Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 10. Okt. 2012 - 4 B 29/12

published on 10/10/2012 00:00
Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 10. Okt. 2012 - 4 B 29/12
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Gericht

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Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

2

1. Mit der Grundsatzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO macht der Kläger geltend, die rechtliche Bedeutung und Tragweite eines Verzichts auf Nachbarabwehrrechte hätte grundsätzliche Bedeutung.

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Ein Zulassungsgrund wird damit nicht aufgezeigt. Der Vortrag genügt nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Weder formuliert der Kläger eine klärungsbedürftige Frage, noch lässt sich eine solche Frage sinngemäß der Beschwerdebegründung entnehmen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, nach Art einer Berufungsbegründung die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Zustimmung eines Nachbarn zu einem Bauvorhaben nur dann einen Verzicht auf die Geltendmachung etwaiger Nachbarrechte bewirke, wenn sie sich eindeutig auf ein konkretes Bauvorhaben beziehe (UA S. 10), mit dem Einwand anzugreifen, diese Einschränkung greife für den vorliegenden Fall nicht, und geltend zu machen, die Erklärung vom 10. Mai 1985 sei auch ordnungsgemäß zustande gekommen.

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2. Die Verfahrensrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

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2.1 Die unter II.1. der Beschwerdebegründung erhobene Rüge der mangelnden Sachverhaltsaufklärung, die damit begründet wird, es wäre zu klären gewesen, welche baulichen Gegebenheiten vor Beschluss des Bebauungsplans aus dem Jahre 1974 bestanden hätten, da hierdurch die Gebietseigenart zum damaligen Zeitpunkt bestimmt wurde, genügt nicht den Darlegungsanforderungen.

6

Die ordnungsgemäße Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht setzt voraus, dass unter Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen und der Begründung der vorinstanzlichen Entscheidung schlüssig aufgezeigt wird, dass sich dem Gericht auch ohne unbedingten Beweisantrag auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Daran fehlt es hier. Der Kläger setzt sich nicht damit auseinander, dass nach der für die Beurteilung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts die Situation zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides in den Blick zu nehmen und damit auch ein Wandel in dem Wohngebiet zu berücksichtigen war (UA S. 9). Den Hinweis des Klägers auf anderweitige in der Nachbarschaft ausgeübte Tätigkeiten und Beeinträchtigungen (Beschwerdebegründung S. 5) hat das Oberverwaltungsgericht zur Kenntnis genommen.

7

2.2 Mit dem unter II.2. der Beschwerdebegründung geltend gemachten Einwand, die zum damaligen Zeitpunkt bestehende bauordnungsrechtliche Situation habe erforscht werden müssen, beschränkt sich der Kläger darauf, die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass ein etwaiger Bestandsschutz jedenfalls mit der Unterbrechung der Taubenhaltung auf seinem Grundstück wegen der in den Jahren von 1973 bis 1978 erfolgten Auslagerung seiner Tauben zu seinen Eltern entfallen wäre (UA S. 10), als verfehlt anzugreifen, weil er meint, durch die Unterbrechung habe sich an der bereits im Rahmen des Baues des Hauses geschaffenen räumlichen Ausstattung des Dachbodens nichts geändert. Dass das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner für die Beurteilung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung Anlass gehabt hätte, der Frage nachzugehen, zeigt der Kläger damit nicht auf.

8

2.3 Die Rüge unter II.3. der Beschwerdebegründung, das Oberverwaltungsgericht habe lediglich aufgrund des Akteninhalts entschieden und das vorgelegte Gutachten als insoweit nicht nachvollziehbar bewertet, was zwingend weiterer diesbezüglicher Nachforschungen, ggf. durch Einholung eines weiteres Sachverständigengutachtens bedurft hätte, führt ebenfalls nicht auf einen Verfahrensfehler i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, sondern im Gegenteil verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage- und Überzeugungskraft zu überprüfen (vgl. Urteil vom 20. Dezember 1963 - BVerwG 7 C 103.62 - BVerwGE 17, 342 <343>). Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf. Freilich muss es das begründen (Beschluss vom 6. Juli 1999 - BVerwG 5 B 93.99 - juris Rn. 3). Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nicht stets in einer von den Parteien und vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise überzeugend nachweisen, sondern nur dann, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (vgl. Beschluss vom 28. August 1995 - BVerwG 3 B 5.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 270). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, legt der Kläger nicht dar.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.

Annotations

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.