts nicht von Amts wegen ausgeübt habe. Das Gericht verneinte zudem, dass die von der Group OOD bei der Beschwerdekammer vorgelegten Informationen völlig neu gewesen seien, was ihr Vorgehen hätte rechtfertigen können.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Verordnung Nr. 207/2009 ( 4 )

5.

Art. 8 Abs. 4 lautet:

„(4)   Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats

a)

Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der [Unions]marke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der [Unions]marke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind;

b)

dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.“

6.

Art. 76 („Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen“) sieht vor:

„(1)   In dem Verfahren vor dem Amt ermittelt das Amt den Sachverhalt von Amts wegen. Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, ist das Amt bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen[ ( 5 )] und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

(2)   Das Amt braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

B.   Verordnung Nr. 2868/95 ( 6 )

7.

Regel 19 („Substanziierung des Widerspruchs“) bestimmt:

„(1)

Das Amt gibt dem Widersprechenden Gelegenheit, die Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zu ergänzen, die bereits nach Regel 15 Absatz 3 vorgelegt wurden; dazu setzt das Amt eine Frist von mindestens zwei Monaten ab dem Tag der Eröffnung des Widerspruchsverfahrens nach Regel 18 Absatz 1.

(2)

Innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist muss der Widersprechende außerdem einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen und den Nachweis erbringen, dass er zur Einlegung des Widerspruchs befugt ist. Im Besonderen muss der Widersprechende folgende Beweismittel vorlegen:

d)

wird der Widerspruch auf ein älteres Recht im Sinne des Artikels 8 Absatz 4 der Verordnung [Nr. 207/2009] gestützt, ist der Erwerb, der Fortbestand und der Schutzumfang dieses Rechts nachzuweisen;

(3)

Die Auskünfte und Nachweise nach Absatz 1 und 2 müssen in der Verfahrenssprache verfasst sein, andernfalls muss ihnen eine Übersetzung beiliegen. Die Übersetzung ist innerhalb der Frist für die Einreichung der Originalunterlagen vorzulegen.

(4)

Das Amt lässt schriftliche Vorlagen oder Unterlagen oder Teile davon unberücksichtigt, die nicht innerhalb der vom Amt gesetzten Frist vorgelegt oder in die Verfahrenssprache übersetzt wurden.“

8.

Regel 20 („Prüfung des Widerspruchs“) Abs. 1 lautet:

„(1)

Belegt der Widersprechende nicht innerhalb der in Regel 19 Absatz 1 genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs, wird der Widerspruch als unbegründet abgewiesen.“

9.

Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 bestimmt:

„Richtet sich die Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung, so beschränkt die Beschwerdekammer die Prüfung der Beschwerde auf die Sachverhalte und Beweismittel, die innerhalb der von der Widerspruchsabteilung nach Maßgabe der Verordnung und dieser Regeln festgesetzten Frist vorgelegt werden, sofern die Beschwerdekammer nicht der Meinung ist, dass zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel gemäß Artikel [76] Absatz 2 der Verordnung berücksichtigt werden sollten.“

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

10.

Am 13. Februar 2012 ( 7 ) reichte Herr Kosta Iliev beim EUIPO die Anmeldung einer Unionsmarke für bestimmte Dienstleistungen der Klassen 35, 39 und 43 des Abkommens von Nizza ( 8 ) ein. Er wollte das folgende Bildzeichen anmelden:

Image

11.

Am 11. Juli 2012 erhob die Group OOD gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Eintragung des neuen Zeichens Widerspruch mit der Begründung, sie sei Inhaberin der im Folgenden wiedergegebenen nicht eingetragenen Bildmarke, die sie in Bulgarien, der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen und der Slowakei für Dienstleistungen der Klasse 39 benutze:

Image

12.

Die Group OOD machte unter Berufung auf zahlreiche Dokumente geltend, sie habe die nicht eingetragene Marke seit 2003 für zwischenstaatliche Transportdienstleistungen per Autobus in Form einer regelmäßigen Buslinie zwischen Sofia (Bulgarien) und Prag (Tschechische Republik) benutzt.

13.

Mit Entscheidung vom 14. Juni 2013 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch der Group OOD zurück, weil diese keine näheren Angaben oder Nachweise zum nationalen Recht erbracht habe, auf dessen Grundlage die Benutzung der angemeldeten Marke in den betreffenden Mitgliedstaaten hätte untersagt werden können.

14.

Die Vierte Beschwerdekammer ( 9 ) wies die Beschwerde der Group OOD gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurück:

III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15.

Am 1. August 2014 erhob die Group OOD beim Gericht Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Beschwerdekammer. Sie stützte ihre Klage auf drei Gründe, nämlich Verstöße gegen Art. 76 Abs. 1, Art. 76 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009.

16.

Das Gericht folgte in dem angefochtenen Urteil der Auffassung der Group OOD, nachdem es die drei Gründe gemeinsam geprüft hatte. Da die Klage die Verpflichtung der Klägerin aus Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95, vorab den Inhalt des bulgarischen Rechts nachzuweisen, betroffen habe, sei zu prüfen gewesen, ob die Beschwerdekammer diese Angaben, die erstmals vor ihr vorgebracht wurden, habe berücksichtigen dürfen.

17.

Im angefochtenen Urteil wird erstens festgestellt, dass die Dokumente, die zur Stützung des mit Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 begründeten Widerspruchs vorzulegen seien, in Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95 nicht genau und abschließend aufgezählt seien. Diese Regel erwähne lediglich ohne nähere Angaben die Verpflichtung zum Nachweis des Erwerbs, des Fortbestands und des Schutzumfangs des früheren Rechts im Sinne dieses Artikels ( 11 ). Das Gericht wies die Auffassung zurück, dass die Beschwerdekammer ihr Ermessen hinsichtlich verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 restriktiv ausüben müsse ( 12 ).

18.

Zweitens wies das Gericht das Argument des EUIPO zurück, es habe sich bei den Bezugnahmen auf die drei bulgarischen Rechtsvorschriften nicht um ergänzende Informationen gehandelt (für die allein ein verspätetes Vorbringen zugelassen werden könne), sondern um völlig neue. Das Gericht ordnete sie als Beweismittel zum Nachweis des Erwerbs, des Fortbestands und des Schutzumfangs des Rechts an der nicht eingetragenen bulgarischen Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 4 ein.

19.

Die Bezugnahme auf Bestimmungen des bulgarischen Rechts könne jedenfalls unter Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 fallen, auf den sich die Group OOD vor der Beschwerdekammer berufen habe. Selbst wenn diese Bezugnahme zur Erfüllung der Verpflichtungen zum Nachweis des nationalen Rechts nicht genügen sollte, hätte die Beschwerdekammer zumindest ihr Ermessen ausüben müssen, habe dies aber unterlassen ( 13 ).

