Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvC 36/14

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2016:cs20160421.2bvc003614
bei uns veröffentlicht am21.04.2016

Tenor

Die Ablehnung des Richters Müller wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 5. März 2016 den Richter Müller wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er bezieht sich auf ein Schreiben des abgelehnten Richters vom 28. Januar 2016, das dieser im vorliegenden Verfahren in seiner Eigenschaft als Berichterstatter an den Beschwerdeführer gerichtet hat. In diesem Schreiben hat er den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Wahlprüfungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Darüber hinaus stützt der Beschwerdeführer sein Ablehnungsgesuch auf die seitens des Berichterstatters unter dem 25. Februar 2016 nicht gewährte Fristverlängerung.

2

Richter Müller hat unter dem 9. März 2016 eine dienstliche Äußerung abgegeben. Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

II.

3

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Das Schreiben vom 28. Januar 2016 rechtfertigt keinen Zweifel an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des abgelehnten Richters. Es gibt die vorläufige Rechtsauffassung des Berichterstatters in sachlicher Form wieder. Derartige Hinweise dienen der rechtlichen Klärung und liegen im Interesse einer sachgerechten Verfahrensgestaltung. Solche im Rahmen einer zulässigen richterlichen Aufklärungstätigkeit getroffenen Maßnahmen sind üblich und nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BVerfGE 4, 143 <144>; 42, 88 <90>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. August 2011 - 2 BvE 3/11 -, juris, Rn. 2; Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Februar 2012 - 2 BvC 10/11 -, juris, Rn. 4; Beschluss des Zweiten Senats vom 2. Februar 2016 - 2 BvC 26/14 -, juris, Rn. 3). Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Berichterstatter in den Fällen, in denen eine Entscheidung gemäß § 24 BVerfGG in Betracht kommt, die ihm obliegende Förderung des Verfahrens (§ 22 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts) durch Hinweisschreiben wahrnimmt, auf die in einem Beschluss nach § 24 Satz 2 BVerfGG verwiesen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 26. Februar 2007 - 2 BvC 1/06 -, juris, Rn. 5).

Zweifel an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des abgelehnten Richters ergeben sich auch nicht in Anbetracht der nicht gewährten Verlängerung der Frist zur Stellungnahme auf das Berichterstatterschreiben vom 28. Januar 2016, da der Beschwerdeführer deren Notwendigkeit nicht hinreichend belegt hat. Die ergänzende Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 BVerfGG im Schreiben vom 25. Februar 2016 stellt lediglich einen Hinweis auf die Rechtslage dar, der ebenfalls nicht geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Berichterstatters zu begründen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvC 36/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvC 36/14

Referenzen - Gesetze

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvC 36/14 zitiert 4 §§.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 24


Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge können durch einstimmigen Beschluß des Gerichts verworfen werden. Der Beschluß bedarf keiner weiteren Begründung, wenn der Antragsteller vorher auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründe

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 48


(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestages über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, oder den Verlu

Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGGO 2015 | § 22


(1) Entscheidungen nach §§ 24 und 81a BVerfGG können ohne Zustellung des Antrags getroffen werden. Ebenso bedarf es keiner Zustellung, wenn die Annahme der Verfassungsbeschwerde abgelehnt wird (§§ 93a, 93b BVerfGG). (2) Die Zustellung durch den Vors

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvC 36/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvC 36/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 28. Feb. 2012 - 2 BvC 10/11

bei uns veröffentlicht am 28.02.2012

Tenor 1. Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Gerhardt wird als unzulässig verworfen. 2. Die Wahlprüfungsbeschwerde wird

Referenzen

Tenor

1. Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Gerhardt wird als unzulässig verworfen.

2. Die Wahlprüfungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 15. November 2009 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009 eingelegt. Der Deutsche Bundestag hat den Einspruch in der 120. Sitzung am 7. Juli 2011 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 24. August 2011 eingegangene Beschwerde. Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 9. Januar 2012 auf die fehlende Erfolgsaussicht der Beschwerde hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 hat der Beschwerdeführer den Richter Gerhardt wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er begründet dies damit, dass der Richter Gerhardt von der SPD vorgeschlagen worden sei, gegen die sich die Wahlprüfungsbeschwerde richte. Außerdem habe der Richter Gerhardt eine beantragte Verlängerung der Schriftsatzfrist unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Klärung der Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag verweigert, wohingegen die Beschwerde sich lediglich gegen die Gültigkeit der Landesliste Berlin der SPD richte.

II.

2

1. Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Gerhardt ist offensichtlich unzulässig.

3

Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 11, 1 <3>).