20.

Zur Erfüllung der Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen zum nationalen Recht gemäß Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95 wird in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass weder die Verordnungen Nr. 207/2009 und Nr. 2868/95 noch die Rechtsprechung festlegten, wie der Inhalt des nationalen Rechts nachzuweisen sei. Daher könne die Beschwerdekammer von der Widerspruchsführerin nicht die Vorlage eines Auszugs aus dem Darzhaven vestnik (bulgarisches Amtsblatt) oder des offiziellen bulgarischen Textes verlangen, zumal die Verfahrenssprache vor dem EUIPO Englisch gewesen sei. Um das maßgebliche nationale Recht eindeutig bestimmen zu können und dem Antragsteller die Ausübung seiner Verteidigungsrechte zu ermöglichen, sei es nicht unerlässlich, dass der Text der Rechtsvorschriften aus einer amtlichen Quelle stamme ( 14 ).

21.

Das Gericht zog das Urteil HABM/National Lottery Commission ( 15 ) entsprechend heran und führte aus, dass es Sache der zuständigen Stellen des EUIPO sei, die Aussagekraft und die Tragweite der Angaben zum nationalen Recht zu beurteilen. Hierzu hätte es sich von Amts wegen über das nationale Recht informieren müssen, soweit es für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des relativen Eintragungshindernisses und vor allem für die Würdigung der vorgetragenen Tatsachen oder der Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen erforderlich gewesen sei.

22.

Wenn die Beschwerdekammer Zweifel an der genauen Wiedergabe, der Anwendbarkeit oder der Auslegung des nationalen Rechts gehabt habe, sei sie gehalten gewesen, ihre Prüfungsbefugnis auszuüben und gründlichere Nachforschungen zu Inhalt und Tragweite der geltend gemachten nationalen Rechtsvorschriften anzustellen, sei es von Amts wegen oder durch eine Aufforderung an die Widersprechende, die von ihr vorgelegten Informationen zum bulgarischen Recht zu untermauern ( 16 ).

23.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdekammer die Bezugnahme auf Art. 12 Abs. 6 des bulgarischen Markengesetzes nicht ohne Ausübung ihrer Prüfungsbefugnis zurückweisen durfte. Infolgedessen hob es die angefochtene Entscheidung auf und verurteilte das EUIPO und Herrn Iliev, neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Group OOD zu tragen.

IV. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

24.

Die Rechtsmittelschrift ist am 19. September 2016 und die Rechtsmittelbeantwortung der Group OOD am 23. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

25.

Das EUIPO beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Group OOD zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Diese beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

26.

Auf Antrag beider Parteien gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verfahrensordnung hat am 28. September 2017 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, an der beide Parteien teilgenommen haben.

V. Prüfung des Rechtsmittels

A.   Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95

1. Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

27.

Das EUIPO vertritt erstens die Ansicht, der Gerichtshof habe die Obliegenheiten desjenigen, der der Eintragung einer Marke widerspreche, klar festgelegt: Er müsse nicht nur die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Voraussetzungen bezüglich des nationalen Rechts erfüllen, sondern auch die Angaben vorbringen, aus denen sich der Inhalt dieser Rechtsvorschriften ergebe ( 17 ). Habe der Widersprechende der Widerspruchsabteilung keine Informationen zum nationalen Recht vorgelegt, könne ein Verstoß gegen diese Obliegenheiten nicht vor der Beschwerdekammer geheilt werden.

28.

Zweitens sei Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 nur auf erstmals vor der Beschwerdekammer vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel anwendbar, die diejenigen, die zur Erfüllung derselben Voraussetzung in Art. 8 Abs. 4 vorgebracht worden seien, ergänzten oder vervollständigten.

29.

Drittens habe das Gericht zu Unrecht angenommen, dass jedes Vorbringen von Informationen zum nationalen Recht zusätzlich zu den zuvor im Rahmen der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 8 Abs. 4 vorgelegten Beweismitteln erfolge.

30.

Viertens sei in dem angefochtenen Urteil versäumt worden, zu prüfen, ob ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen den vor der Beschwerdekammer und den fristgerecht vor der Widerspruchsabteilung vorgebrachten Informationen bestehe. Fehle ein solcher Zusammenhang, sei das Beweismittel als „völlig neu“ und nicht als „ergänzend“ oder „zusätzlich“ anzusehen.

31.

Die Group OOD weist die Argumente des EUIPO zurück und verneint insbesondere, dass es sich bei der Bezugnahme auf Art. 12 Abs. 6 des bulgarischen Markengesetzes um ein völlig neues Vorbringen bzw. ein völlig neues Beweismittel handle und sich der Streit nur um diese Frage drehe.

32.

Sie ist in Übereinstimmung mit dem Gericht der Ansicht, dass das durch Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 eingeräumte Ermessen ausgeübt werden könne, wenn die vorgebrachten Gesichtspunkte für den Ausgang des Streits tatsächlich relevant seien und das Verfahrensstadium, in dem sie vorgebracht würden, sowie die Umstände, die sie begleiteten, ihrer Berücksichtigung nicht entgegenstünden.

33.

Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 verlange nicht den Nachweis der nationalen Regelung, sondern des Inhalts des älteren Rechts. Die nationalen Vorschriften seien nichts anderes als einer der Gesichtspunkte zum Nachweis des Bestehens eines gültigen subjektiven Rechts an einer nicht eingetragenen Marke, auf das ihr Inhaber seinen Widerspruch stütze. Darüber hinaus sei in der Verordnung Nr. 2868/95 nicht festgelegt, anhand welcher konkreten Beweismittel der Nachweis des Inhalts der nationalen Vorschriften über die Rechte an nicht eingetragenen Marken erbracht werden könne.

34.

Schließlich führt die Group OOD entgegen der vom EUIPO vertretenen Auffassung aus, dass nicht die Verteidigungsrechte von Herrn Iliev beeinträchtigt worden wären, wenn die Beschwerdekammer ihr Ermessen ausgeübt hätte. Vielmehr seien die Verteidigungsrechte der Group OOD verletzt worden, weil ihr Vorbringen nicht erörtert worden sei, obwohl die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 erfüllt gewesen seien.

2. Untersuchung des Rechtsmittelgrundes

35.

Nach Auffassung des EUIPO hätte das Gericht, da die Nachweise zum nationalen Recht erstmals vor der Beschwerdekammer in das Verfahren eingeführt worden seien, feststellen müssen, dass diese sie zu Recht zurückgewiesen habe, denn ihr Ermessen erstrecke sich nicht auf neue Beweismittel ( 18 ).

36.

Die Prüfung des Rechtsmittels könnte grundsätzlich auf die bloße rechtliche Einstufung der von der Group OOD vorgelegten Beweismittel (zum bulgarischen Recht) beschränkt werden. So gesehen gehe es einzig und allein darum, ob es sich um „neue“ oder „ergänzende“ Beweismittel handelt. Nach ihrer Einstufung müsste auf deren rechtliche Folgen für die Ausübung des Ermessens der Beschwerdekammer eingegangen werden.

37.

Ich meine jedoch, dass das aufgeworfene Problem von größerer Bedeutung ist, die eine eingehendere Prüfung rechtfertigt. Bei der Prüfung der Funktionen der Beschwerdekammer ist insbesondere abzustellen auf: i) die Stellung des nationalen Rechts in dieser Art von Verfahren, ii) die Grenzen der Befugnis, verspätet vorgebrachte Beweismittel zu würdigen, sowie iii) darauf, wann ein Beweismittel als neu oder ergänzend zu betrachten ist. Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann angemessen über den Antrag des EUIPO entschieden werden.

a) Die Behandlung des nationalen Rechts in den Verfahren nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009

38.

Wenn die Verordnung Nr. 207/2009 auf das nationale Recht verweist, kann Letzteres zu einem Schlüsselelement für die Entscheidung werden, ob z. B. ein relatives Eintragungshindernis für die angemeldete Marke besteht. Ein solches sieht Art. 8 Abs. 4 der Verordnung vor, wonach bei der Entscheidung des Streits „für den Schutz des Kennzeichens [eine nicht eingetragene Marke oder ein sonstiges im geschäftlichen Verkehr benutztes Kennzeichenrecht von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung] dem maßgeblichen Recht [sowohl] der Gemeinschaft [als auch] des Mitgliedstaats“ Rechnung getragen werden kann.

39.

In diesen Fällen sind die Spruchkörper des EUIPO als erste daran interessiert, dass keine Zeichen eingetragen werden, die anschließend in einem Nichtigkeitsverfahren erfolgreich angefochten werden können. Dieses öffentliche Interesse rechtfertigt die Berücksichtigung verspätet vorgelegter Beweismittel ( 19 ).

40.

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass in Nichtigkeitsverfahren, die gemäß Art. 53 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 durchgeführt werden, „es dem Antragsteller nicht nur [obliegt], vor dem HABM die Angaben vorzubringen, die beweisen, dass er die nach den nationalen Rechtsvorschriften, deren Anwendung er begehrt, erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, um die Benutzung einer Gemeinschaftsmarke aufgrund eines älteren Rechts untersagen lassen zu können, sondern auch, die Angaben vorzubringen, aus denen sich der Inhalt dieser Rechtsvorschriften ergibt“ ( 20 ).

41.

Eine automatische Übertragung dieser Rechtsprechung auf Widerspruchsverfahren wie das vorliegende stößt auf gewisse Schwierigkeiten. Die Anforderungen dieser Rechtsprechung ergeben sich nämlich aus der Auslegung von Regel 37 Buchst. b Ziff. iii der Durchführungsverordnung ( 21 ), die ausdrücklich das nationale Recht im Sinne der nationalen Rechtsvorschriften nennt. Regel 19 Abs. 2 Buchst. d derselben Verordnung verlangt hingegen für einen auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Widerspruch den Nachweis „des Erwerbs, des Fortbestands und des Schutzumfangs“ des früheren Rechts, das der Widersprechende geltend macht. Die Erwähnung des nationalen Rechts im Sinne von „nationalen Rechtsvorschriften“ ist bestenfalls eine Überschneidung.

42.

Ausschlaggebend ist also Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Durchführungsverordnung als Verfahrensbestimmung, die die Obliegenheiten des Widersprechenden, der sich auf eine nicht eingetragene ältere Marke beruft (wie in der vorliegenden Rechtssache), konkret regelt.

43.

Allerdings macht der Ausdruck „nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht … des Mitgliedstaats“ in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 die Klärung der Frage erforderlich, wem der Nachweis des Bestehens und des Inhalts dieses (nationalen) Rechts obliegt. Zwar ist der Widersprechende nach der wiederholt angeführten Regel 19 nicht verpflichtet, das nationale Recht nachzuweisen, wenn er andere Mittel zum Nachweis des Erwerbs, des Fortbestands und des Schutzumfangs seines Rechts an der nicht eingetragenen vorrangigen Marke findet. Wenn aber seine Rechte an dem nicht eingetragenen Kennzeichen (u. a. das Recht, die Benutzung der angemeldeten Marke durch seinen Gegner zu untersagen) durch die nationalen Rechtsvorschriften geschützt werden, auf die er sich beruft ( 22 ), muss er zumindest dazu beitragen, deren Inhalt zu präzisieren.

44.

In diesem Fall gelten die üblichen Beweisregeln (wer etwas behauptet, muss es beweisen) des Art. 76 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009. Da es um nationale Rechtsvorschriften geht, bedarf dieser Grundsatz jedoch einiger Nuancierungen.

45.

Ich habe bereits ausgeführt, dass das EUIPO ein Interesse daran hat, dass Kennzeichen, die in Nichtigkeitsverfahren erfolgreich angefochten werden können, nicht eingetragen werden, und sei es auch nur wegen des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung. Angesichts der Tragweite der von ihnen zu erlassenden Entscheidung dürfen sich die Spruchkörper des EUIPO einer umfassenden Prüfung nicht entziehen, was gegebenenfalls die Verpflichtung einschließt, von Amts wegen über das nationale Recht Beweis zu erheben. Sie können sich nicht in einfache „Kammern zur Erfassung des vom Widersprechenden vorgetragenen nationalen Rechts“ umwandeln ( 23 ), d. h., sie dürfen sich nicht darauf beschränken, „das nationale Recht, wie es vom Antragsteller des Nichtigkeitsverfahrens dargestellt wird, lediglich zu bestätigen“ ( 24 ).

46.

Die Rechtsprechung des Gerichtshofs auf diesem Gebiet lässt sich als ambivalent bezeichnen. Einerseits hebt er die Pflicht der Klägerseite hervor, den Nachweis der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs einer Marke zu erbringen ( 25 ). Andererseits unterstreicht er die Pflicht des EUIPO, von Amts wegen die Tatbestandsvoraussetzungen und die Tragweite der angeführten nationalen Rechtsvorschriften zu ermitteln ( 26 ).

47.

Ich meine, dass sich der zweite der skizzierten Ansätze besser zum Nachweis des Inhalts des nationalen Rechts eignet, durch das ein nicht eingetragenes Kennzeichen geschützt wird. Ihm folgt das Urteil HABM/National Lottery Commission ( 27 ), in dem der Gerichtshof unumwunden feststellte, dass „die Feststellung des Gerichts in Rn. 20 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei [ist], dass ‚sich das HABM, wenn es veranlasst sein kann, insbesondere das nationale Recht des Mitgliedstaats zu berücksichtigen, in dem ein älteres Recht geschützt ist, auf das der Antrag auf Nichtigerklärung gestützt wird, von Amts wegen mit den ihm hierzu zweckdienlich erscheinenden Mitteln über das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats informieren muss[ ( 28 )], soweit entsprechende Kenntnisse für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des fraglichen Nichtigkeitsgrundes und vor allem für die Würdigung der vorgetragenen Tatsachen oder der Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen erforderlich sind‘“.