4

So liegt es hier. Der Beschwerdeführer hat seinen Ablehnungsantrag damit begründet, dass der Richter Gerhardt von der SPD vorgeschlagen worden sei, gegen die sich die Wahlprüfungsbeschwerde richte. Ebenso wenig, wie die Zugehörigkeit eines Richters zu einer politischen Partei für sich allein die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 2, 295 <297>; 11, 1 <3>; 43, 126 <128>), ist dies bei der Wahl eines Richters auf Vorschlag einer Partei der Fall. Auch der Hinweis des Richters Gerhardt, die beantragte Schriftsatzverlängerung sei im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Klärung der Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag nicht angezeigt, rechtfertigt seinen Ausschluss nicht. Ein Hinweis des Berichterstatters, der der rechtlichen Klärung dient, liegt im Rahmen einer zulässigen richterlichen Aufklärung und ist nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BVerfGE 4, 143 f.). Überdies trifft die Behauptung des Beschwerdeführers nicht zu, er gehe lediglich gegen die Gültigkeit der Landesliste Berlin der SPD vor. Die Wahlprüfungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 7. Juli 2011, durch den der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009 zurückgewiesen wurde (vgl. Plenarprotokoll 17/120, S. 13937).

5

2. Die Wahlprüfungsbeschwerde ist - unabhängig von der Frage, ob es bereits an einer hinreichenden Vollmacht fehlt - offensichtlich unbegründet. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände gegen die Einzelwahl der Bewerber für die Aufstellung der Landesliste Berlin der SPD greifen nicht durch. Die Einzelwahl der Landeslistenbewerber, bei der in gesonderten Wahlgängen über jeden Listenplatz abgestimmt wird, verstößt nicht gegen Wahlrechtsgrundsätze.

6

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 24 Satz 2 BVerfGG abgesehen. Der Beschwerdeführer ist durch den Berichterstatter mit Schreiben vom 9. Januar 2012 auf die Gründe für die fehlenden Erfolgsaussichten seines Antrags hingewiesen worden. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 27. Januar 2012 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage.

Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge können durch einstimmigen Beschluß des Gerichts verworfen werden. Der Beschluß bedarf keiner weiteren Begründung, wenn der Antragsteller vorher auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit seines Antrags hingewiesen worden ist.

(1) Entscheidungen nach §§ 24 und 81a BVerfGG können ohne Zustellung des Antrags getroffen werden. Ebenso bedarf es keiner Zustellung, wenn die Annahme der Verfassungsbeschwerde abgelehnt wird (§§ 93a, 93b BVerfGG).

(2) Die Zustellung durch den Vorsitzenden oder die Vorsitzende (§ 23 Absatz 2 BVerfGG) erfolgt auf Vorschlag des berichterstattenden Mitglieds des Senats.

(3) Die weitere Förderung des Verfahrens, insbesondere durch sachleitende Verfügungen, obliegt dem berichterstattenden Mitglied des Senats, soweit veranlasst im Benehmen mit dem oder der Vorsitzenden.

(4) Ersuchen an oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte (§ 82 Absatz 4 BVerfGG) werden von dem oder der Vorsitzenden des Senats auf Vorschlag des berichterstattenden Mitglieds des Senats oder des Senats verfügt. Entsprechende Ersuchen können auch in anderen Fällen als in denen der konkreten Normenkontrolle (§ 13 Nummer 11 BVerfGG) verfügt werden.

(5) Auf Vorschlag des berichterstattenden Mitglieds des Senats oder auf Beschluss des Senats ersucht der oder die Vorsitzende Persönlichkeiten, die auf einem Gebiet über besondere Kenntnisse verfügen, sich zu einer für die Entscheidung erheblichen Frage gutachtlich zu äußern.

(6) Alle das Verfahren betreffenden Maßnahmen werden aktenkundig gemacht.

Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge können durch einstimmigen Beschluß des Gerichts verworfen werden. Der Beschluß bedarf keiner weiteren Begründung, wenn der Antragsteller vorher auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit seines Antrags hingewiesen worden ist.

(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestages über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, oder den Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag kann der Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, eine wahlberechtigte Person oder eine Gruppe von wahlberechtigten Personen, deren Einspruch vom Bundestag verworfen worden ist, eine Fraktion oder eine Minderheit des Bundestages, die wenigstens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfaßt, binnen einer Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassung des Bundestages beim Bundesverfassungsgericht erheben; die Beschwerde ist innerhalb dieser Frist zu begründen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.

(3) Erweist sich bei Prüfung der Beschwerde einer wahlberechtigten Person oder einer Gruppe von wahlberechtigten Personen, dass deren Rechte verletzt wurden, stellt das Bundesverfassungsgericht diese Verletzung fest, wenn es nicht die Wahl für ungültig erklärt.