48.

Die Stellen des EUIPO ( 29 ) müssen daher bestrebt sein, den Nachweis des nationalen Rechts zu vervollständigen, damit die Akten des Widerspruchsverfahrens im Hinblick auf eine eventuelle Anfechtung in der Zukunft so detailliert wie möglich sind. Auf diese Weise wird zudem ermöglicht, dass das Gericht seine aus Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 folgende (unbeschränkte) Befugnis zur Auslegung des nationalen Rechts ausübt ( 30 ).

49.

Die dem Widersprechenden obliegende Beweislast wird durch diese Verpflichtung nicht umgekehrt. Das EUIPO prüft von Amts wegen, wenn es über Angaben zum nationalen Recht verfügt, sei es in Form eines Vorbringens zu seinem Inhalt, in Form von Unterlagen, die in die Erörterung eingebracht worden sind und deren Beweiskraft geltend gemacht wurde ( 31 ), oder auch nur in Form eines bloßen Anfangsbeweises ( 32 ).

50.

Ob diese Angaben ausreichen, um die Verpflichtung auszulösen, die nationalen Rechtsvorschriften von Amts wegen zu prüfen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Einer dieser Umstände besteht gerade darin, dass die Angaben zum nationalen Recht im Sinne von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verspätet vorgebracht worden sind. Ein anderer könnte darin liegen, dass beide Parteien sowohl die betreffende Sprache als auch das streitige nationale Recht kennen oder kennen müssen, weil beide dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen und weil vor allem der Rechtsstreit ursprünglich auf diesen Mitgliedstaat beschränkt war.

b) Der verspätete Beweis vor den Beschwerdekammern

51.

Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009, dessen Verletzung das EUIPO rügt, stellt in Abs. 1 Satz 1 den für alle Spruchkörper des Amtes geltenden (allgemeinen) Grundsatz auf, dass der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln ist. Abs. 1 Satz 2 sieht jedoch eine Sonderregelung für „Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse“ vor: Die Ermittlung ist dann auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt. Letztgenannte Klarstellung ist eine Umsetzung des Verbots, ultra petita zu entscheiden, was angesichts dessen, dass es sich um Inter-partes-Verfahren handelt, dessen Grenzen die Parteien bestimmen, nicht überrascht ( 33 ).

52.

Vor diesem Hintergrund sieht Art. 76 Abs. 2 eine Ausnahme von der Unzulässigkeit verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel vor. Danach braucht das EUIPO Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen ( 34 ).

53.

Der Gerichtshof hat diese Vorschrift in seiner Rechtsprechung ( 35 ) durchgehend in dem Sinne ausgelegt, „dass als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorgebracht werden können, wenn die für dieses Vorbringen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem EUIPO einschließlich seiner Beschwerdekammern keineswegs untersagt ist, solche verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen“ ( 36 ).

54.

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung räumt die streitige Vorschrift dem EUIPO durch die Verwendung des Wortes „braucht“ ein weites Ermessen ein, damit es unter entsprechender Begründung darüber befinden kann, ob die Beweismittel im Einzelfall zu berücksichtigen sind oder nicht ( 37 ).

55.

Was die Ausübung dieses Ermessens im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens betrifft, kann nach dieser Rechtsprechung der Ermessensgebrauch durch das Amt gerechtfertigt sein, wenn dieses zu der Auffassung gelangt, dass zum einen die verspätet vorgebrachten Gesichtspunkte dem ersten Anschein nach von wirklicher Relevanz für das Ergebnis des Widerspruchs sein können und dass zum anderen das Verfahrensstadium, in dem das verspätete Vorbringen erfolgt, und die Umstände, die es begleiten, einer solchen Berücksichtigung nicht entgegenstehen ( 38 ).

56.

In einem Urteil, das nach dem angefochtenen Urteil ergangen ist, hat der Gerichtshof dieser Befugnis eine Grenze ( 39 ) gesetzt. In der Rechtssache EUIPO/Grau Ferrer ist Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung dahin ausgelegt worden, dass sie in Widerspruchsverfahren das Ermessen nicht auf neue Beweismittel erstreckt, da die genannte Bestimmung nur von ergänzenden Beweismitteln spricht ( 40 ).

57.

Das EUIPO stützt sein Rechtsmittel ( 41 ) zum großen Teil auf diese richterliche Klarstellung. Meines Erachtens kann es jedoch auf unterschiedliche Fragen nicht dieselbe Antwort geben: a) Das Rechtsmittel EUIPO/Grau Ferrar betraf den Nachweis der Existenz und der Gültigkeit einer nationalen Marke ( 42 ), während es b) hier um den Nachweis einer nationalen Regelung mit dem sich daraus ergebenden Unterschied geht.

58.

Das nationale Recht, das bei der Durchführung der Verordnung Nr. 207/2009 anzuwenden ist, hat in diesem Zusammenhang nicht den Status einer bloßen Tatsache, denn gemäß Art. 65 Abs. 2 dieser Verordnung unterliegt zumindest seine Auslegung durch die Stellen des EUIPO einer vollen Rechtmäßigkeitskontrolle durch das Gericht, das von Amts wegen den Inhalt und die Tatbestandsvoraussetzungen des nationalen Rechts ermitteln kann ( 43 ). Auf diese doppelte Rechtsnatur gehe ich sogleich ein.

c) Neue, ergänzende oder zusätzliche Beweise

59.

In seinem Rechtsmittel führt das EUIPO aus, bevor zusätzliche Beweismittel zu diesem Recht zugelassen werden könnten, müssten zunächst rechtzeitig andere Beweismittel zum nationalen Recht vorgelegt worden sein. Dies sei in der vorliegenden Rechtssache nicht geschehen, denn die Group OOD habe nur vor der Beschwerdekammer (und nicht vor der Widerspruchsabteilung, die ihre Vorinstanz sei) Angaben zum bulgarischen Recht gemacht.

60.

Neue Beweismittel ( 44 ) in dem hier interessierenden Sinne zeichnen sich dadurch aus, dass kein Zusammenhang mit einem anderen, früher vorgelegten Dokument besteht und dass sie verspätet eingeführt worden sind. Zusätzliche oder ergänzende Beweismittel sind hingegen solche, die zu anderen, fristgerecht vorgelegten hinzukommen.

61.

Diese Unterscheidung sowie die Wirkungen der jeweiligen Kategorie von Beweismitteln liegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs zugrunde, wonach „das Amt, wenn innerhalb der von diesem festgesetzten Frist keinerlei Nachweis der Benutzung der betroffenen Marke vorgelegt wird, den Widerspruch von Amts wegen zurückweisen muss. Wenn dagegen Beweismittel innerhalb der vom Amt gesetzten Frist vorgelegt worden sind, ist die Vorlage ergänzender Nachweise weiterhin möglich (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM, C‑621/11 P, EU:C:2013:484, Rn. 28 und 30).“ ( 45 )

62.

In diesem Kontext kombiniert der Inhalt des nationalen Rechts tatsächliche Gesichtspunkte (von demjenigen, der sich darauf beruft, wird dessen Vortrag oder zumindest ein Anfangsbeweis verlangt) und rein rechtliche Gesichtspunkte (Sache des Gerichts und gegebenenfalls des Gerichtshofs ist es, zu entscheiden, ob dieser Inhalt von den Spruchkörpern des EUIPO richtig oder falsch ausgelegt worden ist).

63.

Eben dies macht es erforderlich, dass die Spruchkörper des EUIPO bei der Abwägung der Bedeutung und der Tragweite des nationalen Rechts eine aktive Haltung einnehmen, wenn dieses vor ihnen in einer Weise vorgetragen wird, die es erlaubt, von einem Anfangsbeweis zu sprechen. Ausgehend von diesem Vorbringen könnten bei einem Mindestmaß vorgelegter Unterlagen später vor den Beschwerdekammern vorgelegte Beweismittel als zusätzliche oder ergänzende und nicht als neue Beweise eingestuft werden.

64.

Man muss sich jedoch fragen, ob diese Einstufungen auf den Nachweis des nationalen Rechts in einer Situation wie der dieses Rechtsstreits anwendbar sind, in dem sich zwei Parteien gegenüberstehen, die dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen, derselben nationalen Rechtsordnung unterliegen und einen Streit vor das EUIPO gebracht haben, den sie bereits in ihrem Land – Bulgarien – begonnen haben.

d) Anwendung der vorstehenden Auslegungsregeln auf den vorliegenden Fall

65.

In Rn. 57 des angefochtenen Urteils kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die drei Bestimmungen des bulgarischen Rechts, die die Group OOD vor der Beschwerdekammer angeführt habe, keine neuen Beweismittel seien, da sie Teil der Beweise seien, mit denen der Erwerb, der Fortbestand und der Schutzumfang der nicht eingetragenen bulgarischen Marke, die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geltend gemacht wurde, belegt werden sollte ( 46 ).

66.

Was die rechtliche Einordnung betrifft, unterliegt diese Würdigung des Charakters der Beweismittel grundsätzlich der Prüfung durch den Gerichtshof im Rahmen des Rechtsmittels ( 47 ). Hierzu bedarf es einiger Anmerkungen.

67.

Als Erstes ist Rn. 27 des Urteils Grau Ferrer in Verbindung mit der ihr vorangehenden Rn. 26 heranzuziehen, aus der sich ergibt, dass es in jener Rechtssache um den Nachweis der Benutzung ging, dessen vollständiges Fehlen das EUIPO dazu zwang, den Widerspruch von Amts wegen zurückzuweisen ( 48 ). Damals hatte der Widersprechende nämlich gegenüber der Widerspruchsabteilung die Existenz der Marke, auf die er seinen Widerspruch teilweise gestützt hatte, nicht belegt. Hier dagegen ist unstreitig, dass Beweise für die Benutzung der entgegengehaltenen nicht eingetragenen Marke insbesondere in Bulgarien vorliegen, unabhängig vom Grad ihrer Überzeugungskraft.

68.

Unter diesen Umständen vervollständigten die der Beschwerdekammer vorlegten Nachweise zum nationalen Recht in rechtlicher Hinsicht die Angaben zu Erwerb, Fortbestand und (vor allem) Schutzumfang des Rechts an der nicht eingetragenen Marke gemäß Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Durchführungsverordnung. Aus dieser Sicht hat das Gericht keinen Fehler begangen, als es die Beweismittel als ergänzend einstufte.

69.

Zweitens ergibt sich aus Rn. 35 des angefochtenen Urteils, dass die Group OOD der Widerspruchsabteilung keinen Nachweis des maßgeblichen nationalen Rechts vorgelegt hat. In der mündlichen Verhandlung wurde klar, dass Art. 12 Abs. 6 des bulgarischen Markengesetzes erstmals vor der Beschwerdekammer ausdrücklich genannt wurde ( 49 ).

70.

Drittens kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sowohl der Anmelder der neuen Marke als auch die Group OOD aus Bulgarien stammten und von Juristen vertreten wurden, von denen angenommen werden konnte, dass sie das Recht ihres Landes insbesondere in Bezug auf den Schutz nicht eingetragener Marken kannten. Entgegen dem Vorbringen des EUIPO käme es in diesem Kontext weder zu einer Einschränkung der Verteidigungsrechte noch zu der von ihm behaupteten Rechtsunsicherheit ( 50 ).

71.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die beiden Streitparteien vor der Widerspruchsabteilung den Inhalt des für sie maßgeblichen nationalen Rechts angezweifelt hätten. Der Anmelder des neuen Zeichens (Herr Iliev) wurde vor den bulgarischen Gerichten ausschließlich von bulgarischen Rechtsanwälten vertreten und berief sich auf bulgarisches Recht, bevor er seinen Rechtsstreit vor das EUIPO brachte, als er eine Unionsmarke anmeldete. Unter diesen Umständen konnte die Group OOD davon ausgehen, dass sie im Rahmen ihres Widerspruchs nur die Beweislast für die relevanten Tatsachen traf (also die Benutzung des nicht angemeldeten Zeichens im geschäftlichen Verkehr und seine nicht lediglich örtliche Bedeutung), nicht aber für das nationale Recht, dessen Inhalt offenbar nicht in Rede stand. Aber wie verhält es sich mit dem EUIPO?

72.

Im Bereich des nationalen Rechts nimmt das Amt, wenn es sich mit Widerspruchsverfahren befasst, die auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt werden, eine besondere Stellung ein. Die nationale bulgarische Vorschrift war in der Tabelle der nationalen Rechte angeführt, die das EUIPO in seinen Prüfungsrichtlinien für Unionsmarken (konkret in dem Teil betreffend den auf diesen Artikel gestützten Widerspruch) ( 51 ) veröffentlicht. Es ist verständlich, dass sich der Widersprechende im Licht dieser Information und der vorangegangenen Ereignisse gegenüber dem Anmelder nicht verpflichtet fühlte, bei der Widerspruchsabteilung expliziter auf die nationalen Vorschriften, die bereits in diesen Richtlinien aufgeführt waren, Bezug zu nehmen.

73.

Unter diesen besonderen Umständen konnte die Widerspruchsabteilung vom Widersprechenden unschwer Klarstellungen zum nationalen Recht verlangen, ohne deshalb den Grundsatz der Waffengleichheit zu beinträchtigen, da die andere Partei das aus ihrer Sicht insoweit Zweckdienliche später vorbringen konnte. Dieser Spruchkörper des EUIPO war durch nichts daran gehindert, bei Zweifeln an der Anwendbarkeit und der Auslegung des geltend gemachten nationalen Rechts beispielsweise eine Beweisaufnahme gemäß Art. 78 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 ( 52 ) anzuordnen und so, wie das Gericht anmerkte ( 53 ), seine Prüfungsbefugnis auszuüben.

74.

Zu verlangen, wie es offenbar das EUIPO tut, dass im Widerspruchsverfahren von Anfang an alle vier Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nachgewiesen werden, hätte einen zu strengen Formalismus zur Folge, der dem Zweck zuwiderläuft, die Eintragung von Marken zu vermeiden, die später für nichtig erklärt werden könnten. Zudem würde eine solche Anforderung das Ermessen bei der Zulassung verspätet vorgelegter Beweismittel, die – wie gesagt – in den Worten des Gerichtshofs eine „allgemeine Regel“ darstellt, auf ein Mindestmaß beschränken ( 54 ).

75.

Im Ergebnis denke ich, dass es hinreichende Gründe dafür gab, den Nachweis der drei vor der Beschwerdekammer angeführten Bestimmungen des bulgarischen Rechts gegenüber den der Widerspruchsabteilung vorgelegten Nachweisen als zusätzlich zu betrachten. Folglich lässt das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler in Bezug auf Regel 50 der Durchführungsverordnung erkennen. Das Gericht konnte im Gegenteil sehr wohl die Feststellung treffen, dass die Bezugnahmen auf das bulgarische Recht vor der Beschwerdekammer ergänzend und nicht neu waren ( 55 ).

76.

Demgemäß hat das Gericht auch keinen Rechtsfehler mit der Feststellung begangen, dass a) in dieser Rechtssache das „Ermessen hinsichtlich der möglichen Berücksichtigung verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel“ nicht restriktiv auszuüben war, eine Feststellung, die das EUIPO mit dem Rechtsmittel nicht angefochten hat ( 56 ), und dass b) die Beschwerdekammer „[z]u Unrecht … das ihr eingeräumte Ermessen nicht [ausübte] und [sich] weigerte …, die ihr vorgelegten Bezugnahmen auf das bulgarische Recht zu berücksichtigen. Damit verstieß die Beschwerdekammer gegen Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie gegen Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95.“ ( 57 )

77.

Dem ersten Rechtsmittelgrund ist daher nicht zu folgen.

B.   Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 19 Abs. 2 der Durchführungsverordnung

1. Zusammenfassung der Standpunkte der Parteien

78.

Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht das EUIPO geltend, das Gericht habe mit seiner Feststellung, dass keine formalen Anforderungen an den Nachweis der nationalen Gesetzgebung bestünden, gegen Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Durchführungsverordnung verstoßen. Vielmehr müssten zur Wahrung der Verteidigungsrechte des Beklagten in einem Inter-partes-Verfahren bestimmte Formalien beachtet werden.

79.

Im Licht des Grundsatzes der „Parallelität der Formen“ seien daher die in Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 enthaltenen Voraussetzungen für den Nachweis der Eintragung von Marken auf den Nachweis der nationalen Bestimmungen, die nicht eingetragenen Marken Rechtswirkungen verleihen, entsprechend anzuwenden.

80.

Die Group OOD verneint eine solche entsprechende Anwendbarkeit, da sowohl der Tatbestand des Buchst. a von Abs. 2 der Regel 19 der Durchführungsverordnung als auch der übrigen Buchstaben dieses Absatzes in Bezug auf die Beweismittel voneinander abwichen, die nach Maßgabe der Art des früheren subjektiven Rechts, das im Rahmen des Widerspruchs geltend gemacht werde, verlangt werden könnten. Diese Regel lege für die verschiedenen Fälle (eingetragene, angemeldete, notorisch bekannte, bekannte, nicht eingetragene und sogar betrügerisch eingetragene nationale Marke) keine ausschließliche Form des Nachweises fest.

81.

Jedenfalls verpflichte Regel 19 Abs. 2 Buchst. d den Widersprechenden nicht, den Stellen des EUIPO eine Abschrift des amtlichen Textes der nationalen Regelung, auf die er sich berufe, in der Originalsprache vorzulegen. Das Amt verfüge über eine Befugnis zur Kontrolle und Überprüfung des nationalen Rechts, um den genauen Inhalt dieser Regelung feststellen zu können.

2. Untersuchung des Rechtsmittelgrundes

82.

So wie das EUIPO ihn darlegt, überzeugt mich der zweite Rechtsmittelgrund nicht.

83.

Erstens teile ich in Bezug auf den Vergleich mit den Beweismitteln, die in Fällen eingetragener Marken verlangt werden (Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Durchführungsverordnung), die Auffassung der Group OOD: Der Gesetzgeber hat die Beweisunterlagen dem im Einzelfall geltend gemachten subjektiven Recht angepasst.

84.

Daher erscheint es logisch, dass er für eingetragene Marken die Vorlage der Eintragungs- und anderer Urkunden vorschreibt, die im Allgemeinen bei der Eintragung ausgestellt werden und an deren Beweiskraft kein Zweifel besteht. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Inhaber einer eingetragenen Marke, der die übliche Sorgfalt walten lässt, im Besitz dieser Urkunden ist oder sie sich ohne große Schwierigkeiten beschaffen kann.

85.

Derselben Logik entspricht es, wenn von einem Widersprechenden, der sich auf eine eingetragene Prestigemarke beruft (Regel 19 Abs. 2 Buchst. c), dieselben Urkunden sowie der „Nachweis, dass die Marke Wertschätzung genießt“, verlangt werden. Es bestehen keine Beschränkungen dafür, dass der jeweilige Inhaber der Marke den Nachweis der geltend gemachten Wertschätzung, die normalerweise nicht in öffentlichen Urkunden dokumentiert ist, mit den Mitteln führt, die er für zweckdienlich hält.

86.

Dieser Gedanke liegt auch den Beweismitteln zugrunde, die in den Fällen nicht eingetragener Marken verlangt werden. Da diese Zeichen aufgrund ihrer Natur nicht offiziell in Registern verzeichnet sind, ist es verständlich, dass die Beschreibung der Mittel zum Nachweis ihrer Benutzung und der damit verbundenen Rechte weniger klar ist, gerade um strenge Formalien in einem Bereich zu vermeiden, in dem es sie nicht geben kann.

87.

Ferner knüpfen die Beweismittel, die der Inhaber eines nicht eingetragenen Zeichens vorlegen muss, wenn er der Eintragung einer neuen Marke widerspricht, im Wesentlichen an das subjektive Recht an, auf das er sich beruft. Der Erwerb, der Fortbestand und der Schutzbereich des Rechts an diesen nicht eingetragenen Marken können nachgewiesen werden, wenn nach nationalem Recht (oder gegebenenfalls – was hier nicht der Fall ist – nach Unionsrecht) das prioritäre Recht ihres Inhabers, das Zeichen zu benutzen und den Gebrauch späterer Zeichen zu untersagen, festgestellt worden ist.

88.

Formalien für die Beweismittel dort vorzuschreiben, wo sich der Rechtstext absichtlich (meiner Meinung nach zutreffend) dafür entschieden hat, eine gewisse Freiheit zu gewähren, käme folglich der Umformulierung des Wortlauts der Durchführungsverordnung in einem Sinne gleich, der nicht der Intention des Unionsgesetzgebers entspricht.

89.

Zweitens wäre das Erfordernis, dass eine Übersetzung der im Rahmen des Widerspruchs geltend gemachten nationalen Vorschriften vorzulegen ist, hypothetisch zulässig, wenn die Gegenpartei (also der Anmelder der Marke) sie nicht verstehen kann. Hier genügt jedoch der Hinweis darauf, dass in dieser Rechtssache der Anmelder, Herr Iliev, ebenfalls bulgarischer Staatsangehöriger war und zu keinem Zeitpunkt erkennbar war, dass er die Sprache dieses Mitgliedstaats nicht beherrschte.

90.

Drittens ist es sehr weit hergeholt, den Parallelismus der Formalitäten auf der Grundlage von Art. 94 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs heranzuziehen, der die nationalen Gerichte verpflichtet, neben den vorgelegten Fragen den Wortlaut der möglicherweise auf den Fall anwendbaren nationalen Vorschiften und gegebenenfalls die einschlägige nationale Rechtsprechung anzugeben. Diese Angaben dienen dem Gerichtshof zum besseren Verständnis der Rechtsfrage, die ihm das nationale Gericht stellt, eine Orientierung, die für ihn beim Erlass eines Urteils zur Auslegung einer Rechtsvorschrift erga omnes unerlässlich ist.

91.

Es liegt auf der Hand, dass keine Ähnlichkeit mit den Verfahren über einen Widerspruch gegen eine Markenanmeldung besteht. In diesen erfolgt der Nachweis des nationalen Rechts oder die Berufung hierauf im Rahmen eines Inter-partes-Verwaltungsverfahrens, dessen Ausgang nur die Parteien betrifft. Es bedarf kaum des Hinweises, dass die Rechtsprechungsfunktion des Gerichtshofs bei der Beantwortung von Vorlagefragen nicht der der Spruchkörper des EUIPO gleichgestellt werden kann.

92.

Daher kann ich in dem angefochtenen Urteil keinen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 19 Abs. 2 der Durchführungsverordnung erkennen, wenn in ihm insbesondere in den Rn. 69, 70 und 81 festgestellt wird, dass es keine formellen Anforderungen an den Nachweis des nationalen Rechts gibt.

93.

Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen, was gemeinsam mit der Zurückweisung des ersten Rechtsmittelgrundes zur Folge hat, dass das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen ist.

94.

Dem EUIPO sind gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Kosten aufzuerlegen, da es mit seinem Vorbringen unterlegen ist und die Group OOD dies beantragt hat.

VI. Ergebnis

95.

Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

1.

das Rechtsmittel zurückzuweisen,

2.

dem EUIPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

( 2 ) Verordnung des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1).

( 3 ) Urteil vom 29. Juni 2016, Group OOD/EUIPO – Iliev (Group Company TOURISM & TRAVEL) (T‑567/14, EU:T:2016:371) (im Folgenden: angefochtenes Urteil).

( 4 ) Die letzte Fassung dieses Rechtstexts, die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. April 2017 (ABl. 2017, L 154, S. 1), die auf den vorliegenden Fall zeitlich nicht anwendbar ist, ist das Ergebnis der Änderungen durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21).

( 5 ) Betrifft nur die spanische Fassung.

( 6 ) Verordnung (EG) der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1, im Folgenden auch: Durchführungsverordnung); zuletzt geändert durch die in Fn. 4 angeführte Verordnung 2015/2424.

( 7 ) Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 72/2012 vom 16. April 2012.

( 8 ) Über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in überarbeiteter und geänderter Fassung.

( 9 ) Entscheidung vom 2. Juni 2014 (Sache R 1587/2013-4) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

( 10 ) Bulgarisches Gesetz über Marken und geografische Angaben (im Folgenden: bulgarisches Markengesetz).

( 11 ) Vgl. Rn. 52 bis 56 des angefochtenen Urteils.

( 12 ) Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 3. Oktober 2013, Rintisch/HABM (C‑120/12 P, EU:C:2013:638), führt es aus, der Gerichtshof habe dort festgestellt, dass die Beschwerdekammer ihr Ermessen restriktiv ausüben müsse, da die Dokumente, die zur Stützung des Widerspruchs vorzulegen seien, genau und abschließend in Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 aufgezählt seien. Dies sei in dieser Rechtssache angesichts des Wortlauts von Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung nicht der Fall.

( 13 ) Rn. 57 bis 61 des angefochtenen Urteils.

( 14 ) Rn. 69 und 70 des angefochtenen Urteils.

( 15 ) Urteil vom 27. März 2014 (C‑530/12 P, EU:C:2014:186).

( 16 ) Rn. 77 bis 82 des angefochtenen Urteils.

( 17 ) Hierzu verweist sie auf das Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/EUIPO (C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 50).

( 18 ) In diesem Zusammenhang verweist das Gericht auf das Urteil vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:579, Rn. 27), das nach dem hier angefochtenen Urteil ergangen ist.

( 19 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul (C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 48).

( 20 ) Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM (C‑263/09 P; EU:C:2011:452, Rn. 50).

( 21 ) Ebd. (Rn. 49). Diese Regel hat folgenden Wortlaut: „Der Antrag beim [EUIPO] … muss folgende Angaben enthalten: … iii) bei Anträgen gemäß Artikel 52 Absatz 2 der Verordnung Angaben, aus denen hervorgeht, auf welches Recht sich der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit stützt, und Angaben, die beweisen, dass der Antragsteller Inhaber eines in Artikel 52 Absatz 2 der Verordnung genannten älteren Rechts ist oder dass er nach einschlägigem nationalen Recht berechtigt ist, dieses Recht geltend zu machen.“ (Hervorhebung nur hier)

( 22 ) Anwendungsvoraussetzungen der Buchst. a bzw. b des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009.

( 23 ) Ich übernehme dieses Zitat unter Anpassung an das Widerspruchsverfahren den Schlussanträgen des Generalanwalts Bot in der Rechtssache HABM/National Lottery Commission (C‑530/12 P, EU:C:2014:782, Nr. 94).

( 24 ) Urteil vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission (C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 43).

( 25 ) Vgl. Urteile vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:579, Rn. 26 und 27), und vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM (C‑621/11 P, EU:C:2013:484, Rn. 28 und 29).

( 26 ) So Urteil vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission (C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 41 bis 44).

( 27 ) Ebd. (Rn. 45).

( 28 ) Hervorhebung nur hier.

( 29 ) Wegen der von ihnen wahrgenommenen Funktionen insbesondere die Beschwerdekammern.

( 30 ) Urteil vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner (C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 31 ) Diese Auffassung wird meiner Meinung nach zutreffend in verschiedenen Urteilen des Gerichts vertreten. Vgl. statt aller Urteil vom 2. März 2013, El Corte Inglés/HABM – Chez Gerard (CLUB GOURMET) (T‑571/11, EU:T:2013:145, Rn. 38 bis 41).

( 32 ) In Nr. 62 des Rechtsmittels scheint das EUIPO davon auszugehen, dass ein Anfangsbeweis ausreicht.

( 33 ) Das EUIPO muss hingegen zur Wahrung des Allgemeininteresses gemäß Abs. 1 zum Nachweis dessen, dass das Zeichen, dessen Eintragung beantragt wird, in den Bereich eines oder mehrerer der absoluten Eintragungshindernisse nach Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 fällt, den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln. Vgl. in diesem Sinne Bender, A. „XI. Verfahren vor dem HABM“, in Fezer, K.‑H., Handbuch der Markenpraxis – Band 1, Markenverfahrensrecht, Verlag C. H. Beck, München, 2007, S. 497.

( 34 ) Diese Möglichkeit besteht in allen Verfahren, einschließlich derer, die relative Eintragungshindernisse betreffen, denn im Unterschied zu Abs. 1 ist insoweit keine Ausnahme vorgesehen.

( 35 ) Vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung des Gerichtshofs in den Schlussanträgen des Generalanwalts Szpunar in der Rechtssache EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:2, Nrn. 40 bis 53).

( 36 ) Urteil vom 4. Mai 2017, Comercializadora Eloro/EUIPO (C‑71/16 P, EU:C:2017:345, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 37 ) Ebd. (Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 38 ) Ebd. (Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 39 ) Es existiert eine andere Grenze, die Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Durchführungsverordnung betrifft und deshalb für das vorliegende Rechtsmittel nicht relevant ist: Dem Gerichtshof zufolge muss dem Widersprechenden schon vor der Erhebung seines Widerspruchs genau bekannt gewesen sein, welche Unterlagen er zu dessen Stützung vorzulegen hatte, da diese in dieser Regel genau und abschließend aufgezählt sind. Unter diesen Umständen muss das Ermessen restriktiv ausgeübt werden und kann die verspätete Vorlage solcher Nachweise nur dann zugelassen werden, wenn die Umstände, die sie begleiten, die Verspätung des Antragstellers rechtfertigen können (Urteil vom 3. Oktober 2013, Rintisch/HABM, C‑120/12 P, EU:C:2013:638, Rn. 39).

( 40 ) Urteil vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:579, Rn. 27).

( 41 ) Nrn. 48 bis 53 der Rechtsmittelschrift.

( 42 ) Dies ergibt sich aus Rn. 10 des Urteils vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:579).

( 43 ) Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache EUIPO/Szajner (C‑598/14 P, EU:C:2016:915, Nr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 44 ) Im Urteil vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:579, Rn. 27), wird die Zulässigkeit der Vorlage von „neuen“ Beweismitteln nach einem Vergleich der spanischen, der deutschen und der englischen Sprachfassung der Regel 50 (die sich auf „ergänzende“ Beweismittel und Sachverhalte bezieht) mit der französischen (die auf „neue oder ergänzende“ Beweismittel und Sachverhalte Bezug nimmt) verneint.

( 45 ) Urteil vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer (C‑597/14 P, EU:C:2016:579, Rn. 26).

( 46 ) In dieser Randnummer des angefochtenen Urteils verweist das Gericht zudem auf eine andere Passage (Rn. 35) des Urteils, in der von zahlreichen Nachweisen der Benutzung der nicht eingetragenen Marke die Rede ist.

( 47 ) Beschluss des Gerichtshofs vom 3. Juni 2015, The Sunrider Corporation/HABM (C‑142/14 P, EU:C:2015:371, Rn. 56).

( 48 ) In dem Urteil wird das Urteil vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM (C‑621/11 P, EU:C:2013:484, Rn. 28 und 30), angeführt.

( 49 ) In der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass sich die Group OOD vor der Widerspruchsabteilung darauf beschränkt hatte, im entsprechenden Formular das Feld „bulgarisches Recht“ anzukreuzen, ohne weitere Angaben zu den konkret geltend gemachten Vorschriften zu machen. Dies ergibt sich sowohl aus Nr. 4 der Entscheidung der Beschwerdekammer, in der ausgeführt wird „the table ‚national law‘ annexed to the Guidelines could be helpful but would not relieve the opponent from filing proof of the respective national law“ als auch aus der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, in deren drittem Absatz des Abschnitts mit der Überschrift „The law governing the sign“ ausdrücklich ausgeführt wird: „It is not sufficient to make a general reference to the national law, which is listed merely for information purposes in the ‚Table with National Legislation‘ of the Office’s Manual Concerning Opposition on Article 8(4) CTMR.“

( 50 ) In Nr. 71 des Rechtsmittels führt das EUIPO diese beiden Argumente an und macht geltend, dass vom Widersprechenden bereits im Widerspruchsverfahren die größtmögliche Anzahl von Beweismitteln zum nationalen Recht, auf das er sich stütze, verlangt werden könne.

( 51 ) Vgl. nunmehr EUIPO, Prüfungsrichtlinien für Unionsmarken, Teil C – Widerspruch – Abschnitt 4 – Rechte gemäß Art. 8 Abs. 4 und Art. 8 Abs. 6 UMV (Fassung vom 1. August 2016, S. 40).

( 52 ) Jetzt Art. 97 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juni 2017 (ABl. 2017, L 154, S. 1).

( 53 ) Rn. 81 des angefochtenen Urteils.

( 54 ) Siehe Nr. 53 der vorliegenden Schlussanträge und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 55 ) Rn. 57 des angefochtenen Urteils.

( 56 ) Ebd. (Rn. 56).

( 57 ) Ebd. (Rn. 61).

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